Upside Down von trinithy (Leben steht Kopf) ================================================================================ Kapitel 7: Guten Morgen liebe Sorgen ------------------------------------ Entschuldigt, dass es diesmal etwas länger gedauert hat, aber ich hatte eine stressige Schulwoche und war dann jetzt auch noch ein einhalb Wochen auf Klassenfahrt, daher erst jetzt wieder etwas Neues. Aber ich hoffe es gefällt euch^^ + + + + + + + + Kapitel 7- Guten Morgen liebe Sorgen Joey hatte den restlichen Abend und die Nacht alleine verbracht, sein herzallerliebster Onkel hatte sich ja wie zu erwarten hervorragend um ihn gekümmert und hatte durch seine permanente Abwesenheit bis in die frühen Mittagsstunden geglänzt. Es war bereits um die elf Uhr herum, als Joey sich gerade in seiner Not ein paar Eier, die man in dem Kühlschrank noch als nützlich proklamieren konnte, in die Pfanne schmiss, um sie zu einem Spiegelei zu verarbeiten. Dazu gab es nach improvisiertem Speiseplan und begrenzter Auswahl eine Scheibe Toast, ein Glas Wasser – er hasste Kaffee, das einzig andere auffindbare Getränk – und eine wirklich zum Durchgucken dünne Scheibe Schinken. Alles in allem eben genau das, was ein Jugendlicher mit restlichem Wachstumspotential zum ausgewogenen Frühstück essen sollte. Gerade als er den ersten Bissen seines selbstgemachten Fünf-Sterne Frühstückes in den Mund schieben wollte, ertönte plötzlich ein lautes Klingeln und für einen Moment schaute der Blonde orientierungslos hin und her, bis ihm klar wurde, dass es sich bei der Ursache für dieses penetrante Geräusch eigentlich nur um das gerade recht heftig in der Ladestation blinkende Telefon handeln konnte. Preisfrage am Morgen, rangehen und die Nachricht für Duke entgegen nehmen, oder einfach die Ohren auf Durchzug stellen – eine seiner leichtesten Übungen – und zu seiner Verteidigung vorbringen, dass sein Onkel, für den der Anruf ja sicherlich gedacht war, ohnehin nicht zu den Anwesenden zählte. Ein Seufzen, dann hatte er sich innerlich dazu durchgerungen und griff nach dem Hörer, um sich wenige Sekunden später – noch auf einem Stück Weißbrot kauend – mit „Ja?“ zu melden. „Duke, bist du’s?“, erklang die mechanisch leicht verzerrte Stimme mit fragendem Unterton am anderen Ende, doch es war nicht schwer festzustellen, mit wem er da sprach. „Nein, der ist nicht da!“ „Joseph? Hier ist Tristan Taylor.“ Sowohl die Frage als auch das Vorstellen waren mehr als unnötig gewesen, denn beide Parteien wussten mittlerweile, welch zweifelhaftes Vergnügen sie hatten. „Joey, bitte!“, der Blonde schob sich ein weiteres Stück seines kargen Essens in den Mund und fuhr dann mehr oder weniger verständlich fort. „Duke hab ich seit gestern Abend nicht mehr gesehen.“ Ein Schnauben ertönte an der anderen Seite der Leitung und nach einem kurz hervor gepressten „Danke. Tschüss!“ tönte das langgezogene Tuten durch das Trommelfell direkt ins Hirn und wieder zurück. Da hatte diese Information aber anscheinend jemandem den Vormittag gehörig verdorben. Joey war das herzlich egal, er hatte genug Probleme, als dass er sich jetzt auch noch den Kopf über die seines Onkels zerbrechen konnte, außerdem war er mehr als froh, dass Mr. Taylor aufgelegt hatte. Beim Klang der Stimme flammten in seinem Gedächtnis mit peinlichem Beigeschmack die Bilder des vergangenen Abends auf. Sein ehemaliger Sportlehrer, offenbar ebenfalls schwul, nackt in ziemlich eindeutiger Pose mit seinem Onkel. Das gehörte zu den typischen