Nasenbluten für Anfänger von Memphis ================================================================================ Kapitel 1: Die Dialektik von Gut und Böse ----------------------------------------- Ich hatte heute die Erkenntnis meines Dasein. Das Leben war einfach Scheiße im Bett. Wie ich darauf kam? Naja, wenn man sich so beschissen fühlte, wenn man vom Leben gefickt wurde, war doch offensichtlich, dass es als Lover nichts taugte. Ich würde gerne etwas zertrümmern, vornehmlich auf dem Kopf meines Sitznachbarn. Er war ein Idiot, eine Flachwichser, eine abartige Plage und er musste nicht einmal etwas dafür tun. Nur existieren. Allein schon wie er ein und ausatmete machte mich schier wahnsinnig, weil das Atmen daran Schuld war, dass er überhaupt lebte. Was machte ein Lebewesen aus? Atmung, Fortpflanzung, Stoffwechsel. Verdammt, das Leben hatte auch keinen Geschmack, sonst hätte sie nicht diesen Witz an Mensch erschaffen, der sich Joachim schimpfte. „Kannst du mal deine bekloppte Klappe halten?“, fuhr ich ihn schließlich an, als er noch immer lautstark mit Bastian über irgendeinen Scheiß laberte und ich deswegen kaum meine eigenen Gedanken verstehen konnte. Es war ja nicht das erste Mal, dass ich ihn darum gebeten hatte, seine Fressluke geschlossen zu halten. Man will es glauben oder nicht, aber es gab Leute, die vor hatten dem Unterricht zu folgen, vor allem, wenn es um die Klausur in der nächsten Woche ging. Wenn ihm seinen Noten egal waren, mir waren meine wichtig. Als Antwort lachte mich dieser Schwachmatt nur aus. Klar, ich war ja nur der Streberdepp, der Angst um seine Noten hatten. Ich war versucht ihm eines mit meinem Physikbuch überzubraten, aber das hätte mir einen Klassenverweis eingebracht und das war es mir definitiv nicht wert. „Dein Hirn muss echt nur aus Scheiße bestehen, oder?“, fragte ich ihn schließlich und ich meinte das ernst. In seinem Kopf konnte nichts sein als gequirlter Mist, soviel Dreck wie der immer laberte. Dafür hatte ich jetzt seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Auf Beleidigungen schlug er immer an. „Hast du ein Problem, oder was?“ Fehlte noch der Türkenslang und man hätte ihn als Türsteher vor eine Disse stellen können. „Das ist doch offensichtlich.“, gab ich kühl zurück. Es war wohl nicht nötig, ihn darauf hinzuweisen, dass er das Problem war. Das würde ihm schon selbst klar werden, hoffte ich für seinen kümmerlichen Verstand. „Sag noch mal so einen Scheiß und deine eigene Mutter würde dich nicht mehr erkennen.“, drohte er mir und ich fand es lächerlich. „Oh, ich zittere.“, ich unterstrich das Gesagte noch mit Gestik und ich wusste, das sich Joachim jetzt komplett verarscht fühlte. Er war immerhin einen halben Kopf kleiner als ich und ich würde fast behaupten, er hatte weniger Muskeln als ich. Was wirklich ein Kunststück für sich war. „Pass bloß auf!“, zischte er mit einem drohenden Unterton und ich lachte nur höhnisch auf. „Sonst was? Piekst du mir in die Brust, bis ich blute?“ Bevor Joachim mich ernsthaft verletzen würde, würde ich von Krokodilen in den Everglades gefressen werden und ich hatte nicht vor jemals nach Amerika zu gehen. Ich hatte immer noch ein höhnsches Grinsen im Gesicht, als mich sein Physikbuch am Kopf traf. Mir kam noch der absurde Gedanken, dass wir dieselbe Idee gehabt hatten, dann schlug ich zurück, mit meiner Faust mitten in seine häßliche Fresse. Vielleicht war ich selbst etwas von mir überrascht, aber auf jeden Fall war es Joachim, der sich seine blutende Nase hielt. Guter Treffer. Ich fühlte eine gewisse Befriedung, als ich sein Blut auf den Physikboden tropfen sah. All zu lange konnte ich mich allerdings nicht daran freuen, da seine Faust in meinem Magen mir die Luft aus der Lunge trieb und die Tränen in die Augen. Was mich wirklich wütend machte! Ich war größer, als dieser Gnom. Ich wurde von einem Schlag von ihm nicht heulen, auch wenn es arschweh tat. Ich packte ihm am Kragen und schubste ihn einfach nach hinten, was allerdings dazu führte, dass er sich mit einem aggressiven Schrei auf mich stürzte und mich zu Boden beförderte, wo er weiter auf mich einschlug, während ich ihm an den Haaren zog und versuchte nach ihm zu treten, um diesen Kerl wieder von mir runter zu kriegen. Er war stärker, als er aussah. Es brauchte zwei seiner Kumpels, um ihn von mir los zu reißen und noch mal zwei Kerle, die mich davon abhielten, mich sofort wieder auf ihn zu stürtzen. Ich fühlte mich wie im Blutrausch, ich wollte einfach weiter auf ihn einschlagen, bis all meine Wut auf ihn verflogen war. Was allerdings eine Weile dauern könnte. Glück für Joachim, dass mich die anderen Typen noch festhielten. Aber erst langsam sickerte bei mir durch, dass ich mich gerade im Physikunterricht mit Joachim geprügelt hatte. Scheiße. Wie um das noch zu unterstreichen, stand auch schon Herr Farris neben mir und ich war plötzlich froh, dass man die Prügelstrafe abgeschafft hatte. Er sah nämlich so aus, als würde er diese Erziehungsmethode jetzt gerne an uns anwenden. So eine Scheiße. „Ihr! Zum Rektor! Sofort!“, presste Herr Farris mit unterdrückter Wut heraus. Eigentlich sollte ich die Prügelei bereuen, aber als ich Joachims blutverschmiertes Gesicht sehen konnte, machte mir nicht einmal mehr meine schmerzende Wange etwas aus. Wenigstens blutete ich nicht! Unser Physiklehrer schickte noch den Klassensprecher unseres naturwissenschaftlichen Zweiges mit, um sicher zu gehen, dass wir uns auf dem Weg nach unten nicht nochmal die Köpfe einschlugen. Weise Entscheidung. Wäre Michael nicht mit dabei, ich hätte Joachim die Treppe runter geschubst. „Ihr beiden habt echt Probleme.“, kam es irgendwann von unserem werten Klassensprecher, der wohl seine Meinung los werden wollte. „Er hat das Problem, nicht ich.“, zischte Joachim und ich musste mehrmals tief durchatmen, um ihn nicht wieder zu schlagen. „Du bist das Problem!“ Ich war sicher der letzte, der irgendwelche Probleme hatte. Immerhin war nicht ich der Typ, der seine Freundin mit einem Kerl betrogen hat und sich auch noch dabei von ihr erwischen ließ. „Was hab ich dir denn getan?! Bist du immer noch sauer, weil ich bei Nadja gelandet bin und du nicht?“ Allein für diesen Satz sollte ich ihm die Nase brechen. Er wusste warum ich so wahnsinnig aggro auf ihn war. Ihm war auch klar, dass ich niemals auf meine beste Freundin Nadja scharf gewesen war, sondern ihn dafür hasste, dass er sie so verarscht hatte. Das dämlichste an dieser ganzen Angelegenheit war ja, dass mir niemand glaubte, dass er sie mit einem Kerl hintergangen hat. Jeder war der feste Überzeugung, ich wäre schlicht und ergreifend eifersüchtig auf ihn, weil er Nadja haben konnte und ich nicht und deswegen würde ich so ein Zeug über Joachim verbreiten. Nicht mal mein Bruder glaubte mir, dass er schwul war, der hielt lieber zu seinem Buddy Buddy Joachim. Wie ich das wieder im Gedanken durchkaute, wurde mir schlecht vor Ärger. Wenn wengistens Nadja was dazu gesagt hätte, aber ihr war das alles einfach nur peinlich und sie war sauer, weil ich überhaupt mit dem Thema angefangen hatte. Irgendwie hatte es Joachim geschafft, mich so darzustellen, als wäre ich das letzte Arschloch und nicht er. „Ach, leck mich doch.“ Gott, war ich frustriert. Nicht mal mehr seine blutende Nase gab mir da noch Genugtung. „Hättest du wohl gerne.“ Er wischte sich mit seinem Handrücken über das Gesicht und wollte wohl damit tough aussehen. Tat er nicht, er sah aus wie ein kleiner, blutender Gnom. „Wovon träumst du nachts?“ Wer wusste schon, bei einem Typ wie ihm, was der sich so für Perversitäten ausmalte. „Gott sei Dank. Wir sind endlich da.“, stieß Michael aus, der richtig erleichtert schien uns bei der Sekretärien abliefern zu können. Es sah fast aus wie ein Flucht, als er Frau Neuborn erklärte hatte, was mit uns Sache war und dann aus dem Zimmer verschwunden war. Er hatte uns nicht einmal mehr angesehen. Die Sekretärin musterte uns dafür über den Rand ihrer Brille mit einem Blick, der klar machte, was sie von uns hielt. Gar nichts. Wir waren Gewürm. Ich hätte niemals erwartet, jemals so einen Blick von ihr abzubekommen. Der war nämlich nur für die ganz üblen Jungs, solche die Drogen einwarfen oder sich auf dem Schulhof prügelten. Verdammt. Es war alles Joachims Schuld! „Joachim, gehen sie ihre Gesicht waschen. So gehen sie nicht zu Herr Plevke.“, meinte sie schließlich und ich spürte eine gewisse Erleichterung, als er endlich aus meiner unmittelbaren Nähe verschwunden war. „Du kannst solange vor dem Rektorat warten.“, wies sie mich an und ich nickte nur. Ich hätte ihre vorwurfsvollen Blicke sowieso nicht länger ausgehalten. Ich verließ ihr kleines Büro wieder und setzte mich auf die Bank im Flur direkt vor dem Büro des Rektors. Im Kopf ratterten schon mögliche Ausreden runter, die ich ihm vortragen konnte. Immerhin hatte Joachim angefangen, anderseits könnte ich ihn eventuell etwas provoziert haben und ich hatte das Gefühl, dass Herr Plevke wenig Verständnis für den eigentlichen Grund meines Grolls hatte. Gott, wenn ich Glück hatte, würde es der Rektor nur bei einem Verweis belassen und mich nicht auch noch suspendieren. Was für ein beschissener Tag. Kapitel 2: Die Unmöglichkeit des Seins -------------------------------------- Und der Tag war leider noch nicht vorbei. Zuhause erwartete mich mein Bruder, der alles andere als begeistert war, dass ich mich mit einem seiner Kumpels in der Schule geprügelt hatte. Er war sogar noch unleidlicher, als meine Mutter, die nicht fassen konnte, dass einer ihrer Söhne auf so obszöne Dinge wie Gewalt zur Konfliktlösung zurück griff. Mein Vater war zum Glück nur fassungslos schockiert und beließ es bei der Bezeichnung „Eine Schande für die Familie“. Wenn ich denn wenigstens die Gelegenheit gehabt hätte, ihnen die Situation aus meiner Sicht zu erzählen, aber das hatte schon Herr Plevke für mich übernommen und irgendwie war ich da nicht so gut weggekommen. Lag vermutlich auch an dem Verweis, den ich bekommen hatte. Das einzige was mich ein bisschen freute, war das Joachim suspendiert wurde, weil er sich in letzter Zeit zuviel rausgenommen hatte. Die Suspendierung hat meinen Bruder allerdings noch pissiger gemacht. Eigentlich taten wieder alle so, als wäre ich Schuld. Normalerweise sollte doch meine Familie hinter mir stehen und über diesen Dreckskerl schimpfen und ihm Hausverbot geben. Aber er war anscheinend das Opfer, weil er Nasenbluten hatte und ich ihm angeblich immer noch die Sache mit Nadja nachtrug. Natürlich, es war ganz offensichtlich mein Fehler, dass er sie mit einem Kerl betrogen hat. Es lag auch selbstverständlich an mir, dass mir das niemand glaubte. Vielleicht würde es Joachim auch noch hinkriegen, mir den zweiten Weltkrieg in die Schuhe zu schieben. Ich sah es schon kommen, ich vor dem Kriegsgericht, verurteilt wegen Völkermord. Wahrscheinlich hätte ich mir eine Zeitmaschine gebaut, um das hinzukriegen, und ich wollte das machen, weil Joachims Oma aus Jugoslawien stammte oder was weiß ich. Nach dem mein Mittagessen von Vorwürfen bezüglich meiner verdorbenen Person begleitet wurde, hatte ich mich mit einem Kühlbeutel bewaffent in mein Zimmer verbarrikadiert. Wenigstens betäubte die Kühlung den Schmerz in meiner Wange ein bisschen und ich hatte sogar das Gefühl, die Schwellung würde auch ein wenig nachlassen. Konnte aber Einbildung sein. So gesehen war das gerade das beste Gefühl des Tages. Ich musste kurz an dem Witz denken, bei dem ein Mann immer wieder seinen Kopf gegen den Türrahmen schlägt und auf die Frage hin, warum er das denn mache, antwortet er, dass es so schön wäre, wenn der Schmerz nachlässt. Dieser bekloppte Witz schien meinen ganzen Tag zu beschreiben. Ich hätte im Moment wirklich allen Grund mich im Sumpf des Selbstmitleid zu ersäufen, stattdessen schaltete ich meine X-Box 360 ein, um Castle Crasher zu spielen. Währenddessen puhlte ich nebenher meine Socken von den Füßen und warf mein T-Shirt in die Ecke, das war sowieso total verschwitzt und klebrig und ich war froh, es nicht mehr anhaben zu müssen. Die bunten Farben des Spiels und das unterhaltsame Niedermoshen von niedlichen Gegnermassen besänftigte mich dann auch etwas. Im jeden Fall war es gerade genau das richtige Spiel für mich. Ich machte nur eine kleine Pause, als ich langsam echt richtig Durst bekam. Scheiß Wetter, es war wirklich viel zu heiß, um es irgendwie angenehm zu finden. Ich schaute mich kurz im Zimmer um, in der Hoffnung, dass ich dort noch was stehen hatte und entdeckte zum Glück eine halbevolle Flasche Sprudel auf dem Schreibtisch. Allerdings war der Schreibtisch drei, sehr anstrengende Schritte von meiner Couch entfernt. Mir rann schon der Schweiß bei dem Gedanken mich da jetzt hinzuhieven. Aber der Durst siegte über meine Faulheit und ich erhob mich ächzend. Dabei bemerkte ich, dass meine Hose anscheinend Blut von diesem Depp abbekommen hat. Wetten daran war auch wieder ich Schuld? Als könnte man nicht aufpassen, wohin man blutete. Missgelaunt zog ich mir die Hose von den Beinen, als plötzlich meine Zimmertüre aufgerissen wurde. „Besuch für dich!