Face to Face von Franlilith ================================================================================ Prolog: zero ------------ Müde lehnte er sich an das kühle Zugfenster und starrte nach draußen, beobachtete, wie Bäume und Sträucher - einer Wand aus grün gleich - an ihm vorbei rasten. Sein Fuß wippte leicht im Takt der schnellen Musik, die aus den großen Kopfhörern auf seinen Ohren drang. Seufzend blickte er auf die Uhr an seinem Handgelenk und rechnete im Kopf nach, wie lange er noch fahren müsste. Eine halbe Stunde würde es sicher noch dauern, es machte ihn jetzt schon ganz verrückt. Noch nie war er sonderlich geduldig gewesen. Sein Weg führte ihn direkt nach Kyoto und zwar in den Stadtteil Sakyo. Egal wie oft er darüber nachdachte, es war ihm noch immer unbegreiflich, gerade in diesem Zug zu sitzen, als wäre es das normalste der Welt, wo er doch die ganze Zeit dagegen gewesen war. Dieser Umstand jedoch, war seiner Mutter gänzlich egal gewesen. „Takeru!“, hatte sie gesagt. „Ich werde dich das Jahr über nicht hier alleine lassen und seelenruhig nach Amerika gehen!“ Natürlich konnte sie ihn nicht alleine in Sapporo lassen, wenn sie geschäftlich in den Staaten war. Und es war ihm auch klar, dass ihr nicht einfiel wohin er sonst hätte gehen sollen. Aber unter allen den merkwürdigen, unwählbaren und unrealistischen Möglichkeiten, konnte ihr natürlich nichts Besseres einfallen als...DAS?! Takeru hatte seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr zu seiner restlichen Familie gehabt, aber das war für ihn auch nicht weiter wichtig. Manchmal hatte er schließlich gut verdrängen können, dass er sogar noch so etwas wie einen Vater hatte. Und eigentlich hatte er das von seiner Mutter auch erwartet. Aber wie dem auch sei, es war zu spät. Sein so genannter „Vater“ wohnte in Kyoto und genau dorthin war Takeru gerade unterwegs. Er hätte schreien können! Egal wie oft er seiner Mutter gesagt hatte, dass er diesen Mann - nach über sieben Jahren der Abstinenz - kaum noch kannte, sie hatte nicht locker gelassen und immer so etwas von „Er wäre ihr noch etwas schuldig“ gefaselt. Takeru wusste ja nicht einmal wie sein Vater lebte oder wo genau. Wenn der Kerl ihn nicht vom Bahnhof abholen würde, hätte er ein mehr als großes Problem. Er kannte sich in Kyoto so gar nicht aus! Er war wirklich kein Gewöhnungsmensch und demnach fiel es ihm schon jetzt schwer sich vorzustellen, wie er sich an die ganze neue Umgebung gewöhnen sollte. Dabei war er noch nicht einmal dort. Langsam zog er sich die Kopfhörer von den Ohren und lauschte der Bandstimme des Zuges, die ihm sagte, dass er Sakyo fast erreicht hatte. So stand er auf und zog seinen Koffer vom Gepäckhalter herunter. Er war wirklich mal gespannt was ihn erwartete. Zudem ging in nicht einmal fünf Tagen die Schule wieder los und bis dahin, würde er wohl nicht einmal den Supermarkt um die Ecke kennen – wenn es so etwas überhaupt gab. Keine zehn Minuten später erklang erneut die Stimme von Band um die Fahrgäste darauf aufmerksam zu machen, dass der Zug in wenigen Minuten halten würde. Takeru zog seinen Koffer in den Gang, hin zur Tür und blieb in gebührendem Abstand zu ihr stehen. Langsam setzte er seine Kopfhörer wieder auf und schulterte seine kleinere Tasche, in der sein ganzer Kleinkram für die Reise verstaut war. Er würde es hier schon überleben, schließlich war er ja auch kein Mensch der auf den Mund gefallen war und nicht sagen konnte, wann ihm etwas nicht passte. Eigentlich war er sogar ziemlich vorlaut und manchmal auch ganz schön dreist. Das waren immerhin Eigenschaften, mit denen er gut klar kam. Der Zug kam ins Bremsen und fuhr langsam am Bahnsteig ein. Für Takeru selbst waren das Sekunden des Unbehagens. Tausend Fragen wirbelten in seinem Kopf herum. Würde sein Vater da sein? Was tat er wenn nicht? Würden sie sich erkennen? Wo würde er das nächste Jahr wohnen? Hatte sein Vater den gleichen Lebensstandart wie Takeru und seine Mutter? Es ließ ihn einfach nicht los! Er war irgendwie ein wenig neugierig auf den Mann, der vor sieben Jahren nach Kyoto gegangen war, um ein neues Leben anzufangen. Als sich die Türen öffneten, trat Takeru auf den Bahnsteig und atmete erleichtert auf. Er hatte sicher fünf Stunden in diesem Zug gesessen. Es gab einfach nichts schöneres, als nach einer so langen Zeit wieder an der frischen Luft zu sein. So frisch wie die Luft an einem Bahnhof zumindest sein konnte. Langsam sah er sich um und seufzte. Toll, wie sollte er bei den ganzen Menschen bitte seinen Vater entdecken. Wirklich viel wusste er ja wirklich nicht. Nicht mal wie er heute aussah. Er schreckte etwas auf, als sein Handy in der Tasche begann zu vibrieren. Schnell kramte er danach und sah auf das Display. Aber klar! Sein Vater hatte Takerus Handynummer von seiner Mutter bekommen! Schnell setzte er die Kopfhörer wieder ab und klappte das Handy auf, um es sich ans Ohr zu halten. „Ja?“, fragte er. „Takeru? Bist du es? Dein Zug ist gerade angekommen, nicht wahr? Ich stehe unten in der Empfangshalle vor dem großen Buchladen“, hörte er vom anderen Ende und seufzte erleichtert. Gut, er wurde tatsächlich abgeholt. „Ich bin gleich da“, erklärte er und legte ohne auf eine Antwort zu warten auf. Dann zog er seinen mehr als schweren Koffer hinter sich her auf die Rolltreppe und steckte sein Handy wieder in die Tasche. Das erste Mal seit langem, dass er die Stimme seines Vaters gehört hatte. Seine Mutter hatte – vor Beginn seiner Reise - sämtliche „Formalitäten“ für ihn besprochen. Die Empfangshalle war größer als Takeru erwartet hatte, hier gab es nicht nur einen Buchladen, sondern drei und das Schlimmste war, überall roch es nach Essen und bei seinem Magenknurren konnte man nicht nur von Hunger sprechen. Ohne sich zu beeilen ging er erst einmal an einem kleinen Laden vorbei, bei dem er stehen blieb und sich wenigstens eine Kleinigkeit zu essen mitnahm, bevor er sich auf die Suche nach dem größten der drei Buchläden machte. Welcher jedoch schnell gefunden war. Die anderen beiden waren lediglich kleine Nebenfilialen des großen Geschäftes, vor dem unverkennbar ein etwas größerer Mann mit Handy in der Hand stand und sich suchend umsah. Takeru hätte lügen müssen, hätte er seinen Vater in dem Moment nicht erkannt. Der Mann hatte sich wirklich kaum verändert. Er war noch immer etwas schlaksig und trug keinen Bart um jünger zu wirken. Langsam ging Takeru auf ihn zu und stutzte kurz, als er den dunkelhaarigen Jungen an der Seite seines Vaters sah, den er so gar nicht zuordnen konnte. Das weibliche Gesicht ließ ihn richtig feminin wirken, aber die Statur zeige eindeutig, dass es sich bei ihm um einen Jungen handelte. Als er bei den beiden zum stehen kam, begann sein Vater zu lächeln. „Takeru! Es ist wirklich lange her! Groß bist du geworden!“, rief er begeistert und Takeru verkniff sich ein Seufzen. „Freut mich auch dich wieder zusehen. Deine Beschreibung von wegen Buchladen, war wirklich sehr präzise, ich musste mich erstmal orientieren“, erklärte er und versuchte sich an einem leichten Lächeln, dass ihm jedoch fast schon zu aufgesetzt rüberkam. Sein Vater lachte. „Das tut mir leid!“ Takeru nickte leicht und blinzelte dann, als der Junge neben ihnen leicht lächelte. Er gehörte also tatsächlich dazu. „Und du bist...?“, fragte Takeru nach und schien seinen Vater etwas aufschrecken zu lassen. Der lachte wieder und legte eine Hand auf den Kopf des Jungen. Er musste ungefähr in Takerus Alter sein. „Das ist Shinji, er ist sozusagen mein „Stiefsohn“.“ Takeru nickte. Dann überlegte er. Und sogleich wurden seine Augen etwas größer. „Dein WAS?!“ Prolog Ende Kapitel 1: one -------------- Das ausgelassene Lachen seines Vaters ließ ihn leise grummeln, während er versuchte es sich auf dem Sitzkissen etwas bequemer zu machen. „Das ist wirklich komisch, dass deine Mutter dir gar nichts erzählt hat“, meinte sein Vater und Takeru machte sich jetzt schon Sorgen um das, was seine Mutter ihm noch so alles verschwiegen hatte. Vor einer guten halben Stunde waren sie an diesem – Takerus Erwartungen regelrecht sprengendem – großen Haus angekommen und bis jetzt hatte er gerade mal das Wohnzimmer zu Gesicht bekommen. Nicht das er leicht zu beeindrucken war, aber allein dieser Raum war schon so groß, wie die Hälfte seiner alten Wohnung und die war auch nicht gerade winzig gewesen. Es ärgerte ihn, dass er soviel nicht wusste! Weder was sein Vater arbeitete, noch wie er oder MIT WEM er lebte! Mit einem feinen, vorsichtigem Lächeln stellte jemand eine Tasse Tee vor ihm auf dem niedrigen Tisch ab – der, hingegen aller Moderne in diesem Raum, doch sehr altjapanisch aussah. Langsam sah er auf und bedankte sich bei der gastfreundlichen Frau, die sein Vater ihm vorhin als seine Lebensgefährtin Masaki vorgestellt hatte. Von ihr hatte er auch nichts gewusst! Genauso wenig wie von ihrem Sohn! Er warf Shinji einen kurzen Seitenblick zu, der nur ruhig und zufrieden seinen Tee trank und niemanden so richtig zu beachten schien. Ihm wurde erklärt, dass Masaki zwar nicht mit seinem Vater verheiratet war, aber mit ihm zusammen lebte. Und Shinji war ihr Sohn aus einer früheren Ehe. Das machte schon irgendwie Sinn, wenn man darüber nachdachte. „Danke...“, meinte er leise zu ihr und trank einen kurzen Schluck, ehe er ein leises, fast kaum hörbares Lachen neben sich wahrnahm. Shinji schien das alles sehr witzig zu finden. Aber Takeru sagte lieber nichts dazu, er fühlte sich ohnehin schon wie ein Fremder in diesem Haus. Wobei er das eigentlich auch irgendwie war. „Also erzähl doch mal, wie ist es dir in den letzten Jahren so ergangen?“, wurde er von seinem Vater gefragt und verkniff sich ein schnippiges „Wärst du halt da gewesen!“. Er wusste nicht was er großartig erzählen, geschweige den wo er beginnen sollte. Es war viel passiert, viele Dinge, die ein Vater mitbekommen und nicht erst im Nachhinein erfahren sollte. „Ich kam klar“, lächelte er und kam sich mit einem mal gar nicht mehr so blöd in dieser Situation vor. Vielleicht, weil ihm bewusst war, dass er keinen Fehler gemacht hatte und sich auch nicht einfach ausfragen lassen musste. Masaki kicherte leise und sah Takeru in die Augen. „Ich glaube, du solltest Takeru nicht so überfallen, Katsumi. Er ist doch gerade erst angekommen, lass ihn sich erst einmal ein wenig eingewöhnen“, meinte sie lächelnd und in diesem Moment konnte Takeru gar nicht sagen, wie dankbar er ihr war. Es war ihm nach wie vor unangenehm irgendetwas von sich zu erzählen. Der Draht zu seinem Vater existierte für ihn kaum noch und das führte ihn auch dazu ihm wenig Sympathie entgegen zu bringen. „Uff...du hast ja recht, ich bin wahrscheinlich einfach nur zu neugierig“, lachte sein Vater und trank dann einen Schluck Tee. Takeru bemerkte wie sich neben ihm etwas bewegte und erkannte das Shinji im begriff war aufzustehen. „Möchtest du dein Zimmer sehen? Es wäre dir sicher lieber, deinen Koffer erstmal irgendwo unter zu haben, oder?“ Takeru blinzelte, als ihm bewusst wurde, dass Shinjis Frage an ihn gerichtet war. Das war gerade das erste Mal gewesen, dass er die Stimme des anderen gehört hatte. Nie hätte er erwartet, dass sie so fein war. Die meisten Jungen in seinem Alter hatten schon etwas tiefere Stimmen. Und doch schien es bei ihm völlig normal zu sein. Schnell nickte Takeru, trank seinen Tee aus und stand ebenfalls auf, um Shinji in den Flur zu folgen, wo sie seinen Koffer erstmal notdürftig abgestellt hatten. Nachdem er sich jenen geschnappt hatte, nahm Shinji ihm seine kleine Tasche ab und wies ihn an ihm in das obere Stockwerk zu folgen. „Hier oben befinden sich auch das Schlafzimmer sowie mein Eigenes. Und ein kleines Bad hier neben der Treppe.“ Takeru nickte, als er Shinji über den Gang des Obergeschosses folgte und mit ihm vor einer der vielen Türen stehen blieb. „Das hier ist dein Zimmer“, erklärte Shinji und ließ ihn an sich vorbei in den Raum, der ab sofort als sein Zimmer fungieren sollte. Er schmunzelte etwas. Dieser Raum war genauso groß wie sein altes Zimmer, zwar noch etwas karg eingerichtet, aber es sah ganz annehmlich aus. Denn außer einem Bett, einem Schreibtisch und einem Wandschrank war hier noch nicht viel zu sehen. Sah man mal von dem kleinen Tisch mit den Sitzkissen ab. „Ich denke hier kann ich es aushalten“, schmunzelte er und Shinji lachte leise. „Mein Zimmer ist genau daneben, also sollte irgendwas sein, klopf einfach.“ Takeru nickte dankend, ehe er seinen Koffer erst einmal am Schrank abstellte und sich auf das Bett fallen ließ. Er hatte eigentlich nur einen Futon erwartet. Es schien fast so, als hätte sein Vater für alles gesorgt. „Ach so!“, machte Shinji plötzlich und riss Takeru aus seinen Gedanken. „Katsumi hat mir aufgetragen, dir morgen mal die Stadt ein bisschen zu zeigen, damit du dich zurecht findest. Ich denke, das ist in deinem Interesse.“ Ein Blinzeln, dann erst hatte Takeru den Satz vollkommen verstanden. Klar Shinji nannte seinen Vater Katsumi, das machte Sinn. „Doch gern, ich glaube das werde ich brauchen. Bei meinem schlechten Orientierungssinn“, lachte Takeru und kratzte sich gespielt verlegen am Hinterkopf. Er würde sich ohne Hilfe sicher gnadenlos verlaufen. Shinji grinste etwas und nickte dann. „Gut. Aber heute solltest du dich besser erstmal ausruhen, hast sicher eine lange Fahrt hinter dir. Ich sag meiner Mutter, sie soll dir Badewasser einlassen, okay?“, bot Shinji ihm an. Irgendwie war ihm der Andere jetzt schon sympathisch. „Das wäre wirklich nett von dir!“ Mit einem erleichterten Seufzen ließ sich Takeru in die Wanne sinken und tauchte erst einmal kurz gänzlich unter. Es konnte einfach nichts Schöneres geben, als in einer großen Badewanne zu liegen und allein die Wärme um sich herum zu genießen. Langsam tauchte er wieder auf und lehnte sich zurück. Er musste seine Gedanken - bei all den neuen, verwirrenden Eindrücken - erst einmal ordnen. Es war ihm einfach zuviel auf einmal. Er hatte seinen Vater seit Jahren nicht mehr gesehen, wusste deswegen weder von Masaki noch von ihrem Sohn Shinji. Außerdem hatte er keine Ahnung gehabt, wie dieser Mann lebte. Dieses Haus war wirklich groß - auch wenn es nur zwei Stockwerke hatte - und demnach musste sein Vater nicht schlecht verdienen. Er würde ihn wohl einfach mal fragen, was er arbeitete. Er grübelte. Eigentlich war er wirklich ganz froh darüber, dass Shinji ihm die Stadt etwas zeigte. Er gehörte nicht gerade zu den Menschen, die sich an Straßenschilder hielten, oder mit Karten etwas anzufangen wusste. Deswegen hatte er sich auch oft in seiner eigenen Heimatstadt verlaufen und seine Mutter damit immer ausreichend amüsiert. Sie war schon immer eine Verräterin gewesen. Er schmunzelte etwas, ehe er stockte. Ging Shinji eigentlich auf die gleiche Schule wie er? Denn er würde sich die auch zeigen lassen müssen. Takeru hatte zwar erfahren, dass Shinji und er fast im selben Alter waren – Takeru würde allerdings vor ihm siebzehn werden – aber das hieß ja nicht, dass sie auf dieselbe Schule gingen. Irgendwie kam er sich schon etwas dumm vor, nicht mal über die einfachsten Sachen bescheid zu wissen. Mit einem Seufzen tauchte Takeru wieder unter und hörte nur gedämpfte, wie die Tür des Bades geöffnet wurde. Etwas irritiert kam sein Oberkörper wieder an die Wasseroberfläche und er starrte Shinji verwirrt ins Gesicht, als dieser die Handtücher in seinen Armen fallen ließ. Was war denn jetzt kaputt? „Du hast...da was fallen lassen“, meinte Takeru leise und schien Shinji aus seinen Gedanken zu reißen. Der schreckte etwas auf und schüttelte – scheinbar über sich selbst – den Kopf. Dann beugte er sich hinunter und hob die Handtücher wieder auf. „Ich...wollte dir deine Badetücher bringen...Entschuldige die Störung...“, murmelte er und sah nun zur Seite, als er die Handtücher auf einem Stuhl ablegte und wieder aus dem Raum verschwand. „Hm?“ Was zur Hölle war denn das gerade? Mit einem lauten Gähnen saß Takeru am nächsten Morgen im Bett und versuchte irgendwie den Schlaf aus seinen Augen zu wischen. Er war gestern kurz nachdem er sich auf sein Bett gelegt hatte, auch schon eingeschlafen. Die Zugfahrt, war doch etwas anstrengend gewesen und somit war er ganz froh, etwas Ruhe bekommen zu haben. Ein lautes Poltern war plötzlich aus dem Zimmer neben ihm zu hören und irgendwie war er sich sicher, dass Shinji der Erzeuger dieses Geräusches sein musste. Langsam erhob er sich und ging zur Tür, um vorsichtig hinaus zu gucken. Shinjis Zimmertür stand offen und vor ihr stand ein verdammt müde und schlecht gelaunt dreinblickender, schwarzhaariger Junge herum, der sich gerade auf den Weg ins des kleine Bad dieses Stockwerkes machen wollte, als er Takeru bemerkte. Doch hingegen dessen Erwartungen sagte der nichts, sondern verschwand einfach im Badezimmer. „Uff...“, machte Takeru leise. „Was für ein Morgenmuffel...“ „Oh, das ist immer so.“ Verwirrte sah er sich um und blickte direkt in Masakis lächelndes Gesicht. Sie war gerade aus dem Schlafzimmer gekommen, schien aber schon eine Weile wach zu sein. Sie trug bereits ihre Alltagskleidung. „Das ist normal, hm?“, wollte Takeru wissen und Masaki lachte leise und nickte. „Er ist einfach kein Morgenmensch. Das wird nächste Woche, wenn wieder Schule ist, noch schlimmer“, meinte sie und strich sich eine ihrer langen Haarsträhnen hinters Ohr. „Aber wie hast du eigentlich geschlafen. Hoffentlich hat dich die fremde Umgebung nicht so sehr gestört?“ Takeru schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe wirklich ausgezeichnet geschlafen. Aber...ich war gestern auch wirklich kaputt“, erklärte er ihr und lächelte etwas. Sie schmunzelte. „Das freut mich sehr. Machst du dich fertig? Das Frühstück steht bereits auf dem Tisch.“ Er nickte und beobachtete wie sie guter Dinge die Treppe herunter lief. Masaki war wirklich eine Frohnatur, so wie seine Mutter. Es wunderte ihn nicht, dass sein Vater mit ihr zusammenlebte. Eine halbe Stunde später war er fertig angezogen und saß am Essenstisch, während er sich die Frage stellte, wo Shinji eigentlich so lange blieb. War er noch immer oben im Bad? „Was möchtest du gern trinken, Takeru?“, wurde er von Masaki gefragt, die mit einer Kanne mit Kaffee und der anderen mit Tee vor ihm stand. „Ich hätte gern Tee“, lächelte er und schreckte auf, als er das zweite Poltern an diesem Tag hörte. „Shinji...“, murmelte sein Vater – der sich nun von seiner Zeitung trennte - plötzlich und sah durch die geöffnete Tür in Richtung Treppe. „Irgendwann brichst du dir was.“ Takeru drehte sich verwirrt um und erblickte eben Genannten im Türrahmen. Er sah noch immer nicht besser gelaunt aus, auch wenn er sich fertig gemacht zu haben schien. „Ach...ich hoffs...“, grummelte er und Takeru war fast ein wenig erschrocken, über den plötzlichen Wandel, in dem gestern noch so freundlichen Jungen. Der musste ja wirklich schlecht geschlafen haben. „Komm, setzt dich erst einmal zu uns. Möchtest du einen Kaffee, Shinji?“, fragte Masaki und strich ihrem Sohn fast schon sanft durch die Haare, der darauf nur grummelte. „Kaffee...“, murmelte er nur und massierte sich mit einer Hand die Schläfe. Er sah aus wie eine Moorleiche! Blasses Gesicht und dunkle Augenringe. Takeru wusste nicht genau, ob ihm das Sorgen machen sollte, oder nicht. Jedoch verstreuten sich seine Bedenken, nachdem Shinjis Kaffee eine halbe Stunde später zu wirken schien. „Wir können nachher erstmal zur Schule runter gehen, damit du weißt wohin du musst. Aber eigentlich bin ich ja am Montag dabei. Und dann fahren wir mal runter in die Stadt“, erklärte er Takeru, welcher wirklich fasziniert von diesem Stimmungswandel war. Er schien morgens seine eigene Zeit zu haben. Er dachte nach. Dann gingen sie also doch auf die gleiche Schule, irgendwie erleichterte ihn das. So würde er sich jedenfalls nicht ganz so verloren vorkommen. „Gern.“ Takeru schmunzelte. „Oh, du willst ihm wohl gleich alles zeigen?“, fragte Takerus Vater und wirkte irgendwie ziemlich vergnügt, als Shinji nickte. „Klar, warum auch nicht?“ Als sie sich gegen Nachmittag auf den Weg zur Schule machten, hatte es zu allem Überfluss auch noch zu regnen angefangen. Nicht das es wirklich schlimm gewesen wäre, da man ja Schirme mitnehmen konnte, aber es trübte Takerus Laune doch ziemlich. Auch wenn Shinji gemeint hatte, dass sie vielleicht zehn Minuten laufen mussten. Irgendwie hatte Takeru den Gedanken, dass das sogar ganz gut so war. Von sich selbst mal abgesehen, schien Shinji ein ziemlicher Langschläfer zu sein und hatte so morgens genügend Zeit wach zu werden. „Sag mal, warum musstest du noch gleich von deiner Mutter weg? So richtig mitbekommen habe ich das bei dem ganzen Tumult gar nicht“, wollte Shinji nach einer Weile – in der sie sich lediglich angeschwiegen hatten – wissen. Takeru war etwas erleichtert, dass er nicht der Einzige war, der von manchen Sachen keine Ahnung hatte. „Sie ist für ein Jahr geschäftlich im Ausland und wollte mich einfach nicht allein in Sapporo lassen. Eigentlich hat sie hinter meinem Rücken alles geplant und mich sozusagen nur noch in den Zug gesetzt“, erklärte er und brachte Shinji zum blinzeln. „Deswegen wusstest du nichts von meiner Mutter und mir, oder? Aber ich kann das irgendwie verstehen, meine Mutter würde mich wohl auch nicht allein lassen.“ Takeru nickte und sah geradeaus. Bei dem Regen war es wirklich nicht sehr einfach sich den Weg zu merken. Während sie an unzähligen Einfamilienhäusern vorbei liefen – die obendrein noch alle gleich aussahen – fragte Takeru sich, wie weit sie noch laufen mussten. „Ich finde das ganz schön unübersichtlich“, murmelte er mehr zu sich selbst, doch Shinji schien ihn verstanden zu haben. „Ach, mach dir darüber keine Sorgen. Eigentlich muss man ja fast nur geradeaus laufen, na ja, bis auf die kleine Straße vorhin, aber sonst ist das wirklich einfach. Aber wenn es dich beruhigt, ich komme am Montag ja mit und begleite dich sogar mit zum Lehrerzimmer, wenn du das möchtest“, bot Shinji mit einem Lächeln an, sodass Takeru wirklich ein Stein vom Herzen fiel. „Das ist nett von dir, Danke.“ Nachdem Takeru die Schule erstmal von außen gezeigt wurden war, machten sie sich beide auf den Weg zur U-Bahnstation. Das Netz mochte zwar wirklich einfach aussehen, aber er war wirklich nicht der Mensch, der sich so etwas merkte. Hauptsache er fand im Notfall noch Nachhause zurück und dafür brauchte er wohl wirklich einen Stadtplan. Während sie in der U-Bahn saßen und Takeru sich über sein Problem beklagte, lachte Shinji lediglich. „Das ist wirklich zu süß. Na hoffentlich kommst du nicht irgendwann mal in Osaka raus“, grinste er. Takeru schmollte. „Na danke. Aber das ist mir noch nie passiert...“ „Na sei froh.“ Die Stationsanzeige sprang um und Shinji wies Takeru an aufzustehen. Es waren exakt sechs Haltestellen gewesen, aber man sollte ihn bloß nicht fragen, wie die hießen. „Wie du siehst, ist es von der Schule aus wirklich nicht weit bis in die Stadt. Eigentlich bin ich nach dem Unterricht fast immer hier“, erklärte Shinji ihm und zog Takeru mit schnellen Schritten durch die kleine Einkaufsmeile. „Was gibt es hier so besonderes, dass du immer hier bist?“, wollte Takeru verwirrt wissen und brachte Shinji plötzlich dazu etwas langsamer zu laufen. Er wirkte etwas ertappt. „Ich esse hier...“ Er deutete auf einen Laden. „Jedenfalls ist das der Plan, aber eigentlich sitzen wir immer nur hier, um uns zu unterhalten.“ Er nickte verstehend. „Wir? Also deine Klassenkameraden?“, fragte er nach und nun blieb Shinji vollkommen stehen. Leicht zuckte sein Mundwinkel, als hätte er etwas gesagt, was er bereuen könnte. „Ehm...nein...also nicht ganz. Ich sitze oft mit denen aus den höheren Klassen hier. Aber die mögen nicht jeden.“ Das Gestammel irritierte Takeru nun doch ein wenig. Außerdem sah Shinji ihn gar nicht mehr an, er schien über irgendetwas zu grübeln. „Ach so.“ Der Andere starrte ihn an. „Das verwundert dich nicht? Ich meine, meistens hält man sich von den älteren Schülern ja fern...“ Takeru lachte kurz auf. „Nein, das ist doch deine Sache.“ Shinji lächelte dankend. Und auch wenn Takeru gern mehr darüber erfahren hätte, warum dem anderen das so peinlich zu sein schien, so ging ihn das ja wirklich nichts an. Er verdrängte das merkwürdig, beißende Gefühl, welches ihn innerlich irgendwie über das seltsame Verhalten des anderen ermahnen wollte. „Wollen wir heimgehen?“ Takeru zog etwas an Shinjis Ärmel. „Klar...“ --- Kapitel 2: two -------------- Takeru hatte das Gefühl, sich noch kein bisschen hier eingelebt zu haben, als er am Montagmorgen wach wurde und ein Blick auf seinen Wecker ihm verriet, dass er noch fast zwei Stunden Zeit hatte bis er mit Shinji zur Schule musste. Vielleicht war es die Aufregung gewesen, die ihm seinen Schlaf geraubt hatte, auch wenn er das fast nicht glauben konnte. Mit einem Murren stand er auf und verließ sein Zimmer, um das Bad zu betreten. Von Shinji war bis jetzt noch keine Spur zu sehen, aber es würde nicht mehr gar so lange dauern und man würde die schlechte Laune zu spüren bekommen. Heute würde er sicher noch schlimmer drauf sein. Während Takeru sich das Gesicht wusch, überlegte er, ob sein Vater noch da war. Nachdem er ihn gefragt hatte - was er nun eigentlich für eine Arbeit hatte – war die Antwort fast zu erwarten gewesen: Er war Immobilenmakler. Daher auch das große Haus. Jedenfalls war sich Takeru nicht sicher, ob sein Vater noch zuhause war. Letzte Woche war er immer zu den unterschiedlichsten Zeiten gefahren, also wusste man nie, ob er noch am Frühstückstisch saß, oder nicht. Nachdem Takeru das Badzimmer wieder verlassen hatte, wäre ihm vor Schreck fast das Herz stehen geblieben. Shinji stand – mit sehr gereizter Miene - direkt vor ihm und drängte sich ohne ein Wort an ihm vorbei ins Bad. Sogleich wurde Takeru die Tür vor der Nase zugeschlagen und er brachte nur ein Seufzen zustande. Er hatte noch nie einen Menschen gesehen, der wirklich jeden verdammten Morgen solche Laune hatte. Nicht das es ihm Angst machte – er wusste ja, dass Shinji sich wieder beruhigen würde – aber ein wenig zum Grummeln brachte es ihn schon. Er wurde wirklich immer so schlecht behandelt, wenn sie sich am frühen Morgen begegneten. Doch Takeru beschloss sich darum keine Gedanken mehr zu machen. Lieber ging er zurück in sein Zimmer und zog sich seine neue Schuluniform an. Es war wirklich eigenartig, sein Leben lang war er in Sapporo in die Schule gegangen und hatte auch nur die Schulkleidung der Mittel- und Oberschule dort getragen. Hier in Kyoto - beziehungsweiße in dieser Oberschule - sah die etwas anders aus. Grau statt schwarz. Schon ein bisschen komisch und vor allem ungewohnt. Selbst wenn er in seiner alten Heimatstadt nur im ersten Oberschuljahr gewesen war, so hatte er sich so sehr daran gewöhnt. Nun gut, das zweite würde er also hier machen. „Morgen Takeru!“ Der Angesprochene blinzelte und sah in das lächelnde Gesicht seines Vaters, der bis eben noch in seine Zeitung vertieft war. „Morgen...“, erwiderte er und setzte sich an den Frühstückstisch. „Ist Shinji auch schon wach?“ Takeru seufzte und stand auf um sich noch einen Tee zu machen. Masaki schien noch nicht wach zu sein. „Jedenfalls körperlich, ja“, erklärte er und brachte seinen Vater zum lachen. „Das habe ich mir fast gedacht. Typisch Shinji.“ Genau der betrat – nachdem er seine Schultasche irgendwo in den Flur geworfen hatte - die Küche und ließ sich ebenfalls am Tisch nieder. „Einen guten Morgen, Shinji“, lächelte Takerus Vater, worauf der Angesprochene nur nickte und seinen Kopf auf der Handfläche abstützte. Takeru fand es nach wie vor interessant, wie jemand am frühen Morgen nur so eine Laune drauf haben konnte. Aber das faszinierendere daran war eigentlich der plötzliche Sinneswandel, sobald Shinji seinen Kaffee bekommen hatte. Das führte Takeru auch gerade ultimativ dazu, sich die Kaffeekanne zu schnappen und mit ihr auf Shinji zuzugehen. „Möchtest du Kaffee?“, fragte er freundlich und erhielt nur einen bittenden Blick. Das war doch mal eine Aussage! Mit einem Grinsen schüttete er dem anderen seinen Kaffee in Tasse vor ihn. Danach setzte er sich mit seinem Tee daneben. „Heute regnet es mal nicht“, meinte Shinji während er mit Takeru auf dem Weg zur Schule war. „Also jetzt kannst du dir den Weg merken.“ Er grinste und streckte sich dann ausgiebig. Takeru nickte, glaubte jedoch nicht wirklich daran, dass es irgendwas half. Er war einfach ein hoffnungsloser Fall. Er sah geradeaus, beobachtete all die anderen Schüler um sie herum. Laut der Uniform gingen sie auch alle auf ihre Schule demnach würde er, sollte er mal nicht weiterwissen, ihnen einfach folgen können. Aber noch war ja Shinji da. „Wir gehen dann erstmal ins Lehrerzimmer und kümmern uns um deine Anmeldung. Jedenfalls um die letzten Formalitäten, den Rest hat Katsumi ja eigentlich schon gemacht“, erklärte Shinji vergnügt weiter und die plötzliche gute Laune, ließ Takeru etwas schaudern. Vielleicht hatte er ja doch ein wenig Angst vor dem anderen. „In Ordnung. Ich bin wirklich dankbar, dass du mir hilfst, ohne dich wäre ich wohl komplett aufgeschmissen“, lachte er etwas nervös und Shinji drehte den Kopf etwas hin und her. „Ich hoffe mal wir sind in einer Klasse, das würde alles ein wenig vereinfachen, finde ich.“ Takeru nickte und betrat mir Shinji das Schulgelände. „Moment...Kimura Takeru, richtig?“ Die Sekretärin sah ihn fragend an und Takeru nickte zustimmend. Sie schien ein wenig überfordert zu sein, ihre Brille lag ganz schief auf der Nase und sie wirkte, als wäre Takeru heute nicht der Erste, der hier aufgetaucht war und in dieser frühe etwas von ihr wissen wollte. „Ah, da habe ich Sie. Klasse 2-2. Und Sie Tanaka Shinji sind denke ich in seiner Klasse, nicht wahr? Dann können sie ihm je einwenig beim Eingewöhnen helfen“, meinte sie ein wenig erleichtert. Wahrscheinlich was es schneller gegangen war, als sie befürchtet hatte. „Mache ich gern“, lächelte Shinji und nahm Takeru ein paar seiner Bücher ab, als er diese in seiner Tasche verstaute. Während sie über den Gang in den ersten Stock gingen, atmete Takeru leise aus. „Die war ja ganz schön neben der Spur, oder?“, fragte er Shinji, der nur abwinkte. „Die ist nur eine Stellvertreterin, hat keine Ahnung von irgendwas, aber die Sekretärin ist noch immer im Krankhaus. Sie hatte letztes Jahr einen Unfall“, erklärte er ihm und Takeru war sich nicht mehr so sicher, ob ihn das in irgendeiner Form beruhigen sollte. Er war ohnehin etwas nervös, das erste Mal in seinem Leben, dass er in einer vollkommen anderen Stadt zur Schule ging. „Du musst dir keine Gedanken machen, Takeru. Eigentlich sind die meisten hier ganz in Ordnung.“ Shinji schien seine Bedenken bemerkt zu haben und doch half es im Augenblick leider nicht sehr viel. „Das hier ist Kimura Takeru, er wird für das folgende Jahr diese Klasse besuchen.“ Nachdem sein neuer Lehrer ihn vorgestellt hatte, verbeugten sich Takeru freundlich vor der Klasse und sah dann Shinji an, der zufrieden nickte. Das wäre also auch überstanden und er hatte sich solche Gedanken gemacht. „Nun gut, Tanaka kennst du ja ohnehin bereits, du kannst dich neben ihn setzten“, wurde er angewiesen und nickte, ehe er tat wie ihm geheißen und er sich neben Shinji setzte, der freudig schmunzelte. „Also gut, beginnen wir mit dem Unterricht. Wir werden uns dieses Jahr mit verschiedenen Themengebieten beschäftigen...“ Takeru seufzte sogleich und wusste wirklich genau, warum er Geschichte nicht mochte. Gab es eigentlich etwas Uninteressanteres? „Du machst ja wirklich gute Miene zum bösen Spiel“, sprach Shinji ihn plötzlich von der Seite an, worauf Takeru ihn nur verwirrt anblickte. Sein Gegenüber grinste und zeigte dann möglichst unauffällig etwas nach vorn, wo sich vereinzelt ein paar der Mädchen zu ihm umdrehten. „Oh...“, machte er und schmunzelte etwas. Das war ihm noch gar nicht aufgefallen. Er hatte ja als er vorn stand bemerkt, dass er von allen Seiten gemustert wurden war, aber da hatte er versucht nicht all zu sehr drauf zu achten. Jetzt merkte er, wie sich die Schülerinnen auffällig oft zu ihm drehten. Das machte ja fast arrogant. „Sag nicht, du hast das nicht bemerkt?“, wollte Shinji verwundert wissen. Als Takeru leicht mit dem Kopf schüttelte, erhielt er einen Blick von dem anderen, denn er nicht ganz deuten konnte. Er erinnerte sich nicht, in den letzten Tagen von Shinji so angesehen wurden zu sein. Außer vielleicht nach seiner Ankunft, im Badezimmer, als der Andere ihm die Handtücher hatte bringen wollen. Er wüsste schon gern, was dahinter steckte. Aber irgendwas sagte ihm, dass er sich besser keine Gedanken darum machen sollte. Kaum wurde die Pause eingeläutet traute sich das ein oder andere Mädchen seiner Klasse ihn anzusprechen. „Und wo kommst du her?“, wurde es gefragt, worauf er nur kurz lächelte. „Aus Sapporo.“ „Und du wohnst mit Tanaka zusammen?“, war die nächste Frage. „Ja...also mein Vater lebt mit seiner Mutter zusammen“, erklärte er darauf und sah Shinji kurz von der Seite an, der sich – bemüht distanziert – mit zwei anderen Mädchen unterhielt. Er schien wirklich nicht die geringsten Annährungen – und die waren bei den beiden Damen offensichtlich - zuzulassen. Für einen Jungen in seinem Alter, war das wirklich untypisch. Takeru für seinen Teil, genoss es nämlich irgendwie, von den Mädchen umgeben zu sein und ausgefragt zu werden. Sie schienen jedenfalls Interesse zu haben. Shinji jedoch wirklich eher kühl gegenüber den beiden Mitschülerinnen, war das normal für ihn, oder lag das nur an den beiden. Vielleicht mochte er ja auch nur Ältere, er hatte ja vor einigen Tagen erwähnt, dass er oft mit denen aus den höheren Klassen zutun hatte. „Und warum bist du hergezogen?“, riss ihn jemand aus seinen Gedanken und er lächelte das langhaarige Mädchen vor sich freundlich an, die etwas rot im Gesicht wurde. Also wirklich, wie konnte man solche Reaktionen nicht mögen? „Meine Mutter ist ein Jahr im Ausland und ich wäre sonst allein in Sapporo geblieben“, erklärte Takeru weiter. „Die haben dich ja wirklich beim Wickel gehabt“, lachte Shinji, als er mit Takeru nach unten zu den Stundenplänen ging. Der schmunzelte. „Also ich fand das jetzt nicht so schlimm. Aber du doch auch, dich scheinen die Mädchen ja auch zu mögen“, erwiderte er und brachte Shinji merkwürdigerweise wieder zum weggucken. Er wirkte irgendwie nervös oder bildete er sich das nur ein? „Na ja, das ist aber normal. Trotzdem mag ich es nicht, wenn ich so...'umzingelt' werde, wenn du verstehst?“, brachte er unter leichtem Unwohlsein hervor. Man sah Shinji einfach an, dass ihm irgendwas peinlich war. „Du magst das nicht? Versteh ich nicht ganz...meinst du die Mädchen selbst?“, wollte Takeru wissen, auch wenn Shinji nicht so wirkte, als wolle er noch weiter Antworten. „Auch ja...“ Takeru ging ein Licht auf. „Auch so...du magst eher Ältere, oder?“, hakte er weiter nach und meinte eine leichte Röte auf Shinjis Wangen zu erkennen. „So...ähnlich“, lächelte er verhalten und sah dann etwas irritiert geradeaus. Takeru folgte seinem Blick und sah einen Schüler, der direkt vor dem Vertretungsplan des dritten Jahres stand und sie beide merkt zu haben schien. Er sah zu ihnen rüber, zumindest zu Shinji, wenn man es genau nahm. „Hey, Klei...ähm Shinji! Lange nichts gesehen!“, meinte er und winkte dem Angesprochenen zu, der leicht mit der Augenbraue zuckte und sich zu einem Lächeln zwang. „Es waren doch nur ein paar Wochen, Ryo.“ Der Größere lachte. „Stimmt stimmt! Freut mich trotzdem, dass die die Ferien gut überstanden hast.“ Shinji nickte und als Ryo an ihm vorbeilief, versteifte sich sein Körper kurz. Takeru meinte zu erkennen, dass der Kerl dem Kleineren etwas ins Ohr hauchte. Sogleich schluckte Shinji und schien heilfroh, dass der Typ an ihm vorbei war. „Wer zur Hölle war das?“, fragte Takeru verwirrt und sah Shinji nur abwinken. „Ist nicht so wichtig...ist ein komischer Kerl.“ Er lachte leise und strich sich durch die Haare, ehe sie endlich auf den Vertretungsplan sahen. Tagespäter hatte Takeru sich etwas an die neue Schule gewöhnt und lief Donnerstag mit einer Klassenkameradin durch den ersten Stock zum Klassenraum. Ihr Name war Akemi und es handelte sich bei ihr um die Klassensprecherin. Demnach konnte er sie genügend Dinge fragen, die ihm hier noch etwas fremd waren. Shinji saß im Klassenraum und schien gerade über irgendwelchen Matheaufgaben zu grübeln, während irgendein Klassenkamerad daneben saß und auch nur Bahnhof verstand. „Gibt es Probleme?“, fragte Takeru, als er mit Akemi bei Shinji ankam, der kurz den Kopf hob und sich dann seufzend zurücklehnte. „Ach, das ist Mist. Ich bin wirklich keine Leuchte in Mathe“, murrte er und schob Takeru die Aufgaben hin. Der warf einen Blick darauf. „Ach so...das ist einfach. Was willst du wissen?“ Shinji seufzte. „Alles...“ Akemi kicherte und meinte dann, sie würde sich nun erstmal weiter um ihren Aufsatz für Englisch kümmern. Shinji sah ihr nach, als sie sich nach drüben zu den anderen Mädchen setzte, ehe er unmerklich die Augen verdrehte. Takeru beschloss dazu nichts zu sagen. „Sag mal, Kimura, du versuchst doch nicht etwa bei unserer Klassensprecherin zu landen, oder?“, wollte der Junge neben Shinji plötzlich wissen und Takeru hab nur verwirrt eine Augenbraue. „Wie kommst du auf sowas?“ Es war ja nicht weit hergeholt. Sie war wirklich verdammt hübsch und er verstand sich auch wirklich gut mit ihr. Aber das eine, hatte ja nun nichts mit dem anderen zu tun. Er sah in ihre Richtung. Obwohl, vielleicht doch. „Vielleicht weil du schon seit Tagen an ihr hängst“, stichelte Shinji plötzlich mit drauf los und schien mit einem Mal seine Matheaufgaben total vergessen zu haben. „Das ist ziemlich weit hergeholt, ist euch das klar?“, fragte er und erhielt von seinem Mitschüler ein lachen, der dann jedoch aufstand und den Raum kurzzeitig verließ. Shinji hingegen sah ihn auf seine Art an, die ihm irgendwie nicht gefiel. „Was denn?“ Der andere schüttelte den Kopf. „Nichts...nun erklär mal.“ Er grinste und hielt Takeru die Aufgaben vor. Der seufzte nur geschlagen. Das letzte Klingeln am Freitag, ließ Takeru nach sieben endlosen Stunden aufatmen. Konnte eine Woche noch anstrengender sein? Wahrscheinlich, aber es lag wohl einzig und allein daran, dass es einfach verdammt anstrengend war, seine erste Woche in einer völlig fremden Umgebung zu verbringen. Aber er kam bisher eigentlich ganz gut zurecht. Ein paar der Unterrichtsgebiete hatte er im letzten Schuljahr bereits begonnen und kam demzufolge auch sehr gut mit. Klar, es würde sich erst Mitte des Jahres zeigen, wie gut er tatsächlich war, aber der Einstieg war ja schon mal viel versprechend. „Du Takeru?“ Shinji stand neben Takerus Pult, während der noch seine Bücher unter dem Tisch verstaute. „Hm?“ „Ich...muss noch mal wohin, meinst du, du schaffst es allein nachhause?“, fragte er und legte den Kopf etwas schräg. Takeru ließ die Frage, was das „wohin“ zu bedeuten hatte, im Ansatz fallen. Er musste Shinji ja nicht überwachen. „Klar, dass pack ich schon. Hab’s ja jetzt oft genug gesehen“, antwortete er und schulterte seine Tasche. Shinji lächelte und verließ dann - mit auffallend schnellen Schritten - den Klassenraum, ganz so, als hätte er es verdammt eilig. Takeru zuckte nur mit den Schultern und wollte gerade den Raum verlassen, als Akemi ihn noch mal aufhielt. „Oh, Kimura!“, meinte sie und kam auf ihn zugelaufen. „Was denn?“ Sie schmunzelte. „Ich wollte dich noch mal wegen den Klubs fragen. Hast du dir schon ausgesucht, welchem du beitreten willst?“, fragte sie, worauf Takeru nur ins Grübeln kam. So genau hatte er sich das noch gar nicht überlegt. Sie schien zu verstehen. „Warte...“, meinte sie und zog einen Zettel aus ihrer Tasche. „Hier drauf stehen alle Klubs und wo sie zu finden sind. Sag mir einfach bescheid, damit ich dich eintragen kann, okay?“ Er nickte dankend und nahm ihr den Zettel ab, um einen Blick darauf zu werfen. „Danke, ich gebe dir bescheid“, versicherte er ihr und verabschiedete sie dann, bevor er selbst nach unten ging, um seine Schuhe zu wechseln und das Schulgebäude zu verlassen. Doch statt den Weg zu nehmen, denn er und Shinji immer gegangen waren, ging er in Richtung der Abkürzung, die der andere ihm erklärt hatte. Wobei das eher rein zufällig tat, in der einen Hand hatte er nämlich noch den Zettel von Akemi und las sich beim laufen die verschiedenen Klubmöglichkeiten durch. Das hatte ihm schon immer Probleme gemacht. Er sollte sich merken, dass Männer nicht Multitaskingfähig waren. Und natürlich, kaum hatte er aufgeblickt, bemerkte er schon, wie wundervoll er sich verlaufen hatte. Und das nicht einmal weit von der Schule entfernt! Es war peinlich. Das Schlimme hier war eigentlich, das es hier mehr Gestrüpp gab als alles andere und plötzlich machte es „Klink“. Er war hinter der Turnhalle! Die war ein klein wenig entfernt vom Schulgelände und Shinji hatte gemeint, dass er hier manchmal vorbei ging, wenn er schneller nachhause wollte. Nur, dass er drum herum ging und nicht – so wie Takeru jetzt – direkt an der Wand vorbei! Er seufzte und wollte gerade wieder umdrehen, als er lautes Rascheln und abgehaktes Keuchen vernahm. Hatte er was verpasst? Er dachte, er wäre hier alleine. Schnell schüttelte er den Kopf. Wer auch immer da war, es ging ihn nichts an. Das dachte er zumindest... „Du leckst wie ein Kätzchen...Shinji...“ Er hätte taub sein müssen, hätte er die schnurrende, leicht erregte Stimme, nicht gehört. Doch das war nicht das, was ihn im Augenblick sah verwirrte. Shinji? Ohne diesen Namen, wäre er wohl einfach umgekehrt, doch nun, musste er es genau wissen. So langsam wie möglich, ging er ein Stück weiter an der Wand entlang, gerade so bis zur Ecke und drehte den Kopf so, dass er auf die andere Seite sehen konnte. Hätte er es doch nur nicht getan... Geschockt riss er die Augen auf und glaubte sich für einen Moment im völlig falschen Film! Kapitel 3: three ---------------- Noch immer starrte Takeru auf das Bild, das sich ihm dort bot. Egal, was er erwartet hatte. Egal, wie makaber es gewesen war. DAS übertraf echt alles! Dort stand ein Typ – Takeru war sich ziemlich sicher, dass es sich um Ryo aus dem dritten Jahr handelte – mit in den Kniekehlen hängender Hose. Doch das allein, hätte ihn ja nicht so erschüttert. Das Allerschlimmste – und er hoffte noch immer, dass er sich das einbildete – war der schwarzhaarige Junge, den Takeru nur allzu gut kannte, der vor ihm hockte. Und was er da tat, ließ in Takeru eine Mischung aus Verwirrung und leichtem Ekel anwachsen. Auch wenn er sich gern von genaueren hingucken abgehalten hätte, so ging es einfach nicht. Es handelte sich bei dem Jungen hundertprozentig um Shinji, der vor diesem Kerl hockte und ihm – Takeru wollte kaum daran denken – mit Zunge und Zähnen über seine Erektion neckte. Ein Schauer überkam Takeru, als Ryo seinen Kopf genießerisch in den Nacken legte und seine Finger in Shinjis Haaren vergrub. Wie konnte er nur so etwas...Takeru fehlten die Worte. Er hatte viel erwartet, hatte sich die ganze Zeit gefragt, warum Shinji sich manchmal so anders benahm. Doch das gerade SOWAS der Grund dafür war, ließ ihn hart schlucken. Er wollte es nicht zugeben, aber er hatte – wahrscheinlich durch seine frühere Klasse – starke Vorurteile gegenüber Homosexuellen. Er hatte jetzt kein direktes Problem mit ihnen, jedenfalls solange er nicht direkt etwas mit ihnen zutun hatte. Aber! Mit Shinji hatte er etwas zu tun! Und sogar verdammt viel, da ihre Eltern zusammen waren und sie unter einem Dach lebten! Er biss sich auf die Unterlippe, als Shinji kurz abließ, um sich mit der Zunge über die Lippen zu fahren. Er konnte nichts dafür, aber er fand es einfach...abstoßend? Nein, dass war nicht ganz das richtige Wort. So schlimm war es nun nicht, aber eklig war es für ihn schon. Warum stand er überhaupt hier und sah sich das mit an?! Vielleicht, weil er einfach nicht glauben konnte, dass Shinji scheinbar auf Männer stand. Deswegen hatte er sich von den Mädchen also immer ferngehalten und diesen Ryo so verstört angeblickt. Hatte er vielleicht nicht gewollt, dass Takeru das hier erfuhr. Na ja, dumm gelaufen, jetzt wusste er es. Ein unterdrücktes Stöhnen riss ihn aus seinen Gedanken und er beobachtete – schlimm genug – wie Ryo seine Finger noch fester in Shinjis Haarschopf krallte und gerade scheinbar seine Erlösung fand. Langsam legte er seine andere Hand unter Shinjis Kinn und hinderte ihn scheinbar daran, sich von seinem Glied zu lösen. „Na na...schön schlucken, Kleiner“, säuselte er und Takeru drehte sich fast der Magen um. Shinji würde doch jetzt nicht wirklich... Doch er tat genau das! Ein paar kurze Schluckbewegungen verrieten, dass er genau das getan hatte, was Takeru einen Ekelschauer über den Rücken jagte. „Braves Kätzchen“, schnurrte Ryo und zog Shinji zu sich hoch, um ihn in einen Kuss zu verwickeln. Doch nun, war für Takeru endgültig Schluss. So schnell er konnte – und das auch noch, ohne zuviel Lärm zu machen - verschwand er auf dieser Ecke und lief dann die Straße entlang, die zu ihnen nachhause führte. Sein Atem ging schnell, während sein Brustkorb sich in Rekordgeschwindigkeit hob und senkte, als er die Haustür hinter sich schloss und sich geschockt daran lehnte. Seine Tasche rutschte zu Boden, während er spürte wie seine Finger zu zittern begann. Was hatte ihn daran so erschreckt, dass er so völlig außer sich war? Es ging ihn doch gar nichts an, was Shinji für „Vorlieben“ hatte. Vor seinen Augen erschien das Bild der beiden Jungen, als sie sich küssten und Takeru war sich sicher, es nie wieder völlig aus dem Kopf zu bekommen. Schnell schüttelte er den Kopf. „Takeru? Bist du es?“ Verwirrt sah er auf und suchte nach der Person, die ihn soeben aus seinen Gedanken gerissen hatte. Masaki stand am anderen Ende des Ganges und blinzelte irritiert, als sie Takerus zitternde Gestallt erkannte. „Ist alles okay, Takeru?“, wollte sie wissen. Der strich sich mit einem diffusen Lächeln ein paar Haarsträhnen hinter sein Ohr. „Alles okay, ich bin nur etwas außer Atem, weil ich so schnell gelaufen bin“, erklärte er und hob nun seine Tasche vom Boden auf um in Richtung Treppe zu gehen. „Warum rennst du auch bis hier her?“, wollte Masaki verwirrt wissen, doch Takeru lächelte nur. „Ich wollte nur wissen, ob ich mich vielleicht beim Leichtathletik-Klub der Schule anmelden sollte, weil ich so aus der Übung bin.