Face to Face von Franlilith ================================================================================ Kapitel 9: nine --------------- Sein Körper war wie versteinert. Er wagte nicht auch nur einen Muskel zu bewegen, geschweige denn den leicht fordernden Kuss zu erwidern. In seinem Bauch kribbelte es verräterisch und scheinbar noch stärker als sonst. Nein! Das war die falsche Reaktion! Ihm sollte sich der Magen umdrehen und er sollte Shinji von sich wegstoßen, zumindest sagte sein Kopf so etwas. In seinem inneren jedoch, begann genau in diesem Moment ein Kampf mit sich selbst. Takeru starrte weiterhin geschockt auf die geschlossenen Augen Shinjis. Alles was er geglaubt hatte, brach gerade in sich zusammen. Der Druck auf seinen Lippen wurde je schwächer, als Shinjis sich von ihm löste und seine Augen langsam, fast vorsichtig, wieder öffnete. Dann starrten sie sich an. Sekundenlang, wenn es nicht sogar bereits Minuten waren, als der Schwarzhaarige sich umwandte - mit einer Hand den noch immer auf dem Boden stehenden Beutel griff – und in richtig Haus flüchtete. „Shinji!“ Takeru streckte leicht seine Hand nach dem Jungen aus, der jedoch längst über alle Berge war. Dann zog er sie verschreckt zurück. Was dachte er sich? Schließlich gab es keinen Grund Shinji aufzuhalten. Er hatte das nicht gewollt! Seine Hand wanderte leicht zu seinen Lippen und fuhr beinahe kaum spürbar mit den Fingerkuppen darüber. Shinji hatte gezittert, auch wenn Takeru es in seiner Verwirrtheit kaum bemerkt hatte. Diese Lippen waren anders gewesen. Anders als die weichen, schüchternen eines Mädchens. Rauer und fordernder. Und obwohl es Shinji gewesen war, der ihn geküsst hatte, empfand er nicht den erwarteten Ekel. Wo war der Widerwille?! Wo all die schlechten Gedanken und das widerliche Gefühl?! Warum war ihm nicht schlecht, oder so etwas? Nicht mal ein bisschen... „Scheiße...“, wisperte er, als er den Kopf sinken ließ und seine Hand auf sein Gesicht legte. War er nun doch... Er konnte den Gedanken nicht fortführen. Wollte wissen, warum Shinji das gemacht hatte. Wollte er ihn aufziehen? Ihn nur ärgern? Oder waren da echte Gefühle gewesen? Takeru rieselte eine Gänsehaut über den Rücken. Shinji hatte aber gesagt, er stand nur auf Ältere! Deswegen hatte Takeru doch überhaupt zugelassen, dass der Schwarzhaarige ständig an ihm gehangen hatte. Weil er dachte, Shinji würde nichts von ihm wollen! Jetzt hatte er noch mehr Fragen als zuvor. Nun war sein Kopf noch schwerer. Er war mit seinem Latein vollkommen am Ende. Er hielt sich den Kopf, als er die Einkaufstüte griff und langsam zum Haus lief. Er konnte Shinji doch jetzt nicht unter die Augen treten. Erst recht nicht, wenn der Kleinere vor ihm weggelaufen war. Er weigerte sich sogar einen Ton zu sagen! Dabei wusste Takeru wirklich nicht mehr, was hier eigentlich vor sich ging. Weder mit Shinji, noch mit sich selbst. Als er die Tür aufschloss, sah er sogleich in Masakis Gesicht, die gerade eine der schweren Reisetaschen versuche in den Flur zu ziehen. Takeru schreckte auf und stellte seine Einkäufe ab, um ihr zu helfen. „Oh, danke, Takeru“, lächelte sie und seufzte. „Es ist gerade mal eine Woche und ich habe das Gefühl, meinen ganzen Schrank mitzunehmen.