Infinite - Bis(s) zum Unmöglichen von *Fane* (The Bella & Edward Story) ================================================================================ Kapitel 9: Unfertig ------------------- Ich bin mal gespannt was ihr zu diesem Kapitel sagt, ich mag es sehr =) In der Hoffnung, dass es euch auch gefällt... V/*F* ------------------------------------------- Ich wusste zwar nicht wohin ich lief, doch dass ich immer tiefer in den Wald gelangte und mich immer weiter von der Zivilisation entfernte, soviel war gewiss. Darin war ich gut… verirren, in Gefahr bringen. Ich hoffte nur, dass es auch klappte, wenn ich es wollte. Das Gestrüpp wurde dichter und mein Fortkommen schwieriger. Ich sah auf die Uhr. Ich musste Edward anrufen, wie ich es versprochen hatte. Würde ich es nicht tun, würde er sofort mit der Suche nach mir beginnen. Ich blieb stehen, atmete dreimal tief durch um meine Erschöpfung zu verbergen und wählte. „Es ist alles gut Edward, keine besonderen Vorkommnisse“, ratterte ich so schnell runter, dass nicht mal ich selbst es verstand. „Warum bist du außer Atem?“, fragte er kühl. Mist. „Ich bin grad hoch zu Jacob gerannt, etwas holen“, log ich, „bis dann.“ Ich legte auf. Das war geschafft, schnell weiter. Mir blieben 10 weitere kurze Minuten. Das Licht erreichte nur noch stellenweise den Boden, da die Bäume über mir immer dichter wurden. Bitte Victoria, du musst hier doch irgendwo sein. Es kann doch nicht so schwer sein, mich dir hilflos auszuliefern, sonst schaffe ich es doch auch zu den niederträchtigsten Kreaturen zu gelangen. Der Weg vor mir stieg an und verlief nun nur noch sehr undurchsichtig. „Alles okay“, sprach ich ein paar Minuten später in mein Handy, „nichts-“ „Was macht ihr gerade?“ „Ich sehe dabei zu wie meine Pizza verschlungen wird“, ich versuchte zu lachen. „Schmeckt sie ihnen?“, fragte er weiter nach. „Sicherlich, Edward, bis dann.“ Ich legte auf. Es schmerzte mir ihn so anzulügen… abzufertigen… doch er hielt mich nur von meinen Plänen ab. Vereinzelt waren auf dem ansteigenden Hügel fußballfeldergroße Plätze gerodet. Dazwischen wieder ein bisschen wild wachsende Natur. 10 Minuten waren vergangen. „Hey, immer noch-“ „Wo bist du?“ Seine Stimme klang forsch. „Am Strand.“ Ich glaubte, dass er ahnte, dass ich nicht mehr bei den Blacks zu Hause war, aus welchem Grund auch immer. Ich lief währenddessen langsam weiter und sah zwischen zwei Bäumen in diesem Moment ein weiteres gerodetes Feld und am anderen Ende etwas Feuerrotes aufblitzen. Ich schloss mein Klapphandy. Das Klicken hallte im Wald. Ich schritt auf Victoria zu. Sie kam mir katzengleich entgegen. Ein hämisches Grinsen auf ihren Lippen machte ich schon aus weiter Entfernung aus. Während ich ging, schmiss ich das Handy und meine Jacke und meinen Schal irgendwohin. Wenn ich nicht sterben würde, würde ich es als Vampir schnell wieder finden und ansonst wäre es sowieso egal. Wir standen uns gegenüber. Zwanzig Meter zwischen uns. „Isabella Swan“, sagte ich und bleckte die Zähne. Ich wartete. „Was führt dich denn hierher? So ganz allein… ohne deine sieben Bewacher. Sie waren nicht sehr nett zu mir, aber ich habe mich ja angemessen gerächt.“ Sie lachte kurz und leise auf. Wut und Hass überkamen mich. „Was willst du?“, fragte sie nun ernst und Angst einflössend. „Mir egal, tu was du nicht lassen kannst“, sagte ich mit trockenem Hals und kam mir dabei merkwürdig kindisch vor. „Du lässt mir die Wahl?“, sie lachte laut auf. „Ihr Menschen seid so unglaublich töricht und dumm.“ Nun trennten uns nur noch 10 Meter. Ich sah ihre feuerroten Augen funkeln. Ich atmete tief, damit mein Körper nicht schlapp machte und mich im Stich ließ. Er rebellierte gegen mein Vorhaben. Mein Geist war messerscharf. Ich wusste was ich wollte. Ich hatte Angst, dass sie sich vielleicht nicht an mir rächte, weil es zu einfach war, weil ihr der Nervenkitzel wie bei James fehlte. Doch ich irrte mich glücklicherweise. Ein Windzug, eine hastige Bewegung, ein Schatten. Schmerz. Ich lag auf dem Boden. Mit voller Wucht hatte sie mich zu Boden geworfen. Es fühlte sich an, als wäre ich von einer Brücke gefallen und mit dem Rückgrat zuerst auf dem Boden aufgekommen. Sie robbte in gehockter Stellung auf mich zu. Beiß, mach was, nur mach was, flehte ich innerlich. Sie ergriff mich am Kinn und zog mich hoch, sodass ich stand. Ich spürte ihre Nase an meinem Schlüsselbein und dann hoch zu meinen Wangen gleiten. Sie sog meinen Geruch genüsslich auf. Es war abartig. Ich hatte die Augen starr geöffnet. Wenn ich sie schloss, spürte ich nur noch mehr in mich hinein und das könnte mein Geist nicht verkraften. Sie ergriff meine rechte Hand und fasste an die Stelle, an der mich schon einmal ein anderer Vampir, ihr Gefährte, gebissen hatte. Sie strich mit den Lippen darüber und atmete tief ein. Ich rang mit meinem Körper um mein geistiges Bewusstsein. Dann endlich biss sie zu. Ich sackte augenblicklich zusammen auf die Erde. Doch sie tat mir nicht den Gefallen, es dabei zu belassen. Nur ganz kurz spürte ich ihre Zähne auf meiner Haut und ebenso kurz das, leider, vertraute Brennen in mir. Sie biss mich von der Hand abwärts in kurzen Abständen in den Arm. Es fühlte sich an wie tausende kleine heiße und eiskalte Nadeln, die mich durchbohrten. Ich konnte nicht schreien, obwohl mein Kopf zu platzen drohte. Ich fühlte mich, als wäre in mir ein Brand entfacht worden. Dann hörte sie auf und aller Schmerz verebbte. „Es gibt noch zu viel, was ich mit dir vorhätte“, sie grinste und zog mich auf die Beine, „und ich hätte nicht übel Lust alles aus dir rauszusaugen und-“, sie lachte auf, die Vorstellung schien sie zu erheitern, „aber leider tue ich dir den Gefallen nicht so einfach zu sterben. Aber keine Sorge, du wirst sterben.