Orangenblüten von fashyfishy (Zemyx) ================================================================================ Kapitel 9: 9. Kapitel - Orangenblüten sterben --------------------------------------------- “Marluxia!” Der Rosahaarige drehte sich um und schaute Demyx an, der winkend auf ihn zurannte. “Was ist denn, Demyx?” “Ich muss mit dir reden. Hast du kurz Zeit?” “… Ja, klar.” Marluxia schaute auf seine Uhr “Aber nur kurz, in fünf Minuten treffe ich mich mit Xigbar für die Gruppenarbeit.” “Gut!”, Demyx strahlte. “Dauert auch nich’ lang! Ich wollte nur fragen, was du mir über Zexion sagen kannst. Ich glaub ihr kennt euch schon ziemlich lange, oder?” Marluxias Augen verengten sich leicht. Worauf wollte der Blonde hinaus? “Jaa… aber wieso willst du das wissen?” “Naja, ich bin ja mit ihm in einer Gruppe und so… Und irgendwie hat er sich gestern total komisch benommen und ich wollte wissen, ob das an mir liegt, oder ob der immer so ist!” Marluxia seufzte. Das war typisch für Zexion. “Lass mich raten: er hat dich praktisch immer ignoriert?” Demyx nickte niedergeschlagen. “Ja, das auch. Warum macht er das? Kann er mich nich leiden? Ich hab’ ihm doch gar nix getan!” Das sah Zexion ähnlich! “Keine Angst, das liegt nicht an dir. Zexion ist ein Idiot! Er hat panische Angst vor allen sozialen Kontakten, er lässt einfach keinen an sich ran.” Demyx legte den Kopf schief. “Und wieso? Ist ihm irgendwas passiert, dass er so geworden ist?” Nachdenklich tippte sich Marluxia ans Kinn. Er wusste zu gut, was Zexion passiert war. “Kann man so sagen, ja.” “Und was?” Demyx wirkte ehrlich interessiert und Marluxia fragte sich, in welcher Beziehung er wohl zu Zexion stand. Naja, es ging ihn nichts an. Einen Moment schwieg der Rosahaarige, unschlüssig, ob er es wirklich erzählen sollte. Er wollte Zexion nicht irgendwie schaden -nicht schon wieder- und er überlegte, welche Konsequenzen es haben könnte, wenn er Demyx die ganze Geschichte erzählte. Aber der Blonde schien wirklich besorgt zu sein! Marluxia beschloss, seinen Motiven zu vertrauen. “Im Kindergarten haben ich und Zexion uns sehr gut verstanden. Aber irgendwann ist dann etwas passiert...” Er schwieg noch einmal kurz. “Das war im Frühling, als wir beide gerade fünf Jahre alt geworden waren, wir sind fast genau gleich alt. Zexion war bis dahin immer fröhlich gewesen, auch wenn er schon immer sehr ruhig gewesen ist. Und dann hat er sich von einem Tag auf den anderen völlig verändert…” Er erinnerte sich noch lebhaft daran. Damals hatte er sich danach eine zeitlang mit Aliengeschichten beschäftigt, um herauszufinden, ob sein bester Freund vielleicht durch einen Klon ersetzt worden war. “Er hat kaum mehr gesprochen und war am liebsten allein. So, wie er jetzt ist, also.” Demyx legte wieder den Kopf schief. “Und was genau ist da passiert?” “Das habe ich auch erst Jahre später erfahren.” Hätte er es früher gewusst, währ vieles anders gekommen. Naja, die Vergangenheit konnte man nicht ändern. “Das war ‘ne wirklich schlimme Geschichte… Sag bloß keinem, dass ich dir das erzählt hab, okay?” Warum erzählte er Demyx das alles überhaupt? Er wusste es nicht… “Also… Zexions Mutter war schon immer ein bisschen krank… also krank im Kopf weißt du? Sie war zeitweise sogar in ‘ner Psychiatrie, vor allem nach Zexions Geburt, weißt du, er war ein ungewolltes Kind und seine Eltern hatten nie besonders viel Geld damals… und irgendwann ist sie dann einfach ausgetickt. Sie hat Zexion gesagt, dass sie spazieren gehen wollten und er ist mitgegangen, klar, sie war ja seine Mutter… und sie hat ihn hoch auf ein Hausdach geführt. Und da hat sie ihm dann das alles gesagt, wie sehr sie in hasst, dass sie ihn nie gewollt hatte, dass er ihr Leben zerstört hat, dass er besser tot wäre und so weiter. Und dann hat sie ihn vom Dach geschubst und ist selber hinterher gesprungen. Er hat es überlebt, sie nicht. Seitdem hasst sein Vater ihn, weil er ihm vorwirft, am Tod seiner Mutter schuld zu sein.” Demyx starrte ihn schockiert an und schien eine Weile nach Worten zu suchen. “Und