Insanity von woaini (Sasu/Naru) ================================================================================ Kapitel 6: Flegmatisch ---------------------- Kapitel 6 Flegmatisch Der Regen fällt schwer an diesem Morgen. Dicke Wolken verdunkeln meine Umgebung und machen sie trist und grau. Der Bus hatte heute dreißig Minuten Verspätung. Ich stand also dreißig nasse Minuten im Regen und versuchte an etwas Positives zu denken. Sicher, mir fiel so einiges ein. Immer dann, wenn ich an einen gewissen Schwarzhaarigen dachte. Als der Bus dann vorfuhr, fuhr er natürlich direkt durch eine Pfütze Regenwasser. Ratet, wer der arme Trottel war, der das ganze abbekommen hat. Triefend saß ich dann im Bus, gemieden von allen Trockenen. Als wir kurz vor der Anstalt waren, lichteten sich die Wolken ein wenig. Ich machte mir Hoffnungen. Als Maria mich sah, gab sie mir gleich neue Sachen in die Hand, natürlich waren es dieselben, die alle Insassen trugen. Es war mir relativ egal, solange sie trocken waren. Auf dem Weg zurück zur Station bin ich dann George begegnet. Ohne Ketten, ohne ‚Ich- knuddel- mich- selbst- Jacken’ oder etwas dergleichen. Dreckig Grinsend. Er zog mich wieder auf die Seite. Dachte wohl, ich wäre neuer Insasse, wegen den Klamotten… Er fing wieder an mit diesen blöden Geistergeschichten, von Sasuke, dem Seelensauger, dem Ungetüm, dem Mörder. Ich habe die Augen verdreht, nichts gesagt, nichts gemacht. Ich wollte mich nicht noch mal mit ihm anlegen. In Gedanken habe ich ihn mehrere Male brutal zum Schweigen gebracht. Mit der Bratpfanne auf ihn eindreschen war noch die harmlose Variante. Dieser alte Zausel gehört wirklich in die Klapse. Als er endlich von mir ablässt, ist meine Stimmung im Keller. Mürrisch trabe ich in das Zimmer der Aufseher, zu Maria und hoffe, dass sie mir etwas sagen kann, dass meine Laune wieder bessert. Oder sie lässt mich zu Sasuke. Maria summt leise vor sich hin, während sie ihre Unterlagen ordnet. „Morgen…“, murmele ich und setze mich hin. Schwungvoll dreht sie sich um, wuschelt mir durch die Haare. „Heute ist ein schöner Tag, Naruto! Heute ist ein sehr schöner Tag!“, flötet sie. Mürrisch richte ich meine zerzauste Frisur. „Und warum ist heute so ein schöner Tag?“ Schelmisch grinsend beugt sie sich zu mir. „Weil ein gewisser Schwarzhaariger heute gefragt hat, ob du kommst!“, lacht sie und stürzt sich erneut wie ein Geier auf meine Haare. Nur dieses Mal lasse ich sie sich austoben. Starr stehe ich da. Lasse die Information von eben immer und immer wieder in meinem Kopf wirken. „Sasuke hat dich gefragt, ob ich komme?“, frage ich noch mal ungläubig und kann nicht glauben, dass er gesprochen haben soll. Oder nach mir gefragt haben soll. Ich meine, gut, er hat gestern mich verabschiedet, aber so was? Das geht zu schnell. Schmunzelnd kneift Maria mir in die Wange. „Na ja, er hat es auf einen Zettel geschrieben und mir hingehalten, aber trotzdem, er hat nach dir gefragt, ich hab den Zettel noch, wenn du mir nicht glaubst!“, lächelnd hält sie mir den Zettel hin, welchen ich ihr auch gleich aus der Hand reiße. Wie zuvor lese ich immer und immer wieder den einen Satz der da steht. ‚Kommt er heute wieder?’ Mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Hastig schlucke ich den Knoten im Hals herunter. „Kann ich zu ihm?