Kai kocht! von Mjern ================================================================================ Schmetterlinge und Brieftauben ------------------------------ Ich bin ganz ehrlich ein Fan von Überraschungen und Überraschungen sind zu Geburtstagen immer am schönsten – vor allem wenn es Überraschungen für Menschen sind, die man gern hat und schätzt. Nun steht mit der Maisonne Reitas Geburtstag vor der Tür, aber ich werde mich hüten, hier auszuplaudern, wie alt er wird. Das kann er gar nicht leiden. Würde ich als Überraschung nur kochen oder backen, würde das mehr als einfallslos rüberkommen, denn das kennen die Jungs ja mittlerweile und sie haben längst bemerkt, dass ich das nicht nur aus purer Langeweile tue. Schließlich bin ich ein viel beschäftigter Mann, der eigentlich niemals Zeit zum kochen oder backen hat, aber da ich der weltbeste Bandleader Japans bin, muss ich mich ja um meine Schützlinge kümmern. Jedenfalls habe ich mir etwas ganz besonderes für den hübschen Bassisten ausgedacht, der in letzter Zeit doch ganz schön abgespannt wirkt. Ja, richtig gelesen, ich nenne ihn hübsch ohne gleich Panikattacken zu durchleiden, denn a) ist es eine Tatsache und b) versuche ich die Gedanken zu ignorieren – mit Erfolg! Allerdings muss ich jetzt erst einmal das finden, was ich für diese besondere Überraschung brauche und das kann ganz schön knifflig werden. Ich fange an überall herumzutelefonieren, in der Hoffnung, dass ich irgendwann irgendwo das finde, was ich suche. Nach ewiglanger Recherche habe ich endlich eine Adresse bekommen und düse gleich los. Da heute keine Bandprobe ist und ich auch nicht auf die Idee gekommen war, die Band zu mir zum Essen einzuladen, haben wir heute alle einen freien Tag und das ist jedem ganz recht. Nach einer Stunde Fahrt habe ich mein Ziel erreicht und kann sofort mit einem netten, älteren Herrn das nötige besprechen. Reita wird Augen machen! Am 27. Mai stehe ich gleich mit der Sonne auf und nachdem ich mich ausreichend kultiviert habe, renne ich los: Zuerst zu Aoi. „Kai~ … es ist früh um acht!“, motzt er mich an. „Ich weiß“, erwidere ich grinsend. Nach Toras Höllenblicken kann mich Aoi mit seinem bisschen Genöhle nicht mehr fertig machen! „Und welcher Tag ist heute?“ Ich sehe in Aois Gesicht wie sein Hirn arbeitet, doch er kommt nicht auf die Antwort. „Hab ich mir gedacht, dass du das verpennt hast. Aber keine Sorge, ich habe an alles gedacht. Du kommst jetzt mit mir und machst dein Handy aus – oder gehst zumindest nicht ran, wenn Reita anrufen sollte.“ Jetzt fällt der Groschen und Aoi weiß endlich Bescheid. Er hat es wirklich vergessen – war ja typisch. Wir machen uns auf den Weg zu Uruha und er steht schon bereit, denn er hatte schon eine gewisse Vorahnung. Nun fehlt nur noch Ruki … Den müssen wir erstmal aus dem Bett klingeln. „Okay, Jungs“, wende ich mich nun an meine versammelte Band. „Wie ihr wisst, hat Reita heute Geburtstag – stimmt‘s Aoi?“ „Sag mal, hast du heute Nacht von Übermut geträumt oder was?“ Ich ignoriere die Bemerkung und fahre fort: „Wir werden eine Überraschungsparty für Reita schmeißen und zwar in seiner Wohnung.“ Ruki macht ein Geräusch, wie es diese Buzzer in komischen Rateshows von sich geben. „Wie kommen wir in seine Wohnung und wie willst du das überhaupt anstellen, dass er nichts mitbekommt?