Flatmates von SummoningIsis ================================================================================ Epilog: Falling Leaves ---------------------- Es ist Herbst. Der Regeln trommelt an die Scheiben, wenn ihn der tobende Wind in diese Richtung lenkt. Die Äste der sterbenden Bäume wirken wie gespenstische Arme, die sich schütteln und den Anschein erwecken, als würden sie in der nächsten Sekunde nach den Passanten auf der Straße greifen, die sich mit ihren Regenschirmen durch die graue Welt kämpfen. Ich nehme einen weiteren Schluck meines Tees und bin für einen kurzen Moment sogar dankbar, dass ich mit einer Erkältung im Bett liege bzw. auf dem Sofa. Ansonsten müsste ich auch da raus. Oder auch nicht. Eigentlich habe ich nur noch zwei Kurse, die ich besuchen muss. Ich habe auch endlich angefangen an meiner Diplomarbeit zu schreiben. Na, sagen wir mal: Ich recherchiere gerade. Armer Jannik. Er ist extra für mich losgegangen, um mir einige Bücher rauszuholen. Ich hab ihm gesagt, er solle warten, ich könne warten. Aber natürlich beharrte er darauf. Ich frage mich, wann er endlich wiederkommt. Er hat das Auto genommen – kluge Vorgehensweise – ist aber dennoch schon seit ner Stunde weg. Wahrscheinlich sucht er selbst noch nach Büchern für seine BA-Arbeit. Ich seufze und stapfe müde in die Küche, um mir einen neuen Tee zu kochen. Diese Gliederschmerzen sind echt ein bisschen zum Kotzen. „Hey!“, grüßt mich plötzlich diese schöne Stimme und ich erschrecke beinah, habe ich doch glatt die Tür nicht gehört. „Los, ab auf's Sofa mit dir, ich übernehme hier“, sagt Jannik und lächelt mich leicht an. Von seiner leichten Bräune ist irgendwie nichts mehr geblieben. Wir waren tatsächlich eine Woche auf Malle. Nein, nicht in der Ballermannregion. Schön im Vier-Sterne-Hotel: Chill-Urlaub. Am Pool liegen, die Sonne genießen, Cocktails schlürfen und auf den aufgebrachten Wellen des Meeres schaukeln. Das war schön... Überhaupt war der Rest des Sommers schön. Langsam kommt es mir vor, als hätten diese dämlichen vier „Heterowochen“ gar nicht stattgefunden. Auch wenn ich sie natürlich nicht vergessen kann und vor allem nicht vergessen sollte. Klara studiert jetzt in Hannover und ist ziemlich glücklich. Wir haben ihr sogar bei dem Umzug geholfen, sie wohnt nun mit Thomas zusammen und der ist eigentlich ein ganz lieber Kerl. Er hat sogar darauf bestanden, uns eine Kiste Bier zu schenken. Klara hat noch ein pinkes Band drum herum gewickelt und verlegen gekichert. Ja, eigentlich kommt sie schon viel besser damit zurecht. Auch wenn sie mir und Jannik immer noch seltsame Blicke zuwirft, wenn wir uns tief in die Augen schauen, oder uns kurz berühren. Sie schaut dann immer weg und räuspert sich. Ich denke, es wird noch eine gute Weile dauern, bis sie sich völlig normal verhalten kann. (Im Übrigen liest sie auch diese dämlichen 'XY ist schwul'-Broschüren... Aber wenn schon mein Vater sagte, sie hätten geholfen, kann man wohl nichts dagegen einwenden... Vor allem will ich Jannik damit nicht kränken. Dem geht es nämlich wieder ganz gut. Auch wenn seine Eltern sich noch immer nicht bei ihm gemeldet haben... „Ich hab meiner Mama vor drei Wochen einen Brief geschrieben“, sagt er plötzlich, als er mir den noch dampfenden Tee serviert und sich neben mich auf das Sofa setzt. „Oh“, sage ich und gucke ich erwartungsvoll an. „Deine Mama hatte mir dazu geraten“, sagt er und blickt mich mit diesen wunderschönen, dunklen Augen an. „Sie hat gesagt, wenn ich mich stark genug fühle ihr alles zu offenbaren, soll ich es ihr schreiben.“ „Wow...“, sage ich, weil ich nicht weiß, was ich anderes sagen soll. Jannik lächelt zufrieden. „Dir geht es echt besser jetzt, oder?“, hake ich also nach und wärme meine Hände an der warmen Tasse. Mein Freund nickt. „Es ist gut, alles irgendwie losgeworden zu sein...“, sagt er leise. Das habe ich doch GLEICH gesagt! Das würde ich am liebsten schreien. Stattdessen nehme ich einen Schluck Tee und grinse in die Tasse hinein. „Ich hab uns noch einen Film mitgebracht. Was anderes kann man ja nicht mir dir anfangen...“, scherzt er und mir fehlt es an Kraft, ihn in die Seite zu boxen. Jannik kocht bzw. backt Tiefkühlpizzen auf und kocht eine Kanne Tee für mich. Wir schauen uns den zweiten Teil von „Transformers“ an und ich schlafe beinahe ein. Jannik huscht kurz ins Bad und nimmt eine Dusche, während ich weiter vor mich hindöse. Das schrill klingelnde Telefon erschreckt mich doch eher unsanft. „Hallo?