Insanity von woaini (Sasu/Naru) ================================================================================ Kapitel 4: Delirium ------------------- Kapitel 4 Delirium Am nächsten Tag habe ich frei. Fast bedaure ich diesen Zustand, zugleich bin ich aber auch so erschöpft, dass ich dringend Schlaf brauche. Wie ich nach Hause gekommen bin, weiß ich nur wage. Iruka hat mich geweckt und abgeholt. Hätte ich gewusst, dass ein langes Wochenende zwischen mir und dem Wiedersehen von Sasuke liegt, hätte ich ihn geweckt und mich richtig verabschiedet. So habe ich ihn schlafen lassen. Seufzend vegetiere ich das Wochenende zu Hause rum. Versuche zu helfen, mache aber nur Fehler. Mir schwirrt zuviel im Kopf herum. Vor allem ein gewisser Schwarzhaariger. „Naruto, was ist denn mit dir los? Seit gestern Abend ziehst du nun schon so ein Gesicht…“, Iruka ist wie immer besorgt. „Das ist der Liebeskummer!“, antwortet Kakashi grinsend und stopft sich den Hamburger in den Mund. Sofort steht Iruka auf, ist im Handumdrehen bei mir und legt mir väterlich die Hand auf die Schulter. „Ist das wahr, Naruto? Bist du verliebt? Unglücklich vielleicht? Du kannst es mir ruhig erzählen, ich höre dir doch immer zu!“. Ich mag ihn. Nur manchmal ist er zu fürsorglich. „Ich bin nicht verliebt…. Ich denke nur an Sasuke!“, antworte ich leise und werde rot. Warum werde ich rot? „An Sasuke? Ein Männername, interessant!!“, grinst Kakashi und stopft sich den Mund mit dem Nachtisch voll. Ich werde noch röter. „Arbeitet er in der Klinik?“, fragt Iruka sanft und ignoriert seinen Lebensgefährten. „Nein, nicht direkt… er … lebt da…“, bringe ich nun hochrot heraus. Kakashi fällt der Schokoladenkuchen aus dem Mund. „Er lebt da? Er ist auch verrückt? Wie alt ist er?“ Meine Verlegenheit ändert sich in Wut. „Er ist doch nicht verrückt! Er ist normal, nur eben… anders! Er ist auch kein alter, verrückter Kerl, er ist gerade mal ein Jahr älter als ich und er hat ein echt schweres Leben, also redet nicht so über ihn!“ Ich werde sonst nie so leicht wütend. Bedeutsame, schweigende Blicke werden mir zugeworfen. Dann Schweigen. Vielleicht hätte ich nicht so aufbrausend sein sollen, aber ich bin bedient. Fast schon fluchtartig verlasse ich den gemeinsamen Tisch, schließe mich stundenlang in meinem Zimmer ein. Ich finde es gemein, wie sie über ihn reden. Sie verurteilen ihn. Sie kennen ihn nicht. Sie schieben ihn in eine Schublade. Sie stempeln ihn als verrückt ab. Es macht mich verrückt. Es beschämt mich. Hätten sie Mitleid, wäre es in Ordnung gewesen. Ich ignoriere sie stundenlang. Auf Klopfen, Hämmern, Drohung reagiere ich gar nicht erst. Ich will meine Ruhe. Will nachdenken. Ich will dem Schwarzhaarigen helfen. Aber ich weiß nicht wie. Was könnte ihn positiver stimmen? Ich kann nicht vierundzwanzig Stunden bei ihm sein und ihn aufheitern, also braucht er etwas, dass ihn ermuntert, wenn ich schon zu Hause bin. Ich kann aber auch nicht wahllos etwas mitbringen, weil Sasuke nicht mit seinen neuen Sachen durch die Anstalt laufen kann. Nachher nehmen ihm die anderen es ab. Vielleicht sollte ich mir mal was ausdenken für sein Zimmer? Er hat ja nicht mal ein Fenster. Dabei starrt er immerzu auf die nackte Wand. Seufzend laufe ich im Kreis. Er hat nicht mal Bücher, aber auch kein Regal für so etwas. Ich sollte praktisch denken. Er sitzt lange in seinem Zimmer, auf seinem Bett und kann nur die Wände anstarren. Es muss ihn doch verrückt machen, immer