Sachen, die man über das Privatleben seiner Lehrer nicht zu wissen brauchte, da es einem jeglichen Respekt nahm, wenn die eigentliche Autoritätsperson mit sprichwörtlich wie wörtlich heruntergelassenen Hosen vor einem stand. Ein wirklich merkwürdiges Gefühl. In Anbetracht der Tatsache, dass das letzte, woran er jetzt eigentlich denken wollte, dieses Bild vor seinem inneren Auge war, versuchte er sich wieder hartnäckig auf das Spiegelei zu konzentrieren, da klingelte das Telefon erneut. Wollte Taylor jetzt etwa doch so eine Art Nachricht hinterlassen oder die Bitte um einen Rückruf, sobald sich Duke wieder blicken ließ? Erneut hob er ab, doch noch bevor er sich mit irgendeiner Bestätigung seiner Anwesenheit melden konnte, meldete sich diesmal eine andere, tiefere aber ebenfalls männliche Stimme. „Seto Kaiba von Jugendamt, spreche ich mit Duke Devlin?“ Kaiba, das war doch der Sachbearbeiter seines „Falles“ – wie es so schön hieß – gewesen, dieser große Braunhaarige mit Anzug und Krawatte zum Ersticken. „Äh, nein, der ist nicht da. Hier ist Joey Wheeler.“ „Ah, Joey, auch gut, dass ich dich dran habe um dich geht es ja schließlich.“ Bildete er sich das ein oder schien dieser Kaiba nicht im Geringsten davon überrascht, dass Duke nicht zu Hause war. „Kannst du mir sagen, wo dein Onkel ist und wann er wiederkommt?“ „Nein, keine Ahnung!“ „Hm.“ Ein bestätigendes Summen am anderen Ende, als hätte er gerade gedanklich ein Häkchen in eine imaginäre Checkliste gesetzt. „Fühlst du dich wohl bei ihm und hat er sich entsprechend um dich gekümmert?“ „Na ja, irgendwie …“, druckste Joey plötzlich herum. Gekümmert hatte sich Duke überhaupt nicht um ihn. Die Frage mit dem Wohlfühlen war ein zweischneidiges Schwert. Natürlich fühlte er sich nicht wohl, wie denn auch, wenn er nicht gewollt war und unter den Eskapaden des ausgeprägten Sextriebes seines Onkels zu leiden hatte. Doch sagte er jetzt ehrlich, wie die Fakten standen, war er wahrscheinlich schneller wieder in irgendeinem Heim, als Duke potentielle One-Night-Stands gefunden hatte. Darauf konnte er gut und gerne verzichten. Sich mit zehn oder mehr Jungs, alles fremde, verzogene, vielleicht sogar kriminelle oder psychisch reichlich angekratzte Persönlichkeiten, ein kleines Zimmer mit Hochbetten teilen zu müssen. Schlechtes Essen, Mobbing, nie Platz und Zeit für sich alleine und noch mehr das Gefühl, von wirklich keinem gewollt zu werden. Dann doch lieber diese immerhin schicke Wohnung mit bloß einer kratzbürstigen Person. „Ich lebe mich noch ein, aber es ist schön“, bog er letzten Endes die Wahrheit zurecht und beschönigte sie mit einer dicken Schicht Flunkerei. „Wenn das so ist …“ Das Misstrauen sprach geradezu aus dem Hörer heraus, doch mit mehr als diesem Unterton ging Kaiba nicht darauf ein. „Ich werde am Montag den ersten Besuch abstatten, das kannst du deinem Onkel ausrichten, damit ihr auch anzutreffen seid. Schönen Tag noch!“ Floskeln wie „schönen Tag“ klangen geradezu abgelesen oder auswendig gelernt, keineswegs aber ehrlich gemeint. Es war wie eine reine Formalität, die zu erledigen war. Dann war die Leitung unterbrochen und Joey auch wieder gedanklich allein mit seinem halb aufgegessenen, mittlerweile vollständig kalten Frühstück. Eine weitere Portion kaltes Spiegelei fand den Weg in seinen Mund, da hörte er, wie sich die Tür öffnete und ein leicht zerzaust wirkender, schwarzer Haarschopf schob sich mit einem unüberhörbaren Gähnen hinein. „Ach … morgen!