“, raunzte mein Bruder unbeeindruckt von der peinlichen Situation, und verschwand dann wieder, ließ meinen Besucher einfach stehen, wer auch immer das war. Jeah, perfekt! Die Hose in meinen Kniekehlen und dieser völlig ertappte Gesichtsausdruck! Ich blamierte mich gerade vor einem Typ, den ich nicht mal kannte. Ich zog hastig meine Hose wieder hoch und knöpfte sie mit einem roten Gesicht zu. Der Tag heute gehörte erschossen. „Du bist also Thomas?“, wurde ich gefragt und ich wurde das Gefühl nicht los, dass es im Moment nicht gut war, Thomas zu sein. „Ich denke schon...“, antwortete ich irritiert. Vielleicht lag ja eine Verwechslung vor. Ich wusste nämlich nicht, was ich diesem Typ da getan haben sollte, dass er mich so giftig anstarrte. Oder war heute einfach der „Alle hassen Thomas“-Tag? Würde zumindest passen, da ich von dem Kerl plötzlich gegen den Schrank gedonnert wurde und ich mir sicher war, dass da jetzt noch ein paar mehr blaue Flecken dazu kommen würden. „Hey, was soll das?“, fragte ich schließlich erbost. Der konnte doch nicht einfach in mein Haus kommen, sich nicht vorstellen und mich einfach schubsen! Das ganze war völlig absurd und ich sah nicht ein, diese Situation ernst zu nehmen. Ich versuchte mich dem Typ zu entwinden, da er mich immer noch gegen den Schrank gepresst hielt. Das war echt nicht angenehm. „Du hast Achim blutig geschlagen!“ Bei dem Satz wurde ich noch mal gegen den Schrank gedonnert und ich fragte mich, womit ich das eigentlich verdient hatte. „Schickt er jetzt schon seine Freune vorbei, weil er alleine keine Chance gegen mich hat, oder was?“ Eigentlich wäre es schlauer in manchen Momenten die Klappe zu halten, aber irgendwie schien ich heute dafür kein Talent zu haben. „Du hälst dich wohl für besonders stark! Oder findest du es einfach geil, auf Kleinere los zu gehen?“, sagte mir der Typ, der sicher einen halben Kopf größer war als ich und mich immer noch an den Schrank gedrückt hielt. Allerdings nicht fest genug, da ich Platz genug hatte, zu einem Schlag in den Magen auszuholen. Ich hörte wie er schmerzerfüllte stöhnte und dann in sich zusammen sackte. Mit dem Schlag hatte ich meinen Bruder immer niederstrecken können und ich hatte gedacht, dass mir die Raufereien mit ihm nichts als blaue Flecke eingebracht hatten. So konnte man sich irren. Ich setzte mich neben das Häufchen Elend, dass sich gerade noch auf meinem Boden wand und rieb mir die Stelle, an der sich dieser bekloppte Türknauf des Schranks in meinen Rücken reingebohrt hatte. „Was sollte der Scheiß?“, fragte ich schließlich, als der Kerl sich langsam wieder rühren konnte. Der hielt ja echt nicht viel aus, selbst Joachim hatte mehr einstecken können. Er schaute schmerzerfüllt zu mir hoch und mein Mitleid hielt sich in Grenzen. Der hatte das doch echt darauf angelegt. „Was ist denn bei euch los?“, hörte ich meine Mutter hoch rufen. Unser Haus war einfach zu hellhörig. „Nichts, mir ist was runtergefallen!“, rief ich zurück. Es gäbe Zeter und Mordio, wenn sie wüsste, dass ich schon wieder sowas wie eine Prügelei hatte. Auch wenn ich diesmal wirklich rein gar nichts dafür konnte. Eigentlich war das ja die Schuld von meinem Bruder, dass er diesen Verrückten überhaupt erst in mein Zimmer gelassen hat. Vielleicht hatte er das ja mit Absicht gemacht, wenn der Typ wirklich ein Freund von Joachim war, musste er ihn ja kennen. So pissig, wie mein Bruder heute war, würde ich ihm das ja fast zu trauen. „Also, was willst du hier?“, fragte ich noch mal, da mir der Kerl noch nicht geantwortet hatte, sondern sich den Bauch hielt. „Achim wurde wegen dir suspendiert.“, kam es dann endlich von ihm und ich seufzte. Ja, schiebt alles auf mich. Aber schon komisch, dass er suspendiert wurde und ich nur einen Verweis bekommen hatte. „Ich weiß ja nicht, was man dir erzählt hat, aber er war da nicht gerade unschuldig, was die Suspendierung anging.“, meinte ich in einem neutralen Tonfall. Ich brauchte den Typ nicht nochmal provozieren, ich hatte nämlich definitiv keine Lust heute nochmal eine körperliche Attacke über mich ergehen zu lassen. „Aber du warst derjenige, der als erstes zu geschlagen hat!“,wurde mir vorgeworfen und ich schüttelte einfach nur den Kopf. So hatte es Joachim also hingedreht? „Hat er das also gesagt?“, fragte ich resigniert. Ich wusste nicht, ob es viel bringen würde, wenn ich sagte, dass das so nicht stimmte. Ich war noch soweit bereit zu zugeben, dass ich ihn eventuell verbal etwas gereizt hatte, aber ich war definitiv niemand, der aus Eigeninitiative eine Schlägerei anfangen würde. „Hat er dir denn auch gesagt, warum ich das gemacht haben soll?“ Jetzt war ich neugierig, was sich Joachim da zurecht gelegt hatte. „Du kannst ihn nicht leiden. Du machst ihm doch schon länger Stress.“, teilte man mir mit und es war wirklich mal interessant, mich aus der Sicht von Joachim zu hören. Das klingt fast so, als wäre ich jemand der begeistert andere Leute mobbt... Echt geil. Ich schüttelte nur angepisst den Kopf. Ich hatte keinen Bock mehr, mir nochmal anhören zu müssen, dass ich der Flachwichser war! „Willst du wissen, warum ich ihn nicht leiden kann? Weil er ein verlogenes Arschloch ist! Ich mein, er hat seine Freundin mit einem Kerl betrogen! Und niemand glaubt mir das, alle tun so, als wäre ich der eifersüchtige Spinner, weil Joachim ja niemals eine dreckige Schwuchtel sein könnte! Selbst mein Bruder tut so, als wäre ich einfach ein Vollidiot und ehrlich, das kotzt mich nur noch an. Ich brauch mir nicht auch noch anhören, dass ich derjenige bin, der ihn dann noch verprügelt!“ Ich schüttelte nochmals den Kopf und stand dann frustriert auf. Ich beschloss, dass ich mir wieder etwas überziehen sollte, außerdem hatte ich keine Lust weiterhin sitzen zu bleiben und mich anstarren zu lassen, als wäre ich verrückt. Ich öffnete meinen Schrank und kramte nach einem Shirt, das bei dem Wetter doch einigermaßen erträglich war und zog es mir über. Als ich mich umdrehte, lag der Typ immer noch am Boden und hatte sich nicht gerührt. Was mich dann doch etwas irritierte. Ich ging in die Hocke und tippte ihn auf die Schulter. Ich mein, so hart hatte ich dann doch nicht zugeschlagen, dass er sich jetzt gar nicht mehr rührte, oder? „Wie hieß die Freundin?“, fragte er dann mit einer erstickten Stimme. Was war das denn für eine blöde Frage? Ich runzelte die Stirn. „Nadja? Du solltest doch wissen, wie die Ex von deinem Kumpel heißt, die waren immerhin fast drei Monate zusammen!“ Ich schüttelte den Kopf, ich konnte mir nicht vorstellen, das irgendeiner seiner Freunde nicht ihren Namen kannte, immerhin hatte er sie jedem ziemlich stolz vorgeführt. Arschloch... „Wann war das? Wann haben die sich getrennt?“ Der Typ schaute zu mir hoch und sah diesmal wirklich verletzt aus. Was war denn mit dem los? Der heulte mir aber nicht gleich los, oder? „Keine Ahnung, vor drei, vier Wochen, denk ich.“ Ich zuckte mit den Schultern und fragte mich, was das eigentlich sollte. Ich beobachtete misstrauisch, wie sich der Typ langsam aufrappelte und dann gegen mein Bett gelehnt sitzen blieb. „Scheiße... Stimmt das wirklich?“, vergewisserte er sich nochmal. Ich verdrehte nur die Augen. Natürlich, ich dachte mir solche Geschichten aus, um mir mein Leben künstlich schwer zu machen! „Was hätte ich davon, dich anzulügen? Ich kenn dich nicht mal.“ Ich weiß nicht, was ich als Reaktion erwartet hatte, aber auf jeden Fall nicht das. Anstatt irgendwas zu sagen, holte er einfach sein Handy aus seiner Hosentasche und tippte darauf rum. Ich hatte kurz den unsinnigen Gedanken, dass er vielleicht damit eine Bombe aktiviert, die mich wegsprengen sollte und dachte mir, dass ich vielleicht doch ein bisschen viel Zeit mit Zocken verbrachte. „Was machst du da?“, fragte ich schließlich. Die Bombe ware es ja offensichtlich nicht. „Ich mach mit dem verlogenen Arschloch Schluss.“, hörte ich ihn undeutlich murmeln. „Per SMS?“, war das Einzige, was mir spontan einfiel. Wie, er machte mit dem verlogenen Arschloch Schluss? Meinte er damit Joachim, der Typ da machte mit Joachim Schluss? Das war der verdammte Kerl, mit dem Joachim Nadja betrogen hatte?! Es gab ihn also wirklich! Am liebsten hätte ich ihn gepackt und zu meinem Bruder geschleift, um ihm zu beweisen, dass ich kein verrückter Spinner war, der sich irgendwelche homosexuellen Beziehungen zwischen seinen Kumpels ausdachte. Ich sah noch, wie der Kerl kurz nickte und aufstand, um zu gehen. Der konnte doch jetzt nicht einfach gehen! Außerdem war er mir was schuldig, bis vor ein paar Minuten wollte er mich noch verprügeln. „Hey, warte mal.“ Ich packte ihm am Arm, weil er offensichtlich nicht warten wollte. „Du bist wirklich der Kerl, mit dem Joachim was hatte?“ Hm, vielleicht war die Frage doch etwas unsensibel formuliert. In jedem Fall schaute er mich etwas gekränkt an. „Lass mich los.“, meinte er schließlich kühl und ich wollte diesem Wunsch nicht mal widerwillig nachgeben. Immerhin bot sich mir so eine Chance kein zweites Mal. Aber ich konnte ihn auch schlecht hier festhalten, also ließ ich seinen Arm notgedrungen wieder los. Ich beschloss aber, dass ich ihn noch nach unten begleiten würde. Vielleicht kam mir noch eine geniale Idee, wie ich noch was gutes aus dieser Sache rausziehen konnte. Auf den Weg nach unten, kam uns dann – zu meinem Glück? - mein Bruder mit einem Sandwich in der Hand entgegen. „Hey, wie kannst du eigentlich noch mit so einem Freak befreundet sein?“, fragte er ziemlich unvermittelt den Typ und ich musste den Impuls unterdrücken, meinen Bruder einfach die Treppe runterzuschubsen. Er konnte manchmal echt ein Arschloch sein. Der Kerl schaute allerdings nur etwas irritiert. Immerhin waren wir nicht befreundet, ich wusste ja noch nicht mal wie er hieß. Mein Bruder beugte sich etwas zu ihm, so als würde er ihm ein Geheimnis anvertrauen wollen. „Pass besser auf, sonst erzählt er über dich auch noch komsiche Geschichten, wie er es bei meinem Kumpel gemacht hat.“ Woah, heute trieb es mein Bruder wirklich zu weit. Ich setzte gerade zu einer Erwiderung an, als mir der Typ zuvor kam. „Was für komische Geschichten denn?“, fragte er neugierig. Es schien fast so, als hätte er was vor. Mein Bruder grinste aber nur breit. Er schien sich zu freuen, dass er mir nochmal was reinwürgen konnte wegen heute. „Er hat behauptet mein Kumpel wäre schwul, total krass, oder?“ Er schüttelte ungläubig den Kopf, um noch zu unterstreichen für wie schwachsinnig er mich hielt. „Du meinst aber nicht zufällig Joachim?“ Der Typ hatte ein gemeines Funkeln in den Augen. Ich war mir aber nicht sicher, wie ich das deuten sollte. „Also hast du davon gehört?“ Mein Bruder wirkte kurz etwas verunsichert. „Ich bin Paul, der Typ, mit dem er was hatte. Hat er etwa nie etwas von mir erzählt?