Das Leben eines Nekromanten von Anyu_Mainyu (Einträge eines persönlichen Tagebuches) ================================================================================ Kapitel 14: Die erste Prüfung ----------------------------- Liebes Tagebuch, es war das schlimmste was ich jemals erlebt habe, jedoch habe ich überlebt. Dieses Erlebnis zu beschreiben fällt mir schwer und ich will niemals wieder daran denken, aber ich werde jeden Tag daran erinnert wenn ich meinen geschundenen Körper ansehe. Warum ich die letzten Monate so hart trainieren musste ist mir nun klar. Wäre meine Ausbildung genauso weiter gelaufen wie sonst auch, wäre ich jetzt Tod. Ich weiß nicht genau wo ich anfangen soll die „Initiation“ zu beschreiben, also werde ich chronologisch vorgehen. Am Tag nachdem ich den letzten Eintrag verfasste, weckte mich mein Meister sehr früh. Er sah wohl meine Angst und setzte sich an mein Bett. Es würde eine sehr harte Zeit kommen, sagte er zu mir, aber ich würde es überleben. Er wäre sich sicher. Die Frau die am Tag zuvor gestorben war, wäre an meiner Stelle gestorben, damit ich das nun folgende überleben würde. Er schwor es mir. Trotzdem würde es sehr hart werden und ich wäre danach ein anderer Elf. Er selbst hätte es auch durchmachen müssen. Danach war er stärker und er verstand warum die Macht die wir nutzen und anbeten die mächtigste und wahrste wäre. Ich würde die Wahrheit auch erkennen. Danach stand er auf und befahl mir nur meine Robe anzuziehen. Draußen standen sämtliche Gäste vom Vortag. Sie sahen mich alle sehr komisch an. Einige lachten, andere schienen so was wie Mitleid zu haben, aber keiner sagte auch nur ein Ton. Wir gingen trotz der extremen Kälte durch die Winternacht zum Friedhof. Ich war schon einige Male dort und habe gesehen wie einige Priesterschüler Leichen aus der Erde holten. Ich musste immer die Knochen einsammeln, aber diesmal war das nicht so. Wir gingen zu einem offenen Grab an dem ein alter, geöffneter Sarg, eine große Holzkiste und einige Eisenrohre standen. In der Luft hang der süße Geruch nach Verwesung der auch in dem Keller des Tempels allgegenwärtig war. In dem Sarg war eine relativ frische Leiche, vielleicht 1 – 2 Wochen alt. Ich bekam Angst. Große Angst! Mein Meister bemerkte dieses. Er umklammerte hart mein Handgelenk und sagte ich müsse stark sein. Ohne weitere Worte drückte er mich in die große Holzkiste. Alle Gäste umstellten die Kiste. Viele grinsten. Ich wollte weg, aber ich hätte niemals eine Chance gehabt. Wenn ich so zurück denke, hätte ich es wohl besser versucht. Mein Meister hielt eine Rede. Ich hörte oft meinen Namen fallen, aber ich konnte ihm nicht zuhören da sich mein Verstand langsam aufzulösen schien. Ich registrierte das was dann folgte fast nur noch so wie in einem Traum. Nach der Rede ging es sehr schnell, zumindest kam es mir so vor. Sie legten die Kiste auf dem Boden so dass ich auf dem Rücken lag. Das nächste was ich mitbekam war, dass die Leiche aus dem Sarg auf mich gelegt wurde und ein Deckel mit 2 Löchern auf die Kiste geschoben wurde. Ich schrie. Ich weiß nicht wie lange. Ich war schon lange begraben als ich aufhörte zu weinen und zu schreien. Trotz meines Schreiens habe ich jede der Bewegungen der Kiste gespürt, auch die Erde die auf den Deckel aufschlug habe ich genau gehört. Ich werde das Geräusch niemals vergessen. Was ich erst später bemerkte war, dass die Rohre die draußen am Grab standen anscheinend in die Löcher gesteckt wurden. Ich konnte ohne Probleme atmen, jedoch fiel kein Licht durch sie. Später konnte ich sie mir noch mal anschauen, sie hatten so eine Art Dach über den Löcher so dass man zwar Luft bekam, aber die Dunkelheit nicht gestört wurde. Ab und zu klopfte jemand an eines der Rohre. Dann kam eine Flüssigkeit aus diesem Rohr und ich konnte etwas trinken. Auf meine Schreie wurde jedoch niemals reagiert. Später erfuhr ich, dass dies mein Meister war der 3x am Tag kam damit ich nicht verdurste. Was ich empfand ist nicht leicht zu beschreiben. Ich verlor jedes Zeitgefühl. Ich war allein, allein mit dieser Leiche und meinen Gedanken. Um diese Situation irgendwie zu bewältigen habe ich angefangen das zu tun was man mich lehrte. Ich meditierte. Ich weiß nicht wie lang, aber ich hoffte, dass es nicht mein Schicksal war so zu sterben. Es musste einen Sinn geben warum ich hier lag. Gestern habe ich meinem Meister von diesen Gedanken erzählt. Er sagte, nur deswegen hätte ich überlebt. Er war sehr Stolz auf mich! Drei Wochen lag ich in meinem Sarg. Ich lag in meinen Exkrementen und neben einem verwesenden Leichnam. Zum Glück war die Kiste so gebaut, dass mein Urin nach unten absickern konnte. An den Geruch hatte ich mich mit der Zeit gewohnt. Irgendwie erstaunlich, dass dies Möglich ist. Selbst als die Leiche aufbrach und die Würmer den Sarg füllten verging das erste Entsetzen und ich gewöhnte mich an das ständige Kriechen auf meinem Körper. Als der Sarg ausgegraben und geöffnet wurde, hatte ich mit meinem Leben abgeschlossen. Ich betete zu meinem Herrn, dass ich ein würdiges Leben geführt habe und er mich in sein Reich eintreten lies. Es war Nacht als sie mich rausholten. Der Mond war voll und so hell, dass er mich blendete. Sie sagten, dass die Sonne mich wahrscheinlich umgebracht hätte, da der Schock zuviel für mich gewesen wäre. Ich konnte mich nicht bewegen, alle Glieder waren steif und meine Gelenke bluteten. Überall waren Ekzeme und einige Würmer hatten Eier unter meine Gesichtshaut gelegt. Ich wurde in den Tempel gebracht, gewaschen und meine Wunden behandelt. Die Kleriker beeilten sich mit ihren Zaubern alles was meine Prüfung hinterlassen hatte zu beseitigen. Aber meine Erinnerung an dieses haben sie mir gelassen. Heute, eine Woche nach der Prüfung haben sie mich offiziell zum Novizen erklärt. Es gab eine große Feier und mein Meister hat mich vor allen Anwesenden gelobt. Er betonte, dass selten einer so lange wie ich durchgehalten hätte. Es schien fast so, als hätten sie mich die ganze Zeit beobachtet und solange gewartet, bis ich aufgegeben hatte. Er sagte ich wäre ein Vorbild für alle die mir Nachfolgen würden und ich hätte eine große Zukunft vor mir. Jetzt bin ich also ein Novize und darf mich Nekromantiestudent nennen. Ich weiß nicht, ob ich jemals über das was ich erlebt habe hinwegkommen werde, aber ich glaube ich verstehe warum diese Prüfung so wichtig war. Es hat sich vieles verändert. Meine Eltern behandeln mich auf einmal ganz anders. Sie verneigen sich vor mir und gehorchen meinen Befehlen. Ich spüre außerdem eine Macht in mir, die ich vorher niemals vernommen habe. Wenn ich ganz ehrlich bin, fühle ich mich wie Neugeboren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)