“ Er lachte gestellt. So eine dumme Ausrede, konnte ja nur ihm einfallen. Schnell drehte er sich zur Treppe und lief schnell die Stufen nach oben, wohl wissend, dass Masaki ihm besorgt hinterher sah. In seinem Zimmer angekommen, drehte er schnell den Schlüssel im Schloss herum und ließ sich erleichtert auf dem Boden nieder. Er war so unglaublich erschrocken. Nicht nur über das, was er gesehen hatte, sondern vor allem darüber, dass er nun Shinjis Blicke meinte deuten zu können. Wie er Takeru letzte Woche im Bad angesehen hatte. Nun machte es alles irgendwie Sinn. Er hatte die Handtücher wegen Takeru fallen lassen, das war keine normale Reaktion auf den nackten Körper eines anderen Jungen. Es hätte ihm klar sein müssen. Takeru schüttelte den Kopf. Wie konnte einem so was denn klar sein? Selten hatte Takeru Schwule kennen gelernt, wie sollte er dann bitte eine solche Reaktion deuten können? Es war zum verrückt werden! Er hatte Shinji so nett gefunden, seine ganze Art war hilfsbereit und ehrlich. Und jetzt? Daran mochte sich nichts geändert haben, an der Einstellung Takerus dem anderen Jungen gegenüber jedoch so einiges. Er wusste nicht wie er Shinji gegenüber treten sollte. Sollte er so sein wie immer? Aber das würde ihm nicht gelingen – nicht nach dem, was er gesehen hatte. Ihn vielleicht ignorieren? Das würde Auffallen, dann konnte er ihm ja gleich sagen, was er beobachtet hatte. Takeru überlegte Mit ihm drüber reden? Vielleicht würde es dadurch noch schlimmer werden. Oder aber es klärte sich irgendwie auf. Irgendwie? Aufklären? Was denn? Shinji war schwul, oder zumindest bi, aber selbst das konnte Takeru nicht mit Bestimmtheit sagen. Vielleicht sollte er doch mit ihm reden? Das Problem war wohl, dass Takeru nicht der geduldigste und ruhigste Mensch war. Gerade Homosexuellen, war er immer mit bösen Vorurteilen gegenübergetreten. In seiner früheren Klasse, wurde sogar mal ein Schüler deswegen von ihm und seinen Freunden ziemlich gemobbt. Warum sollte das bei Shinji anders sein? Er für seinen Teil, hatte sich nie die Mühe gemacht, diese Art zu - konnte man es „Lieben“ bezeichnen? – zu verstehen. Warum auch? Bis jetzt kam er mit Mädchen ziemlich gut aus. Er wollte Shinji gegenüber nicht gemein werden, aber das war nun mal seine Art. Dingen gegenüber, die er nicht verstand, war er mehr als misstrauisch und wollte auch gar nichts darüber wissen. Seine Mutter hatte immer gesagt, dass das eine sehr dumme Einstellung von ihm war, aber er konnte sie sich auch nicht abgewöhnen. So schützte er sich davor, seinen Alltag durcheinander zu bringen. Wobei er den hier nicht wirklich hatte. Ein Knacken holte ihn aus seinen Gedanken. Jemand schien die Treppe hinaufzukommen. Langsam stand Takeru auf und ging zu seiner Tür. Sollte er nachsehen? Leise drehte er den Schlüssel im Schloss herum und öffnete die Tür leicht, um in den Flur zu schauen. Und tatsächlich, er hätte die Tür geschlossen lassen sollen. Shinji war gerade dabei die letzten Stufen zu passieren, als er Takeru bemerkt. Er lächelte. „Na, hast du es doch allein hergeschafft?“, fragte er, auf seine übliche scherzhafte Art und Weiße, doch Takeru konnte seine ausgelassene Art nicht erwidern. „Ja, ging auch ganz schnell“, meinte er und verschwand dann wieder in seinem Zimmer, warf die Tür hinter sich zu und rutschte an der Tür herab. Er musste mit ihm reden. So konnte er Shinji – der mit Sicherheit noch immer verwirrt auf Takerus Tür starrte – einfach nicht gegenüber treten. Und wie er mit Shinji reden musste! Denn ganzen Freitagabend und Samstagmittag hatte er kein Wort, mit dem Jungen, den er gestern in flagranti mit dem Typen erwischt hatte, gewechselt. Takeru war völlig durch den Wind. Selbst wenn der Andere ihn nur nach irgendwas banalem fragte, wich er so gut wie möglich aus. Shinji schien längst bemerkt zu haben, dass irgendwas nicht stimmt. Er wirkte so, als wollte er Takeru sogar darauf ansprechen. Doch er tat es nicht. Wusste ja nicht einmal, warum der plötzlich so komisch war. Irgendwie plagte Takeru das Bedürfnis, Shinji anschreien zu wollen, weil er ihn – ohne es zu merken - so aus dem Konzept gebracht hatte. Als Takeru am Samstagnachmittag die Treppe zum ersten Stock nach oben ging, sah er, dass Shinjis Zimmertür offen stand. Es war für April ungewöhnlich warm, demnach standen im ganzen Haus die Fenster offen. Außer bei Shinji. Der mochte es nicht, wenn ihm der Wind beim lernen um die Ohren zog, also öffnete er immer nur seine Tür. Vielleicht sollte er es nun hinter sich bringen. Dann wäre es überstanden und Shinji hörte auf darüber zu grübeln, wo Takerus Problem lag. Vielleicht fingen damit auch erst die Schwierigkeiten an. Er wusste es nicht, aber er wollte mit Shinji reden und zwar jetzt! Langsam ging er in Richtung Shinjis Zimmer und sah kurz hinein. Der Schwarzhaarige saß an seinem Schreibtisch und schien zu lernen. Sie hatten Montag einen Mathetest und nach eigener Aussage war Shinji in diesem Fach nicht sonderlich gut. Also lernte er bereits zwei Tage vorher. Wahrscheinlich würde er denken, Takeru würde ihm helfen wollen. Aber das würde er im Augenblick ohnehin nicht können. Sein Kopf war viel zu voll. Er stellte sich mit verschränkten Armen in den Türrahmen und beobachtete den Jungen, wie er sich leicht am Kopf kratzte, da er die Aufgabe wohl wieder nicht verstand. Er war doch eigentlich ganz normal, oder? Warum machte Takeru nur so einen Unterschied daraus? Vielleicht hatte er einfach schon zu viele Witze über Schwule gerissen, sie schlecht behandelt und ausgelacht, als das er sich nicht von seinem Ekel beherrschen lassen konnte. „Shinji?“, begann er leise, worauf der andere verwirrt blinzelte und in Richtung Tür sah. Dann holte er Luft und lächelte leicht. „Was gibt es denn? Mir qualmt vielleicht der Kopf, vom lernen“, lachte er und stand auf, um sich zu strecken. Takeru seufzte. „Ich wollte mir der reden.“ Irgendwas schnürte ihm die Luft ab. Wut? Oder doch einfach nur Unruhe, weil er wusste, dass er sich nicht beherrschen konnte? Shinji sah ihn verwirrt an. „Wird aber auch mal Zeit, du gehst mir schon seit gestern aus dem Weg“, meinte er und sein Lächeln bekam nun etwas Zweifelndes. Vielleicht, weil Takerus Stimme so verdammt ernst geklungen hatte? Ein weiteres Seufzen verlief Takerus Lippen, ehe er sein Gegenüber kühl ansah. „Ich habe euch gesehen.“ Ein einfacher Satz, der Shinjis Gesichtszüge entgleisen ließ. Ahnte er bereits, was Takeru ihm sagen würde? Doch der Schwarzhaarige schien bemüht, seine vorige Fassade aufrecht zu erhalten. Mit einem nun mehr als aufgesetzten Lächeln antwortete er: „Gesehen? Wen? Wovon sprichst du?“ Takeru knirschte mit den Zähnen. Da war ja jemand geschickt ausgewichen. „Ich rede von dir und diesem Ryo, aus dem dritten Jahr. Am Freitag, nach der Schule habe ich euch gesehen“, erklärte er und ging nun ein paar Schritte weiter in den Raum hinein. Sie standen sich nun gegenüber. Shinji biss sich fast unbemerkt auf die Unterlippe. Tat aber weiter unwissend, indem er verwirrt die Stirn kraus zog. „Was soll mit Ryo sein? Den hab ich seit Anfang der Woche nicht mehr gesehen.“ Shinji streckte sich erneut. Takeru wusste genau, dass es nur Ablenkung war. Er wusste genau worum es ging. „Hör auf mich für dumm zu verkaufen!“, fauchte Takeru nun und jetzt wusste er, dass sein Geduldsfaden nah am reißen war. Er hatte sich schon immer schlecht unter Kontrolle gehabt. „Ich rede davon, dass ich euch hinter der Sporthalle gesehen habe! Wie du dem Kerl einen...“, weiter kam er nicht. Während er beobachtet hatte, wie Shinjis Augen immer größer geworden waren und er hektisch in Richtung Tür gestarrt hatte, war der bereits zu dieser gerannt und hatte sie mit Schwung zugeschlagen. Shinji holte Luft, während seine Hand noch immer das Holz der Tür berührte. Dann drehte er sich mit einem Blick zu Takeru um, denn der nur von der morgendlichen, schlechten Laune Shinjis kannte. „Geht’s vielleicht noch lauter, Idiot?!“, knurrte er angrifflustig und drehte nun der Tür den Rücken zu, während er einen Arm in die Hüfte stemmte. Takeru grummelte. Irgendwie war es ihm klar gewesen, dass er diesen Satz nicht in dieser Lautstärke beenden konnte. „Du weißt ja doch worüber ich spreche“, stichelte Takeru gnadenlos weiter, doch anders als erwartet, starrte Shinji nun völlig kühl zurück. „Lass uns mal eben sortieren. Du hast mich mit Ryo hinter der Halle gesehen? Und wahrscheinlich auch herausbekommen oder dir zusammengereimt, warum wir da waren beziehungsweiße was wir gemacht haben“, meinte der Schwarzhaarige und verschränkte nun seinerseits die Arme vor der Brust. Takeru war innerlich etwas erstaunt. Er hatte es schon mit ein paar Schwulen zutun gehabt und meistens reagierten die sogar etwas sensibel darauf, dass sie sich outen mussten. So waren sie ja Anfeindungen ausgesetzt. „Könnte man so sagen“, meinte Takeru und zuckte mit den Schultern. Shinji grinste kalt. „Also weißt du jetzt, warum mich die Mädchen in der Klasse nicht interessieren, ja?“, fragte er weiter und brachte Takeru zum knurren. Es war wirklich sehr unbefriedigend, wenn sich jemand auf das Spielchen nicht einließ. Sich nicht in die Enge treiben ließ, so wie es Takeru gewöhnt war. Eigentlich war er immer ein wenig mies gewesen. „Ja, weil du schwul bist!“, warf er Shinji regelrecht vor, der sich zischend einen Finger auf die Lippen legte. „Nicht so laut! Das muss weder meine Mutter, noch Katsumi wissen“, warnte er und wirkte gar nicht so, als wäre ihm klar, dass Takeru das ganz und gar nicht akzeptierte. „Tzz! Das hättest du dir aber früher überlegen können.“ Takeru murrte, als Shinji leise pfiff und sich durch die Haare strich. „Na schau mal einer an, du scheinst ziemlich homophob zu sein, kann das sein? Aber gib dir keine Mühe, keine Anfeindung wird etwas an meiner Gesinnung ändern“, würgte Shinji Takerus Plan im Grund ab. Und brachte diesen schwer in erstaunen. In seiner früheren Schule, mit seinem früheren Freundeskreis, war er mit Menschen - die seiner Meinung nach „anders“ waren - immer sehr rabiat umgegangen. Den Jungen aus ihrer Klasse hatten sie vor der ganzen Klasse bloß gestellt, der Andere aus der Stufe über ihnen, war ebenfalls den Anfeindungen zum Opfer gefallen. Und den Mann aus dem Haus einer seiner Freunde, hatten sie ziemlich unschöne Briefe ohne Absender geschickt. Nie hatte sich jemand gewehrt oder zurückgeschlagen. Weil sie trotz allem Angst, vor dem hatten, was die Gesellschaft in ihnen sah. Shinji war anderes. Er stand Takeru stoisch gegenüber. Kümmerte sich nicht um die spöttischen, kalten Blick oder die merkbaren Andeutungen. Vielleicht musste Takeru noch direkter werden? „Mag schon sein, aber ich habe allen Grund es zu sein, bei dem was ich mir gestern da antun musste“, murrte er mit verekeltem Unterton weiter und brachte Shinji doch tatsächlich zum lachen. Es war irritierend, wo sich Shinji doch solche Mühe gegeben hatte, Takeru nichts merken zu lassen. Nun war es ihm scheinbar auch egal. Mit einem Grinsen, leckte er sich plötzlich über Mittel- und Zeigfinger und zwinkerte Takeru aufreizend zu. Der ging einen Schritt zurück und zuckte etwas mit der Oberlippe. DAS war jetzt wirklich eklig! Wohl weil es an ihn gerichtet war. „Spanner“, säuselte Shinji nur und legte den Kopf etwas schräg. „Ihm hats gefallen.“ Takeru verzog angeekelt das Gesicht. „Das wollte ich gar nicht wissen!“, rief er und verkniff es sich, die Stimme noch weiter zu heben. Er war so verflucht wütend! Es wäre ihm besser gegangen, wäre Shinji angesprungen. Aber nein! Der Kerl machte seine ganz eigenen Regeln! Doch nun kehrte die Ernsthaftigkeit in Shinjis Gesicht zurück, als er Takeru am Kragen packte. „Ich sagte, du sollst nicht so schreien“, zischte er. „Sollten meine Mutter und dein Vater auch nur ein Wort erfahren, mach ich dir das Leben hier zur Hölle. Dieser Warnung darfst du gern ernst nehmen“ Takeru knurrte leise. Er hatte nicht einmal vorgehabt, den beiden etwas zu sagen. Er wollte hier schließlich noch wohnen. „Finger weg, Schwuchtel“, warnte er nun seinerseits, worauf Shinji nur grinste. „Schwuchtel also, ja? Komisch, die Schwuchtel hat dir bis jetzt, aber sehr geholfen, kann ich mich erinnern.“ Und genau in diesem Moment flaute Takerus Wut jäh ab. Was zum Teufel hatte er getan? Er war so gut mit Shinji klar gekommen, weil der ihm immer geholfen hatte. Sonst hätte er sich niemals hier zurecht gefunden. Spürte er gerade Reue? Er sah in Shinjis dunkle Augen, der ihn nun losließ und seine Hand ausschüttelte, als wäre sie beschmutzt. Der drehte den Spieß einfach um! „Also gut, Hete. Such dir aus, was du nun machen willst. Entweder kommst du mit mir klar und akzeptierst, dass ich anders bin. Oder du wirst wohl auf der Straße übernachten müssen oder zurück nach Sapporo fahren. Du hast die Wahl, ich für meinen Teil mach rum mit wem ich will, wann ich und wo ich es will“, erklärte Shinji und setzte sich wieder auf seinen Stuhl, um die Beine zu überschlagen. Takeru zuckte zurück. Soviel Konter hatte er noch nie bekommen. Shinji sprach genau die Dinge aus, die Takeru störten. Ganz so, als könne er in seinen Kopf gucken. Kein Klischee schien er nicht zu kennen und genau das, machte ihn so selbstbewusst. Er senkte den Kopf und kam sich um ersten Mal selbst blöd vor. Nicht wegen der Warnungen, nicht, weil Shinji ihn scheinbar durchschaute – sondern, weil er nie bemerkt hatte, wie dumm er selbst dastand, wenn jemand zurück geschlagen hätte. Langsam sah er zu Shinji rüber, der seinen Kopf nun auf seinem Handrücken abgestützt hatte. Er wirkte nicht so, als wäre er wütend, auf Takerus kleinen Ausbruch und das Unverständnis, das ihm entgegen gekommen war. „Ich werde mich nicht entschuldigen“, meinte Takeru dann leise und brachte Shinji erneut leise zum lachen. „Das würde ich auch nie erwarten. Meinetwegen denk was du willst über mich. Du sollst mich ja nicht verstehen, nur akzeptieren. Aber, halt die Klappe. Sollte jemand erfahren, was du weißt, dann wird er es wohl von dir haben“, erklärte Shinji und sah Takeru dann zynisch an. „Sollte das so sein, ich bin ein Ekel, auch wenn ich nicht so aussehe, Takeru.“ Der schreckte auf. Die Art wie Shinji seinen Namen ausgesprochen hatte, war mehr als er ertragen konnte. Das war die reinste Drohung. Genau das gesagt, was gesagt werden musste. Dieser Junge kannte keine Umwege, er war einfach so und musste sich nicht erklären. Genau in diesem Moment, hatte er eine Seite an Shinji kennen gelernt, die wohl nicht sonderlich viele Menschen kannten. Er war ein Biest. Und kein besonders freundliches. Kapitel 4: four --------------- Den gesamten Sonntag herrschte eine so bedrückende Stimmung zwischen Shinji und Takeru, dass sich Letzter wirklich fragte, warum er nicht einfach hatte den Mund halten können. Shinji musste nun um sein Unverständnis gegenüber Schwulen und somit auch ihm. Das ganze hatte in ihr vorher noch so entspanntes Verhältnis eine tiefe Kerbe geschlagen und nun, war es Takeru, als wäre ER dem anderen zuwider. Eigentlich hatte er es umgekehrt erwartet. „Takeru?“, fragte sein Vater ihn nach dem Mittagessen, als Shinji und Masaki bereits den Raum verlassen hatten. Der Angesprochene schreckte auf und blinzelte. Seine Gedanken waren noch immer so konfus, dass er gar nicht richtig da war. „Ist alles in Ordnung? Du siehst schon seit Freitagabend so nachdenklich aus, ist etwas passiert?“, wollte er wissen. Takeru seufzte leise. Was sollte er darauf antworten? Weder Masaki noch seinem Vater war entgangen, dass er nicht ganz bei sich war. Wie sollte er das auch verheimlichen? „Ich brauche wohl noch etwas mehr Zeit zum eingewöhnen“, log er und versuchte seinen Vater so gut es ging lächelnd ins Gesicht zu sehen. Er scheiterte kläglich. „Ach das wird schon, mach dir darüber mal keine Gedanken. Aber da ist doch noch was, oder?“ Takeru sah zur Seite. Selbst sein Vater durchschaute ihn, obwohl sie sich eigentlich kaum mehr kannten. Er konnte seine Gefühle nie gut unterdrücken oder verstecken. Shinji hingegen, hatte sich nicht anders benommen als sonst. Er war frühs mies gelaunt aufgestanden und hatte nach seinem Kaffee, sich freudig ans lernen gemacht. Er beherrschte seine Rolle wirklich perfekt. Langsam öffnete Takeru den Mund. Irgendwie hatte er das Bedürfnis mit jemandem zu reden. Doch kaum hatte er drüber nachgedacht, fielen ihm Shinjis Worte wieder ein: „Sollten meine Mutter und dein Vater auch nur ein Wort erfahren, mach ich dir das Leben hier zur Hölle. Dieser Warnung darfst du gern ernst nehmen.“ Er kam sich wirklich eingeschüchtert vor. Schnell lächelte Takeru und schüttelte den Kopf. „Nein, dass ist wirklich alles. Das braucht halt alles etwas Zeit“, erklärte er und stand dann auf, um den Raum zu verlassen. Kaum war er im oberen Stockwerk angekommen, sah er direkt auf Shinjis schmale Gestallt, die mit verschränkten Armen am Türrahmen zu seinem Zimmer stand. „Na also, du scheinst dich an unsere Abmachung zu halten“, meinte er und schmunzelte kühl, als Takeru leicht mit der Unterlippe zuckte. „Du meinst wohl ehr, an deine Drohung“, murrte er zurück und seufzte leise, als er in Richtung seines Zimmers ging. Was wollte der bitte an seinem Zimmer? Hatte er kein Eigenes? „Das ist aber ein hässliches Wort.“ Shinji lachte leise. Takeru wollte einfach nur in sein Zimmer und nichts mehr hören oder sehen. Es war nicht so, dass er sich allen ernstes etwas aus Shinjis Drohung machte. Dennoch wollte er seine Ruhe. Sein Vater würde einen Anfall bekommen, wenn seine „beiden“ Söhne ständig stritten. Von Takerus Mutter – die das gewiss erfahren würde – mal ganz abgesehen. Die Tatsache, dass Shinji sich ihm nun einfach in den Weg stelle, machte es ihm nicht gerade einfacher, nicht doch einen Streit anzufangen. „Was ist denn?“, fragte er gereizt worauf Shinji nur seufzte. „Jetzt mal im ernst, können wir das Kriegsbeil nicht begraben? Ich gebe zu, ich war gestern etwas garstig, aber auf deine Reaktion kenn ich leider keine andere Antwort.“ Takeru – der gerade direkt vor Shinji stand – starrte diesen mit großen Augen an. Was war das gerade? So was Ähnliches wie eine Entschuldigung? Im Grunde, musste er das gar nicht. „Was soll das heißen, du kennst keine andere Antwort?“, wollte er verwirrt wissen und ignorierte den Friedensvorschlag völlig. Irgendwie machte sich irgendwo tief unten in seiner Magengegend so etwas wie Neugierde breit. Shinji schlug seinen Charakter nicht nur um wie das Wetter, er sprach auch ständig in Rätseln. Seine ganze Art, passte nicht in das Bild, dass Takeru von seinesgleichen hatte. Er war nicht sensibel, nicht angreifbar oder sehr leicht auf die Palme zu bringen. Weder Takerus Anfeindungen, noch seine klaren Argumente hatten etwas wie Schmerz in diesem Jungen ausgelöst. Warum war das so? Stand Shinji einfach drüber? Musste er keine Angst haben, von der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden? So viele Fragen machten sich in seinem Kopf breit, ohne dass er es wollte oder kontrollieren konnte. Shinjis Seufzen holte ihn in die Realität zurück. „Können wir das in deinem Zimmer besprechen? Ich will das nicht auf dem Gang klären müssen“, erklärte er und schob Takeru einfach nach vorn, dass er in sein Zimmer stolperte. Shinji folge ihm und schloss die Tür, ehe er sich daran lehnte. Er hielt gebührenden Abstand. „Ich habe nicht ja gesagt“, grummelte Takeru und erhielt nur einen bitterbösen Blick seitens Shinji. „Du verstehst es nicht, oder? Wenn meine Mutter was mitbekommt, bin ich geliefert“, erwiderte er nachdrücklich. „Dann solltest du vielleicht nicht schwul sein.“ Irgendetwas in Takeru sagte ihn, dass er diesen Satz nicht hätte aussprechen sollen. Shinji verzog das Gesicht und biss sich auf die Unterlippe. „Du...“, knurrte er leise, worauf Takeru ein paar Schritte zurückging. Der Andere durchbohrte ihn mit seinen Blicken. „Du intolerantes Arschloch!“ Er warf Takeru diese Worte an den Kopf, als wären sie pures Gift. Normalerweise, wäre das eine der Reaktionen gewesen, die darauf hinwiesen, dass die Person auf die Sticheleien angesprungen war. Doch Shinji brodelte vor Wut. Nicht so wie die anderen, die Takeru sogar herb beleidigt hatte. Die hatten lediglich mal gesagt, er solle damit aufhören oder etwas ähnliches. Shinji hingegen wurde mächtig ausfallend. „Denkst du tatsächlich ich habe mir ausgesucht schwul zu sein oder was? Aus deinem Mund klingt es, als sollte ich eine Jacke nicht tragen, die mir nicht steht!“, fauchte Shinji angrifflustig. Takeru blinzelte verwirrt. Woher der plötzliche Ausbruch? Das war doch nur ein dummer Satz gewesen. Nun gut, er war mit Absicht so formuliert wurden, aber das war doch keinen Grund, gleich so auszurasten. Er hob abwehrend die Hände. „Ist ja gut, krieg dich mal wieder ein“, meinte er und bemerkte in dem Moment gar nicht, dass er Shinjis Wut nur noch mehr schürte. „Ich soll mich einkriegen? Ich werde dir mal was verraten! Ich hatte wirklich vor, wieder normal mit dir zu reden, weil ich dachte ich wäre gestern etwas zu rabiat gewesen, aber ich hätte wissen müssen, dass du es nicht anderes verdient hast. Er beantworte dir deine Frage: Bei Leuten wie dir - die so schrecklich intolerant und dumm sind, dass sie sich über Leute die anderes sind lustig machen – kenne ich nur eine Antwort und die heißt: Wie du mir so ich dir!“, zischte Shinji ihm entgegen. Trotz seiner enormen Wut, versuchte er nicht zu schreien, auch wenn er wahrscheinlich nicht wenig Lust dazu gehabt hätte. Takeru starrte den anderen verdattert an. So eine klar und deutliche Antwort hatte er noch nie bekommen und das schlechte Gewissen, dass sich gerade in ihm breit machte, auch nicht. Dieser Kerl hatte seine ganz eigenen Waffen, seine eigene Art, mit Intoleranz klar zu kommen. Konfrontation. Er versteckte sich nicht, er schlug verbal zurück. Wenn er nicht sogar fähig dazu war, Gewalt anzuwenden. Um ehrlich zu sein, wusste Takeru nun gar nicht mehr, was er antworten sollte. Soviel Klarheit auf einmal musste er erst einmal verdauen. Sie standen sich weiterhin gegenüber. Ohne das Takeru den stechenden Blick Shinjis erwidern konnte. Nun war er mal der in die Ecke gedrängte. „Was ist los? Fehlen dir die Worte, oder was? Hat dich die „Schwuchtel“ jetzt sprachlos gemacht?“, stichelte er kühl, während Takeru zusammenzuckte. Es stimmte, er war wirklich sprachlos. All die bösen Kommentare, die er jemals zu anderen gesagt hatte, schien er gerade postwendend zurückbekommen zu haben. Jedenfalls kam es ihm so vor. Shinjis Worte wogen schwer, hart und gnadenlos. Er kam sich gerade so schäbig vor, dass er nicht mal etwas erwidern konnte. Wusste er doch sonst immer auf alles einen bissigen Kommentar. „Tzz...“, machte Shinji und stemmte seine Arme in die Hüfte. „Du bist mir vielleicht ein Held. Sag mir doch mal, was dein Problem ist. Ich habe dich doch nie gezwungen so zu leben wie ich, oder?“ Takeru sah verwirrt auf, direkt in Shinjis abwartende Augen. Die Frage überforderte ihn nun total. Egal wie oft er sie sich selbst schon gestellt hatte, immer wurde sie im Ansatz wieder fallen gelassen, weil sie für ihn als unrelevant galt. Doch Shinji erwartete nun eine Antwort. Was sollte er weiter sagen, als das, was ihn daran so anekelte? „Ich...“, begann er und sah nun stur in Shinjis Augen. „Kann’s einfach nicht verstehen. Es gibt unzählige hübsche Mädchen da draußen und Leute wie du, suchen sich nur ihresgleichen. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, was so toll daran sein soll.“ Er starrte Shinji an, der leicht blinzelte und dann den Kopf schräg legte. „Willst du mir erzählen, dass du Schwule nur nicht magst, weil du sie nicht verstehst?“, fragte er scheinbar reichlich ungläubig über dieses Geständnis. Takeru nickte nur. „Ganz genau“, meinte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Shinji hingegen schüttelte nur seufzend den Kopf. „So was kann echt nur von einer Hete kommen. Du bist ganz schön altmodisch, hast du das von deiner Mutter?“, fragte er und lachte spöttisch. Takeru knurrte. „Was geht’s dich an? Aber damit es dich beruhigt: Nein, meine Mutter ist völlig tolerant. Ich kann einfach nicht verstehen, wie man so was mit sich machen lassen kann!“ Er sah, wie der Schwarzhaarige den Kopf schüttelte. Er schien gar nicht zu verstehen was Takerus Problem war. Natürlich nicht, er war ja auch der Homo von ihnen. Dennoch, vielleicht war er einfach mit dieser viel zu simplen Erklärung nicht einverstanden. „Willst du es verstehen?“, wurde er mit einem mal gefragt und starrte Shinji mit großen Augen an. Was war denn das für eine Frage? Was meinte er mit verstehen? „Hä?“, machte Takeru darum nur und brachte Shinji zum lachen. „Oh nein“, lachte er und musste sich an der Tür festhalten, um nicht laut lachend zu Boden zu gehen. „Ich glaub es nicht!“ Takeru war nun völlig mit seinem Latein am Ende. Warum lachte der jetzt, als hätte er Drogen geschluckt? Shinji hielt sich den Bauch und versuchte nach Luft zu schnappen, als er sich die Lachtränen aus dem Gesicht zu wischen. „Tut mir leid aber...und dich habe ich angeschrieen...ich brech zusammen!“, jauchzte er und schlug leicht mit der Faust gegen die Tür. Na, der schien sich gerade wirklich prächtig über Takeru zu amüsieren! Kicherte hier rum, wie ein Irrer und erklärte nicht mal warum. „Hey! Was soll das Gegacker?!“, rief er aufgebracht und langsam schien sich Shinji von seinem Lachkrampf zu erholen. Er strich sich über die Augen. „So jemanden wie dich anzuschreien, ist echt völliger Blödsinn...“, grinste er und strich sich die Haare zurück, die ihm ins Gesicht gefallen waren. Takerus Augenbraue begann zu zucken. Jetzt war aber mal gut! „Hör jetzt auf mich für blöd zu verkaufen!“, forderte er, worauf Shinji leicht lächelte. „Ich erkläre es dir: Ich habe für einen Moment wirklich gedacht, du würdest mich dafür hassen, dass ich schwul bin und war so wütend...aber...“, wieder fing er an zu lachen. „Aber?“, murrte Takeru und setzte sich auf seinen Schreibtischstuhl. „Aber du...hast einfach nur keine Ahnung, habe ich recht? Du hast nicht einmal die kleine Andeutung verstanden. Kann es sein, dass du...“, setzte Shinji an, worauf Takeru nur irritiert blinzelte. „...noch Jungfrau bist?“, beendete er einfach seinen Satz und in Sekundenbruchteilen schoss Takeru die Schamröte ins Gesicht. „Bitte was?!“ Seine Unterlippe begann wieder zu zittern, während er die Hitze in seinem Gesicht förmlich spüren konnte. Das war doch die Höhe! Das ging den Kerl ja mal gar nichts an! Abgesehen davon, hörte sich das bei einem Jungen komisch an! Shinji grinste. „Ich habe also recht, kein Wunder, dass du es nicht verstehen kannst...na ja, jedenfalls nicht ansatzweiße.“ Takeru biss sich knurrend auf die Unterlippe. „Hör auf irgendwelche Behauptungen aufzustellen! Das geht dich ja wohl gar nichts an!“ Wie waren sie in diese überaus peinliche Unterhaltung geraten? Takeru war nicht der Typ, der über so was gern sprach. Denn dummerweise hatte Shinji mit seiner Annahme ganz recht, er war tatsächlich noch völlig unerfahren. Aber was bedeutete das mit fast siebzehn Jahren schon?! Er war zwar schon mit Mädchen zusammen gewesen, aber soweit noch nicht gegangen. Was erlaubte sich Shinji eigentlich darüber zu lachen?! „Oh, versteh mich nicht falsch, ich verurteile dich nicht. Aber damit habe ich meine Erklärung für dein Verhalten“, lächelte Shinji und strich sich seine Haarsträhnen hinters Ohr. „Und die wäre?“, fragte Takeru seinerseits misstrauisch nach. Der Kerl schien ja viel Ahnung von ihm zu haben, er tat zumindest so verdammt altklug. Dabei war er jünger als Takeru! Shinji grinste. „Weil es meist Jungs sind die noch völlig unerfahren sind, die sich über vermeidlich oder wirklich Homosexuelle lustig machen. Ein ganz natürlicher Reflex, weil man es sich ja Allgemein noch nicht mal richtig vorstellen kann, mit jemandem zu schlafen.“ Takeru brodelte innerlich vor Wut. Was sollte diese bescheuerte Klugscheißerei? Shinji war gerade mal sechzehn Jahre! Wie zur Hölle konnte er sich dieses besserwisserische Getue erlauben? In seinem Alter konnte er gar soviel Erfahrung auch wieder nicht haben! „Lass die Besserwisserei! Wann ich mit jemandem schlafe ist doch ganz allein meine Sache! Wann hast du denn? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das schon solange her ist!“, knurrte er Shinji entgegen. Dessen Grinsen verschwand plötzlich und wich einem bedrückten Gesicht, als er sich auf die Unterlippe biss. Takeru schien wirklich ein Talent dafür zu haben, ins Fettnäpfchen zu treten. Aber was machte der ihn auch sauer? „Ich...“, murmelte Shinji und legte seine Hand plötzlich auf die Türklinke, als wollte er versuchen schnell zu verschwinden. „Hier geblieben!“, warnte Takeru. Er konnte auch nicht einfach abhauen, wenn das Gespräch zu heikel wurde. Shinji blinzelte und löste seine Hand wieder vom Griff. Dann seufzte er. „Ist ja gut...“, murrte er. „Du hast mich auch einfach belehrt! Jetzt will ich auch mal eine Antwort!“, forderte Takeru mit zusammengezogenen Augenbrauen und brachte Shinji zum Schlucken. Jetzt war der Moment gekommen, in dem Takeru ihn in die Ecke getrieben hatte, aber in seiner Wut wurde ihm das kaum klar. „Was geht es dich an...?“ Shinji sah betreten zur Seite, doch starrte gleich zu Takeru zurück, als der aufsprang. „Das habe ich dich vorhin auch gefragt! Und du hast trotzdem weiter nachgehakt, eigentlich eher spekuliert. Dich geht es bei mir ja auch nichts an, oder nicht?“, fragte er und ballte die Hände zu Fäusten. Shinji biss sich noch fester auf die Unterlippe, schien zu wissen, dass er da jetzt nicht raus kam. „Ach ja okay...ich war vierzehn...zufrieden?“ Takeru starrte Shinji geschockt an. Er hatte jetzt viel erwartet, vielleicht sogar, dass der andere ihm jetzt sagte, dass er noch gar keinen richtigen Sex gehabt hatte. Aber...DAS kam unerwartet! „...vier...vierzehn?“, fragte er nochmals nach, worauf Shinji nur die Augen verdrehte. „Ja...ich erzähl dir keine Märchen“, murrte er und sah nun peinlich berührt in eine andere Richtung. Takeru war schockiert. Wie konnte man in so einem Alter schon... Kein Wunder, dass er nicht wollte, dass es jemand erfuhr. Das war wirklich extrem früh. „Mit einer...Frau oder...?“, stotterte Takeru seine nächste Frage. „Die Frage ist doch unsinnig, oder? Was denkst du denn...mit einem Mann natürlich...“ Shinji wirkte irgendwie wie ein Hund, den man am Genick gegriffen hatte. Er schien sich kaum bewegen zu können, nicht einmal weglaufen konnte er. Takeru hatte nun irgendwie doch ein schlechtes Gewissen. Er wusste ja nicht, ob dieses erste Mal von Shinji gewollt gewesen war. Vielleicht hatte er nicht viel Ahnung, aber ihm war klar, dass so was in dem Alter bestimmt nicht geplant passierte. „Oh...darf ich fragen, wie alt?“ Shinji lächelte spöttisch. „Ich dachte, du findest es eklig? Jetzt scheinst du ja richtig neugierig zu sein. Glückwunsch, dass du meine Schwachstelle herausbekommen hast“, zischte er und kaute sich auf der Lippe herum. Takeru senkte beschämt den Kopf. Er hatte sich noch nie so schlecht gegenüber einem „Opfer“ – auch wenn man Shinji nicht wirklich so bezeichnen konnte - gefühlt. Er schien einen verdammt wunden Punkt erwischt zu haben und fragte sich selbst, warum er den anderen jetzt so ausquetschte. „Ich...“, begann er, wusste aber nicht, was er sagen sollte. Shinji seufzte hörbar. „Also gut...er war zwanzig“, erklärte er und langsam, war sich Takeru nicht mehr sicher, wann denn endlich die Spitzte erreicht war. Unfassbar was Shinji ihm da erzählte. „Zwanzig? Aber dann...hat er dich...ich meine...wurdest du...?“, stotterte er irritiert. Er mochte gar nicht aussprechen, was er gerade dachte. Er hatte sich immer nur über Schwule lustig gemacht, dass vielleicht etwas ganz anderes dahinter stecken konnte, hatte er nie bedacht. Er hoffte, dass seine Vermutung falsch war, zweifelte aber etwas, als Shinji ihm in die Augen sah. Dann jedoch lachte er leise und schüttelte den Kopf. „Nein, ich wurde von ihm nicht vergewaltigt, wenn du das denkst. Und ich bin froh darüber...“, erklärte er und Takeru spürte förmlich, wie sich seine Anspannung löste. Egal was er von Schwulen hielt und wie er ihnen gegenüber trat. So was hatte keiner verdient, wirklich niemand. „Aber, ganz freiwillig lief es trotzdem nicht ab. Ich kann mich erinnern, wirklich Angst gehabt zu haben, aber er war nicht brutal oder grob zu mir. Sonst, wäre ich nicht so, wie ich bin“, erläuterte Shinji und nun schlich sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen. Takeru war erstaunt, dass es ihn nicht störte, was der Andere ihm da erzählte. Es war nicht so, dass es ihn anekelte, mit Shinji darüber zu reden. „Aber...wenn er zwanzig war...dann hat er sich doch Strafbar gemacht, oder?“, wollte er leise wissen, worauf Shinji langsam nickte. „Ja...laut dem Gesetz würde es als Kindesmissbrauch gelten. Aber ich habe ihn natürlich nicht angezeigt. Verstehst du nun vielleicht, warum ich das meiner Mutter nicht sagen kann und selbst wenn, die Wahrheit müsste ich ihr verschweigen. Ich will nicht, dass sie ihn, oder irgendeinen anderen anzeigt. Sie haben nichts Schlechtes getan, außer bei meinem ersten Mal, war ich immer vollkommen einverstanden“, erklärte er und ging jetzt eine Stück in den Raum hinein. Blieb vor dem niedrigen Tisch stehen. „Darf ich mich setzten? Oder bin ich dir immer noch zu wider?“, fragte er mit einem Blick, der Takeru fast zum heulen gebracht hätte. Der wusste genau, wie er anderen ein schlechtes Gewissen einreden musste! Takeru fühlte sich so elend. Vielleicht war das der Grund, warum er Shinji nicht wegschicken wollte. Oder aber, er war nun wirklich neugierig. Nie hatte es ihn interessiert, warum diese Jungen auf Männer standen, er hatte es nur schrecklich gefunden. Shinji hingegen erzählte ihm mehr oder weniger leichtfertig Dinge, die wirklich sehr viel Gewicht für ihn haben mussten. Er ließ sich nichts gefallen, trotz der Tatsache, dass ihm viele Sachen sicher vor anderen peinlich waren. Und doch, er hatte Takeru eine Antwort auf seine Frage gegeben, da er ihn auch ausgequetscht hatte. „Ja...setzt dich...“, meinte er leise und seufzte erleichtert, als Shinji wieder leicht lächelte. Vielleicht sollte Takeru einfach versuchen Shinji irgendwie zu verstehen. Schließlich mussten sie für den Rest des Jahres zusammenwohnen und in eine Klasse gehen. „Ähm...“, begann Takeru wieder und erhielt sogleich Shinjis Aufmerksamkeit. „Dieser Ryo, der ist aber gar nicht so alt, warum sollte deine Mutter ihn anzeigen?“, wollte er wissen. Shinji legte den Kopf schief, dann schien er zu verstehen. „Ich bin nicht mit Ryo zusammen, wenn du das denkst“, antwortete er und erhielt einen mehr als fragenden Blick seitens Takeru. Wie sie waren nicht zusammen? Aber, was hatte er denn da am Freitag gesehen? „Aber...ihr habt doch...?“ Er war verwirrt. Shinji schmunzelte. „Ja, schon. Aber wir sind nicht zusammen, ich bin mit keinem der Männer zusammen gewesen.“ Takerus Blick wandelte sich in Unverständnis um. Dann machte er das alles und ließ es mit sich machen, einfach nur um der Sache willen? „Dann...schlafen sie nur mit dir...nichts weiter?“, hakte er nun vorsichtig nach. Es war komisch. Eigentlich wäre seine Reaktion darauf bloßes Missfallen gewesen. Das war es innerlich eigentlich auch, aber ihm war bei Shinji wohl die Lust vergangen, zu streiten. Es brachte ja eh nichts und außerdem erzählte er so freiwillig das, was Takeru nie verstanden hatte. Vielleicht gab es ja doch mal eine Erklärung. Seine Mutter hatte sein Verhalten immer als dumm und oft sogar verdammt hinterhältig bezeichnet. Sie hatte – wie Shinji – immer gesagt, er sollte nicht das schlecht machen, was er nicht verstand. Eigentlich war er wohl nur so, weil seine Freunde es auch gewesen waren. „Na na, was heißt hier sie schlafen mit mir? Ich bin doch keine Nutte“, mahnte er und wedelte vor Takerus Augen, mit seinem Zeigefinger umher. Dieser Junge hatte vielleicht eine Aussprache. Takeru verpackte solche Worte immer gern. „Das ist umgekehrt genauso. Aber potenziell: Ja, dass ist alles. Ich habe keine Beziehung mit ihnen und ich liebe auch keinen von ihnen.“ Shinjis Ausführung, war so simpel, dass Takeru erstaunt war. Es war eben so, man konnte daran nichts ändern. Aber was war das für eine Art? Außerdem hörte es sich so an, als wären es mehrere Männer mit denen Shinji „verkehrte“. „Ihnen? Wie viele waren es denn schon?“ Irgendwie war Takeru die Frage im nachhinein peinlich. Eigentlich war das ganze Gespräch peinlich für ihn, obwohl er Shinji nur ausfragte. Aber genau das war wohl das schlimme. Erst gifteten sie sich so an – und Takeru musste zugeben, dass er wirklich intolerant war – und nun war er neugierig, auf das, was Shinji zu dem gemacht hatte, was er nun mal war. Warum er Männer vorzog, sie scheinbar aber nur zum Vergnügen ausnutzte und wie es überhaupt dazu gekommen war. „Du bist ganz schön neugierig. Ich habe erwartet, dass du wieder anfängst mich zu beleidigen. Aber scheinbar, kann man mit dir darüber doch normal reden“, merkte Shinji mit einem grinsen an, worauf Takeru nur etwas rot wurde. Toll, jetzt hatte er sich verraten. Schnell sah er zur Seite. „Du hast mich doch gefragt, ob ich es verstehen will, oder? Ich möchte jedenfalls versuchen, daraus schlau zu werden. Hab kein Bock, mich den Rest des Jahres, mit dir zu zoffen“, erwiderte Takeru und murrte, als Shinji leise lachte. „Na schön, wenn du es wissen möchtest, erzähle ich es dir. Ich verspreche auch nicht gar so ins Detail zu gehen, in Ordnung?“ Shinji lächelte und Takeru konnte nicht anderes, als seufzend Luft zu holen. Das hier war wirklich eine mehr als seltsame Atmosphäre. Aber er war innerlich froh, er hätte das Anschweige und Streiten nicht lange ausgehalten. Es war ihm schon immer zuviel gewesen, wenn seine Mutter und er sich angeschrieen hatten. Er mochte es einfach nicht, wenn es so dicke Luft gab. „Ich kann dir so direkt keine Zahl nennen. Es waren nicht wenig, vielleicht fünfzehn, ich weiß es nicht“, begann Shinji weiter zu erzählen und sofort wurden Takerus Augen wieder etwas größer. „Und das seit du vierzehn bist?“, fragte er geschockt und blinzelte, als sein Gegenüber nickte. „Ja, seit ich mit diesem Mann zu ihm nachhause gegangen bin. Da fing das an“, erklärte er und sah nun peinlich berührt in eine andere Richtung. Es war ihm also doch unangenehm darüber zu reden. Klar, die Dinge die er hier preisgab, waren wirklich sehr heikel. Wenn nicht sogar verehrend, wenn das jemand raus bekam. Aber ob er wusste, was Takeru mit diesen Informationen alles anrichten konnte, wenn er denn wollte? Nicht, dass er zu so etwas wirklich fähig war. Er mochte in seiner alten Klasse wirklich gemein zu diesem Jungen gewesen sein, aber der hatte nicht die Dinge erlebt, die Shinji ihm gerade schilderte. Zudem hatte er ein wenig Respekt vor dem anderen, er wusste nicht, ob der seine Drohungen wirklich wahr machte, wenn Takeru nicht schwieg wie ein Grab. „Das ist ziemlich extrem...aber, ich meine, du hast gesagt, das mit diesem Mann war nicht ganz freiwillig, oder? Warum hast dir dann andere gesucht?“ Takeru verstand Shinjis Beweggründe nicht ganz. Es war ja schon ziemlich erschreckend, dass er noch so jung gewesen war, aber dass er seitdem so viele Lover gehabt hatte, war noch tragischer. „Weil ich Blut geleckt habe, könnte man sagen“, erwiderte er grinsend und ließ Takeru das Gesicht verziehen. „Ach was?“, murrte er und brachte Shinji erneut breit zum grinsen. „Ganz recht. Vielleicht hätte ich mich auf einen einigen sollen. Oder bei diesem Mann bleiben sollen, aber es war die ersten paar Mal nicht möglich.“ Takeru blinzelte. „Warum denn nicht?“ Shinjis Grinsen wurde bedrückt. „Weil ich zu jung war. Ich bin mit ihnen mitgegangen, sie sind über mich „hergefallen“ – könnte man sagen – und haben mich wieder weggeschickt. Deswegen kenn ich es nicht anders, so was prägt sich ein. Deswegen, kann ich auch heute noch keine Beziehung führen.“ Und genau in diesem Moment, fühlte sich Takeru wirklich abscheulich. Seine Vorurteile mochten für ihn verständlich sein und für seine früheren Freunde, aber nun, waren sie für ihn nur noch dumme Ausreden. Er hatte Mitleid mit Shinji. Vielleicht würde er nie, wirklich mit jemandem glücklich zusammenleben können. Mit einer Frau ja schon mal gar nicht, weil er sie nicht sonderlich mochte. Er kannte es gar nicht - eine Beziehung führen, verliebt sein. Etwas, dass Takeru ihm wohl voraus hatte. Er mochte vielleicht noch keine direkte sexuelle Erfahrung haben, aber er war mit Mädchen zusammen gewesen, die er – zumindest eine von ihnen – sogar richtig geliebt hatte. Auch wenn sie seine erste Liebe gewesen war und es nicht lang gehalten hatte. Er probierte sich aus und hatte da sein ganz eigenes Tempo. Shinji nicht. Er war in diesem, sich immer wiederholendem, Kreis gefangen und kam da nicht raus. Weil er nichts anderes kannte. Takeru blinzelte. Nichts anderes kannte... So wie er. Er kannte nur Mädchen, weil er mit ihnen wie selbstverständlich immer zutun gehabt hatte. Und Shinji kannte nur Männer, weil er mit ihnen seine ersten Erfahrungen gesammelt hatte. Also konnte er ihm nichts vorwerfen, oder? Er hatte nicht einmal das Recht dazu. „Das...das tut mir leid...“, murmelte er leise und sogleich starrte Shinji ihn irritiert an. „Warum tut dir das leid? Muss es doch gar nicht“, lachte er, doch Takeru schüttelte betreten den Kopf. „Ich merke gerade nur, dass ich mich wirklich wie ein Arschloch benommen habe. Ich meine, ja, ich mag Schwule nicht besonders, aber ich habe ja auch nie gefragt, warum man es ist. Ich kann deinen Ausbruch von vorhin irgendwie verstehen“, sagte er und senkte den Kopf. Doch Shinji schmunzelte nur und zuckte mit den Schultern. „Denk das nicht so pauschal, ich finde, es muss keine Gründe dafür geben, schwul, lesbisch oder hetero zu sein. Das ist kein Trauma, sondern einfach so. In meinem Fall ist es dumm gelaufen, aber ich weiß nicht wie es anderes gewesen wäre. Ich kam als Kind schon sehr schlecht mit Frauen aus. Nicht, dass sie mir zuwider waren, aber ich wollte ihnen nie zu nah kommen“, erklärte er lächelnd. „Das was mich an deinen Aussagen geärgert hat, war eigentlich, dass du meintest, dass man einfach nicht schwul zu sein hat. Aber dann kann ich auch sagen, dass man nicht Hetero sein kann, verstehst du, was ich sagen will?“ Er sah Takeru tief in die Augen. Es war, als hätten sie die letzten Tage nur aneinander vorbei geredet, ohne sich gegenseitig zugehört zu haben. Wobei Takeru eher das Gefühl hatte, es nicht getan zu haben. „Ich glaube schon. Nur, habe ich es nie anderes gekannt. Ich mochte Mädchen auf eine normale Art und Weiße und in meinem Umfeld gab es nur „normale“ Familien, mit Kindern und Hunden. Dieses Bilderbuchleben könnte man sagen. Ich habe es selbst nicht gelebt, aber immer überall gesehen. Meine Freunde waren genauso.“ Takeru lächelte aufgesetzt. Er selbst war ja auch nicht „normal“, lebte mit seiner Mutter allein in Sapporo, wo sie von früh bis spät arbeiten musste. Es war nie so, wie er es bei anderen Familien gesehen hatte, aber er hatte sich als Kind gewünscht es wäre so gewesen. „Ich war in meinem ersten Jahr in der Oberstufe auf so viele neue Dinge gestoßen. Wollte nicht verstehen, wie der Junge aus meiner Klasse so war wie er war. Er mochte Mädchen nicht - genau wie du - und war eben mit einem anderen Jungen zusammen. Grund genug für mich und meine Freunde ihn zu verspotten. Ich fand das okay, schließlich war er nicht „normal“. Aber jetzt...während wir uns unterhalten, habe ich das Gefühl, mich total daneben benommen zu haben“, gestand er mehr sich selbst als Shinji, der ihm bis hierhin schweigend zugehört hatte. Dann stand er auf und legte eine Hand auf Takerus Schulter, der auf diese Geste aufsah. „Ich glaub, du hast es kapiert. Ich bin so wie ich bin“, meinte er und ging leicht in die Hocke. „Für niemanden würde ich mich ändern. Ich kann mich nicht dazu zwingen, mit einem Mädchen zusammen zu sein. Und dieser Junge da aus deiner früheren Klasse, der konnte es sicher auch nicht, oder?“ Takeru blinzelte, ehe er langsam nickte. Ja, dem war wohl so... „Du hast wohl recht...“, murmelte er und bemerkte, dass er es jetzt gar nicht so schlimm fand, von Shinji so normal berührt zu werden. „Na also...wollen wir nun das Kriegsbeil begraben? Ich möchte wirklich nicht mehr streiten und außerdem...“, lachte Shinji. „Bist du ein verdammt guter Lehrer, magst du mir Mathe erklären, ich verhau das morgen sonst?“ Er grinste auf Takerus verwirrten Blick. Dann fing er an zu lachen. „Okay“, meinte er und grinste zurück. Er würde diese Vorurteile so schnell vielleicht nicht fallen lassen können, aber er hatte wenigstens etwas Entscheidendes begriffen: Niemand sollte sich von einem anderen sagen lassen, wie er zu leben hatte. Kapitel 5: five --------------- „Ich hab’s sicher verbockt.“ Seufzend ließ Shinji seinen Kopf auf seine verschränkten Arme fallen und seufzte geschafft. Er würde die nächste Stunde Japanisch einfach schlafen. „Ach was, ich dachte du hättest es gestern verstanden?“ Takeru verschränkte die Arme vor der Brust. Shinji konnte ihm ja viel erzählen, aber gestern Abend hatte er alles noch gut gekonnt und die Aufgaben im Test, waren auch nicht so schwer gewesen. Vielleicht hatte sein Kaffee heute Morgen nicht gewirkt. Takeru grinste leicht bei dem Gedanken. „Das habe ich auch gedacht, aber ich glaube, da sind wieder Massen an Flüchtigkeitsfehlern drin“, grummelte der Schwarzhaarige vor sich hin. Einer ihrer Klassenkameraden stellte sich neben die beiden und seufzte genauso geschafft, wie Shinji. „Hast dus auch verhauen, Tanaka?“, wurde Shinji gefragt und sah so aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen, als er mit dem Kopf auf die Tischblatte schlug. „Ich glaube, dass war ein ja“, meinte Takeru nur und lachte. Er war froh, mit Shinji soweit wieder klar zu kommen, dieses Wochenende war wirklich die Hölle auf Erden gewesen und er wusste, wovon er da sprach. Jedenfalls hatten sie den ganzen Sonntagabend gelernt, wahrscheinlich für einen Langschläfer wie Shinji etwas zu tief in die Nacht hinein. Der Junge neben ihnen lachte. „Okay, ich sehs. Und du, Kimura, dir muss das ja leicht gefallen sein?“, fragte er. Takeru nickte nur ausgelassen und grübelte dann, irgendetwas hatte er vergessen. Sein Blick fiel auf Akemi, dir sich gerade mit einigen anderen Mitschülerinnen unterhielt und prompt fiel es ihm ein. „Ach verflucht!“, machte er und eilte zu seiner Tasche, um sie zu öffnen. Shinji sah auf und blinzelte irritiert, als der andere einen Zettel herauszog. „Ich wollte dich was fragen, Shinji“, meinte Takeru und hielt dem Angesprochenen den Zettel hin, der ihn an sich nahm und misstrauisch beäugte. Der andere Junge sah Shinji über die Schulter, dann zu Takeru. „Ach so, du bist noch in keinem Klub, nicht wahr?“, fragte er. Takeru nickte. „Und was soll ich da jetzt beantworten?“, wollte Shinji wissen und überflog den Zettel. „Na ja, du könntest mir helfen, etwas auszusuchen. Ich habe nämlich keine Ahnung“, lachte Takeru und kratzte sich am Hinterkopf. „Warum gehst du nicht in einen der Sportklubs?“, hakte sein Mitschüler nach und brachte Takeru verlegen zum wegsehen. „Ich bin nicht so gut in Sport...“, meinte er. Tatsächlich war Takeru dermaßen unsportlich, dass man sich fragen konnte, wie er noch so schlank sein konnte. Schon in seiner letzten Schule war er immer in zusätzliche Fremdsprachstunden gegangen, weil er nicht in die Sportklubs wollte. „Ach, wie unser Shinji hier! Der ist im Kunstklub. Tja, wer halt sonst nichts kann“, lachte der andere Junge, worauf Shinji ihn seinen Ellenbogen in die Rippen stieß. „Ach und Fußball ist besser, ja?“, fragte und wandte sich dann wieder an Takeru, während sein Mitschüler noch immer schmerzhaft die Luft einzog. „Da wird nicht mehr viel übrig bleiben. Der Kunstklub und der Handarbeitsklub sind mit dem Chor wohl die einzigen Aktivitäten die nichts mit Sport zutun haben und ich glaube kaum, dass das so dein Ding ist, oder?“, erklärte ihm Shinji und überflog den Zettel erneut. Takeru seufzte, ehe er den Kopf schüttelte. „Nicht so ganz.“ Vielleicht sollte er doch Leichtathletik machen, Unsportlichkeit hin oder her, rennen konnte er. Und trotzdem, es war nicht so ganz sein Ding. „Gar nicht so einfach... interessierst du dich für Fotographie? Das haben wir gerade im Kunstklub“, meinte Shinji und lächelte. Takeru blinzelte. „Na ja, uninteressant ist es nicht, aber ich soll in den gleichen Klub wie du? Langsam muss ich dir doch zum Hals raushängen, oder?“ Takeru grinste schief, als Shinji anfing zu lachen. „Warum? Wir haben unser Kriegbeil doch begraben, also gehst du mir auch nicht auf den Geist“, meinte er und stützte seinen Kopf, auf der Handfläche ab. Er schmunzelte. „Na meinetwegen, besser als Sport.