Nachtfalter von moonlight_005 ([NejiTen]) ================================================================================ Teil II: Die Sünde der Unschuldigen ----------------------------------- Ihr war kalt, sie hatte seit Stunden nichts gegessen, sie konnte sich nicht rühren und es war, als würde jeder Knochen in ihrem Körper schmerzen. Es war stockfinster und sie konnte nicht einmal die Hand vor Augen sehen. Verschwommen erkannte sie Gitterstäbe, die sie von den anderen Zellen trennte. Wie war sie nur in diese Situation geraten? Hätte sie doch nur nichts gesagt! Wäre sie doch nur früher gegangen! Ein Husten erklang, als jemand den von der Decke rieselnden Staub einatmete. Tenten konnte nicht verhindern, dass sie schluchzte. Sie hatte nichts mehr, sie würde vielleicht sterben und nun konnte sie sich nicht einmal bewegen. Sollte das ihr Ende sein? „Sie werden es nicht finden“, sagte ein Mann zwei Zellen von ihr entfernt, „sie werden uns alle zum Tode verurteilen.“ Seine Stimme war getränkt von nüchterner Zuversicht. Niemand antwortete ihm und Tenten biss sich auf die Lippen. „Ich habe Geschichten über die Uchihas gehört“, fuhr der Sprecher fort, „sie sind gnadenlos. Sie sind in einen ewigen Kampf mit den Hyugas und Senjus verstrickt. Glaubt mir, die kämpfen schon seit Jahrzehnten.“ Es herrschte wieder Stille und nicht einer der Gefangenen ließ sich zu einer Antwort herab. Zu groß war die Angst und noch zu nah der Schock, als man sie zusammengepfercht und schließlich einzeln verhört hatte. Jeder hatte Angst um sich selbst. Es war erbärmlich. Wieder konnte Tenten es nicht verhindern, dass sie weinte. Der Stoff ihres Kleides war an den Ärmeln bereits feucht, da sie sich immer wieder damit über die Augen gefahren war. Sie sollte auf dem Weg nach Brethiel sein, zusammen mit ihrem kostbaren Tee, und dann sollte sie sich ein neues Leben aufbauen. Stattdessen saß sie in einem Kerker, zusammen mit etwa zehn anderen, denen es ebenso schlecht ergangen war wie ihr. Tenten dachte wieder an all das, was sie zurückgelassen hatte und sie musste blinzeln um überhaupt noch Umrisse zu erkennen. „Armes Mädchen“, murmelte einer ihrer Zellennachbarn. Es war derselbe, der eben gesprochen hatte. „Du hast so etwas wirklich nicht verdient, bist’ hübsch genug, dass sie dich noch mal ‚anders’ verhören werden.“ Tenten schauderte und versuchte den alten Mann zu erkennen, der mit ihr gesprochen hatte. Warum hatte er das gesagt? War er dankbar, weil sie die Einzige gewesen war, die etwas gegen Sasuke Uchiha gesagt hatte? Oder war das einfach nur eine unbeholfene Art von Trost und Mitleid? Aber letztlich war er nicht in der Lage ihr ihre Angst zu nehmen. Eher war das Gegenteil der Fall. Tenten wusste, dass die Mitglieder der Clans gnadenlos waren, seit dem Moment in dem sie in die Augen Sasuke Uchihas gesehen hatte, kurz bevor er sie geschlagen hatte. Wenn sie sich vorher gefürchtet hatte, dann war das nichts zu der Angst, die sie jetzt ausstand. Erst jetzt wurde ihr die Bedeutung der Worte des Mannes klar und Tenten hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon was er mit ‚anders verhören’ meinte. Die Clans waren bei der einfachen Bevölkerung verhasst, nicht nur, weil sie niemals ein Ende mit ihren Fehden fanden, sondern, weil sie stets grausame Methoden gebrauchten um Leute zum Reden zu bringen, sie zu demütigen oder sich ganz einfach an ihrem Leiden zu erfreuen. Vergewaltigung gehörte auch dazu. Hätte sie sich doch nur in demselben Moment losgerissen, als der Mann sie aus ihrem Zimmer gezerrt hatte. Wäre sie doch nur weggerannt, als sie die Chance dazu hatte. Die Lage war hoffnungslos. Es gab niemanden, der sie retten würde und die Uchihas würden keinem von ihnen glauben von dem Dieb nichts mitbekommen zu haben. Der Dieb… Mit einem Schlag erinnerte Tenten sich an die merkwürdige Begegnung auf der Terrasse. Sie hatte sein Gesicht nicht gesehen, aber an seiner Erscheinung waren einige Ungereimtheiten, die sie sich einfach nicht erklären konnte. Wieso war er da gewesen, ohne, dass jemand wusste, dass er im Haus war? Er musste der Dieb sein, warum sonst hätte er sie gebeten niemandem zu sagen, dass sie ihn gesehen hatte? Die Zeit schritt voran und nach und nach verfielen alle in ein eisiges Schweigen. Stunden vergingen und Tenten wurde müder und müder. Langsam weinte sie sich in einen unruhigen Schlaf, immer mit der Vorstellung von dem morgigen Tag. Irgendetwas klimperte. Das Geräusch war beinahe lautlos, sodass sie es fast nicht bemerkte und es als Einbildung abtat. Der Tag war lang gewesen, es war mitten in der Nacht und ihre Kräfte hatten ihren Tiefpunkt erreicht. Ihr Knöchel schmerzte und war angeschwollen, was zur Folge hatte, dass sie kaum auftreten konnte. An ihrem Rücken spürte sie die harte Wand, an die sie sich notdürftig angelehnt hatte um ein wenig zu schlafen. Tenten fühlte sich, als würden jeden Zentimeter ihrer Haut glühende Nadeln durchbohren. Sie war völlig übermüdet, kein Wunder, dass sie durcheinander war und sich Dinge einbildete. Etwas knackte im Schloss. Das Mädchen blinzelte. Vor ihren Augen bewegten sich die Schatten, in der Dunkelheit konnte sie zwei Gestalten ausmachen, die vor ihrer Zellentür standen. Mit einem leisen Quietschen glitt die Tür auf. „Tenten?“ Die Stimme war leise, aber sie war trotzdem mit einem Schlag hellwach. Ihr Herz raste. Das konnte doch nicht sein! „Mach schnell“, zischte eine weitere Stimme, während der Sprecher anscheinend ohne jegliche Mühe lautlos die Zellentür aufschob. Die erste Person trat in ihre Zelle, packte sie unter den Achseln und zerrte sie hoch. Tenten stöhnte, als sie mit dem verletzten Fuß auftrat. Noch immer benebelt sah sie verschwommen, wie einer der beiden Männer sie hochhob und sie aus der Zelle trug. „Wir holen dich hier raus, Tenten, hm“, flüsterte er in ihr Ohr. Es war Deidara. „Wie?“ Sie wollte sich aufrichten, sackte aber in seinen Armen zusammen, als sie den Schmerz spürte, der damit verbunden war. Ihr Kopf schmerzte und ihr drehte sich alles. „Ich erkläre es dir später.“ Mittlerweile waren sie auf dem Kerkergang, doch Deidara schlug eine andere Richtung ein, als die durch die sie hergebracht worden war. Er trug sie durch einige verwinkelte Gänge, die nicht bewacht waren. Irgendetwas war seltsam. Als sie ihn genauer betrachtete, sah sie, dass er bewaffnet war. Deidara trug ein wollenes Wams, darüber eine braune, verdreckte Rüstung, die augenscheinlich schon bessere Tage gesehen hatte und an seiner Hüfte hingen zwei Schwerter: ein Kurzschwert und ein Langschwert, so weit sie es in dem fahlen Licht beurteilen konnte. Sie erschrak und Deidara sah sie überrascht an. „Was ist Tenten? Wir werden dich retten, sei dankbar, hm.“ „Du, … du…“, stumm deutete sie auf seine Waffen. Er setzte zu einer Erklärung an, aber wurde von einem gewaltigen Lärm hinter ihnen unterbrochen. Was war das gewesen? Hatten sie gemerkt, dass sie aus ihrer Zelle verschwunden war? So schnell konnten die Uchihas nicht reagiert haben, oder gab es so etwas wie ein Alarmsystem? Tenten zitterte noch heftiger. Dann waren plötzlich aufgeregte Stimmen zu hören. Noch waren sie weit genug von ihnen entfernt. „Wir haben keine Zeit mehr“, unterbrach sie der zweite Mann. Deidara wandte sich zu ihm um und nickte. „Übernimm du sie. Tenten kann nicht laufen, ich sorge dafür, dass ihnen der Weg versperrt ist.