“, murmele ich mit meiner schrecklich klingenden Stimme in den Hörer. Einige Sekunden lang herrscht Stille. „Ähm, Herr Sadritzki?“, fragt eine Frauenstimme. „Ja?“, entgegne ich und mache mich bereit, irgendetwas über ein „neues Produkt“ zu erfahren, welches ich unbedingt besitzen müsste. „Hallo, hier Winter, also... Hanne Winter“, sagt sie und mir bleibt das Herz beinahe stehen. „Äh, hallo...“, stammele ich und versuche freundlich zu sein, was durch meine Verwirrung nicht sehr gelingt. „Bevor Sie irgendetwas sagen, möchte ich mich zunächst entschuldigen“, spricht sie ruhig und irgendwie warm. Von der Simone Steinkamp ist nicht mehr viel übrig. „M-macht nichts, schon okay...“, sage ich schneller als schnell und sie hält kurz inne. „Ich weiß nicht, ob momentan überhaupt irgendetwas in Ordnung ist“, sagte sie dann und lacht ganz kurz und leise. „Meinen Sie, mein Sohn würde gern mit mir über das Telefon sprechen?“, fragte sie dann ganz unsicher. „Na klar“ beteuere ich sofort. „Er hat Ihnen doch auch einen Brief geschrieben!“ „Ja, genau... Deswegen rufe ich an.“ „Er kommt gerade ins Zimmer, ich reiche Sie gleich weiter“, sage ich und Jannik schaut mich fragend an. Ich sage ihm nicht, wer dran ist. „Danke, Herr Sadritzki“, sagt Janniks Mutter freundlich. Und irgendwie sanft. Dann drücke Ich Jannik das Telefon beinahe schon fest in die Hand. Mein Freund erstarrt beinahe, als er in den Hörer fragt, wer dort am anderen Ende der Leitung ist. Und dann verzieht er sich ins Arbeitszimmer. Und bleibt dort ungefähr zwei Stunden. Ich lausche nicht, auch wenn ich mit mir selber deswegen kämpfen muss. Irgendwann schlafe ich auch auf dem Sofa ein, bei laufendem Fernseher. Und dann gelingt er mir tatsächlich, mich ins Schlafzimmer zu schleppen und weiter zu pennen. „Hey...“, weckt mich diese zarte Stimme. „Du hast noch deine Klamotten an, das ist nicht gut...“, flüstert Jannik und dreht mich auf meinen Rücken. „Wie.. was... Wie ist es gelaufen?“, bringe ich heraus und versuche wach zu werden. Jannik lächelt. Oder träume ich? Nein, er lächelt! Zwar etwas traurig, aber es ist immerhin ein Lächeln. „Sie kommt noch nicht damit klar“, sagt er. „Sie hat auch gesagt, dass sie etwas enttäuscht sei und sie wirklich ihre gesamte Einstellung zu „diesem Thema“ nun überdenken müsste und das würde dauern, aber sie will in Kontakt mit mir bleiben. Sie hat gesagt, sie habe mich lieb...“, erklärt er. „Wow...“, sage ich kreativerweise. „Das ist doch schön!“, füge ich umgehend an und mein Freund nickt ganz leicht. „Nur mein Vater, der... Ich glaube nicht, dass er jemals damit klarkommen wird. Meine Mutter sagte, er würde nicht einmal darüber reden wollen und dass... er auch alle Bilder von mir erstmal in den Keller gebracht hat. Und er ist sauer auf Julia und Klara, weil sie nichts dagegen tun...“ „Gegen was?“ „Na, das ich schwul bin!“ „So ein Arsch- Ups!“, ich halte mir die Hand vor den Mund, aber Jannik lacht nur etwas bitter. „Keine Sorge, das sehe ich ja irgendwie genauso...“ „Aber...“, nun setze ich mich auf und Jannik streift mir meinen Pullover über den Kopf. „Das mit deiner Mama, das ist doch super, oder nicht?“ „Es ist ein Anfang“, sagt er zufrieden und haucht mir einen leichten Kuss auf den Kopf. Ich würde ihm jetzt gern noch so viel sagen, doch diese Müdigkeit übermannt mich. Mein Freund hilft mir beim Umziehen und als ich in einem dicken Pyjama stecke und er mich wieder auf die Matratze drückt, fallen meine Augen fast von alleine zu. Es ist sinnlos, dagegen anzuhalten... Nur noch am Rande bekomme ich mit, wie Jannik zärtlich in mein Ohr wispert: „Danke, Roman...“ Und dann bin ich weg. - - - Kurz und schmerzlos! Wobei man sich bei Letzterem wirklich streiten könnte xD Ich habe Roman und Jannik ja auch sehr lieb gewonnen ^^ Aber ich habe die Geschichte, die ich erzählen wollte, erzählt. Es ist Zeit sich zu trennen... Nocheinmal vielen Dank an alle Leser, für alle Favoeinträge und ganz besonders für eure Kommentare, die mir immer wieder Antrieb zum Weiterschreiben und Freude geschenkt haben :) ISIS Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)