Der Musiker und der Pirat von Sengo-sun (der Schatz des John Silver) ================================================================================ Kapitel 1: der Musiker ---------------------- Der Musiker Das einzige an dass sie sich erinnern konnte war wie eine Horde von Soldaten um sie herumgestanden hatte und sie gewaltsam in ein kleines, nach Extremitäten sinkendes Loch geworfen hatten, natürlich ohne ihr wichtigstes Hab und Gut, ihre allgeliebte Gitarre. Dorothee wusste nicht wie lange sie schon hier war, jedenfalls lange genug dass sich ihre Nase an den widerwärtigen Gestank gewöhnt hatte. Seufzend schlang sie ihre Arme um ihren Oberkörper. Ihre einfache Stoffhose war verdreckt und das ehemals weiße Hemd, das sie trug konnte die Kälte hier unten nicht vor ihrem Körper fernhalten. Sie schloss die Augen und versuchte sich kläglich daran zu erinnern wie sie nur hierher in eine Zelle Port Royals gelangen konnte. Vor allem wollte sie wissen warum man sie eingesperrt hatte. Ein lauter Rums erschreckte sie und sie öffnete ihre Augen. Ein klammer Lichtstrahl von der Treppe konnte sie erkennen, bis die Soldaten ihn verdeckten und laut schimpfend einen neuen Gefangenen in den Kerker stießen. Murrend rieb sich der neue Gast seine Handgelenke und schimpfte leise vor sich hin. Einer der Soldaten blickte auf und sah zu Dorothee, schnell blickte sie zur Seite. Ein höhnisches Lachen drang über die Lippen des Soldaten. Er ging an ihre Zellentür und spuckte in ihre Richtung, angewidert verzog Dorothee das Gesicht. “Jetzt wirst du Morgenfrüh nicht alleine sterben, Pirat.” beim letzten Wort triefte die Stimme des Soldaten nur so vor Hohn. Pirat?, man hielt sie für einen Piraten? Verwirrt schüttelte sie ihren Kopf. “Ich bin kein Pirat.” flüsterte sie, doch ihren leisen Protest überhörte der Soldat, er spuckte ein zweites mal in ihre Zelle und drehte sich um. Während er, wohl die missliche Lage der Gefangenen auskostend, sehr gemächlich zur Treppe ging, sprach er: “Du solltest dich geehrt fühlen, du stirbst Seite an Seite mit...” er drehte sich um und sah zu ihrem Nachbarn, grinste breit und fuhr mit sarkastischer Stimme fort:”... Jack Sparrow, der wohl schlechteste Pirat aller Zeiten!” “Captain! So viel Zeit muss sein!” sprach Jack mit erhobenem Zeigefinger. Die Soldaten stiegen lachend die Treppe rauf hinaus in die Freiheit. Dorothee rollte mit den Augen, was würde es ihm bringen, dass man ihn Captain nannte, wenn er Morgen bei Morgengrauen erhängt werden würde. Jack drehte sich zu ihr um. Erschrocken schlug sie eine Hand vor dem Mund - hatte sie das gerade laut gesagt? “Weil ich ein Captain bin und wenn ich schon sterben muss, was nicht der Fall sein wird, da ich vorher hier draußen bin, als solcher am Strick hängen will. Das selbe könnte ich Euch auch fragen, schließlich habt ihr, wenn ich mich nicht verhört habe -” er machte eine Pause und nährte sich mit federnden Schritten dem Gitter ihrer Zelle - “behauptet kein Pirat zu sein.” fragend hob er eine Augenbraue, die unter einem roten Kopftuch verschwand. Dorothee ließ sich seine Worte durch den Kopf gehen. Entschlossen drehte sie ihren Kopf in Jacks Richtung. “Weil ich -” “Weil ihr?” Sie grinste verlegen. “keiner bin.” Für wenige Sekunden entgleiste Jack seine Gesichtszüge, über diese einfache und knappe Antwort. Als dies Dorothee sah musste sie leise kichern. Komischer Kauz! Dachte sie. Seufzend fuhr sich Jack übers Gesicht, dieses Mädchen war eindeutig verrückt! “Nein.” sagte sie nach einer Weile. “Hm?” machte er, führte sie jetzt auch noch Selbstgespräche, oder was? “Ich bin eigentlich Musiker - eigentlich...” wollte ich einer werden und meinen Traum... traurig wandte sie ihren Kopf von Jack ab und lehnte sich an die kühle Zellenmauer. “Tja, Schätzchen, als Musiker seid ihr hier wirklich fehl am Platz.” er grinste und ging auf seine Zellentür zu. “Aber anscheinend wart ihr nicht gut genug für das schmucke Port Royal, oder - ” er schnappte sich einen herumliegenden Knochen und stocherte in dem Schloss an der Tür herum - “ihr seid ein Piratenmusiker, sozusagen seid ihr dann doch ein Pirat, obwohl ihr dann ein ziemlich dummer Pirat seid, da - wie ihr bestimmt wisst- Port Royal ein Stützpunkt der Royal Navy ist.” dieses blöde Schloss, geh verdammt noch mal auf!!! “Ich bin kein Piratenmusiker, jedenfalls denke ich das. Und wenn es wirklich so wäre dass ich ein Pirat wäre, dann bin ich nicht der einzige dumme Pirat hier.” erwiderte Dorothee. “Ach! Und wen meint ihr?” mit einer Handbewegung, die an ein schwankendes Schiff erinnerte, deutete er auf die leeren Zellen. “Ich hoffe dass ihr nicht unter Halluzinationen leidet, denn hier gibt es, außer Euch, keinen anderen dummen Piraten, wenn ihr, wie ihr es bereits sagtet, überhaupt ein Pirat seid, dass ich eher bezweifle.” so langsam regte ihn dieses Weib auf. Dorothee schlang die Arme stärker um ihren Brustkorb und nuschelte in das Dunkle: “Ich meine Euch, werter Captain.” Empört verengte er seine Augen. Was fällt diesem Mädchen ein! Oder Frau, oder was auch immer! Er war Captain Jack Sparrow, der Schrecken der Karibik, kein dummer, dahergelaufener Pirat! Beleidigt schwieg er und machte sich weiter am Schloss zu schaffen. Das beständige Kratzen am Metall, hielt sie wach. Ich bin müde, fahrig fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar. Um das Schweigen zu brechen, sie wollte kurz vor ihrem Tod eine Stimme hören und die des Captain Jack Sparrow war eine so schöne und - melodische Stimme. Sie musste Lächeln, die Stimme des Piraten erinnerte sie an ihren Traum. “Sagen sie, Captain Sparrow, was verschlägt sie hier nach Port Royal und dessen gemütlichen Kerker.” fragte sie mit leichtem Sarkasmus. Bei der Beschreibung ihres jetzigen Aufenthalts musste Jack grinsen, vielleicht war sie doch nicht ganz so... seltsam wie er zuerst gedacht hatte. Er hielt in seinem Tun inne und drehte sich schwungvoll zu ihr um. “Nun mich, werte Miss - ?” fragend sahen sie dunkle Augen an. “Dorothee Silver.” “Aha, also Miss Silver, ich bin auf der Suche nach meinem Schiff - die Black Pearl, sicher habt ihr was von ihr gehört.” er wartete auf ihre Reaktion. Dorothee schüttelte nur verneinend den Kopf. “Wollt ihr etwa behaupten ihr kennt die Black Pearl nicht, das schnellste Schiff in den englischen Kolonien?” entsetzt starrte er sie an. Mit glühenden Wangen schüttelte sie abermals den Kopf. Was beim Neptun war das für eine Frau? “Ihr seid eindeutig kein Pirat. Jeder Pirat in der Karibik kennt mein Schiff!” er stemmte die Hände in die Hüfte und schüttelte den Kopf. Nachdenklich sah Dorothee auf den Piraten, alles an ihm wirkte auf sie ziemlich seltsam und... merkwürdig. Sie konnte ja nicht wissen, dass Jack das gleiche dachte wie sie. Beide Gefangenen hatten die gleiche Meinung über des jeweils anderen. Als sich ihre Blicke an diesem Abend zum ersten mal richtig begegneten waren sie sich sicher, dass der andere seltsam war. Jack tigerte in seiner Zelle umher und dachte nach. Er suchte mal wieder nach seinem Mädchen, die Pearl und immer noch war er auf der Suche nach dem Jungbrunnen. Die Karte, die er Barbossa abgeluchst hatte, war wertlos gewesen, der Jungbrunnen wurde vor Jahren von einem Piraten gestohlen und an einen unbekannten Ort gebracht. Es fuchste ihn dass er immer noch nicht unsterblich war. Völlig in seinen Gedanken vertieft merkte er nicht wie ihn