“ Mit schwitzigen Händen stehe ich nun also vor seiner Tür. Traue mich nicht so recht zu ihm. Halte es aber auch keine Sekunde länger ohne ihn aus. Ich will ihn sehen. Und seine Stimme hören. Mutiger geworden öffne ich die Türe. Wie immer sitzt der Schwarzhaarige auf dem Boden und liest seine Zeitung. Fast schon beruhigt lehne ich mich an den Türbalken, sehe ihm zu. Es hat sich wohl nichts geändert. Ohne hochzublicken, hält er mir wieder den Feuilletonteil hin, als wäre es schon eine Tradition bei uns geworden. Lächelnd setzte ich mich neben ihn und beginne nun meinen Teil zu lesen. Es ist lustig. Es ist normal. „Hätte nie gedacht, dass ich mal regelmäßig Zeitung lese…“, lache ich und sehe ihn von der Seite an. Erschrocken laufe ich rot an und gebe einen mausähnlichen Laut von mir. Seine schwarzen Augen sehen mich wieder so intensiv an, dass ich eine Gänsehaut bekomme. Wann hat er aufgehört die Zeitung zu lesen? Bin ich ihm so nahe gekommen, oder ist er näher gerutscht? Warum sind unsere Gesichter plötzlich so nah? Schluckend versuche ich mich zu beruhigen, schaffe es aber nur minimal. Es ist mir noch furchtbar peinlich, wenn ich seine ungeteilte Aufmerksamkeit habe. Ich weiß dann nicht, was ich machen soll. Ich wollte seine Aufmerksamkeit. Nun habe ich sie. Meine Augen werden immer größer, als seine Mundwinkel sich zu einem Lächeln verziehen. Erst fein, dann breiter. Mein Herz gibt Gas und ich stehe unter Feuer. Erschrocken ziehe ich die Luft zu sehr ein und verschlucke mich. Hustend versuche ich Luft in meine Lungen zu pressen, schaffe es aber nur mit Mühe. Erst nach einigen Minuten beruhige ich mich. Ich sehe neben mich, doch Sasuke sitzt nicht mehr neben mir. Wieder steht er vor dem Plakat mit dem Sandstrand und dem Meer. Das Lächeln ist immer noch auf seinen Lippen, als er sanft mir dem Finger über das Bild streicht. „Du magst das Meer wohl wirklich, oder?“, frage ich ihn. Er hält inne, legt leicht seinen Kopf schief. Stirnrunzelnd betrachtet er das Bild von neuem. Natürlich rechne ich mit keiner Antwort. Es genügt mir zu sehen, wie er auf das Bild reagiert. „Wasser löscht Feuer.“, sagt er leise und haut mich fast um. Erschrocken sehe ich ihn an. Er hat Recht. Aber es macht mich traurig. Er hat Angst vor Feuer, wahrscheinlich, weil er in dem Haus gewesen ist, worin seine Familie verbrannt ist. Wie muss es sich angefühlt haben? Das Feuer um einen herum. Heiß und Furcht einflößend. Wie muss es sich angehört haben? Das Knistern der alles verzehrenden Flammen. Die Schreie seiner Eltern. Das Knacken des Holzes, als das Feuer alles Leben aus ihm heraus fraß. Wie muss es geschmeckt haben? Verbrannt? Nach Holz? Nach geräuchertem? Oder nach Fleisch. Menschenfleisch. Dem Fleisch seiner nun toten Eltern. Wie muss es ausgesehen haben? Waren die Flammen rot, oder verzehrten sie alles in blau? Waren sie hoch oder heimtückisch klein? Wie hat er überlebt? Wo hat er sich versteckt? Wahrscheinlich im Keller. Hatte er Angst? Wer hätte das nicht. Wer würde nicht am liebsten sterben. Ich wette, er hat geweint. Er hat bestimmt gerufen. Er hat gefleht. Er hat nach Hilfe gefleht. Da bin ich mir sicher. „Ja, Wasser löscht Feuer…“, wiederhole ich und muss mir eine kleine Träne aus dem Augenwinkel wischen. Er sieht mich an. Mit leeren Augen. Nur an, als wäre ich eine Wand. Aber es ist schon in Ordnung. Ich verstehe ihn. Langsam geht er auf mich zu. Vor mir bleibt er stehen, sieht auf mich herab. „Du bist wie Wasser…“, sagt er schließlich und setzt sich auf sein Bett. Er nimmt den Bären in die Hand und sieht ihn nachdenklich an. Und ich bin wieder wie erstarrt. „Wieso Wasser?