Living Memories von abgemeldet (Epilog geht online) ================================================================================ Kapitel 7: ----------- Kai schluckte. Ja, er war wieder da. Und... wie sollte es jetzt weiter gehen? Konnten sie dort weiter machen, wo sie aufgehört hatten? Aber das ging doch nicht. Nicht einfach so. Trotzdem legte er vorsichtig die Arme um ihn und strich ihm liebevoll über den Rücken. "Du weißt gar nicht, was ich alles versucht habe. Alles... und nichts hat funktioniert." Er seufzte. Konnte man sich eigentlich vorstellen, wie sehr er sich nach ihm gesehnt hatte? "Verzeih mir, wenn ich dich enttäuscht habe. Das wollte ich wirklich nicht. Ich... ich wollte so gern bei dir sein." Er krallte sich an den Körper seines langvermissten Freundes und schniefte immer wieder laut auf. Wie sehr er ihn vermisst hatte, konnte er gar nicht sagen oder in Worte fassen. Zu den anderen hatte er nie etwas gesagt, doch innerlich hatte ihn die Sehnsucht nach Kai beinahe zerrissen. Er hatte ihn nur noch einmal sehen wollen und nun... Nun war er da. "Ich hab dich so vermisst, Kai-Chan... So sehr vermisst...", murmelte er leise. Er hob den Blick und musterte ihn. Kai war wirklich erwachsen geworden. Zwar war er immer noch so schön wie vor Jahren, doch seine Züge waren männlicher geworden und auch sein Körper muskulöser. Nicht übertrieben, aber immerhin. "Gott, Kai...", murmelte er immer noch fassungslos. "Kai..." Auch er konnte es noch immer nicht wirklich glauben. So lange hatte er versucht, zu ihm zu kommen. Er wollte ihn suchen, sobald er hier war und nun? Nun waren sie sich zufällig begegnet und hätten sich fast nicht erkannt. Wieso? Waren sie schon so blind gewesen? Hatten sie den anderen schon vergessen, dass sie sich nicht mehr so sahen, wie sie es früher getan hatten? Ein verlegenes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. "Ich wollte dich unbedingt wiedersehen. Ich hätte dich überall gesucht. Und jetzt? Jetzt stehst du hier vor mir. Ich... ich kann das irgendwie noch gar nicht glauben." Ja, das konnte er wirklich noch nicht richtig. Er lächelte sanft und fuhr ihm über die Wange. "Ich kann es ja selbst noch gar nicht glauben. Oh, Kai. Du ahnst gar nicht, wie sehr ich dich vermisst habe. Nächtelang hab ich am Anfang geweint und ich hab nichts mehr gegessen. Es ging einfach nicht. Aber nach einiger Zeit musste ich mich ja daran gewöhnen, dass du nicht mehr da bist und naja..." Er stockte in seinen Erzählungen und biss sich auf die Lippe. Was sollte er sagen? Dass er sein Versprechen gebrochen hatte und nun mit Aoi zusammen war? Konnte er Kai das antun? Nein, entschied er, jetzt noch nicht. Erstmal wollte er mit Kai einen schönen Abend verbringen und sich lange mit ihm unterhalten. "Ich freue mich so, dass ich dich wiedergefunden habe." Vorsichtig drückte er ihn an sich. Dieses Gefühl, ihm nahe zu sein, hatte er so sehr vermisst. Jetzt konnte er es in vollen Zügen genießen. Uruha war hier. Hier bei ihm und niemand würde sich ihnen jetzt in den Weg stellen. Nicht zu diesem Zeitpunkt. Hier gab es jetzt nur Uruha und ihn. "Ich mich auch. Und jetzt... verlieren wir uns nicht mehr aus den Augen. Versprochen." Er wuschelte ihm durchs Haar. So, wie er es auch früher gern getan hatte. "Was machen wir denn jetzt? Ich komm nicht in meine Wohnung.", meinte er verlegen und wurde rot. Grinsend pokte er ihm in die Seite und nahm seine Hand. Er lächelte süß und zog ihn hinter sich her. Ganz so, als seien sie noch Jungen und würden durch die Straßen rennen. "Du kommst natürlich mit zu mir. Ist doch gar keine Frage." Er