Orangenblüten von fashyfishy (Zemyx) ================================================================================ Kapitel 1: 1. Kapitel - Orangenblüten sind bunt ----------------------------------------------- Tit-tit. Tit-tit. Tit-tit. Ein kleiner Wecker versuchte verzweifelt, auf sich aufmerksam zu machen. Sein Piepsen hallte durch den Raum mit der hellblauen Tapete und den dunkelblauen Möbeln, der immer den Eindruck einer Wasserwelt vermittelte. Eine strandfarbene Bettdecke verschluckte das Geräusch gierig und ließ offensichtlich keinen einzigen Ton zu demjenigen durchdringen, der momentan unter ihr lag und noch tief und fest schlief. Das Piepsen des Weckers wurde immer lauter und aufdringlicher, sein Besitzer ließ sich davon jedoch nicht stören, sondern schlief einfach weiter. Erst nachdem das Gerät seit etwa dreißig Minuten auf ein absolut durchdringendes “Tiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiit!” übergegangen war, begann der Deckenberg, sich zu regen. Verschlafen blinzelte zunächst ein Auge hervor, dann schob sich eine Hand heraus, schlug unsanft auf den armen Wecker und zog ihn zu dem noch unter der Decke verborgenen Körper hin, um die Uhrzeit sehen zu können. Dann ein erschrockenes Luftholen und die Bettdecke flog hochkant quer durch das Zimmer und blieb reglos neben dem Mülleimer liegen. Der Bewohner des blauen Zimmers war aufgesprungen und wühlte nun hektisch in den Schubladen eines blauen Schrankes, wobei unzählige bunte Socken und T-Shirts ebenfalls auf dem Boden landeten. “Scheiße!” Ein weiteres T-Shirt wurde herausgezogen und auf den Boden geworfen. “Scheiße, Scheiße, Scheiße!” Ein hellgrünes T-Shirt wurde vom Boden aufgehoben, für gut befunden und über den Kopf des Bewohners gezogen, während gleichzeitig eine schwarze Hose ein neues Zuhause unter dem Schrank fand. Demyx war absolut in Eile! “Wie kann man nur an seinem ersten Schultag verschlafen?!”, fragte er sein Spiegelbild entnervt, während er sich bemühte, seinen Gürtel mit einer Hand zu schließen und mit der anderen gleichzeitig seine Schuhe zuzubinden. Nach einem viel zu langen Kampf hatte er es schließlich geschafft, sich fertig anzuziehen und stürmte aus dem Zimmer, natürlich nicht ohne vorher noch einmal über die am Boden liegenden Anziehsachen zu stolpern. Dann polterte er die Treppe hinunter, schnappte sich im vorbeigehen einen Apfel aus der Küche, sowie seine Schultasche aus dem Flur und raste zur Tür hinaus, verfolgt von den irritierten Blicken der Nachbarn, an denen er wie ein Tornado vorbeirauschte. Völlig außer Atem kam er schließlich am Schulgebäude an, gerade in dem Moment, als ein lautes Schrillen den Unterrichtsbeginn ankündigte. Er hatte es wieder nicht geschafft, pünktlich zu sein. Resigniert seufzte er, atmete tief ein und klopfte an die geschlossene Tür seines neuen Klassenzimmers. Als es an die Tür klopfte drehten sich achtundzwanzig Augenpaare fast völlig synchron um und fixierten denjenigen, der jetzt das Klassenzimmer betrat. Auch Zexion blickte zur Tür, erleichtert über die Störung des Unterrichts, der ihm schon jetzt viel zu lang vorkam. In den fünf Minuten, in denen er jetzt in diesem Klassenzimmer saß, hatte er schon mindestens drei Schimpfnamen -allesamt uralt und schon viel zu oft gehört um noch einen Gedanken an sie zu verschwenden-, einen Bleistift -eine Seltenheit, Bleistifte waren normalerweise nicht wertlos genug, um geworfen zu werden- und mindestens zehn Papierkugeln an den Kopf geworfen bekommen. Es war nur zu offensichtlich, dass seine Klassenkameraden ihn nicht mochten. Einen Moment fixierte er den