“ Takeru schmunzelte und griff dann wieder nach den Einkäufen, um den Beutel in die Küche zu bringen. Wo war Shinji? Hatte er sich in seinem Zimmer verschanzt? Das war verdammt feige... „Hast du das bekommen, was du noch wolltest?“, fragte Masaki, als sie ebenfalls die Küche betrat und Takeru beim ausräumen, der Lebensmittel half. „Hm?“, machte er und blinzelte verwirrt. Masaki erwiderte seinen Blick. „Shinji hat mir erzählt, du bist noch mal kurz zum Supermarkt zurück, weil noch etwas vergessen wurde“, erklärte sie. Shinji hatte gelogen. Weil sie unabhängig voneinander das Haus betreten hatten. Takeru wusste nicht ob das dreist oder zuvorkommend war. Er nickte. „Oh, ja...ich hatte noch was vergessen.“ Masaki schien zu merken, dass er nicht richtig auf der Höhe war, doch sie schwieg und sah ihn lediglich besorgt an. Als das Essen soweit verstaut war, ging Takeru zur Treppe. „Warte noch mal kurz, Takeru“, rief Masaki ihm hinterher, worauf der Angesprochene stehen blieb. Er drehte sich zu ihr. „Ich wollte nur sagen: Passt die Woche auf euch auf. Ich bin immer ganz krank vor Sorge, wenn ich euch alleine lassen muss“, sprach sie und blickte ihn erneut besorgt an. Takeru senkte den Blick. Er sollte die ganze Woche mit Shinji allein sein. Nachdem was da vorhin passiert war?! Wie sollten sie miteinander umgehen? Geschweige denn je wieder ganz normal reden? Er wusste es nicht... „Mach dir nicht so viele Gedanken, wir kommen schon klar. Du kannst doch auch jederzeit anrufen“, lächelte Takeru. Masaki nickte und wandte sich dann mit den Worten „Seid vorsichtig“ um. Langsam ging er nach oben und sogleich fiel sein Blick auf Shinjis geschlossene Zimmertür. Er würde gern fragen, was das alles zu bedeuten hatte. Takeru fand sich vor der Tür seines Mitbewohners wieder und hob schon die Hand um zu klopfen, doch irgendetwas hielt ihn davon ab. Was sollte er sagen? Oder fragen, wenn er selbst nicht einmal wusste, warum er nervös, statt wütend über diesen kurzen Kuss war. Langsam ließ er seine Hand wieder sinken und ging möglichst leise in sein Zimmer. Kaum hatte er die Tür geschlossen, ließ er sich auf sein Bett fallen. Seine Gedanken wirbelten durcheinander. Egal wie gefasst er gerade nach außen gewirkt hatte, innerlich war er ein Frack. Ihm ging es einfach nicht aus dem Kopf, das Shinji ihn solche Dinge gefragt, ihn geküsst hatte und so verschreckt abgehauen war. Wieder wanderten seine Finger zu seinen Lippen, als er sich auf den Rücken drehte. Er hatte sich in den letzten Wochen viel für Shinji eingesetzt und ihm geholfen, ohne sich dessen so richtig bewusst zu sein. Und vor allem, war er schon lange nicht mehr sicher, ob mit ihm alles in Ordnung war. Shinji hatte ihn total überfordert. Wo vorher noch einigermaßen alles Normal war, war nun das reinste Chaos ausgebrochen. „Verdammt“, murmelte Takeru leise und drehte sich auf die Seite. Sein Kopf drohte zu platzten. Wurde er etwa doch...schwul?! „Das ist doch nicht dein ernst...du magst Mädchen...Mädchen!“, murrte er vor sich hin und fragte sich Stück für Stück mehr, warum er dann Akemi so einfach abblitzen lassen konnte. Eines der nettesten und süßesten Mädchen, das sich in dieser Stufe für ihn interessieren konnte. „Du interessierst dich für jemanden anderes, kann das sein?