Dangerous Game von Fye-chan (Das Verlangen in mir) ================================================================================ Kapitel 1: Game over -------------------- Gefährliches Spiel Da war es schon wieder, dieses Gefühl, dieses unbändige Verlangen tief in mir, dass mich dazu drängte, einfach über sie herzufallen, sie mir zu nehmen, ohne nachzudenken meine Zähne in ihren zarten Hals zu schlagen und sie zu einer von uns zu machen, einer Kreatur der Nacht, blutdurstig und zu ewigem Leben verdammt. Vampir. Das ist, was wir... was ich bin. Dennoch hielt ich mich zurück. Es war ein Spiel, ein höchst interessantes Spiel, aber auch gefährlich, riskant. Ich wusste nicht, wer sie war, kannte weder ihren Namen noch ihre Adresse. Ich wusste nur zwei Dinge, doch die umso genauer: Sie, diese wunderschöne, junge Frau, kam jeden Mittwoch und Freitag in diese eine Bar, und noch wichtiger, ich wollte sie. Sie sollte mein sein. Ihr Blut, ihr Körper, ihr Leben. All das sollte mir gehören. Mir allein. Doch noch war es zu früh. Die Zeit war noch nicht gekommen, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Aber vielleicht sollte ich erst mal erzählen, wie es überhaupt zu alldem kam... Es war eine Nacht vor etwa drei Monaten. Ich war mit Clark und Chris, meinen besten Freunden und ebenfalls Vampiren, unterwegs, man könnte sagen, wir waren auf Jagt. Daran gibt es nichts zu beschönigen, denn ja, es stimmte, wir jagten Menschen. Clark war der erste, der sie entdeckte. Erfreut blitzen seine Augen auf, als er mich ansprach. „Matt, sie dir das an!“ Mit einem Arm deutete er in Richtung einer kleinen Bar, die sich schräg gegenüber von uns befand. „Was meinst du? Sieht doch sehr lecker aus...“, grinste er. Ich folgte seiner Bewegung und dann sah ich sie. Ich hatte das Gefühl, dass ein Stromstoß durch meinen Körper ging und ohne zu realisieren was ich tat, sprang ich direkt vor Clark und ließ ein leises Knurren verlauten. „Nein! Das Mädchen gehört mir! Hört ihr?!“ Noch einmal fauchte ich und meine beiden Freunde wichen einen Schritt zurück, die Hände beruhigend hebend. „Hey, Alter, komm wieder runter, ist ja okay! Du brauchst uns nicht gleich an die Gurgel zu springen!“ grinste Chris und klopfte mir dann auf die Schulter. Erst dadurch wurde mir bewusst, was ich da gerade getan hatte. Entsetzt sah ich die beiden an. „Tut mir Leid, Jungs. Ich weiß nicht, was mit mir los ist, aber irgendetwas sagt mir, dass wir sie nicht töten sollten... noch nicht.“ Chris und Clark zuckten nur mit den Schultern. „Schon okay... lass uns einfach nach etwas anderem Ausschau halten...“ Und so machten wir uns wieder auf den Weg, woraufhin wir auch bald fündig wurden. Doch es wollte mir einfach nicht gelingen, mich auf meine „Arbeit“ zu konzentrieren. Das Bild dieser Frau beschäftigte mich, schien mich zu bannen und nicht mehr loslassen zu wollen. Und so begann es – das Spiel des Verlangens, dem ich mich so hingerissen widmete. Fasziniert und hin- und hergerissen zwischen dem Drängen meines Wesens und meinem männlichen Ego, dass mir verbot, sie mir einfach zu nehmen und das Spiel zu beenden, fand ich schließlich heraus, wo und wann ich diese zarte Person antreffen konnte um sie zu beobachten, um meine Grenzen der Selbstbeherrschung austesten zu können. Und ich war stark. Ich hatte es geschafft, bis jetzt zu widerstehen und ich würde es weiterhin tun. Auf die Idee, ihr nach Hause zu folgen kam ich nie. So saß ich also auch in dieser einen Nacht auf dem Dach gegenüber der Bar. Doch dann sollte sich etwas ändern. Bis jetzt konnte ich immer die Ruhe genießen und das Gefühl, zu wissen was sie tat, ich konnte sie ganz entspannt beobachten, seit eben diesen 3 Monaten... aber nun regte sich plötzlich etwas