lachte auf und fühlte sich plötzlich so befreit. Er hatte seinen Kai wiedergefunden und würde ihn jetzt nie wieder gehen lassen. Auch, wenn es jetzt nicht mehr sein Kai war, es war immerhin noch Kai und den würde er nie wieder aus den Augen verlieren. Sie kamen bei Uruhas Wohnung an. Er schloss auf und ließ Kai hinein. "Willkommen in meinem bescheidenen Heim." Und wieder einmal ließ er sich hinterher schleifen. Ganz wie in alten Zeiten. Das entlockte ihm ein breites Lächeln. Ja, Uruha hatte das schon immer gern getan und er ließ es sich immer wieder gefallen. "Hai." Stumm zog er sich die Schuhe aus und hing seine Jacke über die Garderobe, die irgendwie ziemlich überfüllt aussah. Schüchtern trat er in das Wohnzimmer und schaute sich um. "Du hast es wirklich schön hier. Chaotisch, aber schön." Diese Eigenschaft hatte er wohl noch immer nicht ablegen können. Aber irgendwie war das auch schön. Es war etwas Vertrautes. Etwas, das er noch von ihm kannte. Also hatte er sich nicht zu sehr verändert. Dann fiel sein Blick auf die Gitarrentasche. "Sag mir nicht, dass da dein Baby drin ist. Hast du sie wirklich noch?" Er lachte auf und holte seine Gitarre aus dem Koffer. Sie sah wirklich schon leicht ramponiert aus, schließlich besaß er sie schon seit sieben Jahren, aber er liebte sie immer noch überalles. "Natürlich ist Baby da drin. Wie könnte ich sie jemals wegschmeißen?" Er zupfte an ihr herum, bevor er sie wieder vorsichtig in den Gitarrenkoffer legte und wieder auf Kai zuschritt, um sich an ihn zu schmiegen und die Augen zu schließen. Wie sehr er das doch vermisst hatte... "Und du? Spielst du immer noch Schlagzeug?", fragte er interessiert und lächelte zuckersüß. Er kuschelte sich noch enger an Kai und spürte plötzlich, wie sein Herz zu rasen begann und wurde rot. Was war denn nun los? Wieso wurde er denn jetzt rot? Er hatte doch schon seit fünf Jahren mit Kai abgeschlossen. Verlegen kratzte er sich am Kopf. "Hai... Aber ich hab mir letztens erst ein neues Drumset kaufen müssen. Das alte hatte ich ganz schön klein gehauen. Das hätte wirklich nicht mehr lange durchgehalten.", lächelte er. "Und wie geht es den anderen? Was macht ihr alle so?" Kai war ganz schön neugierig, stellte er selbst fest. "Ano~... wenn das zu persönlich ist, dann vergiss, was ich gefragt habe. Is auch nicht so wichtig. Mich will ja eh keiner mehr sehen. Daran bin ich ja selbst Schuld." Ihm wurde schwer ums Herz und er sah Kai traurig an. "Ach, weißt du... Unsere Band hat es geschafft. Wir haben schon Touren gemacht und so, nur leider ist uns jetzt Yune, unser Drummer, davongelaufen... Wir wissen einfach nicht, was wir jetzt machen sollen. Unsere Band trennt sich, wenn wir nicht bald jemanden finden." Kai zu fragen, traute er sich jetzt einfach noch nicht. "Und... Ja, Ruki und Reita sind immer noch zusammen. Sie lieben sich wie am ersten Tag.", er lachte leise. "Und Aoi und ich..." Ihm traten die Tränen in die Augen und er schluchzte laut auf. Geduldig hörte er es sich an. Er wollte es wirklich gerne wissen. Sonst hätte er ja nicht gefragt. Aber... Was war mit Aoi und ihm? Das verstand er nicht so ganz und... warum weinte er jetzt? "Uruha?" Sanft lächelte er ihn an. "Was ist los? Warum weinst du? Und was ist mit Aoi-chan?" Schluchzend schaute er ihm in die Augen und schluckte hart. Jetzt hatte er keine andere Wahl mehr. Er musste Kai davon erzählen. "Also...", er nahm Kais Hand fest in seine und drückte sie. "Ich und Aoi... Wir... Wir sind seit zwei Jahren zusammen..." Er kniff die Augen zusammen und zitterte. Wie würde Kai jetzt reagieren? Wenn er jetzt