“ Sie machte eine Pause. Die Schmerzen loderten in mir auf und ich glaubte nicht mehr lange irgendetwas wahrnehmen zu können, doch mein Verstand stutzte. Das Gift war nicht giftig. So viel wusste ich. Wieso sollte ich sterben? Es würde mich doch nur verwandeln… ein kurzes Glücksgefühl wurde von den Schmerzen erstickt. „Es wird dich in den Wahnsinn treiben und du sollst leiden und jämmerlich verrecken“, hauchte sie selbstsicher und zufrieden. Sie richtete sich auf und wand den Kopf zu allen Seiten, als hörte oder sah sie etwas. Dann rannte sie davon und kaum hatte sie mich losgelassen, klappte ich zusammen wie ein Kartenhaus. Ich roch den modrigen Boden unter mir. Ich sah, obwohl mir allmählich die Sinne schwanden und ich meinen linken Arm, mit den tausend Bissen, nicht bewegen konnte, noch recht gut. Neben meinem Kopf lag mein rechter Arm. Meine Armbanduhr tickte. Es waren 10 Minuten vergangen. „Zu Carlisle! Holt ihn!“ Ich spürte nichts. Keinen Schmerz, aber auch kein Leben in mir. Es fühlte sich an, als wäre ich eine leere Hülle. Keine Berührung, kein Schmerz, nichts erreichte meine Sinne… als wäre ich ein Außenstehender und sah zu wie Edward mich hochhob. Ich konnte weder den Kopf heben, noch mein Arm um ihn legen. Mein Körper gehorchte mir nicht mehr. Doch ich war nicht bewusstlos. Ich hörte und sah, obgleich ich nicht fühlte. Er lief. Er lief mit mir durch das lange Waldstück, dass ich gelaufen war und törichterweise fragte ich mich warum er sich so beeilte. Ich verwandele mich und daran ändert er nichts mehr. So hoffe ich zumindest. Und ich glaubte nicht, dass ich tot war. Das Gefühl, eine Seele in einer Hülle zu sein, die der Seele nicht gehorchte, war beängstigend, aber auch angenehm. Ich empfand das Brennen nicht. Doch genau das war wiederum auch Angst einflössend. Damals bei James hatte mir das Brennen so zugesetzt, dass ich mich jetzt noch haargenau an jede Regung in meinem Körper erinnern konnte. Ich hatte es vorhin gespürt. Kurz. Bei jedem Biss. Doch jetzt nicht mehr. Verwandelte ich mich etwa gar nicht? Er blieb stehen. Wie ein „M“ lag ich über seine harten Arme. Ich konnte meinem Körper keine Befehle geben. Ich blinzelte. Das ging. Wir waren beim Haus der Cullens angekommen. „Carlisle!“, schrie Edward mit tiefer bedrohlicher Stimme und schon erschien Carlisle an Edwards Seite. Ich lag auf dem marmornen kalten Boden. „Bella, hörst du mich?“ Ich antwortete, wer auch immer mich angesprochen hatte, mit einem leisen gurgeln. Jemand hob meinen linken Arm an und ich spürte eine Hand darüber hinweg gleiten. Unerwartet durchfuhr mich der brennende Schmerz augenblicklich. Jegliches Körpergefühl war wiedergekommen. Schmerzverzerrt richtete ich mich auf und schrie. Ich war überrascht wie laut und kräftig meine Stimme war. Das Brennen durchzuckte meinen ganzen Körper. Bis in jede Zelle. Es war noch weitaus schlimmer, als das letzte Mal. Genauso augenblicklich erstarb der Schmerz und ich sackte leer zurück auf den Boden. „Carlisle“, sagte Edwards sonst sanfte Stimme nun hart und fordernd. „Wir können nichts tun Edward“, sagte er nach einer kleinen Pause. Ich wusste nicht, ob ich in sein Gesicht sah oder nicht, ob es ein Gesicht war oder nicht, denn genauso scharf wie auch verschwommen sah ich, doch das was vor mir war, war wutentbrannt. „Edward. Wir können von Glück reden, wenn sie das überlebt.“ Carlisles Stimme war so ruhig wie immer. „Glück“, murmelte Edward verächtlich. Carlisle ging nicht darauf ein. „Die einzige Möglichkeit wäre, dass einer von uns sie beißt, damit die Konzentration des Giftes in ihrem Blut erhöht wird und es schneller geht. Doch ich weiß nicht, ob sie das verkraftet. Ihr Körper ist schwach und-“ Edward nickte. Carlisles Worte schwirrten in meinen Gedanken herum. Ich hatte das Gefühl, dass ich sie nicht verstand, doch ich tat es, denn ich dachte darüber nach. Die Verwandlung würde lange dauern. Sehr lange. „Wenn wir nichts tun-“, begann eine weibliche Stimme, die ich über meinem Kopf ortete. „-dann wird sie vermutlich verwandelt werden“, beendete Carlisle den Satz. „Aber man kann nicht sagen, wie unversehrt oder eben… nicht unversehrt“, er räusperte sich, „und wie lange es dauert.“ Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, durchloderte für einen kurzen Moment das Feuer und der starke Schmerz meinen Körper. Einem Schmerz, dem ich auch nicht länger als einen kurzen Moment gewachsen sein würde, so viel wusste ich. Doch danach war es anderes. Ich riss die Augen auf, dann richtete ich mich auf. Ich stand sogar auf. Ich sah sie. Alle sieben. Ich sah die vielen Bissspuren an meinem Arm und sonst war alles wie vorher. „Bella?