“ Tenten wollte protestieren, doch der Fremde hielt ihr den Mund zu, als Deidara sie in seine Arme legte. Der Blonde machte sich in die Richtung auf aus der sie gekommen waren. Direkt auf die Verfolger zu. Doch ihr blieb keine Zeit großartig nachzudenken. Der Mann, der sie auf den Armen trug, drehte sich auf einmal blitzschnell um, rannte den Gang entlang und lief zielsicher geradeaus auf ein Fenster zu, das groß genug war, dass ein normaler Mann hindurch passte und tief genug, dass man leicht hindurch gelangen konnte. Der Mann hob sie hoch und Tenten kam es vor, als würde er sie stumm auffordern hindurch zu kriechen. Sie verstand. Wenn es überhaupt eine Chance gab, dass sie überleben würde, dann diese hier. Mit letzter Kraft zog sie sich durch die Öffnung und schob ihren Oberkörper auf feuchtes Gras. Tenten keuchte, zerrte sich hoch und kroch schließlich aus dem Loch, das jetzt unscheinbar mit der Dunkelheit verschmolz. Sie war entkommen, sie war frei! Noch immer konnte sie es nicht glauben. Deidara hatte ihr das Leben gerettet. Ein leises Geräusch unterbrach ihre Gedankengänge. Derjenige, der sie getragen hatte, zog sich mit einer scheinbar mühelosen Kraftanstrengung durch das Fenster ins Freie. Er brauchte nicht halb so lang wie sie, als sie sich abgemüht hatte hinaus zu gelangen. Binnen weniger Sekunden stand er neben ihr. Er war groß und schien athletisch zu sein, seine Bewegungen waren geschmeidig und kraftvoll. Sein Haar war lang und im Nacken zusammengebunden. Auch er war bewaffnet und Tenten wich instinktiv zurück, als sie die Waffen sah. Die Erinnerung an die Uchihas war noch zu stark und Tenten zweifelte nicht daran, dass sie ihre Waffen am nächsten Tag benutzt hätten. „Iss das“, hörte sie ihn sprechen, aber er wartete gar nicht auf ihre Antwort, sondern hob ruppig ihr Kinn an, öffnete ihren Mund, steckte etwas herein, das einen unglaublich bitteren Geschmack besaß, und zwang sie zu schlucken. Sie wollte husten, es wieder ausspucken, aber der Mann ließ es nicht zu. Er presste die Hand auf ihren Mund und hinderte sie somit daran zu würgen. Einige Minuten lang kämpfte sie stumm gegen das an, was mit ihr passierte. Dann war das Gefühl plötzlich verschwunden und es breitete sich Ruhe in ihr aus, fast ein Zustand des Schwebens. Das nächste was Tenten bemerkte war, dass ihre Sicht klarer wurde und der Schmerz in ihrem Fuß abnahm. Das konnte doch gar nicht sein! Verwirrt schüttelte sie den Kopf, richtete sich auf und versuchte aufzustehen. Vorsichtig erhob sie sich vom Boden und belastete leicht ihren verletzten Fuß. Es tat nicht weh. „Dieses Mittel betäubt kurzfristig deine Schmerzen“, sagte ihr Begleiter auf einmal, „du solltest dich bewegen können, bis wir die Möglichkeit haben dich richtig zu behandeln.“ „Danke“, flüsterte Tenten, doch der Fremde hatte sich schon abgewandt und war bereits losgelaufen. Tenten folgte ihm. „Warte!“, rief sie und er drehte sich nochmals zu ihr um. „Was ist mit Deidara? Ich kann ihn nicht zurücklassen!“ Der Fremde sah sie an und dann fiel plötzlich das Licht des Mondes auf seine Augen. Tenten erschrak, stolperte rückwärts und starrte ihn an. Seine Augen waren so hell wie der Mond, geheimnisvoll, nichts sagend. Es waren dieselben Augen, in die sie vergangene Nacht geblickt hatte. Angst überkam sie, fraß sich durch ihre Adern, in denen das Blut pulsierte, und kroch hinauf zu ihrem Herz, das einen Schlag aussetzte. Er war der Dieb. Der Fremde rührte sich nicht. Er sah sie nur gleichgültig an, aber irgendwas sagte Tenten, dass er wusste, dass sie ihn wiedererkannt hatte. „Du?“, fragte sie schließlich. „Ich sagte bereits, dass du mich aus deinem Gedächtnis verbannen sollst“, erwiderte er. „Aber…“ In diesem Moment durchbrach eine gigantische Explosion die Stille. Die Druckwelle riss Tenten glatt von den Beinen und die Hitze war so erdrückend, dass sie nur schwer atmen konnte. In der Luft flogen dutzende Aschepartikel, die ihr kurzzeitig die Sicht nahmen. Tenten blinzelte. Dort wo einmal der Eingang des Kerkers gewesen war, züngelten Flammen und machten den Kerker unbegehbar. Jetzt gab es weder einen Weg hinaus noch hinein… Es war ein einziges Grab. Atemlos blieb Tenten am Boden liegen und dann war da auf einmal Deidara, der sie wieder hoch zerrte und mit sich zog. „Hast du ihr die Droge gegeben?“, hörte sie ihn seinen Begleiter fragen. Droge? Was zum Teufel hatte er ihr gegeben? Sie hatte nicht wirklich darüber nachgedacht, aber jetzt wo sie es tat, merkte sie, dass nicht nur der Schmerz verschwunden war. Sie sah, dass sie einige blutige Schrammen hatte, ein paar Blutergüsse an Armen und Beinen, aber sie spürte nichts. Sie spürte nichts, obwohl sie es eigentlich musste! „Ja“, sagte der andere und das Mädchen sah, wie Deidara sie kritisch betrachtete. „Du hast es geschafft“, stellte der Fremde schließlich monoton fest ohne auf sie zu achten. „Du hast doch nicht etwa an mir gezweifelt, hm?“, antwortete Deidara „Natürlich nicht. Ansonsten wärst du jetzt tot.“ Tenten rappelte sich auf und sah, dass Deidara seinen Begleiter frech angrinste. „Was ist passiert?“, fragte sie in die Stille hinein. „Sagen wir einmal so, Tenten. Ich habe ihnen Feuer unterm Hintern gemacht.“ Selbst auf diese Distanz konnte Tenten sehen, dass er breit grinste. „Was habt ihr mir gegeben?“, fragte sie als nächstes. Die beiden Männer tauschten einen Blick „Dafür haben wir jetzt keine Zeit“, entschied der Fremde, „wir müssen weg von hier. Wo hast du die Pferde hingebracht, Deidara?“ „Dahinten, kommt“, sagte er und zog sie auf die Beine. Er setzte sich in Bewegung und zu ihrem eigenen Unglauben konnte Tenten sich bewegen, als wäre sie unverletzt. In der Ferne hörte sie immer noch die Stimmen, die versuchten das Feuer zu löschen, sie würden sie wohl erstmal nicht verfolgen, aber was war Morgen? Man würde nach dem Grund suchen und dann würden sie herausfinden, dass sie verschwunden war. Man würde sie verantwortlich machen und dann würde man nach ihr suchen, denn es war nach der heutigen Nacht nicht ausgeschlossen, dass sie etwas mit dem Diebstahl zu tun hatte. Im Gegenteil: Die Wahrscheinlichkeit war geradezu rapide angestiegen… Sie hasteten über das Gelände, immer im Schatten der Bäume, über steinharte Erde und noch feuchtes Gras. Sie war frei, aber was war mit den anderen? Vorhin hatte sie nicht nachdenken können, aber warum hatte Deidara sie nicht auch befreit? Warum nur sie? Als sie das Dickicht des nahen Waldes erreichten, schlug Deidara zielsicher einen der wenigen Pfade ein, die sich scheinbar unsichtbar durch den Wald zogen. Farne, Gräser und Zweige versperrten ihnen den Weg, aber sie kämpften sich vorwärts ohne groß darauf zu achten. Als Tenten kurz auf ihr Kleid herabblickte, sah sie, dass es an mehreren Stellen eingerissen war und sie zahlreiche Kratzer davon getrugen hatte. Sie fröstelte. Wieder spürte sie keinen Schmerz, obwohl sie einige Stellen entdeckte, die bluteten. Nach wenigen Minuten standen sie vor zwei Pferden, die der Blonde aus dem Schatten führte und eines dem Fremden gab. Dieser tätschelte es leicht am Hals und machte einen kleinen Beutel an dem Geschirr fest. Es war ein schönes Tier, sein Fell hatte die Farbe eines Fuchsfells und sein ganzer Körperbau ließ auf seine Ausdauer und Stärke schließen. Der Fremde saß auf, stieß dem Fuchs leicht die Ferse in die Seite und brachte es so dazu sich leicht umzudrehen. Es schien als wartete er auf etwas. Deidara war indessen zu ihr gegangen und hatte sein Pferd, dessen Fell die Farbe von Kohle besaß, mit sich gezogen. Verständnislos sah Tenten ihn an, hatte aber keine Zeit mehr sich über sonst etwas Gedanken zu machen, als Deidara sie ganz einfach hochhob und auf den Rücken seines Pferdes setzte. Das nächste, das sie wahrnahm war, dass er auf einmal vor ihr saß und leicht mit der Zunge schnalzte. Das Tier setzte sich in Bewegung und Deidaras Begleiter folgte ihnen im Windschatten. Vor Schreck griff Tenten nach Deidara, den es somit kurz nach hinten zog. Dennoch verlor er nicht das Gleichgewicht. „Keine Panik, Tenten, wir schaffen das schon, hm?