und immer wieder diesen rauen Putz anzustarren. Nachdenklich kratze ich mich am Kopf. Ein schönes Bild oder ein Poster, das wäre doch was… Und da Sasuke gerne aus dem Fenster schaut, wäre ein Landschaftsbild doch schön… Von neuem Elan ergriffen, durchforste ich mein Zimmer. Voll beschäftigt suche ich und suche ich. Ich glaube, ich bin auf dem richtigen Weg. Ich kann Sasuke nicht helfen, dass er wieder von heute auf morgen normal wird, aber ich kann ihn unterstützen. Ihm zeigen, dass ich mich um ihn schere. Vielleicht sehe ich ihn ja einmal lächeln. Und wenn es nur ein ganz kleines ist. Ich liebe es, wenn sein emotionsloses Gesicht plötzlich einen Ruck bekommt. Wenn er hauchfein die Mundwinkel anhebt, oder wenn seine Augen etwas leuchten. Seufzend betrachte ich den tristen Himmel. Endlich ist Montag, heute sehe ich ihn wieder. Ich klinge wie ein kleines Schulmädchen, aber in Anbetracht der Tatsache, dass ich das ganze Wochenende an ihn gedacht habe, denke ich, dass das in Ordnung geht. Ich freue mich auf die Anstalt. Etwas schneller als gewöhnlich, betrete ich die Eingangshalle, lasse meinen großen Rucksack vom Wächter kontrollieren und gehe zu Maria um mich für meine Schicht anzumelden. Im Aufenthaltsraum des Personals ist sie nur leider nicht. Wahrscheinlich macht sie eine Runde. Seufzend stehe ich unschlüssig im Raum und denke nach. Warum sollte ich hier warten? Wer weiß schon, wie lange ich hier warten soll? Mein geliebtes Grinsen schleicht sich auf meine Gesichtszüge, als ich mir meinen Rucksack schnappe und mich auf den Weg zu den Krankenzimmern mache. Dann sage ich halt Sasuke ‚Guten Morgen!’!! Freudig tänzele ich den Gang entlang. „Einen wunderschönen guten Morgen, Sasu…ke?“, stocke ich, als ich ein leeres Zimmer vorfinde. Gemachtes Bett. Verlassen. Keine Zeitung. Nichts. Was ist hier los? Ich suche nach Hinweisen, doch finde nichts, nicht mal einen Hinweis darauf, dass er vor kurzem hier gelebt hat. Oder diese Luft geatmet hat. Es ist gruselig, so unpersönlich, lieblos, fast schon steril ist dieser Raum. Es fällt mir erst jetzt auf, wo mein Schwarzhaariger nicht anwesend ist in dem kleinen Raum, der mir plötzlich immer kleiner vorkommt. Kommen die Wände näher? Wieso ist es hier so kalt? Fröstelnd schlinge ich mir die Arme um den Körper, versuche diese Kälte zu vertreiben, die sich schleichend meinen Körper hinauf kriecht. „Er ist nicht da!“, höre ich eine weibliche Stimme. „M- Maria!“, wie vom Donner gerührt fahre ich herum, greife mir unbewusst ans Herz. „Er ist nicht mehr hier, Kleiner…“, flüstert sie noch mal und lehnt sich mit verschlossenen Armen an den Türrahmen. Ihr Blick schweift einmal betrübt durch den kleinen Raum, ehe er an mir hängen bleibt. Ich muss schlucken. „Wo ist er?“ Was ist passiert? Was ist hier vorgefallen? Am Donnerstagabend waren wir noch zusammen. In der Nacht haben wir den Irren irgendwie besiegt und alles war doch gut. Er ist an meiner Schulter eingeschlafen, hat meine Hand gehalten und ich bin eingeschlafen und habe seine Hand gehalten. Alles war in Ordnung! Oder… Hat er gar nicht geschlafen? Augenblicklich weicht mir jegliche Farbe aus dem Gesicht. „Wo ist ER!?“, frage ich noch mal forscher nach, bin mit nur einem Schritt bei ihr, schüttele sie leicht. Hör auf so zu schauen, Maria! Ich will kein Mitleid. Ich will eine Antwort. „Ich sagte doch, er ist nicht hier…“, weicht sie mir aus und streicht mir über meine Haare. „Toll, aber wo ist er?