“, nuschelte Duke im Vorbeigehen zu Joey, mit einem Blick der sagen sollte „du bist ja auch noch da“ und zielstrebig fanden seine Hände den Weg zur Kaffeemaschine. Anscheinend grundsätzlich das Erste, was Duke betätigte, sobald er zu Hause war. Und so müde wie er noch aussah, konnte er heute das ganze Koffein auch mal wirklich gebrauchen. „Hast du jetzt wieder vor, mich rauszuschmeißen?“, fragte der Blonde bissig, ohne von seinem Essen aufzuschauen. Innerlich hegte er die Hoffnung, dass Duke irgendwo doch einen guten Fleck in sich trug und ihm wenigstens heute nicht direkt mit der Neon-Leuchtreklametafel zeigte, dass er absolut unerwünscht in dieser Wohnung war. Es reichte ja schon, wenn der Schwarzhaarige einfach noch zu müde dazu war, denn er wirkte nicht gerade so, als hätte er vergangene Nacht besonders viel Schlaf bekommen. Vielmehr schien es, dass er sich ausgepowert und ausgetobt hatte. Ein rötlicher Fleck, eine Mischung zwischen Knutschfleck und Bisswunde, zierte seinen Nacken und lugte gerade noch unter den herunter hängenden Haaren hervor. Anscheinend hatte er gefunden, was er gesucht hatte, einen ähnlich hemmungslos Gleichgesinnten. „Nein“, nuschelte der Schwarzhaarige und kramte, während das Wasser unablässig bereits durch den Kaffeefilter tröpfelte, in einer Schublade nach Kopfschmerztabletten oder vergleichbarem. Anscheinend hatte da jemand nicht bloß eine stürmische Nacht hinter sich, sondern auch noch ein paar Cocktails zu viel. Joeys Mitleid für den offenbar pochenden Kopf seines Onkels hielt sich aber in Grenzen. „Wie liebenswürdig!“, schnaubte er als Antwort. „Übrigens, dieser Kaiba hat angerufen.“ „Kaiba?“ Überrascht sah der Schwarzhaarige auf, ehe er die gefundene Tablette mit einem Glas Wasser herunter spülte. „Na der vom Jugendamt“, setzte der Teenager eine Erklärung hinterher, denn er deutete Dukes Überraschung als Frage danach, wer denn bitteschön Kaiba sei. „Ich weiß, wer das ist! Was wollte er denn?“ „Bloß wissen, ob du da bist und Bescheid sagen, dass er am Montag einen Kontrollbesuch macht“, reduzierte Joey die Nachricht auf diesen einen Satz. Mehr brauchte der andere gar nicht erst zu erwarten, er war ja schließlich kein kohlehydratbetriebener, vollautomatischer Anrufbeantworter mit endloser Garantie. Doch zu seiner inneren Erleichterung – sonst hätten sie sich wahrscheinlich wieder gegenseitig in einen Streit verwickelt – nahm Duke diese Information mit einem eintönigen Brummen hin und fragte weder nach noch beschwerte er sich darüber, dass Joey es gewagt hatte, sein teures Telefon anzufassen. „Mr. Taylor hat auch angerufen!“ Beiläufig schob er die zweite Nachricht hinterher. „Tristan?“, abermals fragte Duke nach. Nicht sehr gesprächig und wortgewand heute. Was Alkohol und seine Nachwirkung doch aus sonst so eloquenten Persönlichkeiten machte. „Ja, habe ich doch gesagt, Mr. Taylor.“ Bloß weil er seinen Lehrer im Adamskostüm gesehen hatte, hieß das noch lange nicht, dass er es über sich brachte, ihn auch mit Vornamen zu benennen. Selbst vor Duke ging ihm der Name „Tristan“ nicht über die Lippen, denn, ob man es glauben wollte oder nicht, Joey konnte auch Respekt haben und vor Mr. Taylor hatte er immerhin noch ein klein wenig. „Als ich ihm erzählt habe, dass du letzte Nacht nicht da warst, klang er ziemlich angefressen und hat aufgelegt.