Jungen, der gerade hereingekommen war, fast analytisch, nur um sich dann wieder abzuwenden. Das war also der neue Klassenkamerad, derjenige, über den seit Wochen geredet wurde. Wer wechselte schon mitten im Schuljahr die Schule?! Er war also das Gesprächsthema der letzten Wochen gewesen. Zexion hatte sich nicht dafür interessiert. Für ihn war dieser neue Junge mit den hochstehenden, dunkelblonden Haaren, für deren Styling er bestimmt täglich eine ganze Tube Haargel verbrauchte, ein Feind wie jeder andere. Nur ein weiterer Papierkugelschmeißer unter all den anderen, die einen nur vom Arbeiten abhielten. Und wenn er es noch nicht war, würde er in spätestens einer halben Stunde einer geworden sein. Nur mit halbem Ohr hörte er zu, während der neue Schüler sich vorstellte. Er hieß also Demyx. Nun gut, ein Name wie alle anderen. Er hatte die Schule aus Umzugsgründen gewechselt… also war er ganz neu in der Stadt! Wäre es nicht so absolut irrational, wäre Zexion jetzt wohl neugierig geworden. Aber was interessierte es ihn?! “Gut, Demyx.”, hörte Zexion den Lehrer freundlich sagen. “Dann such dir doch bitte einen freien Platz aus.” Desinteressiert wandte Zexion sich ab. Das Thema war für ihn erledigt. Der Neue würde sich einen Platz aussuchen und alles würde schon bald wieder seinen gewohnten Gang gehen, ein neues Gesprächsthema gefunden werden. Wahrscheinlich setzte er sich zu Axel, von der Frisur her passten sie gut zueinander, auch Axel beschäftigte sich womöglich Stunden mit dem Hochstylen seiner feuerroten Haare. Außerdem sahen sie beide aus, als könnten sie einer dieser bekloppten Bands angehören, die immer auf diesen Kopfschmerzen bereitenden Konzerten auftraten. Oder er setzte sich zu einem der Mädchen, die ihn schon so interessiert beäugten -kein Wunder, dieser Junge könnte fast ein Model aus einer Modezeitschrift sein. Er hörte, wie der Stuhl neben ihm weggerückt wurde, trotzdem schaute er nich auf. Der Neue -Demyx- wollte sich wohl neben Larxene setzen, an deren Tisch schon immer ein Stuhl fehlte. Aber fragen hätte er wenigstens können, bevor er sich einfach so einen Stuhl nahm. Erst als der Stuhl sich nicht weiterbewegte und er hörte, wie sich jemand auf den Stuhl setzte, stutzte er. Irritiert drehte er sich um, nur um in das breit grinsende Gesicht von Demyx zu blicken, der ihm zuwinkte. Schnell wandte er sich ab. Das hätte er jetzt nicht erwartet. Er war seit etwa sieben Jahren an dieser Schule und noch nie, noch nie, hatte sich irgendjemand neben ihn gesetzt. Der Platz neben ihm war immer leer gewesen. Dieser neue Schüler hatte als erster diese unsichtbare Barriere durchbrochen, die alle davon abhielt, sich ihm zu nähern. Aber warum? Hatte er sich irgendwie anders verhalten als sonst? Seine Gedanken schwirrten in seinem Kopf herum und versuchten verzweifelt, eine Antwort auf die Frage zu finden, warum dieser Junge sich ausgerechnet ihm genähert hatte, obwohl er doch ganz offensichtlich allein war -alle Tische um ihn herum waren so weit wie möglich von ihm weggerückt worden. War es nicht das Ziel eines jeden neuen Schülers, sich zuerst in eine Gruppe zu integrieren, dazuzugehören, Freunde zu finden? Wer setzte sich bitte neben die einzige Person in der ganzen Klasse, deren bloßer Blickkontakt ausreichte, um einen neuen Schüler sofort ins gesellschaftliche Abseits zu katapultieren?! Er blickte kurz noch einmal zur Seite, um sich zu vergewissern, dass die Person neben ihm noch da war. Es war schließlich auch möglich, dass der Neue sich nur für einen Moment hier hingesetzt hatte, um etwas aus seiner Tasche zu holen oder seinen