“ Es war Alice’ Stimme, welche mir am nächsten war. Ich drehte mich zu ihr und lächelte. Es war alles wie immer. „Ja?“ Blicke wurden ausgetauscht. Edward kam zu mir und setzte mich auf die Couch. Carlisle und Edward setzte sich zu meiner Linken und Rechten. Vielsagend sahen sie sich an. „Was hast du getan Bella?“ Es klang nicht halb so vorwurfsvoll wie ich es erwartet hatte. „Euch beschützt. Jetzt werde ich wie ihr und kann meine beiden Familien selber beschützen“, sagte ich munter. Außer mir lächelte niemand. Alle sahen äußerst bekümmert drein. „Du hättest sterben können-“ „Aber jetzt verwandele ich mich“, meine Stimme fühlte sich merkwürdig hoch, piepsig und kindisch an, als wäre das alles ein Spiel, „und wenn ich erstmal-“ Ich wusste nicht, ob ich das richtig wahrnahm, da mir in diesem „Normalzustand“ alles vorkam wie unter eine Glasglocke. Etwas riss mich heftig nach hinten. Ich fiel rückwärts durch die Scheibe, ein Schrei ertönte, der nicht mein eigener war. Ich spürte keinen Wind, als ich aus dem ersten Stock hinunter fiel und kam auf dem Rücken, alle Viere von mir gestreckt, auf den Boden auf. Ich öffnete wie zuvor die Augen, doch alles war getrübt. Ich rekonstruierte was geschehen war. Ich hatte mich auf der Couch mit den Händen zurückgeschoben und scheinbar war genau in diesem Moment meine unglaubliche Neugeborenenkraft aufgetreten, sodass ich durch die Scheibe rückwärts zurückgeflogen bin. Die Stimmen um mich herum hallten wie in einem gigantischen Saal. Sie hallten so lang, dass ich die Worte nicht aneinander reihen konnte. Meine Wahrnehmung ließ nicht komplett nach. Mein Geist gab meinem Körper nicht nach. Und auch mein Humor nicht. So fühlt sich Wachkoma an, überlegte ich belustigt. Ich lag immer noch in den Scherben am Boden. Ich erkannte schemenhaft Gestalten, die jedoch in rot und grün und gelb zu leuchten schienen. Ich selbst war rot. Rot besprenkelt. Meine Wahrnehmung war völlig irrational. „Und?“, fragte eine Stimme, als mich ein paar Arme hochhoben. „Riecht wie immer“, knurrte die Stimme, die zu Edward gehörte. Diesmal war es länger. Länger als ich dachte verkraften zu können. Wie ein Stromschlag, ein Feuer in meinem Körper und tausend Nadeln, die mich durch meinen Körper hindurch traktierten. Kein Schrei konnte mir diesmal über die Lippen gehen, zu sehr war ich darauf bedacht mich darüber zu wundern, wie ich diesen Schmerz aushalten konnte. Mein Kopf schien zu zerbersten und ich wäre auch nicht undankbar darüber gewesen. „Ich kann das nicht mit ansehen“, sagte Edward. „Was willst du tun?“, fragte eine männliche Stimme, die nicht Carlisle gehörte. Ich vernahm keine Antwort. Sekunden später lag ich wieder auf dem Boden des Wohnzimmers. Dann wurde ich gegen einen Hauspfeiler, vorsichtshalber zwischen den Fenstern, gesetzt. Edward kniete sich vor mir. „Wie geht es dir? Was fühlst du?“ Ich fand die Fragen eigenartig antwortete jedoch wahrheitsgemäß, denn so war es nach dem Schmerz von vorhin: „Nichts.“ Edwards Blick suchte Carlisles. Doch ich sah nicht, was dieser mimisch entgegnete. Ich fühlte mich ferngesteuert. Ich weinte ohne Trauer oder Traurigkeit zu empfinden. Ich weinte ohne Schluchzen oder Emotionen. Mein Gesicht war einfach nur nass. Ich verstand nicht, was mit mir geschah. Ich wusste nur, dass ich mich verwandelte, aber warum so kompliziert? Ich hatte das Brennen erwartet. Eine lange Zeit und danach würde ich „fertig“ sein. Doch diese verschiedenen Daseinzustände hatte ich nicht erwartet. Dasein… war ich überhaupt „da“? Wie eine Faust, die sich in meinem Magen rammte, wurde ich gegen den Pfeiler hinter mir gedrückt. Irgendetwas um mich herum erzitterte und als ich wieder die Leere fühlte, wusste ich, dass es das Haus war, denn Esme, ich vermutete nur, dass sie das war, stellte einige Gegenstände im Raum wieder richtig hin. Danach… Normalzustand. „Edward…“, sagte ich nur. Ich wusste nicht, was ich fragen sollte, denn ich verstand genauso viel wie ich nicht verstand. „Bella, es tut mir alles so leid. Dein Vater-“ Ich schüttelte den Kopf. Das interessierte mich jetzt, es schmerze so etwas zu denken, überhaupt nicht. „Was kann ich tun?“ Edward zog die Augenbrauen zusammen. Er verstand was ich meinte. Ich war eine Gefahr. Ich war unberechenbar. Selbst für Vampire. „Nein… niemand kann etwas tun. Du kannst nichts tun außer abwarten. Und wir…“, er pausierte kurz, „wir können es weder verkürzten noch aufhalten.