“ Er ließ sich Akemis Worte durch den Kopf gehen. Jemanden anderes? Schon da hatte er sich die Frage gestellt, was dieses Mädchen wusste, was ihm nicht klar war? Wenn es wenigstens ein anderes Mädchen wäre! So war es doch immer gewesen, er war völlig Hetero und schikanierte Schwule. Mittlerweile tat ihm das zwar leid, aber das hieß ja noch lange nicht, dass sich seine sexuelle Gesinnung dadurch verändert hatte! Er stockte. Dachte er gerade ernsthaft darüber nach, dass dieser „andere“ – wie Akemi sagte – Shinji war? Seine Wangen färbten sich mit einem mal rot. Das glaubte er doch nicht wirklich! Auch wenn er in Shinjis Gegenwart öfter mal etwas nervös war und dieses Kribbeln im Bauch spürte...und Herzklopfen hatte...und ihn während des Kusses nicht weggestoßen hatte... Vielleicht...war es ja doch so...? Takeru setzte sich auf und vergrub sein Gesicht in seinen Handflächen. Er wollte nicht schwul sein! Warum traf es ausgerechnet ihn? Er hatte doch immer, auch vor Shinji, geprallt dass er nur auf Frauen stand! Wieso war ausgerechnet er...in einen Jungen verliebt?! Mit Kopfschmerzen und schlechter Laune saß Takeru am nächsten Morgen am Frühstückstisch. Shinji war noch nicht wach oder er wollte einfach nicht runter kommen, weil er Angst vor Takeru hatte. Der jedoch hätte sich im Augenblick nichts mehr gewünscht, als das Ende seines verdammt schweren Kopfes. „Soll ich dir Tabletten bringen, Takeru?“, fragte Masaki fürsorglich, als sie vor ihm eine Tasse Tee abstellte. Der nickte langsam und lächelte so gut es ihm möglich war dankend. Die ganze Nacht hatte er nachgedacht, alle Möglichkeiten abgewogen und war sich nun wirklich sicher, sich in Shinji verguckt zu haben. Der gestrige Kuss zwischen ihnen hatte die letzten Zweifel, an denen Takeru sich festgeklammert hatte, weggespült. Er war am Ende. „Hoffentlich erkältest du dich nicht, sonst sag ich die Dienstfahrt ab...wenn du krank bist, können wir doch nicht wegfahren“, sagte sein Vater und sah Takeru mitleidig an, der nur seufzte. Also er hatte ja keine Malaria sondern nur Kopfschmerzen. „Unsinn...das geht wieder weg. Ich habe einfach nur nicht gut geschlafen“, erklärte er und nahm dankend die Tablette und das Wasserglas, dass Masaki ihm reichte, ab. Eine Wohltat. „Wann fahrt ihr eigentlich?“, wollte Takeru nach einer Weile, in der er die Zeitung gelangweilt durchgeblättert hatte, wissen. Sein Vater sah auf die Uhr. „Nun, wir werden gegen Nachmittag zum Flughafen fahren, damit wir unseren Flieger bequem schaffen“, erwiderte er und sah dann Masaki an, die ihm zunickte. Und dann würde er mit Shinji allein sein. Er wusste gar nichts mit sich anzufangen, würde der andere ihm weiterhin aus dem Weg gehen. Und tatsächlich, den ganzen Tag ließ sich der Schwarzhaarige nicht blicken. Takeru befürchtete schon, er wäre gar nicht mehr im Haus, als er Shinji dann doch noch zu Gesicht bekam und zwar als sie seinen Vater und Masaki verabschiedeten. „Also, passt auf euch auf und ruft an, sollte irgendwas sein, okay?“, bestimmte Masaki lächelnd und griff nach ihrer kleinen Handtasche. „Das Geld liegt vorn in der Küche auf der Ablage, teilt es zwischen euch auf.