Dorothee beobachtete. Sein schwankender Gang ließ sie verwirrt die Stirn runzeln, kippt der nicht bald um, so voll wie er womöglich ist? Vielleicht kann er mir ja helfen, dachte sie, vielleicht kann er mir helfen meinen Traum zu erfüllen. Ihr Gesicht hellte sich auf. “Kennen sie die “unsterbliche Melodie”?” durchbrach sie die Stille zwischen ihnen. Jack hielt inne. Die “unsterbliche Melodie”? Ob er sie kannte? Welcher Seemann kannte sie nicht! Die Melodie, die einst Orpheus gesungen hatte und somit eine Nymphe verführte. Seine Melodien, so erzählte man sich, waren so schön dass selbst der Tod Orpheus Leben nicht nehmen wollte, ja sogar die Götter wollten sie hören. Doch als die Geliebte Orpheus starb habe er versucht all seine Lieder, die so fröhlich waren, auf Papier zu bannen. So verbannte er all seine Fröhlichkeit und ihm blieb nur noch sein Schmerz und seine Trauer. Was wollte sie damit bezwecken? Wollte sie...? Er öffnete seinen Mund um etwas zu sagen, wurde durch das Auftreten der Tür unterbrochen. Er wirbelte herum und starrte auf die Treppe. War die Zeit so schnell vergangen? “Mist!” fluchte er. “Kennen sie, sie oder nicht?” kam es aus der Nachbarzelle. Jack schwieg. Dorothee erhob sich auf ihre wackeligen Beine. Beim Klang der Schritte der Soldaten loderte in ihr ein letzter verzweifelter Lebenswille auf, sie wollte noch nicht sterben, sie musste doch noch ihren Traum erfüllen. Sie spürte wie Tränen sich in ihren Augen sammelten, ein dicker Klos erschwerte zusätzlich das Schlucken. Jack konnte ihren leisen Schluchzer vernehmen. Bevor er erneut etwas sagen konnte kamen die Soldaten die Treppe herunter getrampelt und stellten sich hämisch grinsend vor den zwei Zellen auf. Dorothee nahm alles um sich herum ganz plötzlich viel intensiver und deutlicher wahr als sonst. Das Knirschen des Schlüssels im Schloss tat in ihren Ohren unerträglich weh, die Kühle im Kerker ließ sie nur noch mehr erzittern. Grob wurde sie aus ihrer Zelle gestoßen, die Treppe hinauf in die Helligkeit. Als sie die aufgehende Sonne sah überkam sie ein seltsames Gefühl. Wenigstens, dachte sie, sehe ich bevor ich gehe die Sonne. Der Gang zum Galgen kam ihr so unendlich lang vor. Jack der hinter ihr hergeschoben wurde bekam Mitleid, sie sah zu jung aus um zu sterben, er natürlich auch, aber irgendetwas an ihrer Art gab ihr etwas unschuldiges. Er runzelte die Stirn. Er hatte etwa besseres zu tun als sich um ein junges Mädchen Gedanken zu machen, sie kann schon auf sich selbst aufpassen, ich muss hier raus kommen - irgendwie. Wo bist du nur Will, wenn man dich braucht. Das Holz unter dem Galgen knarrte leise als man beide dorthin trieb. Ein großer, kräftiger Mann war der Henker und legte um Dorothees und Jacks Hals ein raues Seil. Dabei Schluckte Dorothee, um sich selbst Mut zu machen fing sie an leise zu Summen, während ein Soldat die unzähligen Taten des Jack Sparrow vorlas. Keiner, außer Jack und dem Henker konnte das Summen des bald gehängten Mädchens hören. Nach einer Zeit endete Jacks “böse - Taten - Liste” und der Soldat wollte gerade an Dorothees Liste gehen als er plötzlich inne hielt. “Nun zu - “ er räusperte sich verlegen und warf einen hilfesuchenden Blick zum Henker, dieser schüttelte nur ratlos den Kopf. Der Henker stupste Dorothee an. “Hey, Kleine wie hieß du noch mal?” murmelte er. Sie sah ihn an, dann den Soldaten, der verlegen schwieg. Mitleidig sah sie ihn an. Schwer seufzend sagte sie: “Dorothee Silver.” Nickend bückte sich der Henker zum Vorleser und flüsterte ihm den Namen ins Ohr. Langsam wurden die Menschen um das Podest unruhig, hin und wieder hörte man Beleidigungen gegenüber Piraten und auch ab und zu konnte man welche hören die für die Soldaten bestimmt waren. “Nun zu Dorothee Silver -” mit nasaler Stimme hob der Vorleser sein Wort. Gespannt hörte die Angeklagte auf die kommenden Worte und musste zur Verwunderung aller Angehöriger lauthals lachen. “Ihr werdet beschuldigt.... ähm.... die Komplizin von Jack Sp-” - “Captain!” - “Sparrow zu sein.” endete er. Als Dorothee loslachte starrte sie Jack verwirrt an, was sie dazu brachte mehr zu lachen. Der Soldat rümpfte pikiert die Nase. “Nun habt ihr noch was zu sagen, Piraten?” “Musiker!” schoss es aus ihr hervor, wenn sie schon sterben sollte dann, wie Jack es bei sich gesagt hatte, als Musiker! Bei ihrem plötzlichen Einwand musste Jack grinsen. “Und ja ich habe was zu sagen! Wer keine Taten von mir aufsagen kann und mich als Komplizin beschuldigt sollte dann wenigstens sagen, dass ich...” doch ihre Rede ging unter einem enormen Knall unter, gefolgt von hysterischem Gekreische. Durch das Podest ging ein Ruck, der ihr die Luftzufuhr abschnürte. “Piraten!” hörte sie Soldaten rufen. Durch die Menschenmasse drängelten sich plötzlich bewaffnete Männer, die auf den Galgen zukamen. Sie konnte noch erkennen wie ein junger Mann auf das Podest geklettert kam und Jack los schnitt, dann verlor sie ihr Bewusstsein und klappte zusammen. Jack nahm wahr wie sie zusammen klappte und entriss Will den Degen. Mit einer schnellen Bewegung schnitt er den Strick um ihren Hals ab. “Will komm her!” rief er dem jungen Mann zu und deutete auf die am Boden liegende Frau. Kapitel 2: Schulden und Verhandlungen ------------------------------------- Schulden und Verhandlungen Eine angenehme Dunkelheit umhüllte sie, sie fühlte sich wohl und geborgen, das einzige was sie in ihrem dämmerartigen Zustand ganz sachte, irgendwo am Rand ihres umnebelten Hirns, wahrnahm war ein beständiges Schaukeln. Ein wohliger Seufzer entfuhr ihrem Mund, erst jetzt bemerkte sie das raue Kratzen an ihrer Kehle. Oh Gott! Hing sie etwa am Strick und hauchte gerade ihr letztes Leben aus. Panisch wand sie sich, ihr Atem ging stoßweise, alle ihre Sinne konzentrierten sich nur noch auf einen einzigen Punkt: Überleben! Was Dorothee nicht ahnen konnte - schließlich wurde sie kurz vor ihrer Rettung Ohnmächtig - war dass sie in der Koje vom Captain der Black Pearl lag. Als Jack gerade schwungvoll die Tür von seine Kajüte mit einem Fuß aufstieß, kam er gerade noch rechtzeitig als sie ihren Panikanfall bekam. Kurz hielt er inne und zog die Augenbrauen zusammen, was hatte sie denn? Erst als sie anfing immer heftiger zu Atmen rannte er zu ihr hin. Hilflos ruderte er mit den Armen vor Dorothees Gesicht herum. “He! Aufwachen!” Plötzliche verebbte ihr Atem. Jacks Augen weiteten sich. Ein kurzer Moment verstrich, bis er sich aus seiner Starre löste und sanft, aber bestimmt an Dorothees Schultern rüttelte. Ihr Körper war angespannt und kühler Schweiß rann ihr über die Wangen. Als Jack anfing an ihr zu rütteln dachte er, er würde ein Brett durchschütteln, so angespannt war sie. “Aufwachen! Verdammt!” er rüttelte heftiger. Ein Ruck ging durch ihre Schultern und die Panik in ihr stieg immer weiter an, erst als sie durch das dumpfe Pochen hinter ihren Schläfen eine Stimme hörte, die ihr bekannt vorkam, beruhigte sie sich. Wie als würde sie endlich aus einem tiefen Meer auftauchen sog sie ruckartig die Luft ein. Beim plötzlichen heben ihres Brustkorbes lies Jack ihre Schultern los und ging vorsichtshalber ein paar Schritte von der Koje weg. Abwartend zog er eine Augenbraue hoch. Was kommt jetzt? schoss es durch seinen Kopf. Mit schiefgelegten Kopf verschränkte er seine Arme vor der Brust und wartete. Dorothees Augenlider fingen an zu flattern und öffneten sich