“ Nicht, dass er es erzählte, um Duke einen Gefallen zu tun, es war eher der Fall, dass er hoffte, ein bisschen Gefühlsregung in dem Schwarzhaarigen hervorzurufen. Joey wäre zumindest direkt in Aufregung versetzt, wenn man ihm erzählt hätte, dass seine Freundin sauer ein Telefonat beendet hatte, das eigentlich für ihn gedacht war. Doch anstatt nun endlich einen vollständigen Satz zu Ohr zu bekommen, nahm Duke die Information erneut lediglich mit einem gesummten „Hmm“ zur Kenntnis. Was zur Hölle war denn bloß mit diesem Mann, ging ihm denn wirklich die ganze Welt am Arsch vorbei? „Du kannst meinetwegen heute machen, was du willst, ich fahr zu Yami!“, meldete sich der Schwarzhaarige nun endlich mit dem ersten vollständigen Satz zurück unter den halbwegs Lebenden. Und weniger laut, dafür aber wesentlich drohender fügte er hinzu: „Mit dem habe ich noch was zu klären!“ Es war keine mentalmagische Meisterleistung, zu erraten, dass das auch auf die eigentlich kurz und schmerzlos ausgefallene Strafpredigt vom vorherigen Abend anspielte. Reichlich empfindlich, wie Joey fand, aber er war vielleicht auch schon abgehärtet, denn an raueren Umgangston war er nur zu gut gewöhnt. „Immer auf die anderen, was?“, murmelte der Teenager mehr zu sich selbst, doch leider laut genug, dass Duke es mitbekam. „Du hast mir gar nichts zu sagen. Warum müssen Jugendliche eigentlich immer meinen, alles besser zu wissen, obwohl sie nicht den leisesten Schimmer einer Ahnung haben, wie die Welt funktioniert!“ Er wurde laut, aber noch im selben Moment, da er sich fast wieder in Rage gemeckert hatte, bemerkte der Schwarzhaarige, dass diese Lautstärke ganz und gar nicht gut für seinen Kopf war. Schmerzlich kniff er die Augen zusammen und verstummte augenblicklich wieder. „Mach, was du willst, aber lass mich bloß die nächsten Stunden in Ruhe!“ Damit schnappte er sich die mittlerweile voll getröpfelte Tasse Kaffee und verschwand schnell in den durch Möbel und Architektur des Raumes leicht abgetrennten Schlafbereich seines Apartments. Joey hingegen seufzte leicht. Da musste er seine Pläne, mit einer Blaskapelle und einer Percussiongruppe durch die Wohnung zu prozessieren, wohl auf einen anderen Tag verschieben, gnädiger Herr wünschte ja nicht gestört zu werden. „Ich bin spazieren!“, rief er noch so laut, dass ihn Duke auch wirklich verstand, dann verließ er die Wohnung. Er wusste weder, was ihn dazu bewegte, dieses Mal freiwillig das Feld zu räumen, noch wusste er, wo er hin sollte, aber ein paar Stunden frische Luft schnappen und sich die Beine vertreten, konnte schon nicht verkehrt sein. Zwar nagten Zweifel an ihm, ob die Aktion so klug gewesen war, denn wenn Duke nicht zu Hause war, wenn er wiederkam, stand er vor der Tür und musste wohl oder übel warten. Doch jetzt war es eigentlich auch egal. Dann würde er eben auf der Treppe im Hausflur warten wie ein Penner, darin hatte er ja dank dem gestrigen Vormittag genügend Übung, allemal besser als den ganzen Tag auf Dukes Designer-Couch zu sitzen, sich nicht bewegen zu dürfen, da ja sonst die Designer-Einrichtung beschädigt wurde. Es wunderte ihn ja fast, dass es ihm erlaubt worden war, einen Fuß in die höchstwahrscheinlich ebenfalls Designer-Dusche zu setzen und sich zu waschen. Er schnaubte. ~*~ Warum ließ er sich diese ganze Scheiße eigentlich gefallen? Tristan war bereits seit sieben Uhr auf den Beinen und hatte eigentlich sein wöchentliches Fitnessprogramm für Samstagmorgens absolviert, doch nach dem Anruf bei Duke, oder vielmehr nach dem Anruf in Dukes Duke-freier Wohnung, war er so sauer gewesen, dass er sich kurzerhand wieder seine Joggingschuhe übergezogen hatte und nun durch den Park