“ Nach dem Unterricht schien es Shinji eilig zu haben. Er warf seine Schulschlappen in die Box und zog in Rekordgeschwindigkeit seine Straßenschuhe an. Takeru blinzelte verwirrt. „Was ist denn mit dir los?“, fragte er und zog seine Schuhe ebenfalls an. Shinji sah auf die Uhr seines Handys. „Ich bin verabredet. Ich muss in einer halben Stunde in der Stadt sein, dass schaff ich nie“, erklärte er und seufzte, als er sein Handy wegsteckte. „Verabredet?“ Takeru konnte sich schon in etwa denken, was das zu bedeuten hatte. „Ja, in dem Imbiss, den ich dir vorletzte Woche gezeigt habe. Ich hab dem Kerl gesagt, ich habe Schule.“ Shinji grummelte und wollte gerade loslaufen, als Takeru ihn aufhielt. „Warte mal Shinji!“ Der drehte sich um. „Was denn?“ Takeru seufzte. „Ich komm mit in die Stadt, wollte mich da mit Akemi treffen, wegen den Klubaktivitäten. Keine Angst, ich komm dir nicht in die Quere“, sagte er und folgte Shinji dann nach draußen. „Na gut, von mir aus. Aber verkrümel dich bitte bevor ich den Imbiss erreiche. Man kann sagen was man will, aber eifersüchtig sind sie alle.“ Takeru nickte und fragte sich für einen Moment, warum man eifersüchtig sein sollte. Sie kannten sich ja nur über die Familie, das hieß ja wohl nichts. Zum Glück, dann Takeru konnte sich nicht vorstellen, dass da etwas anderes lief. Er besah sich Shinji, der mit ihm bis zur U-Bahnstation rannte, von der Seite. Seit gestern war alles zwischen ihnen wieder normal, als wäre nie etwas passiert. Shinji sprach auch ganz locker davon, dass er mit einem Mann verabredet war, wo er doch wusste, was Takeru davon hielt. Und doch, er hatte versprochen, dass er sich nicht einmischte und er Shinji machen ließ, ohne einen dummen Kommentar abzulassen. Erst recht nicht in der Schule. Es ging ihn nichts an, dass hatte er Shinji gestern versprechen müssen. Kaum waren sie auf der U-Bahnstation wieder draußen und am Rande der Einkaufsmeile, ging Shinji schon zielstrebig in Richtung Imbiss, der keine hundert Meter vom Tunnelsystem entfernt war. „Ich bin dann weg, bis heute Abend“, meinte Takeru und verabschiedete sich von Shinji, der ihn noch aufzog, er solle sich bloß nicht verfahren. Wirklich nett. Takeru lief, kaum war Shinji am Imbiss angekommen, etwas langsamer. Er war bei den Menschenmassen kaum zu sehen, während er perfekten Blick auf die niedrige Terrasse des Ladens hatte. Er hatte Shinji entdeckt, der auf einen jungen Mann zulief. Er schien etwas älter zu sein als der Schwarzhaarige, wenn nicht sogar bereits an die zwanzig. Er trug relativ schlaksige Klamotten, hatte seine schwarzen Haare in einen Zopf gebunden und wirkte mit der Sonnenbrille extrem wichtig. Aber er schien es nicht zu sein. Shinji ging auf ihn zu, umarmte ihn kurz und griff dann seine Hand. Er sagte etwas, bevor sich der junge Mann an ihn lehnte und ihm irgendwas ins Ohr hauchte. Takeru wollte nicht wissen was es war und doch stieg irgendwie die Neugierde in ihm hoch. War das nur irgendein Kerl, oder hatte sich Shinji schon öfter mit ihm getroffen? Es so ganz so aus, sie schienen ziemlich vertraut miteinander. Als der Mann Shinji bei der Hand nahm und mit ihm in Richtung Parkplätte ging, war für Takeru Schluss mit den Überlegungen. Solange Shinji sich bewusst war, was er da tat, sollte er machen was er wollte. Takeru würde sich nun lieber mit Akemi treffen. Auch wenn er es nicht zugab, sie lenkte ihn ein wenig von der ganzen Grübelei ab. Wobei er sich fragte, warum er überhaupt so viel über Shinji und seine Macken nachdachte. Es war doch erledigt. Eine gute Woche später stand Takeru im Bad und trocknete seine Haare ab. Draußen regnete es und er war heute nur knapp nachhause gekommen, ohne allzu nass zu werden. Trotzdem waren seine Haare leicht klamm. Sein Vater und Masaki waren nicht zuhause. Während er wegen der Arbeit bis Dienstag nicht da war, war sie mit ihm gefahren. Takeru wusste nicht warum, aber es war ihm auch egal. So hatte er man ein bisschen Ruhe in diesem Haus. Shinji war auch noch nicht wieder da, dabei war es bereits kurz vor sieben. Selbst wenn er sich mit seinen Kerlen traf, war es oft gegen sechs Uhr wieder zuhause. Heute allerdings nicht. Es war ja nicht so, dass Takeru sich Sorgen machte. Schließlich konnte Shinji auf sich selbst aufpassen, aber bei dem Wetter da draußen, wurde einem doch ganz schön mulmig. Die ganze Woche war relativ normal abgelaufen. Er und Shinji waren fürs erste im selben Klub und auch sonst, herrschte mittlerweile so etwas wie Routine vor. Auch wenn Takeru sich soweit ganz gut eingelebt hatte, hatte er in manchen Fächern noch Schwierigkeiten. Auch wenn Shinji angeboten hatte ihm zu helfen. Während Takeru sich eine halbe Stunde später eine Kanne Tee aufsetzte, sah er immer öfter auf die Uhr. Langsam war es wirklich komisch. Wo blieb Shinji nur? Nutzte er es aus, dass ihre Eltern nicht da waren, um bei einem seiner Lover zu übernachten? Aber das hätte er Takeru sicher auf die Nase gebunden, um ihn zu ärgern. Seit dem Vorfall vorletzten Freitag mochten sie sich zwar wieder gut verstehen, aber das hieß noch lange nicht, dass Shinji ihn nicht nach wie vor ärgern musste. Takeru hatte trotzdem Schwierigkeiten damit, zu akzeptieren, dass der andere schwul war. Als nach einer weiteren halben Stunde – in der Takeru sich bereits die zweite Kanne Tee gemacht hatte und gerade vor dem Fernseher im Wohnzimmer rumlümmelte – Shinji noch immer nicht wieder da war, griff er nach seinem Handy. Hier war doch irgendwas faul! Gerade hatte er die Nummer in Speicher gefunden, als die Tür klackte. Er schreckte auf und legte sein Handy zurück auf den Tisch. Dann stand er auf, um in den Flur zu gehen und das Licht anzumachen. Doch statt einen lächelnden, verlegenen Jungen zu erblicken, der sich für sein zu spät kommen entschuldigte – stand da ein regelrechtes Häufchen Elend vor ihm. Shinjis Haare waren klitschnass, von seinen Klamotten und Schuhen ganz zu schweigen. Von seinem Kinn tropfte das Wasser auf den Boden und hinterließ auf den weißen Fliesen eine kleine Lache. Seine Schultern hingen, als würden sie zentnerschwer sein, als die Tasche in seiner Hand herausrutschte und auf den Boden fiel. „Mein Gott, was ist denn mit dir passiert?“, fragte Takeru mit aufgerissenen Augen geschockt und eilte zu Shinji hin. Der reagierte gar nicht, starrte einfach mit fahlem Blick auf den Boden. „Ich hol dir erstmal Handtücher, du bist ja völlig durchnässt!“, stellte Takeru fest und eilte in das angrenzende Badezimmer, um zwei große Handtücher aus dem Schrank zu ziehen und damit zu Shinji zurück zu kehren. Der hatte sich keinen Meter bewegt, allerdings nun die Hände zu Fäusten geballt und augenscheinlich biss er sich verdammt fest auf die Unterlippe. Egal was er erwartet hatte, aber nun machte sich so etwas wie Angst in Takeru breit. Er wusste nicht was los war, nicht mal woher der Schwarzhaarige gerade kam. Doch erst einmal würde er versuchen Shinji wieder trocken zu kriegen, ehe der sich erkältete. Er warf dem Kleineren eines der Handtücher über den Kopf und rubbelte leicht seine Haare trocken. „Hey...willst du baden? So wie du aussiehst, brauchst du das dringend, oder?“, fragte er vorsichtig. Doch alles was Shinji tat, war zu zittern und plötzlich, war leises, kaum hörbares Schluchzen zu vernehmen. Takeru ließ von ihm ab und blinzelte verwirrt, als Shinji nun endlich den Blick und das Handtuch auf seine Schultern rutschte. „Shinji?“ Der Angesprochene biss sich nun so fest auf die Unterlippe, dass sie leicht aufplatzte. Doch es schien nichts zu helfen, die ersten Tränen sammelten sich in seinen Augen und liefen seine Wangen hinab. Takeru war geschockt. Der sonst so selbstbewusste Junge, den kein Wässerchen trüben konnte, stand vor ihm und weinte. Seine Selbstbeherrschung war mit einem mal in sich zusammengefallen. „He...hey, was ist denn? Ist was passiert?“, hakte Takeru weiter nach, doch alles was Shinji tat, war noch mehr zu zittern und dann endlich von seiner Lippe abzulassen. „I...ich...“, wimmerte der Schwarzhaarige plötzlich und sah wie verklärt an Takeru vorbei, ehe sein Atem zu zittern begann. „Was...was...hab ich verbrochen...?“ Nun war Takeru völlig verwirrt. Es wirkte nicht so, als würde Shinji mit ihm sprechen und doch, schien ihm seine Anwesenheit klar zu sein. Er wollte scheinbar gar nicht mehr aufhören zu weinen, es wurde eher immer schlimmer. „Ich...ich...bin...“, wisperte er weiter und krallte seine eine Hand in das Handtuch um seinen Hals. „Was willst du sagen?“, fragte Takeru leise und legte seine Hand auf die Schulter des anderen. Shinji holte unterdrückt Luft und Schluchzte nun etwas lauter. Noch nie hatte Takeru jemanden so weinen sehen und einen Jungen schon gar nicht. Deswegen wusste er nun gar nicht damit umzugehen. Was war mit Shinji los, was war ihm passiert? Konnte er es überhaupt sagen? Doch es schien möglich zu sein. Shinji verzog verzweifelt das Gesicht. „Er...dieser Arsch...hat mich...er hat...“, stotterte er und nun bekam Takeru es wirklich mit der Angst zutun. Was wollte Shinji da gerade sagen? „Was hat er gemacht, Shinji?“ Der Angesprochene lachte kurz lustlos und schluchzte dann wieder. „Er...hat mich eine Schlampe genannt...er...was denkt er sich? Das er mich ficken kann und dann einfach mit diesen Worten vor die Tür setzen? Das er mich einfach wegschmeißt, wies ihm passt? Ich hab ihm nie was getan! Warum tut das so weh? Warum schmerzt das...so...?“ Shinjis Stimme brach ab, dann rutschte er zu Boden und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Wie ein Mädchen, doch dass würde Takeru ihm in der Situation auf keinen Fall sagen. Er wusste nicht, ob er erleichtert sein sollte. Er hatte etwas noch schlimmeres gedacht, aber war das nicht genug? Takeru verstand nur die Hälfte. Es ging um einen dieser Typen von Shinji, um welchen, dass wusste Takeru nicht. Jemanden den er schon kannte oder nicht? „Wer war das?“, wollte er wissen und hockte sich vor Shinji, der den Kopf schüttelte. Allerdings nicht auf die Frage hin, wie es aussah. Denn er antwortete: „Ich...ich treffe mich schon eine Weile mit ihm...der vom letzten Montag. Ich mochte dieses Arschloch, deswegen...hab ich mich...seit letzter Woche nur noch mit ihm getroffen. Ich habe sogar...Ryo abgesagt...ich habe geglaubt...gehofft, dass mich vielleicht doch mal jemand...lieben kann, dass ich es lerne. Das ich nicht nur...zum ficken gut bin...ich bin so blöd! Als ich...ihn gefragt habe, ob er sich...in meiner Gegenwart auch so wohl fühlt...hat er nur gelacht...und gemeint ich soll bloß nicht mit dem...Ge...Ge…Gesülze anfangen. Er hat gesagt...dass ich eh nur...ne Schlampe wäre, die nicht fähig ist...irgendjemanden zu lieben. Ich bin’s wohl wirklich nicht wert...ich...“ Takeru versuchte die Sätze im Kopf logisch aneinander zu reihen. Das waren harte Worte und er verstand voll und ganz wie das wehtun musste. Ihm war vielleicht nicht klar, warum Shinji ihm das erzählte, aber er war froh, dass es so war. Egal was er letzte Woche böses zu Shinji gesagt hatte, jetzt tat ihm alles leid. Er suchte doch nur nach ein bisschen Liebe, was war denn da falsch dran? Takeru bemerkte, dass er sich gerade selbst widersprach, aber dieses Häfchen Elend da vor ihm, war einfach zuviel. „Beruhig dich erstmal, okay? Ich lass dir Badewasser ein und dann mach ich dir einen Tee. Bitte steh auf, du wirst noch krank“, war alles, was er gerade in all dem Chaos seiner Gedanken herausbringen konnte. Er ertrug es nicht, diesen sonst so stoischen Jungen so am Boden zu sehen. Das Schluchzen hinter ihm war fast nicht mehr auszuhalten. Nicht, dass es ihm auf die Nerven ging, aber es brach ihm fast das Herz. Während Takeru das Badewasser einließ, warf Shinji seine Jacke samt Shirt ins Waschbecken und strubbelte sich durch die Haare. Er schien völlig mit den Nerven am Ende zu sein, wie konnte Takeru jetzt noch irgendwas sagen. Innerlich wollte er gern loswerden, dass Shinji das von seinen Männergeschichten hatte. Es war ja klar, dass das irgendwann jemand zu ihm sagte. Aber er brachte es nicht über sich, solche Worte fallen zu lassen. Nicht jetzt, am besten gar nicht. Langsam schaltete Takeru das Wasser aus und sah dann zu Shinji, der sich zu ihm umgedreht hatte. Auch wenn er es nicht wagte, er musste einfach auf die vielen dunkelroten, bis bläulich angelaufenen Flecke – die den Körper des Kleineren zierten – einen kurzen Blick werfen. Dieser Junge schien wirklich alles mit sich machen zu lassen. Seine linke Schulter war an einer Stelle richtig verfärbt. Er konnte von Glück sprechen, wenn das nicht mal irgendjemand im Sportunterricht zu Gesicht bekam. Takeru wendete seinen Blick ab, bevor Shinji ihn noch bemerkte und ging dann in Richtung Tür. „Ich mach dir Tee, okay?“, fragte er, erhielt aber keine Antwort von Shinji, der sich gerade seiner Hose entledigte und leise vor sich hin schniefte. Takeru seufzte leise und verließ das Badezimmer, um die Küche zu betreten und zum dritten Mal an diesem Tag Tee aufzusetzen. Dann lümmelte er sich wieder auf die Couch und wartete bis Shinji fertig wurde. Keine halbe Stunde später klackte die Badezimmertür und Shinji ging – mit einem Handtuch um den Schultern und trockenen Klamotten am Körper – ins Wohnzimmer zu Takeru. Der setzte sich auf und rutschte dann ein Stück zur Seite. „Das TV Programm ist zwar heute nicht das Beste, aber man kann es ertragen“, lachte er und deutete dann neben sich. Shinji stand weiterhin da und biss sich wieder auf die Unterlippe. „Warum bist du so nett zu mir?“, fragte er plötzlich und Takeru hob irritiert eine Augenbraue. „Was ist das für eine Frage?“ Shinji schnaubte. „Eine ganz Normale, auf die ich eine Antwort haben möchte. Ich dachte du hasst Schwule, dich sollte es freuen, dass ich verarscht wurde“, murrte er. Takeru verzog beleidigt das Gesicht. War Shinji es nicht gewesen, der gesagt hatte, ihr Kriegsbeil wäre begraben? Was sollten dann jetzt diese Mutmaßungen und falschen Annahmen? Seine Augenbraue zuckte etwas. „Bist du eigentlich bescheuert?“, blaffte er und erkannte sofort, dass er eindeutig zuwenig Geduld hatte. Aber ihm war es egal, sollte Shinji ruhig merken, dass er völligen Stuss von sich gab. Takeru war doch kein Unmensch und er hatte versprochen zu verstehen. Der Schwarzhaarige blinzelte leicht und sah dann zur Seite, ehe er halbherzig lächelte. „Nein...ich bin mir nur sicher, dass es dich freut“, meinte er und zuckte mit den Schultern, bevor Takeru aufsprang. „Ich würde es freuen, der für so einen Blödsinn ein paar aufs Maul zu hauen, ja! Ich habe dir schon mal gesagt: Hör auf irgendwelche Behauptungen aufzustellen!“ Er war außer sich. Die ganze Zeit hatte er sich Sorgen um Shinji gemacht, hatte ihm zugehört, obwohl er mit diesem Lebensstil nichts anfangen konnte. Und alles was er bekam, waren Vorwürfe?! Shinji sah ihn verwirrt an. „W...Was?“, wisperte er, als Takeru ihn schon unterbrach: „Nicht „was“! Ich habe mir verdammt noch mal Sorgen gemacht! Weißt du eigentlich, wie ich mich erschrocken habe, als du vorhin so völlig durchnässt und verheult vor mir gestanden hast? Ist doch mal egal, was ich von Schwulen halte, ich bin nicht blöd, Shinji! Für einen Moment habe ich befürchtet, der Kerl hätte dich vergewaltigt oder so was!“, brüllte er regelrecht und wusste nicht genau, ob ihn auf der Straße jemand gehört hatte. Doch es war ihm gleich, im Moment könnte er Shinji einfach nur für seine Dummheit schlagen. Sie mochten sich in einigen Dingen nicht einig sein, aber das hieß noch lange nicht, dass Takeru sich am Leid oder an den Schmerzen des anderen erfreute! Shinji murrte. „So schnell werde ich schon nicht vergewaltigt, Takeru“, mahnte er, doch alles, was der Angesprochene tat, war seine Hand zur Faust zu ballen. „Bist du blöd?! Da haben schon andere gesagt! Was sollte ich denn im ersten Moment sonst davon halten?“, wollte er mit zischender Stimme wissen. Oh, wie konnte der Kerl nur so leichtfertig sein. Nur weil er damals Glück gehabt hatte und von seinem ersten Mann nicht missbraucht wurde, hieß das nicht, dass so was nicht doch noch geschehen konnte. „Selbst wenn, würde dich das doch nicht mal interessieren. Du wärst geschockt und das wäre alles, im Grunde ist es doch mein Körper...“ Weiter kam Shinji nicht. Takeru war mit schnellen Schritten auf ihm zugegangen und hatte ihm so fest ins Gesicht geschlagen, dass er zu Boden fiel. Für einen Moment lag der Hall des Schlages noch in der Luft, bevor Shinji seine Hand langsam auf seine Wange legte. Er schien erschüttert, doch lange nicht so wie Takeru. „Du hirnverbrannter Vollidiot! Nur weil ich keine Homosexuellen mag, heißt das noch lange nicht, dass es mir egal wäre, wenn dir so was passieren würde! Ich habe mich beschissen gefühlt, als du vorhin angefangen hast zu heulen! Weil es mir Leid tat, dass du solches Pech hast! Das hat doch kein Mensch verdient, du genauso wenig wie andere! Und komm mir bloß nicht mit so einem Müll von wegen, es ist dein Körper, sonst vergesse ich mich ganz!“ Er musste Luft holen. Nie hätte er gedacht, den anderen so anzuschreien, geschweige denn zu schlagen. Aber das war gerade einfach zuviel gewesen. Shinji saß auf dem Boden, starrte geschockt zu Takeru nach oben und erneut sah man die Tränen, die seine Wangen hinab liefen. Warum? Da war sich Takeru nicht ganz sicher. Sein zierlicher Körper fing an zu zittern, als er wieder anfing zu schluchzen. „Entschuldige...“, murmelte er und legte sich seine andere Hand auf seine Augen. „...ich wusste nicht...das du dir solche...Gedanken gemacht hast...“ Takeru seufzte. Vielleicht hatte er doch ein klein wenig übertrieben. Er hätte den anderen nicht schlagen sollen. Langsam hockte er sich vor Shinji und griff dann nach seiner Hand. „Komm steh auf...ich hol dir was zum kühlen“, erklärte er und half Shinji hoch, um ihn zur Couch zu ziehen. Kaum losgelassen ging er wieder in die Küche und kramte im Tiefkühlfach nach einem Eisakku. Er war wirklich leicht aus der Ruhe zu bringen und nicht sehr einfühlsam gewesen. Aber so war er nun mal, nie hatte Takeru in solchen Situationen seine Meinung runterschlucken können. Er nahm den Akku und drehte sich zu Shinji, der nun ganz starr und noch immer geschockt auf der Couch saß. So richtig ansprechbar schien er nun nicht mehr zu sein. Langsam kam Takeru auf den anderen zu und stellte sich vor ihn, reichte ihm den Eisakku und suchte innerlich nach den richtigen Worten, um sich irgendwie für seinen unschönen Ausrutscher zu entschuldigen. Warum gerieten sie immer so schnell aneinander? Es war zum verrückt werden. Langsam sah Shinji auf und blinzelte, als er den Eisbeutel erblickte. „Nimm schon.“, meinte Takeru und legte Shinji den Beutel auf die Wange, der etwas zusammenzuckte. Dann nahm er den Akku selbst, während er wieder zur Seite blickte. Die Stimmung war wirklich tiefgekühlt. Aber daran waren sie wohl beide nicht ganz unschuldig. Takeru seufzte leise und setzte sich dann neben Shinji auf die Couch. „Du hast ganz schön Kraft, das tut echt immer noch weh“, lachte der Schwarzhaarige leise, vermied es jedoch Takeru anzusehen, der sich zurücklehnte. „Tut mir leid...ich wollte es nicht so übertreiben“, erklärte er leise, doch Shinji lachte nur. „Was soll’s, jetzt bin ich wenigstens wieder ein wenig beisammen.“ Er wirkte gar nicht so. Nicht ein bisschen. Schweigend sahen die Beiden zum Fernseher und schüttelten die Köpfe. Das Programm war wirklich sinnfrei. Es gab doch nichts schlimmeres, als Talkshows am Abend. Während sich die Leute im Studio darüber unterhielten, das es in ihrer Familie dauernd das gleiche Essen gab, blickte Takeru Shinji kurz aus dem Augenwinkel an. Er schien genauso gelangweilt von dem zu sein, was er da guckte, wie Takeru selbst. Aber es lockerte die angespannte Situation ein klein wenig. „Weißt du...“, begann Shinji nach einer Weile, sah den Angesprochenen aber nicht an. „Ich habe wahrscheinlich etwas überreagiert vorhin. Eigentlich habe ich die ganze Zeit gedacht, dich würden meine Männergeschichten tierisch nerven und du wärst froh, dass ich mich vielleicht nach dem Tiefschlag anders entscheiden könnte. Ich wusste nicht, dass das gar nicht zur Debatte stand.“ Shinji wirkte merkwürdig gefasst, als er Takeru mit einem Mal doch in die Augen sah. Sein Blick war durchdringend und wirkte dennoch etwas fragend. Was sollte man da so großartig drauf sagen? Takeru würde Shinji kaum umstimmen können. Auch wenn er nicht immer nett war, so gab es einen Moment, in dem er verstand. Und der war noch gar nicht solange her. Shinji konnte nichts dafür, dass er so war, aber er kam weitestgehend damit klar. „Ich bin nicht dumm, irgendwann kapier ich, dass meine Anfeindungen nichts mehr helfen. Außerdem bist du nicht der Typ, der auf so was eingeht, oder sich sagen lässt, was besser für ihn wäre. Na ja, aber jedenfalls vorsichtiger könntest du schon sein“, erklärte Takeru und seufzte. Er war es leid, gegen Shinji irgendwas zu sagen. Der machte doch eh, was er wollte. Verwirrt blinzelte er, als Shinji seinen Kopf auf seine Schulter fallen ließ und zu ihm nach oben guckte. „Hör ich da etwa Sorge heraus? Was meinst du wohl, warum ich mit vielen Typen erst einmal ausgehe, ehe ich mit ihnen mit gehe? Auch wenn du das glaubst, aber mittlerweile spring ich mit denen nicht mehr einfach so ins Bett“, sprach Shinji leise und machte es sich an Takerus Seite dezent bequem. „He...hey! Nur weil ich sage, dass ich es akzeptiert habe, musst du mich ja nicht gleich behängen!“, mahnte Takeru und versuchte sich schon woanders hinzusetzten, doch Shinji ließ das nicht zu. Er schien ganz gut so zu sitzen. „Ist dir das unangenehm? Ich tue dir schon nichts, ich steh nur auf Ältere, schon vergessen? Und außerdem kann ich in deiner Gegenwart den Dreck von heute verdrängen und ein wenig zur Ruhe kommen.“ Takeru war etwas irritiert. Durch ihn konnte Shinji verdrängen? Sehr unwahrscheinlich wenn man Takerus kurzen Ausrutscher beachtete. Was war mit dem Kerl los, war er einfach nur anhänglich oder versuchte er jetzt doch zu graben? Letztes würde kaum funktionieren, aber das würde jetzt auch nicht zusammenpassen. „Du bist ein komischer Typ“, murrte er und verkniff sich ein knurren, als sich Shinji ein wenig an ihn kuschelte. Also gleich war Schluss! „Ich weiß. Aber sei doch froh, dass ich nicht nachtragend bin. Ich hoffe nur für dich, dass man an meiner Wange morgen nichts sieht“, lächelte Shinji zynisch, worauf Takeru nur schnaubte. „Sonst denkt man noch, einer deiner Lover wäre das gewesen“, lachte Takeru sarkastisch, worauf Shinji ihm leicht in den Bauch boxte. „Im Gegensatz zu dir, schlagen meine Lover mich nicht.“ Jetzt fühlte er sich schlecht. Na toll! „Ich habe doch gesagt, das tut mir leid...“, murmelte Takeru kleinlaut und sah wieder zum Fernsehen. Die Show war inzwischen zuende. Er hatte daran wirklich nichts verpasst. Shinji lachte. „Ich weiß und es ist vergessen. Kannst du mir trotzdem den Gefallen tun und dir nicht so viele Sorgen machen. Ich pass schon auf, dass ich nicht mit jedem ixbeliebigen mitgehe. Die meisten Heteros glauben immer, wenn man schwul ist, geht man gleich mit jedem Kerl ins Bett, aber eigentlich sind wir sehr wählerisch. Ich zumindest“, gab Shinji von sich. Takeru seufzte. „Gut, meinetwegen. Aber die Dramashow vorhin hat mir schon Gedanken gemacht“, überlegte er, worauf Shinji nur die Luft einzog. „Können wir bitte nicht darüber reden?“, fragte er. „Okay...“ Takeru sah sich um und griff zielstrebig nach der Wolldecke - die von der Couch auf den Boden gefallen war – um sie aufzuschlagen und um Shinjis Körper zu legen. Er war heute wirklich zuvorkommend. Komische Stimmung eben. Der blinzelte verwirrt. „Was denn? Bleib liegen und sei zufrieden damit, dass ich dich nicht wegstoße. Das wird sich so schnell nicht wiederholen“, meinte Takeru und schaltete mit der Fernbedienung um, während Shinji sich nun in einer etwas bequemeren Haltung an ihn lehnte. „Na gut, dann bin ich mal zufrieden“, grinste er ironisch und schloss sie Augen, ganz so, als würde er schlafen wollen. Und tatsächlich, nach einer Viertelstunde war der Schwarzhaarige einfach eingeschlafen. „Shinji?“, fragte Takeru leise, erhielt aber keine Antwort. Es war erstaunlich, dass jemand in dieser Position so schnell einschlafen konnte. Während er den schlafenden Jungen beobachtete, dachte er nach. Shinji hatte sich durch ihn ablenken können? Obwohl die sich gestritten und angeschrieen hatten? Es war merkwürdig, dass Shinji wohl mit Takeru ganz gut klar kam, obwohl der wirklich manchmal unausstehlich war. Er gab es zwar nur selten zu, aber es gab Momente, in denen erkannte er das selbst an sich. Wieder rüttelte Takeru leicht an dem schlafenden Körper Shinjis. Wie sollte er den denn jetzt in sein Bett kriegen? Der schlief wie ein Stein! Seufzend rutschte er unter dem Körper des anderen hinweg und legte ihn sacht auf der Couch ab. Er konnte ihn hier schlafen lassen, aber dafür war das Möbelstück wohl doch etwas unbequem. Er grübelte und besah sich Shinjis schlanke Gestalt. Ob er sehr schwer war? Es sah nicht so aus, bei dem zierlichen Körperbau. Vielleicht sollte er versuchen ihn zu tragen. Wieder sah er auf den Kleineren herab und wurde etwas rot. Ihn tragen! Aber hallo?! So was konnte man bei einem Mädchen machen! Er sah ihn wieder an. Es half wahrscheinlich alles nichts. Irgendwie versuchte Takeru den Körper des anderen auf seine Arme zu hieven und tatsächlich, er war nicht sehr schwer. Auch wenn er nicht lange die Kraft haben würde, ihn so zu halten, schaffte er es sicher bis in dessen Zimmer. Langsam ging er mit Shinji in den Armen nach oben und öffnete mit einem Ellenbogen die Tür. Es war eigenartig. Für einen Moment hatte Shinji etwas verdammt Weibliches an sich, als er von Takeru auf dem Bett abgelegt wurde und sich in dessen Oberteil krallte, als wolle er nicht allein bleiben. Es waren nur Sekunden, aber irgendwie kam Takeru von der Annahme nicht los, dass seine homophobe Art Shinji gegenüber völlig unangebracht war. Er war ungerecht gewesen, obwohl Shinji ihm oft half klar zu kommen. Sein schlechtes Gewissen trieb ihn zurück in sein eigenes Zimmer. Diese Gedanken ließen ihn nicht los. Kapitel 6: six -------------- Etwa zwei Wochen später merkte man fast gar nichts mehr von Shinjis kleinen Ausbruch und Takerus unschönen Ausraster. Während die beiden völlig normal jeden Morgen zusammen zur Schule gingen, fiel Takerus Rückweg immer etwas anderes aus. Manchmal war Shinji bei ihm, manchmal bei seinen Typen in der Stadt. Soviel wie man im Augenblick mitbekam, schien er sich häufiger mit Ryo zu treffen. Er hatte Takeru gegenüber mal erwähnt, dass er sich in der Gegenwart des „Drittklässlers“ immer sehr sicher fühlte. Warum? Das wusste er wohl selbst nicht. Als sie Mitte Juni gerade zusammen – und fast allein – in ihrer AG saßen, weil im Moment viele mit Nachhilfe zutun hatten, wurde die Tür regelrecht aufgeschmissen. Fünf Köpfe drehten sich in Richtung Tür und während drei Personen schnell wieder wegsahen und ihre Zeichnungen fertig stellen, starrten Takeru und Shinji Ryo an, als wäre er eine Erscheinung. „Shi...ich meine Tanaka, ich muss mit dir reden!“, bestimmte er, worauf der Angesprochene nur verwirrt eine Augenbraue hob. „Jetzt? Ich hab AG, auch wenn gerade kein Lehrer da ist“, zischte Shinji leise. Ihm schien es unangenehm zu sein, dass Ryo hier einfach ohne Ankündigung auftauchte und ihn sprechen wollte. „Ja, jetzt! Ist mir egal“, murrte er und ging auf Shinji zu, schnappte sich ihn am Arm und zog ihn einfach mit auf den Gang. Der Schwarzhaarige hatte sogar seine Zeichenmappe und den Bleistift fallen lassen. Takeru starrte auf die fast geschlossene Tür und grübelte ernsthaft, was jetzt kaputt war. Er sah sich um und bemerkte, dass alle anderen Schüler völlig mit ihren Bildern beschäftigt waren. Sollte er lauschen? Die beiden standen vor der Tür, also konnte man sie gut verstehen, wenn man direkt an der Wand lehnte. Takeru wusste, dass sich ohnehin keiner um ihn kümmerte, also konnte er auch aufstehen und so tun, als würde er sich die Bilder die in diesem Raum neben der Tür hingen angucken. Langsam stand er auf und ging möglichst leise zu den Zeichnungen. Die Tür stand einen spaltbreit offen und als er sich kurz konzentrierte, konnte er sogar leise verstehen, wie Shinji und Ryo miteinander redeten. „Was zum Teufel willst du eigentlich?“, motzte Shinji leise, seine Stimme klang etwas hör als sonst, er schien wütend zu sein. „Das fragst du noch? Seit Wochen lässt dus dir von mir besorgen, aber mehr als ne Fickbeziehung ist das nicht.“ Takerus Augenbraue zuckte bei dem Slang Ryos etwas. Und solche Wörter in der Schule! „Bist du bescheuert, nicht so laut! Was denkst du, was passiert, wenn das einer mitbekommt?“, knurrte Shinji. In der Hinsicht war wirklich nicht mit ihm zu Spaßen, es ging ja auch keinen etwas an. „Tzz, beantworte lieber meine Frage“, forderte Ryo ohne umschweife und Takeru fragte sich, wovon er sprach. Leider hatte er den Anfang des Gespräches minimal verpasst. Er lehnte sich an die Wand und begann an seiner Skizze weiterzuarbeiten, während er weiter lauschte. „Was soll ich dir darauf denn sagen? Waren wir uns nicht einig, dass da mehr nicht laufen wird?“, fragte Shinji nun leise. Seine Stimme wirkte mit einem Mal schrecklich nervös. Ging es um eine Beziehung? War es das was Ryo wollte? „Warum bist du da so stur? Hast du denn so ein Problem damit, mit mir zusammen zu sein, hm?“ Bingo. „N...nein, das ist es nicht“, murmelte Shinji und wurde nun noch leiser, so dass Takeru sich anstrengen musste, ihn noch zu verstehen. „Was denn dann? Stehst du auf nen anderen, oder was?“ Ryos Stimmlage war einschlagend. Er machte keinen Hehl daraus, dass er – sollte er recht haben – verdammt Eifersüchtig war. „Ich will einfach keine Beziehung. Ich habe dir doch erklärt warum“, erwiderte Shinji seufzend. Ryo murrte hörbar. „Weil du dich nicht festlegen kannst, ist mir klar. Aber im Moment triffst du dich doch so und so nur mit mir, also wo ist das Problem?“ Das fragte sich Takeru auch. Nicht nur, dass Shinji und Ryo doch sehr vertraut einander wirkten, sie hingen auch in den letzten zwei Wochen nur aufeinander. Hatte Shinji nicht gesagt, er wollte jemanden, der ihn liebte? Ryo bot ihm das doch bestimmt nicht umsonst an? Takeru spitzte die Ohren, als Shinji wieder Luft holte. „Weil das nur im Moment so ist. Der einzige Grund, warum du mit mir eine Beziehung willst, ist, dass du mich dann besitzt und ich mag das nicht. Ach...wie oft haben wir darüber eigentlich schon gesprochen?“ Leicht blinzelte Takeru und überlegte. Shinji wollte nicht als Eigentum betrachtet werden? War das vielleicht der Grund, warum er es sich nicht vorstellen konnte, mit Ryo zusammen zu sein. Weil er als gleichberechtigt angesehen werden wollte? „Was ist so falsch daran, dass ich nicht will, dass du es weiter mit irgendwelchen anderen Kerlen treibst?“, fragte Ryo und wieder grummelte Takeru innerlich. Musste so eine Wortwahl wirklich sein? „Weil ich nicht dein Eigentum bin!“, stieß Shinji nun etwas lauter hervor und schien Ryo damit ziemlich überrascht zu haben. Der zog die Luft ein und knurrte dann leise. „Warum hörst du mit den Ausreden nicht endlich auf? Dir ist regelrecht anzusehen, dass du auf irgendjemanden stehst! Sag mir wer es ist, damit ich ihn fertig machen kann!“ Takeru unterdrückte ein lachen. Also wirklich, wie konnte man nur so eifersüchtig sein? Das ging den Kerl doch nichts an. Selbst wenn es wahr wäre. „Ein Grund mehr es dir nicht zu sagen“, meinte Shinji plötzlich kühl und erstaunte selbst Takeru. Ryo hatte also recht gehabt? Shinji war in jemanden verliebt? Er hörte Schritte auf den Klassenraum zukommen. Schnell setzte er sich wieder an seinen Platz und tat so, als hätte er die ganze Zeit gezeichnet. Shinji musste wirklich nicht wissen, dass Takeru so neugierig war. Die Tür wurde aufgeschoben und Shinji trat wieder herein, setzte sich schweigend an seinen Platz und hob seine Mappe auf, die zu Boden gefallen war. Sein Gesicht wirkte etwas dunkler als sonst. Er schien bei seinen Worten sehr verlegen geworden zu sein. Irgendwie interessierte es Takeru brennend, um wen es sich bei dem mysteriösen Fremden handelte, der Shinji den Kopf verdreht hatte. Er kam zwar langsam ganz gut damit klar, dass Shinji auf Männer stand, aber die Tatsache, dass er so sprunghaft war, störte ihn nach wie vor. Er wollte nicht noch mal so eine Szene wie vor ein paar Wochen erleben. Der Schwarzhaarige schien sich vielleicht endlich verleibt zu haben und eventuell konnte er endlich eine richtige Beziehung führen. Takeru wünschte es ihm. „Was denn?“ Shinjis Stimme holte Takeru aus seinen Gedanken. Der andere Junge starrte ihm in die Augen, als versuche er ihn zu durchschauen. Er hatte gar nicht gemerkt, dass er Shinji die ganze Zeit beobachtet hatte. „Äh...nein nichts“, lächelte er und konzentrierte sich wieder auf seinem Bild. Vielleicht war er einfach zu neugierig. „Ich komm heute mit dir heim“, meinte Shinji dann, ohne von seiner Zeichnung aufzusehen. Takeru sah ihn verwirrt an. „Echt? Ist was passiert?“, wollte er wissen und versuchte so gut wie möglich so zu tun, als wüsste er nicht, was passiert war. Shinji seufzte. „Ach...ich glaube, ich werde meinen Kontakt zu Ryo abbrechen“, gestand er und eigentlich erinnerte Takeru das ganze eher an Weglaufen. Er musste sich ja nicht auf die Beziehung einlassen, oder? „Warum das denn?“, fragte er und versuchte so irritiert wie es ihm möglich war zu gucken. Shinji winkte ab. „Ich will einfach nicht als Eigentum betrachtet werden“, meinte er, drehte dann seinen Kopf zu Takeru und lächelte kurz auf eine Art und Weiße, die der Größere noch nie bei ihm gesehen hatte. Für einen Moment kribbelte es in seiner Magengegend, doch er verbot sich, das ernst zu nehmen. Das war nur Einbildung. Er wusste es. „Oh...verstehe“, meinte er und versuchte sich nun wieder endgültig um seine Skizze zu kümmern. Einbildung... „Takeru? Kommst du mal eben?“ Verwirrt sah der Angesprochene ins Wohnzimmer und entdeckte seinen Vater, der auf der Couch saß und ihn anguckte. Die nächste Woche war vergangen und langsam kam er sich vor wie in einer richtigen Familie, mit seinem Vater und Masaki, die seiner Mutter wirklich sehr ähnlich war. Nur Shinji konnte er kaum als Bruder ansehen. Der war die ganze Woche, bis zu diesem Freitagnachmittag, mit ihm zusammen nachhause gegangen, kein Schritt in die Stadt und kein Ryo mit dem er sich traf. Er schien seine Drohung ernst gemacht zu haben. „Ja, was denn?“, fragte er und ging auf seinen Vater zu, der nun den Fernseher etwas leiser schaltete. „Ich wollte dich etwas fragen. Und zwar geht es darum, dass ich Anfang Juli für eine Woche geschäftlich mit Masaki nach Tokyo muss. Und ihr habt glaube ich erst ende Juli Ferien, stimmts? Demnach können Shinji und du kaum mitkommen. Kommt ihr beide hier allein klar?“, wollte sein Vater wissen, worauf Takeru nur blinzelte. „Ja...schon. Weiß Shinji das schon?“, fragte er und verlagerte sein Gewicht auf sein anderes Bein. Eine ganze Woche hier alleine? Na ja, sie waren alt genug und verstanden sich mittlerweile auch wieder blendet, also sollte das wirklich kein Problem sein. „Ja, ich hab es ihm gestern bereits erzählt. Also ihn stört es auch nicht. Wir lassen euch Geld hier, damit ihr einkaufen gehen könnt.“ Takeru nickte. „Und das ist in übernächste Woche schon?“ Warum erfuhr man das in diesem Haus immer so spät? „Nein nein, erst in zwei Wochen“, lachte sein Vater fröhlich und wirkte mit einem Mal richtig ausgelassen. Wahrscheinlich hatte er sich sorgen gemacht, Takeru hätte ein Problem damit. Aber er kam schon ganz gut allein klar. „Einfach die Quadratwurzel daraus und schon hast du das Ergebnis.“ Shinji sah zu ihm hoch und machte ein mehr als unglückliches Gesicht. „Was?“, fragte er verwirrt und schien wieder drauf und dran zu sein, mit dem Kopf auf den Tisch zu knallen. „Du hast kein Wort verstanden, nicht wahr?“, seufzte Takeru. Also Shinji war wirklich keine Leuchte in Mathe. Egal wie man es ihm erklärte, er kapierte es einfach nicht. „Nein“, murmelte Shinji und ließ niedergeschlagen den Kopf hängen. Er schien gar nicht so richtig bei der Sache zu sein. „Ich weiß nicht mehr, wie ich’s dir erklären soll, ehrlich...“, meinte Takeru ernüchternd und hielt kurz die Luft an, als Shinji seinen Kopf auf seine Schulter fallen ließ. Ein ganz leichter Rotschimmer machte sich auf Takerus Wangen breit, doch er versuchte sich darum keine Gedanken zu machen. Er war wohl nur so nervös, weil Shinji so eine extrem weibliche Ader an sich hatte. Takeru konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es an etwas anderes lag, denn solche Anwandelungen hatte er heute nicht zum ersten Mal. So was hatte er wirklich nur bei Shinji, also würde seine gebastelte Erklärung schon stimmen. Er würde jetzt nicht plötzlich anders denken! „Ich verhau den Test wieder, wenn du mir nicht hilfst“, murrte Shinji und sah zu ihm auf. Der Bambiblick konnte auch nicht daran ändern, dass selbst Takeru mit seinem Latein am Ende war. Wie oft sollte er das den noch erklären? „Ich versuch es ja“, meinte Takeru und versuchte die Hitze auf seinen Wangen zu ignorieren. Also langsam wurde es unheimlich. Bei jemandem mit seiner Einstellung sollte er nur bei Mädchen rot werden! „Aber, irgendwie verstehst du es nicht.“ Shinji seufzte schwer. „Es tut mir leid, ich komm einfach nicht dahinter“, wisperte er und schmiegte sich an Takerus Körper, der verwirrt blinzelte. Konnte er damit nicht mal aufhören? Diese Anhänglichkeit, machte es ihm nicht gerade einfach, sein unkontrolliertes Rotwerden zu unterdrücken. Wenn er nur mal verstehen würde, was eigentlich los war. Seit Wochen hatten sie sich nicht ein einziges Mal gestritten, irgendwie war es fast schon normal zwischen ihnen geworden. Fast so wie ganz zu Anfang, nur dass Takeru schon seit längerem mit seiner innerlichen Verwirrtheit zu kämpfen hatte. Shinji hing in der letzten Woche ziemlich an ihm, nicht aufdringlich oder nervend, sondern einfach irgendwie selbstverständlich. „Musst dich nicht entschuldigen. Machen wir einfach eine Pause, okay?“, fragte er und lächelte. Doch Shinji sah wieder ihm hoch. „Sollte ich dir nicht noch mal in Geschichte helfen?“, fragte er und sofort hatte er bei Takeru einen wunden Punkt getroffen. Auch wenn er in Mathe gut war, so gehörte Geschichte nicht gerade zu seinen Lieblingsfächern. „Musst du mich daran erinnern?“, wollte er wissen und seufzte geschlagen. Shinji lachte leise. „Na ja, ich meine, du hilfst mir in Mathe, irgendwie muss ich mich ja revanchieren, oder nicht?“ Takeru nickte lächelnd. Hier wusch eine Hand die andere, er würde in Geschichte wohl genauso schlecht dastehen, hätte er Shinji nicht. Mittlerweile saßen sie jeden Sonntag zusammen und lernten. Und er musste zugeben, dass das wirklich entspannender war, als sich irgendwas von Lehrern erklären zu lassen. Kapitel 7: seven ---------------- Die folgende Woche war für Takeru eine Berg- und Talfahrt. Wo er sich die ganze Zeit sicher gewesen war, dass dieses Gefühl in der Magengegend nur Einbildung war, so begann er langsam zu schwanken. Eigentlich war ihm nur so komisch, weil er nach einem Treffen mit Akemi in der Stadt am Dienstagnachmittag keine großartige Veränderung zwischen ihnen beiden bemerkt hatte. Sie war nicht nur hübsch, sondern auch unglaublich nett und Takeru hatte wirklich gedacht, dass es irgendwann mal etwas werden könnte, mit ihnen. Doch eigentlich standen sie sich noch immer gleichwertig gegenüber, sie wirkte zwar so, als wäre sie bereit es auszuprobieren, aber Takeru war für seinen Teil einfach nicht mehr in der Lage mal einen ersten Schritt zu machen. Nie hatte er Probleme damit gehabt, vor allem bei so hübschen Mädchen nicht, doch irgendwie war es ihm, als wollte er es gar nicht mit ihr probieren. „Kimura-kun? Ist alles okay?“ Er schreckte auf und sah in Akemis verwirrtes Gesicht. Er war vollkommen in Gedanken gewesen, dabei saß er mit ihr gerade in einem Café in der Stadt und glaubte eigentlich mit ihr „verabredet“ zu sein. Es war Donnerstag und irgendwie war Takeru die ganze Woche schon nicht auf der Höhe gewesen. Er war dank Akemi in den letzten Tagen öfter in der Stadt gewesen. Shinji schien mit einigen aus der höheren Klasse auch wieder oft hier zu sein und fuhr demnach mit Takeru zusammen immer hier her. Der Schwarzhaarige hatte scheinbar seit Anfang letzter Woche mit keinem Kerl mehr zutun gehabt. Es war schon regelrecht merkwürdig, aber Shinji hatte nur gemeint, dass er im Moment von allem etwas genervt war. Auch bei Ryo hatte er sich noch immer nicht gemeldet und die beiden hatten sich auf dem Gang in der Schule auch wunderbar ignoriert. Takeru bemerkte, dass Akemi auf eine Antwort wartete. „Ja...ich bin nur ein wenig in Gedanken gewesen, entschuldige“, meinte er und trank einen Schluck seines Tees. Sie blinzelte. „Du bist schon seit Anfang der Woche so in Gedanken, ist alles in Ordnung?“, wollte sie wissen und legte den Kopf etwas schräg, ihre langen Haare fielen ihr über die Schultern. Sie war so hübsch, warum hatte er kein Interesse an ihr? Wenn er schon soweit war, mit ihr auszugehen. Das war doch eigentlich ein gutes Zeichen, aber Takeru fühlte sich allenfalls schlecht. „Ich weiß nicht so recht“, sagte er und hielt sich seufzend den Kopf. „Ich glaube, mit mir stimmt einfach im Moment was nicht.“ Akemi sah ihn etwas irritiert an, dann schmunzelte sie traurig. „Du Takeru, wenn du über was reden willst, kannst du das ruhig machen. Ich sehe es dir schon nicht übel, wenn du meinst, wir sollten nur Freunde bleiben“, sagte sie plötzlich und animierte Takeru zum verwirrten aufblicken. Was hatte sie da gerade gesagt? Woher wusste sie... „Wie...?“, begann er, doch Akemi schüttelte den Kopf. „Ich find dich echt nett, aber mir scheint du interessierst dich für jemanden anderes, kann das sein?“, fragte sie und schaffte es wieder Takerus verwunderten Blick auf sich zu ziehen. „Eigentlich nicht. Ich habe keine Ahnung was mit mir los ist. Das hat aber nichts mit dir zutun, ich will nur nicht lügen“, gestand er und fühlte sich eigenartigerweise etwas leichter ums Herz. Als wäre der Gedanke an eine mögliche Beziehung mit ihr, eine Art Ballast gewesen. Er war wirklich nicht ganz normal im Moment, wie konnte er einem so süßen Mädchen nur so eiskalt den Laufpass geben?! Sie nickte verständnisvoll. „Ich mach dir keinen Vorwurf. Ich finde man kann sich echt gut mir dir unterhalten und auch sonst, bist du echt okay. Aber, ich mach mir Sorgen um dich, du bist vollkommen in Gedanken in der letzten Zeit, ich dachte schon, dass läge an mir“, erklärte sie ihm und lächelte leicht. Takeru seufzte leise. „Also an dir liegt es auf keinen Fall, ich wüsste auch nicht wie das sein sollte. Aber ich...“, er brach ab. Sollte er einem Mädchen wirklich erzählen, was im Moment in ihm vorging und worüber er sich Gedanken machte? Es war einfach keine gute Idee. „Aber?“, fragte sie, doch Takeru schüttelte den Kopf. „Nein, vergiss was ich gesagt habe.“ Eine halbe Stunde später verließen sie das Café, es war erstaunlich, dass sie ihm seine Entscheidung nicht übel nahm, wo er am Anfang doch wirklich etwas von ihr wollte. Akemi war wohl einfach nicht der Nachtragende Typ und Takeru war sehr froh darüber. So konnte er sich auch weiterhin normal mit ihr treffen und reden, vielleicht verstand sie ja doch, was mit ihm los war. Während er in Richtung U-Bahnstation lief schreckte er plötzlich auf. In einer Nebenstraße schienen zwei Leute sich gerade aufs heftige zu streiten. Eine der Stimmen kam ihm so bekannt vor, dass es schon fast unheimlich war. Als er seinen Kopf in die Richtung der beiden Leute drehte, erkannte er Shinji und einen etwas größeren, jungen Mann. Den Typ kannte er doch! „Lass mich in Ruhe! Ich dachte, du wolltest nichts mehr mit mir zutun haben!“, brüllte der kleine Schwarzhaarige und war so außer sich, dass er Takeru fast schon Angst machte, so hatte er Shinji noch nie erlebt. Schnell ging er etwas näher an die Straße heran und blieb hinter einer Hauswand stehen. Was war da los? „Komm, das habe ich nie gesagt. Ich wollte dich nicht wegjagen, also bin ich hier, damit wir es noch mal versuchen können.“ Die Stimme des Mannes kam Takeru nicht ansatzweiße bekannt vor, aber er hatte ihn schon mal gesehen. Als sich Shinji vor fast zwei Monaten mit ihm getroffen hatte. Shinji verzog das Gesicht, wirkte fast ein wenig verzweifelt. Und da ging Takeru ein Licht auf. War das der Typ, wegen dem Shinji vor Wochen so heulend nachhause gekommen war? „Nein! Ich habe gesagt, dass ich mich nicht beleidigen lasse und dann einfach zu dir zurück renne. Lass mich in Frieden!“, geiferte Shinji weiter. Seine Stimme brach ganz kurz und Takeru war sich sicher, dass der Kleine den Tränen nahe war. Dieser Kerl! Er konnte gar nicht sagen, was für eine Wut er gerade verspürte. Er wusste nicht warum, aber es machte ihn krank, dass es Shinji gerade so an die Nieren ging, den Typ wieder zu treffen. „Du bist vielleicht zimperlich. Sonst hattest du auch kein Problem, wenn’s nur darum ging, dass dich jemand ficken sollte.“ Takerus Hände ballten sich zu Fäusten. Was sollte das? Shinji hatte ihm doch gar nicht getan! Und als es sah, wie der Kleinere von dem Kerl an die Wand gedrängt wurde, war es ganz vorbei. Wahrscheinlich hatte er sich von seiner Wut leiten lassen, als er mit schnellen Schritten auf die beiden zukam und die Hand des Typen – die gerade Shinjis Kinn berühren wollte – weg schlug. Er wurde von beiden Seiten geschockt angesehen, doch für den Kerl schien es eine viel größere Überraschung zu sein, dass Takeru sich nun auch noch vor Shinji stellte, als wolle er ihn schützen. „Pfoten weg! Dir ist wohl nicht klar, dass ein „Nein“ nun mal ein „Nein“ ist, oder?“, knurrte er kühl und griff hinter seinem Rücken nach Shinjis Hand, der irritiert die Luft einzog. „Was willst du denn?“, murrte der Kerl ihm gegenüber und schien Takeru nicht einmal ansatzweiße als Problem anzusehen. „Was geht’s dich an? Du sollst ihn nur in Ruhe lassen“, sprach er nun etwas ruhiger und sah dem anderen stoisch in die Augen. Shinji drückte plötzlich Takerus Hand fest und wimmerte leise. Hatte er Angst? „Alles okay?“, fragte er den Kleineren leise, der schnell mit dem Kopf schüttelte. „Weg...“, wisperte er und biss sich fest auf die Unterlippe. Takeru nickte und sah den Typ dann wieder kalt an. „Und jetzt hau ab!“, motzte er etwas nachdrücklicher. Der Kerl lachte nur leise. „Ach, hast du jetzt doch nen Kerl abbekommen, Shinji? Deswegen bist du also so stur?“, fragte er den Schwarzhaarigen, der hinter Takeru plötzlich etwas kleiner wurde. Der biss sich etwas auf die Unterlippe und war nicht ganz einverstanden, hier gerade ignoriert zu werden. Er straffte die Schultern etwas. „Und der „Kerl“ sagte dir gerade, dass du dich verpissen sollst!“, brüllte er nun regelrecht und merkte, wie Shinji hinter ihm, einen erstaunten Laut von sich gab. Klar, jetzt hatte Takeru etwas Unüberlegtes gesagt, aber Hauptsache, sie kamen hier weg. Sein Gegenüber hob leicht abwehrend die Hände. „He, ist ja gut. Nicht beißen, Kleiner“, lachte er und wandte sich um, um die Straße zu verlassen. Takeru war kurz daran dem Typ hinterher zu rennen, doch Shinji hielt ihn ab. „Nicht...Takeru...gehen wir...bitte...“, wisperte Shinji nachdrücklich und zog leicht an seiner Hand. Der murrte. Er hätte den Kerl so gern geschlagen! „Na gut...