langsam. Stöhnend wurden sie wieder geschlossen. Jack ging ein paar Schritte um das Bett herum und betrachtete das Aufwachen der jungen Frau. Eine wahre Schönheit ist unser Piratenmusiker nicht, dachte er. Ja, es mochte sein dass Dorothee nicht wirklich herausragend hübsch war, doch hatte sie so manch anderes was eine hübsche Tochter - ohne einen blassen Schimmer im Köpfchen - nicht hatte. Im groben und ganzen hatte sie straßenköterblonde Haare, war mittelgroß, hatte keinen zu großen oder zu kleinen Mund, keinen sehr anregenden Körperbau - fand sie - und schlanke, schmale Finger, auf die sie als einzigstes stolz war. Mit dröhnendem Kopf richtete sie sich auf und öffnete die Augen. Zuerst nahm sie alles verschwommen und undeutlich war, dann allmählich lichtete sich ihr Blickfeld und klare Konturen konnte sie erkennen. Eine Bewegung lies sie ihren Kopf drehen, neben ihr in einiger Entfernung stand der Pirat, der mit ihr gehängt werden sollte. Moment! Ich sollte doch eigentlich... - sie fuhr sich an den Hals, mit zitternden Fingern suchte sie nach dem unangenehmen Strick. Keiner da! Ein belustigtes Räuspern holte sie aus ihren Gedanken. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen sah Jack sie an. “Meine Liebe - “ er hielt inne und sein Grinsen wurde breiter und - dreckig. Ein braungebrannter Zeigefinger hob sich und deutete auf ihr Dekolté. Fragend folgte ihr Blick dem Finger und schlagartig wurde sie puderrot. Ihr weißes Hemd war aufgegangen und nun hatte man eine weite Aussicht auf ihre Brust. Schnell zog sie ihr Hemd zu und drehte sich von Jack weg. “Warum bin ich nicht tot?” schüchtern kamen ihre Worte über die Lippen. Amüsiert hob er die Brauen hoch. “Nun, wer sagt denn dass ihr noch am leben seid? Vielleicht seid ihr schon tot und habt jetzt vergessen, dass ihr tot seid und denkt nun dass ihr noch am leben seid, obwohl ihr schon längst tot seid” gab er als Antwort. “Hm, also meint ihr ich wäre tot und würde nur vergessen haben dass ich tot bin?” sie versuchte die Knöpfe des Hemds zuzumachen, doch irgendwie gelang es ihr nicht so richtig. Mist, schon wieder verknöpft! Wo ist denn der andere... fehlt da nicht einer, oder sogar zwei? “Könnte sein, dass ich das meine.” schlendernd ging er wieder um das Bett herum und musterte grinsend, wie Dorothee verzweifelt versuchte ihr Hemd zuzuknöpfen. “Soll ich euch ein neues Hemd geben?” fragte er schließlich, das konnte man sich ja nicht ansehen! Nun total verzweifelt sah sie ihn an und nickte. Seufzend drehte er sich um und ging auf eine Truhe zu. Ihre Wangen wurden eine Spur dunkler und beschämt sah sie zu Boden. Ein lauter Rums über ihr, erschütterte kurz die Kajüte, gefolgt von einem lauten Fluch, der so manch eine feine Dame erröten ließ. “Hä?” war die Reaktion von Dorothee. Jack ignorierte sie und wühlte ungestört in der Truhe rum, bis er anscheinend das gefunden hatte wonach er gesucht hatte. Mit einem schiefem Grinsen drehte er sich - für Dorothees Geschmack etwas zu sehr schwankend - um und hielt ihr ein, etwa weißeres Hemd als ihr jetziges, unter die Nase. Dankend nahm sie es an und wollte sich gerade ihr altes gegen das neue eintauschen als sie inne hielt. “Würden sie bitte?” fragend hob Jack eine Braue. Sie deutete eine Kopfbewegung an. Verwirrt zog er seine Stirn kraus. Ein Murren und eine stärkere Bewegung des Kopfes gefolgt von einer gescheuchten Handbewegung zeigte ihm endlich, was sie von ihm verlangte: dreht euch gefälligst um! Über dieses Verhalten rollte er nur mit den Augen, als ob er noch nie eine Frau nackt gesehen hatte! Für wen hielt sie ihn eigentlich? Nach einer Weile drehte er sich wieder um, da Dorothee noch die letzten Knöpfe offen hatte, schloss sie diese etwas ungeschickt. Dieser Pirat machte sie noch wahnsinnig! Jack klatschte in die Hände und wollte gerade anfangen etwas zu sagen als Gibbs, sein erster Maat, zur Tür reingestürmt kam. “Jack, was ist eigentlich mit der Kleinen, die du ... oh!” beinahe hätte er sich verplappert. Er sah kurz zwischen seinem Captain und dem Mädchen - in seinen Augen war sie noch recht jung - der fragende Blick den die junge Frau ihm und Jack warf, bestätigte ihm - sein Captain hatte ihr wohl noch nichts gesagt. Armes Ding! dachte Gibbs. Verlegen kratzte er sich an seinen Kotletten und räusperte sich kurz. “Und sie sind?” kam es von Dorothee. Gibbs wollte gerade zu einer Antwort ansetzten als Jack schon neben ihm stand und wild mit den Händen rumfuchtelte, dabei ihn zielstrebig zur Tür schob und ihn so nach draußen scheuchte. Etwas verwirrt beobachtete sie das seltsame Tun des Piraten, was wurde hier gespielt? Nachdenklich sah sie den beiden Männern nach, die hinter der Tür verschwanden. Ihr Gesicht verfinsterte sich schlagartig. Wollte man sie etwa verkaufen oder sogar in irgendeine Piratenstadt verschleppen um sie dort als Sklave oder sogar als neue Hure in einer Schenke verhökern? Jetzt wollte sie doch lieber zurück in die stinkende Zelle. Sie zog die Decke eng um ihren Körper, so wollte sie nicht enden! Hilfesuchend tastete sie mit den Finger über das Laken und suchte ihre... “Hab ich gesagt du darfst reinkommen? Hat man dir nicht erzählt man sollte vorher klopfen bevor man in die Capitainskajüte geht?” Jack war sauer, stinksauer. Gibbs hätte ihm beinahe sein neustes Geschäft vermasselt! “Nun ja... Jack, weißt du, ich dachte du wärt schon längst fertig.” meinte Gibbs und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Drohend hob Jack beide Zeigefinger und bohrte sie in Gibbs Brust. Dieser schluckte heftig. “Nein war ich nicht - “ “OH GOTT!!! NEIN!!!” Erschrocken fuhren beide auseinander und starrten die geschlossene Tür an, aus der ein schriller Schrei gekommen war. Dann stürmten sie in Jacks Kajüte. Dort fanden sie eine am Boden krabbelnde Dorothee, die verzweifelt die Bettdecke hob um unter die Koje zuschauen. “Nein, nein, nein , nein!” murmelte sie vor sich hin. Vorsichtig trat Jack hinter sie und berührte mit spitzen Fingern ihre Schulter. “Liebes? Gibt es einen besonderen Grund warum ihr auf dem Boden sitzt und dauernd ‘nein’ schreit?” Wut flammte in ihr auf. Wenn dieser elende, missratene Mistkerl von einem Piraten ihr Hab und Gut gestohlen hatte, sie schwor beim Meeresgott Neptun, er würde bald diesen höchstpersönlich kennen lernen! Kochend vor Wut drehte sie sich ruckartig um, so dass Jack ein paar Schritte nach hinten stolperte. Schwankend blieb er stehen und schluckte. War das da wirklich eine junge unschuldige Frau? Schoss es ihm bei ihrem Anblick durch den Kopf. Ihr Atem ging flach, die Wangen waren leicht gerötet und ihre Augen sahen ihn hasserfüllt an. Gibbs war von ihrem plötzlichen Wandel, wie Jack für einen kurzen Moment fassungslos. “Jack, ich will ja nichts sagen, aber so wie sie jetzt ist, sieht sie aus wie Calypso, wenn diese wütend ist.” murmelte er in Jacks Richtung, dieser reagierte zu spät als ihn ,aus heiterem Himmel eine schallende Backpfeife traf. Schmerzverzerrt hielt er sich seine pochende Wange, ein ‘die hab ich nicht verdient’ konnte Gibbs noch hören, bevor sich sein Captain wieder an Dorothee wand. Diese starrte entsetzt auf ihre Hand, hatte sie gerade einem Piraten eine runtergehauen? Oh Gott, jetzt war es aus mit ihr. Nicht gut, gar nicht gut, hörte sie eine Stimme in ihrem Kopf sagen. “Wo habt ihr meine Gitarre hin getan, Herr Pirat?” fragte sie. “Captain! Captain Jack Sparrow, wenn