in mir. Gerade, als die junge Frau die Bar verließ, sprang ich von meinem Platz auf und schaute mich witternd um. Dann spürte ich ihn. In einer Seitengasse, unweit von mir entfernt stand er im Schatten und wartete – wartete auf sie. Panik machte sich in mir breit. Was sollte ich tun? Er war ein Vampir, ebenso wie ich selbst, doch er war mir unbekannt, gehörte einem mir fremden Klan an und ich konnte nicht einschätzen, wie mächtig er war. Andererseits hatte ich mir geschworen, dass das Mädchen mein sein sollte, ich konnte nicht zulassen, dass sie in die Hände eines anderen fiel... Nach kurzem Zögern entschied ich mich, etwas tun zu müssen. Eine Sekunde später war ich in der Dunkelheit verschwunden. Er rechnete nicht mit meinem Angriff. Zu sehr war er auf seine auserkorene Beute fixiert. Ich ließ ihm kaum eine Chance, sich zu verteidigen, fiel ihn von hinten an und verbiss mich in seinem Hals, um sein Blut durch meines zu vergiften – die einzige Möglichkeit, einen anderen Vampir zu töten. Es dauerte nicht lange und sein Körper erschlaffte und fiel zu Boden, wo er augenblicklich zu schwarzem Staub zerfiel. Ich lächelte eiskalt. „Niemand vergreift sich an meinem Spielzeug!“ Zufrieden für den Moment machte ich mich auf den Weg nach Hause. Sie war in der Zwischenzeit schon längst verschwunden... Auf dem Weg hatte ich Zeit nachzudenken. Wie sollte es nun weitergehen? Ewig konnte ich mein kleines Spielchen nicht fortsetzen, das war klar, doch ich befürchtete noch weitere Komplikationen. Ein Vampir war so gut wie nie alleine in einer fremden Gegend. Wenn also derjenige, den ich gerade getötet hatte wirklich mit seinem Klan oder zumindest einem Teil von diesem hier war, würden wir mächtig Probleme bekommen. Es stand außer Frage, dass sie versuchen würden, Rache zu nehmen... Ich sollte recht behalten. Schon zwei Tage später kam der erste Angriff. Meine Leute waren sehr gut vorbereitet, ich hatte ihnen meinen kleinen Fehler sofort gestanden und so war es kein Problem, die am Anfang lediglich einzeln angreifenden Vampire des Feindesklans zu vernichten. Doch sie lernten und es kam der Tag, an dem sie gemeinsam angriffen. Ich weiß nicht genau, wie wir es schafften, sie zu schlagen. Ich weiß nur, dass es grauenhaft war und wir mehr als 6 Leute verloren. Mehr als die Hälfte von uns war schwer verletzt, doch das konnte uns nicht töten. Dennoch machte ich mir Vorwürfe. Das erste Mal in meinem Leben hatte ich wirklich Gewissensbisse. Dieser Krieg ging definitiv auf meine Kappe. Man konnte es drehen und wenden wie man wollte, ich hatte das Leben meines gesamten Klans aufs Spiel gesetzt, um eine mir unbekannte, und vor allem menschliche, Person zu retten oder besser gesagt, um mein eigenes, ganz persönliches Spiel nicht aufgeben zu müssen. Ich selbst hatte kaum einen Kratzer abbekommen, konnte mein normales Leben weiterführen, doch mir war klar, dass es so nicht weitergehen konnte. Was sollte ich jetzt tun? Zunächst nahm ich meine Beobachtungstätigkeit wieder auf. Die Menschen hatten von unserem Klankrieg natürlich nichts mitbekommen, genauso wenig wie sie von unserer Existenz wussten. Während ich also nun abermals auf dem Dach saß und sie mit meinen Augen verfolgte, kam ich zu einem Schluss. Ich musste mir eine Frist setzen. So spaßig ich es auch fand, ständig meine Zurückhaltung auf die Probe zu stellen, ich konnte nicht riskieren, dass sich etwas Derartiges noch einmal wiederholte. „Zwei Wochen... Heute in genau 14 Tagen wird sie mein sein...