Irgendwo in dieser Welt von Flordelis ================================================================================ Kapitel 15: Chefvisite ---------------------- Mittwoch und Donnerstag vergingen fast noch quälender, als Montag und Dienstag. Nicht nur, dass mir in den Pausen zwischen irgendwelchen Therapieverfahren gähnend langweilig war, nein, ich bekam nicht einmal Zetsu zu Gesicht. Er verbrachte die Zeit auf seinem Zimmer, das Essen wurde ihm von Jatzieta gebracht, deren ungewohnt ernster Gesichtsausdruck mich stets schwer schlucken ließ. Nicht, weil ich Angst vor ihr bekam, sondern weil ich mir tatsächlich Sorgen machte. Da ich mir geschworen hatte, Nozomu nicht danach zu fragen, ich Zetsu aber auch nicht einfach in seinem Zimmer aufsuchen konnte – er hätte das bestimmt absolut falsch verstanden – , beschloss ich einfach, Subaru zu fragen. Zwar war mir bereits aufgefallen, dass er und Baila nicht sonderlich viel Kontakt mit dem Silberhaarigen pflegten, doch waren die beiden immerhin in derselben Depressionsgruppe. Da musste doch irgendetwas zu erfahren sein. Also befand ich mich nach dem Frühstück und der Medikamentenvergabe – der Morgensport entfiel zum Glück donnerstags und freitags – mit ihm in der kleinen Küche. Offenbar war es sein erst mal letzter Tag Küchendienst, den er damit verbringen wollte, das kleine Räumchen auf Hochglanz zu polieren. Würde die Reihe jemals an mich kommen, wäre ich mit Sicherheit nie mit einer solchen Hingabe wie er dabei. Es war also die beste Zeit, ihm Fragen zu stellen, immerhin war er möglicherweise so sehr in seine Arbeit vertieft, dass er mich nicht zu sehr hinterfragen würde. „Sag mal, Subaru~“, begann ich zurückhaltend, ich wollte ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Wie erwartet blickte er gar nicht erst von seiner Arbeit auf, sondern gab nur ein „Hm?“ von sich. Perfekt! „Weißt du eigentlich, warum Zetsu hier ist?“ Dummerweise hielt er inne, statt einfach brav weiterzuputzen. Er wandte mir sein Gesicht zu, so dass ich den fragenden Blick sehen konnte. Es hätten nur noch die Fragezeichen um seinen Kopf herum gefehlt, damit ich mir wie der letzte Idiot vorgekommen wäre. „Warum willst du das wissen?“ Was sollte die Frage eigentlich? Ich war neugierig! War das hier verboten oder was?! Ich antwortete ihm das – natürlich ließ ich dabei den gereizten Unterton weg und die beiden Gegenfragen. „Außerdem hat er mich auch gefragt. Aber als ich ihn fragte, wollte er mir nicht so recht antworten.“ DAS hätte ich wohl nicht antworten sollen, denn Subarus Miene verschloss sich sofort. „Wenn er es dir nicht sagt, sollte ich es auch nicht tun. Das wäre nicht richtig.“ Ich überlegte, ihm zu erzählen, dass Baila mir gesagt hatte, weswegen er hier war, doch ich verzichtete darauf. Ich wollte nicht, dass sie wegen mir mit ihm Ärger bekam. „Und wenn ich 'Bitte' sage?“, fragte ich, doch er blieb stur. Gut, ich hatte mich also in einem Punkt geirrt: Subaru wusste, weswegen Zetsu hier war – er wollte es mir nur nicht sagen. War es denn wirklich so furchtbar? Bei Zetsus Auftreten konnte ich es mir gar nicht vorstellen. Andererseits war dieses lockere, selbstbewusste Auftreten vielleicht nur ein Schutzmantel, den er brauchte, um nicht verletzt zu werden. Man sagte ja immer, dass Rowdys innerlich alle verletzte und eigentlich ganz liebe Geschöpfe waren – eine Auffassung, die ich nicht wirklich teilte, aber vielleicht lag das nur daran, dass jemand, der andere in den Selbstmord trieb, in meinen Augen nicht unbedingt als lieb eingestuft werden konnte. „Wenn Zetsu dir vertraut, wird er es dir selbst sagen“, fuhr Subaru fort. Falls er mir jemals vertrauen würde. Diesen Zustand sah ich in naher Zukunft jedoch noch nicht auf mich zukommen. „Kannst du mir wenigstens sagen, warum es ihm gerade so schlecht geht?