ich bitten darf. Und was deine Gitarre betrifft, tut mir leid, Schätzchen, die müsste wohl noch in Port Royal sein.” mit leicht geröteter Backe - und einem diese Frau ist vollkommen verrückt im Kopf - wedelte er mit den Armen vor ihr her und machte eine ausholende Bewegung, mit der er Gibbs beinahe ins Gesicht geschlagen hätte. Dieser zog die buschigen Brauen nach Oben. Dorothee wurde nun wieder schallachrot, wie konnte sie das nur vergessen! Oh Gott, das ist mehr als peinlich! “Entschuldigen sie Mist- “ sie räusperte sich “... Captain Sparrow.” mit den letzten Worten streckte sie ihm ihre Hände hin, fragend sah Jack auf diesem, dann in ihr Gesicht. Dachte sie etwa er würde sie, wegen so etwas - was bei ihm des öfteren mal passierte - in die Brigg werfen? Er schüttelte den Kopf, obwohl, wenn er sich es genau überlegte, ein für ihn typisches Grinsen erschien auf seinen Lippen. Freundschaftlich legte er seinen Arm um ihre Schulter, bei dieser Berührung zuckte sie zusammen. “Wisst ihr - “ er grinste sie an und ein ungutes Gefühl beschlich sie. “Ihr seid mir, da ich euch vor dem Galgen und so vor dem Tod gerettet habe und noch dazu - “ er deutete auf sein Hemd, dass sie trug “Ich euch eines meiner Kleidungsstücke gegeben hab, die auf See etwas rar sind, etwas schuldig.” Sie sah ihn an. Ein Geschäft mit einem Piraten war niemals gut und fair. “Was verlangt ihr denn?” Ist da jemand skeptisch? innerlich lachte Jack auf, dass gefiel ihm, die Kleine ist anscheinend nicht dumm, sein Grinsen wurde breiter. “Nun ja, in meinem Geschäft oder Angebot, wie ihr es nennen wollt, könnt ihr zum ersten Beweisen ob ihr nun ein Pirat seid oder nicht und ob ihr ein Musiker seid oder nicht...” - “Doch die Sache hat einen Haken, nicht wahr?” unterbrach sie ihn. Unschuldig sah er sie aus seinen dunklen Augen an. “Nicht doch, wo denkt ihr hin! Ihr müsst einzig und allein... ungefähr, wenn wir das überschlagen, komme ich auf, in etwa zehn Jahre arbeiten auf meinem Schiff.” Dorothee sah ihn an als wäre er ein riesiger Fisch, fasste sich aber. Er wollte Geschäfte? Die konnte er haben! “Nun, ihr denkt, wenn ihr wie ihr gesagt habt alles überschlagen würdet, soll ich für zehn Jahre in der Crew eines komplett verwirrten, unzurechnungsfähigen, dauerhaft betrunkenen und verrückten Captain arbeiten. Ich denke ihr habt etwas falsch gerechnet, Captain Sparrow!” sie schob seine Hand von ihrer Schulter und sah ihn an. “Das war ein Schlag unter die Gürtellinie, Liebes! So, ihr denkt ich habe falsch gerechnet? Ich denke nicht dass ihr wirklich in der Lage seid, dies zu entscheiden - dass mit der Arbeitszeit.” er zwinkerte ihr zu. “Nun mein Lieber - “ sie stemmte die Hände in die Hüfte. Jack sah sie provokativ an. “Mag sein dass ich mich nicht wirklich in der Lage befinde euch Anforderungen zu stellen, aber - “ sie hielt inne, sag etwas gutes, versuch ihn umzustimmen. Los, nun mach schon! “Ich stehe euch nur maximale drei Jahre zur Verfügung.” Wollte sie ihn veräppeln? Wirklich das Mädchen muss verrückt sein. In diesem Punkt konnte er sogar recht behalten, denn Dorothee dachte das gleiche über sich, wie er. Ich bin verrückt, wenn ich denke ihn umzustimmen zu können. “Ach, und warum steht ihr nur maximale drei Jahre zur Verfügung, Liebes?” Panisch dachte sie nach, Jack wiegte sich schon in Sicherheit als plötzlich ihr Gesicht sich erhellte und sie freudig ausstieß: “Der Kodex!” “Der Kodex?” kam es im Chor - bestehend aus Jack und Gibbs. “Ihr habt euren Piratenkodex und wir, die Musiker unseren!” siegessicher lächelte sie die beiden an. Musikerkodex? Das war ihnen neu, gab es einen solchen wirklich? Obwohl, sie hatten auch einen warum nicht auch die Musiker? “Und was steht in diesem Kodex geschrieben?” schaltete sich Gibbs ins Gespräch mit ein. “Nun, ein Musiker, der Schulden in Form von Arbeiten über Jahre in einer Crew und so weiter hat, muss nur maximal ein Jahr an Bord oder anderes bleiben.” sie schickte ein Stoßgebet in den Himmel, dass die beiden Piraten ihre Flunkerei glaubten. Jack warf den Kopf zurück und schaute sie durchdringend an. Langsam, als überlege er seine nächsten Worte gut fing er an zu sprechen: “Aha, das sagt also euer Kodex? Da wirft sich mir die Frage auf, warum habt ihr gerade noch gesagt es wären nur drei und nicht ein Jahr?” so langsam gewann er wieder die Oberhand an diesem Gespräch. “Das ist meine Rechnung, diesbezüglich.” antwortete sie knapp. Jack hob den Zeigefinger und fuchtelte in der Luft rum. “Vier Jahre!” sagte er und erntete ein Kopfschütteln von Dorothee. Diese hob zwei Finger in die Luft. “Zwei!” Empört stemmte er die Hände in die Hüften. “Ich habe euren hübschen Hals gerettet!” - “Niemand hat euch dazu gezwungen, ihr habt es freiwillig gemacht.” erwiderte sie stur. Er hob eine Hand wieder und wedelte mit zwei Fingern vor ihrem Gesicht auf und ab. “Zweieinhalb Jahre!” - “Zwei!” beide blitzten sich an. So langsam fühlte sich Gibbs ziemlich unwohl in der Haut, die Luft war zwischen den beiden Kontrahenten angespannt und er hatte das Gefühl, dass sie bald zu knistern anfangen würde. Jack schnaubte, sie würde ihn noch in den Wahnsinn treiben, statt ihm zu danken dass er ihr Leben gerettet hatte, versuchte sie mit ihm zu verhandeln! “Zweidreiviertel!” “Hey, dass ist mehr als dein letztes Angebot!” diesmal schnaubte Dorothee. Jack zuckte mit den Schultern. “Na, und?” “Eineinhalb Jahre!” “Was? Nie im Leben! Zwei Jahre und sechs Monate!” vielleicht würde sie darauf reinfallen, dachte er, doch Dorothee schüttelte unbeirrt den Kopf. Sie hielt ihm ihre offene Hand ins Gesicht. “Zwei Jahre und fünf Monate! Mein letztes Angebot!” Gibbs fuhr sich übers Gesicht, dass war ja schlimmer als in manch einer Bar in Tortuga! Und dass noch stocknüchtern. Er seufzte. “Kleinkinder” nuschelte er in seine Hand. “Zwei Jahre und neun Monate!” durchbrach Jack seinen Gedankengang und Gibbs sah zu Dorothee rüber. “Sieben.” sagte sie. “Acht!” “Fünf.” “Sechs!” Stur schüttelte Dorothee den Kopf, nein nie im Leben würde sie zwei Jahre und sechs Monate in der Nähe dieses Verrückten verbringen, sie hatte doch schließlich einen Traum zu erfüllen! Gibbs sah die junge Frau an, die zu überlegen schien. Nun sag endlich ja, dann können wir endlich einen Kurs einlegen! Innerlich seufzte er, er war einfach zu alt für solch einen Humbug. Jack beobachtete Dorothee ganz genau, seine kohleumrandeten Augen waren zu Schlitzen verengt. Ihm riss so langsam der Geduldsfaden. Dorothee hatte schweigend zu Boden geschaut und sich die dunklen Dielen angeschaut, als sie schließlich den Kopf hob und ihre Handfläche ausstreckte sagte sie: “Zwei Jahre und fünf Monate, nicht mehr und nicht weniger.” Jack grinste, er konnte hören wie Gibbs erleichtert ausatmete. “Abgemacht?” fragte er und hielt seine knapp vor ihrer. Sie schlug ein. “Abgemacht!”