“ Takeru nickte seinem Vater zu, bevor er Shinji einen leichten Seitenblick zuwarf. Der jedoch ignorierte ihn gänzlich und umarmte seine Mutter kurz, ehe er den beiden die Schirme reichte, da es draußen wieder in strömen regnete. „Ist in Ordnung. Ruft an, dass ihr gut angekommen seid“, lächelte Shinji und winkte dann noch kurz mit Takeru, als die Beiden das Haus verließen und zum Auto gingen. Und sogleich herrschte Stille. Shinji sah zu Boden ganz so, als wäre das Laminat wahnsinnig interessant. Doch dann drehte er sich um, und lief mit schnellen Schritten fluchtartig zur Treppe. Takeru blinzelte verwirrt, war jedoch schneller. Er griff Shinjis Arm und hielt ihn davon ab, wieder zu flüchten. Dieses Mal wollte er reden und zwar ohne, dass Shinji wieder weglief. „Wa...?“, machte der Kleinere, doch Takeru reagierte gar nicht auf das ganze Zerren und Ziehen Shinjis. „Hier geblieben, denkst du, du kannst dich wieder einfach in deinem Zimmer einschließen, ohne einen Ton zu sagen?“, fragte Takeru schnippisch und bereute seinen rauen Ton sogleich, als Shinji zusammenzuckte. „Ich...lass mich los“, forderte er kleinlaut und zog weiter mit ganzer Kraft, schaffte es aber nicht, sich aus Takerus Griff zu befreien. „Nein. Erst will ich ein paar Antworten!“, fauchte er und erkannte erneut, dass er viel zu schnell aus der Ruhe zu bringen war. Warum ging er Shinji so an? Weil er sauer war, dass der Kleine ihn „schwul gemacht“ hatte? Oder war er eher wütend auf sich selbst? „Takeru“, murrte Shinji etwas nachdrücklicher. Ihn schien es unangenehm zu sein, so in die Enge gedrängt zu werden. Aber war das gestern nicht umgekehrt so gewesen? „Sag mir was das gestern sollte“, forderte Takeru weiter, nun jedoch nicht mehr ganz so grob. Vielleicht war es falsch mit Shinji so zu reden, zumal es ihm selbst ein wenig schmerzte dieses traurige Gesicht zu sehen. „Lass mich...“, wimmerte Shinji nun, sein Körper begann wieder zu zittern, während er nun weniger energisch versuchte, sich aus dem Griff zu lösen. Ihm schien die Kraft zu fehlen. „Antworte mir!“ Takeru biss sich auf die Zunge. Warum wurde er so laut? Er verschreckte Shinji doch nur noch mehr. „Bitte...“, wisperte Shinji und zog noch ein letztes Mal, ehe er es aufgab und kraftlos zu Boden sank. Noch immer wurde er von Takeru festgehalten, der jedoch verwirrt auf den Jungen blickte, der mit der Faust seiner anderen Hand einmal fest auf den Boden schlug. „Was...was...willst du den hören?“, fragte er und begann plötzlich zu schluchzen. Verschreckt ließ Takeru Shinjis Hand los, ehe er sich vor den schmalen Körper des Jungen hockte. Der sah nun wutentbrannt und mit Tränen in den Augen auf. „Was willst du von mir hören?! Ich weiß, dass ich dich angeekelt habe! Es ist einfach so über mich gekommen, obwohl ich weiß, dass du auf Frauen stehst! Ich habe mich für einen Moment von dem Gedanken verführen lassen, dass in deinen ganzen Verteidigungsaktionen vielleicht Gefühle für mich versteckt waren! Es tut mir leid! Ich wollte nicht...“, seine Stimme brach ab und stand in einer Geschwindigkeit auf, die Takeru ihm in diesem Augenblick nicht zugetraut hätte. Shinji rannte regelrecht die Treppe nach oben und sogleich hörte man wie eine Tür zuschlug. Takeru saß noch immer wie versteinert auf dem Boden und starrte in Richtung Treppe. Er musste kurz verarbeiten, was Shinji da gerade zu ihm gesagt hatte. Vielleicht hatte er es wirklich völlig übertrieben, aber so einen Ausbruch hatte er jetzt nicht erwartet. Langsam stand er auf und ging mit leisen, fast vorsichtigen Schritten die Treppe hinauf, um zu Shinjis Zimmertür zu gehen, wie schon am Tag zuvor. Nur, dass man heute leises Schluchzen aus dem Zimmer des Schwarzhaarigen vernehmen konnte. Es brach Takeru das Herz zu wissen, dass er daran schuld war. Warum war er immer so unsensibel? „Shinji?