“, fragte er gespielt pikiert, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass da eine gewisse Verbitterung mitschwang. Also hatte Joachim bei ihm nie mit offnen Karten gespielt? Wunderte mich allerdings nicht allzu sehr. Mein Bruder schüttelte nur den Kopf. „Ihr spinnt doch total. Hast du jetzt schon deine kleinen Freunde dazu überredet, Schwuchtel für dich zu spielen?“ Diesmal wandte sich mein Bruder wieder an mich und Paul durfte die geballte Ignoranz von Joachism Freundeskreis, zu dem mein Bruder nun auch mal gehörte, kennen lernen. Selbst wenn man ihnen die Wahrheit auf dem silbernen Tablett präsentierte, interessierten die sich nicht dafür. Was hatte ich auch eigentlich erwartet? Paul starrte mich irritiert an. Er schien sich zu fragen, ob mein Bruder das ernst meinte. Tja... da konnte man wohl nichts machen. Wenigstens war ich jetzt nicht mehr der einzige, vermeintliche Spinner. „Mit euch kann doch echt was nicht stimmen, dass ihr euch so einen Scheiß aus denkt, oder?“ Wir wurden noch angeschaut, als wären wir niederes Gewürm, dann verschwand mein Bruder einfach in seinem Zimmer. Paul schaute ihm noch ungläubig nach und dann wieder zu mir. „Das ist nicht sein Ernst, oder?“, fragte er schließlich. Ich presste die Lippen zusammen und zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Ich hab es dir doch gesagt...“ Kapitel 3: Erweiterter Horizont der Menschenwelt ------------------------------------------------ „Nee, is nicht wahr, oder?“, fragte mich Kathi und ihre Anerkennung schien förmlich durch die Telefonleitung zu kriechen. „Du hast ihm echt die Nase blutig gehauen?“ Ich fühlte mich irgendwie männlicher, als sie das sagte, kam mir aber gleichzeitig etwas albern dabei vor. „Er hat das provoziert! Immerhin hat er mich mit dem Physikbuch geschlagen!“ Ich wusste, dass ich mich vor Kathi nicht rechtfertigen musste, sie war einer der wenigen Leute, die mir die Sache mit Joachim glaubte. Sie war ja schließlich auch dabei gewesen, als Nadja uns die Geschichte mit Joachim und Paul erzählt hatte. Kathi war allerdings mächtig sauer auf Nadja, als sie damals nicht Partei für uns ergreifen wollte, um unsere Geschichte zu bestätigen. Seit dem hatten sich die beiden leider etwas in den Haaren. Ich konnte Nadja ja irgendwo verstehen, ich glaube, für mich wäre es auch hart, wenn mir sowas passiert wäre. Aber Kathi war nicht so schnell mit dem Verzeihen und sie hatte auch mehr mit bekommen, wie gerade mein Bruder mich wegen der ganzen Sache heftig schnitt. „Aber was ich dir noch gar nicht erzählt hab... Rate mal, wer vorhin bei mir war! Darauf kommst du nie!“ Wie sollte sie auch, nicht mal ich wäre auf die Idee gekommen, dass Joachims Exlover bei mir auftauchen würde. „Keine Ahung, Joachim?“, fragte Kathi, die nicht so sehr für Ratespielchen zu begeistern war. „Nahe dran! Der Typ, mit dem er was hatte!“ Ha, da hatte ich sie, dass Tratschthema schlecht hin. Nachdem Paul gegangen ist und ich mir eine Hose angezogen hatte ohne ekliges Joachim-Blut, hatte ich gleich Kathi angerufen, um ihr davon zu erzählen. Aber sie wollte erst allles über meine heroische Prügelei mit dem Drachen Jo wissen. Frauen... „Du machst Witze?“, fragte sie ehrlich überrascht. „Wenn ich Witze machen würde, dann klänge das so...“, setzte ich an, als Kathi genervt seufzte. Sie wollte unbedingt mehr wissen und sie hasste es, wenn ich sowas hinauszögerte. Ich grinste breit, es machte manchmal wirklich Spass, Kathi zu ärgern. „Er heißt Paul und er stand heute plötzlich in meinem Zimmer!“, warf ich ihr schließlich den Brocken Information hin. „Wie er stand in deinem Zimmer? Einfach so? Was hat er denn gemacht? Wollte er was von dir?“, überschwemmte sich mit Fragen. Die letzte Frage klang etwas anzüglich und ich wusste, dass da ihre Begeisterung für Schwule sprach. Sie mochte Joachim nicht, weil er ein Arschloch war, aber Schwule fand sie in der Regel ganz toll und aufregend. Vor allem, seit ich mich vor ihr und meinen zwei anderen Freundinnen geoutet hatte. „Er wollte mich erstmal verprügeln, weil ich seinen armen, armen Joachim blutig geschlagen hab. Aber das stärkste kommt ja noch!“ „Wie, er wollte dich verprügeln? Das scheint ja gerade ganz hoch im Kurs zu stehen...“, plapperte sie dazwischen und jetzt war ich etwas ungeduldig. „Darum geht es jetzt doch gar nicht! Er hat mich auch nicht verprügelt, eigentlich hab ich ihn niedergestreckt. Jedenfalls, der wusste gar nichts von Nadja! Joachim hat ihn genauso verarscht, wie sie. Ist das nicht übel?“ Also ich klang viel zu begeistert über die Information, als das da wirklich echtes Mitgefühl rüber kam. Gut, mir tat Paul wirklich Leid. Es musste wirklich beschissen sein, so hintergangen zu werden und es auch noch so zu erfahren. Ich hoffte, ich würde so eine Erfahrung nie machen müssen... „Krass. Und wie hat er reagiert?“ „Er hat per SMS Schluss gemacht.“ Ich grinste bei dem Satz. Was besseres hatte Joachim auch gar nicht verdient! „Geil!“ Kathi schien meine Begeisterung zu teilen. „Fand ich auch. Boah, aber wir sind noch in meinem Bruder reingelaufen. Der kann ja so ein Vollpfosten sein, das glaubst du nicht!“, regte ich mich auf. Die Sache mit Paul wäre ja super toll gewesen, wenn mein Bruder nicht so bekloppt wäre. „Du, deinem Bruder trau ich ne ganze Menge zu, wenn es darum geht, sich bescheuert zu benehmen.“, schnaubte Kathi. Wie gesagt, sie war sehr nachtragend und wenn man irgendjemand fies zu ihren Freunden war, verzeihte sie das niemand. Ich seufzte, bei meinem Bruder hatte sie allerdings recht. „Jedenfalls ist er uns entgegen gekommen, als Paul gerade gehen wollte. Und der war wirklich so kackedreist und meinte zu Paul, er solle sich von so nem Freak wie mir fern halten, sonst würde ich ihm auch Schwulengeschichten andichten. Wenn der wüsste, Gott, so ein Vollidiot. Paul hat ihn dann aber direkt ins Gesicht gesagt, dass er mit dem Joachim zusammen war und weißt du was mein Bruder macht? Er meinte, er fände es total armselig, dass ich jetzt schon meine Freunde zwinge sich für meine Lügengeschichten als Schwuchteln auszugeben. Der wollte das dem Paul einfach nicht glauben, so krass!“ „Ich sag doch, dein Bruder ist ein totaler Vollhonk.“, Kathi seufzte und schien damit ihr Mitleid bezüglich meiner Verwandtschaft aussprechen zu wollen. „Aber sag mal, wie sieht Paul denn so aus, das würde mich jetzt voll interessieren. Also... weiß nicht. Ist er Älter? Weil Nadja konnte uns ja nicht sehr viel über ihn erzählen und so...“ „Kathi...“ Ich verdrehte die Augen. Würden wir jetzt chatten hätte ich vermutlich „drop“ geschrieben, aber das kam gesprochen nicht so gut. „Ach, komm schon!“ „Na gut, okay... Also er ist größer als ich, normal gebaut. Also jetzt nich so total schlank, aber auch nicht muskulös, oder so. Dann... hm. Er hat so n komisches verwaschenes Blond und so halblange Haare. Hm, und ich denk mal, er ist älter als ich. Also er sah irgendwie älter aus. Eventuell studiert der schon, oder so.“ „Und? Stehst du auf ihn?“ Ich konnte ihr Grinsen förmlich sehen und ich verdrehte die Augen. Kathi und Nicole hofften ja, dass ich möglichst bald einen Kerl abschleppte. Sie fanden es total furchtbar, dass ich immer noch Jungfrau und ungeküsst war. Anscheinend war es ihnen ziemlich egal, wer derjenige war. Ich seufzte. Kathi wusste was das hieß, sie würde auf die Frage keine Antwort kriegen. „Gut, okay, sieht er denn gut aus?“, bohrte sie trotzdem etwas weiter. „Weiß nicht, ich denk, ganz passabel. Durchschnitt halt.“ Ich zuckte mit den Schultern, auch wenn sie das nicht sehen konnte. Ich hatte nicht so sehr auf sein Aussehen geachtet, ich war zu beschäftigt damit, mich nicht von ihm verprügeln zu lassen und ihm unangenehme Wahrheiten über sein Leben aufzutischen. „So, so.“, kam es anzüglich von ihr. „Du bist manchmal echt furchtbar, Kathi!“, gab ich etwas empört zurück. „Ich weiß, ich weiß! Aber ich will doch nur dein Bestes!“ „Und du weißt natürlich, was das ist.“, meinte ich etwas sarkastisch. „Klar, morgen ein riesiger Becher Eis im Cortina mit extra Sahne, na?“ Ich lachte, Kathi war schon ein ganz besonderes Kaliber Frau. Ich war froh, dass ich sie als Freundin hatte und mit ihr über sowas reden konnte. Ich wüsste nicht, was ich ohne sie und Nicole machen würde. Vermutlich als einsamer Strebertropf immer nur im meinem Zimmer rumhängen und die Leute um ihre Freunde beneiden. Das klang fürchterlich... „Wird da dein Falco-Schatzi nicht eifersüchtig?“ Ich zog Kathi gerne mit ihrem Freund auf, der auf eine sehr trollige Art und Weise irgendwie Beschützerinstinkte für sie hegte. Auch wenn ich der Meinung war, dass Kathi eher auf ihn aufpasste, als andersrum. „Nein, Falco-Schatzi weiß, dass es keinen Grund dafür gibt.“ Pärchen... Na gut, ich war selber Schuld, ich hatte dieses Thema angeschnitten. „Da kann man nur neidisch werden.“ Ich seufzte. Eigentlich war es mir relativ egal, ob ich eine Beziehung hatte oder nicht, aber ich hatte das Gefühl, dass Kathi viel Bestärkung in ihre Beziehung brauchte und durch so kleine Sätze, wie die hier, schien das tatsächlich zu funktionieren. „Dann such dir doch auch jemand. Du bist doch so ein lieber Kerl! Du müsstest doch ohne Probleme jemand finden!“ In solchen Momenten klang sie immer wie eine etwas skurrile, homophile Mutter. „Pass auf, gleich rutsch ich auf der Schleimspur aus.“ Ich lachte, aber ich hatte so meine Zweifel, dass mich die Leute zur Zeit als lieben Kerl empfanden. Die meisten aus meiner Stufe hielten mich für den Idiot, der Nadja nachtrauerte und Stress mit Joachim suchte. Die Prügelei heute hatte das nicht besser gemacht. Ich seufzte. „Ach, Tommy...“ Ich merkte, wie sie ansetzte noch mal etwas zu sagen, dann aber von irgend jemand unterbrochen wurde. „Du, meine Mutter ruft mich, es gibt Abendessen. Wir sehen uns ja morgen in der Schule.“ „Hrm, okay. Ciao!“, verabschiedete ich mich knapp. „Tschüssi!“, dann hatte sie aufgelegt. Ich legte das schnurlose Telefon bei Seite und schaute auf meinen Fernseher, dort pausierte immer noch Castle Crasher und ich entschloss mich, damit noch eine Weile Zeit tot zu schlagen, bis ich schlafen ging. Heute war soviel passiert, dass mir allein bei dem Gedanken daran der Kopf sirrte. Paul war nach dem nutzlosen Gespräch mit meinem Bruder einfach gegangen. Er hatte nur noch gemeint, dass er es nicht fassen konnte, dass es solche ignorante Leute gab und mich für so einen Bruder bemitleidet, dann war er weg gewesen. Ich musste sagen, ich konnte mir schwer vorstellen, dass ich ihn noch mal sehen würde. Wir waren auch nicht unbedingt an einem günstigen Zeitpunkt aufeinander getroffen und vermutlich würde ich für ihn immer einen negativen Beigeschmack haben. Immerhin war ich der Typ, der ihm erklärt hat, dass sein Lover ihn von vorne bis hinten verarscht hatte. Ich würde so eine Person auch nicht mehr sehen wollen. Kurz dachte ich daran, wie er mich gegen den Schrank gedrückt hatte. In dem Moment war ich nachvollziehbarerweise ziemlich angepisst gewesen, aber so im Nachhinein... Hätte ich anders reagiert, wenn ich gewusst hätte, dass Paul auch auf Kerle stand? Je länger ich darüber nach dachte, desto sicherer war ich mir, dass ich mich haargenau gleich verhalten hatte. Egal ob Hete oder schwul, so verhielt man sich eigentlich nicht. Komischer Kerl... --------- Ich entschuldige mich für Rechtschreibfehler und die komische Grammatik und dafür, dass ich zur Zeit nur noch in der Nacht schreibe, kurz bevor mir die Augen zu fallen. Irgendwann wird es wieder besser. Übrigens, schaut mal bei s FFs vorbei, sie schreibt sehr unterhaltsam und hätte definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient. Kapitel 4: Vermögen und Unvermögen eines Teigbällchen ----------------------------------------------------- Heute war wieder unser Abend. Meine Eltern gingen einmal im Monat Abends aus und mein Bruder war am Wochenende sowieso immer auf Achse und pennte bei Kumpels. Das war immer die perfekte Gelegenheit bei mir daheim mit meinen Mädels gemütlich rumzuhängen. Für heute hatten wir ja beschlossen, dass wir uns mal gemeinsam was kochen würden. Irgendwas asiastisches an dem wir sehr wahrscheinlich irgendwo auf der Hälfte scheitern würden. Aber