“ Das bezweifelte sie stark. Eine Stunde vielleicht noch, dann würden sie todsicher verfolgt werden, wenn die Uchihas ihnen nicht schon in demselben Augenblick, da sie den Einbruch bemerkt hatten, Verfolger hinterher schickten. Sie wimmerte, doch Deidara hatte die Augen wieder nach vorne gerichtet und bemerkte es nicht. Auf einmal schoss der Fuchs rechts an ihnen vorbei, verfiel in ein schnelleres Tempo und preschte auf eine Lichtung zu, die es ihnen leichter machen würde voran zu kommen. Der Wald bot zwar weniger Möglichkeiten entdeckt zu werden, er verlangsamte aber gleichzeitig auch ihr Tempo. „Neji!“, rief Deidara, doch der Mann schien nicht auf ihn zu hören. Dann zog er auf einmal seinen Bogen aus dem Gepäck und legte einen Pfeil an. Kurz schien die Zeit stillzustehen, als Tenten links von ihnen einen Mann wahrnahm, der augenscheinlich zum Spähen ausgeschickt worden war. Im gleichen Augenblick ließ Neji – Deidara hatte ihn so genannt – die Sehne los und der Pfeil zischte blitzschnell durch die Luft, zerriss die Stille mit einem surrenden Geräusch und bohrte sich direkt in die Halsschlagader des Mannes. Ihm entwich nicht mal ein Laut, als er ohne großen Lärm zusammenbrach. Neji brachte sein Pferd in einer eleganten Rechtskurve wieder auf gleiche Höhe mit ihr und Deidara. „Das war unnötig. Du hättest ihn nicht töten müssen“, sagte Deidara leise, „wir hätten sie auch so abgehängt.“ Tenten schauderte. Neji – nur langsam gewöhnte sie sich daran den Fremden mit diesem Namen in Verbindung zu bringen, ihm überhaupt einen Namen aufzudrücken - hatte soeben einen Mord begangen. Eiskalt, berechnend und nur auf seinen eigenen Vorteil aus. Tenten hatte in den vergangen Stunden, Tagen, Wochen so viel durchgestanden, dass sie sich wunderte überhaupt noch etwas zu fühlen, aber in diesem Moment fühlte sie sich so schwach, so naiv, so … unerfahren. Sie passte nicht in diese Welt. „Wir können uns Risiken nicht leisten. Ich schätze Uchiha würde mich nicht gerade mit offenen Armen willkommen heißen.“ „Nicht nachdem du ihm eine Niederlage beigebracht hast, nicht nachdem du ihn gezeichnet hast“, erwiderte Deidara. Für einen winzigen Moment dachte Tenten die Andeutung eines Lächelns auf Nejis ausdruckslosem Gesicht zu sehen. „Uchiha verträgt keine Niederlagen.“ „Du auch nicht“, gab der Blonde zurück. Daraufhin sagte Neji nichts mehr, sondern lenkte sein Pferd in die vorherige Richtung. Deidara folgte ihm und irgendwann glaubte Tenten tatsächlich, dass sie es schaffen könnten. Dass sie frei sein könnten, entkommen. Und, dass sie den Verfolgern tatsächlich entfliehen könnten, die sie nach einiger Zeit irgendwo hinter sich hörte. Selbst, wenn sie eigentlich keine Chance hatten. Selbst, wenn es der Uchiha-clan war. Für einen winzigen Moment hatte sie Hoffnung und gleichzeitig Angst, weil sie nicht wusste, wohin diese Reise führen sollte. . . . Die Sonne ging wie ein goldenes Auge im Westen auf und hüllte alles in glänzendes Licht. Sie mussten die ganze Nacht geritten sein, denn als Tenten aufwachte, sah sie, dass sie auf dem Boden einer Höhle lag. Sie erinnerte sich nicht, wie sie hier her gekommen war. War sie eingeschlafen? Es durfte noch nicht lange her sein, dass sie hier her gekommen waren, denn das Feuer, das Deidara oder Neji entfacht hatten, war noch nicht sehr weit herunter gebrannt. „Du bist wach, hm“, hörte sie plötzlich eine Stimme hinter sich und als sie sich daraufhin aufrichtete, grinste Deidara. Kaum war sie oben, sackte Tenten auch schon wieder zusammen. „Mein Kopf“, murmelte das Mädchen. „Du hast viel durchgemacht, Tenten.“ Sie grummelte etwas Undefinierbares, ließ dann den Blick über ihre Umgebung schweifen und versuchte das Drehen in ihrem Kopf abzustellen. Die Höhle war nicht sehr groß, sie war eher so etwas wie ein Erdloch, als dass man sie als wirklich sicheren Unterschlupf bezeichnen könnte. Es roch nach Erde und Wald, ein bisschen nach Rauch und verschiedenen würzigen Düften. Tenten runzelte die Stirn. „Was ist?“, wollte Deidara wissen. „Was ist mit meinen Sachen?“ Der Blonde schlug sich gegen den Kopf. „Ach die. Die habe ich mal nebenbei mitgehen lassen. Wär’ doch schade um das schöne Geschäft mit deinem Tee, nicht?“ „Du hast ihn mitgebracht? Aber was ist mit deinem…“ „Meinen Planwagen habe ich einem…“, er stockte und schien kurz zu überlegen, „einem… Bekannten mitgegeben. Deine Sachen nimmt er auch mit.“ „Sie sind nicht hier?“, entfuhr es Tenten. „Also hör mal, das ist doch nicht meine Schuld!“, rechtfertigte sich der Blonde. Sie senkte ihren Blick. „Nein, das ist es wirklich nicht. Sag mal, wo sind wir überhaupt?“ Der Blonde nahm einen Stock und stocherte im Feuer herum. Für einen Moment sah Tenten eine fast kindliche Freude in seinem Gesicht, als eine Flamme empor züngelte. Feuer. Die Explosion. Was war nur passiert? „Wir sind einige Meilen westlich der Gaststätte, im nördlichen Teil des Schwarzeichenwaldes.“ Dem was? Das konnte doch nicht wahr sein! Sie war verletzt, mitten im Nirgendwo und hatte keine Ahnung, was sie tun sollte. „Was?“, entfuhr es ihr heiser und sie blickte verunsichert in die eisblauen Augen von Deidara. „Es ist besser, wenn du nicht weißt wo du bist“, hörte sie plötzlich eine Stimme hinter sich und als sie sich umdrehte erkannte sie den Mann namens Neji. Der Mann, den sie im Dunkeln getroffen hatte. Der Mann, der sie zusammen mit Deidara befreit hatte. Der Mann, der ihr die Droge gegen ihren Willen verabreicht hatte. Der sie gerettet hatte… Deidara, offensichtlich leicht genervt, weil Neji ihm mit seiner Antwort zuvor gekommen war, funkelte seinen Kameraden böse an. „Das wollte ich ihr doch gerade erklären.“ Neji zuckte nicht mal mit der Augenbraue. Langsam schob er die Gräser beiseite, die das Loch, die Höhle, beinahe perfekt abschirmten, beiseite und setzte sich ans Feuer. In der Hand hielt er zwei Hasen, dessen Fell vom Blut rot verfärbt war. Neji musste sie erlegt haben. Wortlos machte er sich an die Arbeit, setzte ein Messer an und schlitzte einem der toten Tiere den Bauch auf. Tenten sah weg, noch immer leicht benebelt, aber jetzt war ihr noch übler als vorher. Sicher hatte ihre Großmutter ihr beigebracht, wie man kochte, wie man wusch, wie man putzte und das Haus in Ordnung hielt. Sie wusste sogar wie sie ein Feld bestellen sollte, wie sie Sachen reparieren konnte und erst recht wusste sie, wie man Tiere ausnahm. Aber in der jetzigen Situation, in diesem Moment wurde ihr etwas schlecht von der Vorstellung. Und irgendwie wurde sie die Vorstellung nicht los, dass Neji das Messer genauso ansetzte, wenn er einem Menschen die Kehle durchschnitt. Sie schauderte. Tenten wusste gar nichts über ihn, aber die winzigen Erinnerungen, die sie an ihn hatte, hatten ihr allesamt Angst eingejagt. Nicht vor der endlosen Ruhe, die sich zu jeder Zeit in seinen Zügen spiegelten, egal was er tat. Nein, es war vor allem die Tatsache, dass er all dies tat, als wäre es selbstverständlich. Selbstverständlich mitten in der Nacht mit einer Waise zu reden, die sein Gesicht nicht sah. Selbstverständlich in einen Kerker einzubrechen. Selbstverständlich zu töten. „Ah, Mittagessen!“, unterbrach der Blonde ihre Gedankengänge und als Tenten kurz zur Seite schielte, stellte sie mit Erleichterung fest, dass Neji fertig war und die Hasen bereits über dem Feuer brutzelten. Ein würziger Geruch gelangte an ihre Nase. „Du wirst warten müssen.