“, murmelte er und zog Shinji mit schnellen Schritte aus der Nebenstraße zur U-Bahnstation. Während der Fahrt zurück nachhause schwiegen sie sich an. Takeru kam es fast so vor, als würde Shinji irgendetwas sagen wollen, traute sich aber nicht. Diese bedrückende Stimmung macht ihn fast krank. Nicht nur, dass ihm nun langsam klar wurde, was er vorhin eigentlich von sich gegeben hatte, sondern auch die Tatsache, dass es ihn so wütend gemacht hatte, wie der Kerl mit Shinji umgegangen war, passte so gar nicht zu ihm. Es sollte ihm eigentlich egal sein. Oder ihn zumindest kalt lassen, wenn er doch Schwule nicht mochte. Doch das war es nicht. Shinji griff langsam wieder nach seiner Hand, nur vorsichtig, als hätte er Angst zurückgewiesen zu werden. Takeru sah ihn an, während der Schwarzhaarige wieder zu ihm aufblickte und sich nach einem Blinzeln eine kaum sichtbare Träne aus seinem Augenwinkel löste. Er schien wirklich am Boden zu sein und nicht fähig irgendetwas zu sagen. Seine Hand wurde etwas fester umklammert, als Shinji sich vorsichtig gegen seine Schulter lehnte, so wie er es immer tat. Und für einen Moment, war das Kribbeln in seinem Inneren wieder allgegenwärtig. Takeru würde niemals zugeben wie er in solchen Momenten an sich selbst zweifelte. Er konnte Shinji jetzt nicht mehr ansehen, nicht mit ihm reden, weil er zu verlegen war. Seine Gedanken überschlugen sich, als ihm klar wurde, dass er einem wirklich süßen Mädchen einen Korb gegeben hatte, weil er in ihrer Gegenwart nicht einmal ansatzweiße dasselbe fühlte wie bei Shinji. Nervosität, Herzklopfen, Kribbeln im Bauch. Die ganzen Jahre hatte er sich über Schwule lustig gemacht. War er jetzt auf dem besten Wege es selbst zu werden? Er wagte einen kurzen Seitenblick auf Shinji, der starr geradeaus blickte. Konnte es sein, dass dieser Junge, das geschafft hatte, was Takeru nie geglaubt hätte? Hatte er ihm den Kopf verdreht? Dieser unbändige Drang den Kleineren zu beschützten, war Takeru von Anfang an befremdlich vorgekommen. Er weigerte sich daran zu glauben! Egal wie feminin Shinji manchmal wirkte, er war ein Junge und Takeru selbst hatte noch vor Wochen gesagt, dass er sich das nicht vorstellen konnte. Aber Shinjis ganze Nähe machte ihn verrückt. Nicht auf diese Weiße, wie das ein Mädchen tat. Nicht mit Charme oder Augenklimpern, sondern mit ehrlicher Art und Selbstverständlichkeit zum Beisammensein. Es war so anders, wenn Shinji so nah bei ihm saß und sich unbewusst an ihn schmiegte. Er tat es oft, wenn er Hilfe brauchte und nicht weiterwusste. So wie jetzt. Und dann hatte Takeru immer wieder das Bedürfnis, seinen Arm um den zierlichen Jungen zu legen und einfach schweigend für ihn da zu sein. Der Lautsprecher sagte ihnen an, dass sie ihre Zielstation erreicht hatten. Langsam stand Takeru auf und zog Shinji in Richtung Ausgang. Sie bleiben am Bahnsteig stehen, auch als die U-Bahn längst weitergefahren war. Noch immer waren ihre Hände ineinander verhakt und Shinji lehnte seinen Kopf gegen Takerus Schulter. So selbstverständlich. Als wäre alles normal. Das Schluchzen des Kleineren zog Takeru aus seinen Gedanken und er blickte auf Shinjis bebenden Leib. „Hey...“, wisperte er leise und strich mit seiner freien Hand über Shinjis dunklen Haarschopf. „Ich...es tut mir so leid...ich wollte dich nicht da mit reinziehen...du magst das nicht und ich...ich...“, wimmerte er plötzlich leise und krallte sich mit seiner freien Hand nun in Takerus Oberteil fest. Als würde er den Boden unter den Füßen verlieren, als hätte er mit einem Mal schreckliche Angst. „Shinji...ist schon gut, ich konnte da schlecht daneben stehen“, hauchte Takeru beruhigend und strich nun über Shinjis Rücken, zog ihn damit noch näher an sich heran. „Aber...du hast gesagt...du findest es abstoßend...das ich mit anderen Kerlen...“, seine Stimme brach ab und wieder wurde sein ganzer Körper von einem leichten Beben erschüttert. „Und ich bin wieder so anhänglich...es tut mir leid...ich...ich bin so blöd...“ Takeru blinzelte verwirrt. Was war den jetzt los? „Hey...beruhig dich erstmal. Ich habe dir doch gesagt, dass ich damit jetzt etwas besser klarkomme. Bitte hör auf zu weinen, ich verstehe sehr gut, dass dich der Kerl verletzt hat“, erklärte Takeru ruhig und strich weiter über den Rücken des anderen. Der jedoch sah nun langsam zu ihm auf. Seine Augen waren ganz rot, während seine Lippen unkontrolliert zitterten. „Er ist mir egal...ich kann das vergessen...aber...aber nicht...“, wieder brach Shinji ab. Er konnte nicht mal ansatzweiße das aussprechen, was ihm durch den Kopf ging. „Ist schon gut, sag es mir später, wenn du dich beruhigt hast, okay?“, lächelte Takeru und löste sich dann von Shinji um ihn hinter sich her, aus der U-Bahnstation zu ziehen. Sie sollten Nachhause gehen. So wie Shinji gerade drauf war, konnte man Angst haben, dass er einfach umkippte und damit war ja niemandem geholfen. „Aber...“ Takeru schüttelte den Kopf. „Kein „Aber“, wir gehen nachhause und dann schläfst du erstmal über alles“, bestimmte er und war froh, dass Shinji nun einverstanden zu sein schien. Kapitel 8: eight ---------------- „Geht es dir etwas besser?“ Takeru betrat eine Woche später Shinjis Zimmer, der gerade in seinem Bett lag und dabei war zu lesen. Seit letztem Donnerstag hatten sie nicht mehr über den vergangenen Vorfall gesprochen. Nicht weil Takeru abwehrte, eher weil Shinji nicht wollte. Es schien, als hätte sich das alles für ihn erst einmal erledigt. Aber auch wenn Takeru nicht so aussah, wusste er, dass mit Shinji etwas nicht stimmte. Der lag jetzt schon seit Montagmorgen krank im Bett, heute war Mittwoch, demnach ging es dem Schwarzhaarigen sicher schon etwas besser. Und tatsächlich er nickte. „Ja, die Medikamente scheinen langsam anzuschlagen“, erklärte Shinji lächelnd und legte sein Buch zur Seite, als Takeru sich neben sein Bett auf den Stuhl setzte. „Na zum Glück, wäre ja noch schöner, wenn Vater und Masaki Montag wegfahren und du liegst krank im Bett. Sie würden krank werden vor Sorge.“ Takeru lächelte zurück und seufzte innerlich. An seinen – für ihn – mehr als komischen „Anwandlungen“ hatte sich nichts geändert, nur das er langsam aber sicher der Meinung war durchzudrehen. Es wurde immer schlimmer, selbst Akemi schien langsam etwas zu bemerken. Sie hatte ihn gefragt, ob er sich sehr viele Sorgen um Shinji machte. Es sah wohl so aus, weil er am Montagmorgen so völlig neben sich in der Schule ankam. Natürlich, er machte sich Gedanken, wusste er doch genau, dass Shinjis – wenn auch leichte – Erkältung von seinen ganzen Problemen und Aufregen herrührte. So was konnte einen krank machen, das war schließlich bewiesen. Und deswegen machte es ihn so verrückt, das Shinji gerade jetzt alles in sich hineinfraß. Jedenfalls reichte mittlerweile ein simples Lächeln Shinjis aus, damit Takeru an seiner sonst so selbstverständlichen Heterosexualität zweifelte. Man! War er es nicht gewesen, der die ganze Zeit so standfest behauptet hatte, er könne Schwule nicht ausstehen und fände es eklig, sich vorzustellen, wie das funktionieren konnte? Shinji hatte ihn völlig durcheinander gebracht, mit seiner ganzen Art! Vielleicht machte sich Takeru aber auch zu viele Sorgen, vielleicht war das auch nur eine Phase. Schließlich hatte er diese ganzen Gedanken und Gefühle bei anderen Jungen nicht. Zum Glück, sollte man meinen! „Krank vor Sorge, hm? Hör auf mich aufzuziehen, Takeru“, mahnte Shinji plötzlich lachend und holte den Angesprochenen aus seinen Gedanken. Der blinzelte. „So war das gar nicht gemeint“, murrte er und seufzte, als er seine Tasche öffnete und Shinji zwei Hefte reichte. „Das hier ist erstmal Japanisch und Englisch. Im Moment machen wir wirklich nicht sehr viel, es sind ja auch bald Ferien, hast dir die richtige Zeit, zum krank werden ausgesucht.“ Der Schwarzhaarige nickte und nahm die Hefte entgegen. „Danke. Na ja, ich werde Freitag wieder gehen, mir geht’s ja schon viel besser, dank der Medikamente“, erklärte er und schlug die neue Seite auf. Donnerstagmorgen jedoch, ging Takeru noch allein zur Schule. Er unterhielt sich vor dem Unterricht wie gewöhnlich mit seinen anderen Klassenkameraden und stellte fest, dass seine AG heute wohl ausfallen würde. Nun gut, dann war er wohl früher daheim. Der Tag war doch schon mal gar nicht so schlecht. In der Pause jedoch erschien jemand auf der Bildfläche, mit dem Takeru wirklich nicht gerechnet hatte. Ryo riss die Tür zu ihrem Klassenzimmer auf und sah sich suchend um, ehe sein Blick an Takeru hängen blieb. „He, Kimura! Wo ist Shi...ich meine Tanaka?“, fragte er und brachte den Angesprochenen zum blinzeln. Stimmte ja, Shinji hatte keinen Kontakt mehr mit dem Drittklässler, also konnte der ja nicht wissen, dass er krank war. Takeru ging auf Ryo zu und blieb in mäßigem Abstand zu ihm stehen. „Er ist krank, hat sich erkältet. Was willst du von ihm?“, fragte er gerade raus und machte sich nichts aus Ryos gereiztem Blick. „Erkältet? Tzz, egal das ist ganz passend. Dann kann ich mich ja mal in Ruhe mit dir unterhalten, ginge das?“ Takeru blinzelte verwirrt. Warum wollte der sich mit ihm unterhalten? Sie hatten in all den Wochen vielleicht zwei Sätze miteinander gewechselt. Er zuckte mit den Schultern. „Von mir aus“, meinte er und wurde von Ryo angewiesen, ihm in einen der gerade leer stehenden Klassenräume zu folgen. Kurz wurde ihm mulmig, als sie sich gegenüber standen, nicht nur das Ryo älter war, er schien auch ziemlich kräftig zu sein. Nicht das er jetzt Opfer von irgendwelchen Attacken wurde! Doch alles was Ryo tat, war sich an einen der Tische zu lehnen und leise zu seufzen. „Also, worüber wolltest du reden?“, hakte Takeru nach. Er wurde ja sicher nicht umsonst in irgendeinen leeren Raum geschliffen, wenn das Thema nicht prägnant werden würde. „Über Shinji. Ich weiß, dass du Letztens gelauscht hast, als wir uns gestritten haben. Also solltest du ja in etwa wissen, dass Shinji und ich gerade nicht so miteinander können, nicht wahr?“, begann Ryo und verschränkte seine Arme vor der Brust. Takeru riss die Augen auf. Ryo hatte ihn bemerkt? Wie? Aber noch merkwürdiger war die Tatsache, dass der Kerl zu wissen schien, dass Takeru Shinjis Orientierung nicht unbekannt war. „Woher...?“, setzte er zur Frage an, wurde aber von Ryo unterbrochen: „Ich habe dich gesehen. Aber mach dir keine Gedanken, Shinji war wohl zu wütend um irgendetwas zu bemerkten.“ Seine Stimme wirkte unterkühlt und nun bekam Takeru doch ein klein wenig Angst. Um was ging es hier eigentlich? „Jedenfalls, bin ich der Meinung, dass du mit Shinjis Wandel etwas zutun hast.“ Wieder hatte er es geschafft, Takeru völlig zu verwirren. Er sollte etwas damit zutun haben, dass Shinji nichts mehr von Ryo wissen wollte? Wie kam der auf so etwas Absurdes? Er hatte seinem Mitbewohner ja nicht befohlen, sich von irgendwem fernzuhalten. Selbst wenn es ihm – eigenartiger Weiße – lieber wäre. „Bitte was?“, fragte er und runzelte misstrauisch die Stirn. „Er zeigt an jemandem Anderen solches Interesse, dass er sich seit Wochen mit keinem Typen mehr getroffen hat. Ich meine, eigentlich sollte ich froh sein, aber das Ganze ist leider nicht mir gewidmet“, klärte Ryo ihn auf und doch, verstand er kein Wort. Jemandem anderen? Ja, so was hatte Shinji damals erwähnt, aber was hatte das denn jetzt mit ihm zutun? Innerlich hatte er zwar eine Ahnung, doch er verbot sich weiter darüber nachzudenken. „Und was habe ich damit zutun?“, wollte Takeru murrend wissen. Der Kerl konnte ja mal etwas deutlicher sagen, was er meinte! Ryo lachte. „Jetzt stell dich nicht dumm“, meinte er nur und verrenkte die Augen leicht, als Takeru sich umdrehte und in Richtung Tür ging. „Das tue ich nicht. Wenn du mir sagen willst, dass du aus irgendwelchen Gründen eifersüchtig bist, dann sage ich dir, dass ich Shinji zu nichts überredet habe. Das ist doch seine Entscheidung, ob er sich mit dir treffen will, oder nicht. Akzeptiere seine Entscheidung oder lass es bleiben“, sagte er und öffnete die Tür zum Gang, ehe er sich nochmals zu Ryo umwandte. „Ich für meinen Teil, will damit nichts zutun haben.“ Dann ließ er den Älteren einfach stehen, er wusste nicht, ob Ryo ihn vielleicht aufhalten wollte. Aber es wäre ihm auch egal gewesen. Er erkannte keinen Sinn darin, ein solches Gespräch zu führen, also konnte er es auch schon im Ansatz abwürgen. Vielleicht hatte er nur Angst vor dem, was Ryo ihm sagen wollte, aber selbst wenn, jetzt war es erledigt. Der Junge folgte ihm auch nicht, als er seinen Klassenraum wieder betrat. Vielleicht würde er später noch einmal ankommen, eventuell aber auch nicht. Ihm war es egal. Dennoch, war dieses kurze Gespräch in eine sehr gefährliche Richtung gegangen. Was auch immer Ryo genau mit seinen Worten gemeint hatte, Takeru war sich ziemlich sicher, dass sehr viel davon mit ihm zutun gehabt hatte. Er dachte darüber nach, mit Shinji zu reden, aber es war sicher klüger zu schweigen. Es war bestimmt besser, so wie es dem Schwarzhaarigen im Moment ging. Er musste sich erst einmal erholen, momentan schien er völlig durch den Wind zu sein. Auf dem Nachhauseweg kam Takeru wieder ins grübeln. Ryos Worte hin oder her, sie hatten ihn noch nachdenklicher gemacht, als er eh schon war. Seit wenigen Wochen drehten sich Takerus Gedanken viel zu oft um Shinji. Ryo hatte gesagt, dass sich der Kleinere mit niemandem mehr getroffen hatte. Seit er Shinji kannte, war das nicht der Fall gewesen. Immer war er unterwegs, immer hatte er andere Männer gehabt. Außer in den letzten drei Wochen. Immer waren sie zusammen nachhause gegangen, selbst Ryo hatte einen Laufpass bekommen. Aber was hieß das? Er kannte Shinji weder sehr gut, noch lange genug um sagen zu können, ob es typisch für ihn war irgendwann eine Weile abstand zu fordern. Er sollte mit ihm reden, aber zum ersten mal hatte er eine enorme Furcht davor, dass falsche zu sagen. Er wollte sich nicht wieder mit dem Schwarzhaarigen streiten, irgendwas sagte ihm, dass sie das beide nicht verkraften würden. Takeru biss sich auf die Unterlippe. Was war denn nur los mit ihm? Immer hatte er sich gut unter Kontrolle gehabt. Nie auch nur darüber nachgedacht, ob er vielleicht irgendwann „Anderes“ werden würde. Wurde er es? Wurde er vielleicht...schwul? Takeru blieb stehen. Wie konnte er so was denken? Er hatte diesen Jungen in seiner Klasse damals ausgelacht und schlecht behandelt, weil er sich nun mal in einen anderen Mann verliebt hatte. Es war ihm ja immer egal gewesen, was er dabei fühlte. Takeru selbst hatte immer nur auf Mädchen gestanden und sich keine Vorstellung machen wollen, wie es war, wenn es mal anderes kam. Weil es für ihn einfach unwirklich und unsinnig war. Seit er Shinji kannte hatte sich seine Meinung rapide verändert. Nicht, dass er es nun vollkommen verstand und nachvollziehen konnte, aber er hatte etwas Toleranz und Akzeptanz gelernt. Nicht zuletzt, weil Shinji sehr schlagkräftig war. Während er grübelte, setzten sich seine Beine wieder in Bewegung. Er würde einfach nachhause gehen und so tun, als hätte es das Gespräch mit Ryo nie gegeben! „Geht es dir wirklich wieder besser?“ Shinji lachte auf Takerus Frage nur und nickte. „Klar, so zimperlich bin ich nun auch wieder nicht. Ich war doch auch gestern in der Schule oder?“ Takeru nickte. Es war Samstag und er hatte dem Schwarzhaarigen versprochen, mit ihm Einkaufen zu gehen. Ihre Eltern waren bereits am Packen, da sie Sonntagabend schon fliegen wollten. Shinji und Takeru wollten sich für die kommende Woche allein Zuhause schon eindecken. „Gut, wenn du meinst“, schmunzelte Takeru und band sich die Schuhe zu, während Shinji nach seiner Geldbörse suchte. „Was meinst du, sollten wir extra viel Reis mitnehmen? Ich glaube von mehr werden wir uns nicht ernähren“, lachte Shinji und zeigte auf das Regal mit den verschiedenen Reissorten. Takeru grinste etwas. „Also ein bisschen kochen kann ich auch“, meinte er und blinzelte verwirrt, als Shinji ihn aus dem Augenwinkel ansah. Was sollte dieser Blick? Er wirkte fast angetan. Sicher Einbildung. „Ich nicht“, seufzte der Kleinere und schnappte sich zwei Päckchen Reis. „Ich konnte noch nie kochen, keine Ahnung warum. Jedenfalls schmeckt es immer furchtbar, was ich da zusammenschmeiße.“ Takeru konnte sich ein lachen nicht verkneifen, als Shinji ein mehr als unglückliches Gesicht über den Umstand, dass er nicht kochen konnte, machte. Er fand es immer interessant, dass er neben Shinjis morgendlicher schlechter Laune auch noch andere Mankos an ihm gab. Er wirkte oft gar nicht so, nun gut, außer in Mathe. Takeru sah sich suchend um und ging dann zielstrebig zur Süßwarenabteilung. Er liebte Süßigkeiten! Seine Mutter hatte jedes Mal einen Anfall bekommen, weil der halbe Einkauf immer nur aus Süßkram bestanden hatte. Wahrscheinlich leuchteten ihm jetzt schon die Augen. Shinji sah ihn von der Seite an und folgte dann Takerus Blick zu den „Pocky“ im oberen Regal. „Ich wusste gar nicht, dass du auf Süßes stehst“, schnurrte der Kleinere plötzlich und sogleich jagte Takeru wieder ein Schauer über den Rücken und gleich darauf auch noch durch den Bauch. Verdattert sah er in die dunklen Augen des anderen, der ein leichtes Grinsen auf den Lippen hatte und sich – wahrscheinlich ohne es selbst zu merken – eine seiner Haarsträhnen hinter sein Ohr strich. Für einen Moment zweifelte Takeru nun völlig an seiner Gesinnung. DAS war jetzt aber richtig unheimlich! Wie konnte ein Junge so...sexy – er wagte es kaum zu denken – schauen?! „Ich...äh...ja, ja ich mag Süßes“, lächelte er und griff dann schnell nach drei Päckchen. Shinji lachte. „Aber ziemlich, was?“ Damit nahm er sich seinerseits Schokolade und warf sie in den Korb, ehe er zum Tiefkühlregal ging. Takeru starrte ihm nach, beobachtete jede Bewegung Shinjis aufs Genauste und kam sich gerade verdammt dämlich vor. Er wurde noch verrückt! Der Kerl machte mit ihm was er wollte und er merkte es nicht einmal! Obwohl, vielleicht doch. Vielleicht ließ er seinen Charme absichtlich so spielen? Takeru schüttelte den Kopf. Er musste wieder klarer werden, sich einwickeln lassen, durfte er nicht! „Uff!“, machte Shinji und hievte die beiden schweren Einkaufstüten von der Ablage. Takeru schüttelte nur seufzend den Kopf und nahm dem Kleineren einen Beutel ab. „Sag doch was“, meinte er und verließ zusammen mit Shinji den Supermarkt. „Wir haben zuviel gekauft, ich wusste es.“ Shinji lachte und drehte sich dann zu Takeru – der hinter ihm lief – um. „Du hast recht“, pflichtete er bei und ging dann weiter neben Takeru her. Diese Stimmung war eigenartig. Shinji wirkte nicht so, als wolle er etwas sagen, aber ihm schien trotzdem irgendwas auf dem Herzen zu liegen. Es machte einen krank. Egal wie es Takeru drehte und wendete, er war überfragt. Seine eigenen Gefühle und Gedanken spielten ihm einen Streich und Shinji wirkte so, als wäre irgendetwas, über das er nicht reden wollte. Schon eine ganze Weile. Es war zum verrückt werden. Kurz vor dem Haus, an der Straßenecke blieb Shinji plötzlich stehen und sah Takeru an. „Was denn?“, fragte er und blickte irritiert in die Augen des anderen. Er wirkte nicht mehr so ausgelassen und fröhlich, eher etwas nachdenklich. „Bevor wir wieder reingehen, Takeru“, begann Shinji und stellte seinen Beutel kurz auf ab. „Ja?“ Was sollte das werden? Shinji hatte ganz plötzlich seine Stimmung umgeschlagen. Aber das kannte er ja eigentlich langsam. „Ryo hat dich am Donnerstag angesprochen, stimmts?“ Takerus Augen wurden größer. Hatte der Kerl etwa...?! „Er hat mir gestern gesagt, dass es um mich ging und du dem Gespräch ausgewichen bist“, sprach Shinji weiter und seufzte dann leise, irgendwie niedergeschlagen. Takeru biss sich auf die Unterlippe. Ryo hatte es Shinji also doch verraten. Er hatte doch vorgehabt es nicht zu erzählen oder erklären zu müssen. „Kann schon sein“, seufzte er und sah in eine andere Richtung. Shinji verzog scheinbar das Gesicht ein wenig. „Tu bitte nicht so. Ich möchte gern ein paar Antworten von dir haben“, meinte Shinji plötzlich, was Takeru zum schlucken brachte. Oh bitte nicht! Er hatte eine ungefähre Ahnung, worauf das hinauslaufen würde. Er schwieg. Es war besser so. „Na gut, dann frage ich eben gerade raus: Warum hast du mich letzte Woche beschützt und mich im Arm gehalten? Ich dachte wirklich, du würdest mich wegstoßen oder ignorieren, weil ich immer so anhänglich war“, sprach Shinji und sah Takeru nun geradewegs an. Er spürte den Blick auf sich und war unfähig etwas zu sagen. Was denn auch? Er wusste doch selbst noch nicht, was in ihn gefahren war! Wie sollte er Shinji da eine Antwort geben?! „Keine Antwort...? Na gut, nächste Frage: Warum hast du dich vor Ryo so für mich eingesetzt? Als wäre es selbstverständlich einen – wohlgemerkt – Schwulen zu verteidigen.“ Wieder spürte er den stechenden Blick und erneut fehlten ihm die Worte. Er wusste nicht, warum er all das Tat. Hatte keine Ahnung, was ihn dazu führte, sich für Shinji einzusetzen. Er war sich seiner eigenen Gefühle und Empfindungen nicht mehr Herr. Alles was er bisher geglaubt hatte, war wegen diesem Jungen in sich zusammengefallen. „Antworte mir doch bitte, Takeru. Ich weiß nicht mehr, was ich von all dem halten soll. Du hast doch die ganze Zeit gesagt, du findest das alles eklig und kommst nicht so richtig damit klar“, bat Shinji ihn mit einem Unterton, der trauriger und unzufriedener gar nicht mehr sein konnte. „Ich...“, begann Takeru langsam. Er musste etwas sagen, sein schlechtes gewissen plagte ihn einfach zu sehr. „Weiß nicht...was mit mir los ist...“ Er spürte, dass Shinji ein paar Schritte auf ihn zuging und nun direkt vor ihm stand. „Sieh mich bitte an...“, wisperte der Schwarzhaarige leise und brachte Takeru wieder zum schlucken, als er Shinjis Aufforderung nachkam und zu ihm herunter schaute. Er konnte sich nicht erinnern, dass sie sich jemals so nah gestanden hatten. Seine Gedanken fuhren Achterbahn. Alles in seinem Kopf wirbelte durcheinander und als Shinji dann noch seine Hand in Takerus Nacken legte, war es ganz vorbei. Noch nie war er so verwirrt und durcheinander gewesen. Nichts stimmte mehr. Tausend Fragen wirbelten durch seinen Kopf und wurden mit einer, völlig unerwarteten Geste mit einem mal erstickt. Takeru riss die Augen auf und glaubte für einen kurzen Moment den Boden unter den Füßen zu verlieren. Oder waren das wirklich Shinjis leicht raue Lippen auf den seinen? Kapitel 9: nine --------------- Sein Körper war wie versteinert. Er wagte nicht auch nur einen Muskel zu bewegen, geschweige denn den leicht fordernden Kuss zu erwidern. In seinem Bauch kribbelte es verräterisch und scheinbar noch stärker als sonst. Nein! Das war die falsche Reaktion! Ihm sollte sich der Magen umdrehen und er sollte Shinji von sich wegstoßen, zumindest sagte sein Kopf so etwas. In seinem inneren jedoch, begann genau in diesem Moment ein Kampf mit sich selbst. Takeru starrte weiterhin geschockt auf die geschlossenen Augen Shinjis. Alles was er geglaubt hatte, brach gerade in sich zusammen. Der Druck auf seinen Lippen wurde je schwächer, als Shinjis sich von ihm löste und seine Augen langsam, fast vorsichtig, wieder öffnete. Dann starrten sie sich an. Sekundenlang, wenn es nicht sogar bereits Minuten waren, als der Schwarzhaarige sich umwandte - mit einer Hand den noch immer auf dem Boden stehenden Beutel griff – und in richtig Haus flüchtete. „Shinji!“ Takeru streckte leicht seine Hand nach dem Jungen aus, der jedoch längst über alle Berge war. Dann zog er sie verschreckt zurück. Was dachte er sich? Schließlich gab es keinen Grund Shinji aufzuhalten. Er hatte das nicht gewollt! Seine Hand wanderte leicht zu seinen Lippen und fuhr beinahe kaum spürbar mit den Fingerkuppen darüber. Shinji hatte gezittert, auch wenn Takeru es in seiner Verwirrtheit kaum bemerkt hatte. Diese Lippen waren anders gewesen. Anders als die weichen, schüchternen eines Mädchens. Rauer und fordernder. Und obwohl es Shinji gewesen war, der ihn geküsst hatte, empfand er nicht den erwarteten Ekel. Wo war der Widerwille?! Wo all die schlechten Gedanken und das widerliche Gefühl?! Warum war ihm nicht schlecht, oder so etwas? Nicht mal ein bisschen... „Scheiße...“, wisperte er, als er den Kopf sinken ließ und seine Hand auf sein Gesicht legte. War er nun doch... Er konnte den Gedanken nicht fortführen. Wollte wissen, warum Shinji das gemacht hatte. Wollte er ihn aufziehen? Ihn nur ärgern? Oder waren da echte Gefühle gewesen? Takeru rieselte eine Gänsehaut über den Rücken. Shinji hatte aber gesagt, er stand nur auf Ältere! Deswegen hatte Takeru doch überhaupt zugelassen, dass der Schwarzhaarige ständig an ihm gehangen hatte. Weil er dachte, Shinji würde nichts von ihm wollen! Jetzt hatte er noch mehr Fragen als zuvor. Nun war sein Kopf noch schwerer. Er war mit seinem Latein vollkommen am Ende. Er hielt sich den Kopf, als er die Einkaufstüte griff und langsam zum Haus lief. Er konnte Shinji doch jetzt nicht unter die Augen treten. Erst recht nicht, wenn der Kleinere vor ihm weggelaufen war. Er weigerte sich sogar einen Ton zu sagen! Dabei wusste Takeru wirklich nicht mehr, was hier eigentlich vor sich ging. Weder mit Shinji, noch mit sich selbst. Als er die Tür aufschloss, sah er sogleich in Masakis Gesicht, die gerade eine der schweren Reisetaschen versuche in den Flur zu ziehen. Takeru schreckte auf und stellte seine Einkäufe ab, um ihr zu helfen. „Oh, danke, Takeru“, lächelte sie und seufzte. „Es ist gerade mal eine Woche und ich habe das Gefühl, meinen ganzen Schrank mitzunehmen.“ Takeru schmunzelte und griff dann wieder nach den Einkäufen, um den Beutel in die Küche zu bringen. Wo war Shinji? Hatte er sich in seinem Zimmer verschanzt? Das war verdammt feige... „Hast du das bekommen, was du noch wolltest?“, fragte Masaki, als sie ebenfalls die Küche betrat und Takeru beim ausräumen, der Lebensmittel half. „Hm?“, machte er und blinzelte verwirrt. Masaki erwiderte seinen Blick. „Shinji hat mir erzählt, du bist noch mal kurz zum Supermarkt zurück, weil noch etwas vergessen wurde“, erklärte sie. Shinji hatte gelogen. Weil sie unabhängig voneinander das Haus betreten hatten. Takeru wusste nicht ob das dreist oder zuvorkommend war. Er nickte. „Oh, ja...ich hatte noch was vergessen.“ Masaki schien zu merken, dass er nicht richtig auf der Höhe war, doch sie schwieg und sah ihn lediglich besorgt an. Als das Essen soweit verstaut war, ging Takeru zur Treppe. „Warte noch mal kurz, Takeru“, rief Masaki ihm hinterher, worauf der Angesprochene stehen blieb. Er drehte sich zu ihr. „Ich wollte nur sagen: Passt die Woche auf euch auf. Ich bin immer ganz krank vor Sorge, wenn ich euch alleine lassen muss“, sprach sie und blickte ihn erneut besorgt an. Takeru senkte den Blick. Er sollte die ganze Woche mit Shinji allein sein. Nachdem was da vorhin passiert war?! Wie sollten sie miteinander umgehen? Geschweige denn je wieder ganz normal reden? Er wusste es nicht... „Mach dir nicht so viele Gedanken, wir kommen schon klar. Du kannst doch auch jederzeit anrufen“, lächelte Takeru. Masaki nickte und wandte sich dann mit den Worten „Seid vorsichtig“ um. Langsam ging er nach oben und sogleich fiel sein Blick auf Shinjis geschlossene Zimmertür. Er würde gern fragen, was das alles zu bedeuten hatte. Takeru fand sich vor der Tür seines Mitbewohners wieder und hob schon die Hand um zu klopfen, doch irgendetwas hielt ihn davon ab. Was sollte er sagen? Oder fragen, wenn er selbst nicht einmal wusste, warum er nervös, statt wütend über diesen kurzen Kuss war. Langsam ließ er seine Hand wieder sinken und ging möglichst leise in sein Zimmer. Kaum hatte er die Tür geschlossen, ließ er sich auf sein Bett fallen. Seine Gedanken wirbelten durcheinander. Egal wie gefasst er gerade nach außen gewirkt hatte, innerlich war er ein Frack. Ihm ging es einfach nicht aus dem Kopf, das Shinji ihn solche Dinge gefragt, ihn geküsst hatte und so verschreckt abgehauen war. Wieder wanderten seine Finger zu seinen Lippen, als er sich auf den Rücken drehte. Er hatte sich in den letzten Wochen viel für Shinji eingesetzt und ihm geholfen, ohne sich dessen so richtig bewusst zu sein. Und vor allem, war er schon lange nicht mehr sicher, ob mit ihm alles in Ordnung war. Shinji hatte ihn total überfordert. Wo vorher noch einigermaßen alles Normal war, war nun das reinste Chaos ausgebrochen. „Verdammt“, murmelte Takeru leise und drehte sich auf die Seite. Sein Kopf drohte zu platzten. Wurde er etwa doch...schwul?! „Das ist doch nicht dein ernst...du magst Mädchen...Mädchen!“, murrte er vor sich hin und fragte sich Stück für Stück mehr, warum er dann Akemi so einfach abblitzen lassen konnte. Eines der nettesten und süßesten Mädchen, das sich in dieser Stufe für ihn interessieren konnte. „Du interessierst dich für jemanden anderes, kann das sein?“ Er ließ sich Akemis Worte durch den Kopf gehen. Jemanden anderes? Schon da hatte er sich die Frage gestellt, was dieses Mädchen wusste, was ihm nicht klar war? Wenn es wenigstens ein anderes Mädchen wäre! So war es doch immer gewesen, er war völlig Hetero und schikanierte Schwule. Mittlerweile tat ihm das zwar leid, aber das hieß ja noch lange nicht, dass sich seine sexuelle Gesinnung dadurch verändert hatte! Er stockte. Dachte er gerade ernsthaft darüber nach, dass dieser „andere“ – wie Akemi sagte – Shinji war? Seine Wangen färbten sich mit einem mal rot. Das glaubte er doch nicht wirklich! Auch wenn er in Shinjis Gegenwart öfter mal etwas nervös war und dieses Kribbeln im Bauch spürte...und Herzklopfen hatte...und ihn während des Kusses nicht weggestoßen hatte... Vielleicht...war es ja doch so...? Takeru setzte sich auf und vergrub sein Gesicht in seinen Handflächen. Er wollte nicht schwul sein! Warum traf es ausgerechnet ihn? Er hatte doch immer, auch vor Shinji, geprallt dass er nur auf Frauen stand! Wieso war ausgerechnet er...in einen Jungen verliebt?! Mit Kopfschmerzen und schlechter Laune saß Takeru am nächsten Morgen am Frühstückstisch. Shinji war noch nicht wach oder er wollte einfach nicht runter kommen, weil er Angst vor Takeru hatte. Der jedoch hätte sich im Augenblick nichts mehr gewünscht, als das Ende seines verdammt schweren Kopfes. „Soll ich dir Tabletten bringen, Takeru?“, fragte Masaki fürsorglich, als sie vor ihm eine Tasse Tee abstellte. Der nickte langsam und lächelte so gut es ihm möglich war dankend. Die ganze Nacht hatte er nachgedacht, alle Möglichkeiten abgewogen und war sich nun wirklich sicher, sich in Shinji verguckt zu haben. Der gestrige Kuss zwischen ihnen hatte die letzten Zweifel, an denen Takeru sich festgeklammert hatte, weggespült. Er war am Ende. „Hoffentlich erkältest du dich nicht, sonst sag ich die Dienstfahrt ab...wenn du krank bist, können wir doch nicht wegfahren“, sagte sein Vater und sah Takeru mitleidig an, der nur seufzte. Also er hatte ja keine Malaria sondern nur Kopfschmerzen. „Unsinn...das geht wieder weg. Ich habe einfach nur nicht gut geschlafen“, erklärte er und nahm dankend die Tablette und das Wasserglas, dass Masaki ihm reichte, ab. Eine Wohltat. „Wann fahrt ihr eigentlich?“, wollte Takeru nach einer Weile, in der er die Zeitung gelangweilt durchgeblättert hatte, wissen. Sein Vater sah auf die Uhr. „Nun, wir werden gegen Nachmittag zum Flughafen fahren, damit wir unseren Flieger bequem schaffen“, erwiderte er und sah dann Masaki an, die ihm zunickte. Und dann würde er mit Shinji allein sein. Er wusste gar nichts mit sich anzufangen, würde der andere ihm weiterhin aus dem Weg gehen. Und tatsächlich, den ganzen Tag ließ sich der Schwarzhaarige nicht blicken. Takeru befürchtete schon, er wäre gar nicht mehr im Haus, als er Shinji dann doch noch zu Gesicht bekam und zwar als sie seinen Vater und Masaki verabschiedeten. „Also, passt auf euch auf und ruft an, sollte irgendwas sein, okay?“, bestimmte Masaki lächelnd und griff nach ihrer kleinen Handtasche. „Das Geld liegt vorn in der Küche auf der Ablage, teilt es zwischen euch auf.“ Takeru nickte seinem Vater zu, bevor er Shinji einen leichten Seitenblick zuwarf. Der jedoch ignorierte ihn gänzlich und umarmte seine Mutter kurz, ehe er den beiden die Schirme reichte, da es draußen wieder in strömen regnete. „Ist in Ordnung. Ruft an, dass ihr gut angekommen seid“, lächelte Shinji und winkte dann noch kurz mit Takeru, als die Beiden das Haus verließen und zum Auto gingen. Und sogleich herrschte Stille. Shinji sah zu Boden ganz so, als wäre das Laminat wahnsinnig interessant. Doch dann drehte er sich um, und lief mit schnellen Schritten fluchtartig zur Treppe. Takeru blinzelte verwirrt, war jedoch schneller. Er griff Shinjis Arm und hielt ihn davon ab, wieder zu flüchten. Dieses Mal wollte er reden und zwar ohne, dass Shinji wieder weglief. „Wa...?“, machte der Kleinere, doch Takeru reagierte gar nicht auf das ganze Zerren und Ziehen Shinjis. „Hier geblieben, denkst du, du kannst dich wieder einfach in deinem Zimmer einschließen, ohne einen Ton zu sagen?“, fragte Takeru schnippisch und bereute seinen rauen Ton sogleich, als Shinji zusammenzuckte. „Ich...lass mich los“, forderte er kleinlaut und zog weiter mit ganzer Kraft, schaffte es aber nicht, sich aus Takerus Griff zu befreien. „Nein. Erst will ich ein paar Antworten!“, fauchte er und erkannte erneut, dass er viel zu schnell aus der Ruhe zu bringen war. Warum ging er Shinji so an? Weil er sauer war, dass der Kleine ihn „schwul gemacht“ hatte? Oder war er eher wütend auf sich selbst? „Takeru“, murrte Shinji etwas nachdrücklicher. Ihn schien es unangenehm zu sein, so in die Enge gedrängt zu werden. Aber war das gestern nicht umgekehrt so gewesen? „Sag mir was das gestern sollte“, forderte Takeru weiter, nun jedoch nicht mehr ganz so grob. Vielleicht war es falsch mit Shinji so zu reden, zumal es ihm selbst ein wenig schmerzte dieses traurige Gesicht zu sehen. „Lass mich...“, wimmerte Shinji nun, sein Körper begann wieder zu zittern, während er nun weniger energisch versuchte, sich aus dem Griff zu lösen. Ihm schien die Kraft zu fehlen. „Antworte mir!“ Takeru biss sich auf die Zunge. Warum wurde er so laut? Er verschreckte Shinji doch nur noch mehr. „Bitte...“, wisperte Shinji und zog noch ein letztes Mal, ehe er es aufgab und kraftlos zu Boden sank. Noch immer wurde er von Takeru festgehalten, der jedoch verwirrt auf den Jungen blickte, der mit der Faust seiner anderen Hand einmal fest auf den Boden schlug. „Was...was...willst du den hören?“, fragte er und begann plötzlich zu schluchzen. Verschreckt ließ Takeru Shinjis Hand los, ehe er sich vor den schmalen Körper des Jungen hockte. Der sah nun wutentbrannt und mit Tränen in den Augen auf. „Was willst du von mir hören?! Ich weiß, dass ich dich angeekelt habe! Es ist einfach so über mich gekommen, obwohl ich weiß, dass du auf Frauen stehst! Ich habe mich für einen Moment von dem Gedanken verführen lassen, dass in deinen ganzen Verteidigungsaktionen vielleicht Gefühle für mich versteckt waren! Es tut mir leid! Ich wollte nicht...“, seine Stimme brach ab und stand in einer Geschwindigkeit auf, die Takeru ihm in diesem Augenblick nicht zugetraut hätte. Shinji rannte regelrecht die Treppe nach oben und sogleich hörte man wie eine Tür zuschlug. Takeru saß noch immer wie versteinert auf dem Boden und starrte in Richtung Treppe. Er musste kurz verarbeiten, was Shinji da gerade zu ihm gesagt hatte. Vielleicht hatte er es wirklich völlig übertrieben, aber so einen Ausbruch hatte er jetzt nicht erwartet. Langsam stand er auf und ging mit leisen, fast vorsichtigen Schritten die Treppe hinauf, um zu Shinjis Zimmertür zu gehen, wie schon am Tag zuvor. Nur, dass man heute leises Schluchzen aus dem Zimmer des Schwarzhaarigen vernehmen konnte. Es brach Takeru das Herz zu wissen, dass er daran schuld war. Warum war er immer so unsensibel? „Shinji?“, fragte er leise, erhielt jedoch keine Antwort, doch er war sicher, dass der Angesprochene ihn gehört hatte. „Bitte lass mich rein...ich wollte dich nicht so angehen. Ich will nur mit dir reden“, meinte er, doch alles was Shinji von sich gab, war ein erneutes lautes Schluchzen und die Worte: „Hau ab!“ „Shinji, komm schon...hör mir doch erst einmal zu...ich habe dich doch auch was zu sagen...“ Es war zum verzweifeln. Warum war Shinji so stur? Er wusste doch nicht einmal, was in Takeru selbst vor sich ging. Für ihn war es doch ohnehin schon schwer genug, diese Gefühle für den etwas Jüngeren zu akzeptieren. Nach gut zehn Minuten, in denen Takeru immer wieder gebeten hatte, mit Shinji reden zu können, wurde es plötzlich still in dessen Zimmer. Wahrscheinlich hatte Shinji beschlossen den anderen zu ignorieren. Takeru seufzte und lehnte sich mit dem Rücken an die Tür. In seinem Kopf herrschte doch wirklich schon genug Chaos. Er fühlte sich gerade so schlecht behandelt, obwohl er es war, der immer gleich an die Decke ging. Doch wie konnte Shinji ihn die ganze Zeit so durcheinander bringen, ihn küssen und dann einfach auf stur schalten und nicht einmal über all das reden wollen. Es tat sogar ein klein wenig weh... Das laute Knallen der Tür am Montagmorgen ließ Takeru zusammenzucken. Schweigend stocherte er in seinem Essen herum und biss sich auf die Unterlippe. Warum war Shinji so sauer? Es war ja kein Geheimnis, dass der Andere so früh am Morgen immer schlecht gelaunt war, aber so wie heute, hatte Takeru ihn wirklich noch nie erlebt. Er hatte nicht einmal frühstücken wollen und nur seinen Kaffee getrunken. Jetzt war er eine halbe Stunde früher zur Schule gegangen als Takeru, einfach nur, damit sie nicht miteinander reden mussten. „Tzz...“, machte Takeru leise und knallte seine Teetasse dermaßen heftig auf den Tisch, dass sie einen Riss bekam. Er war so verdammt wütend auf Shinji und vor allem fühlte er sich verarscht. Was glaubte der Kerl denn, wer er war? Die ganze Zeit hing er an ihm und nun, von heut auf morgen, versuchte er ihn zu ignorieren! Er würde damit klar kommen, unter normalen Umständen – auch wenn er es allgemein hasste sich mit Shinji zu streiten – aber im Augenblick tat es ihm einfach weh. Vielleicht weil er erkannt hatte, dass er sich in Shinji höchstwahrscheinlich verliebt hatte. Das hatte der doch erreichen wollen, oder nicht? Warum lief er jetzt weg?! „Hey Kimura-kun!“ Er zuckte etwas zusammen, als er Akemis Stimme hörte und drehte sich dann zu ihr um. Sie blieb vor ihm stehen und lächelte. „Guten Morgen“, meinte er und versuchte ihre Geste zu erwidern, doch er scheiterte wie üblich kläglich. Warum fühlte er sich so verdammt mies? Akemi schien sein Unbehagen zu spüren und stellte sich ihm in den Weg. Sie hatten noch Zeit, der Unterricht fing erst in einer guten halben Stunde an. Doch Takeru wäre Akemi in diesem Moment gern ausgewichen. „Was ist denn los? So niedergeschlagen habe ich dich ja noch nie erlebt“, meinte sie und versuchte ihm in die Augen zu sehen, doch Takeru hatte es perfekt geschafft, seinen Kopf so zu drehen, dass ihr das unmöglich war. „Ach Unsinn“, lachte er leise und unterdrückte ein Seufzen. Sie merkte ohnehin schon, dass etwas nicht stimmte. „Erzähl mir nichts. Was ist los mit dir? Du siehst aus, als müsstest du gleich zu schreien anfangen“, bemerkte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. Takeru schüttelte den Kopf und lief an ihr vorbei, worauf sie ihm mit schnellen Schritten folgte. „Willst du wirklich nicht sagen, was los ist? Ich habe dir doch gesagt, dass du mit mir reden kannst.“ Akemi verzog traurig das Gesicht, als Takeru sich weiterhin weigerte etwas zu sagen. Was sollte dabei auch raus kommen, auch wenn er gern mit irgendwem gesprochen hätte, auf dem Schulweg ging das schlecht. Wie sollte er ihr den sagen – sie mit der er beinahe zusammengekommen wäre – dass er in einen jungen verliebt war? Jemand wie er, der immer gesagt hatte, dass er Schwule verabscheute. Doch Shinji...den konnte er nicht verabscheuen... Vielleicht hätte Takeru in diesem Augenblick wirklich schreien können. Den ganzen Tag über, hatte Shinji kein Wort mit ihm gewechselt. Wenn Takeru auch nur versucht hatte ihn anzusprechen, war er aufgestanden und gegangen. Jedes Mal schien er eine andere „Ausrede“ gefunden zu haben und nun, fühlte sich Takeru erst recht elend. Selbst als sie wieder zuhause waren, wechselten sie kein Wort und erschreckender Weiße, veränderte sich das am nächsten Tag auch nicht. Niemals hätte Takeru gedacht, dass die Liebe zu einem Mann – er wagte noch immer kaum, richtig darüber nachzudenken – so wehtun könnte. Shinji behandelte ihn nicht nur wie Luft, Takeru fühlte sich mittlerweile auch so. Er versuchte zu verstehen, warum Shinji ihn ignorierte. Doch eigentlich, kam er zu keinem sinnvollen Ergebnis. Ja, vielleicht war Takeru etwas rabiat gewesen, vielleicht wollte er auch diese Gefühle nicht durch eine geschlossene Tür Shinji gestehen, aber hieß das denn, dass er so behandelt werden musste? Als er am Mittwoch zur Pause fast allein mit ein paar Mädchen im Raum war und aus dem Fenster sah, sah man ihm wohl an, wie kaputt er war. Die letzten Tage hatte er nicht einmal richtig schlafen können. Shinji tauchte ständig in seinen Träumen auf und jedes Mal wurde Takeru schmerzhaft daran erinnert, dass er sich noch immer nicht mit Shinji versöhnt hatte. Sie schwiegen sich seit drei Tagen an und genau das, brach ihm fast das Herz. „Kimura-kun?“ Akemis weiche Stimme drang an sein Ohr und langsam drehte er seinen Kopf zu ihr. Sie kam gerade recht, schon die ganze Zeit hatte er beobachtete, wie sich Shinji lachend mit Ryo unterhielt, als wäre es völlig normal. Hatten sie sich nicht gestritten? „Was denn?“, fragte er und versuchte zu lächeln, doch Akemi erwiderte nur besorgt seinen Blick. „Ich will dich etwas fragen...“, erklärte sie und drehte sich zu den anderen Mädchen um, die an der Tür standen und fragen zu ihr sahen. Doch sie winkte ab und bedeutete ihnen wohl, dass sie nicht mitkommen wolle. Wohin auch immer. Die Anderen nickten und verließen den Raum. Nun waren sie allein. Was wollte Akemi denn sagen, dass es so geheim war? Takerus Blick richtete sich wieder auf Shinji und Ryo und er bemerkte, wie Akemi seinem Blick folgte. „Du magst Tanaka-kun sehr, oder?“ Kapitel 10: ten --------------- Für einen Moment rutschte sein Herz ein Stockwerk tiefer, dann sah er Akemi – die noch immer aus dem Fenster blickte – geschockt an. Wie sollte er das jetzt interpretieren? Hatte Akemi ihn durchschaut? Hatte er sich zu auffällig verhalten? Takeru schluckte unhörbar. „Das sollte kein Vorwurf sein“, meinte Akemi schnell und lächelte, als sie ihm wieder ins Gesicht sah. Hatte sein Gesicht danach ausgesehen, als glaube er das? „Ich...“, begann er leise, brach jedoch wieder ab. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Akemi war eigentlich die Letzte, die das erfahren sollte. Gleichzeitig aber die Einzige, mit der Takeru darüber reden konnte. Noch nie hatte er sich in so einer verzwickten Situation wieder gefunden. Sein Blick wanderte wieder zum Schulhof, auf dem Ryo Shinji gerade im Nacken kraulte und sofort spürte Takeru einen Stich den er gar nicht zuordnen wollte. Er war eifersüchtig...verdammt. „Das muss dir nicht peinlich sein, ich weiß ja wie Tanaka-kun ist“, meinte Akemi leise und folgte nun scheinbar wieder seinem Blick, bemerkte sogar die Anspannung in Takeru. Der biss sich auf die Unterlippe. „Du weißt wie Shinji ist...?“, hakte er nach, ohne sie anzusehen. Akemi lächelte leicht. „Na ja, ich meine...ich weiß, dass er schwul ist“, erklärte sie und schaffte es erneut, dass Takeru sie verwundert ansah. Sie wusste davon? Woher? „Ich habe mich früher immer gefragt, warum er sich nicht für Mädchen interessiert. Ehrlich gesagt, hat es mich damals sogar sehr gestört. Aber ich habe es irgendwann erkannt und verstanden. Irgendwie fand ich es nie schlimm, eher machte es ihn mir sogar etwas sympathischer“, erklärte ihm Akemi als hätte sie Takerus Gedanken gelesen. Sie sah ihn an, ehe sie ihre Hände auf seinen Arm legte. Wieder spürte er dieses schlechte Gewissen, das ihm immerzu die Kehle zuschnürte. Er konnte tun was er wollte, egal wen er traf, niemand würde seine Einstellung gegenüber Homosexuellen verstehen. Seid er Shinji kannte, verstand er sie ja sogar selbst nicht mehr. „Er hat nie viel geredet, weder mit den Mädchen aus der Klasse, noch mit den Jungen. Doch dieses Jahr schien er viel offener zu sein, er hat sich viel mit den anderen Jungen unterhalten und schien auch zu versuchen mit den Mädchen besser klar zu kommen. Ich habe euch immer zusammen mit den anderen lernen sehen. Vielleicht ist es ein Klischee, aber eine Klassensprecherin freut sich, wenn ihre Klasse so gut zusammenhält“, lachte sie und sah Takeru dann tiefer in die Augen. „Was ich damit sagen möchte ist, wenn du Tanaka-kun so magst und ich merke das zwischen euch etwas nicht in Ordnung ist, wenn ihr nicht mehr miteinander redet, dann solltest du es ihm vielleicht sagen.“ Takeru biss sich wieder auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf. „Wie soll ich ihm das sagen, er ignoriert mich seit Tagen“, murmelte er und überlegte dann. Vielleicht tat es gut, mit Akemi zu reden. Sie hatte die ganze Zeit nichts ausgeplaudert und so würde es auch jetzt nicht tun. Schließlich wusste sie ihn etwa, wie Takeru fühlte. „Ich...“, begann er erneut. „Glaube wirklich, dass mir Shinji etwas bedeutet. Aber ich habe ihn…vielleicht viel zu schlecht behandelt. Ich kenne den genauen Grund nicht, warum er mir aus dem Weg geht, aber eins weiß ich...es tut weh...“ Akemi nickte langsam. Es tat ihm gut, mal darüber zu sprechen. Wem hätte er das alles auch erzählen sollen? Seinem Vater und Masaki durfte er nichts sagen, genauso wenig den Jungs aus seiner Klasse und seine Mutter konnte auch nicht ständig aus Amerika anrufen. Akemi hatte ihn schon lange darauf gedrängt mal mit ihr zu reden. Und jetzt, wo sie ohnehin schon geahnt hatte was los war, konnte er mit ihr auch reden. Er konnte nichts dagegen tun, ständig musste er auf den Schulhof gucken. Dieses Mal knirschte er leise mit den Zähnen. Er mochte diesen Ryo noch nie, doch gerade jetzt, war er im mehr als nur ein Dorn im Auge. Shinji schien sich nicht daran zu stören, dass Ryo – scheinbar scherzhaft – seine Arme von hinten um ihn legte. Es sah aus wie Spaß, dennoch wusste Takeru genau, dass es dies nicht war. „Er ist nicht besonders fair...