“, frage ich patzig nach, beruhige mich vielleicht ein Zehntausendstel. Ich kann ihr nicht in die Augen sehen. Ich habe Angst eine falsche Wahrheit zu erfahren. Nämlich die, dass Sasuke nicht mehr am Leben ist. Meine Eingeweide drehen sich, verkrampfen sich. Gott, ist mir schlecht. „Er ist nicht Tod, Kleiner…“, beruhigt sie mich, wuschelt mir noch mal durch die dichte blonde Mähne. Sofort fällt mir ein Stein vom Herzen und ich darf wieder hoffen. „Wo ist er?“, frage ich wieder, wie ein bockiges Kind. Hier stimmt etwas nicht. „Such dir einen anderen Patienten, den du betreust, Naruto, vergiss Sasuke, glaub mir. Du solltest dich nicht zu sehr mit ihm anfreunden, immerhin ist dein Praktikum auf einen Zeitraum begrenzt und na ja, Sasuke sucht keine Freunde. Er möchte allein sein.“ Ich kann nicht glauben, was sie da von sich gibt. Knurrend knabbere ich an meiner Unterlippe. „Was ich mache ist meine Sache und ich will jetzt wissen, was mit Sasuke los ist, oder ich gehe zur Verwaltung und frage da nach!“ Ich kann es nicht fassen, ich drohe ihr. Er möchte nicht alleine sein. Niemand will das. Er möchte nicht eingesperrt in diesem Zimmer sein, deswegen starrt er ja tagtäglich die Wand an, weil er versucht durch sie hindurch zu blicken. Er starrt in die Ferne, weil das der einzige Ausblick ist, den er genießen kann. Die Ferne ist frei, ist von der Sonne beschienen und vor allem nicht hier. In der Ferne sind keine meterhohen Mauern. Dort gibt es kein grau. „Er ist auf der Krankenstation, Naruto, du kannst jetzt nicht zu ihm.“, ihre Stimme klingt sanft, doch ihr Blick ist mitleidig. Ich hasse das. „Was hat er?!“, frage ich, wie aus der Pistole geschossen. Vielleicht wegen seiner Verbrennung. „Naruto, das… Ach, es hat keinen Sinn, komm mit…“, sie nimmt meine Hand sanft in ihre und führt mich zur Krankenstation. Ich will Fragen stellen, aber sie kommt mir zuvor. „Am Freitagmorgen hat er sich geweigert etwas zu essen. Das ging so bis Sonntagabend. Als die Schwester ihm dann am Sonntag mit Gewalt das Essen in den Mund stecken wollte, hat er Blut gespuckt. Sofort haben wir ihn auf die Station gebracht, weil es nicht aufhörte. Er hustete immer wieder Blut. Die Ärzte haben ihn untersucht. Seine Mandeln haben sich stark entzündet und hätte er kein Blut gespuckt, wäre er wohl gestorben. Er liegt jetzt im Bett und muss sich schonen. Die Mandeln wurden rausoperiert und er schläft. Du kannst nichts machen.“ Ihre Stimme klingt kalt, so wie die Wände. Mich fröstelt es bei der Vorstellung, wie Sasuke das Essen verweigert und dann Blut spuckt. Wie viel? Wie lange? Hat er Schmerzen? Wie lange hatte er Schmerzen? Wieso hat niemand etwas bemerkt? Je weiter wir uns der Krankenstation nähern, desto steriler wird es. Unheimlich. So will ich nicht aufwachen. So will ich nicht, dass Sasuke leben muss. Sein Raum ist nicht weiß, nicht so, wie man sie aus dem Krankenhaus kennt. Grau. Graue Bettdecke, graue Gardinen und Grauer Teppichboden. Trist. Der Horror. Er liegt in seinem Bett, die Haare wirr, das Gesicht bleich und ein dicker Verband um seinen Hals. Seine Augen sind geschlossen. Er hat Augenringe. Seine Lippen sind spröde. Er sieht so krank aus. „Deswegen wollte ich nicht, dass du ihn siehst…“, wispert Maria hinter mir und sieht sich das Krankenblatt an. „Ich wollte nicht, dass du ihn so siehst…. Nach Donnerstagnacht, da war er noch unser Held, da hat er uns noch gerettet vor George und dann… Dann stirbt er fast, wegen so