Die feige Katastrophe von S_ACD (Ben/Shanks) ================================================================================ Kapitel 1: One-Shot ------------------- „Ben“, Shanks liegt halb auf der Tischplatte, den Arm ausgestreckt, um mit der Kerze herumspielen zu können, die mitten auf dem Tisch steht, „Ich halte dich für feige.“ Seine Stimme klingt verwischt – wie üblich ist er hinüber – und die restliche Mannschaft um sie herum macht einen Höllenlärm, weshalb Ben sich im ersten Moment nicht sicher ist, ob er ihn richtig verstanden hat. „Tatsächlich“, sagt er milde, mit einem winzigen, fragenden Unterton in der Stimme. „Yup“, Shanks seufzt tief, setzt sich ein Stück gerader hin und zieht die Kerze zu sich her, „Ich hoffe, du nimmst mir das nich’ übel, aber... tja. So sieht’s nun mal aus. Feige.“ Ben zieht eine Augenbraue hoch. Das ist interessant. Offenbar ist Shanks noch betrunkener, als er ursprünglich angenommen hat. Ben kann sich nicht daran erinnern, dieses Gespräch jemals zuvor mit ihm geführt zu haben. Und das sagt etwas aus, weil er, so abwegig das auch scheinen mag, mit Shanks im Laufe der Jahre so gut wie alles durchdiskutiert hat, was man sich nur vorstellen kann. Von A wie Alphamännchen über G wie G-Punkt bis hin zu Q wie Quallenphobie oder Z wie Zebramantel. Das hier hat er nicht kommen sehen. Normalerweise ist Ben gut darin, andere Menschen einschätzen und umso länger er sie kennt, desto langweiliger kommen sie ihm vor. Uninteressant und vorhersehbar. Shanks ist anders – war es immer und wird es vermutlich auch immer sein. Er ist der unvorhersehbarste, willkürlichste und irratonalste Mensch, den Ben jemals getroffen hat. Der Tag, an dem Ben ihn durchschaut, wird gleichzeitig der Tag sein, an dem die Hölle... nicht bloß zufriert, sondern in einem gewaltigen Schneegestöber verschwindet. Irgendetwas im Hintergrund geht lautstark in die Brüche. Die eine Hälfte der Leute flucht, die andere lacht und Shanks gibt ein amüsiertes Geräusch von sich. Er macht Anstalten, einen Blick über die Schulter zu werfen, hält jedoch mitten in der Bewegung inne. Eine Sekunde lang verharrt er so und macht fast den Eindruck, als müsste er sich gut überlegen, ob es den Aufwand überhaupt wert ist. Manchmal kann er beinahe schon unwahrscheinlich faul sein. Dann zuckt er beinahe unmerklich mit den Schultern und beginnt, mit einem Fingernagel am Wachs der Kerze herumzukratzen. Eine Weile ist es still und Ben denkt darüber nach, woran es liegt, dass sie immer wieder zusammen in einer Ecke landen. Klar, es passiert nicht bei jedem Saufgelage, das veranstaltet wird, aber doch bei weitem zu oft, um noch als Zufall durchzugehen. Shanks ist schuld, entscheidet er. Und wenn schon nicht schuld, dann wenigstens verantwortlich. Ben sitzt ständig am Rand des eigentlichen Geschehens, beobachtet, wägt ab und behält die ganze Meute im Auge. Das war schon immer sein Platz und er fühlt sich hier auch verdammt wohl. Und Shanks... nun ja. Shanks feiert und lässt sich vollaufen, klettert auf Tische, singt und brüllt und zerbricht genauso viele Bierflaschen wie der Rest der Mannschaft, doch irgendwann – wie gesagt, nicht immer, aber oft genug – endet er neben Ben auf der Bank oder auf dem nächstbesten Stuhl. Fast wie ein Kind, das genug gespielt hat und eine Verschnaufpause an einem sicheren Ort braucht. Und Gott, Ben hasst es wie die Pest, wenn ihm solche Gedanken kommen, weil sie unpassend sind, unpassend und dumm und unvernünftig. Denn Shanks ist alles, wirklich alles, nur kein Kind. „Feige“, wiederholt er, um beim Thema zu bleiben, weil ihn schon interessiert, wie Shanks nun ausgerechnet darauf gekommen ist, „Nein, ich nehme es dir nicht übel, du bist der Captain.