“, fragte er leise, erhielt jedoch keine Antwort, doch er war sicher, dass der Angesprochene ihn gehört hatte. „Bitte lass mich rein...ich wollte dich nicht so angehen. Ich will nur mit dir reden“, meinte er, doch alles was Shinji von sich gab, war ein erneutes lautes Schluchzen und die Worte: „Hau ab!“ „Shinji, komm schon...hör mir doch erst einmal zu...ich habe dich doch auch was zu sagen...“ Es war zum verzweifeln. Warum war Shinji so stur? Er wusste doch nicht einmal, was in Takeru selbst vor sich ging. Für ihn war es doch ohnehin schon schwer genug, diese Gefühle für den etwas Jüngeren zu akzeptieren. Nach gut zehn Minuten, in denen Takeru immer wieder gebeten hatte, mit Shinji reden zu können, wurde es plötzlich still in dessen Zimmer. Wahrscheinlich hatte Shinji beschlossen den anderen zu ignorieren. Takeru seufzte und lehnte sich mit dem Rücken an die Tür. In seinem Kopf herrschte doch wirklich schon genug Chaos. Er fühlte sich gerade so schlecht behandelt, obwohl er es war, der immer gleich an die Decke ging. Doch wie konnte Shinji ihn die ganze Zeit so durcheinander bringen, ihn küssen und dann einfach auf stur schalten und nicht einmal über all das reden wollen. Es tat sogar ein klein wenig weh... Das laute Knallen der Tür am Montagmorgen ließ Takeru zusammenzucken. Schweigend stocherte er in seinem Essen herum und biss sich auf die Unterlippe. Warum war Shinji so sauer? Es war ja kein Geheimnis, dass der Andere so früh am Morgen immer schlecht gelaunt war, aber so wie heute, hatte Takeru ihn wirklich noch nie erlebt. Er hatte nicht einmal frühstücken wollen und nur seinen Kaffee getrunken. Jetzt war er eine halbe Stunde früher zur Schule gegangen als Takeru, einfach nur, damit sie nicht miteinander reden mussten. „Tzz...“, machte Takeru leise und knallte seine Teetasse dermaßen heftig auf den Tisch, dass sie einen Riss bekam. Er war so verdammt wütend auf Shinji und vor allem fühlte er sich verarscht. Was glaubte der Kerl denn, wer er war? Die ganze Zeit hing er an ihm und nun, von heut auf morgen, versuchte er ihn zu ignorieren! Er würde damit klar kommen, unter normalen Umständen – auch wenn er es allgemein hasste sich mit Shinji zu streiten – aber im Augenblick tat es ihm einfach weh. Vielleicht weil er erkannt hatte, dass er sich in Shinji höchstwahrscheinlich verliebt hatte. Das hatte der doch erreichen wollen, oder nicht? Warum lief er jetzt weg?! „Hey Kimura-kun!“ Er zuckte etwas zusammen, als er Akemis Stimme hörte und drehte sich dann zu ihr um. Sie blieb vor ihm stehen und lächelte. „Guten Morgen“, meinte er und versuchte ihre Geste zu erwidern, doch er scheiterte wie üblich kläglich. Warum fühlte er sich so verdammt mies? Akemi schien sein Unbehagen zu spüren und stellte sich ihm in den Weg. Sie hatten noch Zeit, der Unterricht fing erst in einer guten halben Stunde an. Doch Takeru wäre Akemi in diesem Moment gern ausgewichen. „Was ist denn los? So niedergeschlagen habe ich dich ja noch nie erlebt“, meinte sie und versuchte ihm in die Augen zu sehen, doch Takeru hatte es perfekt