“ In seiner Stimme lag Bitterkeit, als er es aussprach. Er wollte nicht, dass ich mich verwandelte und doch tat ich es. Groteskerweise lächelte ich bei dem Gedanken es geschafft zu haben. Doch er war nicht wütend. Er hatte keine Zeit wütend zu sein, zu besorgt sah er mich an. Ich wusste warum die Zeit der Verwandlung eine sehr prägende Zeit im Gedächtnis von Vampiren war: Man hatte keine Chance sie nicht hundertprozentig zu spüren oder sich abzulenken. Man fühlte alles. Doch bei mir war es nicht nur Schmerz, sondern auch die Leere, die nicht unbedingt angenehmer war, als der Schmerz. Hinzu kamen die abstrusen Normalzustände hin und wieder, als wäre nichts gewesen…. Schmerz – Leere – Normalzustand – Schmerz – Leere… eine Woche lang. Und die Normalzustände hörten bereits nach ein paar Stunden auf. Die Leere nahm Mitte der Woche ebenfalls nach. Es blieb der unaufhörliche Schmerz. Es schien kein Ende mehr zu nehmen. Ich wusste nicht mehr wie es war aufrecht zu stehen, frei zu sein, schmerzfrei. Die Cullens mussten mich und sich rund um die Uhr beschützen. Ich hatte es bereits geschafft in einem Moment des Schmerzes Edward mit einer Hand an der Schulter zu berühren, was zur Folge hatte, dass er durch das Fenster gegen einen entfernten Baumstamm knallte. Alice hätte Schwielen an den Armen gehabt, wenn sie nicht unzerbrechlich war. Sie hatte meine Hand gehalten und ich, dies erwidernd, hatte meine Kraft nicht kontrollieren können. Ich schämte mich ungemein und ekelte mich vor mir selbst. Nicht davor was ich werden würde, sondern was ich momentan war. Eine Gefahr, selbst für Vampire. Ich aß nicht, hatte keinerlei andere menschliche Bedürfnisse und schlief nicht. Am 8. Tag, ein Samstag, wachte ich auf Edwards Sofa auf, ohne zu wissen, dass ich eingeschlafen war. Doch es war ein komisches Aufwachen, denn ich fühlte mich nicht, als hätte ich geschlafen, sondern nur da gelegen. „Guten Morgen Liebste“, hauchte Edward mit einem strahlenden Lächeln. Sein Gesicht direkt über meinem. Ich machte Anstalten mich aufzurichten, er wich zurück. Ich war verwirrt, doch er lächelte weiter. „Es ist vollbracht. Du bist fertig. Die Verwandlung ist abgeschlossen.“ Ich verstand seine Worte erst nicht. Dann blickte ich zum Fenster, wo sich mein Abbild spiegelte. Ich erkannte sanfte Andeutung von violetten Rändern unter meinen Augen, meinen braunen Augen. „Mein Augen-“ „Wir warten einfach“, sagte Edward schlicht. Ich betrachtete, unter Edwards musterndem Blick, meine Arme, Hände und Beine. Alles sah aus wie immer, doch sie war kalt und härter als sonst. Ich dachte nach. Ich war ein Vampir. Das hieße, dass ich nicht in die Sonne konnte, Blut trank, nicht mehr schlief, unglaublich stark und schnell war und- und? Was noch? „Was für eine Fähigkeit habe ich? Habe ich eine?“ Er lachte kurz. „Weiß nicht, schau doch in dich hinein.“ Apropos… „Kannst du meine Gedanken lesen?“ Er schüttelte immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen seinen Kopf. Ich stand auf. Ich wollte alles austesten, was ich war. Ich öffnete die Tür, schritt ein wenig von ihr zurück. Edward gluckste hinter mir. Er schien zu ahnen was ich vorhatte. Ich dachte kurz an den Weg. Rechts, kurz geradeaus, dann die Treppe runter, die nach links verlief, dann- na ja vielleicht reichte der Flur unten auch erstmal. Ich nahm Anlauf und lief los. Es klappte. Ich war unglaublich schnell. Doch selbst als Vampir war mir die Tollpatschigkeit gegönnt. Die erste Treppenstufe traf ich nur auf der Kante und so segelte, ich auf dem Rücken über die Treppen rutschend, runter gegen die Wand, vor der ich nun lag. Mir tat nichts weh. Ich spürte Edwards Hände unter meinen Achseln, welche mich hochzogen. Sobald ich stand, war Carlisle neben mir. Edward gluckste immer noch neben mir. Doch Carlisles Gesicht offenbarte eine Mischung aus strenger Besorgnis und amüsiertem Lächeln. „Na, da haben wir ja noch einiges zu tun“, grinste Edward, doch es wirkte gequält. „Ähm“, meldete ich mich zu Wort, „bin ich noch nicht fertig?“ „An sich schon oder spürst du noch etwas?“, wollte Carlisle wissen. Ich schüttelte den Kopf und schritt an den beiden, unter deren neugierigen Blicken, vorbei. Ich ging durch den Flur, am Wohnzimmer vorbei, die war geschlossen, die Treppen runter und raus an die strahlende Sonne. Ich postierte mich im Licht und sah auf meine Arme. Nichts. Ich wand mich zu allen Seiten, es blieb dabei. Ich leuchtete nicht. Carlisle und Edward, die hinter mir her gekommen waren, waren nicht minder überrascht. Doch ich war nahezu panisch. „Was- Warum- Wieso bin ich nicht fertig? 8 Tage Tortur und ich bin nicht mal komplett??“, schrie ich. Carlisle und Edward tauschten einen vielsagenden Blick aus. „Bella, Schatz.“ Edward nahm mich in den Arm und führte mich ins Haus und dann ins Wohnzimmer. „Überraschung!!!“, hörte ich und nahm die fünf übrigen Cullens im geschmückten, party-tauglichen Wohnzimmer wahr. Doch ihr Lächeln erstarb. Ich ging mit Edward durch sie hindurch. Ich hockte mich vor dem Sofa hin, während Edward sich auf die Kante des Sofas neben mich setzte. „Sag mir alles, bitte.“ Ich hatte meinen Kopf auf die Knie gelegt und die Arme darum geschlungen. Stille. Ich sah nicht hoch. Ich erahnte nur, dass er mit sich rang, was er mir sagen sollte. „Du bist ein Vampir und unsterblich“, begann er, „so viel ist sicher. Was die anderen Eigenschaften angeht, das wissen wir nicht.“ „Und warum bin ich nicht komplett? Warum hat es so lange gedauert und dann nicht mal funktioniert?!