“ Seine Stimme war ruhig und dunkel, fast ein wenig einschüchternd trotz der Ruhe, aber Deidara schien das egal zu sein. Er griff hinter sich und zog seinen Beutel näher an sich heran, kramte darin herum und hielt plötzlich einen Wasserschlauch in der Hand. Dann setzte er ihn an seinen Mund, hielt inne und linste zu ihr herüber. Nahm ihn wieder herunter. „Ach ja, du willst sicher auch, hm?“ Das war an sie gerichtet und erst jetzt bemerkte Tenten wie hungrig sie war, wie trocken sich ihre Kehle anfühlte. Sie nickte und als Deidara ihr den Wasserschlauch reichte, riss sie ihm ihn fast aus der Hand und trank gierig. Binnen ein paar Augenblicken war er leer und Tenten blickte schuldbewusst zu Deidara. Er seufzte, schien einen Moment zu überlegen und stand dann auf. „Ich gehe neues Wasser holen. Die Pferde müssen auch getränkt werden und wenn ich wieder komme, will ich, dass das Essen fertig ist.“ Dann war er plötzlich weg und Tenten wurde sich bewusst, dass sie allein mit Neji war. Es war merkwürdig, sie hatte gleichzeitig Angst, sie spürte die elektrisierte Atmosphäre, aber sie war sich auch sicher, dass ihr nichts passieren würde. Tenten setzte sich auf und merkte gleichzeitig wie ihre Arme zitterten, als könnten sie ihr Gewicht nicht tragen und noch immer war ihr leicht übel. Ihr Blick fiel auf ihr rostbraunes Kleid, das einige Risse und Schmutz aufwies. Ihr Lieblingskleid. Wie viel Zeit war vergangen seit sie es angezogen hatte? Das Mädchen streckte ihren Arm aus und berührte ihren Fuß. Ein leichtes Pochen, nicht so schmerzhaft wie vor einigen Stunden zwar, aber immer noch schmerzhaft genug, dass sie spürte wie die Taubheit verschwand und Schmerzempfinden wich. Was hatte er ihr nur gegeben? Ihr Blick huschte zu dem schweigsamen Mann drei Meter entfernt von ihr. Zum ersten Mal konnte sie ihn eingehender betrachten. Er hatte eine athletische, kraftvolle Statur. Nicht klein und auch nicht zu groß. Sein Haar hatte die Farbe der Nacht, pechschwarz, und er trug es im Nacken zusammengebunden. Sie hatte noch nie so langes Haar bei einem Mann gesehen, aber sie musste sich eingestehen, dass es zu ihm passte. Seine Kleidung war seltsam, nicht wie die der Leute, die vom Lande kamen und auch nicht wie die eines Adeligen. Er trug ein beiges Hemd mit ledernen Schnallen an den Seiten und darüber einen dunkelbraunen Umhang. An seinem Gürtel hingen sieben Messer und darüber war ein weiterer Gürtel befestigt, an dem ein Schwert fest gemacht war. Bogen und Köcher standen in einer Ecke. Seine Hose war aus Leinen und bot ihm so die Möglichkeit sich flexibel zu bewegen. An den Füßen trug er hohe Stiefel aus Leder, die fest verknotet waren. Das Feuer knisterte und sie wurde sich bewusst, dass sie ihn anstarrte, aber Neji zeigte mit keiner Bewegung, dass er es bemerkt hatte. Er musste es bemerkt haben. „Wie geht es deinem Fuß?“ Sie schrak auf, für einen kurzen Moment orientierungslos und fand dann seine Augen, die auf sie gerichtet waren. „I…Ich weiß nicht“, stotterte Tenten. „Ich werde mich darum kümmern.“ Nichts auf der Welt hätte sie so überraschen können. Im nächsten Moment kniete er neben ihr, ihre stummen Proteste ignorierend schob er ihr Kleid hoch und legte ihr Bein frei. Es war wie ein Blitz, der plötzlich auf sie einschlug, als seine Fingerkuppen über ihre Haut fuhren. Eine winzige Sekunde lang. Sie waren eiskalt. Dann spürte sie plötzlich, wie er seine Hand auf ihr Fußgelenk legte, leicht die Schwellung befühlte und schließlich inne hielt. Und auf einmal war ihr die Stille unangenehm, fast unerträglich. Sein Blick war so nichts sagend und sie fühlte, wie tief er in ihre Seele sah. „Deidara hat versucht ihn zu richten und-“, versuchte sie zu erklären. Ein verzweifelter Versuch ihrerseits ein Gespräch zu beginnen. Tenten dachte, er würde sie ignorieren wie er es fast immer getan hatte, aber er überraschte sie. Zum ersten Mal deutete sich bei ihm für eine Winzigkeit lang so etwas wie ein Lächeln an, das allerdings in der nächsten Sekunde bereits wieder verschwunden war. „Deidara besitzt keine Möglichkeiten so etwas zu heilen“, erklärte er leise. Tenten hatte keine Ahnung was er ihr damit sagen wollte. „Wa…was meinst du damit?“ Ihre Stimme zitterte noch immer und sie hasste sich dafür. Neji und Deidara hatten sie zwar gerettet, aber noch immer misstraute sie ihnen. Noch immer waren sie Fremde, die sie nicht kannte und die sich nur aus einer Laune heraus dazu herab gelassen hatten ihr zu helfen. Sie konnte sich nicht sicher sein, dass sie ihr nichts taten. Sie sollte stark sein und sich nicht so einschüchtern lassen. Auf einmal spürte sie etwas Kaltes, dann war es auf einmal so heiß, als hätte sie sich verbrannt. „Wa…was?“, keuchte das Mädchen. Ihr Blick schweifte erneut zu ihrem Bein und diesmal hatte Neji seine Hand um ihren Knöchel gelegt. Doch das war es nicht, was ihr die Angst in die Glieder trieb. Um seine Hand waberten bläuliche Schemen, legten sich um ihren Fuß und drangen in ihre Haut ein. „Was tust du?“, japste sie mit einem leicht hysterischen Unterton in der Stimme „Vertraust du mir?“ Tenten schwieg, unfähig ihren Blick von seiner Hand zu nehmen. Das blaue Licht prickelte auf ihrer Haut. Ihn schien es nicht zu stören, dass sie ihm nicht antwortete. Nahm es, als hätte er nichts anderes erwartet. „Das ist gut.“ Das Mädchen löste sich aus seiner Starre. Sie spürte wie ihr Herz raste, als ihr Körper sich instinktiv gegen das was mit ihr geschah sträubte. Was zum Teufel tat er da? Minuten vergingen, in denen keiner einen Ton sagte und Tenten nicht wagte sich zu rühren. Dann merkte sie auf einmal wie das Pochen verschwand und dem Gefühl wich, dass es wie immer war. Neji nahm seine Hand weg. „Ich habe deinen Fuß gerichtet und die Schwellung zurück gehen lassen. Wahrscheinlich hattest du eine Zerrung.“ „Du…du hast mich geheilt? Wie ist das möglich?“ Der Mann neigte leicht seinen Kopf nach links, betrachtete einen Moment das Unverständnis, das sich in ihren Augen widerspiegelte. Kurz wirkte es so, als müsse er sich sammeln, doch er schien sich nichts anmerken lassen zu wollen. Er antwortete ihr nicht, stand auf ohne ein Wort zu sagen und entfernte sich wieder von ihr. Intuitiv wusste Tenten, dass er Körperkontakt verabscheute, dass er andere Menschen nur berührte, wenn es unbedingt sein musste. Und er gab keine Erklärungen ab, die er für unnötig hielt. „Ich muss es dir nicht erklären. Finde dich einfach damit ab.“ Er klang abweisend und seine Stimme war ein bisschen rau, aber sie glaubte noch etwas heraus zu hören. Etwas, das er sie nicht heraus hören lassen wollte. Schließlich nickte sie. „Danke.