Schuh zuzubinden und gleich wieder weggehen würde. Das war zumindest wesentlich wahrscheinlicher als dass er sich neben ihn… Er war immer noch da! Schnell drehte Zexion sich wieder weg, nur um dann mit dem einen Auge, das seine graublauen Haare nicht verdeckten, zu Demyx rüberzuschielen. Dieser schaute jetzt wie gebannt nach vorne und hörte offensichtlich -im Gegensatz zu Zexion- konzentriert zu. Wahrscheinlich um den schlechten Eindruck wieder wettzumachen, den er durch sein Zuspätkommen erweckt hatte. Zexion schaute ihn etwas genauer an. Er könnte wirklich ein Model sein! Seine Augen waren meerblau, sein Haar hatte die Farbe des Strandes, sogar sein grünes T-Shirt erweckte den Eindruck von Palmen. Er sah aus wie die Verkörperung eines Strandes, ein Wesen aus einem Fantasyfilm, er trug sogar einen Muschelohrring… Moment mal! Rasch wandte Zexion sich wieder ab. Was war nur in ihn gefahren, dass er die Regeln der Höflichkeit missachtet und diesen Jungen angestarrt hatte?! Jemanden so intensiv anzuschauen, dass ihm sogar ihr Schmuck auffiel passte nicht zu ihm! Das war ihm noch nie passiert! Er hasste Leute, die schamlos ihre Mitmenschen beobachteten und sich nicht darum scherten, wie störend das für die Betroffenen war. Und jetzt war ihm das selbst passiert. Mit einem leichten Schaudern des Ekels vor sich selbst begann er, konzentriert auf die Tischkante zu starren und die kleinen, dunkleren Maserungen im Holz zu zählen. Eins, zwei, drei, vier, fünf… Bloß nicht wieder nach links gucken, nicht die Kontrolle verlieren! Kontrolle und Selbstbeherrschung waren schließlich extrem wichtig, um nicht zu sagen absolut Unabkömmlich. Diese Punkte waren schließlich das, was den Menschen vom Tier unterschied, die Fähigkeit, Instinkte und Unterbewusste Handlungen zu unterdrücken und nur mit dem Verstand zu handeln. Und er hatte nicht vor, dieses Ideal an einen Mitschüler zu verlieren! Er schaffte es, sich einigermaßen auf den Unterricht zu konzentrieren, bis die Glocke zur Pause ertönte. Dann stand er sofort auf und ging so schnell es ging aus dem Klassenzimmer. Er wusste selbst nicht, warum er das tat, es kam ihm selbst fast wie Flucht vor aber das war ja lächerlich. Irritiert schaute Demyx seinem Sitznachbarn hinterher, als dieser den Raum verließ. Seltsam… An dem Jungen war sowieso einiges seltsam! Schon allein seine Haarfarbe, aber das schien ja hier normal zu sein, was war schon Blau-grau im Vergleich zu dem Pink eines Mitschülers -oder doch einer Mitschülerin?- in der hintersten Reihe oder zu dem Knallrot des großen Jungen ganz vorne… Aber auch sein Verhalten war komisch gewesen! Er hatte ihn zuerst die ganze Zeit angestarrt -Demyx war fast schon stolz, das bemerkt zu haben ohne hinzusehen- und dann fast krampfhaft weggeschaut. Und auf Demyx’ Begrüßung hatte er überhaupt nicht reagiert. Kurz überlegte Demyx, ob es richtig gewesen war, sich neben ihn und nicht irgendwo anders hinzusetzen, aber er verwarf den Gedanken sofort wieder. War sowieso nicht mehr zu ändern, sogar Demyx wusste, dass es absolut unmöglich wäre, sich jetzt umzusetzen, obwohl er in Sachen Höflichkeit sonst nicht so viel Ahnung hatte und öfters mal jemanden aus versehen beleidigte… Naja egal! Mit diesem Jungen würde er sich jedenfalls anfreunden, das hatte Demyx beschlossen. Deshalb hatte er sich auch neben ihn gesetzt, sofort als er in die Klasse gekommen war hatte er gewusst, dass er genau auf diesem Platz sitzen würde. Dieser Mitschüler hatte etwas an sich, was Demyx faszinierte. Er sah… interessant aus. Ja, das war das richtige Wort! Er sah so aus, als würde es