etwas lächerlichem wie entzündeten Mandeln. Er hat kein Wort gesagt, nur Blut gespuckt. Er hätte mir nur einen Wink geben müssen, aber er hat nichts gesagt, obwohl die Schmerzen enorm gewesen sein müssen. Er muss tagelang mit den entzündeten Mandeln durch die Gegend gelaufen sein, doch er hat nichts gemacht. Keinen Arzt aufgesucht, sich nicht mal den Hals gehalten. Naruto, verstehst du, was das bedeutet? Alles, was du glaubst erreicht zu haben bei Sasuke, es war völlig umsonst! Er kommt nicht zu uns zurück. Er ist glücklich, da wo er ist. Er will unsere Hilfe nicht.“ Sie muss sich die Tränen aus dem Gesicht wischen. Sie muss hilflos sein. Ich gehe langsam auf sie zu, lege ihr meinen Arm um die Schulter. „Maria, das glaube ich nicht. Er ist nicht glücklich. Er will Hilfe, er will nur nicht nach ihr fragen, wir sollen es bemerken und er gibt uns Hinweise! Er war am Donnerstag im Keller! Wieso war er das? Zuerst dachte ich, er wäre dort hinunter gegangen, weil er gesehen hat, wie der Verrückte dort hinunter gegangen ist. Wenn zwei Insassen fehlen, fällt das eher auf, als wenn es nur einer ist! Und er hat die Kellertüre aufgelassen, so dass jeder sehen musste, dass da etwas nicht stimmte. Weißt du, was sonst noch im Keller ist? Eis! Er wollte etwas Eis holen, um seinen Hals zu kühlen, verstehst du? Er war in der Küche und hat es gesucht, da überraschte ihn George und hat ihn bedroht! Er hat nichts mehr gegessen. Obwohl er das immer tut! Er wollte, dass wir nachsehen, warum er nichts isst. Vielleicht hat er nicht bemerkt, wie ernst seine Lage ist, wegen bloßen Halsschmerzen wollte er bestimmt nicht in den Hungerstreik. Er tat es, weil er es nicht mehr ausgehalten hat, er wollte, dass ihr nachseht. Er versucht es. Er versucht es wirklich, aber er hat auch Angst, kann ich mir vorstellen. Maria, er will nicht einsam sein. Ich habe nachgedacht, Maria. Warum starrt Sasuke die Wände an? Weil er durch sie hindurch sehen will! Weil er die Welt sehen will!!“, von einer Euphorie gepackt sehe ich sie an. Rede ich wirr? Mache ich mir zu viel Hoffnung? Lange ruht ihr Blick auf mir. Unbewegt und starr, als würde sie nachdenken, versunken sein. Mein Herz schlägt unaufhörlich schnell. Ich schlucke trocken. „Verliere nicht deine Hoffnung! Er ist in dieser Welt! Er realisiert es! Er fühlt sich nur fremd in ihr!“, es erscheint mir ganz natürlich. Stell dir vor, du erwachst eines Tages in einer ganz anderen Welt. Sie ist dir fremd, dennoch musst du dich in ihr zu recht finden. Was tust du? Beobachtest du nicht und verhältst dich unauffällig? Bist du dann nicht passiv am Geschehen beteiligt? Sasuke lebt in einer anderen Welt. Er hat sich jahrelang vor den anderen Menschen verschlossen, vor Gefühlen, vor Kontakt. Selbst wenn er wollte, er kann sich nicht in diese Welt sofort eingliedern. Er ließt Zeitung. Er will Informationen aus dieser anderen Welt sammeln. Er reagiert auf seine Außenwelt. Er kann nur noch nicht kommunizieren, vielleicht hat er Angst davor, oder aber er braucht einen Anstoß, oder einen Freund. Maria wischt sich die Tränen aus dem Gesicht, putzt sich geräuschvoll die Nase. Lächelnd blicke ich zu dem Patienten, erstarre sogleich, als mich müde, erschöpfte, tief schwarze Augen ansehen Er ist wach. Schneller als ich sehen kann, stehen Maria und ich neben ihm, versuchen auf ihm einzureden, doch er starrt nur vor sich hin. Ist er überhaupt wach? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)