. Als Jack zum ersten mal die feinen und sanften Finger auf seiner Haut spürte fing seine Hand an leicht zu kribbeln. Schnell zog er die Hand weg und wischte diese unbemerkt an seiner Hose ab. Was war denn das? “Master Gibbs, zeigen sie unserem neuen Crewmitglied wo sie schlafen kann, dann werdet ihr sie Ragetti oder Pintel unterteilen, sie sollen sich darum kümmern dass Miss Silver mit ihrem neune Arbeitsplatz vertraut gemacht wird.” Er schritt an ihr vorbei und setzte sich schwungvoll auf den Stuhl, der mit einem großen, breiten Schreibtisch neben der Koje stand, und legte die Füße auf die dunkle Tischplatte. Gibbs machte ein freundliches Gesicht - so gut es eben in seiner jetzigen Verfassung ging - und führte sie nach draußen, bevor er die Tür schloss rief Jack ihnen nach: “Und heut wird das Deck geschrubbt.” Kapitel 3: Deckschrubben gehört dazu ------------------------------------ Deckschrubben gehört dazu. Als Dorothee mit Gibbs die Treppe aufs Deck der Pearl hinter sich gelassen hatte kam sie zum ersten mal in den Genuss von frischer Meeresluft, dem Rauschen der Wellen und das sanfte Knarren des schwarzen Schiffes, das sie auf jedem Schritt begleitete. Während sie auf dem Deck entlang gingen - den neugierigen Blicken der Crew ausgesetzt waren - erzählte Gibbs ihr eine spannende, wie unrealistische Gesichte von Captain Jack Sparrow und der Crew nach der anderen. Seinem munteren Gerede schenkte sie wenig Gehör, ihre ganze Aufmerksamkeit galt ihrer Umgebung. Staunend sah sie nach oben um die schwarzen, voll mit Flicken besäten, Segeln genauer zu betrachten. Nebenbei, damit Gibbs nicht merkte, dass sie seine Erzählkunst - wie er es nannte - nicht würdigte gab sie ein paar einzelne Kommentare zu den Gesichten ab. Ein kleiner, kahlköpfiger Mann kam auf sie zu, kurz musterte er Dorothee, die immer noch im Bann der Pearl lag, und stellte eine Frage an Gibbs. “Wer ist denn die?” Marty nickte zu Dorothee rüber, die ihren Mund vor Staunen leicht geöffnet hatte. Gibbs zog die Augenbrauen hoch und beugte sich zu ihm runter. “Der Captain hat sie gerade eingestellt, ist sozusagen ein neues Crewmitglied, in etwa könnte man das sagen.” raunte er Marty leise zu. “Also wird sie Ragetti und Pintel beim Schrubben helfen?” meinte Marty. Gibbs zuckte mit den Schultern. “Für heute schon, sie soll die Nacht schrubben.” “Nachtschrubben?” Er nickte. Marty schüttelte sich. Nachtschrubben war eine lausige Arbeit! Es wurde ungemein klirrend Kalt auf See. Einen Anfänger in der Nacht schrubben zu lassen war schon - ja, eigentlich gemein, dachte er. Normalerweise würde Jack eine Frau nie Schrubben lassen - eher würde er andere Dinge mit ihr anstellen, die beiden Parteien gefallen würden. Ihm fiel Dorothees normales Aussehen auf. Keine wahrhaftige Schönheit, dachte er sich im Stillen. Er streckte sich leicht hoch und flüsterte leise: “Was kann sie denn noch außer schrubben?” Grübelnd fuhr sich Gibbs über die ergrauten Kotletten. “Sie hat erwähnt, dass sie Musiker ist.” “Aha...” noch einmal musterten beide Dorothee, die nun zu ihnen sah und fragend den Kopf schief legte. Während Dorothee auf Deck mit dem Leben der Piraten vertraut gemacht wurde, man erklärte ihr was sie tun müsste, schritt Jack unruhig in seiner Kajüte auf und ab. Es fuchste ihn dass ein Pirat vor ihm - Jack Sparrow - an den Jungbrunnen gekommen war und diesen auch noch gestohlen hatte! Wütend schnaubte er. Abrupt blieb er stehen und zog aus seiner Hosentasche einen vergilbten Zettel hervor. Es war das Einzigste was er im Versteck des Jungbrunnen gefunden hatte, einen lausigen Brief! Zum Hunderten mal las er die verwischten Worte durch: “Es ist erstaunlich, mir ist das gelungen was vor mir keiner geschafft hat, ich hab den Schatz der Schätze gestohlen, ohne einen Wert darin zu finden auf ewig mein Leben hier zu fristen... Wie du siehst - habe ich mir aus Gier den Schatz genommen. Er soll das Erbe sein für meine Nachkommen - falls... Sonst niemand soll es bekommen, das ewige Leben! Sommernächte fliegen ohne Hast... Kuss mit viel Gefühl... ...anze Gerd - ...” Die Buchstaben waren so sehr verwischt das er sie nicht mehr entziffern konnte. Nachdenklich zog er die Brauen kraus und fuhr sich mit den Fingern über den Bart. Es war zum verrückt werden! Die Sätze ergaben keinen Sinn, sie waren nur wirr dahingeschriebene Worte, die ihm den letzten Nerv raubten. “Was haben Sommernächte und Küsse mit viel Gefühl -” er verdrehte die Augen “mit dem Jungbrunnen zu tun oder mit dessen neuem Aufenthaltsort! Jeder anständige Pirat hinterlässt eine brauchbare Spur zum Schatz, den er gestohlen hat, auch wenn diese Spur zuerst recht unbrauchbar erscheint ist sie da noch brauchbar, da sie die einzige Spur zum Schatz ist. Aber diese hier -” böse funkelte er das unschuldige Stück Papier an “- ist in seiner kompletten Form unbrauchbar. Dieser Silver muss, als er dich - “ drohend zeigte er auf das Papier - das sich so langsam unwohl fühlte in seiner Rolle - “- geschrieben hat, vollkommen verrückt oder bis zur Ohnmacht betrunken gewesen sein!” mit einem unzufriedenen Seufzer auf den Lippen ließ sich der Captain der Pearl in sein Bett fallen. “Nicht fair, ganz und gar nicht fair.” murmelte er in die Kissen. Und was zum Henker hat ein gewisser Anze Gerd mit dem Ganzen zu tun? Jack setzte sich auf, ein Grinsen umspielte seine leicht mitgenommenen Zügen. “Vielleicht ist dieser komische Gerd der Hinweis auf die Spur!” schnell sprang er auf und wankte auf seinen Tisch zu, wo sein Kompass lag. Ungeduldig klappte er diesen auf, nach einer kurzen Zeit, in der die Nadel des Kompass wie wild sich gedreht hatte, zeigte sie nun stur nach Oben. Verwirrt klopfte er gegen den Kompass, schüttelte ihn sogar, doch die Nadel veränderte sich nicht. “Ich habe keinen Gerd in meiner Crew!” motzte er den Gegenstand an, der weiterhin stur nach oben zeigte. Da zuckte ein Lichtblitz durch sein Hirn, er hatte zwar keinen Gerd aber jemand anderes! Ein lauter Knall erschütterte das Schiff. Aus seinem Gleichgewicht gebracht ruderte Jack wild mit den Armen in der Luft rum, bis er sich sicher sein konnte, dass er nicht auf den Boden fallen würde. Fluchend rannte er an Deck. Dort vernahm er den Geruch von Schießpulver und Ruß. Gegröle und Gejohle empfangen ihn als er endlich oben angekommen war. “Was in drei Teufelsnamen ist hier los?” Das Bild, das sich ihm bot ließ ihn schmunzeln, die halbe Mannschaft war voll Ruß und ihre Haare - soweit sie welche hatten - standen wirr ab. Mit einem schwarzen Gesicht und einem breiten Grinsen kam sein erster Maat, Gibbs, auf ihn zu gelaufen. Jack lehnte sich leicht nach hinten und sah seinen Maat von oben bis unten, mit hochgezogenen Brauen an, dann machte er eine ausholende Bewegung. “Würden sie dieses Chaos erklären, Master Gibbs?” Gibbs sah ich etwas konfus um und musste husten. “Nun ja, wir haben unser neustes Crewmitglied eingeweiht, Captain.” antwortete er. “Du siehst aus wie ein schwarzes Loch, das Augen und Mund hat, und Groteskerweise spricht, mein Freund, genauso wie der Rest der Crew.” ohne auf das Gesagte von Gibbs einzugehen lugte Jack an seinem Freund vorbei und entdeckte Dorothee, die mit großen Augen in die Runde sah, bei diesem Anblick fing Jack an zu grinsen. Da fiel ihm wieder ein was er eigentlich machen wollte, bevor seine Crew ein rußiges Chaos verbreitet hatte. “Wie war eigentlich noch mal der Name der Missy?” fragte er Gibbs, der verwirrt dem Blick seines Captains folgte und Dorothee sah. “Ich glaube sie hat gesagt Silver.” “Glauben ist nicht wissen, Master Gibbs.” sagte Jack und ging an ihm vorbei auf die einzige Frau an Bord zu, diese versuchte vergebens den Ruß aus ihrem Gesicht zu wischen. Ein paar einzelne Strähnen hatten sich aus ihrem Zopf gelöst und hingen, total geschwärzt vom Ruß, in ihrem Gesicht. Kurz musste sie deswegen schielen, ein belustigtes Räuspern holte sie aus der Betrachtung ihrer Haare. Durch ein Räuspern wurde sie auf Jack