es ging ja auch um den Spass und ich konnte mich einfach etwas gehen lassten und musste nicht darüber nachdenken, was meine Eltern von mir dachten. Ich hatte ja manchmal das Gefühl, als müsste ich in meiner Familie mit meinen Verhalten zurückhalten, sonst würden sie mich nicht mehr für voll nehmen. Vielleicht lag es auch daran, dass ich vor meiner Familie noch nicht geoutet war. Es war nicht so, als hätte ich da so ein großes Problem damit, aber ich fand, es war erst sinnvoll, wenn ich einen Freund hatte. Ich hatte ja irgendwie das Gefühl, dass sie das vorher überhaupt nicht ernstnehmen würden und was von einer Phase oder noch nicht das richtige Mädchen kennen gelernt reden würden. Ich war mir sogar ziemlich sicher, dass sie so reagieren würden. Also zumindest meine Eltern, was mein Bruder machen würde, wollte ich mir lieber gar nicht vorstellen, so homophob wie der manchmal war. Als es klingelte, tänzelte ich schon mit einer Schürze auf der „Kiss the cook“ stand zur Türe und empfing Nicole und Kathi mit einer warmen Umarmung. Die beiden hatten die Zutaten eingekauft, ich hatte drei einfach aussehende Rezepte aus dem Internet rausgesucht und jetzt konnte eigentlich nichts mehr schief laufen. Auf den Tag hatte ich mich schon die ganze Woche gefreut, war aber nach dieser Woche auch verständlich. Man prügelt sich immerhin nicht alle Tage in der Schule und wurde von komischen Exfreunden anderer Leute besucht. Wir schafften es sogar die Küche innerhalb von zehn Minuten in absolutes Chaos zu stürzten. Nicole und ich konnten ja eigentlich ganz gut kochen, aber ich glaube, bei uns trat das Sprichwort „Viele Köche verderben den Brei“ in Kraft und Kathi, die immer wieder etwas verwirrt, die Rezepte falsch vorlas, weil sie ständig in der Zeile verrutschte, war nicht super zuträglich. Aber bis jetzt hatten wir noch jedes Essen so hingekriegt, dass man es zumindest mit einer gewissen Begeisterung essen konnten. Ich schaute etwas kritisch auf den Teig für die Chinesischen Teigtaschen und war mir nicht sicher, ob wir nicht vielleicht besser fertigen Nudelteig gekauft hätten. Allerdings würde dann das ganze weit weniger Spass machen und darum ging es ja eigentlich. Ich schielte kurz zu Kathi rüber, die begeistert das eingelegte Tofu klein schnitt, wobei massakrieren es eigentlich besser beschreiben würde. Da Nicole Vegetarierin war, hatten wir uns darauf geeinigt, die Wok-Pfanne statt mit Fleisch mit Tofu zu machen, dafür hatten aber die chinesischen Teigtaschen eine Fleischfüllung und Herbstsrollen hatten ja sowieso eine Gemüsefüllung. Fand ich also einen fairen Kompromis. Ich war gerade dabei meine Teigtaschen formschön zu zudrücken, als es an der Haustüre klingelte. „Ich mach mal schnell die Tür auf!“, damit verschwand ich aus der Küche. Ich fragte mich nur, wer das war. Hatten vielleicht meine Eltern was vergessen? Weil eigentlich hatte sich für heute keinen Besuch mehr angekündigt. Ich hoffte nur, dass es nicht mein Bruder war. Das wäre nämlich extrem peinlich. Ich wischte mir meine mehligen Hände kurz an meiner Schürze ab und öffnete dann die Haustür. „Oh, hey...“ Ich blinzelte Paul etwas irritiert an, fühlte mich unpassend angezogen und ich hatte den schlimmen Verdacht, dass ich Mehl in den Haaren hatte, so wie er mich gerade ansah. „Hey, bist du gerade beschäftigt?“, fragte er dann gleich und ich schüttelte nur den Kopf. Also eigentlich war ich schon beschäftigt, aber nicht so sehr, dass ich ihm jetzt wieder die Tür vor der Nase zuschlug. „Ich war gerade in der Gegend und ich dachte mir, ich komm noch kurz bei dir vorbei.“ Er grinste mich an. Fand ich ihn attraktiv? Ich schaute ihn mir an und fand, dass er immer noch sehr gewöhnlich aussah. „Freut mich.“, meinte ich schließlich und wusste nicht genau, was ich jetzt sagen sollte. Ich hatte mit Paul so gesehen nichts zu tun und ich fragte mich, warum er hier war. „Also eigentlich bin ich gekommen, weil ich mich entschuldigen wollte. Du weißt schon, wegen letztens. Ich hatte mir schon überlegt, dich anzurufen, aber ich hab keine Nummer von dir. Und naja...“ „Oh, kein Ding, ist ja nichts passiert.“ Naja, zumindest mir nicht. Wenn ich mir das so recht überlegte, würde ihm viel eher eine Entschuldigung zu stehen, aber nicht von mir. Ich hatte mich nur gewehrt. Dann standen wir schweigend da, immer noch zwischen Tür und Angel. Sollte ich ihn noch rein bitten und ihn zum Essen einladen? Aber allein die Vorstellung, wie der Abend mit ihm und Kathi und Nicole am Tisch ablaufen würde, fand ich gruselig. Ich konnte es schon richtig vor mich sehen... „Ja, dann... werd ich mal wieder.“, kam es schließlich zögerlich von Paul und er hatte sich schon halb umgedreht, als Kathi in den Flur linste. „Wer isses denn?“, fragte sie mit einem neugierigen Blick und Paul schaute wieder zu uns. Es wäre ja auch ziemlich unhöflich gewesen, wenn er jetzt gegangen wäre. „Uhm, das ist Paul.“, antwortete ich schließlich. „Hi.“, er hob zögerlich den Arm und schaute irritiert zu mir, als Kathi plötzlich freudestrahlend auf ihn zu kam. Verdammt, sie würde mich in Peinlichkeiten stürtzen. „Hey, ich bin die Kathi! Eine Freundin von Tommy.“, stellte sie sich vor und hielt ihm ihre Hand hin. Er schüttelte sie leicht und kurz hatte ich die Befürchtung, dass Kathi ihn jetzt einfach packen würde, um ihn in mein Haus zu schleifen. Aber zum Glück ließ sie ihn wieder los. „Paul, hast du Hunger? Wir haben gerade was gekocht und es ist für uns allein sowieso viel zu viel.“ Ich wusste, dass Kathi das tun würde. Es war so klar gewesen. Kathi, bloß weil der Kerl schwul war, hieß das nicht, dass er automatisch zu mir passte. Leider konnte ich ihr das schlecht sagen, wenn Paul direkt neben ihr stand. „Was gibt es denn?“, fragte er und ich hatte das Gefühl, dass er der Einladung nicht abgeneigt war. Der wollte sich wirklich zu uns gesellen? An dem Typ musste noch mehr kaputt sein, als sein Männergeschmack. „Chinesisch! Und alles selber gemacht.“ Ja, Kathi und ihre überschwängliche Art. „Hm, es riecht auf jeden Fall schon mal gut.“, meinte er schließlich und damit hatte er Kathi von der Leine gelassen. Sie strahlte ihn begeistert an und zog ihn einfach in unsere Küche, während sie irgendwas plapperte von wegen, ganz liebevoll von Tommy zubereitet und das er unbedingt davon probieren musste. Ich seufzte nur, schloss die Haustür und ging den beiden nach. Als ich die Küche betrat, wurde Paul gerade Nicole vorgestellt, die das gleiche Glänzen in den Augen hatte, wie Kathi. Schwuler Kerl. Blink. Blink. Oh Gott. War ihnen denn völlig egal, dass das der Exlover von Joachim ist? Joachim, das pure Böse in Person. Paul war quasi sowas wie eine ehemalige Teufelsbraut. Okay, jetzt wurde der Gedankengang absurd. Während ich meine Teigtaschen in kochendes Wasser tat, war Nicole dabei im Esszimmer den Tisch zu decken. Eigentlich wollte Paul ihr ja helfen, aber Kathi hatte entschieden, dass er beim Nachtisch helfen musste. Und was Kathi sagte, wurde gemacht. Deswegen saß jetzt Paul am Küchentisch und schnitt Bananen für die gebackenen Bananen mit Honig, während Kathi neben ihm saß und den Teig dafür anrührte. Ich linste ab und zu zu den beiden. Er schien gut mit Kathi klar zu kommen, was nicht schwer war. Ich kannte eigentlich niemand, der sich nicht mit ihr verstand. Ich fischte nach und nach die Teigtaschen aus dem Wasser und rührte nebenher noch mal die Wok-Pfanne um. Die Frühlingsrollen schienen auch fertig gebacken zu sein. „Hm, ich glaube, das Essen ist fertig.“, verkündete ich schließlich und probierte ein Stückchen Tofu. Ich war überrascht, wie gut es schmeckte. Es wäre auch sehr peinlich gewesen, wenn wir Paul etwas vorsetzen würde, dass ich nicht mal unserer Katze geben würde. „Oh, super, ich sterbe vor Hunger!“ Kathi war aufgesprungen und lief sofort zum Herd, um sich auch etwas aus der Pfanne zu klauen. Ich haute auf ihre Finger. „Hey, nicht naschen! Außerdem wolltest du noch den Nachtisch machen...“ Kurz hatte ich das Gefühl, ich würde klingen wie meine eigene Mutter. Wenn ich mich weiter so verhielt, konnte ich mir gleich „Tucke“ auf die Stirn tätowieren lassen. Bloß weil man schwul war, musste man sich ja nicht benehmen, als wäre man eine Frau. Paul tat das auch nicht, was ich angenehm fand. Er revidiert ein bisschen die Vorstellung, die ich bis dato von Schwulen hatte. Ich hatte bis jetzt auch noch nicht soviele kennen gelernt, aber mit den wenigen, die ich kannte, konnten ich nichts anfangen, weil sie irgendwie überdreht und unmännlich auf micht gewirkt hatten. Und dann gab es natürlich noch Joachim, der einfach nur ein totaler Flachwichser war... Als wir am Tisch saßen, war ich mir ziemlich sicher, dass es kein Zufall war, dass Kathi und Nicole dafür gesorgt hatten, dass Paul und ich neben einander saßen. Sie konnten es echt nicht lassen, oder? Dachten die beiden wirklich, dass sie uns so verkuppeln konnten? Ich mein, ich hatte meine beiden Mädels wirklich gerne, aber wenn es um Schwule ging, schienen sie einfach nur noch komisch zu werden. Und gerade schienen sie ihr Maximum zu erreichen. Sie starrten mich und Paul recht erwartungsvoll an. Ich fühlte mich etwas beobachtet, ignorierte es aber und schob mir einfach ein Teigbällchen in den Mund. Aber anscheinend fiel es Paul schwerer als mir, nicht auf dieses penetrante, aufdringliche Starren zu reagieren. Er beugte sich leicht zu mir und meinte leise: „Hab ich irgendwas im Gesicht?“ Er wirkte wirklich verunsichert. Ich schaute zu ihm. War ihm wirklich nicht klar, warum Nicole und Kathi sich so verhielten? „Die denken, die könnten uns verkuppeln.“, meinte ich schließlich, als mir klar wurde, dass sich ihm das Verhalten der beiden Mädchen einfach nicht erschloss. „Oh... Hm... das erklärt so einiges.“ Als er das sagte, schaute er auf meine „Kiss the Cook“-Schürze und lachte amüsiert. Ich konnte nicht anders, als mit zu lachen, auch wenn ich mich etwas entlarvt schwul fühlte. Ich wusste, dass es einfach zu offensichtlich war, aber ich hatte nicht das Gefühl, das Paul jetzt damit ein Problem hatte. ----- Warte, warte, ich wollte euch was schreiben, bestimmt. O_o" Egal, ich mag mich und ich bin ein toller Wasserhahn. *___* Kapitel 5: Fehlgeleitete Kommunikation -------------------------------------- So, beneidet mich ein bisschen, ich bin jetzt ein paar Tage mit Freunden unterwegs in Deutschland und wir werden am Donnerstag das Musical "König der Löwen" in Hamburg anschauen. -angeb und sich damit unbeliebt macht- Da ich ab Morgen wieder weg bin, dachte ich mir, lad ich ein kleines Kapitel hoch, um zu zeigen, dass ich doch irgendwas mache, außer Stunden in Bilder reinstecken, die danach eh kein Schwein anschaut. Jeah. Zeitverschwendung. XD (Vielleicht sollte ich mich doch mehr aufs Schreiben verlagern?) Naja, ich hoffe, ihr habt Spass an dem Kapitel, ich glaube, dass übernächste wird wieder besser. -unsicher guck- Oder über-übernächste Kapitel? Egal, bleibt dabei und äh... ihr habt eine Geschichte zu Ende gelesen, was sicher eine tolle Angelegenheit ist. -verwirrt wegtorkel- ------------------ Das erste was mich am Montagmorgen in der Schule empfing war ein aufgebrachter Joachim. Stimmt ja, seine Suspendierung war nur für drei Tage gewesen. Er hatte mich noch vor dem Schultor abgepasst und auf eine verlassene Stelle des Schulhofes gezerrt. Ich wäre eigentlich nicht mitgekommen, aber irgendwie interessierte es mich, was er zu sagen hatte. Wenn er nur halb so bekloppt war, wie ich ihn einschätzte, musste er darauf gekommen sein, dass ich irgendwie Schuld daran war, dass sein Lover ihn verlassen hatte. Zu dem war ich ja sowieso prinzipiell an allem Schuld, was ihm so schlimmes wiederfuhr. Wie auch immer... „Was für eine Scheiße hast du ihm erzählt?“, herrschte er mich dann, als er sicher war, dass wir keine unliebsamen Zuhörer hatten. Da war heute aber mal jemand direkt. „Wen meinst du?“, stellte ich mich dumm. Ich musste sagen, dass ich es durch aus amüsant fand, es Joachim so schwer wie möglich zu machen. Außerdem, wenn er eine Information wollte, sollte er mich gefälligst höflich darum bitten und mich nicht so anfahren. „Du weißt doch genau, wen ich meine!