spannend werden, sein Vertrauen zu gewinnen. Und diese Art der Ablenkung war genau das richtige um die ewige Langeweile loszuwerden. Demyx stand auf, um dem Jungen nachzulaufen -schade, dass er seinen Namen noch nicht kannte-, blieb aber stehen, als sich jemand vor ihn stellte. Es war der Typ mit den roten Haaren, der Demyx auch sofort aufgefallen war. Der war ja auch kaum zu übersehen! Der Rothaarige beugte sich ein kleines Stück herunter -er war ziemlich groß-, bis er auf Augenhöhe mit Demyx war und die strahlend grünen Augen -farbige Kontaktlinsen?- starrten ihn so intensiv an, dass Demyx sich an eine Hypnoseshow erinnert fühlte. Trotzdem hielt er dem Blick stand. Er war ja schließlich kein Weichei! “Hey Neuer, Demyx heißt du, oder?” Die Stimme des Rothaarigen klang leicht spöttisch, trotzdem war er Demyx sofort sympathisch. Der Typ sah aus, als könnte man Spaß mit ihm haben. Er grinste den Größeren an. “Genau, Demyx! Und wer bist du?” “Axel! Kannst du dir das merken?” Der Rothaarige grinste zurück. Demyx hatte also recht gehabt, ihn als nett einzuschätzen. “Klar, obwohl mein Gehirn hier schon fast überladen ist von dem ganzen Mist den euer Lehrer labert. Ich frag mich echt ob der sich selbst zuhört!” “Das fragen wir uns alle.” Axel lachte kurz auf, schaute ihn dann aber wieder genauso intensiv an wie vorher. “Hat dir schon wer die Schule gezeigt? Sonst kann ich dich kurz mal rumführ’n, wir haben in den Pausen normalerweise eh nix spannendes zu tun.” “Wer ist denn ´wir`?” Demyx schaute kurz, ob hinter Axel jemand stand. “Ich sehe nur dich!” “Die anderen sind noch da hinten. Faul wie wir alle!” Axel lachte wieder und Demyx beschloss, dass er sein lachen mochte. “Das da sind die wirklich coolen Kids hier an der Schule.”, sagte Axel grinsend und zeigte auf die hinteren Plätze. “Die blonde mit den Käferantennen -sag ihr nich, dass ich das gesagt hab, die braucht morgens ‘ne halbe Stunde um ihre Haare so hinzukriegen- ist Larxene. Wenn du was falsch machst kann’s passieren dass sie dich aus versehen umbringt, also pass auf! Und der Typ neben ihr mit den rosa Haaren is Marluxia. Seine Haare sind übrigens von natur aus so. Meine auch.” “Aha.” Etwas besseres fiel Demyx nicht ein. Was sollte man auch darauf erwidern? “Jedenfalls zeigen wir dir jetzt die Schule und heute Mittag kannst du wenn du willst auch mit uns essen. Damit du an deinem ersten Tag nich alleine sitzen musst.” “Ja… danke!” Demyx warf einen kurzen Blick auf Marluxia und Larxene, die mittlerweile aufgestanden waren und sich hinter Axel aufgestellt hatten. Sie sahen wirklich aus, als wären sie die “coolen Kids” der Schule. Zu ihnen dazuzugehören würde bestimmt Spaß machen. “Okay, können wir los? Ich denk mal auch an eurer Schule geht die Pause nich ewig!” “Stimmt leider.”, sagte Marluxia mit einem theatralischen Seufzen. An seiner Stimme merkte man erst wirklich, dass er definitiv kein Mädchen war. “Okay, dann los!” Axel ging mit großen Schritten voraus und die anderen mussten fast rennen um ihm zu folgen. Ohne das Tempo zu verlangsamen zeigte Axel ihm alle wichtigen Teile der Schule, sodass ihm am Ende der Kopf schwirrte, aber er auch das Gefühl hatte, sich nicht mehr sofort zu verlaufen. Außerdem hatte Demyx in der Viertelstunde, in der sie unterwegs waren mehr gelacht als in den letzten fünf Tagen zusammen. Er war froh, so schnell Freunde gefunden zu haben. Als es zum Anfang der Stunde klingelte, waren sie alle vier noch längst nicht in ihren Klassenräumen und Demyx kam auch zu seiner zweiten Unterrichtsstunde zu spät Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)