“, wisperte Akemi, als sie Ryo und Shinji misstrauisch beäugte. Takeru spannte seinen Arm an, worauf das junge Mädchen etwas lockerer ließ. „Wenn es dich wütend macht, dann solltest du ihm das sagen. Ich finde es nicht okay, dass er dich im Moment so links liegen lässt“, meinte Akemi und hielt Takeru wieder etwas fester am Arm, als Ryo Shinji leicht im Nacken küsste. Nun war es ihm klar: Er war verdammt eifersüchtig. Der Kerl sollte die Pfoten wegnehmen! Auch wenn Takeru es nicht gern zugab, aber Shinjis Ignoranz machte ihm den Rest des Schultages ziemlich zu schaffen. Nicht nur, dass es so gewirkt hatte, als wären diese Annährungen mit Ryo reine Provokation gewesen, auch das ihm weiterhin die kalte Schulter gezeigt wurde, schmerzte mehr, als Takeru es je gedacht hätte. Es fühlte sich ungerecht behandelt und vor allem ausgenutzt. Was hatte Shinji mit diesem Kuss bezwecken wollen, wenn er sich jetzt wieder an Ryo ranmachte? Sollte das hier eine Strafe dafür sein, dass Takeru immer so viele unschöne Dinge über Schwule gesagt hatte? War das der Dank, dass er Shinji immer geholfen hatte? Sein Magen verkrampfte sich, als Shinji nach der Mathestunde zu einem der Mädchen ging und nach Hilfe fragte, statt zu ihm. Zu denen, die es ihm viel schlechter erklären konnten. Ihm war zum heulen zumute und genau das, gab ihm das Gefühl ziemlich erbärmlich zu sein. Auch wenn es kitschig klang, aber sollte Liebe nicht so etwas wie Zuflucht sein? Er wollte nicht so verletzt werden. Es war ihm so schwer gefallen zu akzeptieren, dass er in Shinji verliebt war. Warum wurde er jetzt nur so behandelt? Er wäre gern erleichtert gewesen, dass es zum Unterrichtsschluss klingelte. Doch es war schwer. Er sah Shinji ja ständig, wenn sie zuhause waren und dort war es für ihn am unangenehmsten. Langsam sortierte er seine Hefter in die Tasche, um lange genug im Klassenraum zu bleiben. Er wollte nicht mit Shinji nachhause gehen und merken, wie wunderbar der Andere ihn ignorieren konnte. Dieser war längst aus dem Klassenzimmer verschwunden, als Takeru ebenfalls den Raum verließ und Akemis mitleidigen Blick im Nacken spürte. Vielleicht hatte sie recht, vielleicht sollte er es Shinji irgendwie sagen. Aber was würde das bringen? Takeru machte sich seufzend auf den Weg nach unten, um seine Schuhe zu wechseln, doch schon als er die letzte Treppe nahm, bleib er stehen. Irgendwann würde er sich vergessen, da war er sich sicher. Und ganz besonders schwer war es, als er Shinji und Ryo vor den Schuhschränken stehen sah. „Ich kann auch gleich mitkommen.“ Es war als hätte Takeru Shinjis Stimme ewig nicht mehr vernommen. Als hätte er vergessen, wie ruhig der Andere sprechen konnte. Jener lehnte sich etwas an Ryo und ließ diesen leicht lächeln. Sie schienen Takeru noch nicht bemerkt zu haben. „Wenn du möchtest, aber bei mir ist es unordentlich“, erwiderte Ryo und lachte etwas. Sogleich biss sich Takeru fest auf die Unterlippe. Shinji würde nicht wieder mit dem gleichen Trott anfangen wollen, oder? Er würde nicht mit Ryo mitgehen und...er wollte nicht weiterdenken. „Ist nicht schlimm. Hauptsache du kümmerst dich um mich“, meinte Shinji leise und schnurrte gut hörbar, als Ryo einen Arm um seine Taille legte. Nun war es vorbei. Takeru sah förmlich rot. So konnte das nicht weitergehen! Er würde Shinji nicht mit diesem Kerl mitgehen lassen, nicht nachdem was er über ihn wusste. Nicht wenn er daran dachte, wie verzweifelt er sein und wie viele Sorgen er sich um Shinji machen würde. Egal wie egoistisch das war! „Nimm die Pfoten von ihm!“, blaffte Takeru und ging mit schnellen Schritten auf die beiden Jungen – die ihn verwirrt ansahen – zu. Die wenigen Schüler, die um sie herum standen, starrten ihn kurz irritiert an, gingen aber weiter. Sie schienen eine Schlägerei zu fürchten, obwohl sich Takeru dazu niemals herablassen würde. „Bitte was?“, lachte Ryo, während Shinji nur zur Seite sah. „Du sollst ihn loslassen, habe ich gesagt!“, knurrte er und warf seine Schlappen schnell in die Box neben sich, bevor er seine anderen Schuhe in Rekordgeschwindigkeit überzog. Er wollte hier weg und zwar mit Shinji! „Ich tue ihm doch nichts. Komm mal wieder runter, Kleiner“, grinste der Größere freudig. Shinji sagte nichts, er blickte einfach weiter zur Seite, als würde ihn das alles nichts angehen. Es schmerzte. Liebend gern hätte Takeru das getan, was er früher immer als Ausweg gesehen hatte: Angeekelt vorbeigehen. Aber er konnte nicht, konnte Shinji nicht so behandeln, obwohl er so ignorant zu ihm war. Vielleicht war er einfach hoffungslos verknallt... „Der „Kleine“ gibt dir gleich ein paar aufs Maul, wenn du „meinen“ Freund nicht augenblicklich loslässt!“, zischte Takeru leise. Genau in diesem Moment kehrte wieder Leben in Shinji und das erste Mal seit Tagen, sah er Takeru wieder an. Mit großen Augen und leicht offenem Mund, betrachtete er den Jungen, denn er scheinbar seit einer Weile nicht mehr wahrnahm. „Drohst du mir?“, wollte Ryo wissen und ließ Shinji nun los, der sich ihm jedoch kaum merklich in den Weg stellte. Takeru fackelte nicht lang, griff nach Shinjis Handgelenk und zerrte ihn aus dem Schulgebäude heraus. Ryo schien in dem Augenblick mit der Situation etwas überfordert. Er schien nicht zu verstehen, wie dieser Stimmungswandel gerade zustande gekommen war. Demnach folgte er ihnen auch nicht. Noch nicht... „Takeru! Lass mich los...“, zischte Shinji leise, doch der Angesprochene reagierte überhaupt nicht auf ihn. Vielleicht wurde er von seiner Wut geleitet. Vielleicht auch von Enttäuschung. Er wusste es nicht. Aber er würde diesen Jungen nicht mehr hergeben, würde nicht mehr dabei zusehen, wie er mit irgendwelchen Kerlen mitging, die ihn nur im Bett haben wollten. Egal warum Shinji das alles getan hatte, er hatte Takeru aufgerüttelt. Seine Wut und Eifersucht gegenüber Ryo hatte er erst in den letzten Tagen bemerkt. Seit Samstag mochte sein Leben das reinste Chaos sein, aber wenn es schon so war, dann wollte er den Urheber des Ganzen wenigstens für sich haben. Er spürte wie Shinji an sich gegen die grobe Behandlung Takerus wehrte und versuchte seine Hand aus dem steinharten Griff zu lösen. Doch er würde nicht loslassen, bis sie nicht zuhause waren. Er hielt das nicht mehr aus, wollte von dem Menschen, der ihm mittlerweile soviel bedeutete nicht ignoriert werden und vor allem, wollte er eine Erklärung. „Takeru!“, blaffte Shinji weiter. „Sei still!“, knurrte der Angesprochene und senkte den Blick, während er Shinji weiter in Richtung ihrer Straße zog. Der schwieg mit einem Mal, hörte aber nicht auf, sich zu wehren. Es half nichts und spätestens als Takeru ihre Haustür öffnete und schnell wieder schloss - als hätte er Angst, Shinji würde weglaufen – konnte er nicht mehr an sich halten. Er hatte einfach schon zuviel nachgedacht und in sich hinein gefressen. Mit einer schnellen Bewegung pinnte er Shinji an die Wand und hielt seine Hände links und rechts von dessen Kopf fest. Sein Atem ging schnell, er hatte wirklich keine Ausdauer. Oder es war die Aufregung, die Wut und all die Enttäuschung die ihn so nach Atem ringen ließ. „Was wird das?“, murrte Shinji und zog etwas, versuchte sich zu lösen. Doch genau das würde Takeru nicht zulassen. „Takeru!“ Der hatte weiterhin den Kopf gesenkt. Seine Emotionen drohten ihn zu überrollen, doch er versuchte sich zu beruhigen. Er wollte Shinji eigentlich nicht zeigen, wie schrecklich er sich in den letzten Tagen gefühlt hatte. „Langsam hört der Spaß auf“, warnte der Kleinere und genau in diesem Moment, riss Takerus Geduldsfaden. „Spaß?! Also ich find es nicht komisch!“, rief er und hörte wie Shinji geschockt die Luft einzog. Das schien er nicht erwartet zu haben. „Takeru...“, murmelte er verwirrt, doch der hatte nicht einmal ansatzweiße die Lust, wieder leiser zu werden. „Was sollte das? Womit hab ich das verdient?!“, brüllte er und sah dann wütend auf. „Wieso tust du mir so ne Scheiße an?!“ Er sah direkt in Shinjis dunkle Augen, die bei jedem Wort geweitet hatten. Takeru hatte eindeutig zulange gewartet. Er hätte mit Shinji von Anfang an ruhiger reden sollen. Der Schwarzhaarige war ihm solange aus dem Weg gegangen, dass sich alle Wut in Takeru angesammelt hatte. Und das wurde ihm nun schmerzhaft bewusst. „Verdient...wovon...?“, begann Shinji verwirrt, wurde aber unterbrochen: „Wovon ich rede? Das weißt du sehr genau! Denkst du, du kannst mir ewig aus dem Weg gehen?! Was glaubst du eigentlich, wer du bist?! Ich wusste nicht, dass du so ein egoistisches Arschloch sein kannst?!“ Takeru schmerzte bereits jetzt der Hals vom schreien. Er erinnerte sich nicht, jemals so wütend gewesen zu sein. Eigentlich folgen all seine Gedanken durcheinander, es war ein Wunder, dass er einen vernünftigen Satz zustande bringen konnte. Shinji runzelte die Stirn. „Warum bin ich egoistisch?“, fragte er und verrenkte dann die Augen zu schmalen Schlitzten. „Du nennst mich egoistisch?! Du bist doch der um den sich alles drehen soll!“ Takeru traute seinen Ohren nicht. Bitte was? Warum sollte sich irgendwas um ihn drehen? „Bist du bescheuert?“, rief er und senkte wieder den Kopf. „Alles in mir dreht sich um dich, du dämlich Vollidiot!“ Stille. Er wusste nicht, ob Shinji ihn nun geschockt oder verwirrt anstarrte. Traute sich nicht aufzusehen, um es herauszufinden. Vielleicht hatte er schon zuviel gesagt, eventuell auch noch zu wenig. Aber er würde wahrscheinlich kein anderes Geständnis aus sich herausbekommen. Wie sollte jemand, der ganze sechzehn Jahre seines Lebens geglaubt hatte er wäre völlig Hetero, auch etwas anderes zu einem Jungen sagen können? Zu diesem einen Jungen, zu Shinji. Er war nur in ihn verliebt, in keinen Anderen und er hoffte, es würde immer bei diesem einen bleiben. Vielleicht mache er sich aber auch unnütze Gedanken und Shinji hatte Takeru in seiner eigenen Einsamkeit nur ausgenutzt. Die Frage war, ob er das so einfach verkraften könnte. Takeru wusste nicht, wie lange sie sich beide schon anschwiegen. Wie viele Minuten vergangen waren, in den denen man nur ihren Atem hörte. „Was...hast du da...gerade gesagt?“, fand Shinji leise seine Stimme wieder, ganz so, als wären seine letzten gesprochenen Worte ewig her. Erst jetzt, als er die Stimme des anderen wieder vernommen hatte, kam er etwas zu sich und ließ langsam die Arme des Kleineren los. Doch die Angst, dass er weglaufen konnte, war noch immer allgegenwärtig. Takeru sah zur Seite, spürte wie seine Wangen heiß wurden. Warum er genau rot wurde, konnte er sich nicht erklären. Vielleicht einfach nur, weil er das erste Mal wirklich ehrlich zu Shinji gewesen war. „Takeru?“ Shinjis fragende Stimmlage machte es ihm nicht leichter ruhig zu bleiben. Er war so aufgewühlt und trotzdem sprachlos. Mehr bekam er einfach nicht heraus. Das waren zu viele Gefühlsregungen auf einmal gewesen. „Du hast es doch gehört...“, wisperte er leise und biss sich auf die Unterlippe. Vielleicht hatte Shinji es ja nicht gehört oder wahrgenommen. Er würde es nicht wiederholen, auch wenn er es gern getan hätte. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Vielleicht war sein kleines Geständnis ohnehin vergebens gewesen. „Aber...ich kann es nicht glauben...“ Shinjis Stimme hatte einen kühlen Unterton. Es schmerzte zu wissen, dass er sich vielleicht zuviel darauf eingebildet hatte, dem Anderen seine Gefühle zu offenbaren. Takeru sah aus dem Augenwinkel wie Shinji seine Arme leicht verschränkt hatte und in eine andere Richtung sah. Warum diese Abwehrhaltung? Was war denn nur falsch gelaufen, zwischen ihnen? Hatte Shinji nicht den Anfang gemacht und Takeru geküsst. Diese kleine Geste hatte doch erst ultimativ dazu geführt, dass er sich endgültig über seine Gefühle klar wurde. Womit hatte er soviel Ignoranz verdient? „Glaub es oder nicht...dir ist es wahrscheinlich eh egal...“, murmelte Takeru und biss sich wieder fester auf die Unterlippe. Langsam tat es weh, aber es beruhigte ihn etwas. Vielleicht sollte er den Spieß umdrehen und sich seinerseits in seinem Zimmer verschanzen. Es würde nichts helfen, ganz sicher, aber er hätte seine Ruhe vor all der Kälte Shinjis. Der sagte nun nichts mehr, schien zu überlegen. Vielleicht sollte Takeru ihn allein lassen, dass war wohl besser. Er setzte sich in Bewegung und ging – ohne seine Tasche mitzunehmen – zur Treppe. Die letzten Tage hatten ihn einfach geschafft und dazu geführt, dass er sich dafür verfluchte, in einen anderen Jungen verliebt zu sein. Vielleicht war das immer der Grund gewesen, warum er Schwule nicht mochte. Er hatte sich nicht verlieben wollen, hatte Angst davor gehabt, dass es doch mal passieren konnte. Nun, es war geschehen und jetzt merkte er, dass er wahrscheinlich recht gehabt hatte. Seine Füße trugen ihn zur Treppe, doch ehe er einen Schritt darauf tun konnte, schmiegte sich von hinten ein warmer Körper an ihn. Kapitel 11: eleven ------------------ Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Es war, als würde ihm die Luft für einen Moment wegbleiben, als ihm klar wurde, dass Shinji da gerade seinen Kopf auf Takerus Schulterblätter legte. Fast schon vorsichtig, schlangen sich zwei lange Arme um seinen Oberkörper und brachten Takeru dazu, die Luft anzuhalten. Er spürte wieder dieses verräterische Klopfen seines Herzens und das anwachsende Chaos in seinem Kopf. „Nicht...“, wisperte Shinji hinter ihm leise und drückte sich noch näher an ihn, als hätte er Angst zu fallen. Vielleicht war dem auch so. „Shinji...“ Takerus Stimme brach sogleich wieder ab. Sein Hals fühlte sich an, als wäre er zugeschnürt. Langsam wusste er nicht mehr, was am meisten schmerzte. Sein Inneres oder Äußeres. „Geh nicht weg...bitte...“, wimmerte der Kleinere weiter und begann leise unregelmäßig zu atmen. Weinte er? Aber warum? Takeru war der, dem zum heulen zumute war. „Es tut mir leid...entschuldige...ich habe gedacht, du willst...“, seine Stimme brach ab. Shinji Körper begann zu zittern, als er sich leicht von Takeru löste, so das der sich zu ihm umdrehen konnte. Und tatsächlich, er erkannte diese verräterischen Tränenspuren auf dem Gesicht des Schwarzhaarigen. Während dessen Körper immer wieder von kurzen Zitteranfällen heimgesucht wurde, stand Takeru einfach vor ihm und schwieg. Was sollte das alles? Erst diese Annährungen, dann zeigte Shinji ihm die kalte Schulter und jetzt, stand er hier und heulte wie ein Schlosshund. Langsam kam Takeru nicht mehr hinterher und genauso verwirrt war er auch. Suchte Shinji Mitleid, oder was? Takeru versuchte sich von seiner Wut und Enttäuschung nicht gefangen nehmen zu lassen. Er wollte verstehen, was hier vor sich ging. Shinji sah zu ihm auf, ehe er seine Hand hob und leicht über Takerus Wange strich. Der erschauderte wohlig und schloss leicht die Augen. Shinji wusste gar nicht, wie gut es tat, wieder beachtet zu werden. Allein diese Berührung linderte in diesem Moment viel Schmerz, auch wenn Takeru es nicht zugeben würde. „Ich...“, wisperte Shinji, schwieg dann aber und streckte sich etwas, um Takeru einen zweiten Kuss auf den Mund zu hauchen. Nicht fordernd, nicht lang oder stark spürbar und doch reichte es aus, um dem Größeren eine Gänsehaut über den Körper zu jagen. Ihm bleiben die Fragen im Hals stecken, als Shinji sich löste und sich völlig freiwillig in Takerus Arme ziehen ließ. Vielleicht träumte er ja. Es kam ihm so unwirklich vor, diesen schmalen Jungen - nach all den Dingen die in den letzten Tagen geschehen waren – in seinen Armen zu halten, als wäre es das normalste auf der Welt. Obwohl dem gewiss nicht so war. Es wirkte eher befremdlich. Takeru vergrub sein Gesicht in Shinjis dunklen Haaren und bemerkte fast gar nicht, wie der andere seine Arme seinerseits um ihn schlang. „Ich würde dich so gern hassen...warum bist du so? Womit habe ich all das den verdient? Wieso bedeutest ausgerechnet du mir...soviel? Ich kann’s nicht verstehen...“, wisperte Takeru leise und biss sich auf die Unterlippe, um nicht auch noch in Tränen auszubrechen. Das bisschen Männlichkeit wollte er sich wirklich noch erhalten. Wenn er hier schon zugab, in diesem Jungen verliebt zu sein. Oh Gott, seine Freunde in Sapporo würden ihn hassen, ihn wie den letzten Dreck behandeln, wenn sie das erfuhren. Sie würden ihn als „Schwuchtel“ bezeichnen und sich von ihm abwenden. Doch solange er hier stand und Shinji in den Armen halten durfte, war ihm das egal. Sollten sie doch alle Denken was sie wollten, er hatte seinen Fehler eingesehen. „Es tut mir leid...ich wusste nicht...nicht...was ich tue...“, wimmerte Shinji leise und krallte sich an Takerus Oberteil fest. „Ich habe nicht gewusst...das dir dieser Kuss genauso viel bedeutet hat wie mir...ich dachte nun würde ich...würde ich dich total anekeln...ich habe nicht nachgedacht. Bitte entschuldige...ich habe mich Ryo wieder genährt, ohne zu merken...das ich dich damit so verletzte...verdammt...ich...“ Shinji brach ab und wischte sich so gut es ging über die Augen. Der Kleinere war wirklich nah am Wasser gebaut und doch, hätte Shinji sich nicht süßer – er schauderte bei diesem Wort – entschuldigen können. „Ist schon gut...“, wisperte Takeru und versuchte zu lächeln, doch Shinji schüttelte den Kopf. „Nichts ist gut...ich bin blöd! Die ganze Zeit habe ich dich bedrängt und als ich dachte, ich wäre dir nun wirklich zuwider...hast du um mich gekämpft...das hat noch nie jemand so für mich getan...wegen mir war nie jemand eifersüchtig oder hat mich beschützt. Ich hatte solche Angst, dass ich dich wegen diesem blöden Kuss verliere, dass ich weggelaufen bin...ich wollte nicht, dass du dich bedrängt fühlst...und als du mich zur rede stellen wolltest, dachte ich du würdest mich hassen...ich bin nur wieder zu Ryo, weil ich Angst hatte...“ Takeru blinzelte und versuchte diesen langen, gestotterten Vortrag irgendwie zu sortieren und zu verarbeiten. Aus Angst hatte Shinji ihn so behandelt? Er griff den anderen an den Schultern und schob ihn ein kleines Stück von sich, um ihn anzusehen. Shinjis Augen waren schon ganz rot, während er die Tränen lange nicht mehr unter Kontrolle hatte. „Moment mal...du hast mich ignoriert und bist vor mir davon gelaufen, weil du Angst hattest...das du mich...anekelst?“, fragte er leise, worauf Shinji nur schluchzend nickte. Es brach Takeru fast das Herz den anderen so zu sehen. Er sollte doch nicht weinen... „Ich habe gedacht...ich würde dir nichts bedeuten...dass ich es mit meinen Annährungen übertrieben habe. Ich...wollte von Anfang an was von dir...aber du...du hast Schwule gehasst...und so habe ich geglaubt...das ich darüber einfach nicht weiter nachdenken sollte. Es war auch besser so, aber…als du mir geholfen und mich verteidigt hast...habe ich gemerkt, dass ich meine Gefühle für dich einfach nicht unterbinden kann. Bitte denk nicht...dass du...“, wieder brach Shinji ab und wurde erneut von einem wahren Heulkrampf erschüttert. „Das ich was, Shinji?“, fragte Takeru leise und strich dem Kleineren sanft über die Haare. Er wollte alles hören, was Shinji ihm zu sagen hatte, denn schon jetzt begann sein Herz fest gegen seinen Brustkorb zu hämmern. Mit jedem weiteren Wort, dass ihm der Schwarzhaarige offenbarte wurde er ein wenig nervöser. Also hatte er sich Shinjis Blicke doch nicht eingebildet, weder als sie sich kennen lernten, noch in der Zeit danach. „...dass du für mich nur irgendein Ersatz bist...das würde ich nicht ertragen. Die ganze Zeit haben mir deine Worte wehgetan...aber...ich wollte es nicht deutlich zeigen, weil...weil ich damit zufrieden war, dich in meiner Gegenwart zu haben. Ich war froh...dass wir uns gut verstanden haben...und ich...ich hatte Angst irgendwas daran zu ändern. Und am Samstag ist es einfach über mich gekommen...“, erklärte Shinji leise weiter, doch Takeru merkte, dass seine Stimme immer mehr nachgab. Er weinte schon die ganze Zeit so sehr, dass er vereinzelt Silben verschluckte und man ihn fast nicht verstand. Takeru spürte erneut die Röte in seinem Gesicht. So viel mehr, als er ertragen konnte. Shinjis Worte waren, egal wie schmerzlich sie auf ihn wirkten, wie ein kleines Geschenk für Takeru. Er hatte die ganze Zeit gedacht, er hätte irgendetwas falsch gemacht, dabei war es nur ihre Angst, die sie beide hatte sprachlos werden lassen. Sie mussten sich gegenseitig über Wochen das Leben schwer gemacht haben, ohne das sie es bemerkt hatten und schlussendlich, war es eskaliert. „Vielleicht...“, begann Takeru leise und drückte Shinji wieder näher an sich, sodass dieser sein Gesicht in Takerus Halsbeuge legen konnte. „Bin ich es einfach falsch angegangen...aber...wie sollte ich denn mit mir klar kommen? Du kennst meine Einstellung, du weiß, wie schwer es mir fällt Schwule zu akzeptieren, einfach weil ich es nicht anders kenne. Was denkst du, warum es für mich noch jetzt schwierig ist, dass zu sehen? Aber...ich habe versucht damit klar zu kommen, weil ich dich in Ordnung fand, weil du kein schlechter Mensch bist. Aber jetzt, weiß ich selbst nicht mehr was ich glauben soll. Ich habe mich beschissen gefühlt, als du mich plötzlich nicht mehr beachtet hast und wieder mit diesem Ryo rumgemacht hast, weil... weil...du mir...etwas bedeutest.“ Er holte kurz Luft. Es kostete ihm mehr als genug Überwindung das alles vor Shinji auszusprechen. „Weißt du überhaupt, wie sich das anfühlt? Ich habe angefangen an mir zu zweifeln...wegen dir...weil ich dich...du weißt schon...“, murmelte er kleinlaut weiter und spürte wie sich sein Gesicht noch dunkle färbte. „Ich habe doch mein ganzes Leben lang nur Mädchen gemocht...“ Er spürte wie Shinjis Finger sanft Kreise auf seinem Rücken malten, fast so, als würde es alles erklären. Schnell vergrub Takerus sein Gesicht in Shinjis Haaren und wisperte ihm fast lautlos ins Ohr: „Und jetzt...mag ich dich...“ Er spürte wie sich Shinjis versteifte und erneut anfing zu schluchzen. Takeru blinzelte kurz verwirrt und wollte sich schon etwas von dem anderen lösen, doch der zog ihn näher an sich. „Bitte...“, hauchte er und krallte sich regelrecht an Takeru fest, als hätte er Angst, der würde einfach weglaufen. „...sag mir...das du das wirklich ernst meinst...bitte...“ Takeru musste schmunzeln. Shinji war einer Frau in manchen Dingen gar nicht so unähnlich, außerdem weinte er gleichschnell. Dennoch unterschied ihn auch einiges von einer Frau, im Augenblick waren das die fordernden Lippen, die er auf Takurus legte. Er seufzte leise und schloss genüsslich die Augen. Es war eigenartig. Alles was er je geglaubt hatte, war wie weggeschwemmt. Immer hatte er geglaubt, ihm würde schlecht werden, sollte ihn tatsächlich mal ein Junge küssen. Doch Shinji würde wahrscheinlich ewig eine Ausnahme bleiben. Er war froh, dass ihre Eltern nicht da waren, wie auch immer sie reagiert hätten, er wollte es nicht wissen. Seine Hände schlangen sich fester um Shinjis Körper und im Augenblick, wollte er über nichts mehr nachdenken. Über gar nichts mehr... „Ich sehe schrecklich verheult aus, oder?“ Shinji betrachtete sich im Badezimmerspiegel und seufzte leise. Mit einem leichten Lächeln beobachtete Takeru den Kleineren, während er selbst am Türrahmen lehnte. Egal was er auch versuchte, er schaffte es nicht seinen Blick von dem zierlichen Jungen abzuwenden oder auch nur ansatzweiße das Kribbeln in seinem Bauch abzuschalten. Seine Lippen fühlten sich ein klein wenig geschwollen an und allein diese Tatsache reichte aus, um noch nervöser zu werden, als er im Augenblick ohnehin schon war. Egal wie ruhig er von außen gerade wirken musste, innerlich war er total aufgedreht. „Ein bisschen...“, meinte Takeru leise und sah sofort, wie Shinji sich mit den Fingern seiner linken Hand ans Waschbecken klammerte. Eigentlich war es egal, was Takeru in den letzten drei Stunden gesagt hatte, dem Andere schien jedes Mal eine Gänsehaut über den Rücken zu laufen. Es überraschte ihn noch immer ziemlich, dass er so eine Wirkung auf diesen Jungen hatte. Auch wenn das umgekehrt nicht anders war. Er beobachtete Shinji, wie er Takeru langsam aus dem Augenwinkel heraus musterte. Was waren sie nun eigentlich füreinander? Eigentlich war es ja so, dass man - wenn man wusste, dass die andere Person einen auch liebte – zusammen war. Aber es war für Takeru nach wie vor befremdlich mit einem Jungen zusammen zu sein. Nun gut, es war ja nicht irgendein Junge...sondern Shinji. „Du Takeru?“, fragte Shinji plötzlich leise und kam auf ihn zu, um nur wenige Zentimeter vor ihm stehen zu bleiben. Der nickte fragend und lächelte, als Shinjis Wangen sich kurzzeitig rot färbten. „Sind wir...ich meine...wollen wir vielleicht...“, stotterte der Kleinere verlegen und strich sich ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. Takeru schluckte leicht. Er wusste in etwa, was Shinji ihm sagen wollte, war sich aber nicht sicher, wie seine Antwort darauf ausfallen sollte. Wollte er es versuchen? Immerhin war Shinji ein Junge und es kostete Takeru mehr als nur wenig Überwindung, dass alles irgendwie locker zu sehen. Vielleicht hatte er sich Jahrelang einfach zuviel einreden lassen? Was, wenn seine Vorurteile und Ängste – die er nur schwer zugeben mochte – ihnen irgendwann im Weg stehen würden? Oder wenn das jemand herausbekam? Es sprachen für ihn zu viele Unsicherheiten dagegen, doch er konnte Shinji nicht ansehen, ohne darüber nachzudenken, wie sich eine Beziehung mit ihm anfühlen würde. Vielleicht würde es ihm irgendwann zu Intensiv werden, vielleicht aber auch eine Enttäuschung... Für einen Moment stockten seine Gedanken. Waren diese Bedenken nicht vor jeder Beziehung vorhanden? Er hatte sie nur noch nie so gründlich bedacht, was vielleicht daran lag, dass Shinji männlich war. Schließlich war für die meisten Menschen da draußen nur eine heterosexuelle Partnerschaft vertretbar. Langsam streckte Takeru die Hand aus und streichelte über Shinjis Haarschopf. Er liebte diesen Jungen, das allein war doch schon ein Grund ihn zu verabscheuen, wenn es jemand wollte. Also wo würde der Unterschied liegen, wenn sie zusammen waren? Klar, konnte er sich mit Shinji nicht so zeigen, wie mit einem Mädchen. Aber hatte Liebe denn etwas mit protzen und vorzeigen zu tun? „Takeru?“ Shinjis fragende, etwas zweifelnde Stimme, holte den Angesprochenen aus seinen Gedanken. Scheinbar wartete er nervös auf eine Antwort, schien zu wissen, dass Takeru verstanden hatte, was er sagen wollte. „Ich...“, begann der leise und griff dann nach Shinjis Hand. „Wir...können es ja man versuchen. Ich weiß nicht, ob es mir möglich ist...aber ich...möchte es gern probieren.“ Sein Herz klopfte schneller, als er Shinjis überglückliches Lächeln sah und den Kleineren in seine Arme schloss. „Ich dränge dich nicht, okay? Versuchen wir es...“, wisperte er und legte wieder seine Lippen auf die des Größeren, während der unter so vielen Emotionen fast den Boden unter den Füßen verlor. „Also, die Gruppen werden je nach Anzahl der verfügbaren Projekte aufgeteilt.“ Akemi schloss ihren Hefter und stapelte dann die Blätter aufeinander. Ihre Klasse würde in den Ferien an verschiedenen Projekten arbeiten und demnach war es die Aufgabe der Klassensprecherin die Gruppen für die Projekte einzuteilen. Während Shinji halb schlief und Takeru nebenbei gelangweilt auf seinem Block herumkritzelte, war auch der Rest der Klasse gänzlich gelangweilt von alledem. Projekte waren nie etwas sehr spannendes gewesen und eigentlich würden die meisten Schüler an diesem Donnerstag gern nachhause gehen. Akemi wusste jedoch, wie sie sich durchsetzten musste, damit nicht wieder alle vorher abhauten. Takeru wusste, wie oft ihr das vorher schon passiert war, bis sie auf den Tisch gehauen hatte. „Also, hier befinden sich die Unterlagen für sieben Projekte. Also werden wir drei und vierer Gruppen bilden. Jemand wünsche?“, fragte Akemi in die gelangweilte Klasse hinein und sah sofort in die Richtung, der Mädchengruppe, die sich meldete. Sie nickte und brachte ihnen einen der Zettel. „Noch jemand?“, wollte sie wissen. Takeru sah langsam zu Shinji hinüber, der sozusagen mit der einen Körperhälfte schlief und mit der anderen wach war. Er erwiderte seinen Blick und lächelte leicht. „Wollen wir?“, fragte er leise, worauf Takeru leicht nickte. Oh...diese Stimmlage, er bekam fast weiche Knie. „Aber wir sind nur zu zweit“, meinte Takeru leise und überlegte kurz. Irgendwie fiel es ihm schwer, zu glauben, dass es gut war mit noch einem Jungen zusammenzuarbeiten. Er wollte es nicht riskieren, dass jemand herausbekam, was zwischen Takeru und Shinji lief. „Dann fragen wir eben gleich Akemi“, lächelte Shinji und hob seinen Kopf, um seine Hand zu heben und das junge Mädchen zu sich zu rufen. Takeru blinzelte verwirrt. Warum Akemi? Mal abgesehen davon, dass sie ohnehin schon so gut wie alles wusste – außer, dass sich die beiden Jungen wieder vertragen hatten – hätte er nicht gedacht, dass dieser Vorschlag von Shinji kommen würde. „Takeru und ich würden zusammen machen, möchtest du auch?“, fragte der Schwarzhaarige Akemi, als sie vor ihren Tischen ankam. Sie blinzelte, ehe sie Takeru ansah und kaum merklich lächelte. „Gern“, lachte sie und reichte Shinji einen der Zettel. „Ich hab jetzt irgendein Thema gegriffen, seht es euch schon mal an. Wartet ihr dann noch kurz auf mich?“ Shinji nickte und lachte dann kurz leise, als Akemi voller Tatendrang ihre Themen weiter austeilte. Takerus sah seinen Freund – er schauderte wohlig bei dem Gedanken – von der Seite an, der ihm kurz zuzwinkerte. Sogleich wurde er rot und sah verlegen in eine andere Richtung. Sein ganzer Körper schien unter Strom zu stehen und Shinji schien sich gar nicht bewusst zu sein, was für eine Wirkung er auf Takeru hatte. Es war so eigenartig. Er war mit einem Jungen zusammen und dann auch noch mit so einem...hübschen. Verdammt...war das komisch so was zu denken! „Danke, dass ihr gewartet habt!“ Akemi holte Luft. Sie war die ganze Zeit noch ein paar Gruppen hinterher gerannt, um ihnen die Abgabedaten zu sagen. „Kein Problem“, lachte Shinji und setzt sich auf einen der Tische, um sich den Themenzettel nochmals durchzulesen. Takeru sah ihn von der Seite an und überlegte, was nun der wirkliche Grund dafür war, dass er Akemi gefragt hatte. Nicht, dass es ihn ernsthaft störte, eher im Gegenteil, mit ihr würden sie wohl am besten arbeiten können, ohne Angst vor irgendwelchen Kommentaren oder Anschuldigungen haben zu müssen. Er seufzte leise, vielleicht dachte er noch immer zu intolerant. „Takeru?“, fragte Akemi leise, die nun neben ihm stand und sich an sein Ohr lehnte. Shinji war ruhig am lesen und beachtete nichts um sich herum. „Hm?“ „Habt ihr euch vertragen?“, wollte sie wissen und ließ Takeru leicht rot anlaufen, ehe er leicht schluckte. Er räusperte sich leise und überlegte dann, ob er ihr erzählen sollte, was los war. „Äh...ja“, lachte er nervös und setzte dann noch ein gemurmeltes: „Sogar...ein wenig mehr als das...“ Akemi sah ihn blinzend an und schmunzelte dann. „Ah, ich verstehe.“ Sie warf Shinji einen kurzen Blick zu, der den Kopf hob und Takeru kurz anlächelte, ehe er auf stand. „Du kannst es auch nicht für dich behalten, stimmts?“, fragte er und brachte den Größeren zum seufzen. Aber klar, Shinji hatte mitgehört. „Schon...“, murmelte er verlegen und sah in eine andere Richtung, während Akemi leise lachte. „Ich finde das schön zu hören. Deswegen wolltest du, dass ich in eure Gruppe komme, nicht wahr? Weil ich kein Problem damit habe.“ Shinji strich sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht und nickte schmunzelnd, ehe er nach Takerus Hand griff. „Ich möchte nicht, dass es jemand heraus bekommt, der damit nicht umgehen kann“, erklärte er und sah seinem Freund kurz fest in die Augen, der beschämt den Blick senkte. Shinji tat so viel für ihn, wollte nicht, dass Takeru sich schlecht fühlte. „Musstest du mich so verlegen machen...“ Takeru biss sich auf die Unterlippe, als Shinji auf offener Straße nach seiner Hand griff. „Lass mich doch. Vor ihr ist es doch nicht schlimm. Soviel ich weiß, willst du ja nichts mehr von ihr“, stichelte der Schwarzhaarige kühl und verschränkte seine Finger mit denen des anderen. Der seufzte schwer. „Musst du mich daran erinnern? Ich erinnere mich an die Blick, die du mir immer zugeworfen hast, wenn ich mit ihr gesprochen habe“, murrte Takeru und biss sich auf die Unterlippe als Shinji seine Hand losließ und ihm leicht über den Rücken strich. Verdammt! Sie waren kaum zwei Tage zusammen und schon wusste Takeru nicht mehr wo oben und unten war. Shinji schien ihn sehr gern um den Finger zu wickeln. „Weil ich eifersüchtig war...“, nuschelte Shinji plötzlich und sogleich erhielt er einen verwirrten Blick von Takeru, der seinen Kopf zu ihm drehte. Dann biss er sich auf die Unterlippe. „Oh...“, mehr brachte der Größere in diesem Moment nicht heraus. War es eigentlich verwerflich, sich wegen so etwas geschmeichelt zu fühlen? Er wusste es nicht. Shinji sah mit roten Wangen zu ihm auf. „Sag nicht so gelangweilt „Oh“! Mir ist das peinlich genug!“, murrte er und zog dann Takeru schnell hinter sich her. „Hey...nicht so schnell!“ Doch der andere reagierte gar nicht und zerrte Takeru einfach weiter bis zu ihnen nachhause. Kaum war die Tür geöffnet, lag Shinji schon in seinen Armen. Das war ja wie ein verdrehtes Deja-vu! Wahrscheinlich würde er noch lange am gestrigen Tag zu knabbern haben. Er spürte Shinjis Finger, die leicht Kreis auf seinem Oberteil zogen und den Atem des anderen an seinem Hals. Sogleich rieselte eine Gänsehaut über seinen Körper. Dieser Junge macht ihn fertig! „Du glaubst gar nicht wie nervös ich seit gestern bin“, wisperte Shinji ihm zu und gern hätte Takeru ihm das postwendend zurückgegeben. Er war nicht minder aufgeregt über diese ganze Situation als Shinji. Eigentlich war das für sie beide völliges Neuland. Für Takeru, der noch nie irgendetwas mit einem Mann gehabt hatte und für Shinji, der es gar nicht kannte eine richtige Beziehung zu führen. „Und ich erst...“, murmelte Takeru und legte einen Arm um Shinjis Taille. Die Finger des Kleineren wanderten über seinen Oberkörper bis nach oben zu seinem Hals, ehe sich auf diesen weiche Lippen legten. Takeru schoss die Hitze in die Wangen und er war sich für einen Moment nicht mehr sicher, wie schnell sein Herz noch schlagen sollte. Als Shinji ihm auch noch sanft das Ohr liebkoste, war es fast vorbei. Seine Beine zitterten ein wenig und er war froh, die Wand im Rücken zu haben. Er kannte so etwas nicht, kein Mädchen war jemals so fordernd gewesen, sie hätten auch nicht gewusst wie. Shinji hingegen, wusste scheinbar ganz genau was er machen musste. Und als der Kleinere ihm spielerisch ins Ohr biss, musste Takeru leise seufzen. Es ging einfach nicht anderes und doch, war ihm das genau in diesem Moment schon wieder peinlich. „Warte...warte kurz Shinji...“, brachte er schwerfällig hervor und blickte sogleich in zwei dunkle Augen, die genau sein Gesicht musterten. „Entschuldige...“, wisperte Shinji leise und nahm ein klein wenig abstand, ohne sich jedoch gänzlich von Takeru zu lösen. „Ich weiß einfach nicht...wie ich...“, während er sprach wanderten seine Finger wieder über Takerus Hals, hin zu dessen Nacken. „...mich zurückhalten soll...“ Takeru lehnte seinen Kopf gegen Shinjis Schulter und holte Luft. Er war einfach völlig überfordert mit der ganzen Situation und gleichermaßen so aufgeregt und angetan, dass er vor sich selbst Angst hatte. „Bedräng ich dich, Takeru?“, fragte Shinji leise und streichelte über die weichen Haare des Angesprochenen. Der schluckte leise. „Bedrängen nicht gerade...“, murmelte er. „Aber...das ist ein bisschen viel.“ Seine Finger zitterten etwas, als er sie schon fast ängstlich unter Shinjis Oberteil wandern ließ. Auch wenn er nur kurz die weiche Haut ertastete, reichte es aus, um von seinen Emotionen überschüttet zu werden. Shinji hob sanft seinen Kopf mit den Händen an und sah dem Größeren dann fast schon zärtlich in die Augen. „Küss mich...“, schnurrte er und schaffte es erneut, Takerus Gesicht noch röter anlaufen zu lassen, als es ohnehin schon war. Wie konnte er so etwas einfach so aussprechen? Takeru wurde schon bei dem Gedanken ganz verlegen. Leicht lehnte er sich vor und legte seine Lippen ohne große umschweife, auf die des anderen, der zufrieden seufzte und seinem Freund nun sanft den Nacken kraulte. Es war doch in Ordnung, oder? Oder? Kapitel 12: twelve ------------------ „Also, wir treffen uns nächste Woche einfach mal und besprechen das Projekt weiter, okay?“ Akemi hielt Takeru ihre Auszeichnungen hin, worauf der lächelnd nickte. „Ich find es eine blöde Idee, dass hier immer Projekte über die langen Ferien gemacht werden“, seufzte Shinji und setzte sich ohne zu fragen auf Takerus Tisch. Wie auch sonst. Takeru seufzte. Sein Freund hatte recht, sie hatten ab Montag ein anderthalb Monate Ferien und alles was den Lehrern hier einfiel, war ihnen Projekte aufzugeben. Akemi zuckte mit den Schultern. „Ich finde es selbst Unsinn, aber es muss eben sein. Außerdem, wird es euch ganz gut tun, mal zwischendrin etwas für die Schule zu machen“, meinte sie und schmunzelte, als auf Shinjis Gesicht ein leichtes Grinsen auftauchte. Takeru legte verlegen seinen Kopf auf seine Handfläche und wurde rot. Diese Zweideutigkeiten immer. Shinji hatte wirklich seinen Spaß. Takeru lehnte sich wartend an den Schuhschrank, in den Shinji gerade seine Schlappen warf. Der letzte Schultag vor den Ferien war alles vorbei und nun würden sie erst einmal vom lernen verschont bleiben. Außerdem – Takeru besah sich seinen Freund, der seine Schuhe anzog – würden sie nun ein bisschen Zeit füreinander haben. Wenn auch erstmal nur bis Sonntag, denn ab Montag waren ihre Eltern wieder da. Shinji hatte bereits erwähnt, dass er seiner Mutter nichts sagen würde und sie wussten auch, dass sie sich nicht gar so auffällig verhalten durften. Das hatte sich nicht geändert und ehrlich gesagt, war Takeru auch ganz froh darüber. „Hey! Du glaubst auch, mich einfach stehen lassen zu können, hm?“ Verwirrt sahen die beiden Jungen auf und direkt in Ryos leicht gereiztes Gesicht. Na wunderbar, mit dem hatte Takeru gar nicht mehr gerechnet. Seitdem er Shinji am Mittwoch hinter sich hergezogen hatte, ohne Ryo weiter zu beachten, hatten sie ihn beide nicht mehr gesehen. Shinji seufzte und schulterte seine Tasche. „Tut mir leid, aber das war wichtig“, erklärte er und strich sich durch die Haare. Takeru schauderte leicht. Allein die Geste reichte aus, um Shinji glatt nochmals von Ryo wegzuzerren. Er hatte nicht vergessen, wie eifersüchtig er auf diesen Typen war. „Wichtig, also? Ich dachte ich wäre das in den Moment auch gewesen?“, wollte der Größere wissen und sah beide Jungen gereizt an. Während Takeru etwas zurückwich, griff Shinji einfach nach seiner Hand. „Vielleicht warst du das. Tut mir leid, aber wir werden uns nicht mehr treffen, Ryo“, erklärte Shinji mit einem so sarkastischen Lächeln, wie es Takeru so noch nie bei ihm gesehen hat. Er hatte den anderen sogar einfach so beim Vornamen angesprochen. Der Angesprochene folgte Shinjis Handbewegung und erkannte wie sich die Finger der beiden Jungen verschränkten. „So ist das also. Mich willst du nicht, aber die Hete nimmst du, oder wie?“, murrte er und brachte Shinji hörbar zum Schnauben. Takeru wusste nicht wirklich wie er auf diese Unterhaltung reagieren sollte. Eigentlich wollte der Kerl ja was von „seinem“ Shinji, also sollte er es sein, der diesen verteidigte und nicht umgekehrt. Jedoch wusste er nicht so recht, was er sagen sollte. Das war ja eine Entscheidungsfrage, oder? „Kann schon sein. Aber dir habe ich erklärt, warum das zwischen uns nicht geklappt hätte“, lächelte Shinji kühl und erneut erschauderte Takeru leicht. Der Junge konnte, wenn er denn wollte, richtig unheimlich sein. „Tzz...“ Ryo zuckte mit den Schultern und verschränkte dann die Arme. „Gut, mach was du willst, aber vergiss nicht, auf was du dich einlässt.“ Shinji verschränkte die Augen zu schmalen Schlitzten, ehe er sich umdrehte und Takeru an der Hand hinter sich herzog. Er schien innerlich zu brodeln, das spürte man einfach und am besten sprach man ihn darauf gar nicht erst an. Wobei Shinji das gut allein schaffte. „Dieser elende...er weiß gar nicht, wie ich ihn hasse!“, fauchte Shinji leise und lief noch ein Stück schneller, dass Takeru Schwierigkeiten hatte hinterher zu kommen, hätte er nicht an seinem Freund „gehangen“. „Aber...was hat er den überhaupt damit gemeint?“, wollte Takeru wissen und bereute sogleich, danach gefragt zu haben. Shinji knurrte leise und griff noch etwas fester zu, dass Takeru zischend die Luft einzog. „Au...“, murmelte er und sogleich blieb Shinji stehen und ließ Takerus Hand los, ehe er sich zu ihm umdrehte. „Oh...tut mir leid“, meinte er schnell und senkte den Blick. „Warum bist du so sauer? Gib doch nichts auf das was er da redet“, sagte Takeru schnell, worauf sein Freund allerdings den Kopf schüttelte und ihm in die Augen sah „Warum ich sauer bin? Weil er dich beleidigt hat. Der hat doch gar keine Ahnung!“ Shinji brauste richtig auf und es schein schwer zu sein, ihn wieder zu beruhigen. Es konnte schon sein, dass die Worte Ryos beleidigend gemeint waren, aber Takeru interessierte das wenig. Sollte er doch reden, schließlich hatte er längst einen Korb bekommen, im Gegensatz zu Takeru. „Kann schon sein, aber mir ist das egal. Der ist nur eifersüchtig, mehr nicht“, lächelte er und griff nach Shinjis Hand. Ihm war es egal, was die Leute dachten. Sollten Ryo eben eifersüchtig sein, dass war doch nebensächlich. „Du hast ein sonniges Gemüt, dabei wäre ich ihm fast vor Wut an den Hals gesprungen“, murrte der Kleinere und sogleich hatte er es geschafft, Takeru sprachlos zu machen. War sein Freund wirklich so wütend über diese Aussage gewesen? Das schmeichelte ihm ein wenig. „Wir haben noch so einen Haufen Essen im Kühlschrank, was wollen wir machen?“, fragte Takeru in Richtung Wohnzimmer, in dem Shinji gerade den Fernseher anschaltete. Sie waren einfach nachhause gegangen, ohne sich weiter über Ryo Gedanken zum machen, jedenfalls hatte Takeru seinen Freund darum gebeten. Er bekam keine Antwort, also wühlte er einfach weiter in den Fächern herum und überlegte, was er für sie kochen sollte. Gerade zog er ein paar seiner Süßigkeiten aus dem Fach, um an der Zeug dahinter zu kommen, als er alles mit einem Mal fallen ließ und erschauderte. Sein Gesicht färbte sich knallrot, als er die kühlen Finger auf seinem Bauch und seinem Brustkorb spürte, die ohne Umwege leicht in seine Brustwarzen kniffen und ihn kurz unterdrückt aufkeuchen ließen. „Ich wüsste schon, was wir „machen“ können...“, schnurrte Shinjis raue Stimme in sein Ohr und ehe er sich versah, spürte er dessen weiche Lippen in seinem Nacken. Seine Beine zitterten leicht, während die Hitze ihm wieder in den Kopf stieg. Er wurde kurz etwas fester gekniffen, worauf er zuckte und kaum merklich spürte wie Shinjis Körper sich fest an seinen schmiegte. „Der Kühlschrank...Shinji...ich muss...“, wisperte er und stöhnte kurz leise auf, worauf er sich sofort den Mund zuhielt. Verdammt! Was machte der Kerl mit ihm? Shinjis Lippen waren an seinem Ohr angekommen und dessen Zunge koste vorwitzig über die empfindliche Stelle, worauf Takeru krampfhaft die Augen schloss. Ouh...Shinji sollte damit aufhören - nein eigentlich sollte er es nicht – aber Takeru wusste gerade nicht einmal mehr wo vorn und hinten, oben und unten war. „Lass ihn offen...“, wisperte Shinji wieder leise an seine Ohr und pustete kurz hineinen, während seine Finger im selben Moment wieder etwas fester zukniffen. „Ha...“, machte Takeru leise und nahm alle Kraft zusammen, um seine Stimme wieder zu erheben: „Bitte...ich halt das...nicht...lass mich...bitte...los...“ Er schaffte es nicht einmal einen ganzen Satz zu sprechen und doch schien Shinji ihn verstanden zu haben. Er löste sich von dem etwas Größeren, dessen Beine sogleich nachgaben und ihn zu Boden rutschen ließen. Sein Atem ging unregenlässig, während sein ganzer Körper wie verrückt kribbelte. Er spürte die Finger seines Freundes noch immer deutlich an seinem Brustkorb und allein die Tatsache, machte ihn schon wieder völlig nervös. „Tut mir leid“, wisperte Shinji, der sich neben ihn hockte und ihm über den Kopf strich, den Takeru dann jedoch leicht schüttelte. „Schon...schon...gut...“ Seine Stimme zitterte und er stellte verlegen fest, dass sich bei ihm sichtbar etwas geregt hatte. Na wunderbar...das wurde immer peinlicher. Wie konnten so ein paar Berührungen, schon so intensiv sein, dass es ihm den Boden unter den Füßen zerschlug? „Ich hab ein bisschen übertrieben, oder? Das nächste Mal geh ich es langsamer an“, meinte Shinji entschuldigend, doch Takeru lehnte nur seinen Kopf an den Schrank vor sich. Er musste erst einmal wieder zu Atem kommen, bevor er fähig war wieder aufzustehen. Shinji wusste so genau, wo er ihn berühren musste, ehe sie sich überhaupt sehr nah gekommen waren. Takeru verfluchte sich dafür, so empfindlich und verlegen zu sein. Es war peinlich, immer so zu reagieren. Er spürte Shinjis Finger in seinen Haaren und wurde sogleich noch etwas röter. Warum musste er sich vor ihm immer wie ein Weichei benehmen? „Entschuldige, dass ich immer so abblocke...“, murmelte Takeru und brachte Shinji leise zum lachen. „Ach was, das ist normal...solange es dir nicht zuwider ist“, meinte er und sogleich sah Takeru ihn an. „Nein! Das nicht...es ist nur noch etwas...“ Er suchte nach dem richtigen Wort. „...unangenehm?“, fragte Shinji leise, doch Takeru schüttelte den Kopf. „Nein, dass nicht...eher...ungewöhnlich...intensiv...“ Er drehte verlegen den Kopf zur Seite, es fiel ihm verdammt schwer so ehrlich zu Shinji zu sein. Aber es erschien ihm richtig. „Oh...“, meinte Shinji leise und drehte Takerus Kopf wieder zu sich, um ihm in die Augen zu sehen. „Wenn das so ist, bin ich ja beruhigt.“ Sanft legte er seine Lippen auf die des Anderen und seufzte freudig als sein Kuss erwidert wurde. Takeru krallte seine Finger in Shinjis Oberteil und öffnete seinen Mund ganz leicht. Das war das erst mal, dass er seinen Freund soweit gehen ließ. Eigentlich hatte er es sich bis dato nicht getraut mit Zunge zu küssen. Shinji schnurrte leise und ging auf die Einladung ein, drang mit seiner Zunge in die Mundhöhle des anderen ein und erkundete das, was ihm bisher verbogen geblieben war. Als sie sich wieder voneinander lösten, wurde Takeru sogleich rot und bemerkte verlegen, wie Shinjis sich mit seiner Zunge über die Lippen fuhr. „Danke...“, wisperte er und griff dann nach Takerus Hand, um ihn mit zu sich nach oben zu ziehen. „Wo...wofür?“, wollte der leise wissen. Shinji schmunzelte. „Für dein Vertrauen...“ Mit diesen Worten hob er die Süßigkeiten vom Boden auf und legte sie wieder in den – noch immer offen stehenden – Kühlschrank. Der Junge machte ihn fertig! „Und schmeckts?“ Takeru sah Shinji ganz genau zu, während der am Samstagmorgen den Frencetoast seines Freundes probierte. Er mochte zwar ganz gut kochen können, aber das Zeug hatte er zum ersten Mal gemacht und Shinji durfte nun vorkosten. Der schmunzelte. „Schmeckt gut“, lächelte er und brachte Takerus Herz wieder mal zum schneller schlagen. Interessant war, dass Shinji zwar nach wie vor morgens schlechte Laune hatte, aber sobald er Takeru sah, schien die wie weggeblasen. Warum auch immer? „Du Shinji?“, begann Takeru leise und stellte seinen leeren Teller neben den des Kleineren, der ihn fragend ansah. „Hm?“ „Ich...wollte dich was fragen...“, meinte er weiter und biss sich auf der Unterlippe herum. Er wollte diese Frage stellen, seit er hier eingezogen war, hatte sich aber nie getraut. Und seit ihm aufgefallen war, wie anderes sich Shinji am Morgen in Takerus Gegenwart benahm, war das noch angewachsen. „Was denn? Frag nur“, lachte er und trank einen Schluck Kaffee. Der Größere seufzte leise und streckte seine Hand aus, um leicht in mit den Haaren seines Freundes zu spielen. Der blinzelte und wurde etwas rot. „Na ja, also, seit ich hier wohnte ist frage ich mich das schon. Also...warum, hast du frühs eigentlich immer...so eine Laune?“, wollte Takeru wissen und sogleich, wurde Shinji noch eine Nuance röter. „Na ja...“, meinte er leise und knabberte sich auf der Unterlippe herum. Es gab also doch einen Grund dafür! „Weiß du, dass ist etwas schwierig zu erklären...also...lass es mich so sagen“, druckste Shinji weiter herum und schluckte etwas, als Takerus Finger über seinen Hals fuhren. Das war die Rache für den gestrigen Tag! „Ich...“, er senkte verlegen den Blick. „Bin sozusagen...nicht ganz...ausgelastet...“ Takeru blinzelte verwirrt und legte den Kopf etwas schräg. Was hieß hier „nicht ausgelastet“? Nicht das er nicht schon eine Ahnung hatte, aber das wollte er jetzt trotzdem mal genau erklärt haben. „Du weißt nicht ganz, was ich meine, stimmts?