“, bat ich. Niemand konnte mir erzählen, dass Depressionen einen innerhalb von ein paar Stunden für mehrere Tage so stark außer Gefecht setzten, dass sogar Jatzieta nicht nach scherzen zumute war. Genau wie bei Baila bekam ich hierauf keine Antwort. Doch hatte ich bei Subaru dafür immer noch das Gefühl, dass er etwas wusste und es mir nur nicht sagen wollte. Als ob die ganze Station sich gegen mich verschworen hätte. Plötzlich hob Subaru den Kopf, automatisch tat ich dasselbe, Herdentier, das ich als Mensch bin. Außerdem fiel in Filmen in dem Moment immer irgendetwas von der Decke und ich wollte mir die Kopfschmerzen ersparen. Zu meinem Glück entdeckte ich aber nur eine Uhr, die vor sich hintickte und mir verriet, dass es bereits neun Uhr war – stand ich wirklich schon so lange mit Subaru in der Küche herum? Meine Gedanken mussten mich wirklich ziemlich ablenken, wenn ich nicht mal bemerkte, dass ich schon eine Stunde hier stand. Auf den Gedanken, dass die meiste Zeit dafür draufgegangen war, mich zu überwinden, ihn anzusprechen und die Frage zu stellen, kam ich in dem Moment gar nicht. „Er wird bald hier sein“, murmelte Subaru. Ich senkte den Kopf wieder und rief mir den Plan ins Gedächtnis. Wenn mich nicht alles täuschte, sollte um viertel zehn die Chefvisite stattfinden. Das machte mich nun doch ein wenig nervös. In den letzten Tagen hatte ich ohnehin immer mehr an meinen Depressionen gezweifelt, was wenn er erkennen würde, dass ich eigentlich gar nichts hätte und mich rauswarf? Natürlich wollte ich eigentlich nicht hier drin sein, aber ich wollte auch nicht zu meinen Eltern zurück. Zwar gab es immer noch meine ältere Schwester, aber... ich war mir nicht wirklich sicher, ob die mich bei sich aufnehmen würde. Sie war bereits vor ein paar Jahren von zu Hause geflüchtet und meine Eltern hatten mir die Schuld daran gegeben. Ja, wir haben uns oft gestritten, aber war das nicht normal für Geschwister? Seitdem hatte ich jedenfalls nichts mehr von ihr gehört, ich wusste nicht einmal genau, wo sie eigentlich wohnte. Gut, das war gelogen. Letztes Jahr schickte sie mir eine E-Mail aus dem Urlaub – Los Angeles, es war schön, sonnig und gab zu ihrer Enttäuschung keine Erdbeben während ihres Aufenthalts – aber offenbar nur, weil ich noch in ihrem virtuellen Adressbuch stand und die Nachricht an all jene geschickt wurde, die darin verzeichnet waren. Ich hatte ihr nicht darauf geantwortet und die Mail gelöscht. Ein Seufzen kroch meine Kehle empor, doch ich schluckte es runter. An meine Schwester konnte ich noch ein andermal denken, nun müsste ich mich erst einmal mit diesem Chefarzt auseinandersetzen – ich ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, was mir da bevorstand. Als ich wenige Minuten später wieder im Aufenthaltsraum saß, den Blick auf das Aquarium gerichtet, bemerkte ich als eine der ersten die Person im Treppenhaus. Sein aufrechter Gang wirkte streng, sein Gesicht dagegen machte eher einen gelangweilten Eindruck, während sein langes grünes Haar, das zu einem Pferdeschwanz gebunden war geradezu nach Freigeist schrie. Ich zweifelte keine Sekunde daran, dass er ebenfalls ein Patient war. Doch Jatzieta zerstörte meine Vorstellung direkt. Lächelnd – und damit meine ich nicht ihr anzügliches Lächeln, das sie sonst zur