Hooligans von Paz (rioter) ================================================================================ Kapitel 1: Das Ende ------------------- Unser Boss, alle nennen ihn Jack, eigentlich hieß er Jakob, ein großer, stämmiger Mann Ende dreißig, bekam einen kurzen Anruf von einen seiner Männer. Er hob ab, bejahte ein paar Mal, und legte dann auf. „Der Treffpunkt ist wie abgemacht.“, sagte er laut und lief entschlossen, hinter ihn etwa weitere fünfzehn Männer, eine breite, nasse Passage entlang, wo es geschehen sollte. Wir wussten, dass sie in der Unterzahl sind, unser Sieg über solch eine kleine Gruppe der Inter City, so dachten wir, wäre uns sicher. Wir blieben stehen. Die dünne, graue Wolkendecke über uns verschwand langsam, es hatte gerade erst geregnet, und durch den zehnminütigen Fußmarsch waren wir alle etwas durchnässt. Ich zitterte etwas, aber das war sicher nur die Kälte. Ich zählte in Gedanken die Kämpfe innerhalb der Gruppe, die ich bisher ausgetragen hatte, und kam langsam auf ganze vierzehn. Ein Neuling bin ich nicht mehr, aber immerhin. Schließlich hörten wir weit entfernt Schritte, die immer näher kamen. Am anderen Ende der langen Passage sahen wir sie kommen, etwa sechs, sieben Mann, sahen sie mit erhobenen Händen und Fäusten grölend auf uns zukommen. „Habt ihr euch hergetraut?!“, brüllte Pete, der Anführer dieser kleinen Gruppe, und grinste barbarisch. Er ist noch relativ jung, etwa sechsundzwanzig und groß, mindestens eins achtzig, wenn nicht noch größer, hatte blondes, sehr kurzes Haar und trug einen langen, cremefarbenen Mantel. Die übrigen Männer waren etwas kleiner als er. Er schien einiges draufzuhaben. „Das müsste ich euch fragen.“, entgegnete Jack zurück. „Ihr seit genauso lächerlich wie eure verdammte Mannschaft!“ Ich hörte das nur alles nebenbei. Mein Blick wanderte an dem Typen vorbei und entdeckte neben Pete einen Mann, etwa Ende zwanzig, mit Kapuze, darunter braunblondes Haar und einem bösartigen Blick. Er war dünn und schien auf den ersten Blick etwas aufgeregt. Aber es war keine Aufregung, so wie bei mir, das sah man ihn an. Er wollte unbedingt kämpfen. Ich dachte an einen Drogenabhängigen, der auf Entzug war – er ging auf seiner Stelle auf und ab, seine schlanken Beine zuckten leicht und sein Blick verfinsterte sich noch mehr. Gegen den, dachte ich mir, wollte ich mich nicht alleine abkämpfen. Auch die anderen Männer waren so etwas wie Geheimtipps der Inter City. Langsam bekam ich ein ungutes Gefühl. Eine bald zerreißende Spannung lag in der Luft. Mein fünfzehnter, dachte ich. Eine halbe Minute und ein paar Verächtlichkeiten später rannte Pete schließlich brüllend los, die Männer hinter ihm ebenfalls, Jack ebenso, und wir rannten hinterher. Jetzt ging es los. Ich nahm mir den, der mir entgegenkam. Gott sei Dank war es nicht der mit dem starren Blick, sondern einen, der in etwa so gebaut war wie ich, nur etwas kräftiger. Er holte aus, ich wich dem aus, in dem Gebiet bin ich richtig gut, fand ich, aber er traf mich trotzdem mit seiner Linken. Schon beim ersten Treffer spuckte ich Blut. Ich trat nach ihm aus, verpasste ihn einen kräftigen Bauchtritt und griff nach seinen Haaren, zog seinen Kopf hoch und verpasste ihm eine Kopfnuss. Darauf viel er zu Boden. Mein Erster, dachte ich heiter. Ich sah aus dem Blickwinkel heraus, wie Jack gnadenlos von Pete fertig gemacht wurde. Er lag auf den Boden, musste einiges einstecken und sein Kopf war fast vollständig mit Blut