“, fragte Shinji leise, als er den Blick seines Freundes sah und seufzte leise. „Ach je...du denkst doch sicher eh schon, ich bin total pervers, oder?“ Takeru schüttelte irritiert den Kopf. Also so hatte er das noch nie gesehen! Mal abgesehen, von den übergriffen Shinjis in den letzten Tagen, aber das konnte er sogar irgendwie verstehen, auch wenn es ihm unglaublich unangenehm war, da er mit so etwas keine Erfahrung hatte. „Dann denkst du es gleich“, lachte Shinji und strich sich seine Strähnen wieder mal aus dem Gesicht. Er strich sich mit den Fingern leicht über seine Lippen, ehe er Takeru von der Seite ansah. „Ich habe nur so schlechte Laune, wenn ich keinen Sex gehabt habe...“ Als hätte man einen Schalter umgelegt, wurde Takeru feuerrot im Gesicht. Also wirklich! Nur deswegen war er frühs so drauf? Und dabei hatte er die ganze Zeit gedacht, es war nur, weil er nicht gern früh aufstand! „Jetzt bist du sprachlos, was?“, lächelte Shinji leicht und starrte dann auf den Tisch. Takeru hingegen spürte wie sein Körper leicht kribbelte. Solche Geständnisse waren fast zuviel für ihn, zumal er immer wieder darüber nachdenken musste, wie es sich wohl anfühlte mit einem Mann – nein, mit Shinji! – zu schlafen. Wo er diese Erfahrung nicht einmal mit einem Mädchen aufweisen konnte. „Takeru, das sollte jetzt nicht heißen, dass ich jeden Abend Sex mit dir haben will“, lachte Shinji plötzlich, als habe er Takerus Gedanken gelesen. Der war kurz davor mit seinem Kopf auf den Tisch zu schlagen. Shinji war wohl der einzige Japaner auf der Welt, der so etwas ohne rot zu werden sagen konnte. „Nicht das du davon abgeneigt währst...“, murmelte Takeru verlegen und kratzte sich leicht am Arm. Shinji sah ihn verblüfft an. „Währst du es denn?“, fragte er und schon wieder war es ihm gelungen, seinen Freund nervös werden zu lassen. Da kam er jetzt wohl nicht raus. „N...nein...also ich weiß nicht...wie es wäre...wenn wir es machen würden...“, stotterte er und biss sich auf die Unterlippe. Mal davon abgesehen, dass sie erst seit vier Tagen ein Paar waren und Takeru das so schnell noch nicht wollte, war er neugierig. Zum Glück wusste er, dass sie solche Unterhaltungen schon geführt hatten, als Takeru von Shinjis Neigung erfahren hatte. „Das sollten wir langsam angehen, glaub mir, dass ist am Anfang nicht gar so angenehm, ohne dir Angst machen zu wollen“, meinte Shinji leise und sah Takeru lächelnd an, der irritiert blinzelte und mit Shinji aufstand, als der seine Teller in die Küche brachte. „Nicht so angenehm? Wie meinst du das?“, fragte er und öffnete die Spülmaschine. Shinji schmunzelte leicht und sah ihn dann an. „Du bist neugierig, oder?“, fragte er, worauf Takeru verlegen zur Seite sah. „Nun ja, also man kann das nicht mit dem vergleichen, was du über Heterosex gehört hast“, erklärte Shinji weiter und kraulte Takeru dann sanft unterm Kinn. „Das ist mir klar. Nur so ganz vorstellen kann ich es mir halt nicht“, murrte der Größere, worauf sein Freund etwas grinste und den Geschirrspüler schloss. „Na ja, du weißt ja sicher in etwa...also wie das von statten geht...also...wo man...ach du weißt schon!“ Okay, das schien Shinji auch nicht über die Lippen zu bekommen. Takeru nickte. Klar, wusste er, wie in etwa das ging und dass Männer ja auch völlig anders gebaut waren als Frauen. „Doch, ich glaub ich weiß was du meinst“, antwortete er und folge Shinji dann nach oben, in sein Zimmer. Seufzend ließ er sich auf dem Bett nieder, während Shinji sich auf seinen Schreibtischstuhl setzte. „Gut“, lächelte Shinji und schlug dann die Beine übereinander. Takeru musste leicht schlucken. Der wusste echt, was er tun musste, um aufreizend zu wirken! Obwohl ihm das selbst wohl nicht einmal richtig klar war. „Also was ich meinte war, bei meinen ersten paar Mal, hat es wahnsinnig wehgetan...weil ich nicht richtig vorbereitet wurde“, erklärte der Kleinere weiter. Takeru nickte langsam und schauderte jetzt schon, was das bei ihm werden sollte. Er mochte nicht sehr schmerzempfindlich sein, aber das musste sich doch...anders anfühlen, oder? Er überlegte kurz. „Vorbereitet?“ Er sah Shinji fragend an, der leicht lächelte und nickte. „Ja...also...willst du das wirklich erklärt haben? Ein bisschen speziell ist das schon“, wollte der Schwarzhaarige wissen und sah Takeru nun seinerseits fragend an, der kurz überlegte. Vielleicht würde es zwischen ihnen wirklich mal soweit kommen – sollte er seine Empfindlichkeit Shinji gegenüber mal abgebaut haben zumindest. Auch wenn er jetzt schon unruhig wurde, wenn er darüber nachdachte. „Ehm...ja...also erklär nur...“ Egal wie unangenehm ihm das war, er wollte Shinji verstehen. Wollte wissen, auf was er sich einließ und ob er sich überhaupt fähig sah, so etwas zu versuchen. „Na gut“, lächelte Shinji und strich sich seine Haarsträhnen hinters Ohr. „Also, ohne Vorbereitung geht das nicht. Ich würde es auch nicht wollen, dass ich dabei verletzt werde oder es zu Blutungen kommt, oder sonst was. Deswegen ist folgendes nicht zu vergessen...warte...“, erklärte er und stand auf, um seinen Nachtischschrank zu öffnen und etwas rauszuholen, um es Takeru aufs Bett zu werfen. Der blinzelte und wurde sogleich rot, als er eines davon erkannte. „Kondome?“, fragte er und überlegte, warum das bei Schwulen so wichtig war, obwohl eigentlich war es ihm klar. „Und Gleitmittel, genau“, meinte Shinji und zeigte auf die Tube, die neben den Kondomen auf dem Bett lag. „Letzteres ist halt wichtig, es soll ja nicht nur wehtun, nicht?“ Takeru knabberte auf seiner Unterlippe und nickte etwas. Nicht nur? Na toll, also auf Schmerzen konnte er sich auf jeden Fall einstellen. „Und die Kondome sind so und so wichtig, ohne geht bei mir zumindest gar nichts“, erklärte Shinji weiter und irgendwie erleichterte ihn Shinjis Vorsicht. Es war ja nicht unbekannt, dass HIV auch unter schwulen Männern übertragbar war. „Das ist gut...“, lächelte Takeru etwas, worauf Shinji schmunzelte und sich zu ihm aufs Bett setzte, um sanft seinen Nacken zu kraulen. „Der Typ von dem ich dir erzählt habe, also mein Erster...der meinte zu mir, ich solle das bloß nie vernachlässigen. Erst recht nicht, weil ich noch so jung bin.“ Takeru nickte, wurde aber dann hellhörig. „Dein Erster...wie war das? Du hast es mir nie richtig erzählt“, hakte Takeru nach und schnurrte kaum hörbar, als Shinji ihn etwas fester kraulte. Er genoss die Liebkosungen seines Freundes sichtlich. Soweit er sich erinnerte, war kein Mädchen je so zu ihm gewesen. Es war immer nur umgekehrt. „Ich weiß nicht, ob es klug ist, die Geschichte zu erzählen. Die würde ein wenig sehr ins Detail gehen“, murmelte Shinji leise und streichelte Takeru über den Hals. Der schmunzelte. „Ich habe doch gesagt, es ist okay. Ich möchte es gern wissen, Shinji“, wisperte Takeru und drehte sich auf den Rücken, um seinen Kopf auf Shinjis Schoss zu legen. Der lächelte kurz, während seine Finger begannen kaum spürbar über das Gesicht des Anderen zu fahren. „Na gut, aber ich habe dich gewarnt“, meinte er und holte kurz Luft. Takeru nickte und beschloss Shinji einfach zuzuhören. Seit einer ganzen Weile, wollte er schon wissen, was da vor sich gegangen war. Da Shinji ja mal erwähnt hatte, dass das Ganze nicht ganz freiwillig passiert ist. „Also, das war so: Der Typ war früher Referendar an der Schule eines Freundes. Er war ziemlich jung, schien aber wegen seinem Studium ein halbes Jahr in einer Mittelschule tätig sein zu müssen. Jedenfalls habe ich mich mit meinem Freund damals oft getroffen und wir haben ihn immer beim nachhause gehen beobachtete. Eigentlich war das nichts besonders, aber als mein Freund dann für eine Weile krank war, bin ich allein zu unserem Treffpunkt gegangen und habe diesen Mann Tag für Tag beobachtet. Er schien mich irgendwann bemerkt zu haben und sprach mich an. Ich weiß noch, dass ich ihn damals angelogen habe und sagte, ich würde auf die Oberschule in der Nähe gehen, aber damals war ich ja noch Mittelschüler, darum hat er mich wohl für Älter gehalten. Das ging ein paar Tage so, ich habe mich mit ihm unterhalten und bin mit ihm bis zu ihm nachhause gegangen, um dann denn ganzen Weg zurück zu gehen, da ich in einer ganz anderen Gegend wohnte. Er wusste davon natürlich nichts“, erklärte Shinji und holte kurz Luft. „Eines Tages ist es anders gelaufen. Ich bin mit ihm mitgegangen und er fragte mich, ob ich nicht zu ihm rein kommen wollte, um einen Tee zu trinken. Ich fand ihn so sympathisch, dass ich zugestimmt habe.“ Takeru nickte und überlegte dann. „Aber das war sicher ganz schön unvorsichtig, oder?“, wollte er wissen und Shinji lächelte kurz gedankenverloren, ehe er antwortete: „Doch klar, es war sogar richtig dumm von mir. Aber ich war so naiv zu glauben, er würde wirklich nur Tee mit mir trinken wollen. Also bin ich mit ihm in sein Haus und habe festgestellt, dass er gänzlich allein wohnte. Klar, heute weiß ich, dass er schwul war und niemals eine Freundin haben würde, aber damals hatte ich keine Ahnung.“ Es war eigenartig, das alles von Shinji so zu hören. Nicht das es schlimm war, er wollte es ja wissen, aber es war komisch. Das war sozusagen sein Coming-Out und an sich schien er es selbst nicht einmal richtig zu bereifen. Auch heute nicht. „Also hat er mir Tee angeboten und wir saßen die ganze Zeit zusammen und haben uns unterhalten. Problem war, dass ich hätte in dem Moment schon schalten sollen, als er mich fragte, ob ich die Nacht nicht bei ihm bleiben wollte. Dumm und naiv wie ich war, habe ich meine Mutter angerufen und gesagt, ich würde bei einem Freund übernachten, da es ja ein Freitag war. Komisch daran erinnere ich mich noch...“, lachte Shinji leise und strich Takeru sanft durch die Haare. Der schmunzelte etwas und küsste die Fingerspitzen seines Freundes. „Meine Mutter hat nicht weiter nachgefragt, sie schien wirklich zu denken, ich wäre bei einem meiner Klassenkameraden. Jedenfalls war soweit alles in Ordnung, wir unterhielten uns, er schlug mir ein Bett auf...na ja und dann...“ Shinji brach kurz ab und kaute sich auf der Unterlippe herum. „Wie genau willst du es wissen, Takeru?“ Der Angesprochene blinzelte, ehe sein Gesicht sanfte Züge annahm. „Erzähl es mir so genau du kannst und willst, wenn es für dich nicht zu schlimm ist“, meinte er und lachte leise, bei Shinjis erstauntem Gesicht. „Es ist für mich nicht schlimm. Na ja, ich möchte dich lieber vorher fragen, nicht dass es dich überfordert, oder so etwas?“, murmelte der Schwarzhaarige und schien ins grübeln zu kommen, doch Takeru schüttelte den Kopf. „Unsinn, erklär es mir ruhig. Ich möchte es wirklich wissen“, meinte er und streichelte sanft über Shinjis Gesicht. „Okay. Also...“, begann der Kleinere erneut und seufzte kurz. „Er hat mich wie aus dem Nichts heraus geküsst und mich auf sein Bett gedrückt. Ohne vorher die Frage gestellt zu haben, ob das überhaupt für mich in Ordnung war. Ich war so geschockt, dass ich mich kaum bewegen konnte und als er mir dann sagte, dass mein Körper ihm gefiel, wusste ich gar nicht mehr weiter. Ich meine, ich war vierzehn, die meisten Kinder in dem Alter interessieren sich nicht annährend für solche Dinge. Ich weiß noch...dass seine Finger überall waren, dass er alles getan hat, damit ich nicht anfange zu schreien oder mich zu wehren. Wahrscheinlich hätte er dann sofort aufgehört, aber ich konnte nichts der gleichen tun. Vielleicht wollte ich es auch nicht, weil er vorsichtig und zärtlich war. Deswegen habe ich dir auch gesagt, dass er mich nicht vergewaltigt hat, weil es sich nicht so angefühlt hat. Aber ich hatte wahrscheinlich nur Glück, anderen Kindern passiert so etwas in Zusammenhang mit Gewalt und Gier.“ Shinji sah seinem Freund in die Augen, der seinen Blick erwiderte. „Aber...das ändert nichts an der Tatsache, dass er es gegen deinen ausdrücklichen Willen getan hat, oder?“, fragte er. Shinji nickte leicht. „Ja...er hat sich in diesem Moment strafbar gemacht. Dennoch, er hat nicht aufgehört und...na ja, wie gesagt, er hat mich nicht ganz richtig vorbereitete, zumindest nicht so, wie ich es später mal kennen lernte. Also...“, überlegte Shinji und grübelte kurz nach den richtigen Worten. Takeru schluckte leise, er hatte gesagt, er wollte es wissen und zwar ganz genau, also würde Shinji ihm sicher auch erklären wie das zwischen Männern ablief. Komischerweise konnte er sich daran erinnern, dass das für ihn früher immer ein Thema zum lästern war, von wegen, wie man sich so erniedrigen lassen konnte. Ob es allerdings wirklich so war, wusste er ja nicht. Er hatte es einfach angenommen, doch wenn er darüber nachdachte, wie Shinji ihn in den letzten Tagen immer mal berührt hatte, kam ihm nichts davon wie Erniedrigung vor. Auch wenn er es nie laut aussprechen würde, aber er fand es schon...heiß, wie Shinji seine Finger über seinen Körper wandern ließ und genau wusste, was sich gut anfühlte. Etwas, dass eine Frau bei einem Mann logischerweise nicht wissen konnte, zumindest nicht so genau. „Willst du wissen, wie es funktioniert, bevor ich weiter erzähle?“, fragte Shinji plötzlich und sogleich überschlugen sich Takerus Gedanken. Er wollte es nur erklären und nicht machen!, schallte es durch Takerus Kopf und er sah Shinji in einer Mischung aus Angst und Unsicherheit an, die den Kleineren zum lachen brachte. „Keine Angst, ich meinte jetzt nicht, dass ich es demonstriere, dafür ist es wohl noch ein bisschen früh“, sagte er und ließ Takeru erleichtert aufatmen. Er würde es sicher irgendwann probieren wollen, aber noch nicht jetzt. Allein der Gedanke, brachte ihn einem Nervenzusammenbruch näher. Er war ja schon von ein paar kleinen Berührungen total überfordert. „O...okay...erklären ist in Ordnung“, lachte Takeru nervös und spürte das Kribbeln in seinem Magen, als Shinji ihn zärtlich anlächelte. „Na gut“, meinte Shinji und hob seine Hand etwas. „Es ist ganz einfach dir müsste klar sein, dass man als Mann bei einem anderen nur auf eine Weiße...na ja...also...eindringen kann.“ Der Schwarzhaarige lächelte etwas verlegen, als Takeru ebenso nickte. Das hatte er davon, jetzt kam der unangenehme Teil des Gespräches. Aber er hatte es ja nicht anders gewollt, jetzt musste er dadurch. „Jedenfalls ist es wichtig den Partner zu...weiten und deswegen...“, er warf einen Blick auf das Gleitmittel auf dem Bett. „...geht es oft nicht ohne das Zeug.“ Takeru nickte leicht und spürte wie seine Wangen rot anliefen. Das Shinji so etwas aussprechen konnte, war für ihn gänzlich unverständlich. Er selbst wäre vor Scharm sicher längst im Boden versunken. Er spürte die kühlen Finger seines Freundes an seiner Haut, während er nur zwei Finger der anderen Hand ausstreckte. „Und auch nicht ohne die hier“, grinste er als Takeru knallrot im Gesicht wurde und leicht schluckte. In Ordnung, dass war in der Tat anderes, als er es von dem kannte, was er gehört hatte. Aber seine Freunde in Sapporo hatten ja auch alle Freundinnen, demnach konnte man das gar nicht vergleichen. Er hatte irgendwie ein wenig Bammel davor, dass mit sich machen zu lassen. Aber Shinji wusste sicher, was er machen konnte, dass hatte er bisher ja eindrucksvoll bewiesen. „Okay...ich glaub du hast in etwa eine Ahnung, oder? Bevor du mir hier noch vor Scham zerläufst...wäre schade drum“, stichelte Shinji freudig und brachte Takeru leise zum schnauben. Wie nett. „Es ist...eben doch ein wenig...unangenehm“, murrte er und sah in Shinjis lächelndes Gesicht. „Ist ja nicht schlimm. Möchtest du den Rest der Geschichte hören?“, fragte er, worauf Takeru nickte und hoffte, dass der peinliche Teil für heute überstanden war. „Also, wie gesagt, er hat mich eben zu wenig vorbereitet, für jemanden der das nicht gewöhnt ist, kann das am Anfang verdammt schmerzhaft sein. Während er mich noch geweitet hat, ging es, aber sobald...na ja...er richtig angefangen hat, hatte ich fürchterliche Schmerzen. Er hat alles versucht, es mir leichter zu machen, doch ich weiß, dass mein erstes Mal dadurch nicht das war, was man erwartet“, erzählte Shinji weiter. Takeru hatte das Gefühl, dass es seinen Freund noch heute nicht los ließ, dass er mit jemandem geschlafen hatte, denn er kaum kannte. Aber die Erleichterung, dass sich dieser Mensch alle Mühe gemacht hatte, es Shinji leichter zu machen, war groß. Es war gut zu wissen, dass davon keine emotionalen Schäden hinterlassen wurden. Vielleicht würde sein Kopf sonst nicht so selbstverständlich auf diesem Schoß liegen. „Ich erinnere mich allerdings noch ein sein geschocktes Gesicht, als ich ihm danach gesagt habe wie alt ich wirklich bin“, lachte Shinji leise. Der Andere blinzelte. „Ach so, er wusste das ja gar nicht“, rief er sich in Erinnerung und sah Shinji abwartend an. Jetzt wollte er wissen, was danach passiert war. „Richtig, deswegen hat er mich auch sofort in die Arme geschlossen und sich tausendmal entschuldigt. Vielleicht sah ich damals wirklich viel älter aus, dass er mir diese Lüge echt abgekauft hat. Ich weiß nicht, aber ich fand es damals schon etwas kränkend für diese Nacht eine Entschuldigung und kein Widersehen zu bekommen. Aber ich habe niemandem von dieser Nacht erzählt, vielleicht hatte ich Angst, dass er seinen Job als späterer Lehrer nicht mehr ausüben konnte, oder ich habe mich der Moral wegen nicht getraut, keine Ahnung. Jedenfalls kamen nach ihm mehrere, ich habe immer nach jemandem gesucht, der so wie er war, aber das ist natürlich vergebens. Früher waren viele mit denen ich geschlafen habe, geschockt, dass das nicht das erste Mal für mich war. Es ist komisch...“, meinte Shinji und lächelte Takeru an, der etwas verwirrt zurück blickte. „Was denn?“, wollte er wissen, erschauderte etwas, als Shinji ihm sanft durch die Haare strubbelte. „Na ja, ich habe immer ältere gesucht. Jemand der so war wie er oder mich so sanft und freundlich behandelt, ohne Erfolg. Ich wollte nie wie eine Sache gesehen werden oder eine Beziehung aufgrund von Sex aufbauen. Deswegen wollte ich auch Ryo nicht, zumal ich zu der Zeit ja schon längst verliebt war. Wahrscheinlich, bist du der erste Mensch, den ich wegen seiner selbst gern habe und der mich umgekehrt wohl genauso sieht“, gestand Shinji leise und wurde rot. Von Takeru ganz zu schweigen. Es ging nicht anders. So etwas wirklich süßes hatte er noch nie von jemandem gehört, von einem Mädchen schon mal gar nicht! Langsam setzte er sich auf, ohne Shinji auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. „Nicht „wohl genauso sieht“...ich sehe es genauso...“, wisperte er und legte seine Finger in Shinjis Nacken, um ihn an sich zu ziehen und erneut seine Lippen auf die des Kleineren zu legen. Es war wie in einem verdammt kitschigen Märchen und dennoch, konnte Takeru gar nicht anders, als es zu mögen. Kapitel 13: thirteen -------------------- „Guten Morgen!“ Belustigt beobachtete Takeru wie sein Vater und Masaki verwirrt blinzelten und für einen Moment sogar vergaßen, dass sie gerade noch am essen waren. Shinji lächelte und setzte sich gut gelaunt an den Frühstückstisch als wäre es das normalste der Welt. Klar, dass war es auch eigentlich, aber für jemanden der sonst immer so unsagbar schlechte Laune am Morgen hatte, war das hier regelrecht außerirdisch. Die beiden Jungen warfen sich einen kurzen Blick zu und tranken dann beide einen Schluck aus ihrer Tasse. „Wer bist du und was hast du mit meinem Sohn gemacht?“, fragte Masaki mit einem mal scherzhaft, worauf Shinji sie irritiert anblickte. Takeru verkniff sich ein grinsen und trank einfach in Ruhe seinen Tee weiter. Es schmeichelte ihn, dass sein Freund an diesem Montagmorgen so unglaublich gute Laune hatte. „Na hör mal, darf ich nicht fröhlich sein?“, fragte der Schwarzhaarige gespielt beleidigt nach und brachte Takeru nun endgültig zum lachen. Er konnte gar nicht sagen, wie süß dieses übertrieben schmollende Gesicht da ihm gegenüber aussah. Takerus Vater starrte seinen Sohn an, als wäre der verrückt geworden, versuchte dazu aber nichts zu sagen. Eigentlich war der Grund, warum Shinji so gut drauf war, ein denkbar einfacher. Takeru hatte versprochen seinem Freund irgendeinen Gefallen zu tun, welchen denn konnte der andere sich aussuchen – solange er nicht ZU speziell war – wenn er nur einmal nicht diese miese Laune am Frühstückstisch aufweißen würde. Und scheinbar war das gut möglich. „Na, ihr müsst ja Spaß gehabt haben, als wir nicht da waren, oder?“, fragte Takerus Vater dann doch und brachte Shinji mit einem mal auch zum glucksen, der sich aber schnell räusperte und meinte: „Na ja, eigentlich sind wir nur so drauf, weil endlich Ferien sind.“ Takeru grinste über die Ausrede nur und lehnte sich dann seufzend zurück. Ihm tat vom lachen richtig der Bauch weh. Aber eigentlich hatte Shinji recht, sie waren beide froh, endlich ihre lang ersehnten Ferien zu haben. Wenn man darüber nachdachte das sie fast drei Monate durchweg Schule gehabt hatten, waren die langen Ferien jetzt wirklich verdient. Für Takeru war es schwer zu glauben, dass er schon ein viertel Jahr hier war. „Das glaube ich euch“, lächelte Masaki und sah Shinji dann an. „Und bei diesem Projekt von dem ihr erzählt habt, macht eine Klassenkameradin mit?“ Die Angesprochenen nickten. „Ja, Unsere Klassensprecherin Akemi Minamoto“, erklärte Shinji und trank seinen Kaffee leer, ehe er aufstand und in die Küche ging, um sich neuen zu machen. Takeru sah ihm kurz unauffällig hinterher und ertappte sich dabei, seinem Freund innerlich schmachtend auf den Hintern zu sehen. Er war wirklich komisch drauf! Shinji würde sicher sonst was denken, wenn er das wüsste. Takeru grübelte. Nun, würde er wirklich? „Da fällt mir ein Takeru“, wurde er plötzlich von seinem Vater angesprochen, worauf er verwirrt in seine Richtung sah. „Hat deine Mutter letzte Woche zufällig mal angerufen?“ Takeru schüttelte langsam den Kopf. „Nein, aber die Woche davor kurz“, meinte er und überlegte, was los sein könnte, dass sein Vater ihn danach fragte. Das seine Mutter nicht jede Woche aus Amerika anrufen konnte war ja klar, dass war viel zu teuer. „Ich frag nur. Ich wusste nicht, in welchen Abschnitten sie sich meldet, weil sie damals sagte, dass sie ganz krank vor Sorge um dich wäre“, lachte sein Vater und winkte ab, als Takeru nur lachend den Kopf schüttelte. Das war typisch seine Mutter. Er überlegte kurz, während er dabei zusah, wie Shinji sich wieder an den Tisch setzte. Sollte er seiner Mutter das mit Shinji verraten? Sie würde zwar lachen und ihm sagen, dass ihm das nach all seinen Gemeinheiten wirklich recht geschah, aber sie wäre nicht geschockt, da war er sich sicher. Sein Körper zuckte leicht, während er sich bemühte die Laute, die leise aus seinem Mund drangen, zu unterdrücken und jede verdammt Sekunde machte es ihm schwerer. „Shinji...“, wisperte er und versuchte sich irgendwie zu entspannen, auch wenn es ihm kaum möglich war. „Entspann dich, Takeru“, hauchte Shinji ihm in den Nacken, worauf Takeru eine Gänsehaut über den Rücken lief. Es wurde etwas fester zugepackt. „Au...“, murrte der etwas Größere und kniff die Augen zusammen, ehe er leicht aufkeuchte. „Au verdammt! Nicht so fest!“, maulte er und entzog sich den massierenden Händen Shinjis der nur schmollte. „Was kann ich dafür, dass dein Rücken total verspannt ist!“, erwiderte der Kleinere und setzte sich mir verschränkten Armen aufs Bett. „Du hast gesagt, ich soll dich massieren.“ Takeru rieb sich die Schultern, an denen Shinji ihn gerade nicht sehr sanft berührt hatte und seufzte. Er sollte sich früher überlegen, wann er seinen Freund nach so etwas fragte. „Wenn du beim Sex auch solche Geräusche machst, hab ich ja Angst, dass ich dich quäle“, lachte der Schwarzhaarige, worauf Takeru nur rot anlief. Also wirklich, sollte Dinge konnte nur Shinji so nüchtern aussprechen. „Du bist unmöglich“, murmelte er verlegen und sah Shinji kurz aus dem Augenwinkel an, der nur grinste. „Das weißt du doch.“ Takeru seufzte. Sie waren an sich gerade mal fünf Tage zusammen und schon überlegte er ernsthaft wie das zwischen ihnen wohl ablaufen würde. Shinji hatte wirklich keine gute Wirkung auf ihn. Obwohl vielleicht doch... Seit dem kleinen Überfall Shinjis am Freitag in der Küche, war der Andere ihm erst einmal nicht mehr so nah gekommen. Wahrscheinlich glaubte er, es wäre Takeru unangenehm. Das konnte er zwar nicht bestreiten, aber wirklich gänzlich abgeneigt war er davon ja nicht. Er würde gern mal wissen, wie diese kleinen Übergriffe weitergingen, doch er traute sich nicht, seinen Freund darum zu bitten. Viel zu peinlich wäre es ihm, wenn er wieder irgendwann abblocken würde. „Du hast übrigens noch etwas gut bei mir...“, wisperte Takeru leise und knabberte sich auf der Unterlippe herum, als er das zufriedene Gesicht seines Freundes sah, als dieser daran erinnert wurde. Er wusste nicht genau, was Shinji tun würde, aber er hoffte, dass er diese geschickten Hände nochmals zu spürten bekommen würde. Ganz gleich wo...na ja, fast... „Ich weiß...aber erst möchte ich von dir wissen, was für dich okay ist?“, wollte Shinji plötzlich wissen und brachte Takeru wieder wundervoll in Verlegenheit. Der Junge wusste genau, wie er jemanden aus der Fassung bringen konnte, am allerliebsten seinen Freund. Der schluckte. Wie umschrieb er das jetzt möglichst simpel, damit es nicht nach genau dem klang, was es eigentlich heißen sollte? Takeru lachte innerlich auf. Warum war ihm das alles bloß immer so peinlich, wohingegen Shinji einfach sagte, was er dachte? „Was...was willst du denn hören?“, fragte Takeru leise und bereute seine Worte sofort, als Shinji begann zu grinsen, ehe er sich hinter seinen Freund setzte und seinen Kopf auf dessen Schultern legte. „Na ja, eben was ich machen darf, oder womit du noch ein Problem hättest. Wo ich dich anfassen darf, ohne eine gewischt zu bekommen“, säuselte der Kleinere ihm ins Ohr und wanderte mit seiner Hand bereits unter Takerus T-Shirt, jedoch nur, um leicht über dessen Bauch zu streicheln. Takeru holte leise Luft und schluckte dann. „Ich würde dir niemals...wegen so was eine wischen...“, murmelte er verlegen und schauderte, als er Shinjis leises lachen vernahm. „Ach nein? Auch nicht, wenn ich das hier...“, langsam wanderte seine Hand zwischen Takerus Beine, jedoch nur um dort liegen zu bleiben. „...tue.“ Der Größere schluckte und biss sich leicht auf die Unterlippe. Shinji hatte eine wirklich anregende Art, jemandem solche Phantasien schmackhaft zu machen. Takeru dachte im Moment nämlich tatsächlich drüber nach, dem Kleineren zu sagen, dass das völlig okay war. „Auch dann nicht...“, hauchte er und hätte sich gern die Hand vor den Mund geschlagen. Gott, wie konnte er nur... Shinji lachte erneut und zog seine Hand wieder zurück, um sie sanft mit Takerus Haarsträhnen spielen zu lassen. „Ich meine es ernst, Takeru. Erlaub mir dich zu berühren und ich werde es nur zu gern tun. Aber ohne deine Einwilligung, werde ich gar nichts machen...“, schnurrte Shinji leise und stand dann auf, um Richtung Tür zu gehen. Takeru blinzelte verwirrt. „Wo willst du hin?“, fragte er irritiert, worauf Shinji allerdings nur schmunzelte und sich an den Türrahmen lehnte. „Ein Bad nehmen. Möchtest du mitkommen?“ Takeru spürte wie seine Wangen heiß wurden. Wie konnte Shinji ihm nur so ein -verlockendes - Angebot machen? Er würde vor Scharm sterben! „Ich...aber...“ Shinji grinste frech. „Willst du, oder nicht? Du hast gesagt ich habe noch etwas gut bei dir, also würde ich mir wünschen, mit dir zusammen zu baden. Wir sind doch ohnehin allein unsere Eltern sind arbeiten...also warum nicht?“, stichelte Shinji belustigt, obwohl Takeru sich sicher war, dass sein Freund das wirklich ernst meinte. Verdammt war das peinlich! Er hatte ja viel erwartet, aber DAS... Das würde er doch niemals können und erst recht nicht, wenn er darüber nachdachte Shinji...nackt zusehen. Er erschauderte angenehm. Vielleicht wollte er es sogar sehen...aber er war viel zu verlegen, als jetzt wirklich ja zu sagen. Auch wenn es Shinji, der sich umdrehte und den Raum verließ – natürlich nicht ohne sich noch einmal mit diesem leuchten in den Augen umzudrehen – ihm nicht gerade einfacher machte. Er grummelte leise, Shinji ließ ihm die Wahl. Er konnte jederzeit mitgehen oder hier bleiben. Klar, er hatte ja selbst gesagt, er würde Takeru nicht drängen – auch wenn der sich das gerade gewünscht hätte, dann müsste er nun nicht hier sitzen und grübeln. Es war zum verrückt werden! Sollte er, oder sollte er nicht? Es war niemand außer ihnen im Haus, keiner würde das mitbekommen und doch, wehrte sich diese alte Gewohntheit in Takeru, daran nichts Gutes zu sehen. Obwohl es genug davon gab! Es sprach doch nichts dagegen, sich dieser kleinen „Herausforderung“ zu stellen, oder? Takeru rang mit sich. Diese Neugierde, was wäre, wenn sie sich für eine Weile so nah waren, konnte man fast greifen. Dennoch wusste Takeru nicht, ob er sich Shinji schon so gänzlich unbekleidet zeigen wollte. Herrgott, er hörte sich an, wie ein Mädchen, dass Angst hatte von ihrem ersten Freund nackt gesehen zu werden. Da konnte doch wirklich nichts dabei sein! Erstaunt stellte Takeru fest, dass er bereits vorm Badezimmer stand, als er zu dieser Überlegung kam. Er hatte gar nicht gemerkt, dass er seinem Freund irgendwie doch gefolgt war. Langsam öffnete er die Tür und sah direkt in Shinjis dunkle Augen, während der Junge selbst am Rand der Badewanne saß – mit nicht mehr als T-Shirt und Shorts an. „Ich wusste, dass du nicht widerstehen kannst“, schnurrte die weiche Stimme, des Schwarzhaarigen Takeru entgegen, wie ein Singsang der ihn ins Verderben lockte. Verderben...wenn es nicht so lächerlich klingen würde... „Wie sollte ich...“, murmelte Takeru mehr zu sich selbst und doch hatte Shinji ihn verstanden. Der grinste noch etwas breiter und stellte das Wasser ab, ehe er aufstand und sich das Shirt über den Kopf zog, als Takeru die Tür schloss. „Willst du in Klamotten baden?“, fragte der Kleinere scherzhaft und zwinkerte leicht. „Keine Angst, ich schau auch weg, bis du in der Wanne bist.“ Takeru spürte das leichte Kribbeln in seinem Bauch, als er Shinjis Oberkörper betrachtete. Man konnte vieles sagen, aber dieser Junge war wirklich hübsch. Die schlanke Figur, die helle Haut – es war schwer, nicht für dein Kleineren zu schwärmen. Jedenfalls für Takeru. Langsam erwachte er aus seiner Starre und sah peinlich berührt zur Seite, als Shinji sich gänzlich entkleidete und sich seufzend in die Badewanne sinken ließ. Takeru schmunzelte. Er beschloss einfach, sich nicht anmerken zu lassen, wie verlegen er eigentlich war, als er sich seines Oberteils und der Hose entledigte, um diese in den kleinen Korb an der Tür zu legen, ehe er Shinji ansah, der ihn die ganze Zeit mustert. „Ist ja gut...“, schmunzelte der und drehte seinen Kopf zur Wand, doch Takeru war sich sicher, auf den hellen Wangen einen leichten Rotschimmer kannte zu haben. Langsam legte Takeru seine Shorts zu den anderen Klamotten und biss sich etwas auf die Unterlippe, als er sich ebenfalls in die Wanne sinken ließ und wirklich froh war, dass Shinji weggesehen hatte. Es war ihm einfach zu peinlich. „Du bist süß“, hauchte sein Freund plötzlich leise und lächelte ihn auf eine weiße an, die Takeru sofort schwach werden lassen konnte. „Bin ich?“, fragte er leise und brachte Shinji zum lachen, ehe der sich umdrehte und sich ohne ein Kommentar mit dem Rücken an Takerus Brustkorb lehnte. Er schauderte etwas und spürte diese leichte Hitze in seinem Gesicht, als Shinji seinen Kopf etwas zu ihm nach hinten wandte, um seinem Freund sanft einen Kuss auf die Lippen zu hauchen. Es war noch immer befremdlich für ihn, dass er diesem Jungen so verdammt nah war. Nicht nur jetzt im Moment, auch in den ganzen letzten Tagen. Das sie zusammen waren, sich küssten, berührten und eigentlich ein ganz normales Pärchen waren. Takeru hatte soviel erwartet, soviel „anderes“, doch es war nichts Verwerfliches zu bemerken, obwohl er es erwartet hätte. Beweiß genug, war eigentlich, dass sie hier zusammen in einer Badewanne saßen, als wäre es das Normalste auf der Welt. „Woran denkst du?“, wisperte Shinji plötzlich, als er sich von Takeru gelöst hatte. Seine Augen lagen auf halbmast und Takeru spürte wie Shinjis Finger sanft über sein linkes Bein fuhren. Konnte jemand eigentlich noch erotischer aussehen? „Nur daran, dass ich nicht erwartet habe, dass unsere Beziehung irgendwie...etwas normales an sich haben könnte“, hauchte Takeru seinem Freund gegen die Lippen, der sichtbar erschauderte. Das Rot im Gesicht des anderen Jungen wurde dunkler, als er lächelte und seinen Kopf wieder etwas nach vorn drehte, um sich an den Größeren zu lehnen. „Findest du? Eigentlich weiß ich ja nicht einmal, wie es sich anfühlt eine „normale“ Beziehung zu haben“, meinte Shinji und seufzte kurz, ehe er scheinbar verwundert über die Tatsache war, dass Takerus Finger sich sanft ihren Weg über seinen Oberkörper suchten. „Davon merk ich fast gar nichts“, murmelte Takeru und begann ganz vorsichtig Shinjis Schulter zu küssen. Bisher waren solche Annährungen immer von dem Schwarzhaarigen ausgegangen, doch Takeru wollte versuchen, ob er dazu auch in der Lage war. Er war ja nun nicht gänzlich unerfahren... Sanft fuhr seine Hand über die feuchte Haut des anderen, ehe er mit dem Daumen kaum merklich über Shinjis rechte Brustwarze strich, der leicht zuckte. Takeru sah kurz auf, ehe er sich wieder dem Nacken seines Freundes widmete und nun ein wenig mutiger wurde. Seine Finger kniffen leicht zu, so wie es Shinji bei ihm getan hatte, aber nicht ganz so nachdrücklich. Ein leichtes Grinsen bildete sich auf seinem Gesicht, als Shinji unterdrückt zischte und seine Finger in Takerus Bein krallte. Nicht fest, aber gut spürbar. Das Spiel konnte er also auch spielen. Während er fast zärtlich in das weiche Fleisch der Schulter biss, wanderte seine andere Hand ebenfalls über den Oberkörper und blieb an der gleichen Stelle rasten, nur auf der linken Seite. „Ah...“, machte Shinji leise, als er von beiden Seiten sanft gekniffen wurde und legte seine Hand in Takerus Haare. Er legte den Kopf in den Nacken und atmete leicht abgehakt, als Takeru das Spielchen wiederholte. „Woher...?“, murmelte er leise und keuchte kurz etwas lauter, worauf er sich leicht auf die Lippe biss. „Du hast es mir doch vorgemacht“, schnurrte Takeru ihm sanft ins Ohr und gefiel sich in der Rolle desjenigen, der die Zügel in der Hand hielt. Er konnte dieses Gefühl in sich nicht beschreiben, es war umwerfend, wie Shinji unruhiger wurde und kleine Laute des Wohlgefallens von sich gab. Jetzt verstand er, warum Shinji ihn so überfallen hatte. „Du lernst aber schnell...“, lächelte Shinji und zuckte dann leicht, mit der Hüfte, als Takeru erneut – dieses Mal etwas fester – zukniff. „Verdammt...du machst mich an...“ Takeru rieselte bei den Worten ein feiner Schauer über den Rücken. Shinji konnte wirklich direkt sein, aber zumindest war er ehrlich. „Aha...“, erwiderte Takeru frech und war in diesem Moment sehr erstaunt über sich selbst. Auch wenn ihm diese Art an sich gefiel, war sie dennoch völlig neu. Seine Finger umkreisten die kleinen Erhebungen etwas und er spürte wie Shinji immer unruhiger wurde. Shinji warf seinen Kopf in den Nacken und legte ihn dann auf Takerus Schulter, um diesen keuchend ins Ohr zu atmen. Der Anblick dieses Jungen – wie er sich immer unruhiger bewegte – reichte aus, um Takeru schlucken zu lassen. Wie konnte sich jemand nur so... Er stockte, als Shinji sich genüsslich über die Lippen leckte. Fast automatisch, wanderte Takerus eine Hand an Shinjis Körper tiefer - vielleicht aus eigenem Reflex – wurde aber von Shinjis Blick aufgehalten. „Willst du das wirklich?“, fragte er mit leiser, rauer Stimme und erst jetzt merkte Takeru, was er gerade im Begriff war zu tun. Noch lag seine Hand auf dem Unterbauch des Kleineren und nur ein zweifeln trennte sie von dem Wasser, welches den Blick auf alles andere versperrte. „Ich weiß nicht...“, murmelte Takeru und geriet tatsächlich ins Grübeln. Die ganze Atmosphäre hatte ihn so gefangen und irgendwie auch ein wenig erregt, das er nur das getan hatte, was er bei sich auch tun würde. „Du musst das nicht machen, wenn du willst oder nicht weiterweißt...“, hauchte Shinji und genau in dem Moment blinzelte Takeru verwirrt. „Glaub nicht, dass ich nicht weiß was ich zutun habe“, schmunzelte er und musst bei Shinjis anregendem Blick grinsen. An diesem Spielchen konnte man wirklich gefallen finden. „Mach mich nicht so neugierig...“, murrte Shinjis leise. Takeru überlegte, während er Shinji frech in die Brustwarze kniff, der darauf wieder zuckte und die Augen zukniff. Er wusste längst, wie erregt der Kleine im Augenblick wohl war und egal, wie sehr es ihm widerstrebte, so etwas bei einem anderen Jungen zu tun – wobei Shinji ohnehin eine Ausnahme war – es kostete ihn weniger Überwindung, als wenn man es bei ihm tat. Auch wenn er nicht verstand warum, aber es juckte ihm etwas in den Fingern, allein schon Shinjis Gesicht dabei zu sehen. Takeru schauderte wohlig, der Kerl hatte es wirklich geschafft, seinen Freund solche Dinge denken zu lassen! Das konnte doch nur Absicht sein. Es war eigenartig der zu sein, der diesen Schritt ging, bevor ihn Shinji selbst gegangen war. Eigentlich hatte Takeru wirklich gedacht, dass alle Annährungen nur von seinem Freund ausgehen würden. Obwohl das auch ohnehin nicht wirklich fair war. „Tue ich das?“, hauchte Takeru als Antwort auf Shinjis Aussage und kniff erneut fest zu, sodass Shinji etwas lauter keuchte. Seine Hand wanderte wieder etwas tiefer. „Du brauchst das nicht...zu machen...“, meinte Shinji wieder leise, doch im nächsten Moment verließ ein unterdrücktes Stöhnen seine Lippen. Takerus Hand hatte ihr Ziel sozusagen erreicht und legte sich vorsichtig um die Erektion des anderen. „Takeru?“, hauchte Shinji etwas zweifelnd, keuchte aber nur laut, als Takerus Hand kurz auf und ab wanderte. „Wie du merkst, weiß ich gut was ich tue...“, murmelte er und begann wieder an Shinjis weicher Haut zu knabbern. Seine Bewegungen wurden etwas schneller, worauf der Schwarzhaarige stöhnend den Kopf in den Nacken warf und Takeru zum grinsen brachte. „Und wie du das weißt...“, seufzte Shinji rau und schnappte plötzlich nach Takerus Lippen. Der Kuss mochte nicht lange halten – da Shinji kaum genug Luft bekam – aber er reichte aus, um Takeru etwas mutiger werden zu lassen. Seine Finger wurden erneut etwas schneller, während er - mit seinem Daumen - fest über die Spitze des Gliedes fuhr und Shinji erneut zum stöhnen brachte. „Bitte...“, wimmerte der Kleinere und sah Takeru bettelnd an. Der grinste und genoss den Anblick, der sich ihm da bot. Wie konnte man nur so anregend zu beobachten sein, während man diesen kleinen Dienst erwiesen bekam. Takeru war von diesem erregten Gesicht geradezu geblendet, was ihn dazu brachte, seine Berührungen noch etwas nachdrücklicher werden zu lassen. „Ah!“, machte Shinji erneut leise und vergrub halb sein Gesicht in Takerus Halsbeuge, dabei drehte er sich ein wenig. Takeru spürte, wie Shinjis Körper leicht zuckte, ehe er mit einem unterdrückten Stöhnen in der Hand seines Freundes kam und sich sichtbar auf die Unterlippe biss. Takeru zog seine Hand aus dem Wasser und stellte trotz dessen, diesen leicht weißlichen Film auf seinen Fingern fest. Irgendwie musste er grinsen, es war wirklich anregend, zu wissen, wer der Grund hierfür gewesen war. Er spürte wie Shinji sich zu ihm umdrehte und nun in den Armen seines Freundes lag, um ihn mit verklärtem Blick anzusehen. „Das...das hätte ich dir jetzt nicht...zugetraut“, wisperte er und leckte sich über die Lippen, ehe er seinen Kopf auf Takerus Brustkorb legte. Der legte leicht seinen Arm um Shinji. „Ich mir ehrlich gesagt auch nicht“, meinte er und lächelte, als Shinji wieder zu ihm aufsah. Das war wirklich nicht unangenehm gewesen, etwas seltsam, schließlich hatte er so was nie bei einem anderen Jungen getan, aber nicht abstoßen oder so etwas Ähnliches. Und Shinjis geschafftes Gesicht vor seinen Augen, war die größte Genugtuung in diesem Augenblick. Shinji sah kurz hinter sich und seufzte. „Das Wasser sollten wir am besten ablassen“, schmunzelte er und legte seinen Kopf wieder auf Takerus Schulter. „Besser...“ Sanft legte er seine Arme um seinen Freund und seufzte zufrieden. Er war sich sicher, ein wenig von seiner Verlegenheit eingebüßt zu haben. „Da fällt mir ein“, meinte Shinji leise, als sie gerade dabei waren sich wieder anzuziehen. Takeru drehte sich zu seinem Freund um, der sich gerade sein T-Shirt überzog und den Blick dann erwiderte. „Willst du deiner Mutter eigentlich irgendwann von uns erzählen? Du wirkst irgendwie so.“ Takeru blinzelte und überlegte dann, während er sich seine Hose wieder anzog. Er hatte ja bereits darüber nachgedacht. Shinji wusste ja ziemlich gut, wie Takerus Mutter zu diesem Thema stand. Eigentlich gab es niemanden, der aufgeschlossener war. „Sicher, ich denke, sie würde es auch verstehen. Aber ich kann ihr das nicht am Telefon sagen. Sie kommt erst Ende des Schuljahres wieder nach Japan, also kann ich erst dann mit ihr reden“, meinte er und lächelte Shinji an, der sich leicht auf die Unterlippe bis und Takeru seufzend umarmte. Der blinzelte kurz und legte dann seine Arme ebenfalls um den schlanken Körper seines Freundes. „Ich weiß nicht, was noch passiert, aber ich möchte nicht, dass du irgendwann zurück nach Sapporo gehst...um mich vielleicht zu vergessen“, murmelte er und vergrub sein Gesicht in Takerus Halsbeuge, der für den Moment glaubte, sich verhört zu haben. Wie bitte, sollte er Shinji denn vergessen? „Als ob ich dazu jemals in der Lage wäre“, meinte er und hauchte einen sanften Kuss auf Shinjis Haaransatz. Wie konnte der Kerl so was überhaupt denken? „Außerdem bin ich mir nicht mal sicher, ob ich zurück nach Sapporo gehen werde. Ich müsste mich schließlich wieder umgewöhnen und das in der Oberstufe zu machen, ist keine gute Idee.“ Er lachte. Das war wirklich eine dreiste Lüge, die Schule war ihm doch egal, dass würde schon irgendwie hinhauen, aber der Gedanke einfach wieder von hier wegzugehen und Shinji allein zu lassen, machte ihn ganz fertig. Noch deutlicher konnte es eigentlich nicht sein...er war wirklich völlig vernarrt in diesen Jungen. Der lachte leise und sah dann auf. „Du bist wirklich süß. Aber gut, ich hoffe einfach, dass du hier bei mir bleibst. Denn ich weiß nicht, ob ich es zulassen kann, dass du mich irgendwann verlässt“, lächelte er und sogleich spürte Takeru das angenehme Kribbeln in seinem Bauch wieder. Er würde Shinji so schnell auch nicht wieder gehen lassen, erst recht nicht, nachdem er sich solche Dinge in seiner Gegenwart traute, einfach nur um dieses wundervolle Gesicht zu sehen. „Ich bleib hier...“, murmelte er und legte seinerseits seine Lippen auf Shinjis. Er wollte nicht so feige sein und wegen Kleinigkeiten jemanden wie ihn verlieren. Vielleicht war er dafür zu verliebt. Kapitel 14: fourteen -------------------- „Also dann mache ich die Aufteilung erstmal und ihr die Einleitung. Danach fangen wir zusammen mit dem Hauptteil an, okay?“ Abwechselnd wurden beide Jungen von Akemi angesehen, die langsam nickten und ihre Infoblätter durchguckten. Das junge Mädchen nahm einen Schluck Tee, den Masaki ihr vor gut einer viertel Stunde gebrecht hatte. Mittlerweile war es Ende Juli, was hieß, dass die erste Woche Ferien nun schon ihr Ende gefunden hatte. Bald würde der August beginnen und irgendwie war Takeru erstaunt, wie schnell die Zeit herumging. Shinji begann leise zu gähnen und lehnte sich an Takerus Schulter der leicht schmunzelte. Sie saßen nun schon seit gut zwei Stunden hier in Shinjis Zimmer und brüteten über ihrem Projekt, welches sie bis zum Ende der Ferien fertig haben mussten. Akemi musste die beiden Jungen zwar immer zum mitarbeiten zwingen, aber sie beschwerte sich nicht ernsthaft. Sie wussten ja alle drei, dass sich dagegen nichts machen ließ. Takeru strich Shinji sanft durch die weichen Haare und lachte, als er auf seinen Schoß rutschte und dort liegen blieb. Shinji war schon seit Tagen irgendwie abgespannt, aber niemand wusste so richtig warum, selbst Takeru nicht. Wenn man darüber nachdachte, dass der Schwarzhaarige nicht gerade zu den Leuten gehörte, die wenig schliefen, wirkte er völlig unausgeruht. Akemi kicherte leise, als Shinji die Augen schloss und es sich in Takerus „Armen“ bequem machte. „Hey“, lachte der Größere und kraulte den anderen sanft im Nacken. Dass das eher dazu führte, dass Shinji begann einzuschlafen, hätte er natürlich nicht erwartet. „Na toll, jetzt schläft er“, schmunzelte Takeru und strich dem Kleineren zärtlich eine Strähne aus dem Gesicht. Akemi lächelte leicht. „Er scheint wirklich müde zu sein“, bemerkte sie und sah wohl dabei zu, wie Takeru seinen Freund hochhob und den schlafenden Körper auf dem Bett ablegte. „Das ist es in den letzten Tagen ständig, obwohl er wirklich viel schläft“, dachte Takeru laut und antwortete damit gleich auf Akemis Feststellung, ehe er sich zu ihr umdrehte. „Gehen wir nach unten und lassen ihn schlafen, okay?“, fragte er weiter, worauf das junge Mädchen nickte und aufstand. „Huch? Sind jetzt alle weg, oder was?“, fragte Takeru laut, als er weder Masaki noch seinen Vater irgendwo entdeckte. Also waren schon wieder alle ausgeflogen ohne etwas zu sagen. „Ich glaube, deine Mutter sagte vorhin, dass sie noch mal weg wollte“, sprach Akemi plötzlich, während sie Takeru in die Küche folgte. Der lachte. „Masaki ist nicht meine Mutter, sondern Shinjis. Aber mein Vater wohnt hier noch“, erklärte er und fragte das Mädchen, ob sie denn etwas trinken wollte. Diese nickte. „Saft wäre lieb“, meinte sie und setzt sich dann, nachdem Takeru ihr den Wunsch erfüllt hatte, mit ihm an den Wohnzimmertisch. „Ach so, deine Mutter ist ja in Amerika, nicht wahr?“, fragte sie. Takeru nickte langsam. „Ja, sie kommt erst Ende des Schuljahres nach Japan zurück.“ Akemi nickte verstehend und trank einen Schluck aus ihrem Glas. „Weiß sie das über euch beide?“, fragte sie, worauf Takeru den Kopf schüttelte und sich zurücklehnte. „Nein, aber ich werde es ihr erzählen, wenn sie wieder zurück ist“, meinte er und trank ebenfalls einen Schluck. „Und sie hat kein Problem damit? Ich meine, was sagen denn Shinjis Mutter und dein Vater dazu?“, hakte sie weiter nach und irgendwie kam Takeru der Gedanke, dass sie sich für dieses Thema wunderbar begeistern konnte. „Meine Mutter ist da sehr aufgeschlossen. Jedoch darf ich Masaki und meinem Vater nichts von dieser Beziehung erzählen, Shinji ist dagegen“, erläuterte er ihr und seufzte leise. Sie waren noch nicht lange zusammen und konnten bis jetzt gut vorspielen, dass sich zwischen ihnen nichts geändert hat. Aber das würde wahrscheinlich nicht ewig so weitergehen, zumal sie beide schon verdammt vorsichtig sein mussten, dass ihre kleinen flüchtigen Berührungen nicht bemerkt wurden. Und wenn es nur ein Kuss war, der entdeckt werden konnte, das war für Shinji wahrscheinlich die Hölle auf Erden. Akemi blinzelte. „Warum ist er denn dagegen? Ich meine, soviel ich weiß, hat er doch noch nie Interesse an Mädchen gezeigt, dass muss seine Mutter doch auch bemerkt haben, oder?“, wollte sie wissen. Takeru zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, ob Masaki was davon gemerkt hat, Shinji hat über so etwas nie gesprochen. Zumindest sagte er mir das. Er möchte einfach nicht, dass seine Mutter herausbekommt, dass er schwul ist.