“, knurrte er aggressiv. So erinnerte er mich irgendwie an einen Hund, den man seinen Knochen geklaut hatte. „Ach, tu ich das?“, fragte ich zurück, hatte dabei spöttisch eine Augenbraue hochgezogen. Mein Gesicht sah zum Glück nicht so demoliert aus wie seines. Seine Nase war immer noch leicht geschwollen und sein linkes Auge stellte noch ein hübsches Feilchen zur Schau. Ich hatte bis auf einen leichten Bluterguss, der sich in dezenten Blau-Grün darstellte, nichts zu beklagen gehabt und man sah ihn bei mir nur noch sehr leicht. „Stell dich nicht dümmer, als du bist.“ „Hm, und ich dachte, ich begeb mich mal auf dein Niveau herab.“ Ich seufzte und tat so, als würde ich es furchtbar tragisch finden, dass mein ganzer Intellekt von ihm wahrgenommen wurde. Das wir beide auf dem Gymnasium waren, bedeutet nicht, dass es nicht auch da eine gewaltige Intelligenzdifferenz gab. „Du Scheiß Arschloch!“ Ich wurde von Joachim am Kragen gepackt und gegen die Wand hinter mir gedrückt. Aber in seinem Fall kam mir seine geringe Körpergröße zu gute. Ich konnte ihn einfach wieder von mir schubsen. „Ich bin stärker als du, also pass besser auf, was du sagst.“, drohte ich ihm. Wenn er seine Abreibung haben wollte, konnte er sie getrost kriegen, aber nicht schon wieder auf dem Schulgelände. Ich hatte nämlich so das Gefühl, als würde es der Rektor diesmal nicht bei einem Verweis für mich belassen. „Ich mach dich sowas von fertig!“, knurrte er aggressiv und versuchte schon wieder eine Prügelei anzufangen, zumindest hatte er mich an meinem Kragen gepackt und zu sich gezogen. Das schaffte eine unangenehme Nähe, der ich gerne entkommen würde. Aber ich hatte das Gefühl, wenn ich jetzt zurück weichen würde, wäre das ein Zeichen von Schwäche. „Bist du etwa sauer, weil ich deinem Lover erzählt hab, was Sache ist?“, fragte ich mit einem hämischen Grinsen, immer noch seinen Hand an meinem Kragen. Ich merkte, wie er den Druck noch mehr verstärkte und sich gerade wirklich zusammen reißen musste, mir nicht wieder eine zu verpassen. Offensichtlich wollte er es auch nicht nochmal auf eine Suspendierung anlegen. Aber ich spürte eine gewisse Genugtuung, dass ihn die Sache mit Paul ankotzte. Ich hätte nicht erwartet, dass ich mal noch die Gelegenheit kriegen sollte, ihm so auf den Sack zu gehen. „Du hast doch von nichts eine Ahnung.“, gab er schließlich angepisst und irgendwie frustriert zurück. Ihm schien das wirklich zu zusetzen. Ich spürte eine leichte Überraschung. Ich hätte eigentlich nicht angenommen, dass es ihn die Trennung von Paul groß tangieren würde. Als sich Nadja von ihm getrennt hatte, war ihm das scheißegal gewesen. Noch ein Grund, warum ich so einen Hass auf ihn hatte. Trennungen waren nie egal, die taten weh! „Ich weiß zumindest mehr, als deine Kumpels.“ Ich beugte mich nun ganz nah zu ihm und flüsterte in sein Ohr: „Über dich und Paul.“ Er schubste mich weg und starrte mich in einer Mischung aus Entsetzen und Wut an. Ihm war deutlich anzusehen, dass er nicht wusste, wie er jetzt reagieren sollte. Im Prinzip rettete ihn der Schulgong, der ankündigte, dass in zehn Minuten der Unterricht losgehen würde. Ich grinste ihm noch süffisant nach, als er seinen Rucksack schulterte und ohne ein weiteres Wort im Schulgebäude verschwand. Ich trampelte nicht gern auf Schwächeren herum, aber Joachim war auch nicht das, was man als schwach bezeichnen würde, deswegen brauchte ich auch kein schlechtes Gewissen mit ihm zu haben. Als ich das Klassenzimmer betrat, hatte sich Joachim schon in seine Ecke bei seinen Kumpels verzogen und Kathi und Nicole saßen erwartungsvoll an unserem Tisch. Sie schienen auf mich gewartet zu haben, was verständlich war, normalerweise war ich immer früher im Klassenzimmer. „Hey, Tommy, wir dachten schon, du kommst nicht mehr.“, begrüßte mich Kathi und ich ließ mich zwischen den beiden nieder auf meinen Platz. Ich war froh, dass wir im Klassenzimmer Vierer-Tische hatten, so dass ich neben meinen beiden Mädels sitzen konnten. Da die beiden den sprachlichen Zweig an unser Schule gewählt hatten, hatte ich leider Physik, Mathe und Chemie nicht mit ihnen zusammen. Aber bei aller Liebe, ich hätte mir Französisch als dritte Fremdsprache wirklich nicht antun können, ich tat mir ja schon in Latein mit der Aussprache schwer, da wäre Französisch mein Tod gewesen. „Joachim hat mich aufgehalten.“, brummte ich und nickte kurz in seine Richtung. Nicole und Kathi drehten sich ziemlich auffällig zu ihm um, anscheinend in der Hoffnung ihn noch mal bluten zu sehen. Sie waren ja nicht dabei gewesen, als wir uns geprügelt hatten. Vermutlich wäre es gar nicht dazu gekommen, wenn sie dabei gewesen wären. „Was hat er gemacht?“, fragte Kathi, als sie nichts auffälliges an Joachim bemerkt hatte. „Nur gedroht.“, meinte ich knapp. Kathi lachte. Sie wusste, dass ich stärker als er war und machte sich deswegen wohl nicht allzu viel Sorgen. Ich war sowieso schon überrascht, dass Joachim wegen Paul so ein Drama machte. Wie gesagt, bei Nadja war es ihm ziemlich egal gewesen, als sie Schluss gemacht hatte. „Vollidiot.“, kam es noch abfällig von Nicole, als auch schon unser Englischlehrer den Raum betrat und alle Gespräche verstummten. Der Typ war nämlich ziemlich ungemütlich, wenn jemand meinte, in seiner Stunde schwätzen zu müssen. Ich mochte unseren Englischlehrer nicht, aber das beruhte auf Gegenseitigkeit. Ich mochte Kathi, ehrlich, sie war einer meiner besten Freundinnen. Aber es gab Momente, da fragte ich mich, ob sie einfach nur verdammt mutig und dreist war oder schlicht weg dumm. Gerade war einer dieser Momente. Sie war nach der Doppelstunde Englisch aufgestanden und zu Joachim, der wie üblich umringt von seinen Freunden in der anderen Ecke des Klassenzimmers rumsaß, gegangen. Sie wollte unsere Rache. Sie hatte sich zu Joachim gesetzt, so als wären sie gute Freunde oder so und lächelte ihn mit ihrem arglosen Lächeln an. Er hatte nur seine Augenbrauen unwillig zusammen gezogen. Joachim wusste definitiv, das wieder Ärger bevorstand. Auch seine Freunde hatten sich neugierg zu Kathi gedreht. „Ich hab am Wochenende deinen Paul kennen gelernt. Ich muss ja sagen, ich hab keine Ahnung, wie ein Arschloch, wie du, es geschafft hast, so einen süßen Kerl zu kriegen. Der ist viel zu gut für dich.“ Ihre Stimme war laut genug, dass eigentlich jeder im Klassenzimmer sie hören konnte und ich war mir auch ziemlich sicher, dass ich nicht der einzige war, der Kathi gerade zu gehört hatte. Joachim schaute sie nur schockiert an und schien gerade um Fassung zu ringen. Klar, Kathi hatte nur wieder unser „haltloses“ Schwuchtelgeschwätz auf den Tisch gebracht, aber wir hatten Namen, wir hatten Paul, wir hatten Joachim in der Hand und ihm war das offensichtlich klar. „Ich weiß nicht, von was du redest. Ich kenne keinen Paul.“, presste er schließlich hervor und es wirkte wie unterdrückte Wut, aber seine Reaktion war defensiver, als sonst. Allerdings konnte Kathi von Glück reden, das Joachim kein Kerl war, der Mädchen schlug. Wenigstens soviel Ehre hatte er noch im Leib. Ich fragte mich kurz, was Paul dazu sagen würde, dass er so krass von seinem Exlover verleugnet wurde, aber anderseits war es von Joachim ja nicht anders zu erwarten. Er war einfach nur ein Idiot und ein Feigling. „Bist du sicher? Ganz süßer Typ, studiert im ersten Semester Biologie, hat per SMS mit dir Schluss gemacht. Du musst doch wissen, wenn ich meine, oder gibt es da noch mehr?“ Kathi klimperte ihn mit ihren Wimpern an und lächelte ihn immer noch an. Joachim presste seine Lippen zusammen und es war offensichtlich, dass Kathi einen wunden Punkt getroffen hatte. „Du dumme Schlampe, Achim hat nichts mit irgendwelchen Kerlen.“, kam es schließlich von einem seiner Freunde und ich war überrascht, dass sie sich erst so spät einmischten. Anscheinend hatten sie noch Hemmungen bei einem Mädchen. „Wenn ihr meint...“ Kathi zuckte mit den Schultern, überging die Beleidung total und bevor sie aufstand, hatte sie sich noch zu Joachim gebeugt und ihm etwas zugeflüstert, was ich natürlich auf Grund der Entfernung nicht verstehen konnte. Jedenfalls starrte er dann mit purem Hass in meine Richtung. Ich hielt seinem Blick stand. Ich wusste nicht was Kathi gesagt hatte, aber egal was es war, ich würde in einem Blickduell Joachim nie gewinnen lassen. Ich würde ihn prinzipiell nie bei irgendetwas gewinnen lassen. Kapitel 6: Unverständnis für Kausalitäten ----------------------------------------- Hier ein Kapitel, dass eigentlich fast 1000 Wörter länger war, aber aus redaktionellen Gründen, sprich es ist besser so, gekürzt wurde. Ein großes Danke an , die mir knallhart gesagt hat, dass ich da total Bockmist geschrieben habe. Ich wünsch euch viel Spass mit dem Kapitel. Ein neues Kapitel bei Treppenaufgang ist auch schon in der Mache und schafft es vielleicht endlich diese Woche fertig zu werden. ------------------ Ich musste ehrlich sagen, ich hätte nicht erwartet, dass ich jemals so sehr in die Beziehung von Paul und Joachim involviert werden würde. Sicher, ich hatte mich im Grunde deswegen mit Joachim angelegt, aber für mich war es eigentlich nach der Prügelei irgendwie auch gegessen gewesen. Er hatte mich vor der ganzen Stufe als eifersüchtigen Idiot hingestellt, ich hatte ihm die Nase blutig geschlagen und ihn bei seinem Lover madig gemacht, irgendwo waren wir einigermaßen quitt. Aber anscheinend sah das Joachim anders und Paul irgendwie auch. Jedenfalls musste ich mich gerade mit Paul auseinander setzen, der an meiner Strippe hing. Nach dem netten Abendessen hatten Kathi und Nicole ihm meine Nummer aufgedrängt und offensichtlich hatte er sie nicht in den nächsten Mülleimer geschmissen, wie ich irgendwie fast erwartet hätte. Gut, wir hatten einen unterhaltsamen Abend gehabt, aber so richtig miteinander warm geworden sind wir auch nicht. Was verständlich war, wenn man unsere Vorgeschichte bedachte. „Hey, Paul.“, erwiderte ich schließlich seine Begrüßung und ich fragte mich wirklich, was er schon wieder von mir wollte. Er sollte doch nichts mehr mit Joachim zu tun haben und mehr Gründe gab es nicht für uns miteinander zu sprechen. „Uhm... Achim war gerade da gewesen und naja, er war ziemlich sauer auf euch.“, wurde mir dann auch gleich mitgeteilt. Ich hätte fragen können, was Joachim bei ihm wollte, wenn sie nicht mehr zusammen waren, aber das ging mich nichts an. Also ließ ich es. „Kathi hat es vielleicht heute ein bisschen übertrieben in der Schule.“, gestand ich ein. Nicht, dass uns mal jemand geglaubt hätte, aber man hatte Joachim definitiv angemerkt, dass er mehr als aufgebracht war. Ich hatta ja schon fast erwartet, er würde uns nach der Schule abpassen, um uns jeden Knochen aus dem Leib zu prügeln. Aber das war uns zum Glück erspart geblieben. „Kathi? Was hat sie denn gemacht?“ Offensichtlich war Paul wieder nur sehr vage über das Geschehen informiert. „Naja, sie hat ihn vor seinen Freunden auf dich angesprochen und ich glaube, das fand er nicht so lustig. Aber man muss dazu sagen, dass er mich davor auf dem Schulhof bedroht hat, mal wieder.“ Also wir gingen ja nicht grundlos auf ihn los, außerdem konfrontierten wir ihn ja nur mit Tatsachen und Joachim hatte mit der ganzen Sache angefangen. Ich hörte Paul seufzen und er klang irgendwie erschöpft. „Was hat er denn gesagt?“, fragte er schließlich und ich hatte kurz das Gefühl, dass Paul nur aus dem Grund bei mir angerufen hatte, weil er Dinge über Joachim erfahren wollte, die er nicht von alleine erzählte. „Naja, das übliche halt. Er hat es geleugnet, aber war ja nicht anders zu erwarten von ihm.“ Und ich war mir definitiv nicht zu Schade, Joachim schlecht weg kommen zu lassen. Ich hörte Paul nochmal seufzen und ich fragte mich, warum er sich das eigentlich antat. „Aber hey, du bist ihn ja los, also ist das ja eh egal.