deshalb…” “… Deshalb hat Zexion Angst davor, anderen Leuten zu vertrauen. Kein Wunder irgendwie, wenn man mit seinen eigenen Eltern sowas erlebt hat.” Marluxia konnte nicht verhindern, dass Mitleid in seiner Stimme mitschwang. Demyx schwieg betroffen. Dann schaute er Marluxia in die Augen. “Und was hast du mit der Sache zu tun? Zexion hat gesagt, du hättest etwas gesagt…” Das hatte ja irgendwann kommen müssen. Irgendwann musste man sich für jeden Fehler rechtfertigen, den man im Leben machte. Aber Marluxia hatte beschlossen, es nicht mehr zu verleugnen. “Ja, ich weiß. Das war, bevor ich erfahren habe, was Zexion passiert ist, dass er sich so verändert hat. Ich hab’s einfach nicht mehr mit ihm ausgehalten, so wie er jetzt war. Also hab ich ihm gesagt, dass ich die ganze Zeit nur so getan hab’ als wäre ich sein Freund und würde ihn eigentlich hassen. Da hat er plötzlich angefangen zu schreien, ich wusste gar nicht was los war. Seitdem habe ich nicht mehr mit ihm geredet… Ich weiß, dass ich damals einen Fehler gemacht habe. Ich glaube, seitdem ist Zexion erst recht traumatisiert, aber er hat mich nie wieder an sich rangelassen. Mich nicht und niemanden sonst.” Demyx starrte Marluxia nur geschockt an. Offensichtlich nahm ihn die Geschichte mehr mit, als Marluxia gedacht hatte… aber es hatte gut getan, es endlich jemandem erzählt zu haben. “We-weißt du, Marlu, ich muss jetzt leider ganz schnell weg… ich hab was wichtiges vergessen! Danke, dass du mir das erzählt hast, das hat mir sehr geholfen.” Und schon war er weggerannt und ließ Marluxia leicht verwirrt stehen. Lächelnd schaute Zexion auf den Boden. Auf den Boden, der Meter unter ihm lag, Häuser, Autos, Menschen, eine einzige Spielzeugwelt. Der Wind, der durch seine Haare fuhr und über seine Haut strich, war kalt, der Himmel grau vor Wolken. Bald würde es regnen, aber er würde es wohl nicht mehr mitbekommen. Ein Tropfen fiel auf die Erde zu und Zexion bildete sich ein, ihn auf der Straße zerspringen hören zu können. Es regnete noch nicht, erst jetzt fiel ihm auf, dass wieder Tränen seine Wangen hinabliefen und kalte Spuren auf ihnen hinterließen. Er musste fast über seine Schwäche grinsen, aber seine Mundwinkel verzogen sich nur leicht. Er hatte keine Kraft mehr. Mit einer kalten Hand, die ihm schon fast wie die eines Toten vorkam, strich er über seine noch leicht gerötete Wange. Demyx hatte recht gehabt, ihn zu schlagen. Dafür, dass er ein Idiot war. Dafür dass er schwach war. Dafür, dass er jetzt gehen würde. Demyx… Zexion hätte sich gewünscht, sich anders von ihm zu trennen. Er war der erste, der es geschafft hatte seinen Panzer zu durchbrechen, der Grund für seine Niederlage, für seinen baldigen Tod. Er war etwas Besonderes, anders als alle Anderen. Er war Zexions Tod. Ein schöner Tod. Zexion schaute weiterhin konzentriert nach unten. Er wusste nicht, wie lange er hier schon stand, er hatte sein Zeitgefühl zusammen mit seinem Leben verloren. Er hatte keine Eile. Jetzt war er Nichts mehr, keine Emotionen, einfach nur eine Hülle, die Abschied nahm von ihrem grauen Leben, bevor sie in die endlose Dunkelheit springen würde. Etwas anderes konnte es für ihn nach dem Tod nicht geben. Das war, was er verdient hatte, dafür, dass er so armselig war, dafür, dass er Demyx wehgetan hatte. Zexion musste wieder lächeln. Er wünschte sich, er wäre jemand anders gewesen, hätte eine Seele gehabt, die noch nicht zersprungen war. Er hätte Demyx so gerne vertraut, auch wenn er verletzt worden wäre. Aber dazu war er zu schwach gewesen. Und jetzt war es sowieso für alles zu spät. Der Abgrund unter ihm schien ihn zu sich zu rufen. Das war das einzige Schicksal, das ihn erwarten konnte, der Tod, der ihm schon vor Jahren zugesprochen gewesen war. Jetzt würde er den letzten Wunsch seiner Mutter erfüllen. Er schaute noch einmal zum Himmel auf. Große Regentropfen fielen kalt auf sein Gesicht und er breitete die Arme aus, um sie aufzufangen. Dann machte er einen weiteren Schritt auf den Abgrund zu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)