aufmerksam. “Was gibts?” fragte sie Jack, der selbst beim gerade stehen Gleichgewichtsstörungen zu haben schien. “Nun, ich wollte Euch nur sagen dass ihr heute für das nächtliche Schrubben verantwortlich seid.” ein fieses Grinsen huschte über sein Gesicht. Ohne über sein Verhalten diesbezüglich nachzudenken - sie schätze den Captain immer noch als unzurechnungsfähig ein - nickte sie knapp und drehte sich zum gehen um. “Das gehört wohl dazu...” murmelte sie. “Was habt ihr gesagt?” fragte er, stutzig über ihr - recht widerstandloses Verhalten. Dorothee drehte den Kopf leicht zur Seite und sah ihn an. “Das Deckschrubben, bei nächtlicher Kälte, werter Captain.” Verrücktes Weib, schoss es ihm durch den Kopf. Ob der Kompass sie meinte? Mit zusammen gekniffenen Augen lugte er ein weiteres mal auf den Kompass, dessen Nadel in Dorothees Richtung wies. “Irgendwas wisst ihr über den Jungbrunnen, aber was werde ich bald wissen...” murmelte er. Dorothee bekam von Jacks Gemurmel kaum etwas mit, leise vor sich hinsummend fing sie an Ragetti und Pintel bei den Takelaken zu helfen. Neugierig sah Ragetti sie an, wie ihre sanften und sehr gepflegt wirkenden Hände am rauen Seil zu schaffen begannen. Schüchtern zeigte er auf diese. Fragend sah ihn Dorothee an. “Wie...” fing er an wurde aber von Pintel unterbrochen, “Man hast du schöne Finger! Fasst wie bei einer Puppe, fast so wie bei Püppchen, nicht wahr Ragetti.” er stieß Ragetti in die Seite, dieser nickte nur. Irritiert sah Dorothee auf ihre Hände, dann wieder in die grinsenden Gesichter der beiden Piraten. “Keine Ahnung.” sie zuckte mit den Schultern. “Aber ich bin keine Puppe.” meinte sie. “Nein, so siehst du auch nicht aus! Dafür bist du zu einfach.” Pintel lächelte verlegen. Betreten sah Dorothee auf ihre Hände. Ragetti sah den traurigen Ausdruck in ihren Augen und stupste seinen Freund in die Seite, dieser sah ihn verwirrt an. Böse funkelte er ihn aus einem Auge an, dann drehte er seinen Kopf wieder Dorothee zu. “Guck uns doch an, wir sind auch keine wahren Schönheiten.” meinte er grinsend, sie sah ihn an und fing an zu schmunzeln. Stimmt, ich bin nicht die einzige, die nicht hübsch ist. Keiner hier sah wirklich berauschend aus und dennoch - sie alle hatten etwas an sich, an ihrer Art, fand sie. Kurz musste sie an ihren jetzigen Captain denken, der die Ausnahme auf dem Schiff zu sein schien. Ein Spatz in einem Schwarm voller Meisen, dachte sie. “Sag mal, man hat uns gesagt du wärest ein - “ fing Ragetti wieder an und riss sie aus ihren Gedanken. “Hm?” aufmerksam sah sie ihn an. “Na ja - “druckste er herum und wurde von Pintel zur Seite gedrückt. “Wir würden gerne wissen ob du -” er schielte zu Ragetti rüber “ein Musiker bist.” kam es von beidem im Chor. Dorothee wandte sich wieder an ihre Arbeit und nickte stumm. Die beiden Piraten sahen sich an und grinsten. Langsam beugten sie sich zu ihr rüber. “Wirst du auch mal was singen?” fragten sie gleichzeitig. Sie sah den beiden in die Augen und lachte auf. Etwas verwirrt schauten sich die Freunde an. Was war denn nun los? “Ich habe gesagt das ich ein Musiker bin, aber ob ich singen tue hab ich nie behauptet.” kicherte sie. “A- aber als Musiker singt man doch oder?” unsicher sah Pintel sie an. Ein breites Grinsen überzog ihr Gesicht als sie, sie ansah. “Nicht jeder der sich Musiker nennt ist einer. Musiker können singen und musizieren, müssen es aber nicht, das heißt ein Musiker der singt muss nicht musizieren können, sowie ein Musiker der Musik macht mit einem Instrument muss keineswegs singen können.” “A- also bist du ein nicht singender Musiker?” fragte nun Ragetti. “Das habe ich auch nicht gesagt.” sie lachte über die verwirrten Mienen der beiden. “Und was bist du jetzt?” fragte Pintel leicht gereizt. “Zur Zeit ein Crewmitglied dieses Schiffes, das Musiker ist.” beendete sie das Gespräch und wandte sich erneut der Takelake zu. Pintel fühlte sich leicht veräppelt und ging wütend schnaubend davon. “Und als was für einen Musiker würdest du sagen bist du?” versuchte es Ragetti ein letztes mal. Ohne zu ihm aufzublicken antwortete Dorothee knapp: “Ein musizierender Musiker der nur schlecht als recht singen kann.” Nachdenklich nickte er. Die Zeit verging auf See ziemlich schnell fand Dorothee, als sie der Sonne zusah, wie sie in einem Schleier aus Rottönen hinter dem Horizont versank. Sie lehnte sich an die Reling und sog die Meeresluft tief ein. Es war ein komplett anderes Gefühl auf dem Meer zu sein als auf dem Land, es fühlte sich an als wäre man - Frei. Sie seufzte. Unwillkürlich musste sie an ihr Hab und Gut denken, ihre Gitarre. Sie fehlte ihr, ihr fehlte irgendwie ein Stück von ihr selbst. Musik war ihre Leidenschaft, in ihr konnte sie all ihren Gefühlen freien lauf lassen, all die Gefühle die sie nicht gerne anderen preis gab. Ein leichte Gänsehaut überkam sie, ihr wurde kalt. Und ich muss noch das doofe Deck schrubben, dieser Mistkerl von einem Captain, fluchte sie leise in Gedanken, sie konnte diesen Captain, wie er von sich behauptete, nicht einschätzen und so wusste sie nicht was sie von ihm halten sollte. Dorothee wusste nicht das Jack sie in diesem Moment beobachtete. Zum erstenmal, seid sie aus dem Kerker geflohen waren, wirkte sie verletzlich und - wie zuvor - sah sie so unschuldig aus. Ihre reservierte und zurückhaltende Art verwirrten ihn, auch dass sie genauso gut austeilen wie einstecken konnte. Sie war anders als Elizabeth, ehrlicher und, bei diesem Gedanken musste er schmunzeln, um einiges verrückter. Er konnte sie einfach nicht einschätzen - wie sie ihn. Als der klare Sternenhimmel mit dem Meer sich vereinigt hatte, so wirkte es auf Dorothee, und als kein Mann mehr an Deck war, schrubbte sie die dunklen Planken des Schiffes. Ihr Atem stieg in weißen Dampfwölkchen in den Nachthimmel. Ihre Knie fühlten sich wund an und langsam aber sicher verlor sie das Gefühl in ihren Fingern, diese waren vom vielen Wasser aufgeweicht und schrumpelig, an manchen Stellen waren sie sogar aufgeplatzt. Verzweifelt nahm sie den Schmutzlappen und warf ihn von sich fort. So geht das nicht! Einzelne Tränen bildeten sich in ihren Augenwinkeln, die sie schnell weg blinzelte. Ich muss mir was anderes einfallen lassen. Sie stand auf und hörte, wie es in ihren Knien laut Knackte. Kurz verzog sie das Gesicht. Stöhnend drückte sie ihr Kreuz durch und sah in den sternenklaren Himmel. “Schön.” murmelte. Ihr Körper fing an zu zittern. “Kalt hier.” sie schlang ihre Arme um ihre Brust und sah auf ihre Füße, da bekam sie eine Idee. Freude funkelte in ihren blauen Augen. Ja, so würde es gehen und um einiges mehr Spaß machen. In neuer Euphorie schnappte sie sich einen Lappen und den, den sie weggeworfen hatte. Jack saß zu dieser Zeit in seiner Kajüte und starrte seinen Kompass wütend an. Was hatte Dorothee mit dem Jungbrunnen zu tun?! “Oder hat sie gar nichts damit direkt zu tun sondern eher indirekt?” er drehte den Kompass hin und her. “Was hat Dorothee Silver mit John Sil-” seine Augen weiteten sich. Hastig zog er den Zettel ein weiteres mal aus der Tasche. “Es soll das erbe sein für deine Nachfahren, Silver? Was ist wenn Dorothee, zufälliger weise...” er ließ den Satz im leeren Raum stehen und sah erneut auf den Kompass, der wieder stur nach oben zeigte. “Müsste Miss Silver nicht in der Kajüte liegen und friedlich schlafen?” fragte er sich. “Nein, da du sie zum