rauslaufen und nie mehr mit ihm zutun haben wollte, konnte er das mehr als gut verstehen. Er hatte Kais Vertrauen ausgenutzt und das Versprechen gebrochen. Augenblick entgleisten ihm sämtliche Gesichtszüge. Sein Lächeln verschwand unweigerlich und sein Körper begann, zu zittern. Uruha war mit Aoi zusammen? Und das seit zwei Jahren? Innerlich zerriss es ihm das Herz, aber... wer konnte es ihm verübeln. Er war jetzt über fünf Jahre weg. Da war es doch klar, dass er sich neu verliebte. Irgendwie hatte er schon gewusst, dass dieses Versprechen damals eigentlich mehr als naiv war. Er lächelte ihn wieder an und wuschelte ihm durchs Haar. "Das freut mich für dich. Du hast ihn wirklich verdient. Er passt bestimmt gut auf dich auf, hai?" "Hai, das... Das tut er... Er beschützt mich immer, aber...", er schluckte hart. Es verletzte ihn schon ein wenig, dass es Kai anscheinend nicht zu stören schien, dass er jetzt mit Aoi zusammen war. Anscheinend störte es ihn nicht, dass er den Ring nicht mehr trug und anscheinend störte es ihn ja auch nicht, dass er ein Versprechen gebrochen hatte. Wieder traten Tränen in seine Augen und er krallte sich an Kai. "Es tut mir so leid! Ich habe drei Jahre lang auf dich gewartet, aber du bist einfach nicht gekommen!" Erneut liefen ihm die Tränen die Wangen hinab und er schluchzte in Kais Hemd. "Hey." Sanft strich er ihm über den Rücken und drückte ihn an sich. "Mach dir keine Vorwürfe deswegen. Ich kann es dir nicht verübeln. Auch wenn es schwer ist, ich freu mich für dich. Ich möchte nur, dass du glücklich wirst und... Aoi ist dafür bestimmt der Richtige." Eigentlich war es ja mehr eine Lüge. In Wirklichkeit hatte er so sehr gehofft, dass er Uruha wieder in die Arme schließen konnte. Darauf hatte er die ganzen Jahre gewartet. Und jetzt... jetzt hatte er ihn doch an einen anderen verloren. Er seufzte. Die Tränen, die sich ihren Weg bahnen wollten, unterdrückte er gekonnt. Uruha gehörte nicht mehr ihm. Er gehörte zu Aoi. Und das musste er akzeptieren. Kopfschüttelnd sah er ihn an und biss sich auf der vollen Unterlippe herum. Was sollte er denn jetzt darauf sagen? Ihm von Aoi vorschwärmen, wie toll er doch wäre? Nein, das ging nicht. Er blieb an Kais Brust geschmiegt stehen und knabberte nervös an seinem Nagelbett. Was nun? "Ich... Es tut mir wirklich wahnsinnig leid, Kai. Wirklich." Er sah ihm entschuldigend in die Augen und drückte ihm einen süßen Kuss auf die Wange. "Wir sollten ins Bett gehen... Es ist spät." Und wieder schenkte er ihm ein süßes Lächeln. "Warum sollte es dir leid tun? Es ist doch schön, wenn man sich verliebt. Und Aoi liebt dich bestimmt auch sehr." Dann nickte er. "Hast du vielleicht eine Decke und ein Kissen für mich?", fragte er ihn. Er wurde rot und hielt Kais Hand fest in seiner. "Uhm... Wieso schläfst du nicht bei mir? Du weißt ja, wie unordentlich ich bin. Ich hab keine Ahnung, wo die ganzen Sachen hin sind oder ob ich sowas überhaupt hab für Gäste. Normalerweise schlafe ich nämlich immer bei Aoi und nicht anders herum..." Er seufzte auf und lächelte verlegen. "Schläfst du bei mir?" Unweigerlich verkrampfte sich sein Körper. Er konnte doch nicht einfach bei Uruha im Bett mit schlafen. Das ging wirklich nicht. Uruha war mit Aoi zusammen. Da durfte er nicht einfach mit ihm in einem Bett schlafen. "Aber... das geht doch nicht, Ruha." Da war er wieder. Jetzt hatte er es doch getan und ihn bei seinem Spitznamen genannt. Das wollte er doch gar nicht. "Und wieso nicht?", fragte er und zuppelte nervös an Kais Shirt herum. "Es sieht doch niemand und was Aoi nicht weiß, macht ihn nicht