“, legte ich mich endlich fest, zufrieden, eine Entscheidung getroffen zu haben. Bis dahin wollte ich nun noch mehr über sie erfahren. Zumindest ihren Namen wollte ich schon gerne wissen...vielleicht auch was sie sonst so tat. Nur wie sollte ich das anstellen? Während ich darüber nachdachte, ging ich in einen Mantel gehüllt langsam in Richtung der Eingangstür der Bar. Vielleicht sollte ich sie einfach ansprechen oder... Mitten in meinen Theorien wurde mir die Entscheidung abgenommen. Ich war am Fenster angelangt und sah gerade, wie ein junger und durchaus gut aussehender Mann sich ihr näherte. Freudig sprang sie auf und umarmte ihn fast schon stürmisch. Etwas in meiner Bauchgegend regte sich, dennoch blieb ich ruhig und betrat unauffällig die Bar, um sie zu belauschen. Der Mann war gerade dabei, sie zu begrüßen. „Judy... schön, dich endlich mal wieder zu sehen.“ Beide lächelten und setzten sich wieder. „Was hast du in der Zeit so getrieben?“ „Du wirst es nicht glauben Johnny! Ich habe ein Angebot von einer Agentur bekommen... Ihnen ist einer ihrer besten Journalisten abgesprungen, mitten in einem Projekt über Mythologie und nun ja... sie haben gefragt, ob ich nicht einspringen würde! Ist das nicht großartig?“ Fasziniert beobachtete ich, wie sie in annähernd kindlicher Freude ihren Job beschrieb. Eine Journalistin, die mitten in einem Mythologie-Projekt steckte... Ob ihre Kollegen sie wohl vermissen würden...? Die kleine Judy? Mit Sicherheit. Schnell schüttelte ich den Kopf. Nein. Mein Entschluss stand fest. Ich sollte jetzt zurück nach Hause gehen. Der Geruch ihres Blutes war hier so verlockend nah. Noch 14 Tage. Immer wieder rief ich mir diese Tatsache ins Gedächtnis, als ich in Ruhe aufstand und die Bar verließ. Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Clark und Chris lachten mich schon fast aus. „Besessen“ nannten sie es. Vielleicht hatten sie Recht. Vielleicht war ich besessen. Besessen von etwas, das sich nicht mit Worten erklären ließ. Besessen von einem tiefen Verlangen. Noch ein paar Tage. Dann würde ich endlich bekommen, wonach ich begehrte, dann würde ich sie an mich binden. Doch das Schicksal machte mir mal wieder einen Strich durch die Rechnung. Es war mittlerweile Mittwochabend. Und genau an diesem Tag passierte etwas, womit keiner gerechnet hatte. Judy verließ gerade die Bar. Sie war allein an diesem Tag. Sehnsüchtig verfolgte ich sie mit meinem Blick. So lange hatte ich es schon rausgeschoben. Es sollte endlich geschehen. Ein paar Tage noch... Die junge Journalistin ging auf eine Straße zu. Sie war gerade auf der anderen Seite angelangt, als ein Ruf die Stille durchschnitt. „Judy!“ Sie drehte sich um. „Johnny?! Ich... ich dachte du wolltest gestern abreisen?“ Ungläubig schaute sie ihn an. „Ich weiß... aber ich konnte es nicht. Ich kann dich nicht schon wieder hier zurücklassen.“ Er lächelte, ehe er fortfuhr. „Ich liebe dich.“ Sie ließ ihre Tasche fallen. Eine Freudenträne lief ihr über die Wange. Hatte ich etwas verpasst? Liebte sie diesen Kerl etwa?! Als ich wieder zu ihr blickte lief sie gerade los – ohne nachzudenken. Mein Atmen stockte. Die Straße! Ich sah es nur aus den Augenwinkeln. Das Sportauto, dass mit viel zu hoher Geschwindigkeit um die Kurve und direkt auf sie zu fuhr. Ich konnte mich nicht bewegen. Ein undefinierbarer Laut verließ meine Lippen, doch es war zu spät. Wie in Zeitlupe sah ich, wie das Entsetzen sich in ihrem Gesicht spiegelte, dann wurde sie getroffen. „Juuudyyyyyyyyy!!!!“ Das war Johnny. Immernoch erstarrt sah ich, wie er zu ihrem aufgeschlagenen Körper rannte. Kurz darauf verriet mir seine Miene, dass es vorbei war. Ich wendete mich ab. Es war meine eigene Schuld. Ich hatte es ja unbedingt so lange hinauszögern müssen, des Spaßes halber. Egoistisch. Das war alles, was mir dazu einfiel, bevor ich in der Dunkelheit der Schatten verschwand. Das Spiel war vorbei. Sie war tot. Game over. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)