“, sagte sie, „mir geht es schon besser und-“ Sie hatte sich eine Strähne aus dem Gesicht streichen wollen, hatte ihre Wange gestreift und war augenblicklich zusammengezuckt. Tenten spürte schon seit einigen Minuten, dass ihr Geist immer klarer wurde, doch gleichzeitig war da immer noch der Schmerz, der mit Abnahme des Mittels immer stärker wurde. Es war die Stelle an der Sasuke Uchiha sie geschlagen hatte. Neji hob eine Augenbraue und war plötzlich wieder neben ihr. Er wirkte so, als wolle er Abstand halten, jeglichen Kontakt vermeiden und einfach seine Pflicht tun. Hatte er irgendwelche Verpflichtungen ihr gegenüber? Er kam ihr näher und sie fröstelte. Zögerlich legte er seine Hand an ihre Wange, fuhr mit den Fingerkuppen über ihre Haut und verharrte. Das Mädchen zuckte unter seiner Berührung zusammen, aber er ignorierte es. Sie wusste nicht wie lange sie so da saßen, wie lange sie brauchte um zu registrieren in was für einer Lage sie sich befand. Die Berührung seiner Fingerkuppen fühlte sich seltsam an, unvertraut, neu. In ihrem Dorf hatte sie sich zwar mit Jungen auseinander gesetzt, war mit ihnen aufgewachsen und irgendwann in der Zeit, da sich ihrer Körper veränderte und in der sie eine Frau wurde, hatte sie sich auch mit ihnen getroffen. Aber niemals, niemals zuvor hatte eine so kleine Berührung sie in solches Chaos gestürzt. Tenten bekam nicht mehr mit, wie seine Hand abermals in dem merkwürdigen Licht aufleuchtete, denn sie war wie erstarrt. Der Moment von Intimität ging vorbei und Neji wich vor ihr zurück. Wieder mit dem gleichen Gesichtsausdruck wie zuvor. Es dauerte einige Augenblicke, in denen sie versuchte ihren Herzschlag wieder unter Kontrolle zu bringen und wieder zu ihrer alten Verfassung zurück zu finden. Das brennende Holz knackte und schließlich sprach Neji abermals. Diesmal mit einer Winzigkeit Bitterkeit in der Stimme. „Das war Uchiha, nicht wahr?“ Überrascht sah Tenten zu ihm. „Woher weißt du das?“ „Es entspricht seinem Ruf.“ Tenten sah zur Seite. „Ich kenne mich nicht aus in dem System der Clans, aber ich glaube immer noch nicht, dass es falsch war, dass ich mich ihm widersetzt habe.“ Er schwieg. Kurz glaubte Tenten er wolle noch etwas sagen, aber er beließ es dabei. Hatte sie etwas Falsches gesagt? Glaubte er, dass sie unüberlegt, ja naiv gehandelt hatte? Hätte er etwas gesagt, dann hätte sie Gewissheit gehabt, aber seine unergründliche Miene verriet nichts. „Wie steht’s mit dem Essen, Neji?“, tönte da auf einmal Deidaras Stimme durch die Stille. Augenblicklich schrak sie zusammen, blinzelte dann verdutzt und sah wie sich Deidara in die Höhle schob und begierig auf die Hasen auf dem Feuer blickte. Fast war es Tenten willkommen, dass Deidara ihre Unterhaltung mit Neji unterbrochen hatte. Sie wusste nicht recht, was sie von dem schweigsamen Mann halten sollte. Er war eiskalt, schien niemanden an sich heran zu lassen und doch hatte er ihr geholfen. Und noch immer beschäftigte sie, ob er den Uchihas tatsächlich etwas gestohlen hatte. „Das riecht aber gut, hm?“ Deidara hatte das Feuer erreicht und betrachtete genüsslich sein Essen. Neji schnaubte. „Vergiss nicht, dass es für einen halben Tag reichen muss“, er warf einen Blick zu Tenten, „ und zwar für drei Personen.“ „Ja, ja, ich weiß“, unterbrach ihn der Blonde genervt, „wir werden keine Rast mehr machen, bis wir da sind. Wir müssen stark sein, damit wir wenn nötig irgendwelche Soldaten verdreschen können und so weiter und so weiter. Meinst du ich kenne das Spiel nicht, Hyuga?“ Auf einmal herrschte Stille. Neji sah wütend aus, was Deidara vorsorglich ignorierte und das Fleisch vom Feuer nahm. Keinem von beiden schien aufzufallen, was sie ihr soeben enthüllt hatten. Neji Hyuga. Hatte der Mann im Kerker nicht so etwas gesagt. Dass die Uchihas seit Urzeiten einen immer wiederkehrenden Kampf mit den Senjus und Hyugas führten? Tenten schauderte. Der Mann, der sie soeben geheilt hatte, war selbst ein Angehöriger der Clans. „Hyuga?“, flüsterte sie, aber sie kam nicht dazu noch weitere Fragen zu stellen. „Nicht mehr“, zischte Neji und jagte ihr allein Kraft seiner Stimme einen Schauer über den Rücken. Mit einem Schlag war sie sich sicher, dass er auf keine ihrer Fragen eine Antwort geben würde. „Iss was, Tenten, sonst fällst du uns noch vom Fleisch“, unterbrach sie da Deidara und hielt ihr einen Knochen mit Fleisch hin. Er selbst hatte sich bereits ein Stück abgerissen und kaute hungrig darauf herum. Zögernd nahm sie das Essen, warf einen Blick zu Neji und stellte mit Erleichterung fest, dass die düstere Stimmung wieder verschwand. „Warum warst du überhaupt in der Gegend, Neji?“, fragte Deidara nach einer Weile, „ich dachte du wärst immer noch in der Domäne der Naras.“ Neji warf ihm einen Blick zu, zögerte kurz und schien dann zu beschließen etwas preiszugeben. „Ich hatte … ein Gerücht gehört.“ Fragend blickte Deidara Neji an und zwang ihn somit seine ausweichende Antwort zu konkretisieren. Tenten spürte wie er es missbilligte und die Neugier seines Freundes verfluchte, aber augenscheinlich verband beide etwas, das sie nicht verstand. Oder verstehen konnte. Nejis Hand wanderte zu seiner Hose, fasste in die Tasche und zog einen Gegenstand heraus, wie um Deidaras Frage zu beantworten. Als er die darum liegenden Finger öffnete, entwich dem Blonden ein Keuchen. Deidara starrte Neji an und schien zum ersten Mal sprachlos, seit sie ihn kannte. Doch das war nicht von langer Dauer. Kaum hatte er sich wieder gefasst, funkelte er seinen Gefährten wütend, gleichzeitig fassungslos an. „Bist du wahnsinnig!?“ Seine Stimme zitterte vor Zorn und Tenten konnte sehen, wie er seine Hände zu Fäusten ballte. „Die Uchihas? Du hast es den Uchihas gestohlen?!“ Noch immer klang er fassungslos, aber Neji regte sich noch immer nicht. Er hielt einen Edelstein in der Hand, so rein wie sie noch nie einen gesehen hatte. Er war etwas größer als ein gewöhnliches Ei und hatte Ecken und Kanten, die aber erstaunlich glatt waren. Der Stein war blutrot und beinahe wirkte es so, als wäre er aus Glas, doch etwas sagte ihr, dass er niemals so zerbrechlich war. Das wenige Licht, das in die Höhle fiel, glitzerte einen Moment auf seiner Oberfläche bevor es sich in alle Farben des Regenbogens aufspaltete. Doch diese Schönheit interessierte sie nur nebensächlich. Ihr Blick haftete auf der Mitte des Steins, ging tiefer, viel tiefer und Tenten sah winzige, schwarze Flügel, einen feingliedrigen Körperbau und zarte Gliedmaßen. Der Schmetterling wirkte beinahe so, als hätte sich der Stein um ihn geschlossen, als er gelebt hatte. Fasziniert folgte ihr Blick seinen Konturen und den Schatten, die er in dem Stein warf… „Ist dir deine Freiheit so viel wert, dass du uns allesamt dem Tod ausliefern willst?!“, schrie Deidara. Verwirrt blinzelte sie. Tenten hatte nichts mehr von dem Gespräch mitbekommen, seit sie den Stein erblickt hatte. Es schien beinahe so, als wäre sie kurzfristig von der Gegenwart abgeschnitten. „Jetzt werden sie uns jagen und nicht eher ruhen bis sie uns gefunden haben! Du hast uns alle dem Tod geweiht, Neji Hyuga!“ Tenten streckte die Hand aus, kam dem glitzernden roten Stein immer näher. In ihrem Kopf stellte sie sich bereits vor wie sie ihn berührte, wie kalt er sein würde und wie wundervoll er sich in ihrer Hand anfühlen würde… Die Anziehungskraft, die dieser Gegenstand auf sie ausübte, war beinahe körperlich zu spüren. Deidara und Neji schienen es nicht zu bemerken. Wie seltsam es doch war, dass so ein winziges Ding solch eine Macht besaß… Stopp, sie… sie würde sich nicht von so einem Ding beherrschen lassen. Das Mädchen spürte wie sie keuchte. Neji sah ihr direkt in die Augen, sagte etwas zu Deidara und steckte dann den Stein wieder weg. Tenten atmete schwer, konnte sich nicht darauf konzentrieren was der Blonde sagte und kam langsam wieder zu sich. Was war mit ihr passiert? „Was ist das?“, wisperte sie. Beide sahen erstaunt zu ihr, hielten in ihrem etwas einseitigen Streit inne und warfen sich einen Blick zu. Schließlich sah Neji sie an. „Ein Tsuriai“, begann er. „Vielleicht sollten wir es ihr nicht erzählen“, warf Deidara unerwartet ein, „sobald man von den Geheimnissen der Clans erfahren hat, kann man nicht zurück und ich bin mir nicht sicher, ob Tenten wirklich zu dieser Welt gehören möchte.“ „Du hast Recht“, sagte Neji und drehte sich weg. „Es ist viel zu gefährlich solche Sachen einem einfachen Bauernmädchen zu erzählen.