heiß. Außerdem heißt das doch nicht, dass wir gleich übereinander herfallen wie die Tiere. Ich hab bloß nichts für dich. Das tut mir ja auch leid. Komm doch in mein Bett, ja? Es ist groß genug, dass wir uns nicht in die Quere kommen." Er wurde rot und sah ihn bittend an. "Ano~..." Was sollte er denn jetzt machen? "Schon gut, ich schlaf auch ohne Decke. Ist nicht schlimm." Er konnte wirklich nicht einfach mit ihm in einem Bett schlafen. Uruha sagte das so leicht, dass sie nicht übereinander herfallen würden. Aber er selbst konnte das doch nicht versichern. Dafür liebte er ihn einfach zu sehr. "Nichts da. Ich hab dich nicht umsonst mit zu mir genommen. Ich wollte nicht, dass du wegen der Kälte krank wirst, da lass ich dich doch dann nicht ohne Decke schlafen. Du kommst mit." Ohne Widerworte zog er ihn mit sich in sein schön eingerichtetes Wohnzimmer. Dort angekommen schloss er die Tür und ging zu seinem Schrank. Er öffnete eine Tür und bückte sich, um einen Schlafanzug für Kai hervorzuholen. Er drückte ihm ihn in die Hand und lächelte. "Das Bad ist gleich nebenan, du kannst dich umziehen. Ich zieh mich derweil hier um." Leicht blinzelnd schaute er auf den Pyjama, den Uruha ihm soeben ind die Hand gedrückt hatte. Er schien das wirklich ernst zu meinen. Und trotzdem hatte er so seine Bedenken. "Uruha, das... das geht doch nicht." Er schaute ihn verwirrt an. "Das ist wirklich lieb von dir." Er ging einen Schritt auf ihn zu und hielt ihm den Schlafanzug entgegen. "Es ist wohl besser, wenn ich wieder gehe. Ich will dein Leben nicht durcheinander bringen." Er schüttelte lächelnd den Kopf und drückte ihm den Schlafanzug wieder in den Arm. Dann schob er ihn zum Badezimmer, machte die Tür auf und schob ihn hinein. "Du bringst mein Leben nicht durcheinander. Mach dir bitte keine Sorgen darüber. Und jetzt zieh dich um, ich bin auch müde." Er machte die Tür wieder zu und begann nun, sich auszuziehen, während er nachdachte. Nun stand er hier in dem Badezimmer des Brünetten und starrte den Pyjama in seinen Händen an. Irgendwie sah er kitschig aus, aber wenigstens war er nicht violett. Das hätte ihn umgebracht. Diese Farbe mochte er einfach nicht. Trotzdem war dieses Stück Stoff nicht unbedingt das, was er normalerweise so trug. Aber Uruha hatte ihm ja keine Wahl gelassen. Seufzend zog er sich aus und legte seine Sachen ordentlich gefaltet zusammen. Dann schlüpfte er in die kurze Schlafanzughose und streifte sich das Oberteil über. Die Knöpfe konnte er auch später noch zu machen. Erstmal musste er den anderen davon überzeugen, dass er es wirklich nicht gut fand, wenn sie zusammen in einem Bett schliefen. Und so tapste er auf nackten Füßen und mit seinem ordentlichen Stapel Klamotten ins Schlafzimmer. "Uruha... Ich..." Uruha hatte sich gerade seine enge Panty angezogen und wollte gerade sein Oberteil überziehen, als auch schon die Tür aufging und Kai in Uruhas Schlafanzug das Zimmer betrat. Uruha hatte Kai extra die längsten Sachen gegeben, die er hatte, auch wenn die nicht wirklich lang waren. Er hatte es sich so angewöhnt, in kurzen Sachen zu schlafen, auch, wenn es kalt war. Er drehte sich herum und wurde bei Kais Anblick leicht rot. Irgendwie sah er immer noch total gut aus... "Hm? Was ist?", fragte er leise und knöpfte sich nun doch sein Hemd zu. Erstmal legte er seine Sachen auf den kleinen Sessel, der neben ihm stand. Dann zupfte er an dem Oberteil und wollte es zuknöpfen. Irgendwie stellte er sich aber ziemlich dämlich an. Was wohl auch daran lag, dass er so verdammt nervös war. Also beließ er es dabei. Würde das Teil halt offen bleiben. Egal. "Ich