“ Irgendwie war das schwieriger als gedacht, da sie als Pärchen unter einem Dach lebten, würde früher oder später sicher jemand Dinge sehen, die er nicht sehen sollte. Takeru selbst war das egal, er hatte weder mit Masaki noch mit seinem Vater viel zu tun und kein Problem mit beiden aneinander zu geraten. Nun gut, Shinjis Mutter würde er ungern schlecht behandeln, aber sein Vater hatte es – in Takerus Augen – mehr als verdient. Eigentlich würde ihm diese Retourkutsche mal ganz recht tun. „Aber so wie sie auf mich gewirkt hat, schien sich nicht irgendwie intolerant, oder so etwas“, setzte Akemi plötzlich wieder zu sprechen an und schien zu überlegen, während sie ihren Saft leer trank. „Klar, ich denke auch nicht, dass sie sich irgendwie negativ äußern würde, aber ich glaube, Shinji will sie vielleicht nicht „enttäuschen“...“, meinte Takeru und ließ bewusst den wahren Grund heraus. Akemi musste nicht wissen, wie jung Shinjis gewesen war, als er sein Coming-out hatte. Akemi lachte leise. „Ich glaube nicht, dass man das „enttäuschen“ nennen kann. Immerhin seid ihr ein wirklich schönes Paar“, lächelte sie und sogleich trieben ihre Worte Takeru die Röte ins Gesicht. Ein schönes Paar? Herrje, konnte etwas noch kitschiger sein? „Sind wir?“, fragte er leise und biss sich auf der Unterlippe herum, doch Akemi hatte seine sichtbare Verlegenheit bereits bemerkt. Sie kicherte. „Ist ja süß“, brachte sie lachend hervor. „Ich meine es ernst. Weißt du, ich war zwar nicht wirklich sauer darüber von dir einen Korb zu bekommen, aber es hat mich innerlich ein wenig gekränkt für einen Jungen verschmäht zu werden.“ Takeru blinzelte. Das war das erste Mal, dass Akemi darüber sprach. Die ganze Zeit hatte sie sich über ihre Empfindungen ausgeschwiegen. „Oh...das tut mir leid“, murmelte er, doch Akemi winkte nur lächelnd ab. „Ach was, hör auf dich zu entschuldigen. Immerhin bin ich froh, dass ihr beiden zu einander gefunden habt.“ Sie wirkte fröhlich, obwohl Takeru sich sicher war, dass es ihr schwer fiel das alles völlig zu akzeptieren. Dennoch beschwerte sie sich nicht, schien froh zu sein, mit den beiden Jungs so befreundet zu sein. „Also dann, wir sehen uns nächste Woche.“ Akemi umarmte ihn kurz und winkte dann, als sie das Haus verließ. „Vergiss nicht Shinji zu sagen, dass es mir leid tut, mich nicht verabschiedet zu haben“, rief sie noch und ließ dann die Straße nach unten Richtung Hauptstraße. Takeru lächelte und schloss die Tür, um sich seufzend an das kühle Holz zu lehnen. Irgendwie war er ganz durcheinander. Klar, Akemi beabsichtigtet nicht ihm ein schlechtes Gewissen zu machen, aber es war schon ein wenig komisch. Das musste sich für ein Mädchen doch wie ein unschönes Schlag ins Gesicht anfühlen, wenn der Junge, für den sie sich interessierte plötzlich...na ja schwul wurde. Takeru knabberte sich an der Unterlippe herum. Wenn er ehrlich war, dann würde er Shinji niemals für eine Frau verlassen. Wahrscheinlich war diese Beziehung bereits jetzt schon so intensiv, als würde sie schon länger andauern. Vielleicht war das aber auch nur am Anfang, aber es entzog sich seiner Vorstellungskraft, dass dieses Gefühl jemals nachlassen sollte. Vielleicht sagte man deswegen „Wahre Liebe gab es nur zwischen Männern“? Er schüttelte den Kopf. Langsam ging er die Treppen nach oben und sah kurz in Shinjis Zimmer. Sein Freund lag noch immer schlafend auf seinem Bett, auf den Bauch gedreht und sein Kissen fest an sich geklammert. Irgendwie war dieses Bild zu süß, als das Takeru hätte einfach wieder gehen können. So leise er konnte – um Shinji nicht zu wecken – betrat er den Raum und setzte auf die Kante des Bettes. Seine Finger strichen zärtlich über das schlafende Gesicht des Kleineren, der kaum hörbar schnurrte. Wenn er so darüber nachdachte, konnte niemand Shinji das Wasser reichen, kein Mädchen und auch kein anderer Junge. Er wollte nur ihn und niemanden sonst. Takeru seufzte leise, als seine Finger über die weichen Lippen des Kleineren wanderten und er konnte sich einfach nicht zurück halten. Ohne darüber nachzudenken lehnte er sich nach unten und küsste seinen Freund sanft. In der letzten Woche war zwischen ihnen nur wenig passiert, wenn man es mit den ersten paar Tagen verglich. Noch immer kribbelte sein Körper, wenn er darüber nachdachte, wie er mit Shinji in der Badewanne gelegen hatte und... Weiter kamen seine Gedanken nicht. Im nächsten Augenblick wurde er gepackt und herumgerissen, sodass er auf den Bett lag und Shinji sich über ihn beugte. Wann war er aufgewacht? „Na sieh mal einer an, überfällst du mich jetzt im Schlaf?“, fragte der Kleinere mit belegter, scherzhafter Stimme, doch ihm war anzuhören, dass er tatsächlich gerade erst aufgewacht war. Seine Augen waren nur halb geöffnet und ihm schien bewusst zu sein, wie erotisch das auf Takeru wirkte. „Es war zu einladend“, gestand Takeru lächelnd und strich sanft über Shinjis Gesicht, der leicht den Kopf hob, um sich über den Hals streichen zu lassen. „Interessant“, schnurrte er und leckte sich mit der Zunge über die Lippen. Oh, er sah so verboten gut aus. „Und darf ich dich nun auch mal überfallen?“ Leicht biss er sich auf die Unterlippe, es war ja nicht so, dass er nun nicht neugierig war. Doch er wollte sich zusammenreißen, nicht schon wieder einen Rückzieher machen. „Wenn du möchtest“, bot Takeru ihm an, als würde es im die Butter beim Frühstück gehen. Shinji grinste leicht und legte seine Lippen ohne umschweife auf Takerus Hals. Dann biss er leicht zu, saugte sich fest und brachte den Größeren zum keuchen. „Oh, bitte nicht...das sieht man doch!“, jammerte er, doch Shinji ließ sich nicht beirren, sondern wanderte mit seiner Hand unter Takerus T-Shirt und begann – wie schon so oft – fest über die empfindlichen Brustwarzen seines Freundes zu streichen. Da hatte er wirklich einen schwachen Punkt entdeckt. Takerus Körper zuckte leicht. Wie konnte man nur so genau wissen, wo man den anderen anfassen musste, dass der völlig den Verstand verlor? Er keuchte immer wieder leise und krallte seine Finger in Shinjis Haaren fest. Erneut war er völlig gefangen von seinen Empfindungen, die es ihm schwer machten, einen klaren Satz über die Lippen zu bringen. „Du...machst mich...verrückt“, wisperte er und spürte sogleich, wie er etwas fester gekniffen wurde. Sein Gesicht färbte sich noch etwas röter, als es ohnehin schon war, ehe Shinji von seinem Hals abließ und leicht mit der Zunge über die malträtierte Stelle fuhr. „Ja, ich glaube das sieht man“, lächelte er und zog seine Hand wieder unter Takerus T-Shirt hervor. Der versuchte wieder zu Atem zu kommen. „Na danke“, wisperte er und sah seinen Freund dann gespielt tadelnd an, der nur grinste. Dann wurde sein Blick ein wenig ernster. „Takeru?“, meinte er und strich dem Angesprochenen zärtlich durch die dunklen Haare. Der nickte langsam. „Ich möchte etwas versuchen, sag mir bitte, wenn es dir zuviel wird, in Ordnung?“ Takeru blinzelte irritiert und spürte dann wie sein Gesicht etwas heißer wurde. Wenn Shinji ihn schon so fragte, dann würde es sicher in eine Richtung gehen, vor der er sich noch etwas fürchtete. Aber er konnte ja jederzeit sagen, wenn er es nicht wollte. „Okay...“, hauchte er und erhielt einen kurzen Kuss von Shinji, ehe dieser sich auf seiner Hüfte niederließ. „Setzt dich mal ein Stück auf.“ Takeru nickte langsam und tat wie ihm geheißen. Er stützte sich mit seinen Armen nach hinten ab, damit er nicht Gefahr lief, sich wieder fallen zu lassen. Shinji rutschte etwas tiefer und setzte sich auf Takerus Oberschenkel. Nun wollte er es doch wissen. Es fiel ihm etwas schwer, sich vorzustellen, was sein Freund nun mit ihm vorhatte und überhaupt, war es ihm immer ein wenig peinlich, wenn er Shinji alles überließ. „Was hast du vor?“, fragte er deswegen leise, worauf Shinji ihm kurz in die Augen sah. „Ich will etwas versuchen, habe ich doch gesagt. Lass mich einfach machen“, hauchte er und lächelte Takeru sanft entgegen, der nur leicht rot wurde und geistesabwesend nickte. Langsam legte der Kleinere seine Lippen, auf die des anderen. Es war, als wolle er ihn jetzt schon ablenken. Erst später spürte Takeru wie seine Hose aufgeknöpft wurde und eine kühle Hand, über seinen Unterbauch fuhr. Er erschauderte, als er über all die denkbar verschiedenen Möglichkeiten nachdachte, was das zu bedeuten hatte. Aber er würde sich nun zusammenreißen und keinen Rückzieher mehr machen. Schließlich wusste Shinji ganz genau was er tat, immerhin war er der mit der meisten Erfahrung. Takeru zuckte leicht zusammen, als Shinji sich von ihm löste und noch ein weiteres Stück nach unten rutschte, um Takerus Hose von dessen Beinen zu ziehen. Okay, jetzt wurde es offensichtlich. „Shinji?“, fragte er zweifelnd, doch der Kleinere lächelte ihn nur sanft entgegen und legte dann fast schon vorsichtig seine Hand auf Takerus Oberschenkel. Während er fahrig über die weiche Haut streichelte, sah Shinji wieder auf. „Leg dich wieder hin, Takeru“, raunte er und sogleich jagte ihm ein heißer Schauer über den Rücken. Allein diese Stimmlage sagte mehr über das aus, was nun wahrscheinlich folgte, als jedes Wort der Welt. Mit einem mulmigen Gefühl, ließ Takeru sich nach hinten fallen und beschloss Shinji einfach machen zu lassen. Sie hatten zusammen gebadet und Takeru hatte sich selbst sogar noch ein wenig weiter gewagt, also würde er das jetzt auch überstehen. „Überstehen“ wie das klang, das war doch keine Mutprobe oder so etwas. Mit einem Schaudern spürte er, wie seine Shorts leicht nach unten gezogen wurde, doch er war sich sicher, dass man bisher kaum etwas sah. Für eine Weile geschah nichts, doch kaum hatte er darüber nachgedacht, was Shinji nun eigentlich damit bezwecken wollte, verließ ein abgehaktes Keuchen seine Lippen. Er spürte die Zunge Shinjis, die - mit feinster Genauigkeit - sanft über seine Hüfte leckte und war sich bereits jetzt nicht so sicher, ob er das wirklich wollte. Nicht, dass es sich schlecht anfühlte - ganz im Gegenteil - war es war ihm einfach zu peinlich. Jedes einzelne Gefühl war ihm so fremd, dass es glaubte, sich nie daran gewöhnen zu können und doch sorgte Shinji dafür, dass er sich nicht schlecht fühlte. Sein Körper verkrampfte sich von ganz allein, als seine Shorts ihm nun in die Kniekehlen gezogen wurde. Sein Gesicht färbte sich röter, als es ohnehin schon war. Gott, was tat Shinji hier nur mit ihm? „Alles okay?“, fragte Shinji leise. Es beruhigte Takeru ungemein, dass Shinji ihn fragte und wissen wollte, wie er sich fühlte. „Ja...“, hauchte er und versuchte sich ein wenig zu beruhigen. Es war so komisch, fast gänzlich unbekleidet vor seinem Freund zu liegen und sich auf das verlassen zu müssen, was der Kleinere für richtig hielt. Leicht wurde Takerus Bein etwas angehoben und Shinjis Finger streichelten zärtlich über die empfindliche Haut. Schon jetzt keuchte Takeru leise und krallte seine Finger in das Laken unter sich. „Bleib ganz ruhig, ich will dich nur ein bisschen verwöhnen“, erklang Shinjis raue Stimme und Takeru hätte lügen müssen, wenn ihn das nicht tatsächlich etwas beruhigt hätte. Er konnte sich in etwas denken, was nun auf ihn zukam und hoffte, dass er nicht doch noch zurückschreckte. „Dann tu es...“, schnurrte Takeru leise und atmete leise aus. Er war eigentlich nichts sonderlich fordernd, aber die Neugier über das, was nun kam, überwiegte einfach. Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, warf er sogleich seinen Kopf in den Nacken und gab ein leises Stöhnen von sich. Shinjis Zunge hatte ohne umschweife oder weitere Warnung begonnen, über Takerus gesamtes Glied zu lecken und diesen mehr als nur überrascht. Verflucht, es war nur eine kurze Berührung gewesen und schon wusste er nicht mehr wo oben und unten war. „Na so was, dass scheint dir ja schon mal zu gefallen“, stichelte Shinji und Takeru war sich absolut sicher, dass sein Freund grinste. Verlegen legte er einen Arm über seine Augen. Shinji hauchte leicht gegen seine Erektion und ließ Takeru erneut keuchen. Der wusste wirklich genau, was er tun musste! Und kaum hatte er darüber nachgedacht, schlossen sich schon die sinnlichen Lippen Shinjis um ihn und zeigten ihm deutlich, was sie konnten. Und was sie alles konnten! Immer wieder verließ abgehaktes Stöhnen seine Lippen. Jede noch so kleine Bewegung von Shinjis Lippen, seiner Zunge oder seinen Händen wurde mehr als gierig von Takeru aufgesogen. Dieser Junge wusste wirklich was er tun musste, um seinen Freund mehr und mehr zu erregen. „Shinji...“, wisperte er und suchte nach den Haarsträhnen des Kleineren, krallte sich in sie, als er sie gefunden hatte. Auch wenn die Berührungen intensiver wurden, dachte Takeru nicht einmal mehr daran, dass es ihm eigentlich peinlich oder unangenehm sein sollte, was hier geschah. Im Gegenteil, er begann sich sogar leicht unter den spielerischen Bewegungen Shinjis zu winden, keuchte auf, wenn er abließ und wieder leicht gegen die feuchten Spuren hauchte. Er krallte sich fester in das weiße Laken unter seinem Körper, als Shinji begann leicht Schluckbewegungen zu imitieren. Allein diese kurze Tatsache reichte aus, um Takeru an den Rand seiner Selbstbeherrschung zu bringen. Er würde das Gewiss nicht mehr lange aushalten, dafür waren die Berührungen einfach zu eindringlich. Es reichte so wenig aus, um seine Gedanken völlig zu verklären. Er krallte sich fester in die weichen Haare des anderen. Dann war es um das letzte bisschen Selbstbeherrschung in ihm geschehen. Er gab dem Drängen in seinem Inneren nach, um – mit einem genüsslichen Stöhnen - zwischen den Lippen seines Freundes zu kommen. Schmerzhaft holte Takeru Luft und spürte wie Shinji von ihm abließ, um sich aufreizend über die Lippen leckte. Dann lehnte er sich wieder nach oben und kraulte Takeru unterm Kinn. „Und, war es sehr schlimm?“, fragte er leise, worauf Takeru nur geschafft den Kopf schüttelte und lächelte. Dann lehnte er sich etwas vor und wollte Shinji küssen, der ihm jedoch einen Finger auf die Lippen legte. „Möchtest du das wirklich?“, fragte er und sah seinen Freund mit einem feinen Grinsen an. Wahrscheinlich wusste er, dass Takeru sich nicht sicher war, ob er sich selbst in diesem Kuss schmecken wollte. Aber jetzt war es ihm auch egal, irgendwie hatte er das Bedürfnis es zu tun. Langsam nahm er Shinjis Hand in seine Eigene und legte besonnen seine Lippen auf die des anderen, der einen erstaunten Laut von sich gab. Natürlich, er hatte nicht erwartet, dass Takeru das wirklichen tun würde. Und tatsächlich, dieser Kuss schmeckte gänzlich anders, doch er verbot es sich, zu schaudern. Es war nicht gänzlich unangenehm, aber dennoch komisch. Als sich ihre Lippen voneinander lösten spürte er Shinjis Blick auf sich. Verwirrt blinzelte Takeru. „Was ist denn?“, wollte er wissen. Shinji wurde etwas rot und räusperte sich in einer Verhaltenheit, die ganz und gar nicht zu ihm passte. „Du überraschst mich immer wieder“, gestand er leise und sah seinem Freund dann in die Augen, ehe er ihn nun von sich aus küsste. Natürlich war Shinji überrascht, aber was erwartete er, wenn er solche Dinge mit Takeru tat? Irgendwann musste das ja mal abfärben. Der Größere grinste in den Kuss hinein und legte seine Arme um Shinjis Hals. Der schnurrte zufrieden, dann entzogen sich seine Lippen wieder Takerus. Kapitel 15: fifteen ------------------- Keine zwei Wochen später schleppte Takeru seufzend einen vollen Beutel mit Einkäufen nachhause und fragte sich, was er eigentlich verbrochen haben musste, um so gestraft zu sein. Sein Vater hatte ihn gefragt, ob er Tee und Kaffee einkaufen gehen würde und wie es der Zufall so wollte, hatte Masaki das mitbekommen und ihn gefragt, ob er nicht noch ein paar andere „Kleinigkeiten“ – die keine waren – mitbrachte. Shinji war selbstverständlich so schnell er konnte in seinem Zimmer verschwunden, mit der ausrede ein wenig zu lernen, immerhin fing die Schule bald wieder an. Na wunderbar, eigentlich lernte er mit Sicherheit nicht ein Stück, sondern schmollte auf seine ganz eigene Weise darüber, dass zwischen ihm und Takeru noch immer nicht mehr, als ein paar kleine Scheue Berührungen stattgefunden hatten. Ja, er war nun mal unsicher und wusste nicht so ganz, mit Shinjis fordernden Berührungen umzugehen. Auch wenn er sich an den Körper seines Freundes weitestgehend gewöhnt hatte, bedeutete es unheimlich viel Überwindung diesen – zugegebenermaßen mehr als hübschen – Jungen so nah an den seinen zu lassen. Also saß Shinji des Öfteren beleidigt in seinem Zimmer und ließ Takeru nicht mehr, als ein leises Stöhnen - das ihn beinahe wahnsinnig machte – hören. Irgendwann würde er sich schon daran gewöhnen und es soweit kommen lassen. Er brauchte nur noch ein klein wenig Zeit. Mit einem beleidigten Grummeln verlagerte der Dunkelhaarige sein Gewicht um die Tüten leichter tragen zu können. Ließ er Shinji vielleicht zu lange auf dem Trocknen sitzen? Der hatte ihm zwar gesagt, er könne warten, aber im Grunde genommen, war er ja auch nur ein Mann. Selbst Takeru konnte den ständigen, wirklich verführerischen Angeboten seines Freundes kaum widerstehen. Es war zum verrückt werden! Akemi tauchte immer einmal in der Woche auf, um sich mit den beiden Jungen zusammen zu setzen und das Projekt abzusprechen, das sie für die Schule bearbeiten sollte. Sie schien wirklich eine Art „Girly“-Verhalten an den Tag zu legen, wenn sie Takeru und Shinji so eng umschlungen erblickte. Ihre Stimme wurde merklich höher und sie beobachtete das Paar mit regelrecht glänzenden Augen. Takeru wusste mittlerweile nicht mehr, ob er das krankhaft oder mysteriös finden sollte, wohingegen Shinji darauf nur immer schmunzelte. Er schien zu wissen, was mit dem Mädchen los war, dass sie regelrecht anhimmelte. Aber eigentlich, konnte Takeru sich fast denken, was in sie gefahren war. Ein schwules Pärchen, natürlich fanden Frauen so etwas auf Dauer interessant. Doch selbst wenn, er dachte seltener darüber nach, wie er und Shinji auf andere wirken mussten, wenngleich er sich in Vorsicht üben musste. Ihre Eltern durften noch immer nichts davon wissen, selbst wenn man immer mehr zu der Annahme kam, dass zumindest Masaki sehr tolerant war. Erneut verließ ein seufzen Takerus Lippen, als er reichlich gelangweilt an der U-Bahnstation vorbei lief, ohne sich umzusehen. Seine Gedanken drehten sich eher immer um das gleiche Thema, was seiner Auffassungsgabe scheinbar doch etwas schadete, als er mit jemandem zusammenstieß. Verwirrt blinzelte er und verbeugte sich entschuldigend. „Das tut mir leid, Entschuldigung“, meinte er und lächelte etwas, doch alles was er als Antwort bekam war ein schnauben, dass ihm nur allzu bekannt vorkam. Mit einem unterdrückten Knurren wurde der Junge an jemanden erinnert, denn er wirklich ungern zu Gesicht bekam. Sein Blick hob sich und er starrte direkt in ein paar dunkle Augen, die ihn mehr als herablassend musterten. Fest biss sich Takeru auf die Unterlippe. Ryo... „Hey, Kleiner“, machte der Größere und verschränkte die Arme vor der Brust, beinahe so, als würde er in eine Art Abwehrhaltung verfallen. Takeru spürte wie ihm die Farbe aus dem Gesicht wich, ehe er langsam ein paar Schritte rückwärts ging. „Lange nicht gesehen“, lächelte Takeru verhalten und versuchte so gut es ging, Abstand von dem Jungen zu bekommen, auf den er noch immer nicht sonderlich gut zu sprechen war. Nicht nur, dass dieser Kerl unzählige Male mit Shinji angebandelt hatte, er war auch greifend eifersüchtig auf Takeru gewesen und umgekehrt hätte der ihn auch gern zum Teufel gejagt. Außerdem hatte dieser Kerl einen unausstehlichen Charakter und schien die Angewohnheit zu haben andere gern als sein Eigentum zu bezeichnen. Shinji war dabei wohl sein Lieblingsopfer. Takeru schluckte die aufkommende Wut herunter, es war mit Sicherheit nicht klug, jetzt Streit anzufangen. Er wollte eigentlich nur nachhause. „Nicht lange genug“, lachte Ryo plötzlich abfallend und sah Takeru süffisant an, der leicht grummelte. Was sollte der Unsinn? Er hatte dem Kerl doch gar nichts getan? „Bitte was?“, fragte er spitz und hätte sich gern die Hand vor den Mund geschlagen. Er sollte jetzt einfach den Mund halten und nachhause gehen. Doch er konnte nichts gegen seine aufkommende Wut tun, dieser Kerl war ihm einfach zuwider. „Du hast mich schon verstanden, Kleiner“, meinte der. Takeru zischte leise. „Hör auf mich Kleiner zu nennen!“ Ryo grinste leicht. Irgendwie machte diese kurze Gestik Takeru noch aggressiver als er ohnehin schon war. „Aber natürlich. Du fühlst dich selbstverständlich groß, mit deinem hübschen Kätzchen an deiner Seite“, säuselte er kühl und brachte Takerus Augenbraue gefährlich zum Zucken. Der machte sich über Shinji und ihn lustig! „Mach Witze über mich soviel du willst, aber halte Shinji da raus!“, fauchte er ungehalten, doch alles was ihm gelang, war Ryo weiter zum lachen zu bringen. „Ich soll ihn da also raushalten? Nun, er war dumm genug, mit einer Hete zusammen zu kommen, die nicht einmal ansatzweise zu wissen scheint worauf sie sich einlässt.“ Takeru starrte den Größeren an. Wie konnte er es eigentlich wagen, aus heiterem Himmel so etwas zu behaupten?! „Nenn mich nicht Hete, ich weiß sehr genug auf was ich mich eingelassen habe!“, knurrte er und schreckte verwirrt zurück, als Ryo ihm näher kam und einen Arm fest um seine Hüfte legte. Geschockt rutschte der Beutel aus seiner Hand und fiel mit einem ungesunden Klimpern auf den Boden. Doch das war ihm gleich, viel verdatterter schaute er in die kühlen, braunen Augen Ryos, die ihm plötzlich weitaus näher als noch vor ein paar Minuten waren. Eine Hand legte sich unter sein Kinn und hob es in ungesunde Höhe zu den Lippen des anderen Jungen. Er spürte wie sich sein Leib versteifte, als er eine aufdringliche Hand, an seinem Hintern spürte. „Du bist also keine Hete, hm? Dann hast du also genügend Erfahrung, um Shinji das Wasser reichen zu können, ja?“, fragte Ryo leise und streifte kurz Takerus Lippen mit seinen, der angeekelt ein Stück nach hinten auszuweichen versuchte. Niemand außer Shinji durfte sich das erlauben und ihn dort berühren! „Bleib gefälligst auf Abstand“, drohte der Kleinere leise, doch alles was er erreichte war, das Ryo belustigt schmunzelte. „Bleib du lieber Shinji fern. Er ist nichts für dich.“ Die Worte des anderen brachten Takeru zum erzittern. Was redete der da? Es war doch wohl Shinjis sowie seine Entscheidung, wie nahe sie sich standen. „Was soll das heißen?“, zischte Takeru und schlug nach hinten, um die Hand des anderen von seinem Hintern zu lösen. Dieser Typ war ihm gerade etwas zu suspekt. Der lachte nur und hielt Takerus Kinn etwas festern. „Das soll heißen: Er ist Wein, du bist nur Wasser. Es bringt nicht viel, wenn man das mischt“, wisperte Ryo süffisant und hauchte auffordernd gegen Takerus Lippen, der jedoch nur den Kopf zur Seite drehte und froh war, als sich der Kerl endlich von ihm gelöst hatte. Ryo drehte Takeru den Rücken zu und winkte ihm noch kurz lässig und keineswegs ernsthaft. „Richte Shinji schöne Grüße von mir aus, Kleiner“, war alles was man von ihm noch vernahm, ehe er die Treppen Richtung U-Bahnstation nach unten ging und einen verdatterten, ahnungslosen Jungen zurück ließ. Zitternd ballte Takeru seine Hände zu Fäusten. Was hatten die letzten Worte bedeutet? Von wegen: Wein und Wasser und „Es bringt nichts, wenn man es mischt“? Was bildete der Kerl sich eigentlich ein? Er hatte nicht das Recht Takeru so etwas entgegen zu werfen, schließlich hatte Shinji ihn abgewiesen! Und sich auch noch diese Frechheit heraus zu nehmen, ihn so leichtfertig zu berühren, es ekelte ihn an! Takeru biss sich fest auf seine Unterlippe. Waren Shinji und er so verschieden? Sie zu mischen...brachte nichts? Weil sie nicht zusammen passten? Weil Takeru zu wenig Erfahrung hatte? Ja, er konnte Shinji nicht das Wasser reichen, in keinerlei Hinsicht. Aber so direkt hatte er diesen Fakt nie betrachtet. Er hatte sich einfach in diesen Jungen verliebt, ohne darüber nachzudenken, dass sie überhaupt keine Gemeinsamkeiten hatten. Er spürte wie sich sein Herz verkrampfte. Da hatte Ryo ihm wirklich einen schönen Floh ins Ohr gesetzt und der wisperte Takeru immer wieder zu, wie dumm er war, sich diese ganze Sache so einfach vorzustellen. Ryo hatte Recht, Shinji war Wein und Takeru bloß Wasser. Das passte nicht zusammen, vielleicht hatte Shinji auch jemanden anderen verdient. Oder sie hätten niemals zusammen kommen dürfen? Schnell schüttelte er seinen Kopf. Unsinn, er durfte sich von diesen verräterischen Worten nicht einlullen lassen! Er liebte Shinji schließlich und er hatte auch verdammt lange gebraucht um sich das einzugestehen. Dennoch ließen ihn die Kommentare Ryos nicht los. Sie geisterten durch seinen Kopf wie kleine Fetzen eines Ohrwurmes, der ihn immer wieder das gleiche Lied hören ließ. Jetzt fühlte sich Takeru schlecht, weil er Shinji nie an sich heran ließ. Jedenfalls nicht so, wie es sich sein Freund wünschte. Hatte Ryo das gemeint mit „genügend Erfahrung“? Er wusste doch gar nicht wie das zwischen Männern funktionierte. Selbst wenn er sich schon ein bisschen was getraut hatte, wollte er keinen Schritt weiter gehen. Seit zwei Wochen plagte ihn das Gefühl, niemals soweit zu sein. Würde Shinji sich wieder von ihm trennen, wenn er bemerkte, dass Takeru sich weiterhin quer stellte? Er würde es doch bestimmt irgendwann leid sein zu warten, oder? Ein paar Minuten – in denen Takeru nur dagestanden und gegrübelt hatte – später, beugte er sich nach unten und hob den Beutel mit den Einkäufen auf, um sie endlich einigermaßen heil nachhause zu bringen. Als er vor der Haustür ankam, hielt er jedoch inne. Er wollte auf keinen Fall in seinem jetzigen Zustand mit Shinji reden, mit Sicherheit würde er irgendetwas Dummes sagen. Wie sollte er seinem Freund gegenüber treten, wenn er sich seiner Gedanken im Augenblick so unsicher war? Während er grübelte, setzte sich sein Körper wieder in Bewegung und er schloss die Tür auf, um einzutreten und sich seiner Schuhe zu entledigen. „Hey, da bist du ja endlich.“ Takeru zuckte zusammen. Er wollte Shinji doch eigentlich erst einmal aus dem Weg gehen, um etwas klarer im Kopf zu werden. Warum stand der Kerl jetzt vor ihm? Takeru atmete leise ein und aus. „Hm“, machte er dann nur leise und ging einfach schnurstracks an Shinji vorbei, ohne ihn anzusehen, um in der Küche angekommen, Masaki den Beutel zu reichen. Die sah ihn kurz verwirrt an, genau wie Shinji, der Takeru hinterher gelaufen war. Beide schienen sich aus seiner Verschwiegenheit keinen Reim machen zu können. „Ich hoffe es ist noch alles ganz, die Tüte ist mir zwischendurch mal kurz herunter gefallen“, lächelte er und drehte sich dann, bevor Masaki irgendetwas sagen konnte, auf dem Absatz um und verschwand nach oben in sein Zimmer. --- Achtung! Dieses Kapitel ist das Letzte für dieses Jahr! Ich habe die nächsten Wochen zutun und werde wohl so schnell nicht mehr zum weiterschreiben kommen! Ich wünsche schon mal frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins Jahr 2010! Kapitel 16: sixteen ------------------- So gut es ihm möglich war, versuchte Takeru das Klopfen an seiner Tür zu ignorieren. Er brachte es einfach nicht über sich, jetzt mit Shinji zu reden, obwohl es vielleicht besser wäre. Noch immer kreisten die Worte Ryos in seinem Kopf herum und brachten ihn beinahe um den Verstand. Was war er für Shinji? Würde er ihm irgendwann zu anstrengend? Warum hatte er solche Angst, mit dem anderen zu schlafen? Es war zum verrückt werden und Takeru konnte nichts aber auch gar nichts gegen seine trüben Gedanken tun. „Takeru! Bitte mach die Tür auf, was ist denn los?“, rief Shinji von draußen nun schon zum achten Mal. Takeru hatte mitgezählt, weil es ihn beruhigte. Gleichmaßen war ihm zum heulen zumute, immer wenn er Shinjis Stimme hörte, die nun fast schon verzweifelt nach ihm rief. „Takeru bitte...“, wimmerte die feine Stimme seines Freundes und brach Takeru beinahe gänzlich das Herz. Shinji wusste, dass er sich nicht aus Spaß an der Freude eingeschlossen hatte und nun mit an den Körper gezogenen Beinen auf seinem Bett saß. Er war so durcheinander. Das was er dachte war ja nicht einmal sonderlich sinnvoll. Oder doch? War es von Bedeutung, dass er Angst hatte Shinji zu verlieren? Dass dieser hübsche Junge irgendwann die Nase voll von ihm haben könnte? Mit Sicherheit. „Takeru...wenn etwas passiert ist, bitte rede mit mir. Zerbrich dir nicht alleine den Kopf und lass mich hier draußen stehen“, hörte er erneut Shinjis Stimme und bekam langsam aber sicher ein schlechtes Gewissen. „Shinji?“, fragte Takeru leise und konnte sich gut vorstellen, wie der Angesprochene aufhorchte. „Ja?“ Takeru lächelte bitter und stand auf, um sich mit dem Rücken an seine Zimmertür zu lehnen. „Bin ich zu verklemmt oder zu zurückhaltend für dich?“, wollte er wissen und hörte wie Shinji verwirrt die Luft einzog. „Wie kommst den auf sowas?“, stellte der Junge die Gegenfrage, doch Takeru antwortete ihm nicht. „Bin ich dir vielleicht...“, er schluckte leise, „...nicht aufgeschlossen genug? Also...stört dich das an mir?“ Erneut hörte man Shinji unruhig einatmen. „Hör auf mich so etwas zu fragen, Takeru“, bestimmte der andere plötzlich schroff und ließ Takeru zusammenzucken. Diesen Tonfall hatte er von seinem Freund noch nie gehört. „Aber...“, wisperte er, Shinji jedoch knurrte nur gut hörbar, obwohl eine Tür sie trennte. „Mach die Tür auf!“, blaffte er und erneut zuckte Takeru verschreckt zusammen. War das gerade wirklich Shinji? So forsch und bestimmend kannte er ihn gar nicht. Das machte beinahe Angst. Nahezu vorsichtig wanderte Takerus Hand zum Schloss und drehte den Schlüssel einmal herum, um dann ein paar Schritte von der Tür wegzugehen. Langsam drückte sein Freund die Klinke nach unten und starrte ihm schweigend entgegen. Zumindest so lange, bis er die Tür hinter sich wieder ge- und verschlossen hatte. Dann riss Takeru verwirrt die Augen auf. Shinji war mit schnellen Schritten auf ihn zugekommen, hatte eine Hand in seinen Nacken gelegt und ihn in einen innigen Kuss gezogen. „Das will ich nie wieder hören“, wisperte Shinji Takeru entgegen, als sie sich von einander gelöst hatten. Er lächelte, als der Größere ihn verwirrt anstarrte. Was für eine Reaktion... Gerade wollte Takeru etwas sagen, da wurde ihm von Shinji schon ein leichter Schubs gegeben und er landete auf seinem Bett. Keine Sekunde später lehnte sich der Schwarzhaarige schon über ihn. „Wie kommst du auf die Idee, dass mich solche Kleinigkeiten an dir stören könnten? Nachdem was du vor einer Weile mit mir im Badezimmer abgezogen hast, kann ich bei dir wirklich nicht von Unaufgeschlossenheit reden“, lachte Shinji leise und wanderte mit seiner Hand zielstrebig unter Takerus T-Shirt der leicht zuckte. Wann genau waren sie denn da wieder angelangt? „Ich...“, murmelte Takeru und sah betreten zur Seite, als er Shinjis stechenden Blick bemerkte. Sein Körper zuckte etwas, als sich schlanke Finger an seinen Brustwarzen zu schaffen machten. Dieser Junge hatte wirklich durchschlagende Argumente parat. „Warum kommst du plötzlich heim und ignorierst mich, hm? Und dann stellst du mich solche Fragen, da kann doch etwas nicht in Ordnung sein. Sag mir die Wahrheit, Takeru“, forderte sein Freund mit einer Stimmlage, die erotischer und kühler nicht mehr sein konnte. Es war schwer, einen sinnvollen Satz zu formulieren. Vor allem in anbetracht dessen, dass flinke Finger mit seinem Körper zu spielen begannen. Wie konnte Shinji so etwas nur verbinden? „Ich habe...Ryo vorhin...“, weiter kam er nicht, der gereizte Blick Shinjis hielt ihn vom Weitersprechen ab. „Dieser...“, knurrte er und zog seine Hand unter Takerus Shirt hervor. „Das ist doch das Letzte! Meinem Freund einfach irgendwelchen Unsinn einzureden.“ Verwirrt blinzelte er und starrte Shinji verwirrt an. „Ich habe doch noch gar nichts weiter gesagt...“, murmelte er, zuckte jedoch zusammen als sein Freund erbost grummelte und ihn ansah. „Sag mir genau, was er getan oder gesagt hat.“ „Er hat bitte WAS?“ Verschreckt zuckte Takeru zusammen, als er Shinjis wütenden Aufschrei vernahm. Er hatte seinem Freund in aller Einzelheit erzählen müssen, was sich Ryo geleistet hatte und Shinji wirkte nicht gerade so, als würde er sich in den nächsten paar Minuten wieder beruhigen wollen. „So einen Schwachsinn zu behaupten ist eine Sache, aber MEINEN Freund einfach anzutatschen wie es ihm passt, ist wirklich zuviel!“, erboste sich der Kleinere und sah Takeru ins Gesicht, der leicht blinzelte. So wütend hatte er den anderen wirklich noch nie erlebt. „Beruhig dich, Shinji“, lachte der Größere sanft, doch Shinji grummelte nur, eher seine Finger besitzergreifend auf Takerus Hintern legte. Der wurde Augenblicklich rot. „Denkst du ich kann ruhig bleiben, wenn dich jemand anfasst, wo selbst ich nicht noch nicht berührt habe?!“ Takerus Augenbraue zuckte leicht. Ach, da lief der Hase lang? Ein leichtes Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Vielleicht sollte er versuchen, doch etwas auf Shinji zuzukommen. Ohne groß drüber nachzudenken, warf er Shinji nun auf den Rücken und setzte sich kurzerhand auf dessen Hüfte. „Hör zu, ich habe nicht vor, mir weiterhin über dieses Gerede Gedanken zu machen. Mir ist es ehrlich lieber, jetzt von dir zu hören, ob ich dir zu zurückhaltend bin“, forderte er nun seinerseits und brachte Shinji erst zum blinzeln, dann zum grinsen. „Das fragst du mich, während du dich in so einer Position befindest?“, wollte er wissen. Takeru lachte leise. „Ich würde es nicht fragen, würdest du nicht immer so beleidigt reagieren, wenn ich nein sage“, seufzte er und sah Shinji kurzzeitig in die Augen, bevor dieser seinen Kopf zur Seite drehte und ebenfalls ein Seufzen von sich gab. „Was aber nicht daran liegt, dass es dir unangenehm ist.“ Der Schwarzhaarige sah ihm in die Augen und biss sich etwas auf die Unterlippe. „Ich habe eher das Gefühl, dass...“. Er stockte und setzte sich etwas aus, sodass Takeru nun auf seinem Schoß saß. „Das?“ Shinji sah ihn erneut mit einem so niedergeschlagenen Blick an, dass Takeru ihn im Augenblick lieber in den Arm genommen hätte. Es schien ihn wirklich Überwindung zu kosten, darüber zu reden. „Das...dich etwas an mir...anekelt“, wisperte Shinji nun leise. Takeru spürte regelrecht wie er de Augen aufriss und seinen Freund ansah, als hätte dieser ihm vom Ende der Welt erzählt. Shinji dachte bitte was? Niemals hätte Takeru geglaubt, dass er tatsächlich diesen Endruck erweckt hatte. Also war Shinjis Anspielung über die Sache im Badezimmer nur eine reine Farce gewesen? Er machte sich dennoch Gedanken. „Wie bitte kommst du auf so etwas?“, wollte er regelrecht bestürzt wissen. Es deprimierte ihn schlichtweg, Shinji dieses Gefühl übermittelt zu haben, wo er doch einfach nur Unsicher war. Der Schwarzhaarige biss sich fest auf die Unterlippe und sah verlegen in eine andere Richtung. „Nun, es hätte ja sein können, dass dir das neulich gar nicht gefallen hat“, murmelte Shinji verlegen und brachte auch Takeru dazu etwas dunkler anzulaufen. Gott, wie konnte man sich nur so missverstehen? „Allein für diesen dummen Gedanken sollte ich dich schlagen“, zischte Takeru leise, als er betreten zur Seite sah und sich fragte, wie er diesen Unsinn aus Shinjis Kopf wieder herausbekommen sollte. Gab er seinem Freund denn tatsächlich das Gefühl nicht begehrenswert oder gar abschreckend zu sein? Shinji war gewiss das klare Gegenteil von dem, was er sich selbst einredete. Langsam wanderte Takerus Finger zum Kinn Shinjis und hoben es so weit an, dass sie sich in die Augen sahen. „Glaub mir, du machst es mir schwer genug, dich nicht begehrenswert zu finden. Warum sollte es mir nicht gefallen haben? Es ist mir nur…unangenehm“, wisperte Takeru leise und sah dem Schwarzhaarigen entschuldigend in die Augen. Er wollte seinem Freund nicht so ein Gefühl übermitteln und in diesem Glauben wollte er ihn erst recht nicht lassen. Nach Ryos Worten war er verwirrt gewesen, wollte nicht mit Shinji reden, weil er Angst hatte es könnte sich irgendwie bewahrheiten. Aber ihm war eigentlich klar, dass dieser Kerl nur eifersüchtig war, da er schon so lange versucht hatte Shinji als seinen Geliebten zu gewinnen. Jener sah Takeru lange in die Augen und schmunzelte etwas, ehe er Takerus Hand leicht von sich schob und sich auf seinen Ellenbogen abstützte. „Ich weiß“, meinte er leise, schien zu wissen, dass es gar keinen anderen Grund geben konnte. „Bitte hör nicht auf Ryos Unsinn. Er will uns nur auseinander bringen, vergisst dabei aber, dass er ohnehin keine Chance bei mir hat. Ich habe mich nur auf reiner Verzweiflung mit ihm eingelassen.“ Takeru nickte langsam. Sein Freund schien wahrlich oft Probleme mit sich selbst gehabt zu haben und auch jetzt quälten ihn die Erinnerungen an seine Vergangenheit tief. Früher hatte er immer geglaubt, Homosexuelle wären in einem gestörten Umfeld aufgewachsen, doch nachdem er Shinji kennen gelernt hatte, waren all diese unsinnigen Vorurteile dahin. Auf dem Gesicht des Schwarzhaarigen erschien plötzlich ein Lächeln. „Danke“, wisperte er und küsste seinen Freund kurz, der verwirrt blinzelte. „Wofür?“, fragte er und Shinji lachte nur leise. „Das ist dich bei mir haben darf. Als...als ich dich zum ersten Mal sah, wusste ich nicht wie ich mit dir umgehen sollte. Du warst so völlig anders als ich, deswegen hatte ich Angst, dir zu sagen, dass ich schwul bin. Als du dann so wütend warst und mich verurteilt hast, war es noch schwieriger“, erklärte Shinji leise und senkte den Kopf. Er wirkte so, als wolle er sich für sein Verhalten in den ganzen letzten Monaten rechtfertigen, wohingegen Takeru eher das Bedürfnis hegte, sich selbst entschuldigen zu müssen. „Ich...“, begann jener leise und schluckte. „Ich habe mich eher wie ein Idiot benommen, wie konnte ich wissen, dass ich selbst irgendwann...so werden könnte. Und es ist nicht einmal schlimm.“ Er lächelte, als Shinji ihm erstaunt entgegenblickte. „Was ich sagen möchte: Ich finde es nicht schlimm von dir auf welche Art und Weise auch immer berührt zu werden. Ich habe auch kein Problem mit dem Schmerz der mich erwarten könnte, aber mir macht der Gedanke selbst nach wie vor Angst. Verstehst du? Ich ekele mich nicht vor dir, ganz in Gegenteil. Ich bin einfach noch in diesem Trott, nicht aus meiner Haut zu können. Ehrlich gesagt, fühle ich mich eher schlecht deswegen“, erläuterte Takeru und lächelte verlegen. Noch nie hatte er es gewagt vor Shinji einen derart ausführlichen Monolog zu führen. Aber es hatte ihn einfach nicht losgelassen, erst recht nicht nach seinem ständigen Abblocken und dem zufälligen Treffen mit Ryo. Er wollte Shinji nie wieder das Gefühl geben, ihm nicht wichtig oder gar zuwider zu sein. Denn dem war nicht so. Er leibte diesen Jungen und es hatte ihm viel Überwindung gekostet sich das erst einmal einzugestehen. „Du bist süß“, wisperte sein Freund plötzlich leise, ehe er seine Arme um Takerus Hals schlang und ihn an sich zog. Sogleich wurde er rot und spürte deutlich Shinjis Atem an seinem Ohr. „Ich werde es mir merken, Takeru. Von jetzt an, versuche ich diese Gedanken loszuwerden“, sprach er leise und lachte hörbar, als Takeru sich enger an ihn schmiegte. Dieser schluckte leise und erhob erneut seine Stimme: „Ich...ich will...“ Takeru brach ab, wenngleich er doch endlich aussprechen wollte, was ihm beschäftigt. Doch er war einfach zu verlegen. Shinji gab ein leises „Hm?“ von sich, worauf Takeru seinen Mut fasste und sich auf die Unterlippe biss. „Ich meine...ich will...mit dir schlafen...nur gib mir noch ein...bisschen Zeit.“ Er spürte wie Shinjis Körper sich versteifte und er leise lachte. „Ja...ich werde warten...“ Kapitel 17: seventeen --------------------- In allererster Linie muss ich mich entschuldigen! Ich wollte letzte Woche schon das neue Kapitel hochladen, doch mein Internet hat beinahe zwei Wochen gestreikt. Deswegen gibt es nun gleich zwei neue Kapitel! --- Reichlich genervt marschierte Shinji an seiner Mutter vorbei und machte sich seinen Kaffee, als wäre es alles, was noch zählte. Takeru für seinen Teil beobachtete das Schauspiel nur seufzend und trank seinen Tee aus, ehe er sich erhob und zum Kühlschrank ging. Sein Vater war vertieft in seine Zeitung und Masaki versuchte Shinji davon zu überzeugen, das er seinen Kaffee verschütten würde, wenn die Tasse noch weiter gefüllt werden würde. Alles in allem war dieser Morgen mehr als normal, ja beinahe schon langweilig. Dennoch hatte Shinjis Laune – im Gegensatz zu jedem anderen morgen – einen Grund. Die Ferien waren vorbei und sie mussten ab heute wieder zur Schule. Es entnervt ja sogar Takeru darüber nachzudenken, aber nicht aufgrund der Schule selbst. Nein, er würde Ryo begegnen und genau das macht ihn verrückt. Er wollte diesen Kerl weder sehen noch hören, selbst wenn seine Begegnung mit ihm bereits Wochen her war. Noch immer saß sein Gerede tief, auch wenn Takeru nicht einmal Shinji davon erzählt hatte. Wie sollte er auch, eigentlich hatte er seinem Freund ja gesagt, er würde sich davon nicht einlullen lassen. Nun, im grunde genommen hatte er aber genau das getan. Ihr Schulweg gestaltete sich etwas entspannter, nach drei Tassen Kaffee war Shinji ansprechbar und auch einigermaßen gut gelaunt. Und als Akemi dann noch zu ihnen stieß schien er niemals schlecht gelaunt gewesen zu sein. Das Mädchen war Shinji wirklich sehr sympathisch geworden und auch sonst, hatten sie sich in den Ferien alle drei sehr oft getroffen. Nicht nur aufgrund ihres Projektes, sondern auch einfach mal so, aus Spaß. „Wir müssen das fertige Projekt heute abgeben, oder?“, wollte Shinji nach einer Weile wissen, worauf Akemi nickte. „Ja, ich habe auch alles noch einmal durchgesehen. Ich denke, das wird wirklich gut“, erklärte sie und lachte, als Takeru meinte, er wäre völlig unfähig diesen ganzen kram vorzutragen. Dennoch wurde ihre Aufgelassene Stimmung je getrübt, als sie in der letzten langen Straße von jemandem abgefangen wurden, der Takeru sogleich etwas aggressiver werden ließ. Unter all den Menschen, mit denen er in den letzten paar Stunden gerechnet hatte, war dieser der jenige, den er am wenigsten sehen oder treffen wollte. Shinjis Blick verdunkelte sich merklich. „Ryo“, meinte er und verzog etwas genervt das Gesicht, worauf der Angesprochene nur lachte. „So eine üble Laune am frühen Morgen?“, fragte er und kam auf sie zu. Unbemerkt wich Takeru einen Schritt zurück, worauf er beinahe Akemi angerempelt hätte, die die Szene misstrauisch beäugte. Sie wusste, was zwischen Shinji und diesem Jungen vorgefallen war, wenn auch nicht so gut, dass sie etwas dazu sagen würde. Takeru für seinen Teil jedoch, wusste nicht ganz wie er die Situation einschätzen sollte. Shinji wirkte plötzlich gar nicht mehr so ausgelassen, wie noch vor wenigen Minuten. Sein Körper hatte sich merklich versteift, was für seine Blicke gewiss nicht sprechen konnte. Ganz und gar nicht, er wirkte ein wenig so, als würde er Ryo gern sehr schnell wieder loswerden wollen. Zu verdenken war es ihm jedoch nicht. „Wenn ich dich zu Gesicht bekomme, habe ich wohl allen Grund dazu“, zischte Shinji leise und erstaunte für einen Moment selbst Takeru. Er wusste ja, dass sein Freund manchmal sehr ehrlich sein konnte, aber soviel Wut seinerseits, dass war ihm beinahe gänzlich neu. Ryo lachte und hob gespielt abwehrend die Hände. „Oh Verzeihung, dass ich es mir erlaubt habe auf dich zu warten“, stichelte er, worauf Shinji nur schnaufte. Takeru seufzte unhörbar. „Was willst du?“ Shinji sah dem Jungen gereizt in die Augen, beinahe so, als wolle er ihm jeden Augenblick die Augen auskratzten. Herrje, das erinnerte ein wenig an einen Kleinkrieg zwischen Mädchen, wenngleich es gewiss nicht so kindisch herüber kam. „Also wirklich, wir haben uns die ganzen Ferien nicht gesehen, was werde ich von dir wollen?“, fragte Ryo lachend und schien Shinjis Aggressionsspiegel weiter anschwellen zu lassen. „Nichts, was ich auch von dir wollen könnte“, gab der Schwarzhaarige zurück und verschränkte seine Arme, ganz so, als würde er sich schützen wollten. Irgendwie machte es Takeru sorgen, wie Shinji da vor ihnen stand und Ryo beinahe selbstverständlich anknurrte, als wäre für irgendetwas verantwortlich. Er blinzelte. Aber das war er doch auch! Konnte es sein, dass Shinji sich gerade für seinen Freund einsetzte? „Ach? Sprechen wir von den gleichen Dingen?“, wollte Ryo mit gespielt unschuldiger Miene wissen und lächelte verhalten. Doch alles was er damit erreichte war, dass Shinji ihm einige Schritte entgegen kam und ihn wütend anfunkelte. Takeru verwehrte sich ein Zucken, sein Freund stand genau vor Ryo und sah aufbrausend zu ihm nach oben. Diese Nähe zwischen den Beiden mochte ihm gar nicht gefallen, wenngleich Shinjis Gesichtsausdruck gewiss nicht dafür sprach, dass es ihm gefiel dem anderen so nahe zu sein. Verwirrt schreckten Takeru und auch Akemi auf, als Shinji fest nach dem Kragen Ryos griff und ihn wütend zu sich zog. „Hör mir mal ganz genau zu“, zischte er und schien damit sogar seinen Gegenüber zu verwirren. So hatten sie Shinji gewiss noch nie erlebt. Seine Augen funkelten regelrecht, als er Ryo noch näher kam. „Wag es nie, nie wieder meinem Freund zu nahe zu kommen“, fauchte er und sogleich wurde Takeru rot. Einige Passanten, darunter auch Schüler ihrer Schule bleiben stehen und beobachteten das Schauspiel misstrauisch. Es musste ja beinahe so aussehen, als handle es sich hierbei um eine Schlägerei, selbst wenn Shinji sich dazu niemals herablassen würde. Takeru spürte wie seine Wangen heiß wurden. Also setzte Shinji sich gerade tatsächlich für ihn ein. Ryo starrte Shinji irritiert an und warf dann einen Blick auf Takeru, ehe er erneut in die Augen seines Gegenübers blickte. „Wovon sprichst du?“, fragte er so scheinheilig, dass selbst Takeru spürte, wie sich Wut in seinem Inneren ausbreitete. Stellte der Kerl es jetzt so hin, als würde Takeru sich diese Dinge einfach aus den Fingern saugen? Er versuchte sich zu beherrschen. Im Gegensatz zu Shinji, dessen Griff wurde fester. „Du weißt sehr genau, wovon ich spreche. Takeru lügt mich nicht an und dich, kenne ich einfach zu gut“, knurrte der Schwarzhaarige gereizt weiter und lächelte plötzlich süffisant. Ohne dass irgendjemand auf diese Idee gekommen wäre, holte Shinji mit seinem Knie aus und rammte es wahrlich nicht gerade leicht zwischen Ryos Beine. Akemi gab einen Laut von sich, der nicht ganz zu definieren war, während Takeru seinen Freund sowie Ryo – der nun zu Boden sackte – etwas geschockt anblickte. Shinji stand vor Ryo, hatte seinen Kragen los gelassen und hockte sich nun vor den Jungen, der sich einen Aufschrei hatte verwehren können. Erneut griff Shinji nach dem Oberteil Ryos und sah ihm arrogant in die braunen Augen. „Ihm solchen Unsinn einzureden ist eine Sache“, wisperte er kühl, ehe er seine andere Hand in Ryos Hinterkopf vergrub und ihn an den Haaren nach hinten zerrte. „Aber ihn zu begrapschen, glaub mir, dafür könnte ich dich kastrieren!“ Damit ließ er den anderen abrupt los und erhob sich wieder. Takeru für seinen Teil starrte Shinji an, als wäre er eine Erscheinung und aus Akemi war merklich etwas zurück gewichen. Es sollte ihm nicht schmeicheln, dass wusste Takeru. Doch er konnte nicht anders, als sich für diese Aktion gut zu fühlen. Er hatte gerade Shinji soviel „Gewaltbereitschaft“ nicht zugetraut, wo er doch manchmal beinahe etwas sensibel war. Doch in all den Wochen schien sich soviel Wut in dem Schwarzhaarigen angesammelt zu haben, dass er sich bei Ryos bloßem Anblick einfach völlig vergessen hatte. Takeru blinzelte, als Shinji Ryo noch einen kurzen gereizten Blick schenkte und dann wieder auf seinem Freund umwandte und ihn anlächelte. „Entschuldige, ich habe mich etwas vergessen. Gehen wir weiter, die Gesellschaft ist etwas schwer zu ertragen“, meinte er und zog Akemi ebenso wie Takeru mit sich in Richtung Schule. „Das hätte wirklich nicht sein müssen, Shinji!