nächtlichen Schrubben verdonnerst hast.” tönte es von seinem Bett aus, wo ein weiterer Jack lag und gelangweilt mit seinen Haaren spielte. Fragend hob Jack, der an seinem Tisch saß, die Augenbrauen hoch. “Hab ich das?” “Ja hast du, Jacky. Und ich wette mit dir dass sie noch oben an Deck ist und schrubbt.” kam es nun von der Tür, wo ein weiteres Ich von ihm lässig an die Tür lehnte und ihn aus kohleumrandeten Augen vorwurfsvoll ansah. “Seid wann bist du so gemein zu Frauen?” fragte es weiter. Jack hob abwehren die Hände. “Das hat sie sich selbst eingebrockt.” Das Bett bewegte sich leicht als sein Double sich erhob und trocken meinte: “Bei der Kälte erfriert sie sicher, dann wars das womöglich mit dem ewigen Leben.” Eilig rannte Jack an den beiden Ichs vorbei nach oben ans Deck. “Musstest du das so sagen?” fragte der Jack an der Tür den anderen. Dieser zuckte nur mit den Schultern und grinste ihn an. “Ja, sonst wäre er nie hoch gerannt, dieser Kavalier.” Kapitel 4: Seltsame Methoden ---------------------------- Seltsame Methoden. Die neue Methode machte ungemein mehr Spaß als die andere fand Dorothee, als sie mit festgeknoteten Lappen an ihren Füßen übers Deck schlitterte und sich leicht unbeholfen gegen allerlei Dinge prallen ließ. “Ich muss eigentlich nur so machen als wäre ich auf dem Eis, also... ein Schritt seitlich nach vorn -” ganz langsam fing sie wieder an über de Deck zu rutschen, dabei versuchte sie mit rudernden Armen sich so grazil wie möglich fortzubewegen. Nach einer Weile erhöhte sie ihr Tempo und wurde schneller. Unterdessen war Jack die Treppe hoch gerannt und blieb abrupt stehen und beobachtete das Szenario, was sich vor ihm abspielte. Langsam wanderte eine seiner Brauen unter sein Kopftuch und er legte den Kopf schief. Was war denn das? “Anscheinend erfriert hier niemand, höchstens ihre letzten Hirnzellen.” nuschelte er während seine Augen Dorothee bei jedem Rutsch verfolgten. Jack hörte wie sie leicht Kicherte. “Verrückt.” meinte er trocken. Dorothee hingegen war so vertieft in ihrer Rutscherei, dass sie Jack nicht bemerkte erst als sie die Kontrolle über ihre Geschwindigkeit verlor und in einem rasanten Tempo haarscharf am Großmast vorbei schlitterte, genau auf Jack zu, der sie nur noch mit offenem Mund und schreckgeweiteten Augen anstarrte, bevor sie mit einem Aufschrei in ihn raste. Jack prallte auf den Boden und hatte aus Reflex Dorothee mitgezogen, die nun auf seiner Brust lag und ihm das Atmen erschwerte. Perplex starrten ihn zwei blaue Augen unter, immer noch Ruß geschwärzten, Strähnen an. Ihr Mund war leicht geöffnet, während sie ihn ansah. “Unter anderen Umständen wäre mir das hier um einiges angenehmer aber ich wäre sehr froh darüber, wenn ihr von mir runter geht, Liebes, ich würde gerne atmen können.” er grinste sie frech an. Hastig wich Dorothee von ihm und rutschte weg um Abstand zwischen ihnen zu bekommen. Mit rotem Kopf sah sie ihn weiterhin an. Jack richtete sich auf und erzitterte leicht als ein kalter Windhauch über seine - durch den Sturz hatten sich ein paar Knöpfe von seinem Hemd gelöst - entblößte Brust strich. Es war schweinekalt hier draußen! Er sah von seinem Hemd auf in das errötete Gesicht von Dorothee, neben der Röte konnte er erkennen dass sie unkontrolliert zitterte. Er streckte die Hand aus um sie zu berühren... “Entschuldigen sie Captain, dass ich nicht aufgepasst habe.” beschämt sah sie ihn an. Er senkte seine erhobene Hand wieder. “Ihr braucht euch nicht andauernd zu entschuldigen, Liebes! Ihr seid auf einem Piratenschiff!” sagte er und erhob sich. “Ihr habt seltsame Methoden ein Deck zu schrubben, wisst ihr das?” er sah zu ihr runter, da sie keine Anstalten machte sich zu erheben. Erst jetzt viel ihr auf das sie fror. Ihr war so kalt dass sie sich kaum bewegen konnte! “Und ihr habt seltsame Methoden euch fortzubewegen, Captain.” meinte sie bibbernd. Jack sah sie an und ein besorgter Ausdruck breitete sich auf seinem Gesicht aus. Ohne ein Wort zu sagen stellte er sich hinter sie, betrachtete ihr vor Kälte zitternden und gebeugten Rücken. Ihr Atem ging nun stoßweise und sie dachte sie hätte ihr komplettes Gefühl in den Gliedern verloren. Erst als sie den warmen Atem Jacks an ihrem Hals vorbei streifen spürte, merkte sie dass er nicht mehr vor ihr sondern hinter ihr stand. Schlanke Finger griffen unter ihre Arme, ein erschrockener Laut kam über ihre Lippen als Jack sie ohne Vorwarnung hochhob. Mit wackeligen Knien lehnte sie an der Brust des Piraten, der die Stirn kraus zog. Sie war eiskalt! Als sein Blick auf ihre aufgeplatzten Finger fiel wurde er wütend, ohne dass er sagen konnte warum. Böse sah er sie an. Dorothee spürte wie ein eiskalter Schauer ihren Rücken runterlief und sie erschauern ließ. Wortlos ergriff Jack ihre wunde Hand und zog sie hinter sich her in Richtung seiner Kajüte. Beim starkem Griff seiner rauen Hände zuckte sie kurz zusammen und konnte ein leises “Aua” nicht unterdrücken. Die Stille zwischen ihnen ließ ihre Haare zuberge stehen. Angespannt wartete sie auf ein Wort des Captains, der immer noch wortlos sie hinter sich her schleifte. Dorothee sah auf ihre Hände und stockte, erst jetzt sah sie dass sie bluteten, nicht leicht, sondern stark bluteten. Langsam bekam sie wieder ein Gefühl in ihre Hände, die stark schmerzten, es war ein dumpfer, ziehender Schmerz, der unter der braungebrannten Hand von Jack unangenehm brannte. Sie biss sich auf die Lippen und versuchte auf etwas anderes zu achten. Angespannt starrte sie auf Jacks Rücken, dann glitt ihr Blick weiter nach unten und an Jacks Hintern musste sie schlucken, schnell sah sie weg bevor ihr verkalktes Hirn auch nur auf die Idee kam irgendwas dazu zu denken. Hübscher Hinter, schoss es unwillkürlich durch jenes Hirn, Nein! peinlich berührt kniff sie die Augen zusammen. Erst als sie das Geräusch eine öffnenden Tür und sie plötzlich auf etwas weiches geworfen wurde öffnete sie die Augen und sah in zwei wütende, dunkle Seen, die sie schlucken ließen. Sie fühlte sich plötzlich winzig. Jack löste seine Hand aus ihrer und warf einen besorgten Blick auf das Blut, was sich in ihrer Handfläche gesammelt hatte. Er kniete sich vor sie hin und begutachtete beide Hände. Ein warmer Schauer lief ihr über den Rücken als sie die warmen Hände des Piraten auf ihrer wunden Haut spürte. Als Jack so sachte wie möglich über ihre Finger strich durchzuckte sie ein stechender Schmerz. “Au.” schnell entzog sie ihm ihre Hand. Er sah sie an und sie musste schlucken. Sie riss sich von seinen Augen los und sah weg. Jack schnaubte, wie konnte man nur so sorglos sein? “Könnt ihr denn nicht auf euch acht geben?” wütend stand er auf. “Ich -” begann sie, stoppte aber sofort als Jack sie mit scharfer Stimme unterbrach: “Ihr habt wirklich seltsame Methoden euch selbst zu massakrieren!” er ging auf einen Schrank zu und nahm ein sauberes Leinen daraus, dieses riss er in lange Striemen und tunkte es in Rum, den er auch aus dem Schrank geholt hatte. “Ich habe mich nicht massakriert!” kam es kleinlaut vom Bett zu ihm rüber. Schwungvoll drehte er sich um und funkelte sie böse an. Drohend langsam ging er auf sie zu, die rumgetränkten Striemen in der Hand. “Nein? Ihr seid also nicht daran Schuld, dass eure Hände völlig wund sind?” Trotzig sah sie ihm in die, zu Schlitzen verengten Augen. “Ihr habt mich dazu verdonnert das Deck in der Nacht zu schrubben!” Arrogant