“, versuchte ich ihn aufzumuntern. Ich deprimierte Leute immer ungern und schon gar nicht irgendwelche Fast-Fremden. Mir wurde nur mit Schweigen geantwortet und irgendwie dämmerte mir dann endlich, dass sie sich vermutlich nicht getrennt hatten. Ich spürte kurz eine gewisse Wut in mir aufflammen, darüber dass es so dumme Leute gab, die totale Flachwichser nicht einfach in den Wind schießen konnten, aber es ging mich nichts an. Ich sagte es mir im Gedanken mehrmals. Ich hatte mich nicht in die Angelegenheiten von Fremden einzumischen. Wenn Paul sich mit so einem Idiot abgegeben wollte, war das seine Sache. Glück für Joachim und Paul war selbst Schuld. „Ich würde das nicht mit mir machen lassen.“, konnte ich es schließlich doch nicht lassen. Ich weiß, es ging mich nichts an. Aber mit diesem Kommentar mischte ich mich ja nicht direkt ein. Ich sagte nur meine Meinung und das durfte man ja. Paul schnaubte nur frustriert. „Du verstehst das nicht.“ Klar, ich war ja auch nur die dumme Jungfrau, die keinen Plan von Liebe und Beziehungen hatte. Aber ich war mir sicher, dass ich mich für eine Beziehung nie so weit herabwürdigen würde, dass ich mich von meinem Partner leugnen ließ. Niemals. „Ich denke, dass möchte ich auch nicht.“, gab ich schließlich reserviert zurück und überlegte, ob ich jetzt einfach sehr unhöflich auflegen sollte. „Achim ist nicht so schlimm, wie du denkst. Er ist nur...“ Paul schien nach dem richtigen Wort zu suchen. „Nur sehr unsicher. Ich weiß, dass er mich liebt... ihm fällt es einfach noch schwer, dass offen vor anderen zu geben zu können.“ Konnte ein einzelner Mensch so naiv, gutgläubig und bescheuert sein? Paul hatte so einen intelligenten Eindruck auf mich gemacht und jetzt das. War er total beschränkt? „Klar, er ist so verliebt in dich, dass er dich mit einem Mädchen betrügt.“ Der konnte doch nicht einfach über sowas hinwegsehen, oder hatte er das schon einfach verdrängt? „Er hat mich nicht betrogen. Er hat mit dem Mädchen nicht mehr geschlafen, nach dem wir zusammen waren.“ „Dann hat er eben Nadja mit dir betrogen. Ich würde niemand trauen, der überhaupt fremd geht.“ Wer das einmal machte, machte sowas bestimmt wieder, wenn ihm danach war. Das lag dann meistens einfach in der Natur diesen Menschen. „Ich wusste nicht, dass er noch was mit jemand anderen gehabt hatte. Außerdem war er der Meinung gewesen, dass das mit Nadja nichts festes gewesen ist. Vielleicht hat sie das ja auch völlig falsch verstanden.“, verteidigte Paul sich und seinen Freund. Oder wollte er sich einfach was schön reden? „Aye, er hat Nadja wochenlang stolz als seine Freundin rumgeführt und jedem auf die Nase gebunden, dass sie zusammen sind. Das hat jetzt nicht so gewirkt, als wäre das bloß eine kleine Affäre gewesen.“, konfrontierte ich Paul mit den Tatsachen. „Er hat sie nicht geliebt.“, gab er defensiv zurück und ich schüttelte nur den Kopf. Mein Bruder war definitiv nicht der einzige Mensch, der in Bezug auf Joachim und seiner Art ziemlich ignorant sein konnte. Solche Leute hatten es doch verdient, einfach unglücklich zu werden. Im Prinzip war man da doch selber Schuld dran. „Aber ich würde mich mit niemand abgeben, der vor seinen Freunden behauptet, dass er mich nicht kennt.“ Bei Joachim kamen soviele Punkte zusammen, dass einem schon der logische Menschenverstand sagte, Abstand zu ihm zu halten. „Er braucht einfach noch Zeit.“ Paul war ein hoffnungsloser Fall. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es in irgendeiner Weise was brachte, noch weiter mit ihm darüber zu reden. „Wenn du meinst.“ Ich zuckte mit den Schultern, auch wenn ich wusste, dass Paul das nicht sehen würde. Im Prinzip war es auch ganz egal, was er von dem ganzen Telefonat hielt. Ich fragte mich sowieso schon, warum er sich vor mir so rechtfertigte. Aber vielleicht versuchte er es auch nur vor sich selbst zu rechtfertigen. „Ich finde trotzdem, dass Joachim ein verlogenes Arschloch ist.“, machte ich meinen Standpunkt nochmal klar und legte dann einfach auf, bevor Paul wieder etwas erwidern konnte. Er hätte nur wieder zig Gründe vorgebracht, um die Angelegenheit mit Joachim schön zu reden und darauf hatte ich keinen Bock. Ich verstand nicht, wie man sich mit jemand abgeben konnte, der nicht mal zugab, dass man einen kannten. Das würde ich nicht mal bei meinen Freunden dulden. Paul war echt nicht mehr zu helfen. Kapitel 7: Die blaue Rose der Romantik -------------------------------------- Ich mag das Kapitel und hatte einen Riesen Spass daran es zu schreiben, auch wenn es die Handlung mal null voran treibt, aber muss ja auch nicht immer sein, oder? Auf jeden Fall viel Spass beim Lesen, den wenigen Leute, die das tatsächlich noch machen. -drop- -------------------- Ich befand mich in einer Situation, in der ich mich alles andere als wohl fühlte. Schuld daran waren Kathi, Nicole und meine Inkompetenz, wenn es darum ging ihnen was abzuschlagen. Sie hatten für mich mal wieder einer dieser komischen Blinddates organisiert und mich tatsächlich genötigt dahin zu gehen. Mein Plan war in das kleine Cafe reinzugehen, mich kurz zu dem komischen Typ zu setzen, der es nötig hatte seine Dates virtuell auszumachen, mir eine Cola zu bestellen und wieder zu gehen, sobald ich sie leer getrunken hatte. Wenn ich nur kurz Hallo sagen würden, würden mir das nämlich Nicole und Kathi wirklich übel nehmen. Immerhin wollten sie ja nur mein Bestes, wie sie es auszudrücken pflegten. Ich wusste nicht, ob das wirklich mein Bestes war. In jedem Fall saß ich mit diesem komischen Typ da, der einen dünnen Pullover mit Ausschnitt trug und ich hoffte inständig, dass sich der Kellner mal etwas mehr mit meiner Cola beeilte. Ich mein, welcher Typ trug etwas mit Ausschnitt?! Da war doch gar nichts, was man zeigen konnten außer einer komplett enthaarten Brust, die einen suspekten Eindruck auf mich machte. „Und was machst du so?“, versuchte der Kerl, ich glaube, er hieß Maximillian, ein Gespräch anzuleiern. „Ich bin Schüler.“, antwortete ich etwas einsilbig. „Ah.“, antwortete er und ich hoffte kurz, dass er so gelangweilt sein würde von mir, dass er vor mir das Handtuch warf. Wir schwiegen uns wieder an und ich schaute mich im Cafe um. Ich war hier noch nie gewesen und eigentlich ganz froh drum, weil ich nicht wollte, dass mich irgend jemand mit so einem Kerl sah. Es hätte nur noch gefehlt, dass dieser komischer Ausschnitt-Pullover, den er vermutlich in der Frauenabteilung gekauft hatte, rosa gewesen wäre, aber ich find auch das dezente hellblau schon hart an der Grenze. Er sah einfach so... schwul aus. „Auf welche Schule gehst du?“, fragte er schließlich weiter und ich war fast überrascht, dass er immer noch nicht aufgegeben hatte. „Kästner-Gymnasium.“ Hm, wie sich wohl Paul und Joachim kennen gelernt hatten? Bestimmt nicht über so ein komisches Date. Immerhin gab ja Joachim nicht zu, dass er schwul war. Da war es bestimmt kompliziert jemand kennen zu lernen. Irgendwie frustrierend, dass er trotzdem so jemand wie Paul kriegen konnte. Perlen vor die Säue und ich bekam nicht mal Karottenschalen. „Und welche Klasse bist du?“ „Elfte und ich habe den naturwissenschaftlichen Zweig, weil ich furchtbar schlecht in Sprachen bin und nein, darüber möchte ich nicht reden, weil ich das Thema Schule langweilig finde.“, kam es schließlich ungeduldig von mir, weil ich genervt war. Warum mussten Kathi und Nicole mir das nur antun? Für Nicole organisierten wir auch nie komische Dates, obwohl sie noch keinen Freund hatte. „Was hab ich dir denn eigentlich getan?“, kam es schließlich etwas zickig von meinem Gegenüber und ich war etwas überrascht. War meine Reaktion so ruppig gewesen? „Nichts.“, antwortete ich schließlich wahrheitsgemäß. Naja, bis auf diesen ekelhaften Pullover. Scheußliches Ding. „Wenn dich das hier so nervt, kannst du es doch einfach sagen.“ Sollte ich dem Kerl jetzt widersprechen? Aber ich fühlte mich genervt, was aber nicht unbedingt an ihm lag, sondern eher an der Gesamtsituation. „Tut mir leid, ich hatte nur eine anstrengende Woche.“ Und dafür konnte er definitiv nichts. Tatsächlich schien das Gesagte etwas zu besänftigen. „Es liegt also nicht an mir?“, hakte er nach und ich schüttelte den Kopf. Es lag an Joachim, der mir klar machen wollte, dass ich die Finger von seinem Freund lassen sollte und mir damit auch sagte, dass er jetzt wusste, das ich auf Kerle stand. Paul hatte ihm tatsächlich gesagt, dass ich schwul war. Das war so eine Kotze. Ich hätte mir vorher noch überlegen sollen, es Paul zu sagen. Ich war echt ein Vollpfosten gewesen, in vielerei Hinsicht. Maximillian lächelte mich erleichtert an und er war mir zum ersten Mal seit diesem Date etwas sympathisch. „Weißt du, dass ist mein erstes Blinddate und naja...“ Er schaute verlegen in meine Richtung und ich konnte mit dem Blick nichts anfangen. „Nein, nein, es hat wirklich nichts mit dir zu tun.“, versicherte ich ihm nochmals und hatte ein leicht schlechtes Gewissen, weil ich so patzig gewesen war. „Und du studierst?“, fragte ich, weil ich das Gefühl hatte, dass es diesmal an mir lag, das Gespräch fortzuführen. Kathi und Nicole hatten mir über ihn nur soviel verraten, dass er Student war, wahnsinnig gut aussehen sollte, was ich nicht so fand, aber gut, dass er Maximillian hieß und ich ihn an einer dummen Rose erkennen würde. Eine Rose. Ich hasste Blumen. „Ja, ich bin im ersten Semester und studiere Englisch und Deutsch auf Lehramt.“ So sahen zukünftige Lehrer aus? Ich war leicht schockiert und mir fiel auf, dass ich vorhin unbewusst in ein Fettnäpfchen getreten bin. Sprachen, er studierte Sprachen, die ich einfach nur furchtbar fand. Aber das konnte ich ja nicht riechen. Er lächelte mich an, also schien er mir es nicht übel zu nehmen, dass ich damit nicht viel anfangen konnte. „Und wie ist das Studentenleben so?“, fragte ich weiter, da ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte. Für seine Studienfächer interessierte ich mich nämlich definitiv nicht. „Anstrengender als erwartet.“ Er lachte bei dem Satz und ich stimmte mit ein. Schön, wenn er es mit Humor nahm. „Nichts mit faulem Studentenleben?“ „Leider nicht, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es im Laufe des Studiums besser wird.“ „Hoffen kann man ja.“ Ich lächelte bei dem Satz. Zum Glück kam gerade meine Cola und sein Latte Macchiato, bevor wir uns wieder angeschwiegen hätten. So waren wir jetzt erstmal sehr beschäftigt damit, unsere Getränke zu begutachten und davon zu trinken. Nahm immerhin fast eine halbe Minute in Anspruch. Ich überlegte, ob mir ein weiteres Gesprächsthema einfallen würde, dass ausreichte, das ich zumindest meine Cola leeren konnte. Alternativ könnte ich die Cola auch einfach exen, aber von der Kohlensäure wurde mir immer schlecht, wenn ich sie zu schnell trank, also war das ein relativ schlechter Plan. Mir wurde allerdings das Problem mit dem Gespräch abgenommen, als plötzlich ein Mädchen an unseren Tisch getreten ist und Maximillian anstrahlte. „Max, was suchst du denn hier?!“ Sie schien sich wirklich zu freuen ihn zu sehen und zog einfach einen Stuhl vom Nachbartisch zu uns und setzte sich. Ich muss sagen, so hätte ich mir ein Blinddate nicht vorgestellt, aber sollte mir recht sein. Sie war eine gute Entschuldigung, wenn ich mich gleich verziehen würde. Maximillian schaute unsicher zu mir, als wüsste er nicht, was er auf die Frage des Mädchen beantworten sollte. War es ihm peinlich zu zugeben, dass er gerade ein Blinddate hatte oder dass es mit einem Kerl war? Dem Pullover zu urteilen, eher ersteres. „So, du, ich packs mal.