Lost voice von -juujun- (- can still call for hope -) ================================================================================ Kapitel 1: oneshot ------------------ Gedankenverloren starrte ich den Wasserkocher an, bemerkte gar nicht wie er sich ausschaltete, weil das Wasser fertig war. Erst nach einer Weile schreckte ich auf, ich fühlte mich beobachtet. Als ich mich umdrehte sah ich zwei Pudel im Gang stehen. Sie waren ganz stumm, sahen mich aber fragend an, als würden sie sich immer noch wundern was ich hier tat. Dabei war ich schon seit 2 Wochen hier. Ich ignorierte die Tiere kurz und goss das Wasser in die Teetassen. Wahrscheinlich hatten die beiden Hunger. Zumindest hoffte ich das, immerhin hatten die beiden ihr Futter in letzter Zeit nur zu selten angerührt. Während der Tee zog, sah ich mir ihre Näpfe an. Trockenfutter lag darin, das einzige was sie noch hin und wieder anrührten, als wären auch sie auch krank. Aber sie hatten kein Wasser mehr und so füllte ich es auf. Chitsuku trank sogar einen Schluck. Was ich von ihrer weißen Schwester nicht behaupten konnte. Leider. Der Tee war inzwischen fertig und so entfernte ich die Beutel und trug die Tassen ins Wohnzimmer. Allerdings hatte er Raum mit Wohnen nicht mehr viel zu tun. Die Fenster waren abgedunkelt und die Luft abgestanden. Überall standen Tassen und Teller, meist unangerührt. Nach ein paar Tagen räumte ich sie meistens wieder weg. Es lagen auch viele Decken und Kissen herum und es war bedrohlich still. Jui lag auf der Couch. Sein Haar war fettig und klebte an seinem Kopf. Die Farbe war schon etwas herausgewachsen und man sah einen Schwarzen Ansatz. Etwas was Jui sonst nie zuließ. Er trug keinen Schmuck und nur ein ausgewaschenes rotes Oberteil, das er sonst nur herauskramte wenn er seine Wohnung umräumte. Selbst dafür zog er sich früher um. Jetzt tat er es manchmal tagelang nicht. Natürlich war er nicht jemand der deswegen gleich stank, aber dennoch zwang ich ihn hin und wieder die Kleidung zu wechseln. Er selbst hatte keine Freude mehr daran. Ich stellte die Tassen auf den Tisch und setzte mich neben ihn. Es war schrecklich warm im Zimmer und so trug er Hotpants, aber im Gegensatz zu früher machte mich das nicht mehr verrückt. Es gab wichtigeres. Sein Blick ging noch immer starr geradeaus. Auf den Fernseher gerichtet. Ich wusste, dass die Tabletten, die er nehmen musste starke Nebenwirkungen hatten und wahrscheinlich halluzinierte er wieder. Er hatte es mir unter Tränen gestanden, als ich ihn darauf angesprochen hatte. Damals wollte er erst nicht glauben, dass ich den Fernseher nicht angeschaltet hatte und er nur auf den schwarzen Bildschirm gestarrt hatte. Damals war er so wütend geworden das er um sich geworfen hatte und schwor, die Tabletten nie wieder anzurühren. Aber er musste, sonst könnte er sein Leben, wie es jetzt war, vergessen. Ohne die Tabletten würde sich das Blutgerinnsel in seinem Hals lösen und einen Schlaganfall verursachen. Dann könnte er wahrscheinlich nie wieder singen. Das hatte ihn beruhigt. Zumindest soweit das er die Tabletten nahm und sich auch nicht über die starken Kopfschmerzen beklagte die ihn jetzt immer wieder überfielen. Was ich ihm nicht gesagt hatte war das ich im Internet von Fällen wie seinem gelesen hatte und nun Angst hatte das es vorbei sein könnte. Ganz vorbei. Mehrere Fälle wie seinen hatte ich gefunden und viele waren einfach gleich tot umgefallen. Als ich es das erste Mal gelesen hatte schaltete ich den Computer gleich aus. Dann bin ich zu ihm gelaufen und hab in seinen Armen geweint. Etwas was ich sonst nie tat. Nie. Er hatte mich nur mit diesem starren Blick angesehen und ich wusste das er sich später sicht daran erinnern würde was gewesen war. Vielleicht mein Glück. Ich wollte ihm nicht unnötig Sorgen bereiten. Jedes Mal, wenn ich ihn so sah kamen mir wieder die Tränen, aber er hat sie nie mehr gesehen. Meine Hand strich sanft über seine Wange. Vielleicht bildete ich mir das auch ein, aber selbst sie erschien mir rauer als sonst. Früher hatte Jui einen Riesenspaß daran gehabt sich Gesichtsmasken aufzutragen und mich gleich dazu zu nötigen mitzumachen. Manchmal hatte ich ihm den Gefallen getan und hatte mitgemacht. Manchmal aber auch nicht. Ich hatte Glück. Er bemerkte mich. „Möchtest du nicht wenigstens einen Tee trinken?