lief. Eigentlich hasste er es, gegen die Mittagszeit und dann auch noch am Wochenende an öffentlichen Plätzen wie beispielsweise einem Park Sport zu treiben, da man es eigentlich nicht mehr Sport nennen konnte. Kinderwagen-alte Damen-Hunde-Ausweich-Sprint, was eher den Kern der Sache traf, war bisher keine anerkannte Sportart. Wäre es eine, so hätte er durch all sein Training bestimmt gute Chancen auf Gold. Die Wege waren zu voll, die Wiesen zu matschig oder gesprenkelt mit Hundehaufen. Aber all das nahm er jetzt gerne in Kauf, Hauptsache, er hatte ein Ventil für seine Wut. Er hatte es geahnt, ach was, er hatte es sogar gewusst. Er hätte drauf wetten sollen, dass Duke sich gestern Abend noch woanders seinen Spaß und seine Befriedigung geholt hatte, dann wäre er jetzt zumindest materiell ein reicher Mann, denn diese Wette hätte er ja wie es aussah gewonnen. Zumindest gab es sonst keinen anderen Grund, weshalb der Schwarzhaarige die komplette letzte Nacht nicht zu Hause gewesen war und Joey hatte keinen Grund ihn anzulügen, weshalb sollte er also an der Richtigkeit dieser Aussage zweifeln? Außerdem passte es nur zu gut zu dem Schwarzhaarigen, sich einfach zu holen, was er wollte, egal wo, egal bei wem. Was eine Scheiße! Wieso tat er sich das an? Er hatte Duke noch eine Chance gegeben und dieser hatte sie mit Glanz und Gloria vergeigt, wahrscheinlich weil er nicht einmal gewusst hatte, dass er derzeit in Tristans Gunst wackelte. Andererseits hätte es ihn vielleicht auch nicht gekümmert. Vor seinem geistigen Auge erschien ein Bild von schwarzen, samtenen Haaren und grünen Pupillen, die ihn freundlich anfunkelten. Leugnen war zwecklos, ihm bedeutete Duke mittlerweile mehr als er sich eingestehen wollte, als es jemals beabsichtigt gewesen war. Noch ein Grund mehr, dem Ganzen endlich ein Ende zu setzen und einen Schlussstrich zu setzen. Sex war nicht alles im Leben, selbst guter Sex nicht, doch mit dieser Denkweise war Tristan wohl der Einzige von ihnen beiden, der so dachte. Lieber verzichtete er jetzt einige Wochen auf alle zwischenmenschlichen Aktivitäten, als sich noch einmal mit Duke zu treffen. Dem Schwarzhaarigen lag offenkundig rein gar nichts daran, ihre Beziehung zu vertiefen und aus dem Bett auch in eine andere Ebene zu hieven. Jegliche Mühe wäre wie Perlen vor die Säue geworfen. Der Braunhaarige fluchte laut los, als er einen Stich in die Seite spürte. Jetzt hatte er vor lauter Wut und Verbitterung falsch geatmet und erntete nun ein deftiges Seitenstechen als Strafe dafür. Er verlangsamte seinen Schritt und stemmte seinen rechten Arm in die Hüfte in der Hoffnung, dass es irgendwas bewirken würde und das unangenehme Ziehen und Stechen dadurch schneller wieder verschwinden würde. Für einen Moment abgelenkt, fand er nun gedanklich zu seinem eigentlichen Thema wieder. Immerhin eines hatte sein Power-Jogging schon bewirkt, sein Kopf war wesentlich klarer in Bezug auf gewisse Dinge und er konnte ganz wut- und zornfrei eine Entscheidung treffen. Und diese Entscheidung lautete, dass er das nächste Mal, wenn er Duke sah oder sich mit ihm traf, Schluss machen würde, falls man es so nennen konnte. Zumindest das, was auch immer sie führten, würde er beenden, denn er fürchtete, wenn sie noch weiter machten wie bisher, würde er früher oder später an Eifersucht und enttäuschter Zuneigung krepieren. Tatsache war einfach, er hatte angefangen, mehr für diesen verdammten, elenden Macho zu empfinden als bloß körperliche Lust und