Schau trug – ging sie auf den Mann zu. Beide begrüßten sich halblaut, bevor sie ihm mit einer eleganten Bewegung ein Klemmbrett reichte. Bevor er es entgegen nahm, zog er eine Brille aus seiner Tasche und setzte diese auf – im Gegensatz zu Dr Breen erinnerte er allerdings gar nicht an Harry Potter, sondern mehr an einen ausgebrannten Lehrer vor seiner ersten Tasse Kaffee. Seine Augen huschten über das Papier auf dem Klemmbrett, dann nickte er verständig. Er hob den Blick und sah mich durch die Glasscheibe hindurch an. Wer immer er war, er wusste sofort, dass ich neu war, das konnte ich seinem Gesicht ansehen. Im nächsten Moment wandte er sich allerdings ab und ging in Richtung Behandlungszimmer davon. Jatzieta dagegen kam in den Aufenthaltsraum, das Lächeln auf ihrem Gesicht war wieder das Altbekannte. „Unser Chef empfängt dich jetzt“, flötete sie. Moment! DAS war der Chefarzt? Bislang hatte ich diesen noch nie gesehen oder mit ihm gesprochen, alles war über Dr Breen abgewickelt worden – aber Chefärzte hatten in meiner Vorstellung immer anders ausgesehen. Viel älter, mit weißen Haaren, jeder Menge Falten im Gesicht und nur mit einem Arztkittel unterwegs. Andererseits schienen mir bislang alle Psychologen irgendwie... anders zu sein. Nach einer erneuten Aufforderung von Jatzieta erhob ich mich schließlich von meinem Sessel und folgte ihr. Der Chefarzt empfing mich mit einem gleichgültigen Gesichtsausdruck, der äußerst desillusioniert wirkte. Als ob er selbst keine Hoffnung mehr für seine Patienten hätte – zum Glück war das hier nicht die Intensivstation und ich war nicht wegen einer lebensbedrohlichen Krankheit hier, sonst hätte ich mir an dieser Stelle überlegt, ob ich auf dem Heimweg nicht vielleicht beim Notar vorbeigehen sollte, um ein Testament aufzusetzen. Nicht, dass ich viel zum Vererben gehabt hätte... Nach einer knappen Begrüßung setzte ich mich auf dem angebotenen Stuhl und wurde von Jatzieta mit ihm alleingelassen. War das wirklich rechtens? Doch bevor ich mich in paranoiden Vorstellungen verstricken konnte, stellte der Arzt sich bereits vor: „Mein Name ist Salles Cworcs.“ Ehe ich überlegen konnte, ob es mir möglich war, diesen Namen auszusprechen und ihn mir zu merken, sprach er bereits weiter: „Ich weiß, mein Nachname ist ziemlich ungewöhnlich. Daher gilt für dich dasselbe Angebot wie für alle anderen Patienten, mich mit meinem Vornamen anzusprechen.“ Das war in meinen Augen fast noch ungewöhnlicher als sein Name. Ich kannte Autoritätspersonen nur als stets auf ihren Status hinweisende Personen, die unausstehlich wurden, wenn man dies missachtete und es wagte, sie irgendwie anders anzusprechen. Erneut kam ich nicht selbst zu Wort, ehe er fortfuhr: „Also, Leana... es ist doch in Ordnung, wenn ich dich so nenne? Du bist seit Montag hier. Wie gefällt es dir bislang?“ „Gut.“ Was sollte ich sonst sagen? „Ich kann die anderen Patienten nicht wirklich leiden und habe nicht wirklich das Gefühl, hierher zu gehören, aber ich hab auch keine Lust, wieder nach Hause zu gehen und das Essen ist ertragbar. Ach und übrigens finde ich Zetsu Akatsuki unglaublich atemberaubend.“? Das wäre eine seltendämliche Schnapsidee. Er nickte gedankenverloren, während er sich etwas notierte. „Du bist ganz allein hergekommen, nicht? Oder hat dich jemand gefahren?“ Ich schnaubte. „Nein, ich kam allein.