“ Shanks macht dasselbe amüsierte Geräusch zum zweiten Mal, halb Lachen, halb Schnauben und tippt mit zwei Fingern gegen die Kerze. Sie kippelt auf der Kante, fällt aber nicht um. Seine Hand ist das komplette Gegenteil von grob – feingliedrig, fast schon filigran. Rundherum auf der Tischplatte liegen inzwischen lauter Wachsfussel. „Darf man...“, Ben räuspert sich, „Darf man fragen, wie du darauf kommst?“ Shanks tut etwas, das er nur sehr selten tut – er lacht leise in sich hinein, ganz auf sich selbst konzentriert, so als wäre das Leben ein privater Scherz, den außer ihm niemand verstehen kann. Er hat seinen Arm einem kleinen Jungen geopfert und für jeden Einzelnen seiner Männer würde er ohne zu zögern sofort durch die Hölle gehen, da hat Ben keine Zweifel und dennoch... in gewisser Hinsicht kann Shanks so egoistisch sein, dass einem beinahe schlecht wird. „Wie ich darauf komme...?“, Shanks macht eine ruckartige Handbewegung und die Kerze landet mit einem dumpfen Aufschlag auf dem Tisch, „Is’ ganz einfach. Ich wette, du-“ „Oh Gott“, sagt Ben genervt, „Ich dachte, das hätten wir geklärt. Keine Wetten mehr.“ Dann wird ihm klar, dass Shanks so selbstzufrieden aussieht, als hätte er sein Argument soeben bestätigt bekommen und verzieht ärgerlich das Gesicht. „Verzeihung“, sagt er eine Spur ungehalten, „Ich wollte dich nicht unterbrechen. Red weiter.“ Shanks betrachtet die Tischplatte mit schief gelegtem Kopf, plötzlich nachdenklich und sekundenlang kann Ben nicht anders, als sich zu fragen, ob er gerade etwas vermasselt hat, das nie wieder zurückkommen wird. Dann hebt Shanks den Kopf; sein Grinsen ist so hinterlistig, das es richtiggehend gefährlich wirkt. Ben hat ihn erst ein paar Mal so grinsen sehen und in jedem einzelnen Fall sah es für Shanks’ Gegenüber alles andere als rosig aus. Dass Shanks nun ausgerechnet ihn so ansieht, überrascht ihn mehr, als dass es ihn tatsächlich beunruhigt. Außerdem ist er sich ziemlich sicher, dass er noch genauso unbeeindruckt drein sieht wie immer und das ist gut. Dass Shanks Schwäche für gewöhnlich nicht ausnutzt, heißt noch lange nicht, dass sie ihm nicht auffällt. Alles, nur kein Kind. „Ich wette“, sagt Shanks langsam und überdeutlich, so als wollte er ihn damit aufziehen und urplötzlich ist Ben sich nicht mehr sicher, wie er heute Abend jemals zu dem Schluss kommen konnte, sein Captain wäre betrunken, „Ich wette, du traust dich nicht, mich zu ficken, Ben.“ Bens Mund ist mit einem Mal staubtrocken. „Natürlich nicht“, sagt er geistesgegenwärtig und schafft es dabei sogar irgendwie, so zu klingen, als wäre alles nur ein dummer Scherz, „Ist schließlich eine Frage des Respekts.“ Shanks’ Augen bohren sich über die Tischplatte und die umgekippte Kerze hinweg in seine. Das Grinsen ist noch da, schmaler, aber das macht es keineswegs weniger gefährlich. Keiner von ihnen rührt sich vom Fleck und das lärmende Chaos im Hintergrund ist Ben noch nie so weit entfernt vorgekommen wie in diesem Augenblick. „Das war kein Witz“, sagt Shanks leise und aus irgendeinem Grund hat Ben diesmal keine Probleme dabei, es zu verstehen. „Ich weiß“, sagt er. Unter der Oberfläche wirkt Shanks seltsam angespannt und einmal mehr in seinem Leben hat Ben keine Ahnung, was zum Teufel gerade in ihm vor sich geht. „War es ein Befehl?“, hakt er schließlich nach, weil er nicht so recht weiß, was er sonst sagen soll. Das messerscharfe Grinsen verschwindet von Shanks’ Gesicht und einen Augenblick lang sieht er tatsächlich amüsiert aus. „Nein“, sagt er dann, beinahe entspannt, „Nicht wirklich.“ „Was war es dann?“ Sekundenlang wirkt Shanks so, als wollte er mit den Schultern zucken und insgeheim ist Ben dankbar dafür, dass er es bleiben lässt; dann wäre ihm nämlich tatsächlich nichts anderes mehr übriggeblieben, als Shanks eine reinzuhauen. Captain hin oder her. „Sieh es einfach als...“, Shanks grinst wieder, aber diesmal wirkt es nicht feindselig, „...als Vorschlag.