Face to Face von Franlilith ================================================================================ Kapitel 20: twenty ------------------ Zu sagen er hätte sich einfach nur erschrocken, wäre tiefste Untertreibung gewesen. Takeru starrte Shinji an, als wäre dieser eine Erscheinung. Dieser sah seine Mutter kurz verwirrt an, ehe er einen kühlen Blick auf Takeru fallen ließ, der diesem im Augenblick nicht mehr hätte wehtun können. Verdammt! Hatte er etwa mitgehört? Langsam trat Takerus Vater hinter Shinji hervor und blinzelte etwas verwirrt, als er die Spannung bemerkte, die im Raum herrschte. Nebenbei fragte er sich, ob sein Vater bereits davon gewusst hatte. Masaki hatte doch bestimmt mit ihm geredet, immerhin ging es ja beide Söhne etwas an. Takeru sah seinen Freund an, welcher langsam seine Hand zur Faust ballte und ihn ansah, als würde er gern zuschlagen wollen. Es sah fast so aus, als hätte Shinji nur den letzten Satz mitbekommen. „Shinji“, sprach Masaki leise und stand auf, der sie kam gar nicht dazu ihrem Sohn irgendetwas zu erklären. Der sah Takeru weiterhin wütend an und biss sich fest auf die Unterlippe. Wenn Takeru tatsächlich recht hatte und seine Annahme, dass Shinji seinen letzten Satz falsch verstanden hatte, richtig war, fühlte der sich gewiss hintergangen. Und tatsächlich, er starrte Takeru an und macht plötzlich ein Gesicht, dass wahrscheinlich jedem ein schlechtes Gewissen gemacht hätte. „Was hast du ihr erzählt?!“, brüllte er plötzlich, während ihm gänzlich egal zu sein schien, dass ihre Eltern noch im Raum standen und das Geschehnis verwirrt beobachteten. „Du hast mir versprochen nichts zu sagen!“, verließen die nächsten vorwurfsvollen Worte Shinjis Lippen, ehe er kehrt machte und mit schnellen Schritten die Küche sowie das Haus verließ. „Shinji!“ Es dauerte nicht lange und langsam kam Bewegung in Takeru, als er ebenfalls mit schnellen Schritten die Küche verließ und vor der Tür seine Schuhe anzog. Er hätte ihr sagen sollen, dass Shinji Angst hatte. Angst davor, von seiner eigenen Familie missachtet zu werden. Deswegen hatte er es nicht gewollt, dass Takeru etwas erzählte. Aber Masaki war doch völlig in Ordnung, die hatte das alles schon viel früher geahnt. Wahrscheinlich bereits, bevor Takeru und Shinji zusammen gekommen waren. „Takeru?“ Verwirrt blickte er auf und sah in Masakis Gesicht. Sie hielt ihm seine Jacke entgegen, nachdem er aufgestanden war. „Es tut mir leid, ich wusste nicht, dass er so darauf reagieren würde“, sprach sie leise, doch Takeru schüttelte den Kopf. „Du kannst nichts dafür“, meinte er und zog seine Jacke über. Leise räusperte sich sein Vater. „Also ist es tatsächlich wahr?“, wollte er wissen und sah Takeru abwartend an. Dieser seufzte. Eigentlich musste er seinem Vater keine Rechenschaft ablegen, schließlich war auf diesen niemals wirklich Verlass gewesen. Doch nun, ging es ja nicht nur um ihn. „Ja“, meinte er und nahm sich seinen Schlüssel, ehe er sich zu beiden nochmals umdrehte. „Shinji hatte immer Angst, es euch zu sagen. Er dachte, es würde sich etwas ändern. Aber ich kann ihn nicht verleugnen“, meinte Takeru leise und verschwand dann ebenfalls. Er hatte schon zuviel Zeit verbraucht, jetzt konnte er Shinji unmöglich einholen. Außerdem war Takerus Orientierungssinn wirklich nicht der Beste. Langsam sah er sich um. Wenn er einfach drauf losrannte, würde er sich womöglich selbst noch verlaufen und damit wäre Shinji bestimmt nicht geholfen. Warum hatte er nicht einfach sagen können, dass er nichts wusste? Langsam schlang er seine Arme um den Körper. Für September