“ Meine Stimme wurde lauter. Ich sah immer noch nicht hoch. „Du hattest nur sehr wenig Gift in dir. Egal wie viel Gift ein Mensch davon in sich trägt, er wird sich verwandeln und wenn es nur ein Tropfen ist. Doch je weniger, desto länger und schmerzhafter. Und-“ Jetzt sah ich hoch. „desto gefährlicher einem Wahn zu verfallen…“ Ich spürte wie ausdruckslos mein Gesicht war. „Bella, du bist als Mensch schon besonders gewesen. Du trotzt meiner Fähigkeit. Dass die Verwandlung vielleicht nicht ganz so reibungslos abläuft wie bei uns anderen, war fast anzunehmen. Dass Victoria dich durch diese vielen Bisse“, er strich mit dem Handrücken über meinen linken Arm, „gefoltert hat und dir wissentlich nur sehr wenig Gift injiziert hat, machte es nicht besser.“ Ich nickte nachdenklich, während ich auf meine Knie sah. „Wenn wir heute Abend jagen gehen, bring’ ich ihr was mit. Sie ist noch zu schwach um das selbst zu tun. Ich bringe ihr ein Reh mit. Und einen Hase. Vielleicht kommt dann ihr Durst. Im Augenblick hat sich noch nicht diese lästige Eigenschaft“, hörte ich Alice’ Stimme. Ich schreckte hoch und starrte sie an. Erst jetzt bemerkte ich, dass die Cullens in einem Halbkreis vor mir standen, als wäre ich ein Museumsobjekt. Alice stand schräg rechts vor der großen Fensterwand. „Was hast du gesagt?“, fragte ich direkt. Sie kniff die Augenbrauen zusammen. „Nichts.“ Augenblicklich sahen alle wieder besorgt aus. Einem Wahn verfallen… halten Edwards Worte in meinem Kopf. Ich schloss kurz die Augen und schüttelte leicht den Kopf. Mach dich nicht verrückt Bella, dachte ich, du bist ein Vampir, freu dich und probier aus, was du alles kannst. Versuche das zu beherrschen, damit du deine Familien beschützen kannst. Ich stand auf und schritt durch den geschmückten Raum. Er war mit allerhand Girlanden verziert und Blumen standen überall herum. Alice’ Werk. Auf dem Tisch standen ein paar Geschenke und weitere Blumenvasen. Ich nahm eine Vase in die Hände und versuchte sie zu zerdrücken. Es müsste ein leichtes für mich sein. Ich presste die Hände mit aller Kraft dagegen. Nichts geschah. Die Glasvase machte keine Anstalten zu zerspringen. Ich seufzte laut und warf sie auf den Boden. Sie sank viel schneller, als sie hätte dürfen und kam mit voller Wucht, obwohl ich sie fast nur hatte fallen lassen, auf dem Boden auf. Sie zersprang in tausend Glasscherben und der Boden war übersäht mit Schnittblumen. Das Wasser ergoss sich über den Boden. Niemand sagte etwas. Ich starrte einfach nur auf die Stelle. Wieso gelang es mir nicht so problemlos wie den anderen? Wieso war ich nun so viel gefährlicher als vorher? Wieso war ich so unberechenbar? „Ich muss sie hier raus bringen.“ Es war Edwards Stimme. „Nein“, entgegnete ich und sah ihn direkt an. Auch er kniff, wie Alice vorhin, die Augenbrauen zusammen. Er blieb stehen. Anscheinend hatte er sich, entgegen seiner eigentlichen Natur, anders überlegt. Er setzte sich wieder. Hatte ich überhaupt einen Beweis, dass ich ein Vampir war? Ich drehte mich von den anderen weg und hielt zwei Finger an meinen Hals. Ich drückte meine Finger auf meine kalte Haut. Mein Herz klopfte nicht. Ich war unsterblich. Das stimmte. Doch ich hatte keine schier unendliche Kraft oder Schnelligkeit, zumindest keine die ich kontrollieren konnte, glänzte nicht in der Sonne und hatte bisher auch noch keine besonderen Fähigkeiten entdeckt. Meine Sinne waren auch nicht übermäßig gut, wie es eigentlich sein sollte (besser als vorher, aber mehr auch nicht). Konnte ich schlafen? Das musste ich noch testen. Und… Ich schluckte heftig. Hatte ich Hunger? Also Durst? Ich fühlte nichts. Keinen menschlichen Hunger, keinen Durst nach Blut. Mit gesenktem Kopf und ohne, dass mich jemand aufhielt, ging ich aus dem Zimmer. Ich ging in Edwards Zimmer. Kaum hatte ich es betreten stand Alice lächelnd hinter mir. „Wenn du nichts dagegen hast“, zwitscherte sie und machte eine Bewegung, die mir verdeutlichen sollte, dass ich ihr folgen sollte. Ich trottete, nicht annähernd so tänzerisch wie sie, hinter ihr her. Zwei Türen neben Edwards Tür betraten wir ein Zimmer. Es war groß und leer. Bevor ich etwas fragen konnte, plauderte Alice drauf los: „Das ist dein bzw. euer neues Zimmer. Es kann auch dein eigenes Zimmer werden. Du kannst es nach Belieben einrichten.“ Ich schritt durch das leere Zimmer und setzte mich vor die Fensterfront in den Schneidersitz. Alice tat es mir gleich. Ich sah aus dem Fenster. Die Sonne blitze durch die Wolken. Ich sah zu Alice, die weiter aus dem Fenster sah. Sie leuchtete. Meine Haut blieb unberührt. Erst jetzt wurde mir klar, dass ich außer einem nicht mehr klopfenden Herzen nichts hatte, was typisch für ihre Art war. Dann fiel mir etwas ein. Ich tastete mit der Zunge in meinem Mund herum. Giftzähne hatte ich. Immerhin. Wir saßen eine ganze Zeit lang schweigend dort. Irgendwann ging Alice und ließ mich allein. In mir war alles merkwürdig. Ich fühlte mich unfertig und meine Probleme waren nicht gelöst. Ich war gefährlicher und schutzbedürftiger als vorher, hatte ich den Eindruck. Und noch etwas fühlte dich unfertig an: Der heutige Tag. Irgendetwas fehlte. Als Edward sich gegen Abend seitlich neben mich setzte, wusste ich was fehlte: Die Moralpredigt. „Warum hast du das getan?“, begann er. Ich fand, dass das auf der Hand lag. „Ich hatte das schon viel früher geplant-“ „Geplant?“ Er sah mich direkt an. „Alice wusste es?!“ Seine Stimme war leise, doch es war, als schrie er mich an. „Ja, sie wusste es.