“ „Als Vorschlag“, wiederholt Ben etwas idiotisch. Und von einer Sekunde auf die andere ist er so wütend, dass es ihm regelrecht den Atem verschlägt. Was bildet sich dieser Vollidiot eigentlich ein? Es gibt für alles eine Grenze, selbst für Shanks’ bescheuerte Ideen und okay, die mag im Normalfall um einiges höher angesetzt sein als der ganze Rest, aber irgendwo ist Schluss. Bens Geduldsfaden ist auch nicht unzerstörbar. Er steht so heftig auf, dass die Bank, auf der er gesessen hat, ruckartig gegen die Wand dahinter knallt und obwohl es bei weitem nicht das lauteste Geräusch des Abends ist, so ist es doch Ben, der sich erhoben hat und rundherum wird es mit einem Mal still. Ben wird klar, dass man ihm seinen Zorn vermutlich vom Gesicht ablesen kann und er atmet vorsichtig ein. „Also dann“, sagt er und ist erleichtert, dass er einigermaßen so klingt, als wäre alles in Ordnung, „Gentlemen, das war’s heute für mich. Bringt niemanden um und ansonsten... viel Spaß noch.“ Das begeisterte „Aye, aye!“, das ihm hinterher schallt, könnte ihn kaum weniger interessieren. ~ Draußen ist es... nicht richtig kalt, aber doch kühl und die klare Nachtluft empfindet er als überraschend angenehm. Er verdrückt sich in die einzige Nebengasse, auf die man nicht durch ein Fenster der Kneipe hinaussehen kann und steckt sich eine Zigarette an. Der erste Zug ist eine Wohltat, obwohl es erst wenige Minuten her sein kann, dass er seine letzte Kippe weggeworfen hat und als er schließlich Schritte hört, versucht er sich einzureden, dass er keine Ahnung hat, wer es sein könnte. „Ich muss schon sagen“, sagt Shanks gut gelaunt und lehnt sich neben ihm an die feuchte Mauer, „Das war n’sehr beeindruckender Abgang.“ Ben würdigt ihn keines Blickes. Er weiß, dass das respektlos ist, aber mal ehrlich, drauf geschissen. Das hier ist sowieso kein gewöhnlicher Abend mehr. „Danke“, sagt er trocken und betrachtet die rot glühende Spitze seiner Zigarette. „Weißt du“, sagt Shanks, so beiläufig, als würde er über das Wetter reden, „Ich kann mich nich’ erinnern, wann es mir das letzt mal so gegen den Strich gegangen ist, richtig zu liegen.“ Ben widersteht mit einiger Mühe dem Drang, sich die Nasenwurzel zu reiben. „Richtig womit?“ Shanks hebt den Kopf, sieht ihn an und zieht eine Grimasse. „Feige“, sagt er, „Schlicht und einfach feige. Hätte nich’ gedacht, dass-“ Das ist der Moment, in dem Ben feststellt, dass seine Wut von vorhin kein bisschen verraucht ist und bevor er ihm noch richtig klargeworden ist, was er da eigentlich tut, ist er auch schon herumgefahren, hat Shanks am Oberarm gepackt und ihn erst ein Stück nach vorne gezogen, nur um ihn dann mit aller Kraft nach hinten gegen die Wand zu stoßen. Die Zigarette landet auf dem Boden. Shanks sieht so unbeeindruckt aus, wie ein Mensch nur aussehen kann. Er lacht in sich hinein und Ben hat schon wieder den Drang, ihm eine zu verpassen. „Findest du das witzig?“, knurrt er aufgebracht, selbst überrascht darüber, wie unbeherrscht seine Stimme klingt. Shanks hebt den Kopf und mustert ihn abschätzend, halb belustigt und halb... ja, was? Empört? Sein Gesicht ist viel zu nahe, viel zu aufdringlich und Ben umklammert immer noch seinen Oberarm, so als müsste er sich selbst irgendwo festhalten, um nicht auf der Stelle zu flüchten. Er hat das undeutliche Gefühl, dass sein Griff um einiges zu fest ist, aber Shanks scheint es nicht zu stören. „Meine Güte“, das Flüstern klingt selbstbewusst und herausfordernd, aber seine Augen, Himmelherrgott, seine Augen, „Lache ich etwa immer noch?