“ Tenten starrte ihn an. Unter all dem was sie in den letzten Stunden durchgemacht hatte, regte sich etwas bei ihr. Unter all der Erschöpfung kehrte ein Gefühl zurück, das sie seit Wochen nicht mehr gespürt hatte. Ihr Stolz. Tenten merkte, wie die Wut in ihr zu brodeln begann. Wer war er, dass er so über sie urteilen konnte? Andererseits sollte sie es nicht kümmern, was Neji sagte. Sie kannte ihn nicht, er kannte sie nicht. Sie waren einander fremd und Tenten hatte nicht das Verlangen ihre Bekanntschaft noch weiter zu vertiefen. Es sollte sie nicht stören, dass ein dahergekommener Wilder einfach so etwas zu ihr sagte, wenn er doch selbst nicht besser war. Sie war in Etwas hineingeraten, das sie nicht kannte, mit Regeln, die ihr fremd waren. Eine Welt voller Mysterien, Gewalt und den geheimnisvollen Clankriegen, die seit Jahrhunderten zu bestehen schienen. Und längst wusste Tenten nicht mehr, was sie tun sollte, oder ob es überhaupt noch einen Ausweg gab… Doch jetzt keimte in ihr der Trotz auf. Sie war nicht irgendjemand. Sie war Tenten Sakamoto, ein Mädchen, das seine ganze Familie verloren hatte. Sie war nicht irgendjemand, sie war jemand, der kämpfte. „Ich bin Teehändlerin“, sagte sie leise. ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * Sie legten an diesem Tag mehrere Meilen zurück, ohne, dass Tenten wusste wohin sie überhaupt unterwegs waren. Neji sagte kaum ein Wort und Deidara wich ihr aus, als sie ihn danach gefragt hatte und so hatte sie sich schließlich ihrem Schicksal ergeben. Nur den Grund hatten sie ihr offenbart. Den Grund warum sie sie mitnahmen und nicht sich selbst überließen. „Uchiha kennt dich“, hatte Neji gesagt, „da du die einzige bist, die entkommen ist, wird er dich jagen, weil er glaubt du hättest den Tsuriai gestohlen. Das Sicherste ist es, wenn du mit uns kommst, damit du keine Chance hast uns zu verraten.“ Das war mehr, als Tenten ihn je reden gehört hatte und seitdem hatte er kein Wort mehr gesagt. Ja, er schien seine Aussage beinahe als vollkommen unumstößlich anzusehen. Und so war sie schließlich mitgekommen. Entgegen ihres besseren Wissens. Entgegen ihrer Angst und dem was sie eigentlich hatte tun wollen. Tenten hatte sich nur langsam von den Strapazen unter den Uchihas erholt und der stundenlange Ritt über holprige Pfade und durch Binsengewässer trug nicht gerade zu ihrem Wohlbefinden bei. Einzig die Unterhaltungen mit Deidara, die ihr so locker und selbstverständlich vorkamen, konnten sie etwas aufheitern. Dessen Äußerungen waren zwar immer sehr direkt, manchmal herablassend und er nahm auch kein Blatt vor den Mund, aber auf eigenartige Weise hatten sie etwas Befreiendes. Seit dem Tod ihrer Großmutter hatte sie nicht mehr so unbefangen reden können. „Wann werden wir ankommen?“, fragte Tenten irgendwann. Das stundenlange Reiten hatte sie merklich ausgelaugt, auch, wenn Deidara ritt. „Da musst du dich noch gedulden, Tenten. Ein, zwei Stündchen vielleicht noch, hm?“, kam es von vorne. Das Mädchen seufzte. Sie hätte nicht fragen sollen, solche Antworten waren zermürbend und sie hatte noch nie großartig viel Geduld besessen. „Wann machen wir denn Pause?“, erkundigte sie dann. „Müde, hm?“, stellte Deidara fest. Tenten konnte förmlich spüren, dass er grinste. „Nein… nein, ich meine natürlich, aber…“, versuchte sie sich rauszureden. Deidara unterbrach sie: „Hey Neji!“ Der Mann, der vor ihnen ritt, drehte kurz den Kopf, was das Zeichen war, dass er zuhörte. Wenn auch widerwillig. Soweit Tenten es innerhalb dieses Tages verstanden hatte, waren ihre beiden Weggefährten zwar so etwas wie Verbündete, aber sie konnten sich auch nicht wirklich gut leiden. Es war keine Freundschaft zwischen ihnen, eher ein Zweckbündnis. „Machen wir bald Pause, hm?“ Neji zuckte mit der Schulter, doch Deidara würde sich niemals mit einer solchen Geste, die alles und nichts bedeuten konnte, zufrieden geben. „Wann – machen – wir – Pause - Neji?!“, wiederholte er. „Später“, bekam er nach einigen Momenten des Schweigens zur Antwort. Deidara grummelte und sie konnte bereits spüren wie er ungeduldig wurde. Längst schien er vergessen zu haben, dass das Ganze ursprünglich ihre Frage gewesen war. „Jetzt sag!“, verlangte er. Noch immer keine Reaktion seitens des Hyuga und Tenten beneidete ihn innerlich für seine Selbstbeherrschung. „Neji!“ Der Schwarzhaarige drehte sich beim Reiten kurz im Sattel und Tenten fiel das leichte Funkeln seiner Augen auf. „Noch fünf Meilen“, sagte er mit einem Unterton, der das Thema damit als beendet erklärte. Dann ritt er schneller. Doch trotz Nejis Versprechen dauerte es noch fast eine Stunde bis sie schließlich Halt machten. Einerseits war Tenten darüber mehr als froh, aber andererseits hatte sie noch nie in ihrem Leben so viel von der Natur gesehen. Sie liebte es, wenn die Blätter im Wind rauschten, wie die Hufe der Pferde auf der Erde Staub aufwirbelten und wie die Sonne durch die Krone der Bäume schien. Sie liebte das Glitzern auf der Wasseroberfläche der Seen und die Berge in der Ferne, dessen Spitzen von Nebel verhüllt waren. Haruka-san hätte das sehen müssen und diese Wunder mit ihr teilen sollen. Aber vielleicht, so tröstete sich Tenten, hatte sie all das auch schon einmal in ihrem Leben gesehen. Schließlich hatte sie ihr nie viel von ihrer eigenen Jugend erzählt. „Mach schon mal ein Lagerfeuer“, wies Neji Deidara an, als er gerade abgesessen hatte. „Pff, wer bin ich denn? Mach’s doch selber!“, gab dieser zurück, sprang von dem Pferd und half anschließend Tenten abzusteigen. Neji schnaubte. „Du machst immer das Feuer“, stellte er mit einem fast herablassenden Ton fest. „Zumindest bin ich mir nicht zu schade mich dreckig zu machen“, konterte der Blonde. Tenten rutschte vom Rücken des Pferdes, hielt sich kurz an ihm fest und fand nach einigen beschwerlichen Versuchen wieder ihren sicheren Stand. Neji sah Deidara indessen kalt an, drehte sich schließlich wortlos um und verschwand im Dickicht des Waldes. „Das nimmt er mir jetzt krumm“, stellte Deidara fest, allerdings schien es ihn überhaupt nicht zu stören. „Ist er… ist er immer so?“ „Das war noch gar nichts“, antwortete der Blonde, „du solltest ihn mal erleben, wenn er schlecht drauf ist.“ Er grinste und auch Tenten lächelte leicht. „Andererseits“, fuhr er dann fort, „würde es jedem anderen wohl genauso gehen, wenn er solch ein Schicksal hätte.“ Sein Blick ging in die Ferne und sie glaubte für einen Moment so etwas wie Mitleid in seinem Gesicht zu lesen. „Los, hilf mir mal Hirsebrei zu machen“, forderte er sie plötzlich auf. Kurz war sie irritiert von dem plötzlichen Themawechsel, aber sie spürte, dass sie hier in Nejis Privatsphäre eingedrungen wären, etwas, das sie nichts anging. Sie nickte schließlich und half ihm ihr Gepäck vom Rücken der Pferde loszumachen. Aus einem der Beutel holte er ein paar Körner und nahm dann Holzschüsseln sowie Wasserschlauch aus einem anderen. Deidara breitete die Sachen auf dem Boden aus, schüttete dann die Körner in eine Schüssel, wo er sie zermahlte. Tenten sah ihm zu und nach einer Weile reichte ihr der Blonde ebenfalls eine Schüssel und sie machte es ihm nach. Als sie fertig waren gab er noch etwas Wasser dazu und rührte kräftig. Es entstand ein klebriger Brei, der zwar nahrhaft, aber nicht wirklich appetitlich wirkte. Tenten hob eine Augenbraue. „Meinst du nicht, man sollte noch etwas würzen?“ „Oh“, entkam es Deidara. Das Mädchen verkniff sich ein Grinsen und griff schließlich nach einem weiteren Beutel, der Salz und Butter enthielt. „Du kochst oft, hm?