will nicht, dass Aoi sauer auf dich wird, weil ich in deinem Bett geschlafen hab. Ich geh ins Wohnzimmer und leg mich aufs Sofa. Das geht schon." Und schon machte er Kehrt. Sofort hielt er ihn fest und zog ihn wieder an sich ins Zimmer. "Wenn du nicht artig hier bleibst, verschließ ich die Tür. Kai, ohne Decke ist das zu kalt und meine Sachen sind ja auch nicht gerade die wärmsten." Er seufzte schwer und fuhr sich durchs Haar. Dann machte er sich daran, das Hemd des anderen zuzuknöpfen. Dabei streifte er immer wieder mit den Fingerspitzen Kais weiche Haut der Brust und innerlich wünschte er sich jetzt, ihn so wie früher berühren zu dürfen. Doch das ging einfach nicht. "So... Fertig. Und jetzt legst du dich mit mir hin!" Verlegen drehte er den Kopf weg. Der Aufforderung Uruhas kam er nicht nach. Lieber blieb er wie angewurzelt stehen und überlegte, ob er das wirklich tun sollte. Er war der Meinung, dass das nicht richtig war. Dass Aoi in Köpfen würde, wenn er das erfahren würde. Nein. Das wollte er nicht und Uruha sollte wegen ihm auch keinen Ärger bekommen. Energisch schüttelte er den Kopf. "Ich...ich kann nicht, Ruha." Schon wieder rutschte es ihm heraus. "Doch... Bitte..." Er schaute ihn aus großen, traurigen Augen an und seufzte. "Bitte, Kai-Chan... Sei nicht so. Wir haben uns eben erst wiedergefunden. Ich will mich auch noch ein wenig unterhalten mit dir." Er nahm seine Hand fest in seine und zog ihn zum Bett und setzte sich drauf. Verwirrt blieb er vor ihm stehen. Aber sie konnten sich doch auch morgen noch unterhalten. Das mussten sie doch nicht jetzt schon tun, oder? "Aber wir haben doch morgen auch noch Zeit dafür. Ich will keinen Ärger machen. Sei nicht böse." Er löste seine Hand von Uruhas und wich ein paar Schritte zurück. "Gomen, Ruha." Langsam ging er aus dem Zimmer und tastete sich in der Dunkelheit in Uruhas Wohnzimmer. Dort setzte er sich aufs Sofa und schaute ins Dunkel aus dem Fenster. Traurig blieb er alleine auf dem Bett liegen und sah an die Decke. Wieso wollte Kai nicht bei ihm sein? Hatte er ihn wirklich so sehr verletzt? Das hatte er nicht gewollt. "Verzeih mir, Kai-Chan...", wisperte er in die Stille hinein und schluchzte leise auf. Wieso machte er eigentlich immer alles falsch? Es war schon ein komisches Gefühl, wieder hier zu sein. Aber noch komischer war es, Uruha um sich zu haben, ihn aber nicht mehr so berühren zu können, wie er es früher tun konnte. Es tat weh und stillschweigend liefen ihm die Tränen über das Gesicht. Er hatte Uruha verloren. Seinen Uruha. Jetzt gehörte er zu jemand anderem. Uruha liebte ihn nicht mehr. Er liebte jetzt Aoi. In diesem Augenblick fühlte er sich so verdammt fehl am Platz. Er wusste nicht, was er jetzt tun sollte. Sollte er Kai einfach da liegenlassen, ganz alleine in einer Wohnung, die er nicht kannte? Das konnte er doch nicht machen. Er wollte sich jetzt um Kai kümmern. Schließlich war Kai schon so lange nicht mehr in der Stadt gewesen und musste sich erstmal wieder richtig zurechtfinden. Also stand er auf, raffte seine dicke Decke auf seine Arme und tapste zu Kai. Dort angekommen stockte er. Weinte Kai etwa? "Ka-Kai... Ich...", was sollte er denn jetzt sagen? "Ich hab eine Decke für dich." Aus tränenverschmierten Augen schaute er auf. Dann wischte er sie sich mit dem Handrücken aus dem Gesicht. "Arigatou, Ruha-chan. Das ist wirklich lieb von dir." Er schniefte noch einmal und nahm die Decke entgegen. "Aber du hast auch eine, hai?", fragte er ihn. Er hatte zwar keine weitere Decke, aber besser, er würde frieren als Kai. Kai war Gast und der Gast war immer