“ Und Ben kann einfach nicht stillstehen und sich das anhören, nicht wenn Shanks’ Augen so groß und hell sind, als würde er selbst am liebsten davonlaufen; kann ihn nicht weiterreden lassen, nur damit sie so tun können, als wären sie tapfer und das hier nicht mehr als ein neues, seltsames Spiel. Also tut er das Nächstliegende – beugt sich vor und küsst Shanks. Es ist erstaunlich, wie schnell Shanks nachgibt. Wobei... eigentlich dürfte ihn das nicht überraschen. Shanks kann ein recht manipulativer Bastard sein, wenn er es darauf anlegt. Und jetzt, in diesem Moment, als er widerspruchslos seine Lippen öffnet und Ben ihm seine Zunge in den Mund schiebt, ist das alles wirklich nicht so wichtig. Ben löst seinen Griff um Shanks’ Oberarm, packt ihn stattdessen mit beiden Händen an der Hüfte. Die feuchte Mauer erweist sich als guter Widerstand und Shanks murmelt etwas, das sich beinahe wie „Tsse!“ anhört, als Ben ihn nicht allzu sanft dagegen drückt. Ben kümmert sich nicht darum – wenn er in all den Jahren eines gelernt hat, dann dass der Mann vor ihm nicht aus Zucker ist. Shanks’ Hand wandert in seinen Nacken; er ist unglaublich warm und schmeckt, wie könnte es auch anders sein, nach Bier und Sake und Rum und Ben ist sich trotzdem sicher, dass weder seine weichen Knie noch das schwummrige Gefühl in seinem Magen oder das Kribbeln, das mittlerweile seinen ganzen Körper befallen hat, etwas mit Alkohol zu tun haben. Es ist, als wäre da immer noch zu viel Abstand und Shanks scheint das ganz genau so zu sehen, denn er drückt sich ihm entgegen, versucht es zumindest; allzu viel Bewegungsfreiheit ist nicht mehr übrig zwischen seinem Körper und der Wand. Ben hebt sein Knie an, einfach weil er das von all den Frauen, mit denen er bis jetzt zusammen war, so gewohnt ist und dann ist er verblüfft darüber, wie bereitwillig sich Shanks seine Beine auseinander schieben lässt. Und genau in diesem Moment ertönt von der Hauptstraße her ein gewaltiges Krachen, gefolgt von lautem Stimmengewirr – offenbar hat die Kneipentür den Geist aufgegeben, weil jemand dagegen gekracht ist. Die ersten paar Zentimeter fahren sie hektisch auseinander, dann halten sie inne. Shanks grinst schon wieder und diesmal ist das herausfordernde Blitzen auch in seinen Augen. Ihnen beiden ist klar, dass sie irgendwann in den nächsten paar Sekunden loslassen müssen, bevor jemand sturzbesoffen in die Seitengasse gestolpert kommt. „Na ja“, sagt Shanks fröhlich, löst seine Finger aus Bens Nacken und klopft ihm gönnerhaft auf die Schulter, „Du weißt ja, wo du mich findest.“ Ben rollt mit den Augen, weicht drei, vier Schritte zurück und kramt erneut nach seinen Zigaretten. „OI!“, brüllt jemand und ein paar dunkle Silhouetten tauchen im Eingang der Gasse auf, „BOSS! Was hast du’n hier draußen zu suchen?“ Shanks grinst und winkt, nimmt dann dem erstbesten Mann seine Bierflasche aus der Hand und leert sie in einem Zug. „Meine Unschuld“, er wirft die Flasche zur Seite und sie zerschellt auf dem Straßenpflaster, „Konnte sie aber leider nich’ finden.“ Ben bezweifelt, dass irgendeiner der Betrunken diese Aussage auch nur ansatzweise kapiert hat, auch wenn sie ihrem Captain enthusiastisch auf den Rücken klopfen und einer von ihnen losrennt, um Shanks eine neue, volle Flasche zu holen. Er gibt sich Mühe, nicht zu lachen. „Tja“, sagt er laut, „Wer weiß, vielleicht beim nächsten Mal.“ Und Shanks, der gerade zurück in die Kneipe gezerrt wird – einer der Männer hat sich bei ihm eingehängt, der andere hat einen Arm um seine Schultern geschlungen und Ben fragt sich sekundenlang, wie sie so durch den Türrahmen passen wollen – dreht sich noch einmal halb zu ihm um und zwinkert ihm zu. „Wer weiß.“ Ben steckt sich seine Zigarette zwischen die Lippen und seufzt leise. Wer weiß... Man wird sehen. Irgendwann musste es ja so kommen; wenn er ehrlich ist, hat er diese Katastrophe schon jahrelang kommen gesehen. Und jetzt, wo es endlich passiert ist – nun, er muss zugeben, dass es weitaus weniger katastrophal war, als er sich das ausgemalt hat. Was aber nicht heißt, dass... Ach. Scheiß drauf. End. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)