“ Edward bebte neben mir. Er starrte zornig und wutentbrannt aus dem Fenster. Ich starrte auf meine Knöchel. „Mit ihr habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen. Nach der Jagd nachher ist sie fällig.“ „Nein, lass sie zu frieden!“, entgegnete ich. Edward zuckte neben mir heftig zusammen und sah mich entgeistert an. Ich wusste gar nicht, was er hatte. Es war doch klar, dass ich Alice in Schutz nahm. Augenblicklich sprang er auf und lief aus dem Zimmer. Er kam mit Alice und Carlisle wieder. Sie waren beiden in Aufbruchsmontur. Ich drehte mich zu ihnen um. Sie starrte mich nur stumm an. „Sieh sie bitte an“, forderte Edward. Das tat ich. Wir guckten einander einfach nur an. „Ich werde mich umbringen.“ Alice’ Stimme „Ich werde mich umbringen.“ Carlisles Stimme. Keiner bewegte die Lippen. „NEIN!!!“, schrie ich. Sie sollten sich nicht umbringen… und warum konnte ich sie verstehen? „Bella, ich glaube jetzt weiß ich, welche besondere Fähigkeit du hast“, sagte Carlisle leise und nachdenklich, „du kannst Menschen beeinflussen bzw. ihre Entscheidungen verändern.“ Ich sah ihn fragend an, verstand aber, dass Edward mich mit Carlisle und Alice hatte testen wollen. „Edward kann die Gedanken, die wir in diesem Augenblick haben, lesen. Alice’ sieht die Entscheidungen und wohin sie führen werden. Also ihre Wirkungen. Du kannst nicht nur die Entscheidungen, allerdings nur die Gegenwärtigen und nicht ihre zukünftigen Wirkungen, sehen, sondern sie auch verändern.“ „Verändern?“, fragte ich ungläubig. Carlisle nickte. Alice und Edward hatten die Augen weit aufgerissen. „Ich weiß bisher nicht viel über deine Fähigkeit, aber du hast gerade ‚Nein’ gesagt und gedacht, was das wichtigere dabei ist, und ich habe mich gefühlt, als hätte ich ein Sinneswandel. Ich sagte selber zu mir nein und dabei beließ ich es.“ „Ist es- ich meine, wusstest du, dass ich es beeinflusst habe?“, wollte ich wissen, obwohl ich nicht glaubte eine solche starke Fähigkeit zu haben. „Ob es uns bewusst war?“, er sah Schulter zuckend zu Alice, „Ich weiß es nicht. Ich vermute, dass es beides sein kann. Bewusst einmal, dass ich es eigentlich will aber irgendetwas mich aufhält, nämlich du, und unbewusst ein andermal, dass ich glaube ich habe mich selbst so entschlossen.“ Ich war verwirrt. Das konnte ich? Unglaubwürdig… Die drei wechselten einen Blick aus, dann kniete sich Edward zu mir. „Bella“, sagte er ruhig, „du musst versuchen das zu kontrollieren und nichts unbewusstes mehr zu denken, wenn, egal wer, eine Entscheidung trifft und du sie hörst. Es wird gefährlich, wenn wir es nicht schaffen unsere Fähigkeiten zu kontrollieren.“ Ich seufzte innerlich. Wieder einmal war ich große Gefahr. Dann nickte ich leicht. Alice und Carlisle waren wieder gegangen. Edward setzte sich zu mir. „Warum hast du das getan?“, wiederholte er die Frage von vorhin. „Ich wollte euch und Charlie beschützen. Das ist mir nicht gelungen. Charlie ist tot und ihr seid durch mich jetzt in Gefahr. Wenn ich mich vor Charlies Tod verwandelt hätte-“ „Hast du nie daran gedacht, dass du auch gegenüber Charlie die Beherrschung verlieren und ihn angreifen könntest?“, warf Edward ein. Nein, das hatte ich nicht bedacht und ich kam mir verantwortungslos und kindisch vor. Ich hatte nicht nachgedacht… nicht genug… „Warum hast du es mir nicht gesagt?“ Edwards Gesicht war engelsgleich und sah in meine immer noch braunen Augen. Ich wand den Blick von ihm ab. „Ich schwöre, ich hätte dich lieber eigenhändig verwandelt, als es Victoria tun zu lassen.“ Ich schnaubte. „Wenn du es gewusst hättest, hättest mich nicht aus den Augen gelassen und es trotzdem nicht getan, du hättest-“ „Vielleicht“, murmelte er dazwischen. „Werde ich jemals ein richtiger Vampir sein? Mit allem drum und dran?“, fragte ich nach einer kurzen Zeit der Stille. Edward grinste. „Du bist jetzt schon ein richtiger Vampir mit allem drum und dran. Das einzige ist, dass du viele menschliche Fähigkeiten behalten hast. Zumindest vorerst. Wer weiß. Ich wette, dass du nicht durstig bist oder?“ Ich horchte in mich hinein. „Hmm… also sonderlich Lust auf Blut habe ich nicht…“, gestand ich, „eigentlich habe ich gar keine Bedürfnisse…“ Edward lachte auf. „Dein Hunger war als Mensch in letzter Zeit ja auch nicht sehr ausgeprägt oder?“ Ich lächelte und es tat fast weh. Ich hatte lange nicht gelächelt. „Ich sollte das glaube ich mal testen, habt ihr etwas Essbares hier?“ Er sah mich fragend an: „Was menschliches? Ich glaube nicht… oder doch…“ Wir standen auf und gingen nach unten. Keiner war da, sie waren jagen gegangen. Auf dem Tisch stand eine große Torte, wie mir jetzt erst auffiel. Edward schob sie zu mir. Ich nahm eine Gabel und kostete ein Stück. Es schmeckte. „Wie immer“, sagte ich ein wenig gequält lächelnd. „Woah“, sagte Edward nur, „weißt du“, er stellte sich näher zu mir, „dass du der mächtigste und stärkste Vampir von uns bist?“ Ich prustete los. „Ich kann nicht mal eine Vase zerdrücken!