Das Leben eines Nekromanten von Anyu_Mainyu (Einträge eines persönlichen Tagebuches) ================================================================================ Kapitel 16: Intermezzo 1: Ajas zweite Geburt -------------------------------------------- Es war schon dunkel als Ajas die Spinnerei verließ. „Spinnen am Abend, erquickend und labend“ heißt das Sprichwort, dieses gilt aber nur wenn man genug Geld hat um spinnen als Freizeitbeschäftigung zu betreiben. Ajas musste es von morgens bis abends machen um ihre Familie zu ernähren. Ihr kleiner Obst- und Gemüsegarten, den sie hinter ihrem kleinen Häuschen hatten, wurde als Strafe abgebrannt nachdem ihr Mann, Olafsson eine Schlägerei in einer Taverne angefangen hatte. So schlimm war es schon geworden, dass sich die Männer um die wenige Arbeit die es noch im Hafen gab prügelten. Olafsson hatte schon lange keine richtige Arbeit mehr, darum ging es ihnen auch so schlecht. Das Handelsembargo schadete allen, vor allem dem Handel, den Kontoren und damit auch den Werften wo ihr Mann immer gutes Geld verdient hatte. Jetzt hatten sie nur noch die kläglichen Erträge die sie jeden Tag erarbeitete und die reichten vorne und hinten nicht. Ajas konnte schon gar nicht mehr zählen wie viele Tage sie ihre kleine Tochter Theophanu nicht mehr richtig gesehen, bzw. sich längere Zeit um sie gekümmert hatte. Es waren sicherlich schon mehrere Monate. Das bedrückte sie sehr. Sie hatte gerade den alten Markt erreicht als es anfing zu regnen. Sie zog sich ihren Mantel enger zusammen und beschleunigte ihre Schritte. Noch 15 Minuten und sie wäre endlich zu Hause. „Hört Leute, es hat 10 Uhr geschlagen“ tönte der Nachtwächter der trotz den schlechten Wetters seine Runden zog und zumindest versuchte die Beleuchtung in den Strassen am Leben zu erhalten. Sie bog in die Fuhrmannsgasse ein, hier war der Weg gerade mal 1,5 Meter breit und somit war es sehr trocken. Sie schaute in einige der Fenster hinein an denen sie vorbei kam. Die meisten Menschen schliefen schon und die wenigen die noch wach waren, vertrieben sich auf angenehme Weise die Abendstunden. Ajas musste verbittert grinsen, denn auch zu solchen Vergnügungen kam es auch nicht mehr, nach der Arbeit war sie einfach zu kaputt. Was war das nur für ein Leben, ohne Freude, ohne Lust ohne… Der Biss kam schnell und schmerzvoll. Den Schrei den sie ausstoßen wollte erstickte in ihrer zerfetzten Kehle zu einem quiekendem Röcheln. Das was sie gebissen hatte riss fast den gesamten Hals mit seinem übergroßem Maul hinweg, spuckte das Fleisch auf den Boden und fing an, an ihren heraushängenden Adern zu saugen. Nur wenige Augenblicke dauerte es und Ajas wurde schwarz vor Augen. Schmerzen und Hunger… mehr fühlte sie nicht als sie die Augen aufschlug. Sie sprang auf und wie eine Furie hetzte sie durch die dunklen Gassen der Stadt bis sie schließlich ihr ursprüngliches Ziel, ihr Heim erreichte. Die Tür war schnell und brutal geöffnet und sie blickte in den kleinen Raum ihres winzigen Hauses. *** Olafsson hatte Theophanu schon ins Bett gebracht. Anfangs wollte sie nicht schlafen weil sie unbedingt auf ihre Mama warten wollte um einen Gute Nacht Kuss zu bekommen. Schließlich war sie dann doch eingeschlafen. Olafsson betrachtete das Gesicht der 6-jährigen das von den braunen Locken eingerahmt war. Er wunderte sich, wie so ein kleines Ding so laut schnarchen konnte. Wie lange es wohl heute dauert bis seine Frau nach Hause kam. Es wurde immer später. Sie arbeitete immer mehr, aber das Geld wurde immer weniger. Er stand auf, ging zum Feuer und schenkte sich etwas von dem Tee ein der über dem Feuer brodelte. Zurück an seinem Platz trank er eine kleinen Schluck als er schnelle Schritte hörte. Zeit zu reagieren hatte er nicht, denn schon flog seine Haustür aus der Verankerung und er sah seine Frau. Sie war von oben bis unten mit Blut besudelt, ihr Hals war nur noch eine klaffende Wunde, die einst so wunderschönen Augen waren nun fast weiß und ihre Haare waren vollständig schwarz. Ungläubig und ohne die Möglichkeit irgendeiner Reaktion starrte er auf dieses entsetzliche Bild. Das nächste was er spürte war ein höllischer Schmerz in seinem Hals. *** Theophanu erwachte durch einen riesigen Lärm. Sie zwinkerte mehrmals da ihre Augen sich noch nicht an das Licht des Feuers gewöhnt hatten. Als sie wieder sehen konnte erstarrte sie. Eine Frau biss in den Hals ihres Vater und er hing schlaff in ihren Armen. Sie war außerstande sich zu bewegen und so betrachtete sie die Szenerie wie im Traum. Ihr Vater fiel zu Boden und die Frau richtete ihren Blick auf sie. Voller entsetzen sah sie das Gesicht ihrer Mutter wie in einem Alptraum verzerrt. Die wenigen Sekunden wo sich beide ansahen schienen Stunden zu dauern. Schließlich stotterte Theophanu ein leises „Mami“. Ihre Mutter stürmte schreiend auf sie zu und hieb mit ihren Krallen in den kleinen Leib. Theophanu schrie nur kurz, dann war es für sie vorbei. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)