“ Wäre ja noch schöner gewesen, wenn einer meiner Elternteile mich gefahren hätte. Sie hatten ja kaum erwarten können, dass ich endlich das Haus verlasse. Mit Sicherheit war ich längst in Vergessenheit geraten, der bereitgestellte gekühlte Sekt und die vielen aus dem Keller geholten Weinflaschen würden dafür gesorgt haben. Was wohl aus meinem Zimmer gemacht worden war? Als ich noch dort gewesen war, hatten sie sich noch gestritten, ob daraus ein Hobbyraum oder ein Raucherzimmer werden sollte. Ob fünf – okay, sagen wir wegen dem Vollrausch drei – Tage überhaupt ausreichten, um das schlussendlich zu entscheiden? Danach stellte er mir einige allgemeine Fragen über meine bisherigen Ärzte, meinen Schulabschluss, bisherige Krankheiten, Familienstand und ich beantwortete alles wahrheitsgemäß. Seine gelangweilte Stimme erfüllte den Raum und lullte mich dermaßen ein, dass ich mich am Liebsten hingelegt und geschlafen hätte. Schließlich blätterte er die Unterlagen auf dem Klemmbrett um. Anscheinend waren wir am Ende dieses Fragebogens angekommen. Ich erwartete, dass Salles ebenfalls fragen würde, warum genau ich hier war und ich zum wiederholten Male die Geschichte meines Lebens runterrasseln musste, doch stattdessen sah er mich plötzlich schweigend an. Ich erwiderte seinen Blick gefestigt, während ich auf seine nächste Frage wartete. Für eine Weile schwiegen wir uns nur an. Wir beide schienen fest entschlossen zu sein, nicht als erstes wegzusehen. Und dann kam eine Frage, mit der ich nicht gerechnet hatte: „Gibt es etwas, das dir auf der Seele liegt?“ Ertappt zuckte ich zusammen. Warum fragte er das? Als ob er meine Gedanken erraten hätte, sah er wieder auf das Klemmbrett und antwortete auf die unausgesprochene Frage: „Jatzieta sagt, du hättest Schwierigkeiten damit, dich zu integrieren und würdest dich von den anderen abkapseln.“ Typisch, genau das bekam sie natürlich mit. „Das ist am Anfang der Therapie ziemlich normal“, erklärte Salles. „Immerhin muss man sich erst eingewöhnen. Aber sie sagt auch, dass es bei dir ein wenig anders ist.“ Er ließ das Gesicht gesenkt, blickte mich nur über den Rand seiner Brille hinweg an. Sollte ich ihm von meinen Befürchtungen erzählen? Vielleicht würde er mich direkt rauswerfen, wenn ich das tat. Aber ich konnte doch ohnehin nicht ewig so tun als ob und außerdem brannte es mir wirklich auf der Zunge. Also erzählte ich ihm von der Befürchtung, dass ich möglicherweise nicht an Depressionen litt, dass ich mir nur etwas einredete, um nicht bei meinen Eltern sein zu müssen, dass das der Grund war, warum bislang keine Therapie geholfen hatte. Geduldig und mit unbewegter Miene hörte er mir zu, ohne mich zu unterbrechen. Ich konnte nicht ablesen, was er dachte und so sprudelten immer mehr Wörter hervor, ohne dass ich es verhindern konnte oder gar wollte. Es tat ausgesprochen gut, sich diese Befürchtungen von der Seele zu reden, ohne dass mir jemand gegenübersaß, der sich offensichtlich fragte, ob ich verrückt sei. Als ich schließlich fertig war, schloss Salles die Augen. „Ich verstehe.“ Innerlich machte ich mich bereit, meinen Koffer zu packen, allen Lebewohl zu sagen und dann unter eine Brücke zu ziehen. Ob es in der Nähe wohl hübsche Brücken gab? Vielleicht hätte ich mich auf dem Hinweg besser umsehen sollen. Zu meinen Eltern wollte ich auf jeden Fall nicht zurück und ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wo meine Schwester inzwischen wohnte. Ganz davon abgesehen, dass ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie mich einfach so bei sich aufnehmen würde. Ich jedenfalls würde so etwas nicht tun – glaube ich, ich war ja noch nie in so einer Situation. Salles öffnete seine Augen wieder – und lächelte. Das erstaunte mich, er schien mir nicht der Typ Mensch zu sein, der oft lächelte, aber in diesem Moment tat er es. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? „Mach dir keine Sorgen“, sagte er ungewohnt sanft. Das konnte unmöglich die Eröffnung zu einem Rauswurf sein, oder? „Depressionen äußern sich bei jedem Menschen unterschiedlich. Sieh dir doch allein Nozomu und Subaru an – würdest du darauf kommen, dass sie beide aus ähnlichen Gründen an Depressionen leiden?“ So hatte ich das bislang gar nicht betrachtet. Langsam schüttelte ich den Kopf, setzte aber sofort nach: „Aber die beiden haben immerhin etwas Schlimmes erlebt, ich dagegen-“ Er ließ mich nicht ausreden: „Du hast auch ziemlich viel in deinem Leben durchgemacht. Es mag oberflächlich für dich erscheinen, wenn du es mit den anderen vergleichst, aber jeder Mensch geht individuell mit seinen Gefühlen um. Ich kann dir aus dem Stegreif mehrere Personen nennen, die eine ähnlich schwere Familiensituation haben – einige wurden dadurch stärker, andere zerbrachen daran und wieder andere lebten ein vollkommen normales Leben. Du bist daran zerbrochen, aber das bedeutet nicht, dass du schwach bist. Nein, ich denke, dass du eine starke Person bist, denn immerhin hast du den Schritt in diese Klinik gewagt – freiwillig, wie mir zugetragen wurde.“ So hatte ich das bislang nie betrachtet. Die allgemeine Vorstellung (auch die meiner Eltern) war ja, dass nur Schwächlinge zu Psychiatern gingen. Immerhin war man früher auch so groß geworden, ohne dass man sich gleich reihenweise von Brücken warf, wie mein Vater immer zu sagen pflegte. Zähne zusammenbeißen und runterschlucken, das war seine Devise. Er hatte nie verstanden, warum ich das nicht auch konnte. Es war mir selbst ein Rätsel. Kurz nach dem Auszug meiner Schwester war mir das einfach nicht mehr möglich gewesen. Damals hatte ich auch meinen ersten Zusammenbruch und kurz darauf den ersten Besuch beim Schulpsychologen, der mich bald zu einem anderen weiterwinkte. „Dann... dann werfen Sie mich nicht raus?“, fragte ich. Er schüttelte den Kopf, das Lächeln war wieder verschwunden. „Dr Breen hat bereits mit mir über dich gesprochen. Er sprach auch die Aufnahme-Empfehlung aus und ich bin sicher, er weiß, was er tut. Und nachdem, was du mir heute erzählt hast, bin ich sicher, dass wir dir helfen können, sofern du dich öffnest.“ Es war seltsam und die meisten Leute würden mich zu Recht für verrückt halten, aber zu hören, dass ich in der psychiatrischen Klinik bleiben durfte, dass man mir glaubte, dass man mich ernst nahm, dass ich wirklich depressiv war; all das erleichterte mich in diesem Moment so sehr, dass ich glaubte zu spüren, wie mir ein ganzes Bergmassiv vom Herzen fiel. „Geht es dir nun besser?“, erkundigte er sich. „Viel besser“, bestätigte ich. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, eine letzte Notiz, dann ließ er das Klemmbrett sinken. „Gibt es noch irgendwelche Fragen?“ Jede Menge! Aber sie alle betrafen Zetsu und ich konnte mir daher nicht vorstellen, dass sie beantwortet werden würden, also schüttelte ich mit dem Kopf. „Nein.“ „Dann sehen wir uns in einer Woche wieder.“ Zum Abschied schüttelten wir uns die Hände, dann stand ich auf und verließ das Arztzimmer. Vor der Tür atmete ich tief ein. Den so von mir verhassten stechenden Geruch des Reinigungsmittels würde ich also noch länger ertragen müssen, aber das war mir egal. Zum ersten Mal seit langer Zeit sah ich tatsächlich wieder Hoffnung für mich – und ich war bereit, diese zu ergreifen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)