geschafft, seinen Kopf so zu drehen, dass ihr das unmöglich war. „Ach Unsinn“, lachte er leise und unterdrückte ein Seufzen. Sie merkte ohnehin schon, dass etwas nicht stimmte. „Erzähl mir nichts. Was ist los mit dir? Du siehst aus, als müsstest du gleich zu schreien anfangen“, bemerkte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. Takeru schüttelte den Kopf und lief an ihr vorbei, worauf sie ihm mit schnellen Schritten folgte. „Willst du wirklich nicht sagen, was los ist? Ich habe dir doch gesagt, dass du mit mir reden kannst.“ Akemi verzog traurig das Gesicht, als Takeru sich weiterhin weigerte etwas zu sagen. Was sollte dabei auch raus kommen, auch wenn er gern mit irgendwem gesprochen hätte, auf dem Schulweg ging das schlecht. Wie sollte er ihr den sagen – sie mit der er beinahe zusammengekommen wäre – dass er in einen jungen verliebt war? Jemand wie er, der immer gesagt hatte, dass er Schwule verabscheute. Doch Shinji...den konnte er nicht verabscheuen... Vielleicht hätte Takeru in diesem Augenblick wirklich schreien können. Den ganzen Tag über, hatte Shinji kein Wort mit ihm gewechselt. Wenn Takeru auch nur versucht hatte ihn anzusprechen, war er aufgestanden und gegangen. Jedes Mal schien er eine andere „Ausrede“ gefunden zu haben und nun, fühlte sich Takeru erst recht elend. Selbst als sie wieder zuhause waren, wechselten sie kein Wort und erschreckender Weiße, veränderte sich das am nächsten Tag auch nicht. Niemals hätte Takeru gedacht, dass die Liebe zu einem Mann – er wagte noch immer kaum, richtig darüber nachzudenken – so wehtun könnte. Shinji behandelte ihn nicht nur wie Luft, Takeru fühlte sich mittlerweile auch so. Er versuchte zu verstehen, warum Shinji ihn ignorierte. Doch eigentlich, kam er zu keinem sinnvollen Ergebnis. Ja, vielleicht war Takeru etwas rabiat gewesen, vielleicht wollte er auch diese Gefühle nicht durch eine geschlossene Tür Shinji gestehen, aber hieß das denn, dass er so behandelt werden musste? Als er am Mittwoch zur Pause fast allein mit ein paar Mädchen im Raum war und aus dem Fenster sah, sah man ihm wohl an, wie kaputt er war. Die letzten Tage hatte er nicht einmal richtig schlafen können. Shinji tauchte ständig in seinen Träumen auf und jedes Mal wurde Takeru schmerzhaft daran erinnert, dass er sich noch immer nicht mit Shinji versöhnt hatte. Sie schwiegen sich seit drei Tagen an und genau das, brach ihm fast das Herz. „Kimura-kun?“ Akemis weiche Stimme drang an sein Ohr und langsam drehte er seinen Kopf zu ihr. Sie kam gerade recht, schon die ganze Zeit hatte er beobachtete, wie sich Shinji lachend mit Ryo unterhielt, als wäre es völlig normal. Hatten sie sich nicht gestritten? „Was denn?“, fragte er und versuchte zu lächeln, doch Akemi erwiderte nur besorgt seinen Blick. „Ich will dich etwas fragen...“, erklärte sie und drehte sich zu den anderen Mädchen um, die an der Tür standen und fragen zu ihr sahen. Doch sie winkte ab und bedeutete ihnen wohl, dass sie nicht mitkommen wolle. Wohin auch immer. Die Anderen nickten und verließen den Raum. Nun waren sie allein. Was wollte Akemi denn sagen, dass es so geheim war? Takerus Blick richtete sich wieder auf Shinji und Ryo und er bemerkte, wie Akemi seinem Blick folgte. „Du magst Tanaka-kun sehr, oder?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)