Anziehung. Schnaufend, immerhin war er den gesamten Weg eher gerannt als gejoggt, wie ihm sein Körper jetzt mitteilte, ging er zu einer nahstehenden Parkbank hinüber, auf der bloß eine einzige Person saß, um sich in seiner Verschnaufpause die Beinmuskulatur zu dehnen. Auf einen Krampf oder ähnliches beim Weiterlaufen verzichtete er dankend, obwohl es den absolut miserablen Morgen abrunden würde. Erst beim Näher kommen stellte er zu seiner Verwunderung fest, dass es sich bei der sitzenden und Löcher in die Luft starrenden Person um den ihm bekannten blonden Teenager namens Joey Wheeler handelte. „Hallo, Joey!“, grüßte er notgedrungen, als er ein Bein auf die Bank auflegte, um es zu strecken und zu dehnen, da er schließlich nicht so tun konnte, als ob er den Jungen nicht kannte. So viele Manieren besaß er noch. „Oh, hi!“ Überrascht hob Angesprochener den Kopf und errötete augenblicklich und ungewollt ein bisschen, ehe er schnell den Blick wieder abwandte. Tristan war das eigentlich nur recht, denn er selber hatte auch noch ein Problem damit, dem Teenager in die Augen zu sehen, nach der Situation, in der er gestern erwischt worden war. „Mr. Taylor, darf ich Sie was fragen?“ Es war eigentlich nicht Joeys Art, so höflich eine Vorfrage zu stellen, wenn er etwas wissen wollte, zumindest meinte Tristan sich noch daran zu erinnern, dass der Blonde in seinem Sportunterricht immer eine große Klappe gehabt hatte. Höchstwahrscheinlich verhielt er sich nicht so um der Höflichkeit selbst willen, sondern vielmehr, um eine gewisse Distanz, durch eben diese Höflichkeit, zwischen ihnen aufzubauen. „Sicher.“ „Sind Sie jetzt so was wie Dukes fester Freund oder so?“ Ihm fiel partout keine schlauere Formulierung ein, doch sicherlich verstand ihn der Braunhaarige auch so. Einen Moment lang starrte Tristan ausdruckslos in die Gegend, dann wandte er den Blick kurz zu Joey, ehe er trocken und zynisch loslachte. „Duke ist dein Onkel, du müsstest doch wissen, wie er ist. Als ob er sich jemals freiwillig an irgendwen bindet … Es lebe die Freiheit.“ Erneut lachte er trocken auf, doch ein gewisser Zug Verbitterung zeichnete nun sein Gesicht. „Ich kann es mir denken, dass er so ist, aber genaugenommen kenn ich Duke erst seit zwei Tagen“, erklärte Joey, der mit seiner Aussage große Verwirrung bei dem Älteren hervorrief. „Das musst du mir jetzt aber erklären!“ Der Teenager seufzte und holte tief Luft. „Meine Eltern sind beide vor vier Monaten bei einem Unfall ums Leben gekommen. Das Jugendamt hat so lange gebraucht, Duke ausfindig zu machen, doch vor zwei Tagen hat man mich bei Duke abgeladen. Ich soll jetzt wohl bei ihm wohnen, bis ich achtzehn bin, oder so ...“ Gegen Ende hin wurde er immer leiser, denn damit wurden seine Aussagen auch immer unsicherer. Natürlich war es generell beabsichtigt gewesen, dass er bei Duke solange wohnte, doch ob der Schwarzhaarige da auch mitspielte, war wieder eine andere Frage. Für einen Moment herrschte großes Schweigen zwischen ihnen und man hätte einen Stecknadelkopf fallen hören können – vorausgesetzt das Hundegebell, das Kleinkindergelärme, das Babygeschrei, die schimpfenden Jungeltern und die pfeifenden Hundebesitzer wären nicht auch noch irgendwo in diesem Park um sie herum gewesen. Dann zeigte Tristan wieder etwas Regung. „Mein Beileid.“ „Das braucht Ihnen nicht leidtun, ich vermisse sie nicht.“ Es war ihm egal, ob er jetzt grausam oder kaltherzig klang, er sagte nur die Wahrheit. Das, was er fühlte, war vieles, aber kein schmerzlicher, nicht verkraftbarer Verlust. „Ich weiß.