war es wirklich kalt und Shinji hatte seine Jacke nicht einmal mehr angehabt, als er weggelaufen war. Seufzend begab sich Takeru einfach in Richtung Schule. Er wusste nicht einmal, ob man an einem Samstag um diese Uhrzeit überhaupt hinein gelangen würde, aber wenn der Schulhof offen war, würde ihm das wahrscheinlich schon reichen. Doch kaum war er auf dem Schulgelände angekommen, löste sich seine Hoffnung im Nichts auf. Schwere Eisenketten verriegelten das Tor und machten ein hineinkommen unmöglich. Wütend rüttelte Takeru am Tor. „Shinji!“, rief er, doch er erhielt keine Antwort. Wahrscheinlich war er nicht einmal hier, warum sollte er auch ausgerechnet zur Schule kommen, immerhin würde Takeru ihn dort ja sofort vermuten. Leise seufzte er und setzte sich wieder in Bewegung. Was sagte ihm eigentlich, dass Shinji vor ihm weglaufen wollte? Immerhin war er einfach Hals über Kopf weggerannt. Seit einer guten halben Stunde irrte Takeru bereits durch das Dämmerlicht Kyotos und verlor langsam aber sicher die Geduld. Wo auch immer Shinji gerade war, er schien es wahrscheinlich selbst nicht zu wissen. Der einzige Ort, an dem Takeru noch nicht nachgesehen hatte, war die Einkaufsstraße, doch dorthin fuhr um diese Zeit kaum noch ein Zug. Dennoch war es besser, als weiterhin umher zu irren. Langsam ging er die Treppen zur U-Bahnstation hinab und hoffe wirklich, dass Shinji in keinen Zug gestiegen war. Er würde ihn niemals einholen, sollte es tatsächlich so sein. Schweigend sah Takeru sich um und war schon drauf und dran zu schreien, als er jemanden auf der Wartebank kauern sah, wahrscheinlich wäre er einfach weitergelaufen, würde diese Person nicht so verdächtig nach seinem Freund aussehen. Langsam kam er auf den Jungen zu. „Shinji?“ Kein Zucken, nichts und doch schien er nicht eingeschlafen zu sein. Wahrscheinlich hatte er beschlossen Takeru zu ignorieren. Beinahe vorsichtig streckte Takeru seine Hand aus und legte sie auf Shinjis Schulter, doch alles was er erreichte war, dass seine Hand wütend weg geschlagen wurde. „Verschwinde!“, zischte und biss auf die Unterlippe. Für einen Augenblick war es, als hätte Shinji ihn klar zurückgewiesen. Dieses verräterische Stechen in seinem Inneren, war zumindest Beweiß genug dafür. Womit hatte er das verdient? „Nun hör mir doch wenigstens zu“, bat Takeru und sah Shinji mit dem Kopf schütteln. „Nein“, murmelte er und wirkte wirklich müde. Es tat Takeru tatsächlich leid, dass er Masaki nicht einfach ausgewichen war, aber das alles war doch noch kein Grund so ein Theater zu machen. Lange besah sich Takeru seinen Freund und seufzte leise. Doch, Shinji hatte allen Grund dazu. Er hatte immer Angst vor dem Moment gehabt, in dem seine Mutter das alles herausbekam. Doch es war immerhin besser sie erfuhr es, als irgendwann völlig geschockt zu sein. „Shinji, bitte. Ich habe Masaki doch gar nichts erzählt, sie hat mich darauf angesprochen“, meinte er, doch Shinji sah ihm nur wütend in die Augen. „Und warum hast du dem nachgegeben? Du hast mir versprochen nichts zu erzählen!“, knurrte er und wich vor Takerus Hand zurück, welche er erneut nach seinem Freund ausgestreckt hatte. Shinji musste völlig unterkühlt sein. Selbst Takeru war mit seiner Jacke hier unten kalt und alles was Shinji gerade trug, war ein kurzärmliches Hemd und seine schwarze lange Hose. Schnell schüttelte Takeru den Kopf. „Ich habe doch gar nicht nachgegeben. Aber ich konnte sie doch auch nicht anlügen“, sprach er entschuldigend weiter. Doch Shinji sah ihm nur gereizt entgegen. „Natürlich und deswegen sagst du ihr einfach freiheraus, dass du mit mir zusammen bist, oder was?