“, lachte ich. „Das kommt noch. Bisher kannst du deine Kräfte noch nicht willentlich und bewusst einsetzten, eher wenn du aufgewühlt oder wütend bist, kommen sie in völligem Ausmaß. Aber das meinte ich eigentlich auch nicht. Kaum einer würde darauf kommen, dass du ein Vampir bist. Du hast unsere schlimmsten Eigenschaften, zumindest bisher, nicht bekommen: Den Durst und die Haut in der Sonne. Du kannst unter Menschen völlig normal leben wenn es so bleibt. Hinzu kommt deine Fähigkeit. Du brauchst gar keine Kräfte. Jeden Angreifer könntest du umstimmen, dich nicht zu töten. Du bist immer im Vorteil“, schwärmte er fast. „Wenn ich diese Fähigkeit kontrollieren könnte“, setzte ich hinzu. Ich fand er malte ein wenig zu rosarot. Er nickte. „Kann ich dann Victoria dazu bringen mich nicht mehr zu suchen und töten zu wollen?“ Er nickte wieder. „Cool“, sagte ich und fand ein wenig Gefallen an der Fähigkeit. Doch ich hatte keine Ahnung wie ich meine Fähigkeit kontrollieren sollte. Ich hatte die Stimmen einfach so gehört. Wie sollte ich das anstellen? „Es wird sich ergeben“, sagte Edward wie als Antwort auf meine Frage, „aber bis dahin musst du sehr vorsichtig sein.“ Ich nickte. Wir schwiegen. Edward fasste mich an den Schultern und drehte mich zu sich um. Seine goldenen Augen blitzten mir leidenschaftlich entgegen. Er strich mir durch das Haar. Er küsste meinen Hals und atmete tief. „Du riechst immer noch unbeschreiblich… lecker“, er grinste, während er mich vom Hals aufwärts küsste. „Du riechst auch immer noch lecker“, bekannte ich. Er hob mich auf den Tisch und küsste mich weiter innig. Es war noch beeindruckender als sonst auch. Seine kalten Lippen, meine kalten Lippen, seine seidige Haut, meine seidige Haut. Ich ertastete sein Gesicht und blinzelte. Er war so wunderschön. „Liebst du mich immer noch?“, fragte ich flüsternd. „Mehr als andere auf der Welt“, hauchte er zurück. Er küsste mein Kinn, dann meine Unterlippe, dann meine Nase. Meine Finger fuhren durch sein bronzenes Haar. „Weißt du was“, sagte ich atemlos, „ich glaube ich gehe schlafen.“ Er unterdrückte ein Lachen. „Schlafen kannst du also auch?“ Ich dachte nach, ich war eigentlich nicht müde. Es war einfach nur Gewohnheit. „Kann ich es ausprobieren?“ Wir grinsten. Edward nahm meine Hand und rannte hoch. Ich konnte auch rennen, wie er. Er stütze mich ein wenig, sonst hätte ich das Gleichgewicht verloren. Wir lachten. Es war ein herrliches Gefühl. Ich legte mich auf die Couch und kuschelte mich an ihn. „Wir müssen unser Zimmer morgen einrichten“, fand ich. „Unser Zimmer?“ „Jaah“, sagte ich, „ich möchte es nicht für mich alleine. Es ist unseres.“ „Okay“, er lächelte zustimmend, „aber morgen ist Sonntag.“ „Oh, dann übermorgen.“ Ich genoss es sehr eng an ihn geschmiegt zu liegen und zu wissen, dass er sich nicht quälen musste. „Herzlichen Glückwunsch zu deinem Abschluss übrigens“, sagte er und hielt mich ein wenig von sich weg, um mein Gesicht zu betrachten. Ich seufzte gespielt. „Danke, aber das ist mir nicht wichtig“, gab ich zu. „Mir aber“, sagte er ebenso gespielt sauer, „was studieren wir nach dem Sommer?“ „Mir gleich, aber es wird mich keiner nehmen… ich habe sämtliche Fristen verpasst“, gestand ich meine Nachlässigkeit. „Wo möchtest du denn hin?“, überging er das und streichelte mir über den Kopf. „Wo möchtest du hin?“, fragte ich zurück. „Mir egal, ich war schon in Princeton, Harvard-“ „Mir auch egal“, unterbrach ich ihn, bevor das zwei Stunden so weiter ging. Mit der Nase glitt ich über seinen Hals. „Such dir was aus, ich regele das“, sagt er. Ich wusste, was er mit „regeln“ meinte. „Ich möchte nicht, dass du mich irgendwo einkaufst.“ „Ach übrigens“, fiel ihm ein und schob sich von mir weg. Er kramte mit der rechten Hand in seiner Hosentasche, auf dem Arm der anderen Hand lag ich. „Hier.“ Er reichte mir eine Karte. Eine Kreditkarte. Ich hielt die Hände abwehrend vor die Brust. „Kommt gar nicht in Frage. Nicht mal im Entferntesten“, wollte ich klar stellen, „ich habe geerbt.“ Die Erinnerung an Charlies Tod versetzten mir einen Stich. „Das, was du geerbt hast in Bruchteil an dem, was mir jeden Tag erwirtschaften“, sagte Edward empört. Doch er grinste. „Mir gleich, ich will nicht-“ „Bella, wir verdienen es ja nicht selbst, abgesehen von Carlisles kleinem Betrag. Alice und Jasper machen das an der Börse. Wir tun eigentlich nichts, außer Aktien zu kaufen und verkaufen, nachdem Alice in die Zukunft gesehen hat. Es gibt also nichts, weshalb du es nicht nehmen solltest.“ „Stolz?“, entgegnete ich. Er verdrehte die Augen. „Geld von Leuten zu nehmen, die es in den A-“, er räusperte sich und fand seine Höflichkeit wieder, „du weißt was ich meine. Bitte nimm sie wenigstens an dich“, er hielt sie mir immer noch hin, „Tu es für mich, dann bin ich beruhigter.“ Nun verdrehte ich die Augen und legte sie auf dem Tisch neben der Couch bzw. von mir aus gesehen über der Couch. „Zufrieden?“ „Etwas.“ Er küsste mich schief grinsend. Nach einer Weile war ich eingeschlafen, doch es war nicht der Schlaf den ich kannte. Es war mehr ein Zustand, den ich jederzeit willentlich aufgeben konnte, obwohl ich geistig nicht so wach war, dass ich denken konnte. Komisch war das alles. Es hatte nichts mit Müdigkeit oder Erholung zu tun. „Und? Wie ist das schlafen?