“ „Hm?“ Jetzt war es Joey, der überrascht aufhorchte. Woher wollte denn sein ehemaliger Sportlehrer wissen, wie sein Verhältnis zu seinen Eltern gewesen war und dass er sie nicht vermisste. Oder vielleicht gerade, weil er mal sein Lehrer gewesen war? „Mein Beileid, dass du bei Duke wohnen musst.“ Mit dieser Aussage verblüffte er den Teenager nur noch mehr. Hatte Joey eben noch gedacht, die verfängliche Lage am Vorabend hätte für sich gesprochen und Tristan wäre Duke sehr zugeneigt, so ließ sich davon nun nichts mehr raushören. „Duke hat ein unglaubliches Talent, alle anderen um sich herum zu vergessen, wenn er sich gerade selber wieder am wichtigsten nimmt“, murmelte der Braunhaarige erklärend hinterher. Nahm er das alles zusammen, was er gerade gehört hatte, kam Joey unweigerlich zu dem Schluss, dass Tristan und Duke unmöglich eine viel engere Beziehung haben könnten. Andererseits klang Tristan nicht gleichgültig, sondern eher in einer verbitterten Weise enttäuscht und traurig. Vielleicht hätte er die Tatsachen gerne anders stehen. Zumindest lauteten so die Vermutungen des Teenagers. „Ähm … gestern Abend …“, zögerlich ergriff der Ältere wieder das Wort „… dieser eine Typ, mit dem zusammen du gekommen bist ...“ „Yami?“, Joey hob eine Augenbraue hoch. „Wenn er so heißt … Also, war er, ist er …“ Wie sollte er nur sagen, was er wissen wollte? Er konnte ja schlecht einen Sechzehnjährigen fragen: „Hey, sag mal, vögelt dein Onkel auch mit diesem Yami rum?“, das ging nun wirklich nicht. Stattdessen fragte er ein wenig subtiler: „ …haben Duke und er etwas zusammen. Dieser Yami wirkte gestern ziemlich aufgeregt und eingeschnappt, als er mich gesehen hat.“ Er konnte nicht glauben, dass er diese Gedanken gerade wirklich laut ausgesprochen hatte, vor einem so viele Jahre jüngeren Gesprächspartner, dem es wahrscheinlich genauso komisch vorkam, das gefragt zu werden, wie es Tristan komisch vorkam zu fragen. „Ich glaub, die beiden sind nur Freunde. Genau kann ich es nicht wissen.“ Joey verfiel wieder ins Schweigen. „Also war Duke nicht gestern Abend bei ihm?“ „Er wollte feiern gehen. Wo er genau war, weiß ich nicht.“ Das Gespräch wurde ja immer unangenehmer. Tristan seufzte schließlich und brachte wieder ein paar Schritte Abstand zwischen sich und die Bank, auf der Joey saß. „Dann noch einen schönen Tag, ich muss mal weiter.“ Ausrede, er musste gar nichts, er wollte nur weiter joggen, da dieses Gespräch den mittlerweile abgebauten Teil seines Frustes wieder auferstehen hatte lassen. Ohne sich noch einmal umzudrehen, lief er wieder los und musste auch direkt den nächsten Schlenker um eine Frau mit vier Hunden an der Leine machen. So wie es aussah, würde seine Joggingstrecke sich noch um einige Kilometer verlängern, denn bis sein Kopf wieder klar war, würde es wohl noch etwas dauern. Joey blieb alleine auf der Bank zurück, auf der er auch noch einige Zeit sitzen blieb. Ebenfalls seinen eigenen Gedanken nachhängend, darüber, wie es eigentlich in seinem Leben weiter gehen sollte. Alles war so schrecklich ungewiss. Alles war so schrecklich beschissen. Vom Regen in die Traufe, in den letzten Monaten hatte er erfahren, was es zu bedeuten hatte. + + + + + + + + + Das war es dann leider auch schon wieder, aber ich tippe ab heute wieder an Kapitel acht weiter, in der Hoffnung dass ich das nächste wieder in einer Woche hochladen kann. LG eure trinithy Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)