“, fragte Deidara plötzlich, der sie dabei beobachtete, wie sie mit geschickten Handgriffen alles vermischte und ab und zu abschmeckte. „Ich habe es lernen müssen“, sagte Tenten. Selbst in ihren Ohren hörte es sich ein wenig bitter an. Nach einer Weile legte sie den Kochlöffel beiseite, den sie aus einem weiteren Beutel hatte, verteilte den Brei auf drei Schüsseln und schob dem Blonden seine eigene zu. „Guten Appetit.“ Deidara schnappte sich einen Löffel, stürzte sich dann förmlich auf seine Mahlzeit und hatte sie in weniger als ein paar Minuten aufgegessen. Grinsend reichte er ihr erneut seine Schüssel, die sie nochmals füllte. Doch dann fiel ihr noch etwas ein: „Meinst du nicht, wir sollten auf Neji warten?“ „Der“, mampfte Deidara, „wird schon wieder kommen und wenn nicht-“, brachte er zwischen zwei Bissen hervor, „bleibt mehr für uns.“ Zweifelnd sah sie ihn an und begann dann zögerlich von ihrer Portion zu essen. Nach so einem anstrengenden Tag war das bisschen Essen fast eine Wohltat und Tenten stellte fest wie sie mit jedem Bissen ein wenig lebendiger wurde. Allerdings fühlte sie sich zugleich auch irgendwie schuldig, weil sie ohne Neji aßen und ihn weggeschickt hatten. Tentens Blick wanderte zum Waldrand, der nicht weit von ihrer Lagerstätte entfernt lag. In diesem Moment kam Neji zurück. In den Armen hielt er einen Stapel Holz und er schien sich augenscheinlich wieder vollkommen unter Kontrolle zu haben. Er ließ das Holz zu Boden fallen und stapelte mehrere Äste zu einem kleinen Lagerfeuer, das er mit geübten Handgriffen entzündete. Deidara und Tenten ignorierte er geflissentlich und erst als das Mädchen ihn zögerlich ansprach, sah er sie kurz an. „Hier nimm“, sagte sie und reichte ihm eine Schüssel Hirsebrei. Neji zögerte kurz, griff aber dann nach der Schüssel, was Tenten als eine Art Friedensangebot von ihm deutete. Sie wurde nicht schlau aus ihm. Das Feuer knisterte und sie alle aßen schweigend. Zum ersten Mal seit Tagen fühlte Tenten wie die Anspannung von ihr abfiel, wie endlich wieder etwas Vertrautes zu ihr zurückkehrte. Sie seufzte behaglich und rückte näher zum Feuer. Der Rauch brannte zwar ein bisschen in ihren Augen, aber sie wurde warm, was bei den winterlichen Temperaturen überlebensnotwendig war. „Morgen kommen wir beim Hof an“, sagte Neji in die Stille hinein. Tenten sah auf. „Was für ein Hof?“ „Das siehst du dann.“ Sie schwieg. „Es ist eine Gemeinschaft“, gab Deidara ihr Auskunft. Neji sah ihn wütend an. „Eine Gemeinschaft Ausgestoßener.“ Seine Stimme klang ein bisschen wehleidig. „Genug davon“, unterbrach ihn Neji, „es ist spät.“ „Für dich ist alles zu spät“, konterte Deidara, was Neji beantwortete, indem er ihm seine Decke an den Kopf schmiss. Seufzend nahm Tenten eine der Wolldecken, die Deidara ihr reichte und wollte sich gerade ans Feuer legen, als sie aus den Augenwinkeln Schatten wahrnahm. Verwirrt blinzelte sie, aber wahrscheinlich hatten ihr nur die Flammen einen Streich gespielt. Sie legte sich auf die Seite, schloss die Augen und entspannte ihre Glieder. Ein Wispern im Wind. Stimmen? Das konnte nicht sein. Wieder versuchte sie zu schlafen und als sie kurz blinzelte sah sie, dass auch Deidara schon zu schlafen schien. Nur Neji saß noch immer an der Stelle, wo er Platz genommen hatte und rührte sich nicht. Eine Weile beobachtete sie ihn nur, wie er da saß und in die Flammen starrte. Er wirkte so stark, doch in dem Moment, wo er sich unbeobachtet vorkam wirkte sein Blick verlassen, fast einsam und sie spürte plötzlich einen überwältigenden Drang zu ihm zu gehen, sich neben ihn zu setzen und ihn spüren zu lassen, dass er nicht allein war. Doch sie blieb liegen. Das Feuer tanzte sogar noch hinter ihren Lidern, als sie bereits wieder die Augen geschlossen hatte und immer noch war dieses Bild in ihrem Kopf. Neji, der so allein aussah, und sie, die ihn tatenlos beobachtete. Tenten fühlte sich wie ein Feigling. Eine Flamme loderte hoch und sie schrak aus dem Halbschlaf auf. Dann hörte sie Stimmen. Sie waren laut und nicht weit entfernt. Es waren mehrere. „Verflucht!“, zischte Neji am Feuer und sprang auf. Alarmiert setzte sich Tenten auf, doch der Mann neben ihr schien keine Zeit zu haben ihr Erklärungen abzugeben. „Pack die Sachen!“, fuhr er sie an und trat dann zu Deidara um ihn unsanft zu wecken. „Was ist los, hm?“, murmelte dieser schlaftrunken. Neji sattelte ein Pferd und lud sämtliche Lebensmittel auf. „Sie sind näher, als ich erwartet habe“, erwiderte er schnell, „das Licht ist wie ein Leuchtfeuer für sie, wir hätten vorsichtiger sein müssen!“ „Die Uchihas?“ Tenten lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. „Wie viele sind es?“, wollte Deidara wissen, der sich mittlerweile aufgerappelt hatte. „Sieben“, antwortete Neji. „Damit werden wir fertig“, sagte der Blonde. Neji warf einen Blick zu Tenten. „Nein, es ist ein zu großes Risiko.“ In Windeseile sammelten sie all ihre Habseligkeiten ein und anschließend kletterte Tenten mühevoll auf den Rücken von Deidaras Pferd. Doch der machte keine Anstalten selbst vor ihr aufzusitzen. „Ich halte sie auf“, sagte er. „Nein“, erwiderte Neji scharf, „du bringst sie in Sicherheit.“ „Du hast mir nichts zu befehlen!“, erwiderte Deidara zornig. Die beiden waren dabei sich in einen Streit zu verstricken und bemerkten nicht das, was sie sah. In etwa fünfzig Metern Entfernung erhoben sich Gestalten aus der Dunkelheit. Die Stimmen wurden lauter und mit Entsetzen stellte Tenten fest, dass einer von ihnen auf die Stelle ihres Lagerfeuers deutete und der Rest ihm folgte. Sie überlegte nicht mehr. Tenten sprang ab, schob sich zwischen Deidara und Neji und rief: „Mir ist es egal was wir tun, aber jetzt haben wir keine Zeit das Für und Wieder abzuwägen! Ihr bemerkt nicht, dass sie bereits hier sind!“ Ihre Stimme war bei den letzten beiden Worten immer leiser geworden und als sie schließlich verstummte, warfen sich die beiden Männer einen Blick zu. „Wir können nicht mehr fliehen“, sagte Neji. Er zog sein Schwert. „Lauf weg, wenn sich dir die Gelegenheit ergibt, Tenten“, bat Deidara eindringlich. Doch sie kam nicht mehr dazu etwas zu erwidern, denn hinter ihnen trat jemand in den Feuerschein, den sie nur allzu gut kannte. „So war das“, sagte Shisui Uchiha, „die Explosion war dein Werk, Feuerteufel.“ Der Blonde grinste seinen Gegenüber respektlos an und erwiderte frech: „Ich wusste schon immer, dass die Uchihas Angst vor Feuer haben.“ Shisui sagte nichts. Stattdessen fand sein Blick Neji und sie selbst. Sie schauderte und, dass hinter dem Uchiha seine Verbündeten auftauchten, machte die Sache auch nicht besser. „Und du bist das Mädchen, das sich gegen Sasuke aufgelehnt hat“, fuhr er fort. Tenten zitterte. Dann wanderte sein Blick zu Neji, begegnete seinen Augen und zum ersten Mal wirkte er ein wenig überrascht. „Ein Hyuga? Was habt ihr mit dem Diebstahl des Tsuriai zu tun?“, frage er eine Spur zu scharf. „Ich bin kein Hyuga“, zischte Neji, schnellte dann blitzschnell nach vorn, wirbelte sein Schwert in einem Halbkreis über seinen Kopf und fuhr mit der Klinge über die Kehle eines der Soldaten. Überrumpelt brach er tot zusammen. In diesem Moment begann der Angriff und die verbliebenen Krieger griffen zu ihren Waffen und stürzten sich auf sie. „Ich will nur den Tsuriai!“, tönte Shisuis Stimme über den Lärm, „gebt ihn mir und ich lasse euch am Leben!“ „Wir haben dir nichts zu geben!