“ „Brieftauben“, antworte ich. „Brieftauben?“, wiederholt Uruha zweifelnd. „Richtig – Brieftauben. Außerdem habe ich den Ersatzschlüssel für seine Wohnung, weil ich mal Blumen gießen sollte, als er ein paar Tage weg war“, erkläre ich. „Reita hat Pflanzen in seiner Wohnung?“ Ich winke ab und fahre fort: „Jedenfalls wird er in einer halben Stunde aus dem Haus gehen, wenn alles klappt, wie geplant. In der Zeit können wir noch eben alles einkaufen, was wir brauchen. Und denkt dran: Keiner von uns ist erreichbar!“ Als wir gerade im Supermarkt ausschwärmen, zieht mich Ruki an die Seite. „Was hast du bitte vor?“ „Überraschung“, erwidere ich grinsend. „Brieftauben?“, hakt er weiter nach und seine Augenbraue wandert skeptisch nach oben. „Irgendwie muss man ihn ja beschäftigen.“ „Du meinst wohl eher verarschen … Aber gut, ich vertrau dir mal. Ausnahmsweise.“ So ein Quatsch – er vertraut mir doch immer! Wie ich vorhergesagt hatte, war Reita gegangen und wir „brachen“ in seine Wohnung ein. „Oh mein Gott!“, entfährt es gleich Uruha, kaum dass er im Flur steht. „Da hat er tatsächlich mal aufgeräumt, als ich vorgestern bei ihm war. Aber wie kann man denn in zwei Tagen dermaßen seine Wohnung einsauen?!“ Überall liegt etwas herum: Klamotten, Noten, halb geleerte Teller oder Fast-Food-Schachteln, CD’s auch Zigarettenschachteln – am schlimmsten ist es allerdings im Wohnzimmer. Ich frage mich nur, warum ausgerechnet dort jede Menge Boxershorts und Shirts herumliegen. Aoi kommentiert diese Tatsache mit: „Na was denkst du denn, was er den ganzen Tag lang macht, wenn er nicht gerade Bass übt?“ „Aufräumen ganz sicher nicht“, mault Uruha. „Das ist mein persönliches Geschenk an ihn: Eine Wohnung in der man WOHNEN und nicht … schimmeln kann.“ „Also bitte, verschimmelt ist hier nichts“, nehme ich den Bassisten in Schutz. Ja, er war unordentlich, aber etwas Ordnung und vor allem ein System steckte hinter diesem Chaos – ich hatte es nur noch nicht begriffen. Bis Mittag waren wir vier damit beschäftigt, die Wohnung begehbar zu machen und genehmigen uns jetzt eine Pause. Dann dekorieren wir noch schick die Wohnung und ich stehe – wie könnte es anders sein – in der Küche und bin fleißig am kochen. „Wann wirst du es eigentlich akzeptieren?“, fragt Ruki. Plötzlich steht er neben mir – ich war so beschäftigt gewesen, dass ich ihn nicht einmal bemerkt hatte. „Was akzeptieren?“, frage ich verwirrt. „Was wohl?“, erwidert der Sänger etwas schnippisch. „Das mit Reita! Mittlerweile ist es unübersehbar, dass du ihn mehr als nur magst.“ Bitte WAS?! „Sieh mich nicht so an, Kai“, sagt Ruki sofort. „Ich meine nur … wie du ihn ansiehst. Dir ist das wahrscheinlich noch nicht mal aufgefallen, aber in letzter Zeit verhältst du dich irgendwie sonderbar in seiner Nähe. Und als letztens Alice Nine da waren … Ich habe schon mit Reita geredet und … Tu mir einen Gefallen und werde dir mal klar, was in deinem Herz vorgeht.