“ Mit den Worten stand ich einfach auf, legte das Geld für meine Cola, an der ich nur genippt hatte, auf den Tisch und ging. Mir wurde noch ein verdattertes Tschüss nachgerufen und ich war froh, dass ich diesem Date entkommen war. Ich würde mich nie wieder zu so etwas breit schlagen lassen. Wenn man mal davon absah, dass ich durch den ganzen Stress, den ich durch Joachim und Paul hatte, im Moment auf sowas überhaupt keine Lust hatte. Am Ende würde ich noch so ein Vollidiot werden, der bloß damit man nicht alleine ist, alles mit sich machen lässt. Ich fand das wirklich armselig. Ich zog mein Handy aus meiner Hosentasche und schlenderte zum Springbrunnen in der Fußgängerzone. Dort wollte ich mich mit Kathi und Nicole treffen, die natürlich wissen wollten, wie es gelaufen ist. Ich schickte Kathi eine SMS, dass das Date vorüber war und ließ mich dann auf den Rand des Brunnens nieder. Ich hatte noch immer mein Handy in die Hand und spielte mit dem Gedanken, Nadja anzurufen. Ich wusste nicht genau, warum ich gerade an sie denken musste. Immerhin hatte ich von ihr jetzt seit fast drei Wochen nichts mehr gehört, da wir auch nicht in derselben Klasse waren und sie mich offensichtlich mied. Nadja hat sich nichts von Joachim gefallen lassen, sie hat sofort Schluss gemacht, als sie gemerkt hatte, dass da irgendwas in ihrer Beziehung nicht stimmte. Ich wollte mit ihr reden, wie ihre Beziehung war. Ich war irgendwie irritiert, als Paul meinte, dass sie die Beziehung mit Joachim falsch interpretierte hatte. Spontan entschloss ich mich, wirklich bei ihr anzurufen. Es klingelte drei, viermal, dann nahm sie ab. „Tommy?“, fragte sie überrascht in den Hörer. Vermutlich hatte sie mich an meiner Nummer erkannt. „Hey, Nadja. Na, wie geht’s?“, kam es heiter von mir. Ich war nicht wie Kathi, die ewig Leuten etwas nachtrug und irgendwie verstand ich es, dass Nadja nichts mehr über die Sache mit Joachim hören wollte. „Ach, ganz gut. Schön mal wieder von dir zu hören.“ Es klang auch so, dass sie es ehrlich meinte. „Ja, ich dachte, ich meld mich mal wieder. Kathi und Nicole haben mich gerade auf ein Blinddate geschleppt, das war purer Horror.“ Ich lachte, Nadja konnte man sowas erklären, auf jeden Fall lachte sie auch. „War der Typ nichts?“ „Er hat was getragen mit Ausschnitt, ich mein, mit Ausschnitt! Das sah so schwul aus.“, ereiferte ich mich und sie lachte am anderen Ende der Leitung. Ich wusste, dass das mit Nadja wieder passte. Sie war mir nicht mehr böse und mir war es mittlerweile egal, dass ich wegen ihr soviel Stress hatte. Mich regte eigentlich nur noch Joachim auf. Vollidiot. In dem Moment entschloss ich mich auch, Nadja nicht auf ihn anzusprechen. Ich wusste einfach, dass das damals mit Joachim für sie sehr ernst gewesen war und sie sich da nicht irgendwas eingeredet hatte, was ihre Beziehung anging. Und ich hatte kein Lust diesen Idiot wieder zwischen Nadja und mir stehen zu haben. „Warte nur, irgendwann läufst du auch so rum.“, meinte sie in einem scherzhaften Ton. „Oh Gott, falls ich das jemals tue, erschieß mich vorher!“ „Stets zu Diensten!“ Wir lachten beide und irgendwie fühlte ich mich jetzt besser. Es hatte mich doch schon belastet, dass zwischen uns Funkstille gewesen war. Immerhin mochte ich sie sehr gerne und ich war auch schon lange mit ihr befreundet. Es wäre lächerlich, wenn ein Typ wie Joachim sowas ruinieren könnte. Das würde ich auf keinen Fall zulassen. Kapitel 8: Der Sinn eines Muffin-Massakers ------------------------------------------ Hallo und willkommen, ich bin irritiert. Viel Spass beim Lesen. -------- Wahrscheinlich war der Stress der letzten Tage zu viel für mich gewesen, jedenfalls fühlte ich mich müde und ausgelaugt und hatte mir die Freiheit rausgenommen, dass Wochenende nur für mich zu haben. Eigentlich war geplant gewesen, dass wir Samstagabend Party machen würden, aber das kriegten Kathi, Nicole und Falco auch ohne mich hin und ich hatte eigentlich keine Lust gehabt, mich unter Menschen zu mischen. Gut, Joachim hatte mich in der Schule nicht mehr belästigt und es anscheinend auch unterlassen, seinen Kumpels von meiner sexuellen Orientierung zu erzählen. Vermutlich wollte er auch einfach das Thema Homosexualität so weit weg wie möglich von sich schieben. Wahrscheinlich hätten seine Freunde dann gefragt, woher er das weiß und er konnte ja schlecht sagen, dass ihm das sein Lover gesteckt hat. Eventuell hatte mich Joachim am Donnerstag wirklich nur angerufen, um mich einzuschüchtern und mich von Paul fern zu halten. Auch wenn ich nicht wusste, was ich von dem Typ wollen sollte. Ich würde bestimmt nichts mit einem Lover von Joachim anfangen. Allein die Vorstellung fand ich gruselig. Einfach schon wie Paul ihn verteidigt hatte... Nein, ich wollte definitiv nichts von ihm und wenn sich Joachim da irgendwas einbilden wollte, war mir das egal, solange er mich in Ruhe ließ. Ich hockte in meinem Zimmer und zockte wieder auf Xbox live, eigentlich so wie immer, wenn ich nicht gerade mit meinen Mädels unterwegs war. Ich hatte mich entschlossen, dass ich heute Halo 3 zocken wollte und fand, dass das eine schöne Abendplanung war, vor allem weil morgen Sonntag war und ich ausschlafen konnte. Wen ich in meine Planung nicht mit eingerechnet hatte, war Paul, der gerade in meinem Zimmer um seine Fassung rang. „Was ist denn mit dir los?“, fragte ich leicht überfordert, weil er der letzte Mensch war, den ich an diesem Tag erwartet hatte. Paul saß auf meinen Bett und seine Augen waren schon ganz glasig, so, als würde er gleich losheulen. Ich hatte mich neben ihn gesetzt und wusste nicht, ob ich einen Arm um ihn legen sollte. So gut kannten wir uns nämlich auch wieder nicht. „Ich hab mich von Achim getrennt.“, meinte er schließlich und seine Stimme zitterte gefährlich bei dem Satz. „Oh... Warum?“ Nicht, dass es mich stören würde. Joachim hatte nur bekommen, was er verdient hatte, aber nach dem Telefonat mit Paul, war ich mir eigentlich sicher gewesen, dass er mal wieder einfach so mit seinem ganzen Arschlochtum durchkam. „Er... ich wollte, dass er mich seinen Freunden vorstellt. Ich fand, also, wenn ich ihm so wichtig bin, wie er immer gesagt hat. Also... es war doch mein gutes Recht, oder?“ Er schaute mich dabei flehend an und ich nickte nur etwas verwirrt. Warum kam er denn zu mir, um darüber zu reden? Paul strich sich über seine Augen und ich merkte, dass er jetzt doch weinte. Vorsichtig legte ich meinen Arm um ihn und fühlte mich dabei ziemlich unbeholfen. „Er hat es nicht gepackt, er wollte einfach nicht.“, presste er schließlich hervor, nach dem wir eine Weile nur so dagesessen hatten und ihm Tränen übers Gesicht gelaufen waren. Ich drückte ihn etwas an mich, sagte aber nichts. Natürlich hätte ich auf Joachim fluchen können, aber ich hatte nicht das Gefühl, als wollte Paul das gerade hören. Vielleicht wollte er wirklich nur jemand, der das alles mit ihm und Joachim verstand und ihm zu hören konnte. Und ihn in den Arm nahm. Wir schwiegen uns an, während ich ihm sanft über den Rücken fuhr, auch wenn ich nicht wusste, ob das viel brachte. Langsam beruhigte sich Paul aber wieder und löste sich aus meiner Umarmung, wischte sich noch ein paar Mal über sein Gesicht. „Willst du was zu trinken?“, fragte ich fürsorglich und er nickte. Ich lächelte ihn noch mal kurz an, stand dann aber auf, um ihm etwas zu trinken zu holen. Ich wusste nicht genau, wie ich jetzt auf Paul reagieren sollte und war auch ein bisschen froh, kurz von ihm weg zu kommen, um den Kopf frei zu kriegen. Ich schenkte mir unten in der Küche ein Glas Orangensaft ein und trank es mit großen Zügen schnell leer, bevor ich dann Paul auch etwas in ein Glas tat, um es nach oben zu tragen. Ich atmete nochmal durch, bevor ich wieder meine Zimmertüre öffnete. Paul saß aber nicht mehr auf dem Bett, sondern am Boden vor meiner Xbox und schaute begeistert zu mir auf, als ich den Raum betrat. „Du spielst gerade auf Thunderstorm.“, stellte er erfreut fest. „Jub.“ Ich setzte mich neben ihm und hielt ihm seinen Orangensaft hin. Er nahm ihn mir dankend ab und trank ein paar Schluck. Wir schauten beide auf meinen Fernseher und ich wusste nicht so recht was ich sagen sollte. „Ich weiß übrigens, wo hier ein Schädel liegt.“, sagte Paul schließlich. „Hm, Schädel haben mich bis jetzt nicht so interessiert, ich bin mehr so ´Capture the flag´.“ Ich drückte ihm aber einfach einen Kontroller in die Hand. „Ich hoffe, die Batterien gehen noch.“ Paul lachte und meldete sich auch im Spiel an. Ich schaute kurz zu ihm und irgendwie wirkte er jetzt besser drauf. Das einzige, dass noch darauf deuten ließ, dass er vorhin geheult hatte, waren die leicht geröteten Augen. „Es gibt doch nichts besseres, als sich beim Zocken zu entspannen, oder?“, kam es von ihm. „Jetzt da lang.“, gab er mir die Anweisungen und ich folgte ihm. „Du bist pink.“, stellte ich schließlich irritiert fest. „Ein wahrer Masterchief muss pink sein!“, wurde mir mit dem Brustton der Überzeugung mitgeteilt. Ich schaute meinen Masterchief an, der in seinem grau-schwarzen Anzug doch um einiges besser ins Spiel passte. Irgendwie sah der pinke Masterchief wirklich verdammt schwul aus, er konnte dem Pullover mit Ausschnitt Konkurrenz machen. Erschreckt von dem Gedanken schaute ich zu Paul und war irgendwie erleichtert, dass er einen normalen, dunkelgrünen Pullover trug. Wir zockten noch eine Weile, als irgendwann meine Mutter auftauchte, um mir mitzuteilen das es Essen gab. „Oh, du hast ja Besuch. Und es ist sogar mal ein Junge!“ Sie schaute begeistert zu Paul und ich fühlte mich einfach total blamiert. Ich bekam einen komischen Seitenblick von ihm und ich war mir sicher, dass er mich im Gedanken komplett auslachte. „Ich bin Paul.“, stellte er sich aber schließlich höflich meiner Mutter vor und stand auch vom Boden auf, um ihr die Hand zu schütteln. „Freut mich!“ Meine Mutter strahlte ihn an, als wäre das der erste Typ, den sie je gesehen hatte. Ich seufzte nur, meine Familie konnte so peinlich sein. Paul musste denken, dass wir alles Verrückte waren. Kurz fühlte ich mich bei dem Verhalten meiner Mutter an Kathi und Nicole erinnert und ich hoffte inständig, dass das Abendessen nicht genauso ablaufen würde, wie vor einer Woche mit den Mädels. Auf den Weg nach unten ins Esszimmer, fragte meine Mutter ihn über alles mögliche aus und ich war echt überrascht, dass man bei so einem kurzen Weg soviele Informationen über einen Menschen erfahren konnte. Immerhin wusste sie, als wir am Tisch saßen, wie alt er war, was er studierte, wo er wohnte und ob er Geschwister hatte und damit mehr über Paul als ich. Mein Vater und mein Bruder saßen beide schon am Tisch und Matthias schaute wirklich alles andere als begeistert, als er Paul sah. Anscheinend hatte er nicht vergessen, dass das der Kerl war, der vor ihm behauptet hatte, das er mit Joachim zusammen war. Au Mann... ------------ So sieht übrigens ein pinker Master Chief aus, für die Leute, die sich nichts drunter vorstellen können: http://www.truthdig.com/images/eartothegrounduploads/pink_master_chief3.jpg Und so sieht er sonst aus: http://www.freewebs.com/kirbyscrib/master%20chief.jpg Kapitel 9: Nasenbluten für Anfänger ----------------------------------- Ich gähnte müde und hoffte, dass die Doppelstunde Mathe einfach mal kürzer war, als sonst. Aber anscheinend hatte sie sich entschlossen sich in die Unendlichkeit und noch viel viel weiter zu ziehen, wie jeden Freitagnachmittag. Ich verstand echt nicht, wie man seinen Schülern Freitag, die letzten beiden Stunden sowas an tun konnte. Die Parallelklassen hatten da Musik oder Kunst... Man konnte wirklich nicht erwarten, dass man sich da noch groß konzentrieren konnte. Ich schaute zum Fenster und ich bereute es, dass ich wegen dem Streit mit Joachim meinen Fensterplatz aufgeben musste. Aber die Lehrer und alle anderen Beteiligten hatten es für besser empfunden uns so weit wie möglich voneinander weg zu setzen und natürlich war ich derjenige, der seinen Platz aufgeben musste. Was mal wieder typisch war. Ich musste aber zugeben, dass sich meine Wut auf Joachim mittlerweile ziemlich in Grenzen hielt. Ich verspürte nicht mal mehr das Bedürfnis ihm sämtliche Zähne auszuschlagen und ich konnte auch ohne weiteres seine bösen Blicke ignorieren, mit denen er diese Woche versucht hatte mein Aufmerksamkeit zu erringen. Ich wusste gar nicht genau, warum ich nicht mehr so wütend war, aber wahrscheinlich lag es daran, dass ich keinen Grund mehr hatte. Immerhin verstand ich mich wieder mit Nadja und sie