König. "Na klar, Kai-Chan... Ich hab auch eine." Er lächelte leicht und strich ihm sanft über die Wangen, ehe er sich wieder aufrichtete und die Arme um seinen Körper schlang. "Oyasumi nasai...", murmelte er leise, ehe er zurück ins Schlafzimmer tapste und sich ohne seine Decke auf das Bett legte. Er rollte sich zusammen wie ein Embryo und schloss die Augen. Kai merkte sofort, dass die Decke noch warm war. Uruha hatte ihm also einfach seine Decke gegeben. Das war doch mal wieder typisch. Brummelnd erhob er sich, schnappte sich die Decke und tapste zurück zu Uruha, der zusammengerollt auf seinem Bett lag. Mit Schwung breitete er die Decke aus und warf sie über den zitternden Körper. "Wer´s glaubt, wird selig, mein Lieber." Seufzend erhob er sich und sah Kai vorwurfsvoll an. "Was soll ich denn bitteschön machen, Kai? Wenn ich weiß, dass du frierst, kann ich doch nicht seelenruhig schlafen. Da frier ich lieber. Und bei mir schlafen willst du ja auch nicht. Was soll ich denn machen?" Er fuhr sich leicht genervt durch die Haare und sah den Schwarzhaarigen an. "Kommst du jetzt zu mir?" Er seufzte hörbar laut auf. Jetzt hatte er wohl keine andere Wahl mehr. "Gut, aber nur dieses eine Mal, hai?" Mit diesen Worten wollte er sicher stellen, dass es wirklich dabei blieb. Dann setzte er sich aufs Bett und schlüpfte elegant mit den Beinen unter die Decke. "Bist du jetzt zufrieden, Ruha?" "Ja, ist okay. Nur dieses eine Mal." Er lächelte zufrieden und schmiegte sich ebenfalls unter die Decke. Seine Hand griff zur Seite und er knippste das Licht aus. Sofort wurde das Zimmer dunkel und er konnte nur noch Kais Umrisse ausfindig machen. "Ich freu mich, dass du wieder da bist, Kai-Chan. Ich hab dich vermisst.", flüsterte er leise und drehte sich auf die Seite, damit er Kai ansehen konnte. Kami-sama. Irgendwie war der Tag wirklich schrecklich verlaufen. Erst umgerannt, dann fast gefeuert und dann... dann hatte ihm seine erste große Liebe offenbart, dass er keine Chance mehr bei ihm hatte. Und zu allem Überfluss lag er auch noch neben ihm im Bett und sollte schlafen. Das war wirklich ungerecht. "Ja, es ist schön, wieder hier zu sein." Auf mehr wollte er nicht eingehen. Es würde ihm zu sehr weh tun. Als Kai nichts weiter dazu sagte, seufzte er und schloss die Augen. Er hätte gerne nochmal von ihm gehört, dass er ihn vermisst hatte. Aber nichts kam. "Naja... Ich wünsche dir eine gute Nacht...", murmelte er leise. Er drehte sich auf den Bauch und kuschelte sein Gesicht in eines der Kissen. Obwohl er ziemlich aufgewühlt war, spürte er, wie kurze Zeit später sein Körper schwer wurde und er langsam einschlief. "Du auch, Ruha. Und träum süß." Er hätte ihm jetzt so gern gesagt, dass er ihn unheimlich vermisst hatte. Dass er jeden Tag, jede Sekunde an ihn gedacht hatte und sich wünschte, er wäre bei ihm. Aber das konnte er jetzt nicht. Aoi war Uruhas Freund. Er durfte ihm so etwas sagen. Nicht Kai. Kai war jetzt nur noch ein Kumpel für ihn. Mehr war da nicht mehr. Leider. Und genau das machte ihn traurig und er spürte, wie abermals Tränen aus seinen Augen quollen und über seine Wangen liefen. Langsam driftete er in einen unruhigen Schlaf ab. Er träumte. Er befand sich in einem stillen, schwarzen Raum. Er runzelte die Stirn. Irgendwie kam ihm dieser Ort bekannt vor. In seinen Träumen war er oft hier. Plötzlich konnte er in weiter Ferne eine Person ausmachen, die ihm fröhlich zuwinkte und seinen Namen rief. Es war Kai. Uruha lächelte und rannte los, um zu ihm zu kommen. Doch egal, wie schnell er rannte, er kam nicht an ihn heran. Seine Augen füllten sich