“, rief Deidara zurück und als Tenten nochmals zu ihm sah, konnte sie sehen wie aus seinen Fingerspitzen Funken traten. Erschrocken taumelte sie ein paar Schritte rückwärts und stieß gegen Nejis Pferd, das ein panisches Wiehern ausstieß. Es war ein Wunder, dass in dem plötzlich ausbrechenden Chaos noch niemand ihrer gewahr geworden war, aber es war auch nicht überraschend, denn nun lag alle Aufmerksamkeit auf dem Blonden. Deidara schien das Feuer in seinen Händen aufzusaugen und formte einen Flammenball. Was für eine Art von Magie war das? Was für ein Teufelszeug! Feuerteufel hatte Shisui gesagt und mit einer verspäteten Eingebung wurde Tenten klar, wie die Explosion im Kerker stattgefunden hatte. Schwerter klirrten aufeinander und voller Angst sah Tenten, wie Neji gleichzeitig gegen drei Gegner kämpfte, die alles andere als faire Mittel gegen ihn einsetzten. Ein Flackern nahm ihr für einen Augenblick die Sicht und dann sah sie wie zwei Soldaten von den Flammen eingehüllt wurden, gepeinigt aufschrien und dann im Todeskampf unkontrolliert zuckten. Noch bevor sie den Boden berührten waren sie zu Asche zerfallen. Über ihnen stand Deidara, der das Feuer tanzen ließ. Ihm gegenüber stand Shisui, der ein bronzenes Schwer gezogen hatte und abwartend um ihn herum schlich. Sie sah wie Deidara sich konzentrierte und ein erneutes Inferno auf einen weiteren Soldaten abfeuerte, doch der tauchte unter dem Flammenstoß weg und der Blonde offenbarte für einen kurzen Moment seine Deckung. Von hinten wurde ein Schwertstreich heran geführt und erwischte den Blonden am Arm, weil er sich zu spät weggedreht hatte. Ein Teil des Feuers erlosch und Deidara fluchte. Gleichzeitig sackte ein weiterer Gegner Nejis zur Erde und als das Mädchen hinschaute sah sie, dass er eine riesige Bauchwunde hatte. Die übrigen Männer wurden jetzt vorsichtiger und umkreisten den geübten Kämpfer langsam. Sie wollte eine Warnung rufen, aber ihr stockte die Stimme. Das Entsetzen, die Angst und ihre Panik ließen sie gelähmt an Ort und Stelle erstarren. Sie merkte nicht, wie hinter ihr eine Hand auftauchte und sich auf ihren Mund presste. Tenten wurde zurückgerissen und erkannte zu spät, dass sie sich selbst ausgeliefert hatte. Sie verfluchte ihre Unachtsamkeit. „Jetzt ist aber mal Schluss!“, schrie der Mann durch das Getöse, „wenn ihr nicht wollt, dass ich sie töte, ergebt euch auf der Stelle!“ Keiner beachtete ihn. Tenten löste sich aus ihrer Starre, versuchte ihm ihren Ellbogen in den Magen zu rammen, aber es misslang. Verzweifelt versuchte sie in seine Hand zu beißen, aber er war zu geübt im Gefangene festhalten und ließ sie sich nicht einen Millimeter rühren. Deidara hatte sich inzwischen wieder aufgerappelt, hielt sich den Arm und zog schließlich ein Kurzschwert, mit dem er sich für seine Verletzung revangierte. Plötzlich sah sie, wie jemand hinter ihn trat. Sie wollte schreien, ihn warnen, aber alles was passierte war, dass sie anfing zu heulen. Shisui hielt Deidara siegessicher das Schwert an den Hals und zischte ihm etwas zu. Tenten sah wie Deidara kurz erbleichte, stillstand und sich zu ergeben schien. Doch dann machte er eine gehässige Bemerkung und von einer Sekunde zur anderen begann die Klinge von Shisuis Schwert zu schmelzen. Wütend wich er zurück, nur um im nächsten Moment wieder mit dem Blonden die Klingen zu kreuzen. Tenten versuchte indessen noch immer sich zu befreien und wurde sich umso mehr ihrer aussichtslosen Lage klar. Neji und Deidara waren stark, aber sie konnten nicht solange so viele Gegner aufhalten und sie gleichzeitig beschützen. Suchend fuhr ihr Blick zu Deidara, der immer noch mit Shisui rang, und dann in die Richtung, wo sie Neji zuletzt gesehen hatte. Doch da war niemand - er war verschwunden! Und dann legte der Mann hinter ihr seine Hand um ihren Hals und drückte ihr die Luft ab. Tenten wurde schwarz vor Augen und ihr Blick glitt blind über das Szenario. Immer noch tränten ihre Augen, doch sie konnte nichts tun, sie war nicht stark genug. Ihr Bewegungen wurden schwächer und die Todesangst kroch in ihre Glieder. Auf einmal wurde der Mann vor ihr zurückgerissen, sie schnappte nach Luft und knallte nach vorn. Dann hörte sie ein Knacken, das sich grausam in ihr Gedächtnis einbrannte. Hinter ihr stand Neji, der den Körper des toten Mannes fallen ließ und sich sofort mit dem nächsten beschäftigte. Der Mann, der sie festgehalten hatte, lag seltsam verrenkt auf dem Boden und später wünschte sie sich, dass sie nicht hingesehen hätte. Sein Kopf schien mit einem Ruck zurückgerissen worden zu sein und dann wurde ihr klar, was geschehen war. Neji hatte ihm das Genick gebrochen. Tenten würgte, kroch hinter einen Felsen und übergab sich dort. „Ihr habt keine Chance“, rief Shisui Deidara zu, der ihm noch immer gegenüber stand. „Du kannst nichts als reden“, erwiderte der Blonde, „die Uchihas waren schon immer arrogant.“ „Du kannst froh sein, dass ich euch gefunden habe und nicht Itachi oder Sasuke.“ „Spiel dich doch nicht als barmherziger Samariter auf“, knurrte Deidara. Nicht weit von ihnen erstarb ein weiterer Schrei und kurz sahen beide zur Seite. Es waren nur noch drei weitere Krieger übrig, die sich ein ungleiches Duell mit dem Hyuga lieferten. Neji wäre ihnen überlegen gewesen, wenn er einzeln gegen sie gekämpft hätte, aber Deidara sah ihm bereits die Erschöpfung an, die die Kraft forderte. Neji war vielleicht stark, aber nicht unbesiegbar. Sie würden ihn durch ihre bloße Überzahl überwältigen… Fluchend sprang Deidara auf, um ihm zu helfen. Im selben Moment hüllten Flammen sein Schwert ein. Zu spät bemerkte er, wie sich ein Lächeln auf Shisuis Gesicht stahl, wie dieser ihm nachsetzte dabei ein Kurzschwert zog und zum Schlag ausholte. Das Feuerschwert durchstieß einem der beiden Soldaten die Bauchdecke, sodass er Blut spuckte und von Schmerzen gepeinigt aufschrie. Aber noch bevor Deidara bei Neji ankam, schrie dieser ihm etwas zu, das er nicht verstand und als er sich umwandte, weiteten sich seine Augen. Das Schwert zerschnitt mit einem Kreischen die Luft, der Hieb war zu schnell, zu kraftvoll und unmöglich abzulenken. Deidara bereitete sich auf den Tod vor. Sekunden verstrichen, dann durchbrach ein stumpfes Geräusch die Stille und als er die Augen wieder aufmachte lag Shisui mit blutendem Kopf am Boden. Über ihm stand Tenten, die einen Holzscheit in der Hand hielt und wie verrückt zitterte. Neji und Deidara starrten sie gleichermaßen überrascht an. ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * Hallo ^-^ ... Ja, ich weiß, dieses Kapitel ist lang. Vielleicht zu lang, aber dafür werden die nächsten kürzer. Ein schwacher Trost - ich weiß - aber besser als nichts. Eigentlich müsste ich das Ganze ein wenig kürzer halten, weil es wohl doch etwas abschreckt so eine hohe Wortzahl zu sehen, aber falls ich früher abgebrochen hätte, hätte der Titel nicht mehr gepasst. Und ich mag den Schluss wo Tenten Shisui - toller Charakter übrigens - mit ganz gewöhnlichen Mitteln lahmlegt. Aber ich bin auch ziemlich unsicher... ständig hatte ich das Gefühl, dass ich Deidara vermassle und als ich die 'Action' geschrieben habe, war ich mir auch mehr als unsicher, aber ich hoffe, dass es zur allgemeinen Zufriedenheit war - und natürlich, dass noch ein paar weitere Leser kommentieren... Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. (Bisher war ich nämlich ein wenig deprimiert...) Wie immer kriegt Sorca auch dieses Kapitel und hiatari den Dank fürs Korrigieren. Desweiteren möchte ich anmerken, dass ich mit dem heutigen Tag ein Jubiläum feiere... Ich schreibe jetzt seit dem 17.07.2007 und ich denke 2 Jahre zu schreiben ist nicht schlecht ^-^. Danke an alle, die mich bislang dabei unterstützt haben. Alles Liebe moony P.S.: Ha! Ihr habt alle gedacht, der Dieb wäre Deidara! Falsch gedacht! *grins* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)