“ Schon seit einer guten Viertelstunde regnete es Standpauken von Akemi, selbst wenn das Mädchen scheinbar sehr gut nachvollziehen konnte, warum Shinji wütend gewesen war. Die Art mit der er ihr Luft gelassen hatte allerdings, war für Akemi nicht vertretbar. „Ich habe mich doch entschuldigt“, meinte Shinji gelangweilt und irgendwie konnte sich Takeru nicht verwehren darüber nachzudenken, wie ihn diese wirklich unnahbare Art seines Freundes doch anmachte. Schon die ganzen ersten beiden Stunden lang war er noch ganz verzückt von dieser Aktion, wenngleich sie doch etwas heftig war. Würde Akemi seine Gedanken kennen, er war sich sicher, sie würde ihn ebenso Tadeln, wie sie es schon seit beginn der Pause mit Shinji tat. „Darum geht es doch gar nicht. Takeru! Jetzt sag doch auch mal was!“, meinte Akemi nun an ihn gewandt, doch er war gerade so in Gedanken gewesen, dass er kaum zugehört hatte. „Eh, was?“, fragte er und bemerkte, wie gut er sich gerade herausgeredet hatte, als Akemi seufzte. „Ihr macht mich fertig“, sprach sie und setzte sich geschafft auf ihren Platz. Shinji warf Takeru einen kurzen Blick zu, der ihn sogleich schaudern ließ. Er spürte regelrecht wie die Luft um sie herum knisterte. Sogleich wanderte ein tiefer Rotschimmer über Takerus Wangen, der von Shinji belächelt wurde. Seit dem Vorfall von heute Morgen, war der Junge eine noch viel größere Verführung als ohnehin schon. Warum, dass konnte sich Takeru allerdings nicht erklären. Langsam stand Shinji auf und ließ sich von Akemi einen Teil des Projektes geben, welches sie gleich abgeben mussten, um es nochmals zu kontrollieren. Gerade wurde das Mädchen von einer ihrer Freundinnen angesprochen, da legte sich Shinjis Hand auf Takerus Schulter und heißer Atem streifte sein Ohr, als sein Freund ihm hineinhauchte: „Unsere Eltern sind heute nicht da...“ Damit setzte er sich zurück auf seinen Platz und ließ Takeru genügen Zeit diese Information zu verdauen. Verdammt! Was sollte diese Anspielung? Er wusste selbst das Masaki und sein Vater heute außer Haus...waren. Sogleich wurde seine Gesichtsfarbe noch eine Nuance röter. Das meinte er also damit? Stellte er sich vor heute mit Takeru...? Langsam wanderten seine Finger zu seinem Stift, mit dem er anfing ohne es zu bemerkten, die Tischplatte seines Platzes beinahe zu massakrieren. Soviel spürbare Verführung...er war ganz überfordert. Verwirrt ließ sich Takeru von Shinji zur Haustür hinein schieben, die keine paar Sekunden später geschlossen wurde. Er kam nicht einmal dazu seine Schuhe auszuziehen, da drückte ihn sein Freund bereits gegen die Wand und begann sogleich mit seinen Lippen genüsslich über die Haut seines Freundes zu necken, der etwas verwirrt seufzte. Sie waren so schnell aus der Schule verschwunden, dass Takeru Akemi nur noch zuwinken konnte. Der ganze Weg bis hierher hatte aus einer Mischung aus schnellen Laufen und Rennen bestanden und nun wusste Takeru auch warum. Er zuckte zusammen, als sein Freund sein Hemd mit geschickten Fingern öffnete und seine Lippen ohne umschweife auf die Brustwarzen Takerus legten, der abgehakte keuchen musste. Ihm wurde regelrecht schwindlig, so sehr wurde er gerade überrumpelt. „Shinji...warte“, bat er und bemerkte bereits jetzt, wie belegt seine Stimme klang. Der Schwarzhaarige sah auf und lächelte, eher er soweit in die Knie ging, dass Takeru nur dunkel schlucken konnte. Was geschah hier gerade, sie waren kaum ein paar Minuten zuhause und schon, konnte Shinji gar nicht mehr an sich halten. „Ich“, begann Shinji plötzlich und legte seine Finger zielstrebig in Takerus Schritt um sie fest zu bewegen. Dieser zischte überrascht auf. Das hatte sein Freund noch nie getan. „Will der Einzige sein, der sich berührt. Nur mich sollst du sehen, Takeru.“ Der Angesprochene ließ seinen Kopf keuchend in den Nacken fallen und versuchte sich zu beruhigen. Alles war in Ordnung, es war nur Shinji. Nur Shinji berührte ihn gerade. Er hatte das Privileg dazu, nur ihm vertraute Takeru. „Das bist du doch...“, sprach Takeru abgehakt, worauf die Berührungen fest wurden. Sogleich kniff er die Augen zusammen. Verflucht, so konnte er doch unmöglich an sich halten. „Ich will dich und zwar jetzt.“ Leise schluckte Takeru und bemerkte, wie Shinjis Finger sich von ihm lösten und eine Hand unter seinem Kinn auftauchte, welche seinen Kopf etwas nach unten dirigierten. Mit verklärtem Blick sah er Shinji an und schluckte, als er die sichtbare Erregung in den Augen seines Freundes erkennen konnte. „Komm mit“, wisperte er und zog den verwirrten Takeru hinter sich her, hinauf in sein Zimmer. Peinlich berührt bemerkte er, dass Shinji ihn bereits perfekt überredet hatte. Mit wahrlich durchschlagenden Argumenten. Kaum hatte er darüber nachgedacht, schubste Shinji ihn schon auf das Bett, ehe jener die Tür zum Zimmer abschloss und dann auf Takeru zukam. „Darf ich?“, fragte er leise und lehnte sich über seinen Freund, der ihm in die Augen sah. Nun gab es kein zurück mehr, er war viel zu gefangen von all dieser spürbaren Erotik die von Shinji ausging, um sich gegen irgendetwas zu wehren. Er wollte es versuchen, jetzt da er ohnehin völlig süchtig nach dem Schwarzhaarigen war. „Ja...“ --- Wichtig! Das nächste Kapitel werde ich auf adult stellen müssen. Wer noch nicht Volljährig ist: Ihr könnt dieses Kapitel gern überspringen, es hindert nicht daran, die weitere Handlung zu verstehen! Kapitel 18: eighteen -------------------- Ganz ehrlich? Ich bin mehr als unzufrieden mit dieser Szene, aber ich habe kaum Nerven daran noch etwas zu ändern. *lach* Ich hoffe es gefällt ein wenig. --- Ein beinahe zärtliches Lächeln zierte die Lippen Shinjis, als er sich rittlings auf dem Schoß seines Freundes niederließ. Sekundenlang starrten sie sich nur gegenseitig an und Takeru bemerkte, wie er sich langsam etwas beruhigte. „Wovor hast du Angst?“, wisperte Shinji plötzlich leise und sogleich erfüllte gesunde röte die Wangen des Anderen, der versuchte seinen Blick abzuwenden, jedoch gnadenlos scheiterte. Ja, wovor hatte er Angst? Vor den Schmerzen die ihn erwarten konnten? Nein, die waren ihm sogar auf irgendeine Weise zweitrangig. Vielleicht wusste er einfach zu wenig darüber, wie es sich anfühlen musste. Vielleicht war es einfach nur die Situation selbst. Der Gedanke über seinen Schatten springen zu müssen. Wo er genau das doch schon oft geschafft hatte. Sie waren sich nicht zum ersten Mal so nahe. Schließen hatten sie auch zusammen gebadet und bereits da, hatte Takeru seinen Stolz fallen lassen. Stolz...als hätte dieser in solch einem Moment überhaupt noch so etwas wie eine tiefere Bedeutung. „Ich weiß es nicht genau“, lächelte Takeru sichtlich nervös und brachte Shinji milde zum lachen. Vorsichtige Finger strichen über seinen Hals, hinauf zu den Wangen und den zitternden Lippen. Das fiel Takeru erst jetzt auf. „Du musst dir keine Gedanken machen“, meinte er und gab seinem Freund einen kurzen Kuss, den Takeru genüsslich erwiderte. Noch vor wenigen Monaten wäre diese Szene hier soweit hergeholt gewesen, dass Takeru wahrscheinlich darüber gelacht hätte, wäre es irgendwann zur Sprache gekommen. Doch nun, da er unter Shinji lag und sich der spürbaren Verführung dieses Jungen gnadenlos ausgeliefert fühlte, wusste er, dass jede Ausrede nicht mehr galt. Dennoch fühlte er sich wohl und vor allem sicher in der Gegenwart seines Freundes. „Ich lenke dich gern ab“, wisperte Shinji plötzlich gegen seine Lippen, nachdem sie sich voneinander gelöst hatten. Takeru nickte etwas verlegen und zuckte sogleich, als Shinjis Finger sich unter sein T-Shirt schlichen und fest um seine Brustwarzen schlossen und begannen sie leicht zu kneifen. Shinji gefiel dieses Spiel, dessen war sich Takeru langsam aber sicher bewusst. Schon so oft hatte er seinen Freund damit gänzlich verrückt gemacht und auch jetzt, schien er darauf nicht verzichten zu wollen. Es dauerte nicht lange und Shinji hatte ihn von seinem Hemd sowie T-Shirt befreit und lächelte kurz. Seufzend legte sich Takerus Kopf in den Nacken, als kühle Lippen sich auf seinen Brustkorb legten und ihn beinahe spielerisch umgarnten. Sein Freund wusste durchaus, was er tun musste, um Takeru seiner Zweifel zu berauben. Kühle Finger strichen über seine Haut und ließen ihn merklich erschaudern. Ganz gleich was er sich auf vorgestellt hatte, Shinjis Vorsicht war einfach zu hinreisend und dennoch wollte sich Takerus Herz nicht beruhigen. Er wusste nicht, worauf er sich hier genau einließ. Es machte ihm innerlich noch immer Angst, nicht zu wissen, wie Shinji genau vorgehen wollte. Zusammen mit seinem leichten Unmut, war es für Takeru schwer sich völlig zu entspannen. „Du denkst zuviel nach“, hauchte Shinji leise an Takerus Ohr und ließ diesen schlucken. Der Schwarzhaarige hatte es also längst bemerkt? Dunkle Augen sahen ihn durchdringend an und für einen Moment war es, als würden alle Gedanken verweht. Vielleicht sollte er sich einfach fallen lassen. Sich führen lassen, schließlich wusste Shinji was er tat. „Ich weiß“, wisperte er und ließ seinen Freund lächeln, ehe er ihre Lippen wieder miteinander verschloss. Während geschickte Finger sich tiefer wagten, beschloss Takeru sich ganz auf ihren Kuss zu konzentrieren. Es lenkte ihn wirklich wunderbar ab. Dennoch konnte er sich ein erschrockenes Zucken nicht verwehren, als er hörte wie sein Gürtel geöffnet wurde und genau spüren konnte, wie Shinjis Hand in seine Hose glitt. Sogleich löste er sich von seinem Freund, der ihn kurz verwirrt anblinzelte, dann aber wieder lächelte, ehe sich seine Hand begann äußerst fordernd an Takerus Erektion auf und ab zu bewegen. Jener zuckte und kniff verlegen die Augen zusammen. Es war nicht das erste Mal, dass Shinji ihn dort berührte, doch im Augenblick konnte ihm dieser Umstand nicht peinlicher sein. Ein leises Lachen zwang ihn die Augen wieder zu öffnen und in die seines Freundes zu blicken. „Dieses Gesicht gefällt mir“, wisperte er gegen die Lippen Takerus und brachte ihn zum schlucken. Na wunderbar, Shinji gefiel es auch noch, seinen verlegenen Gesichtsausdruck zu sehen. „Das wundert mich nicht“, erwiderte Takeru leise seufzend und biss sich auf die Unterlippe, als die Berührungen erneut fordernder wurden. Dann ließ Shinji von ihm ab, um sich sein eigenes Hemd auszuziehen. Wahrlich, dieser Junge war wahnsinnig schön und er wusste, dass er seine Reize durchaus ausspielen konnte. Takerus Finger strichen beinahe vorsichtig über den Brustkorb seines Freundes, während er über die sichtbare Gänsehaut des Jungen schmunzelte. Shinjis Grinsen jedoch sagte ihm, dass er sich an diesem Anblick nicht lange erfreuen durfte, denn kaum hatte Takeru seine Finger zurückgezogen, wurde er bereits seiner Hose entledigt. Sein Freund fackelte gewiss nicht lang und Takeru war insgeheim wirklich froh darüber. Er selbst wusste nicht, ob er nicht doch einen Rückzieher machen würde, wenn Shinji sich lange mit Spielereien aufhielt. Selbst wenn er das eigentlich irgendwie bezweifelte. Er schluckte trocken, als Shinji ihm schneller als angenommen auch noch seine Shorts auszog und sich über ihn lehnte. Takeru fühlte sich für einen Moment äußerst unwohl zu sehen, wie er selbst nackt vor dem anderen lag, während jener seine Hose noch trug. Doch er ermahnte sich erneut zur Ruhe. Er wollte nicht wieder zurück schrecken und so schlimm würde es gewiss nicht sein! „Geht dir das zu schnell“, wisperte Shinji ihm leise entgegen, doch zu seiner eigenen Überraschung schüttelte Takeru den Kopf. „Es geht schon.“ Shinji lächelte und begann nun sanft über Takerus Hals zu lecken, ihn für einen Moment schier atemlos zu machen. Er schloss genießerisch die Augen und konzentrierte sich nun völlig auf das was sein Freund mit ihm tat. Schlanke Finger legten sich erneut um sein Glied, wanderten hauchzart darüber und brachten Takeru leise zum keuchen. Ohne dass er es selbst wirklich steuern konnte, spreizte er seine Beine ein wenig, um es Shinji etwas leichter zu machen. Nein, dass war eine Lüge. Er wollte mehr von diesen Berührungen. Mehr von soviel Zärtlichkeit und dem Gefühl sich völlig zu verlieren. Diese Berührungen waren wahrscheinlich berauschender als jede Droge auf dieser Welt und diese hier war gewiss nicht schädlich. Als Takeru erneut seine Augen öffnete, musste er kurz blinzeln. Seine Sicht war etwas verklärt, ohne dass er sich erklären konnte woher das kam. Zwei schmale Finger legten sich unter sein Kinn und hoben es etwas an, damit Takeru Shinji direkt in die Augen sehen konnte. „Dir scheint zu gefallen, was ich hier tue“, hauchte er leise und legte seinen Kopf lächelnd schräg. Takeru schluckte kurz und nickte. Er war nicht ganz bei sich, spürte aber jede Berührung noch immer so deutlich wie vor wenigen Minuten. Während er nur nebenbei bemerkte, wie Shinjis Hose und dessen Shorts neben das Bett fielen, wurden die Berührungen weniger. Und kaum hatten sie gänzlich nachgelassen, wurde Takeru schon leicht nach hinten in die Kissen gedrückt. „Soll ich weitermachen?“, fragte Shinji erneut leise nach, doch Takeru war kaum noch im Stande eine klare Antwort zu geben. Alles was er von sich geben konnte, war ein leichtes Nicken. Dann spürte er Shinjis Hand erneut zwischen seinen Beinen, dieses Mal jedoch an einer ganz anderen Stelle, als vorhin. Finger begannen seinen Eingang leicht zu massieren, ohne sich weiter vorzuwagen. Takeru spürte, wie sein Körper etwas zuckte, doch er versuchte ruhig zu bleiben. Auch, als Shinji in seiner Nachtschrankschublade kramte und etwas herausholte. Er wusste längst um was es sich handeln musste, sie hatten sich ja wirklich nachdrücklich oft darüber unterhalten. Erneut schloss Takeru seine Augen. Er würde Shinji einfach machen lassen und er wusste, dass dieser ihm auch nichts anderes dazu sagen würde. Sein Freund legte seine Lippen leicht auf die Takerus und verwickelte diesen in einen mehr als leidenschaftlichen Kuss. Kaum hatte Takeru sich etwas entspannt, zuckte er auch sogleich wieder zusammen. Shinji hatte einen seiner Finger leicht in ihn gestoßen und intensivierte den Kuss nun erneut. Scheinbar wollte er ihn ablenken, doch dieses Gefühl war so beißend, dass es Takeru anfangs durch und durch ging. Dennoch tat Shinji alles, um ihn vorsichtig zu weitern und tatsächlich, die massierenden Berührungen ließen Takeru Luft holen. Wenngleich auch nur solange, bis ein zweiter Finger ihn stieß und ihn schmerzerfüllt in den Kuss keuchen ließ, der sogleich von Shinji gelöst wurde. „Entspannen Takeru...ich tu dir sonst weh“, wisperte er und strich sanft durch die Haare seines Freundes. Selbst wenn Shinji dieses Gleitmittel gerade benutzte - und da war sich Takeru ziemlich sicher - es war nicht angenehm. Entspannen? Langsam atmete Takeru durch und versuchte sich etwas zu entkrampfen. Und tatsächlich, es schien zu helfen. Selbst wenn es trügerisch sein sollte, so schmerzte es zumindest nicht allzu sehr. „Kann ich weitergehen?“, fragte Shinji, worauf Takeru kurz verwirrt die Augen aufschlug. Er wusste in etwa, wovon sein Freund sprach und war sich nun nicht mehr sicher, ob er das wirklich wollte. Doch die Neugier und seine angestaute Erregung ließ ihn darüber hinweg sehen. Bis eben hatte es ja auch irgendwie geklappt. Langsam nickte er und erschauerte, als Shinji lächelte sich aufsetzte, um Takerus Beine noch weiter zu spreizten. Dieser schluckte und sah betreten zur Seite. Da musste er nun durch, schließlich hatte er es nicht anders gewollt. Er beobachtete aus dem Augenwinkel wie Shinji erneut etwas von dem Gleitmittel nahm, ehe er erneut seufzend die Augen schloss. Seine Finger krallten sich über seinem Kopf in das Kissen, während er spürte, wie Shinjis Erektion in ihn eindrang und ihn sogleich leise keuchen ließ. Verflucht! Das hätte ihm klar sein müssen. Er spürte regelrecht wie unschöner Schmerz sich seines Körpers bemächtigte und an Entspannung war nun gar nicht mehr zu denken. „Soll ich lieber aufhören, Takeru?“, hörte er Shinjis besorgte Stimme wie durch Watte, schüttelte aber den Kopf. „Nein...das geht schon...“ „Aber wenn es so sehr weh tut wäre eine Pause besser.“ Erneut schüttelte Takeru den Kopf und biss sich auf die Unterlippe. Jetzt wollte er keine Schonung, selbst wenn ihn der Schmerz für einen kurzen Augenblick sogar lähmte. Doch kaum spürte er, dass sein Freund wahrscheinlich gänzlich in ihm war, da atmete er leise auf. „Alles okay?“, wollte Shinji plötzlich erneut wissen, doch alles was Takeru tun konnte, war blind seine Arme um Shinjis Hals zu schlingen. „Ja...mach weiter“, wisperte er und brachte Shinji leise zum lachen. „Entspann dich erst etwas“, meinte und knabberte leicht an Takerus Ohr, der darauf kurz zuckte und lächelte. Erneut versuchte er sich zu beruhigen, seinen Körper so zu entspannen, wie er es zuvor getan hatte und tatsächlich funktionierte es. Als hätte Shinji die Veränderung bemerkt, strichen seine Finger sanft über Takeru Seite, ehe er sich langsam zu bewegen begann. Leises, noch unterdrücktes Stöhnen verließ seine Lippen, während die Stöße seines Freundes immer fester wurden. Seine Finger krallten sich in die Haare Shinjis der genüsslich über seine Halsschlagader leckte und Takeru beinahe noch verrückter machte, als er im Augenblick ohnehin schon war. Langsam erhob sich Shinji jedoch wieder und stützte sich so ab, dass er sich besser bewegen konnte. Allein dieser Anblick wäre bereits zuviel für Takeru gewesen. Es sah einfach unheimlich verführerisch aus, wie Shinji da über ihm lehnte und ihn mit einem Blick ansah, denn Takeru kaum deuten konnte. Doch es gefiel ihm, ebenso wie er von seinem Freund ausgefüllt wurde und kaum noch Möglichkeit zum Luftholen fand. Der Schmerz, an den war kaum noch zu denken. Im Gegenteil, er war von Takeru gänzlich ausgeblendet wurden und er gab sich somit völlig in Shinjis fähige Hände. Diese legten sich jetzt ohne umschweife um Takerus Erektion und brachten ihn somit an den äußersten Rand seiner verbliebenen Selbstbeherrschung. Tatsächlich dauerte er nicht lange und Takeru ergab sich seiner eigenen Lust und zog Shinji keine paar Sekunden später mit sich. Seufzend stemmte sich Shinjis Stirn gegen Takerus Schulter, während dieser versuchte irgendwie wieder an Atem zu kommen. Er zuckte leicht, als Shinji sich aus ihm zurück zog und sich neben ihn fallen ließ, um sich an seinen Freund zu schmiegen. „Und...war es sehr schlimm?“, fragte er leise, doch alles was er von Takeru erhielt war ein leises Lachen, dann sah er den Jungen neben sich an. „Das Wort „schlimm“ passt nicht ganz in diesen Satz“, wisperte er und seufzte geschafft. Selbstverständlich war es nicht „schlimm“ gewesen und Takeru fragte sich nun, was er daran die ganze Zeit so abstoßend gefunden hatte. Er sah neben sich und lächelte Shinji kurz entgegen. Nein, daran gab es wahrlich nichts Schlimmes. Kapitel 19: nineteen -------------------- Seufzend schlug Takeru mit dem Kopf auf den Tisch und versuchte die verwirrten Blicke um sich herum zu ignorieren. Shinji für seinen Teil saß einfach nur an seinem Platz und versuchte sich ein grinsen zu verkneifen. Natürlich, was sollte er auch sonst tun? Schließlich war er nicht derjenige der sich seit dem gestrigen Tag mit schmerzendem Steißbein und ziehen in allen möglichen Körperregionen herumärgern musste. Hätte Takeru gewusst, dass die Folgen dieses Aktes ihn so aus der Bahn werfen würden, hätte er sich das gewiss vorher genauer überlegt. Wobei er wusste, dass er sich gerade selbst belog. Im Nachhinein hatte ihm das alles wirklich gefallen. Er sah kurz zu Shinji, der ihn beinahe zärtlich anlächelte und biss sich auf die Unterlippe. Er war so...dafür gab es einfach kein treffendes Wort. Ob sein Freund wusste, wie verrückt Takeru eigentlich nach ihm war? Bestimmt. „Takeru, alles in Ordnung?“ Akemi sah ihn besorgt an, doch alles was sie mit ihrer Führsorge erreichte, war das Takeru erneut mit dem Kopf auf den Tisch knallte. Konnte einem etwas eigentlich noch unangenehmer sein? Dennoch, sobald er Shinji ansah ging es ihm gleich schlagartig besser. Selbst wenn das nichts mehr als bloße Einbildung war. „Doch mir geht es gut“, seufzte er und lehnte sich zurück, sogleich verwerte er sich ein Zucken. Es musste ja wahrlich nicht jeder wissen, wo es genau schmerzte. „Ist das immer so schlimm?“ Shinji lachte. „Ich würde dich jetzt glatt als wehleidig bezeichnen, aber mir ging es damals auch nicht besser als dir gerade“, lächelte er und zog Takeru an der Hand mit sich Nachhause. „Sehr beruhigend“, murrte Takeru leise und brachte Shinji zum lachen. „Hat es dir wenigstens gefallen?“ Sogleich schauerte er und sah zur Seite. Warum musste Shinji eigentlich immer solche Fragen stellen? Was bitte sollte Takeru darauf den antworten? Natürlich hatte es ihm gefallen, aber das konnte er unmöglich so offen aussprechen. „Doch...“, murmelte er leise und biss sich verlegen auf die Unterlippe, worauf Shinji leise lachte und ihn zu sich zog. Schmale Finger legten sich unter sein Kinn und hoben es etwas an, damit sie sich in die Augen sehen konnten. Gern hätte Takeru sich kurz panisch umgeschaut, ob sie auch nicht beobachtete wurden, doch Shinji wusste schon, wann er solche Aktionen starten konnte. „Ist das so? Das nächste Mal tauschen wir, versprochen“, lächelte Shinji und strich Takeru sanft durch die Haare, der sofort spürte wie seine Wangen heiß wurden. Das war doch mal ein Versprechen! „Takeru?“, Seufzend sah er von seinem Buch auf und hob den Kopf, um Masaki anzusehen. Weitere zwei Wochen waren vergangen und mittlerweile war es Mitte September. Während Shinji mit Takerus Vater heute bei irgendeinem - ach so wichtigen - Universitätstag war und sich informierte, saßen Takeru und Masaki mehr gelangweilt zu Hause, als irgendeiner sinnvollen Beschäftigung nachzugehen. Seit jenem Montag war es oft vorgekommen, dass sich Shinji des Nachts zu ihm geschlichen hatte und Takeru nicht viel Zeit zum nachdenken gewährt hatte. Nicht das er die tatsächlich gebraucht hätte. „Ich wollte mit dir reden“, meinte sie lächelnd und wirkte irgendwie, als würde sie schon seit einer Weile etwas beschäftigen. Tatsächlich war Takeru ihre nachdenkliche Art schon vor Wochen aufgefallen, doch er hatte dazu nichts gesagt. Wahrscheinlich war ihm innerlich bereits klar gewesen, dass Masaki ihn früher oder später darauf ansprach. Selbst wenn es ihn nicht betraf. Langsam überlegte Takeru, warum war er so sicher, dass sie ihm irgendwas erzählen wollte? Schließlich konnte es sich auch um etwas ganz anders handeln. Langsam stand er auf und folgte Masaki nach unten in die Küche, wo er sich mit ihr an den Tisch setzte und sich einen Tee einschenkte. Irgendwie wirkte sie wirklich etwas bedrückt. „Worum geht es denn?“, fragte er und lächelte etwas, ja beinahe schon vorsichtig. Nach all der Zeit, in der er in diesem Haus wohnte, war er aus Shinjis Mutter nie wirklich schlau geworden. Sie machte sich zwar oft Gedanken, wirkte aber nie so, als würde sie etwas wirklich bedrücken. Doch nun, hatte Takeru beinahe mitleid mit ihr, wie sie da ihm gegenüber saß und leise seufzte, als würde eine schwere Last auf ihren Schultern liegen. Als wäre es etwas, dass sie gern aussprechen wollte, es aber nicht über sich brachte. Irgendwie hatte Takeru ein wirklich ungutes Gefühl. „Es geht um Shinji“, sprach sie leise und sah Takeru traurig lächelnd an, der für einen Moment überlegte, ob ihm das klar war, oder nicht. Langsam trank Takeru einen Schluck seines Tees. „Ich glaube...Shinji ist an...Männern interessiert.“ Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen schon verschluckte sich Takeru an seinem Tee und hustete laut, worauf Masaki ihm besorgt über den Rücken strich. „Geht es wieder?“, fragte sie, worauf er schnell nickte und den Tee zur Seite stellte. „Wie kommst du darauf?“, fragte er und hatte das Gefühl, seine Kehle würde zugeschnürt. Wie bitte kam Masaki jetzt darauf? Hatte sie doch etwas gemerkt? Wusste sie es schon die ganze Zeit? In Takerus Kopf erschienen soviel Fragen und auch Befürchtungen. Shinji hatte ihm über dieses Thema soviel erzählt und nun, schien Masaki einfach so zu wissen, was sie hätte nie erfahren dürfen. „Ich bin schon länger der Überzeugung. Noch nie hat er ein Mädchen mit nachhause gebracht und manchmal war er einfach bis abends weg, ohne etwas Genaueres zu sagen“, überlegte Masaki leise und brachte Takeru unterdrückt zum schlucken. Wie konnte er ihr das nur wieder ausreden? Shinji hatte immer solche Panik davor gehabt, dass seine Mutter herausbekommen sollte, welche Neigungen er hatte. Und nun, schien sie es zu wissen. „Aber das bedeutet doch noch nichts“, versuchte Takeru sie zu beruhigen, doch es half nichts. Sie schüttelte den Kopf. „Das ist noch nicht alles“, meinte sie leise und sah Takeru kurz durchdringend an, welcher etwas zurück wich. Was wusste sie alles? „Shinji war schon früher so, er wollte mit Mädchen nie etwas zutun haben. Ich habe schon oft gedacht das da gewiss etwas anderes dabei ist. Und in letzter Zeit bin ich noch stärker zu der Annahme gekommen, dass sich mein Sohn wohl eher für seinesgleichen interessiert.“ Takeru senkte den Kopf. Sollte Shinji jemals herausbekommen, dass seine Mutter soviel wusste, er würde Takeru gewiss die Schuld dafür geben. Doch der hatte ja selbst nicht einmal eine Ahnung gehabt, dass Masaki sich bereits soviel zurecht überlegt hatte. Natürlich, sie war seine Mutter, es war ganz natürlich das sie irgendwann etwas von allein bemerkte. „Ich...“, begann Takeru leise und seufzte. Wie sollte er anfangen? Und sollte er überhaupt etwas sagen oder sich selbst verleugnen? Schließlich war er mit Shinji zusammen, aber das konnte er doch unmöglich erklären. Masaki lächelte leicht. „Du brauchst mir nichts zu sagen, Takeru. Ich weiß bereits, dass zwischen euch beiden etwas zu sein scheint“, sprach sie leise und für einen Augenblick war es, als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen entrissen. Er starrte Masaki an und schüttelte verzweifelt den Kopf. Nein...nein, er hatte es Shinji versprochen! Er wollte dazu nichts sagen und nun, wusste Masaki einfach alles. Sie jedoch lächelte nur. „Mach dir keine Sorgen, ich habe es mir bereits gedacht. Du scheinst Shinji wirklich viel zu bedeuten und er dir ebenso, habe ich Recht?“, fragte Masaki ruhig und wirkte gar nicht so, als würde sie wütend über ihre eigene Erkenntnis sein. Takeru blinzelte. „Es ist...ich meine, das macht dir nichts aus?“, wollte er misstrauisch wissen. Er hatte von Anfang an gewusst, dass es Masaki nicht stören würde, sie war seiner Mutter sehr ähnlich. Sehr tolerant und liebenswürdig. Takeru wäre gern von Anfang an so gewesen. Dann hätte er sich Shinji gegenüber gewiss nicht so schlecht verhalten. Er schmunzelte leicht. Das gute daran war wahrscheinlich, dass er und Shinji nicht verwandt waren. Masaki hatte ihren Sohn aus erster Ehe und auch Takeru war durch seine Mutter nach mit den beiden verwandt. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich finde es nicht schlimm. Ich meine, mein Sohn soll glücklich sein, wenn er es nicht mit einer Frau kann, dann eben mit einem anderen Mann“, sprach sie und sah Takeru lächelnd an. Es tat gut, soviel Verständnis entgegengebracht zu bekommen. Bestimmt würde es Shinji ebenso gehen. „Ja, ich bin wirklich gern mit ihm zusammen“, lächelte Takeru und sogleich war es, als würde die Stimmung umschlagen. Ein ungesundes Klirren riss Masaki und Takeru aus ihrem Gespräch und während sie in Richtung Tür blickten, war es Takeru als würde sein Herz stehen bleiben. Shinji... Kapitel 20: twenty ------------------ Zu sagen er hätte sich einfach nur erschrocken, wäre tiefste Untertreibung gewesen. Takeru starrte Shinji an, als wäre dieser eine Erscheinung. Dieser sah seine Mutter kurz verwirrt an, ehe er einen kühlen Blick auf Takeru fallen ließ, der diesem im Augenblick nicht mehr hätte wehtun können. Verdammt! Hatte er etwa mitgehört? Langsam trat Takerus Vater hinter Shinji hervor und blinzelte etwas verwirrt, als er die Spannung bemerkte, die im Raum herrschte. Nebenbei fragte er sich, ob sein Vater bereits davon gewusst hatte. Masaki hatte doch bestimmt mit ihm geredet, immerhin ging es ja beide Söhne etwas an. Takeru sah seinen Freund an, welcher langsam seine Hand zur Faust ballte und ihn ansah, als würde er gern zuschlagen wollen. Es sah fast so aus, als hätte Shinji nur den letzten Satz mitbekommen. „Shinji“, sprach Masaki leise und stand auf, der sie kam gar nicht dazu ihrem Sohn irgendetwas zu erklären. Der sah Takeru weiterhin wütend an und biss sich fest auf die Unterlippe. Wenn Takeru tatsächlich recht hatte und seine Annahme, dass Shinji seinen letzten Satz falsch verstanden hatte, richtig war, fühlte der sich gewiss hintergangen. Und tatsächlich, er starrte Takeru an und macht plötzlich ein Gesicht, dass wahrscheinlich jedem ein schlechtes Gewissen gemacht hätte. „Was hast du ihr erzählt?!“, brüllte er plötzlich, während ihm gänzlich egal zu sein schien, dass ihre Eltern noch im Raum standen und das Geschehnis verwirrt beobachteten. „Du hast mir versprochen nichts zu sagen!“, verließen die nächsten vorwurfsvollen Worte Shinjis Lippen, ehe er kehrt machte und mit schnellen Schritten die Küche sowie das Haus verließ. „Shinji!“ Es dauerte nicht lange und langsam kam Bewegung in Takeru, als er ebenfalls mit schnellen Schritten die Küche verließ und vor der Tür seine Schuhe anzog. Er hätte ihr sagen sollen, dass Shinji Angst hatte. Angst davor, von seiner eigenen Familie missachtet zu werden. Deswegen hatte er es nicht gewollt, dass Takeru etwas erzählte. Aber Masaki war doch völlig in Ordnung, die hatte das alles schon viel früher geahnt. Wahrscheinlich bereits, bevor Takeru und Shinji zusammen gekommen waren. „Takeru?“ Verwirrt blickte er auf und sah in Masakis Gesicht. Sie hielt ihm seine Jacke entgegen, nachdem er aufgestanden war. „Es tut mir leid, ich wusste nicht, dass er so darauf reagieren würde“, sprach sie leise, doch Takeru schüttelte den Kopf. „Du kannst nichts dafür“, meinte er und zog seine Jacke über. Leise räusperte sich sein Vater. „Also ist es tatsächlich wahr?“, wollte er wissen und sah Takeru abwartend an. Dieser seufzte. Eigentlich musste er seinem Vater keine Rechenschaft ablegen, schließlich war auf diesen niemals wirklich Verlass gewesen. Doch nun, ging es ja nicht nur um ihn. „Ja“, meinte er und nahm sich seinen Schlüssel, ehe er sich zu beiden nochmals umdrehte. „Shinji hatte immer Angst, es euch zu sagen. Er dachte, es würde sich etwas ändern. Aber ich kann ihn nicht verleugnen“, meinte Takeru leise und verschwand dann ebenfalls. Er hatte schon zuviel Zeit verbraucht, jetzt konnte er Shinji unmöglich einholen. Außerdem war Takerus Orientierungssinn wirklich nicht der Beste. Langsam sah er sich um. Wenn er einfach drauf losrannte, würde er sich womöglich selbst noch verlaufen und damit wäre Shinji bestimmt nicht geholfen. Warum hatte er nicht einfach sagen können, dass er nichts wusste? Langsam schlang er seine Arme um den Körper. Für September war es wirklich kalt und Shinji hatte seine Jacke nicht einmal mehr angehabt, als er weggelaufen war. Seufzend begab sich Takeru einfach in Richtung Schule. Er wusste nicht einmal, ob man an einem Samstag um diese Uhrzeit überhaupt hinein gelangen würde, aber wenn der Schulhof offen war, würde ihm das wahrscheinlich schon reichen. Doch kaum war er auf dem Schulgelände angekommen, löste sich seine Hoffnung im Nichts auf. Schwere Eisenketten verriegelten das Tor und machten ein hineinkommen unmöglich. Wütend rüttelte Takeru am Tor. „Shinji!“, rief er, doch er erhielt keine Antwort. Wahrscheinlich war er nicht einmal hier, warum sollte er auch ausgerechnet zur Schule kommen, immerhin würde Takeru ihn dort ja sofort vermuten. Leise seufzte er und setzte sich wieder in Bewegung. Was sagte ihm eigentlich, dass Shinji vor ihm weglaufen wollte? Immerhin war er einfach Hals über Kopf weggerannt. Seit einer guten halben Stunde irrte Takeru bereits durch das Dämmerlicht Kyotos und verlor langsam aber sicher die Geduld. Wo auch immer Shinji gerade war, er schien es wahrscheinlich selbst nicht zu wissen. Der einzige Ort, an dem Takeru noch nicht nachgesehen hatte, war die Einkaufsstraße, doch dorthin fuhr um diese Zeit kaum noch ein Zug. Dennoch war es besser, als weiterhin umher zu irren. Langsam ging er die Treppen zur U-Bahnstation hinab und hoffe wirklich, dass Shinji in keinen Zug gestiegen war. Er würde ihn niemals einholen, sollte es tatsächlich so sein. Schweigend sah Takeru sich um und war schon drauf und dran zu schreien, als er jemanden auf der Wartebank kauern sah, wahrscheinlich wäre er einfach weitergelaufen, würde diese Person nicht so verdächtig nach seinem Freund aussehen. Langsam kam er auf den Jungen zu. „Shinji?“ Kein Zucken, nichts und doch schien er nicht eingeschlafen zu sein. Wahrscheinlich hatte er beschlossen Takeru zu ignorieren. Beinahe vorsichtig streckte Takeru seine Hand aus und legte sie auf Shinjis Schulter, doch alles was er erreichte war, dass seine Hand wütend weg geschlagen wurde. „Verschwinde!“, zischte und biss auf die Unterlippe. Für einen Augenblick war es, als hätte Shinji ihn klar zurückgewiesen. Dieses verräterische Stechen in seinem Inneren, war zumindest Beweiß genug dafür. Womit hatte er das verdient? „Nun hör mir doch wenigstens zu“, bat Takeru und sah Shinji mit dem Kopf schütteln. „Nein“, murmelte er und wirkte wirklich müde. Es tat Takeru tatsächlich leid, dass er Masaki nicht einfach ausgewichen war, aber das alles war doch noch kein Grund so ein Theater zu machen. Lange besah sich Takeru seinen Freund und seufzte leise. Doch, Shinji hatte allen Grund dazu. Er hatte immer Angst vor dem Moment gehabt, in dem seine Mutter das alles herausbekam. Doch es war immerhin besser sie erfuhr es, als irgendwann völlig geschockt zu sein. „Shinji, bitte. Ich habe Masaki doch gar nichts erzählt, sie hat mich darauf angesprochen“, meinte er, doch Shinji sah ihm nur wütend in die Augen. „Und warum hast du dem nachgegeben? Du hast mir versprochen nichts zu erzählen!“, knurrte er und wich vor Takerus Hand zurück, welche er erneut nach seinem Freund ausgestreckt hatte. Shinji musste völlig unterkühlt sein. Selbst Takeru war mit seiner Jacke hier unten kalt und alles was Shinji gerade trug, war ein kurzärmliches Hemd und seine schwarze lange Hose. Schnell schüttelte Takeru den Kopf. „Ich habe doch gar nicht nachgegeben. Aber ich konnte sie doch auch nicht anlügen“, sprach er entschuldigend weiter. Doch Shinji sah ihm nur gereizt entgegen. „Natürlich und deswegen sagst du ihr einfach freiheraus, dass du mit mir zusammen bist, oder was?“, zischte er weiter. Langsam aber sicher, wusste Takeru nicht mehr, was er noch sagen sollte. Wie konnte jemand nur so stur sein? „Das habe ich nicht gesagt! Sie hat sich das selbst zusammengereimt!“, fauchte er nun seinerseits zurück. Es konnte doch nicht sein, dass Shinji ihn einfach nicht verstand. Dieser gab ein abfälliges Geräusch von sich. „Dann hättest du halt gesagt, dass es nicht so ist!“ Geschockt sah Takeru seinen Freund an, dann biss er sich auf die Unterlippe. „Ich kann dich doch nicht einfach verlegenen!“ Stille. Shinji starrte ihn einfach nur an und wirkte mit einem Mal so, als wäre er niemals wütend gewesen. „Was?“, fragte er leise und sah Takeru weiterhin regelrecht geschmeichelt an. War er es wirklich? Schließlich hatte Takeru zum ersten Mal etwas von dem gesagt, was wirklich in ihm vorging. Und er log nicht, niemals hätte er seinen Freund verleugnen können, auch nicht vor Masaki. „Du hast es doch verstanden“, wisperte Takeru leise und seufzte dann, ehe er sich vor seinen Freund hockte und ihm beinahe zärtlich über die Wange strich. „Komm wieder mit nachhause. Masaki versteht es, sie ist sogar froh darüber, dass du glücklich bist“, meinte Takeru leise und lächelte Shinji entgegen, der sich auf die Unterlippe biss. Vielleicht war ihm von vornherein klar gewesen, dass er vor diesem Geständnis nicht ewig davon laufen konnte. Und nun, hatte er es sogar noch einfacher. Masaki akzeptierte ihn so wie er war und auch Takerus Vater würde niemals etwas dagegen sagen. Vielleicht dachte er sich seinen Teil, aber er würde ihnen gewiss nicht mit Ekel begegnen. „Ich habe Angst“, murmelte Shinji und ließ sich langsam in Takerus Arme sinken. Dieser seufzte und schmiegte sich näher an den ausgekühlten Körper seines Freundes. „Musst du nicht.“ Langsam stand Shinji mit ihm auf, jedoch ohne sich von ihm zu lösen. „Ich liebe dich“, wisperte Shinji leise und brachte Takeru zum lächeln, langsam löste er sich von ihm. „Ich dich auch“, meinte er und legte bereitwillig seine Lippen auf die seines Freundes. Er verstand Shinjis Angst, gerade weil er vor wenigen Monaten noch jemand war, der genau in das Muster der Menschen gepasst hätte, vor denen man solche Dinge niemals offenbaren durfte. Doch Shinji hatte Dinge geschafft, die Takeru bei sich selbst für unmöglich gehalten hätte. Jetzt jedoch bereute er es nicht mehr. „Oh Shinji, es tut mir leid, ich hätte mit dir darüber reden sollen.“ Shinji lächelte sanft und erwiderte die Umarmung seiner Mutter während Takeru sich seiner Schuhe entledigte. Er hatte gewusst, dass Masaki auf sie warten würde und auch Takerus Vater stand neben ihnen und auch wenn er sich seine Sorge nicht anmerken ließ, vorhanden waren sie. Vielleicht war dies eine der Eigenschaften, an die sich Takeru noch heute erinnern konnte, selbst wenn er seinen Vater jahrelang nicht gesehen hatte. „Also hat sich endlich was an deiner Einstellung geändert, hm?“ Verwirrt sah Takeru zu seinem Vater und musterte ihn misstrauisch. „Was meinst du?“, wollte er wissen. Katsumi lachte. „Deine Mutter“, war alles was er dazu sagte, ehe er an Shinji und Masaki vorbei ging und den Jungen leicht auf die Schulter klopfte. Takeru starrte ihm hinterher und seufzte. Er musste nicht lange darüber nachdenken, was genau sein Vater damit meinte. Sie hatte es verraten, ihm erzählt, was Takeru für ein Problem mit Homosexuellen gehabt hatte. Langsam sah er Shinji in die Augen und lächelte. Wie auch immer. Nun hatte sich daran eh alles geändert. Epilog: end ----------- „Du bist unvorsichtig.“ Sogleich erschauderte Takeru angenehm, ehe er niedergerissen wurde und Shinji sich regelrecht auf ihn fallen ließ. „Au!“, zischte er leise und fühlte sich im Augenblick regelrecht geplättet von seinem Freund der es sich auf ihm einfach mal gemütlich machte. „Bin ich so schwer?“, lachte er und sah Takeru mit großen Augen an, die ihn beinahe wahnsinnig gemacht hätten. „Das nicht...“, keuchte er und hustete unterdrückt. „Aber du liegst sehr unvorteilhaft auf meinen Rippen.“ Shinji blinzelte und erhob sich schnell. „Oh, entschuldige.“ Seufzend erhob sich Takeru wieder und setzte sich gerade auf sein Bett, ehe er Shinji ansah, der sich neben ihn legte und seinen Kopf auf Takerus Oberschenkel legte. „Was machen wir nun eigentlich? In zwei Monaten sind Ferien und du hast noch immer nicht gesagt, ob du zurück nach Sapporu gehst“, meinte Shinji nach einer Weile zu ihm und sah Takeru abwartend in die Augen. Tatsächlich war es bereits Februar und langsam aber sicher musste Takeru sich entscheiden. Obwohl er längst wusste, was er tun würde. Sanft strich er seinem Freund durch die Haare. „Würdest du es wollen, dass ich zurück gehe?“, fragte er, wenngleich ihm doch klar war, welche Antwort er von Shinji erhalten würde. Dieser grummelte und schnipste Takeru gespielt gegen die Stirn. „Mit Sicherheit nicht und das weißt du?“, grummelte er und seufzte. Langsam griff er nach Takerus Hand und legte sie sich auf seine Wange. „Ich will nicht, dass du gehst.“ Takeru schmunzelte und lehnte sich hinab, um Shinji einen kurzen Kuss auf die Lippen zu geben. „Ich gehe nicht zurück. Habe ich dir doch versprochen. Aber ich werde meine Mutter besuchen, sobald die Ferien anfangen. Dann ist sie auch endlich wieder in Japan.“ Shinji nickte verstehend und lächelte. „Ich würde sie gern mal kennen lernen“, meinte er und sah Takeru erwartungsvoll an, doch diesem war längst klar, worauf das hinaus laufen sollte. Er lächelte und legte den Kopf etwas schräg. „Wenn du willst kannst du mitkommen“, meinte er, worauf Shinji freudig grinste. Langsam lehnte er sich gegen seine Wand und spürte wie Shinji sich an ihn schmiegte. Dieses Jahr...es hatte ihn wahrlich geschafft. Dennoch war es schneller herumgegangen als Takeru es jemals erwartet hätte. Als er hier angekommen war, hatte er nicht erwartet, dass er und Shinji sich jemals so nahe stehen könnten. Ganz zu schweigen, von Takerus Meinungswandel, der ihm noch immer irgendwie peinlich war. Auch, dass er zu seinem jetzigen Freund oft solche wirklich gemeinen Dinge gesagt hatte. Heute allerdings würde er sich nie wieder dazu verleiten lassen, diesen hübschen Jungen wütend oder traurig zu machen. Masaki und sein Vater waren ihnen gegenüber wirklich viel aufgeschlossener, als beide es sich jemals erwartet hätten. Nicht nur, dass ihnen der Freiraum gewährt wurde zusammen hinzufahren wo auch immer sie wollten, es erhielten sogar oft genug ihre Ruhe. Was aber nicht zuletzt daran lag, dass ihre Eltern wirklich oft arbeiteten und deshalb ohnehin oft unterwegs waren. Erneut geriet Takeru tief ins Grübeln, seit Shinjis Ausraster bezüglich Ryo hatten sie diesen nur noch ganz selten zu Gesicht bekommen. Er schien sich aus Shinji absolut nichts mehr zu mehr zu machen. Was natürlich in Anbetracht der Umstände nicht verwunderlich war, doch Takeru müsste lügen wäre er über diese Tatsache nicht ebenso erfreut wie sein Freund. Akemi für ihren Teil, hielt sch noch immer gern in Gegenwart der beiden Jungen auf und es musste wirklich nicht darüber spekuliert werden warum das wohl so war. Leicht grinste Takeru. Wahrlich, er und Shinji waren vielleicht wirklich ein Paar zum beobachten. Selbst wenn es ihm selbst oft genug peinlich war. „Hey...“ Die Stimme seines Freundes holte ihn zurück in die Wirklichkeit. Während er diesen Anblickte und lächelte. „Ich war in Gedanken, was hast du gesagt?“, fragte er, worauf Shinji seufzte. „Ist nicht wichtig“, meinte er und kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, landete Takeru bereits auf dem Rücken und blickte seinen Freund verwirrt an. „Was wird denn das jetzt?“ Welch naive Frage. Takeru wusste es bereits und er war von dieser Idee gewiss nicht abgeneigt. Das verführerische Funkeln in Shinjis Augen tat sein übriges dafür, dass sich Takerus Finger beinahe von selbst unter das Hemd seines Liebsten flüchtete. „Na, es scheint du wüsstest es ganz genau“, säuselte Shinjis feine Stimme, ehe er leise keuchte, als Takeru ihm zärtlich über den nackten Rücken kratzte. „Heute bin ich oben“, zischte Takeru seinem Freund leise ins Ohr, der darauf nur lachte. „Das warst du gestern schon“, erwiderte er und lächelte verspielt, worauf Takerus Finger beinahe von selbst tiefer rutschten und sich besitzergreifend auf Shinjis Hintern legten. Sie waren gleichberechtigt, genauso wie es Shinji immer gewollt hatte und irgendwie fühlte Takeru sich wohl mit dem Gedanken. „Na und“, hauchte er und legte seine Lippen auf die seines Freundes. „Habt ihr alles?“ Takeru sah sich um und nickte seinem Vater dann zu. Dann griff er nach seiner Reisetasche folgte Shinji hinauf zum Gleis. „Richtige deiner Mutter bitte Grüße von mir aus.“ Langsam nickte Takeru und sah seinen Vater an, der mit ihnen vor dem Zug stehen blieb. „Mach ich“, meinte er und lächelte, ehe er sich von seinem Vater verabschiedete und zusammen mit Shinji den Zug betrat. Müde lehnte er sich an das kühle Zugfenster und starrte nach draußen, beobachtete, wie Bäume und Sträucher - einer Wand aus grün gleich - an ihm vorbei rasten. Leicht zuckte er, als Shinjis Kopf auf seine Schulter fiel. Sein Freund war eingeschlafen. Er schien die lange Fahrt nicht so wie Takeru verbringen zu können, stattdessen schlief er einfach ein und kümmerte sich um nichts. Das passte zu ihm. Takeru lächelte und legte seinen Arm um den zierlichen Körper des Schwarzhaarigen, ehe er erneut schweigend nach draußen blickte, ohne irgendetwas fokussieren zu können. April...vor einem Jahr war er nach Kyoto gekommen. Vor einem Jahr hatte er Shinji kennen gelernt und nun, war es als hätte eben dieser sein Leben um hundertachtziggrad gedreht. „Du bist schon wieder in Gedanken“, säuselte Shinjis leise Stimme an seinem Ohr. „Du schläft gar nicht“, bemerkte Takeru und sah seinen Freund belustigt an, der schmunzelte. „Nein. Aber wie soll ich schlafen, wenn du direkt neben mir sitzt?“ Leises Lachen erklang. Eine andere Antwort hätte er von Shinji auch nicht erwartet. „Wir sind bald da“, meinte er leise und lächelte. Shinji nickte und setzte sich wieder gerade hin, um nach seinem Handy zu greifen. „Bin gespannt wie es in Sapporu so ist, ich war da wirklich noch nie“, meinte er und klappte das Handy zu ohne wirklich etwas getan zu haben. Takeru lachte. „So etwas besonders ist es gar nicht“, gestand er. „Takeru!“ Er horchte auf und sah in Richtung Rolltreppen, an denen seine Mutter winkend stand und ihn bereits erwartet hatte. Erst jetzt fiel Takeru richtig auf, dass er ihr von Shinji gar nicht erzählt hatte, sie würde bestimmt überrascht sein. Mit schnellen Schritten und mit Shinji an der Hand kam er auf sie zu und umarmte sie sogleich. Ein Jahr war immerhin doch eine lange Zeit. „Du hast dich kaum verändert“, lachte Takeru, worauf sie schmunzelte. „Du dich hingegen ziemlich. Mittlerweile siebzehn Jahre und sogar ein Stück gewachsen bist du“, meinte sie lachend und sah dann an Takeru vorbei zu Shinji, der etwas hinter Takeru stand, als wolle er sich verstecken. „Oh, wenn hast du dann mitgebracht?“, wollte sie wissen und lächelte den Schwarzhaarigen entgegen, der die Geste höfflich erwiderte. „Oh, das ist Shinji“, stellte Takeru ihn vor, worauf seine Mutter lachte. „Ah, du bist also Masakis Sohn“, fiel ihr auf, worauf Shinji nickte. „Und...ehm...“, begann Takeru erneut leise und griff nach Shinjis Hand, ehe er sich zu seiner Mutter etwas nach vorn lehnte. „Er ist...seit über einem halben Jahr mein „Freund“.“ Kurz blinzelte sie und sah von ihrem Sohn zu Shinji und wieder zurück, ehe sie schmunzelte und dann anfing zu kichern. „Na sieh mal einer an, Takeru. Das ich diesen Satz gerade von DIR irgendwann hören würde, hätte ich wirklich nicht gedacht“, lachte sie und stemmte ihre Hände in die Seiten. Sogleich färbte sich Takerus Gesicht dunkler, was Shinji zum grinsen brachte. „Mit der Reaktion hättest du rechnen müssen“, stichelte er und griff Takerus Hand etwas fester. „Nun denn, dann wollen wir mal.“ Kaum ausgesprochen wurden Takeru und Shinji schon hier ihr aus dem Bahnhof gezogen. Es gab Gabelungen im Leben, vor denen sollte man nicht allzu lange rasten. Während Takerus Finger sich mit denen Shinjis verhakten, verloren sich auch die restlichen Bedenken. Er hatte nichts mehr zu befürchten. ENDE Vielen Dank! Ich bedanke mich hiermit bei allen Leser, Kommentarschreibern und jenen die meine Geschichte auf ihre Favoritenliste gesetzt haben! Ich bin glücklich über soviel Unterstützung! Diese Geschichte hat mich wirklich Arbeit gekostet und an sich bin ich mit dem Ergebnis weitestgehend zufrieden. Nicht völlig (xD), aber zu einem großen Teil! Hoffe man sieht sich bei einer meiner anderen arbeiten mal wieder. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)