bespritzt. Und das nach nicht einmal einer Minute. Ich entschied mich einzugreifen, obwohl ich Jack nicht sonderlich mochte, aber vielleicht würde er mir dafür noch danken. Ich lief keuchend los, rannte Pete um, der auf Jack hockte und auf ihn einschlug, zerrte ihn zu Boden und prügelte nun auf seinen Kopf ein. Vielleicht war ich lebensmüde, denn so etwas hätte ich nie im Leben gemacht, wenn ich am Straßenrand gestanden hätte. Ich hätte ihn links liegen gelassen, so wie meine Kumpels es wenig später mit mir machen würden, was ich aber natürlich noch nicht ahnen konnte. Aber dies war nun nicht mehr rückgängig zu machen. Man sah schon von weiten, dass ich zierlicher gebaut war als Pete, ich war gerade mal eins vierundsiebzig groß und etwas hager. Doch unter der Motivation und dem Adrenalin, das man bekam, wenn man in so einer starken Gemeinschaft war, tat ich nun einmal das, was ich für richtig hielt. Einen kurzen Moment später packte mich plötzlich jemand von hinten und riss mich nach oben. Pete stand sofort auf, ich hab wohl nicht so viel auf ihn eingewirkt, obwohl ich in dem Moment alles gegeben hatte. Der Typ hinter mir packte meine Arme, dass ich sie nicht bewegen konnte. Ich hatte Panik. Ein eiskalter Schauer lief mir den Rücken runter, denn ich wusste, dass sie wahrscheinlich mich bis zu Bewusstlosigkeit prügeln würden. Ich blickte keuchend nach links und entdeckte zwei, drei meiner Kumpels auf den Boden, die drauf und dran waren, abzuhauen. „Hey!“, sprach Pete, der aus Nase und Mund blutete. „Sieh mich an, wenn ich vor dir stehe!“, brüllte er mich an und grinste danach etwas. Ich sah erschrocken auf und ich spürte, wie meine Unterlippe leicht zitterte. „Weißt wohl nicht, wer vor dir steht, was?“, sprach er fort, musterte mich und blieb mit seinem Blick auf meinen Bauch stehen. Sein Grinsen verschlug sich schlagartig, er blickte mich aufgebracht an und schlug mir nun mit einem kräftigen Faustschlag in den Bauch. Der Typ, der mich festhielt, lies mich los und ich sank zu Boden. Ich hielt mir den Bauch, kniff die Augen zusammen und krümmte mich. Das dürfte eine gebrochene Rippe sein, dachte ich mir, mindestens, wenn nicht schlimmer, und ein paar weiche Organe dazu. Plötzlich fühlte ich kräftige Schläge auf meinen Rücken und meinen gesamten Unterkörper einwirken. Ich rollte mich mit dem Gesicht nach oben, immer noch von Schmerz erfüllt, und nahm verschwommen zwei Gestalten war, die auf mich zuschlugen. Ich fühlte Blut in meiner Luftröhre und in meinem Mund, hustete ein paar Mal, doch es wurde nur noch schlimmer. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörten die brutalen Schläge auf und ich hörte ein paar Stimmen, die sagten, wir sollen besser abhauen. Aber das waren nicht die Stimmen von den Jungs der Inter City, es waren die von meiner Firma. Könnte mir hier mal jemand helfen?, dachte ich die ganze Zeit wütend und furchtsam zugleich und krümmte mich immer noch. Ihr Wichser!! Ich versuchte etwas zu sagen, doch Blut füllte sich in meinem Mund und ich brachte nur einen Blutschwall heraus. „Ha! Den haben wir’s gezeigt! Diese Fotzen!“, jubelte einer ihnen hinterher. Das war das Letzte, was ich hörte. Ich zuckte am Boden, rang nach Luft, hustete vergebens, spuckte nur noch mehr Blut und hustete wieder. Vor meinen Augen wurde alles weiß, ich hörte ein eintöniges Rauschten, und ich dachte mit einer Spur von Gleichgültigkeit: Das ist das Ende. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)