trug es ihm auch nicht mehr nach, Paul hatte ihn auch verlassen, weil er ein Vollidiot war und im Endeffekt war es den anderen in der Stufe auch mittlerweile egal, dass Joachim und ich uns mehrmals miteinander angelegt hatten. Selbst für mein Bruder war das Thema vom Tisch, weil ihn Paul irgendwie doch verunsicherte. Paul war diese Woche auch zweimal zum Zocken gekommen und heute wollte er mich für einen Gamer-Abend an seiner Uni abholen. Anscheinend machte er das mit ein paar Kommulitonen immer wieder mal. Jeder brachte seine Konsolen mit und ein paar Freunde und dann hockte man zusammen rum, unterhielt sich und zockte nebenher, zu dem sollte es angeblich auch Essen und Getränke geben. In jedem Fall klang es cool und Paul hatte mich eingeladen, ob ich nicht mitkommen wollte. Da sagte man doch nicht Nein, oder? Allerdings würde mich Mathe noch fast eine halbe Stunde gefangen halten. Ich mochte Mathe, aber nicht in den letzten zwei Stunden am Freitag. Wenigstens musste ich nicht mit dem Bus heimfahren, weil Paul ein Auto hatte und Kathi und Nicole würden uns mal nicht belagern. Als er am Mittwoch dagewesen war, gaben sie sich die größe Mühe mich in eine große Blamage reinzureiten. Zum Glück überging Paul das sehr gekonnt, in dem er sich auf die Xbox konzentrierte hatte. Der Schulgong brachte endlich die Erlösungen und ich machte mich daran, mein Zeug zusammen zu packen und ich war einer der ersten, die das Klassenzimmer verlassen hatte. Ich hoffte nur, ich musste nicht ewig auf ihn warten. Paul hatte gemeint, er würde mich am Schulparkplatz abholen. Da er früher auch mein Gymnasium gegangen ist, kannte er sich hier wenigstens aus. Unser Treppenhaus war zum Teil verglast und man hatte von der dritten Etage auch einen guten Blick auf den Parkplatz. Tatsächlich stand er schon an seinen roten, kleinen Peugot gelehnt da und schaute zu mir hoch. Ich hob kurz die Hand, um ihm zu zuzeigen, dass ich ihn gesehen hatte und freute mich, als er zur Erwiderung winkte. Ich beschleunigte meine Schritte etwas und ich musste mich zwingen, nicht die letzten Stufen einfach zu überspringen. Aus dem Alter war ich raus, außerdem war es auch etwas lächerlich sich wegen Paul so zu beeilen, immerhin hatte er ja schon gesehen, dass ich mit dem Unterricht fertig war und er würde bestimmt nicht ohne mich fahren. Das würde ich ihm übel nehmen. Aber als ich aus dem Schulgebäude trat und zum Parkplatz ging, stand er immer noch an sein Auto gelehnt und lächelte mich strahlend an. Ich winkte ihm zum Gruß zu, als mich plötzlich etwas von den Füßen riss. Ich schlug hart gegen ein parkendes Auto und wurde dann gepackt und nochmal dagegen gedonnert. Ekelerregender Schmerz zog sich durch mein Gesicht und ich spürte, wie mir die Tränen davon in die Augen traten. „Achim!“, kam es entsetzt von Paul und ich schaffte es mich aus dem Griff zu entwinden und mich umzudrehen, bevor ich wieder gegen das Auto geschlagen wurde. Joachim stand da und starrte aber an mir vorbei zu Paul. Er wirkte völlig verzweifelt, seine Augen sahen glasig aus, er biss sich auf die Lippe und hatte die Hände zu Fäusten geballt. Mich schien er fast vergessen zu haben, auch wenn er mich gerade offensichtlich gegen ein Auto gerammt hatte. Er schluckte und seine Verzweiflung schien fast greifbar zu sein. Aber plötzlich fiel sein Blick auf mich und es schien, als hätte sich bei ihm alles ausgeklinkt. Ich wurde von ihm gepackt, auf den Boden geschmissen und ich war viel zu überrascht, um überhaupt darauf zu reagieren. Ich fing mich ungeschickt mit der linken Hand ab und machte trotzdem eine unglückselige, etwas blutige Bekanntschaft mit dem Betonboden, als ich auch schon ein Tritt in die Rippen abbekam. Nur am Rande nahm ich war, dass Joachim dabei brüllte. „Das ist nicht fair!“ Immer und immer wieder, während er über mir saß und mir ins Gesicht schlug. Ich konnte nichts anderes machen, als meine Hände schützend davor zu halten, was nicht viel brachte. „Scheiße, der macht den fertig!“, rief irgendjemand und endlich wurde Joachim gepackt und von mir runter gezerrt. Ich blieb mit geschlossenen Augen einfach am Boden liegen und fühlte mich wie ein Häufchen Schmerz, der sich hauptsächlich auf mein Gesicht konzentrierte. Ich fasste vorsichtig in mein Gesicht und stellte fest, dass ich blutete. So ein Dreck... Ich öffnete die Augen und setzte mich mühsam auf. Joachim wurde noch von seinem Kumpels festgehalten und starrte entsetzt in meine Richtung, so als wäre er selber darüber erstaunt, was er gerade getan hatte. „Scheiße, geht’s dir gut?“, fragte Paul, der neben mir in die Hocke gegangen ist und sich wohl nicht traute mich anzufassen. Ich musste echt ramponiert aussehen, ich fühlte mich jedenfalls auch so. „Mein Nase tut weh.“, meinte ich schließlich und ich war mir ziemlich sicher, dass Joachim und ich was Nasenbluten anging definitiv quitt waren. „Wie geht’s ihm?“, rief einer von Joachims Kumpel rüber, der wohl sicher gehen wollte, dass sein werter Freund nicht gerade irgendjemand krankenhausreif geprügelt hatte. „Ich kümmer mich um ihn.“, antwortete Paul und half mir schließlich ganz auf die Beine. So hatte ich mir den Tag nicht vorgestellt. „Denkst du, deine Nase ist gebrochen?“, fragte er besorgt und ich schüttelte nur den Kopf, sie hatte sich heil angefühlt, wenigstens das. Paul atmete erleichtert aus und drückte mich an sich. Ich dachte noch daran, dass ich ihm jetzt sein T-Shirt vollblutete, aber es war ihm anscheinend egal. Epilog: Über den Verlust nach einem Kampf ----------------------------------------- So, hier noch den Epilog, ich hoffe ihr habt euren Spass daran und ich möchte den wenigen Kommentatoren dieser Geschichte herzlich danken, ich hab mich über jedes Feedback sehr gefreut und natürlich auch, dass über vierzig Leute diese kleine Story von mir favorisierten haben. Ich hätte nicht erwartet, dass es doch soviele Leuten lesen würden. So, ich mach mich jetzt daran, an Treppenaufgang weiter zu schreiben. XD Eure Memphis --------------- Ich kam gerade aus dem Badezimmer und betrat mein Schlafzimmer. Ich konnte noch sehen, wie Paul noch hastig etwas in sein Handy flüsterte und dann auflegte. „Joachim?“, fragte ich mit kühler Stimme und Paul winkte ab. „Nee, meine Mom.“, kam es von ihm und ich war immer wieder erstaunt, wie schlecht Paul doch im Lügen war. Aber ich tat so, als würde ich es ihm glauben. Es galt Frieden zu bewahren, für mich, für ihn und vor allem für uns. Ich wusste, dass Joachim Paul schon seit Wochen regelmäßig anrief, ihn anbettelte, dass er doch zurück zu ihm kommen sollte und ich wusste auch, dass es Paul immer wieder in ein emotionales Dilemma stürzte. Manchmal wartete ich schon darauf, dass er mir erklären würde, dass Joachim sich dazu entschlossen hatte, doch zu ihm zu stehen und er zu ihm zurück gehen würde. Bis jetzt ist das noch nicht passiert und mit jedem Tag, der verging, fühlte ich mich auch sicherer darin, dass es nie eintreten wird. Ich war trotzdem angespannt. Vor kurzem als Paul bei mir gewesen war, aber meiner Mutter irgendwas in der Küche geholfen hatte, hatte auch sein Handy geklingelt. Die Anzeige hatte mir gesagt, dass es Joachim war, dessen Nummer noch immer im Handyverzeichnis eingespeichert war, und als ich abhob und nichts sagte, kamen mir schon sein Flehen und Wimmern entgegen. Irgendwie hatte ich sogar bemerkt, dass ich Mitleid hatte. Er klang wirklich so, als würde es ihn ziemlich dreckig gehen. Nach der längeren Suspendierung war er alldings auch nicht allzu oft in der Schule gewesen und wenn, sah er sehr abgeschlagen aus. Kein Vergleich zu sonst. Wer hätte gedacht, dass ich wirklich einmal daran Schuld sein sollte, dass er eine Misere in seinem Leben durchmachen würde. Ich musste aber sagen, in dieser Form hatte ich es nie vorgehabt. Und ich mochte Paul wirklich. Irgendwann, als mir Joachims Gejammer am Handy zu nervig geworden ist, hatte ich einfach wortlos aufgelegt. Mit Paul hatte ich darüber nicht gesprochen, wir ließen das Thema Joachim generell unangetastet. Es lief alles gut, solange nicht die Rede von ihm war und wir waren uns einig gewesen, dass wir unsere Beziehung nicht unnötig belasten wollte. „Also wegen mir, könnten wir jetzt los.“, wechselte ich das Gesprächsthema. Paul und ich wollten mit meinen Mädels an den Baggersee und noch ein bisschen die Sonne genießen. Ich wusste, dass Paul es mochte, dass ich aus ihm kein Geheimnis machte. Die Reaktion aller hielt sich auch stark in den Grenzen, die meisten meinten, sie hätten sich das sowieso schon gedacht. Wer allerdings sehr lustig reagiert hatte, war Matthias. Er droht zur Zeit den meisten seiner Kumpels an, dass er sie windelweich prügelte, wenn sie seinen kleinen Bruder als eine dumme Schwuchtel bezeichnen sollten. Niemand durfte seine Familie in dieser Form beleidigen, da kannte er nichts. Ich war ihm bei der ganzen Sache vielleicht nicht ganz zuträglich, da ich nicht vorhatte vor irgend jemand zu verleugnen, dass ich auf Kerle stand, fand aber seinen brüderlichen Beschützerinstinkt zur Abwechslung mal ganz reizend. Allerdings hatten Paul und Matthias ein recht gespanntes Verhältnis und mein Bruder war sich nicht sicher, ob doch mal mehr zwischen meinem Freund und Joachim gewesen war. In jedem Fall vermieden sie es, miteinander zu reden. „Ja, wir sollten sie nicht länger warten lassen.“ Paul steckte sein Handy ein und schulterte die Tasche mit den Badesachen, die ich vorher mühevoll zusammen gesucht hatte. Gerade als wir aus der Haustüre raus wollten, empfing uns im Flur die gackerende Kaffeklatschrunde meiner Mutter. Anscheinend waren sie gerade miteinander verabredet gewesen. Ich seufzte. Es wäre zu unhöflich gewesen, ohne eine Begrüßung zu verschwinden. „Und das ist Paul!“, hörte ich meine Mutter mit einem gewissen Stolz in der Stimme sagen. Ja, Mama, blamier mich ruhig. Gib mich der Schande hin, dass du meinen armen Freund dieser Frauenmeute aussetzt. Paul lächelte etwas verschüchtert in die Runde und ich konnte ihm anmerken, dass er nicht genau wusste, was er jetzt tun sollte. „Du, Mama, wir müssen jetzt wirklich los.“, meinte ich schließlich. Irgendwie musste ich ja den armen Kerl retten und ich zog ihn einfach an den Frauen vorbei nach draußen. Meine Mutter rief mir noch irgendwas hinter her, dass nach „Kuchen“ und „Ihr verpasst was“ klang, aber ich ignorierte es. Mit einem Seufzen ließ ich mich auf den Beifahrersitz von Pauls Auto fallen. „Tut mir Leid, das Ganze.“, sagte ich ehrlich und Paul lachte nur. „Ich mag deine Mutter.“ Er lächelte bei dem Satz und fuhr mir über den Handrücken. Ich verdrängte den Gedanken, dass er eben erst mit Joachim telefoniert hatte. Er saß hier mit mir und würde das Wochenende mit mir verbringen. Ich hatte gegen Joachim gewonnen. „Und sie findet dich absolut hinreißend.“ Ich seufzte nochmal. Meine Mutter gab momentan bei jeder Gelegenheit damit an, wie toll ihr Schwiegersohn in spe, wie sie ihn zu nennen pflegte, doch war. Ich glaube, damit wollte sie mir auch beweisen, dass sie dem ganzen tolerant gegenüber stand und mich in jedem Fall voll und ganz akzeptierte. War zwar ganz schön, aber manchmal doch irgenwie peinlich. So wie eben, als sie Paul regelrecht vorgeführt hatte. „Eifersüchtig?“, fragte Paul mit belustigter Stimme. „Etwas.“, gab ich zurück und grinste dabei. Auch wenn ich nicht eifersüchtig auf meine Mutter war, ganz bestimmt nicht. Aber ich wusste, wenn ich wegen Joachim nerven würde, würde ich genau das erreichen, was ich nicht wollte, nämlich das ich Paul verlieren würde und deswegen sagte ich nichts. Ich vertraute ihm und unserer Beziehung. Bevor er das Auto startete, beugte er sich noch zu mir herüber und drückte mir einen kurzen Kuss auf die Wange. Ich schaute zu ihm und lächelte. Vielleicht war unsere Beziehung nicht so perfekt, wie man das immer gern hätte, aber ich wusste, dass es sich lohnte. Er spielte zwar einen pinken Master Chief, aber eigentlich hätte mir nichts besseres passieren können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)