“, frage ich verdattert und habe eine furchtbar hohe Stimme. Er lässt den Bären los, legt ihn wieder an seinen Platz zurück. „Weil Wasser Feuer löscht…“, antwortet er und sieht diese Unterhaltung als beendet. Und ich stehe noch verwirrter da. War das jetzt ein Kompliment? Wollte er mir vielleicht etwas Tiefsinniges sagen und ich komme nicht hinter diesen dubiosen Sinn? Ich will es wissen. Ich will ihn fragen. Doch dann klingelt es zum Mittagessen. Langsam erhebt sich der Schwarzhaarige und sammelt seine Zeitung auf. Auch ich erhebe mich, klopfe mir den Staub von der Hose ab. „Sasuke, ich…“, beginne ich, doch er hat schon den Raum verlassen. Betrübt sehe ich ihm nach, doch sage nichts weiter dazu. Er ist eben doch nicht normal. Und irgendwie finde ich das beruhigend. Seine Aussagen verwirren mich. Wieso bin ich wie Wasser? Was lösche ich? Meiner Meinung nach, habe ich bisher noch nicht viel erreicht. Ich habe nichts für ihn getan, dass ich als große Geste, oder eine Wohltat betiteln würde. Was ist dieses Feuer? Gedankenverloren stochere ich in meinem Essen herum. Er sitzt neben mir und isst seine Suppe. Seinen Hals scheint es besser zu gehen. Trotzdem sieht er nicht begeistert aus. Eher wie immer. George ist auch wieder da. Nur dieses Mal sorgen die Wachen dafür, dass er sich dem Schwarzhaarigen nicht nähert. Dafür bewirft er ihn mit strafend, bösen Blicken und streckt ihm die Zunge heraus. Vielleicht ist George ja das Feuer. Aber wie habe ich den dann gelöscht? Ich hab mir fast in die Hose gemacht, als der alte Knacker mit gezücktem Messer vor uns stand. Sasuke ist der Held, nicht ich. Seufzend und ein wenig deprimiert beende ich meine Mahlzeit. Der Schwarzhaarige hat jetzt seine Therapiestunde, also gehe ich zu Maria. Gesprochen hat er nicht mehr mit mir, was mich auch ein wenig deprimiert. Maria sieht mich erwartend an. „Und, was hat er gesagt?“ Müde lasse ich mich neben sie fallen, blicke abermals seufzend zu ihr auf. „Er sagte, dass Wasser Feuer löscht…“ Anscheinend wartet sie, dass da noch mehr kommt. Sie rutscht näher. Beugt sich weiter zu mir. Will mehr wissen. „Und er sagte, dass ich wie Wasser sei, ich würde auch Feuer löschen.“, fasse ich unser kurzes Gespräch zusammen. War es ein Gespräch? Ich weiß es gar nicht mehr. Traurig sehe ich zu Boden. „Maria, sag mal, glaubst du, dass Sasuke irgendwann mal normal wird?“ Ich versuche normal zu klingen. Doch meine Stimme ist nachdenklich. Ich will nicht, dass der Schwarzhaarige normal ist. Dann wäre alles weg. Unsere Freundschaft, wenn es denn eine ist. Er würde sich nicht mehr für mich interessieren. Dann wäre er umringt von Menschen, die nur noch mehr um seine Aufmerksamkeit buhlen und wäre er normal, würde er sie ihnen geben. Und er würde Menschen wie mich dabei übersehen. Sasukes Aussehen ist ein Fluch. Er sieht viel zu gut aus. Die Leute werden ihn lieben. Er könnte jede haben. Er könnte jeden seinen Freund nennen. Ich will nicht, dass er normal wird. Aber ich will ihn auch nicht in dieser Passivität lassen. Ich will ihm helfen, aber er soll nur mich als Freund wollen. Es ist selbstsüchtig. Maria nimmt mich in den Arm. „Naruto, hab keine Angst. Selbst wenn er normal werden würde, er würde uns nicht vergessen. Wahrscheinlich würden ihn die andern Normalen da draußen nur nerven! Er vergisst dich schon nicht. Er fragt doch nach dir…“ Seufzend nicke ich. Vielleicht hat sie Recht. Vielleicht irrt sie sich. Ich weiß es nicht. Will es auch nicht wissen. Wenn ich mich irre, wäre es schmerzhaft. Wenn ich versage, würde ich mir Vorwürfe machen. Wenn ich aufgebe, würde ich es mir nie verzeihen. So kann ich nur auf Sasuke vertrauen. Kann beten, dass er mein Freund sein will. Dass er mich nicht vergisst. Dass er mich nicht mit jemand anderem ersetzt. Dass er mich nicht irgendwann langweilig findet. Ich mag ihn. Ich bin vernarrt in ihn. Ich will sein Freund sein. Ich will ihm helfen, doch auch nicht zu sehr. Ich bin egoistisch. Vielleicht bin ich deshalb wie Wasser. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)