“ Wieder ist er verschwunden und ich stehe da und glotze ihm nach wie ein nach Luft japsender Fisch. Klar werden? Was soll denn das jetzt schon wieder? Ich bin verwirrt ... Gegen acht ist es dann endlich so weit: Reita müsste wieder nach Hause kommen. Im Laufe des Tages hatte er fünfzehn Mal versucht auf den Handys anzurufen und wahrscheinlich blinkt auch schon mein Anrufbeantworter fröhlich vor sich hin. „So ein Scheiß“, schimpft er vor sich hin und wirft seinen Schlüssel auf die Kommode und knallt die Tür hinter sich zu. „Welcher Idiot kommt denn auf so eine dämliche Idee, mir tausend Tauben zu schicken und mich so durch die Stadt zu jagen? Und warum zur Hölle ist meine Wohnung ordentlich?! Welcher grenzdebile Sitzpisser -“ „Musst ja wirklich nen schönen Tag gehabt haben“, unterbricht Aoi Reitas Schimpftirade. „DU!“ „Nein, Reita … WIR!“, berichtigt Ruki. Reita sieht einen nach dem anderen prüfend an. Bei mir bleibt sein Blick länger hängen und ich sehe ertappt zu Boden. „Wusste ich’s doch“, murmelt der Bassist dann. „Naja, ich glaub ich komm nochmal rein.“ Damit deutet er zur Tür und dreht sich schon um. „Nein, lass nur, das geht auch so“, pfeift Ruki ihn zurück und wir schmettern unserem Bassist ein „Happy Birthday“ entgegen. Schnell zauber ich die kleine Torte hinter meinem Rücken hervor, damit er die Kerzen auspusten kann. Er scheint sich zwar zu freuen, aber irgendwie liegt ein Schatten auf seinem Lächeln. Als wir am Esstisch sitzen, fragt Uruha: „Und, was hast du heute so gemacht, Reita?“ „Ach, der weltbeste Bandleader Japans hat euch nicht eingeweiht? Sehr fies, Kai.“ Auch wenn er sehr ernst gesprochen hatte, schenkt er mir nun doch ein Lächeln. „Naja … Heute früh um 8 hat ne Taube an mein Fenster geklopft und mich anhand eines feinen Briefes aus der Wohnung gejagt. Letztenendes war ich mich anschmachten lassen, im Kino – der Film war nichts für alleine Kinogehen, das hätte man bedenken müssen (er sieht auffällig in meine Richtung) – dann hab ich mir ein Eis gegönnt, hab ne hübsche Katze gesehen und am Ende habe ich Schmetterlinge beobachtet. Wunderschöne Schmetterlinge, die seit Ewigkeiten auch woanders herumflattern …“ Dieses Mal sieht er vielsagend zu Ruki. Warum Schmetterlinge? Das hatte ich doch gar nicht eingeplant … „Allerdings fänd ich es schön, wenn ich noch mehr Geldbrieftauben zugeschickt bekomme.“ Später überreichen auch Ruki, Uruha und Aoi ihre Geschenke und wir sitzen noch nett zusammen, trinken etwas und sehen Reitas Lieblingsfilm – das ist zu einer Art Tradition zu seinem Geburtstag geworden, wenn wir die Zeit dazu haben. Schließlich liegen wir alle in der Wohnung verstreut und schlafen – na gut, nicht alle. Denn ich bin immer noch wach, obwohl ich hundemüde bin. Gegen halb fünf schleiche ich mich in die Küche und fange an etwas Ordnung zu machen. Das lenkt mich wenigstens etwas ab … „Muss das jetzt sein, Kai?“, fragt Reita hinter mir. Warum schleichen sich heute alle von hinten an mich ran?! Und warum ist Reita überhaupt wach? Der hatte doch tief und fest geschlafen … „Ich kann nicht schlafen.“ „Hab ich bemerkt – und das nach vier Bier – sehr merkwürdig. … Der Tag war schön, aber ehrlich gesagt …“ Er stoppt und weicht meinem Blick aus. „Ach was, vergiss es am besten. Der Tag war schön und damit ist gut. Ich hatte schon lange keine Zeit mehr für mich. … Das in den letzten Monaten war irgendwie nur dahinleben ohne wirkliches Ziel … na gut, das ist es immer noch, aber naja. … Lass das Geräume jetzt sein und hau dich auch noch etwas hin. … Ach und Kai?“ „Ja?“ Wieder weicht er meinem Blick aus. „Ach … nicht so wichtig …“ Reita …? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)