mit Tränen und er rief immer wieder Kais Namen. Uruhas Körper wälzte sich unruhig hin und her. Leise wimmernd nuschelte er immer wieder Kais Namen. Kai hatte wirklich Probleme. Irgendwie konnte er einfach nicht schlafen. Erst nach Stunden schaffte er es, endlich einzuschlafen. Doch dann wurde er geweckt. Uruha schien einen schlechten Traum zu haben. Er zerwühlte das ganze Bett und immer wieder bekam er leichte Tritte und Schläge von ihm ab. Das war wirklich nicht mehr lustig. Sanft rüttelte er ihn an den Schultern. "Uruha! Uruha? Ist alles okay bei dir?" Seine Stimme klang besorgt. Sein Körper verspannte sich und sein Wimmern wurde ein wenig lauter. Er spürte Kais sanfte Hände, doch wieso kam er nicht zu ihm? Egal, wie sehr er sich anstrengte, er konnte nicht zu Kai gelangen. Kleine Tränen liefen seine Wangen hinab und immer wieder kam Kais Name über seine Lippen. Unruhig wälzte er sich von einer Seite auf die andere und schlug leicht um sich. "K-Kai...!" Jetzt schüttelte er ihn kräftiger. Dann hörte er seinen Namen und sofort zog sich sein Herz zusammen und sein Atem stockte. War er es, der ihm solch einen bösen Traum schenkte? War er schuld daran, dass er jetzt weinte? Hastig warf er sich an seine Brust und schlang die Arme um ihn. "Uruha! Ich bin hier. Ganz ruhig.", redete er beruhigend auf ihn ein und strich immer wieder mit der Hand durch das verschwitzte Haar. "Wach auf. Das ist nur ein Traum. ich bin hier." Wieder spürte er diese warmen, sanften Hände auf seinem Körper, die ihn doch beruhigen sollten, doch sie bewirkten genau das Gegenteil. Uruha wurde nur noch unruhiger und versuchte angestrengt, endlich zu ihm zu kommen. "Kai, bitte...", murmelte er erstickt und schluchzte auf. "Kai..." Plötzlich spürte er, wie er feste geschüttelte wurde und schlug benommen die Augen auf. Er sah sich um, wusste erst nicht, wo er sich befand. Dann erinnerte er sich an den Traum und schloss zitternd die Augen. Immer, wenn er einen Alptraum gehabt hatte, war Aoi bei ihm und nahm ihn in den Arm. Und als er wieder warme Arme um sich spürte, dachte er, es wäre Aoi. "Aoi... Lass mich nicht alleine...", schluchzte er und schmiegte sich an den warmen Körper des vermeindlichen Aoi. Sein Herz machte einen Aussetzer. Uruha hielt ihn für Aoi. Das tat verdammt weh. Aber was konnte er schon ausrichten. Er wollte Uruhas Glück nicht im Wege stehen. Er war doch derjenige, der ihn verlassen hatte und erst jetzt wieder kam. Uruha hatte sich einfach neu verliebt. Sanft strich er ihm über den Kopf und zog ihn in seine Arme. Wenigstens Trost wollte er ihm jetzt spenden. Aber kein Laut verließ seine Lippen. Er schmiegte sich an den Körper seines 'Geliebten' und zitterte ein wenig. Sein Gesicht kuschelte er in dessen Halsbeuge. "Danke, Aoi-Chan... Ich liebe dich...", murmelte er leise. Wieder spürte er, wie er langsam in den Schlaf abdriftete und nahm Kais Hand fest in seine. Kurz darauf war er eingeschlafen. Kai war mehr als fertig. Uruha liebte ihn also wirklich nicht mehr. Nun verließ ihn auch der letzte Funken Hoffnung. Uruha gehörte nun ganz zu Aoi. Er hatte keinen Platz mehr in seinem Herzen. Vorsichtig zog er die Hand aus Uruhas Umklammerung und stieg aus dem Bett. Leise schnappte er sich seine Sachen, zog sie sich an und legte an dessen Stelle den Pyjama, den er anhatte. Dann verließ er so leise wie möglich die Wohnung. "Mach´s gut, Uruha. Werd glücklich mit ihm." Nur kurz lehnte er sich gegen die Wohnungstür und hauchte einen imagnären Kuss dagegen. Und dann verschwand er in die Dunkelheit hinein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)