“, wollte Edward wissen, als ich am morgen die Augen öffnete. „Hmmm“, ich überlegte kurz wie ich das erklärte, „das ist wie mit dem Atem, man kann es, aber man muss es nicht. Es hat keine Funktion.“ Er nickte sanft lächelnd. „Es ist wie mit dem Essen. Ich kann, muss aber nicht.“ Nun schüttelte er den Kopf. „Das glaube ich ehrlich gesagt nicht. Aber lass uns abwarten. Wir werden sehen, ob sich deine Augenfarbe noch ändert…“ Ich wollte nicht ständig über meine Sonderbarkeit reden, meine Augen waren braun wie zuvor, weshalb ich nur zustimmte und dann mit runter ging. Als wir gerade das Wohnzimmer betraten, sah ich Esme mit den Fingern von der Torte naschen. Emmett erschauderte und neckte: „Buah, dass du so was essen kannst. Lass Bella das Essen, die hat’s voll drauf mit so was.“ Ich musste unweigerlich in sein Lachen mit einstimmen. Edward hatte den Arm um mich gelegt. „Was machen wir heute?“, fragte ich munter. „Lass uns deine Fähigkeit austesten, ich bin gespannt was ich machen würde, wenn du mir sagen würdest, ich soll mich umbringen“, lachte Emmett. Ich grinste unwillkürlich, doch ich spürte gleichzeitig, wie mir mulmig wurde. Esme warf ihm einen strengen Blick zu. Rosalie versteifte sich in seinen Armen. Die übrigen drei waren nicht da. „Okay… dann nicht“, gab Emmett gespielt schmollend und enttäuscht klein bei. „Können wir… klettern gehen? Oder schwimmen oder so?“ Edward sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Klettern? Schwimmen?“, wiederholte er schief grinsend. „Ja oder irgendwas nicht Menschliches eben.“ „Wir können gar nichts Menschliches mehr machen.“ Edward stupste mir mit dem Zeigefinger auf die Nase. Emmett kicherte vor sich hin. „Sie schon.“ Ich erwiderte sein breites Grinsen. In diesem Augenblick stiefelte Alice mit Jasper herein. „Hihi“, sie kicherte ebenfalls (Hatte ich was verpasst oder warum waren alle so glücklich?). Nun grinste Edward. „Wir kommen! Dann kann sie ihr Geschenk begutachten“, hörte ich seine Stimme in meinem Kopf. Nur in meinem Kopf. „Was für ein Geschenk?“, fragte ich prompt. Edward war kurzzeitig verwirrt, dann fiel ihm wieder meine Fähigkeit ein. Er seufzte. „Voll cool Bella“, sagte Emmett, der auf einmal mit erhobener Hand neben mir stand. Ich schlug ein und grinste. „Ähm, na ja“, druckste Edward rum. Ich genoss seine Unsicherheit. Das war nicht oft. Alice und Jasper hatten die Lippen an einander gepresst. Sie sahen aus, als würden sie gleich platzen. „Die Geschenke von gestern…“, er räusperte sich, „man braucht ein paar Sachen…“ Ich wunderte mich über seine Geheimniskrämerei und folgte ihm schließlich aus dem Haus. Alice, Jasper und Emmett folgten mir. Wir standen vor der Tür. „Und?“, fragte ich nervös. Edward deutete mit dem Daumen nach rechts. Er sah auf seine Füße, sodass ich seinen Gesichtsausdruck nicht sah. Doch rechts war nichts, außer Wald und die Schneise, die zur Straße führte. Ich ging ein Stück weiter und blickte um die Hausecke. Mir blieb der Mund offen stehen. Typisch Edward, dachte ich mürrisch. Ein paar Meter vor mir stand ein blitzendes Cabriolet in Dunkelblau, Edwards Lieblingsfarbe für mich. Ich kannte mich mit Autos nicht aus, aber ich erkannte das Zeichen von Chrysler. Edward räusperte sich wieder hinter mir, als ich immer noch stocksteif da stand. „Chrysler Sebring Cabrio… gefällt er dir?“ Ich drehte mich um. Er lächelte verhalten. „Danke, aber ich komme mit meinem Transporter gut zurecht.“ Ich ging an ihm und Emmett und Alice und Jasper (sie tauschten einen Blick aus) vorbei ins Haus. In mir tobte eine merkwürdige Mischung von Wut, Mitleid (ich hatte Edward noch nie so nervös und ängstlich gesehen) und die Angst, dass es vielleicht immer so weiter ging: Bella, die Kleine, die Zuschützende, die Zuversorgende usw. Ich dachte, das hörte jetzt auf, doch es machte mich verrückt. Nicht mal jetzt waren wir gleichberechtigt. Ich bemerkte, dass ich im Bad stand und weinte. Ich schloss die Tür ab. Hätte ich es einfach annehmen sollen? Dem Frieden willen? Ein einziges Mal ihn für seine Fürsorge nicht zu brüskieren und zu bestrafen. Ich war ungerecht. Mir gefiel das Auto ungemein und ich machte immer so ein Theater. Ich war ihm gegenüber unfair. Mein Verhalten war albern. „Ich werde ihn Alice schenken und Bella in Ruhe lassen.“ Ich schreckte hoch. Doch Edward war nicht im oder vor dem Bad. Nein, ich will ihn haben und lass mich nicht in Ruhe. Es tut mir Leid. Ich bereute sofort wieder es gedacht zu haben. Ich hatte seine Entscheidung beeinflusst. Ich schloss auf und rannte runter. „Edward!“, schrie ich. Er stand draußen vor Alice, Jasper und Emmett. Er drehte sich um. „Es tut mir Leid. Wirklich.“ Ich legte die Arme um seinen Nacken. Er nickte mechanisch. Alice, Jasper und Emmett waren reingehuscht. Dankbar sah ich ihnen nach. „Ich bin so undankbar. Du bist so lieb zu mir und ich-“ Die Tränen rannten an meiner Wange herunter. Edward sah von seinen Füßen zu mir auf. Er legte die Hände an mein Gesicht und lächelte schief. Mit den Daumen wischte er die Tränen über mein Gesicht. „Und weinen kannst du auch…“, hauchte er und küsste meine Tränen fort. ------------------------------- Würde mich über Kommis sehr freuen... 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