“, fragte ich sanft. Aber ich sah Jui seine schlechte Laune schon an und wusste, dass er sie wieder an mir auslassen würde. „Möchtest du nicht vorher meinen Arzt fragen ob das überhaupt gut für mich ist?“, antwortete er bissig und legte sich dann wieder hin. Er hatte immer wieder solche Phasen, in denen er einfach Angst hatte. Angst zu trinken, zu essen, und eigentlich auch zu reden. Er hatte Angst das Blutgerinnsel könnte sich durch irgendetwas was er tat lösen. Und dann wäre es vorbei mit ihm. Zumindest sagte er das so. Er konnte sich nicht vorstellen wie sein Leben nach einem Schlaganfall aussehen sollte. Deswegen bevorzugte er diese Formulierung. Eine, die mir jedes Mal aufs Neue das Herz brach. „Wenn du vorsichtig trinkst ist das kein Problem. Der Tee ist auch schon lauwarm. Dir kann nichts passieren…“, erklärte ich beschwichtigend, denn ich wusste einfach zu sagen: „Nein dir kann nichts passieren.“, würde ihn nicht überzeugen. Und wirklich. Endlich richtete sich Jui wieder auf und griff nach der Tasse um einen kleinen Schluck zu trinken. Seine Hand zitterte und so half ich ihm. Ich konnte ihn kaum noch zum Essen zwingen und das beunruhigte mich natürlich. Sofort war ich bei ihm um ihm die Tasse zu halten. „Tero, mir ist kalt…“, kam es leise von ihm. Ich stellte die Tassen weg und suchte zwei Decken auf dem Fußboden zusammen, wickelte seinen inzwischen noch schmaleren Körper behutsam ein. „Möchtest du nicht einmal was Essen? Vielleicht eine Suppe?“ Mit einem konkreten Vorschlag hatte ich es noch nie probiert. Und, seit langen einmal bekam ich eine positive Antwort von ihm: „Aber nur eine ganz dünne, ja?“ Auch wenn ich es in letzter Zeit nur allzu selten getan hatte lächelte ich ihn an. „Danke.“, sagte ich leise, drückte ihm einfach mal einen Kuss auf die Stirn, auch wenn man das unter Freunden einfach nicht tat. Das war mir egal. Er bedeutete mir immerhin viel. Fast sofort huschte ich in die Küche um eine Tütensuppe zuzubereiten, die waren sehr dünn, so wie Jui es verlangt hatte. Die war natürlich schnell fertig. In der Zeit hatte ich auch seine liebste Suppenschüssel gefunden und füllte sie. Stolz trug ich das ganze ins Wohnzimmer zurück und hielt es Jui vor die Nase. Ich wollte erst gar nicht das er sich damit abmühen musste sie selbst zu halten. Außerdem fiel es mir schwer ihn so schwach zu sehen. Denn zumindest das meinte ich verhindern zu müssen, immerhin kam es nur davon weil ich ihn zu selten zum Essen zwingen konnte. „Weißt du wie einsam ich bin?“, fragte er auf einmal und ich erstarrte. Was meinte er überhaupt damit? Ich war doch immer bei ihm! Das sagte ich ihm auch, doch er schüttelte nur den Kopf. „Ich bin doch immer der der krank ist. Ich bin der, der im Club nicht stundenlang tanzen kann, der der sich als erster in die Ecke setzen muss. Allein. Wer hat euch denn immer eine Probefreie Woche verschafft weil er mit Grippe zuhause lag? Und wer liegt jetzt hier und weiß nicht wie sein Leben weiter gehen wird? Ich sehe dich hier nicht neben mir liegen!“ Das alles hatte er geflüstert und doch hörte ich deutlich wie sehr ihn, dass alles beschäftigte und mitnahm. Und er hatte Recht. Er war immer der erste der krank war wenn irgendetwas die Runde machte und seine Hüfte machte ihm auch so manches unmöglich gerade wenn sie mal wieder mehr schmerzte. Aber ich würde den Teufel tun und ihm Recht geben! Und so grinste ich ihn an, besonders weil ich wusste wie sehr ihm das gut tat. Dann legte ich mich demonstrativ neben ihn und grinste einfach weiter. „Sonst noch Wünsche?“ Da schaffte ich das unmögliche: Er lächelte. „Tero, du bist albern.“, kam es tadelnd von ihm, aber das war mir egal. Er lächelte und das war so schön. Wenn er lächelte wusste ich das wieder alles in Ordnung werden würde… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)