“, zischte er weiter. Langsam aber sicher, wusste Takeru nicht mehr, was er noch sagen sollte. Wie konnte jemand nur so stur sein? „Das habe ich nicht gesagt! Sie hat sich das selbst zusammengereimt!“, fauchte er nun seinerseits zurück. Es konnte doch nicht sein, dass Shinji ihn einfach nicht verstand. Dieser gab ein abfälliges Geräusch von sich. „Dann hättest du halt gesagt, dass es nicht so ist!“ Geschockt sah Takeru seinen Freund an, dann biss er sich auf die Unterlippe. „Ich kann dich doch nicht einfach verlegenen!“ Stille. Shinji starrte ihn einfach nur an und wirkte mit einem Mal so, als wäre er niemals wütend gewesen. „Was?“, fragte er leise und sah Takeru weiterhin regelrecht geschmeichelt an. War er es wirklich? Schließlich hatte Takeru zum ersten Mal etwas von dem gesagt, was wirklich in ihm vorging. Und er log nicht, niemals hätte er seinen Freund verleugnen können, auch nicht vor Masaki. „Du hast es doch verstanden“, wisperte Takeru leise und seufzte dann, ehe er sich vor seinen Freund hockte und ihm beinahe zärtlich über die Wange strich. „Komm wieder mit nachhause. Masaki versteht es, sie ist sogar froh darüber, dass du glücklich bist“, meinte Takeru leise und lächelte Shinji entgegen, der sich auf die Unterlippe biss. Vielleicht war ihm von vornherein klar gewesen, dass er vor diesem Geständnis nicht ewig davon laufen konnte. Und nun, hatte er es sogar noch einfacher. Masaki akzeptierte ihn so wie er war und auch Takerus Vater würde niemals etwas dagegen sagen. Vielleicht dachte er sich seinen Teil, aber er würde ihnen gewiss nicht mit Ekel begegnen. „Ich habe Angst“, murmelte Shinji und ließ sich langsam in Takerus Arme sinken. Dieser seufzte und schmiegte sich näher an den ausgekühlten Körper seines Freundes. „Musst du nicht.“ Langsam stand Shinji mit ihm auf, jedoch ohne sich von ihm zu lösen. „Ich liebe dich“, wisperte Shinji leise und brachte Takeru zum lächeln, langsam löste er sich von ihm. „Ich dich auch“, meinte er und legte bereitwillig seine Lippen auf die seines Freundes. Er verstand Shinjis Angst, gerade weil er vor wenigen Monaten noch jemand war, der genau in das Muster der Menschen gepasst hätte, vor denen man solche Dinge niemals offenbaren durfte. Doch Shinji hatte Dinge geschafft, die Takeru bei sich selbst für unmöglich gehalten hätte. Jetzt jedoch bereute er es nicht mehr. „Oh Shinji, es tut mir leid, ich hätte mit dir darüber reden sollen.“ Shinji lächelte sanft und erwiderte die Umarmung seiner Mutter während Takeru sich seiner Schuhe entledigte. Er hatte gewusst, dass Masaki auf sie warten würde und auch Takerus Vater stand neben ihnen und auch wenn er sich seine Sorge nicht anmerken ließ, vorhanden waren sie. Vielleicht war dies eine der Eigenschaften, an die sich Takeru noch heute erinnern konnte, selbst wenn er seinen Vater jahrelang nicht gesehen hatte. „Also hat sich endlich was an deiner Einstellung geändert, hm?“ Verwirrt sah Takeru zu seinem Vater und musterte ihn misstrauisch. „Was meinst du?“, wollte er wissen. Katsumi lachte. „Deine Mutter“, war alles was er dazu sagte, ehe er an Shinji und Masaki vorbei ging und den Jungen leicht auf die Schulter klopfte. Takeru starrte ihm hinterher und seufzte. Er musste nicht lange darüber nachdenken, was genau sein Vater damit meinte. Sie hatte es verraten, ihm erzählt, was Takeru für ein Problem mit Homosexuellen gehabt hatte. Langsam sah er Shinji in die Augen und lächelte. Wie auch immer. Nun hatte sich daran eh alles geändert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)