hob er die Oberlippe an und deutete mit der Hand, ohne Striemen, auf Dorothee. “Macht ihr etwa alles was man euch sagt?” Sie öffnete den Mund um etwas zu erwidern, hielt dann inne. Ihre Augen wurden feucht und sie senkte den Kopf. Sie wusste es nicht, sie wusste rein gar nichts mehr, was vor Port Royal passiert war. “Na? Macht ihr nun alles was man euch sagt oder nicht? Seid ihr etwa einer dieser widerstandslosen Weiber, die nicht einmal -” abrupt hielt er inne. War da ein Schluchzer gewesen? Eilig ging er auf sie zu. Dorothee hatte während seiner Rede die blutenden Hände vors Gesicht geschlagen und angefangen zu weinen. Sie wusste nicht ob es stimmte was Jack sagte, sie wusste gar nichts mehr. “Ich weiß es nicht...” schluchzte sie. Von ihrem plötzlichen Gefühlsausbruch völlig überfordert setzte sich Jack neben sie und schlang sie - rein instinktiv - in seine Arme. Zuerst wehrte sie sich und versuchte sich mit ihren blutigen Händen wegzudrücken, doch Jack war einfach zu stark für sie. Völlig aufgelöst weinte sie an seiner Brust. Jack wiegte sie sachte hin und her und versuchte sie zu beruhigen. Langsam verebbten ihre Tränen, ihre Augen brannten immer noch höllisch, weswegen sie, sie auch schloss, der Duft von Jack kroch in ihre Nase, sie Roch Rum - was sie bei ihm vermutet hatte -, das Meer, etwas dunkles und - was sie erstaunte - den Geruch des Schiffes haftete an ihm. “Danke.” murmelte sie gegen sein Brustbein und Jack musste leicht lächeln. “Schon in Ordnung, Liebes. Ich bin -” - “Captain Jack Sparrow, ich weiß.” sagte sie und richtete sich auf. Beleidigt, dass sie ihm seinen Satz geklaut hatte, schob er seine Unterlippe zu einem Schmollmund vor. “Das war mein Satz.” meinte er kleinlaut und Dorothee grinste ihn frech an. “Tja wer zu spät was sagt, beendet einen Satz nicht.” sagte sie und schlug in einer unbedachten Geste ihre Hände zusammen. Ein lauter Schmerzenslaut kam aus ihrem Mund und mit erneut feuchten Augen wimmerte sie vor sich ihn. Jack sprang alarmiert auf und nahm eine ihrer Hände in die seinen. “Das wird jetzt ein wenig brennen.” sagte er als er einen der alkoholisierten Striemen um die Wunden legte. Ein extremer brennender Schmerz gesellte sich zu dem anderen und Dorothee wollte ihre Hand aus Jacks entziehen, doch hinderte er sie daran. Wenige Minuten später saß Dorothee erneut mit Tränen in den Augen auf Jacks Bett mit verbundenen Händen. Vorwurfsvoll starrte sie ihn an, abwertend hob er die Hände. “So ist dass nun mal, sei froh dass ich es nicht ausbrennen musste.” meinte er grinsend und lachte kurz auf als er ihr entsetztes Gesicht sah. Danach herrschte Schweigen zwischen ihnen, dem Musiker und dem Piraten. “Sag mal könnt ihr etwas mit den Worten `Sommernächte fliegen ohne Hast´ und ´Kuss mit viel Gefühl´ anfangen?” durchbrach Jack die Stille. Nachdenklich sah sie auf ihre verbundenen Hände. Leise fing eine Melodie in ihr an zu wachsen. Sie kannte diese Sätze. Langsam fingen Erinnerungen an, sich durch den Schleier des Vergessens, der sich in ihrem Kopf ausgebreitet hatte, zu drängen. Die wachsende Melodie fügte sich zu einem Lied zusammen. Sie sah wieder zu Jack, der wachsam ihr Gesicht beobachtete. “Warum wollt ihr das wissen?” misstrauisch beobachtete sie wie Jack langsam etwas aus der Tasche zog und es ihr rüber warf. Er wusste nicht was ihn in diesem Moment geritten hatte, ihr den Zettel zu geben, doch irgendwas in ihm sagte ihm, dass es richtig war und sie ihn ein Stück näher an seine lang ersehnte Unsterblichkeit brachte. Dorothee las sich den Zettel durch. “Wisst ihr was damit gemeint ist?” fragte Jack geradeheraus. Ein geheimnisvolles Lächeln umspielte ihren Mund als sie leise anfing ein, ihr wohlbekanntes Lied, zu singen. “Es ist Juli, Sommernächte fliegen ohne Hast, verweilen kurz und schläfrig, über Dächern und dem frisch gestochenen Torf. Eine Meute kleiner Jungen streift ein letztes Mal für diesen Tag durch das abendlich nach warmen Kühen duftende Dorf.” Summend wiegte sie sich leicht hin und her. Fragend schaute Jack sie an. Als sie zu ihm aufsah musste sie grinsen. “Es sind Teile aus einem bekannten Lied vorhanden.” sie nickte in Richtung Papier. “Einem Lied?” er schritt auf sie zu und setzte sich zu ihr aufs Bett. Wieder nickte sie. Einen kurzen Augenblick huschte ein trauriger Ausdruck über ihre Züge, bevor sie Jack in die Augen sah. “Wenn ihr dieses Papier einem Musiker in die Hand drückt, wird er euch ohne weiteres sagen können, dass es ein Lied ist. Ich vermute das, dass Anze Gerd eigentlich “Tanze Gerda” heißen soll - so heißt dass Lied.” Ein Lied also? Das war die brauchbare Spur zum Jungbrunnen? Dieser John Silver hat seltsame Methoden, genau wie sein Nachfahre. Jack sah zwischen dem Papier in Dorothees Händen und ihr hin und her. “Und ihr seid euch sicher?” fragte er sicherheitshalber nach. Sie nickte träge, ihr Körper schmerzte und zitterte immer noch, die Kälte in ihren Gliedern war noch lange nicht entschwunden. Er bemerkte ihr Zittern, sanft aber bestimmt drückte er sie auf die Laken und stellte belustigt fest, dass ihr die Augen dabei zufielen. Er stand auf und legte sich neben sie aufs Bett, zog dabei die Decke über sie beide und drückte Dorothee eng an sich. Dorothee öffnete schnell die Augen. “Ähm...” sie wollte was einwenden, doch Jack schüttelte den Kopf. “Ich brauche euch noch, schließlich seid ihr bei mir ein Mitglied meiner Crew und ihr seid mir immer noch was schuldig. Wir wollen doch nicht dass ihr mir erfriert. Seid nicht beschämt, ich wette wir liegen irgendwann vollkommen nackt nebeneinander.” frech grinste er sie an. Empört über seine Worte stieß sie ihren Ellenbogen in seine Seite so, dass Jack kurz aufstöhnte und sich mit leidender Miene diese rieb. “Nichts zu danken.” murrte er. Er merkte zu spät dass Dorothee längst im Reich der Träume war und sich wärmesuchend an seinen Körper gepresst hatte. Mit einem sanften, fast beschützerischen Lächeln auf den Lippen, beobachtete er wie sich ihr Brustkorb gleichmäßig hob und senkte. “Ich wette sie hat deinen letzten Satz gar nicht mehr richtig mitbekommen, Jacky.” ein neues Double von ihm tauchte hinter Dorothee auf und sah auf sie herab. “Hm...” machte der echte Jack bevor auch er in die tiefen der Träume versank. Sein Double seufzte auf und verdrehte die Augen. “Das ist nicht gut, gar nicht gut.” er schüttelte den Kopf, bevor er verschwand. Kapitel 5: der Morgen danach ---------------------------- der Morgen danach Dumpf pochender Schmerz war das erste was Dorothee wahrnahm, als sie langsam aus ihrem dämmrigen Schlaf erwachte, dann hörte sie ein rauchiges Schnarchen neben sich. Grummelnd verzog sie das Gesicht und drückte ihr Ohr fester gegen einen warmen Untergrund um dieses nervende Geräusch abzutöten, doch es wurde nur noch lauter, es hörte sich seltsam schallend an als würde man sein Ohr auf die Brust eines anderen legen und dessen Atem hören. Moment! Atem? Sie spürte einen warmen Hauch, der ihr übers Haar strich. Schlagartig schlug sie die Augen auf. Es war immer noch Dunkel aber nicht mehr lange, sagte ihre innere Uhr. Ganz langsam schielte sie nach oben und konnte einen vertrauten Bart wahrnehmen. “Oh mein Gott” flüsterte sie. Jetzt spürte sie auch den Arm von Jack, der schwer um sie lag. Verzweifelt sah sie sich um, wie konnte sie sich nur aus dieser misslichen Lage befreien? Zögerlich zog sie ihren Arm unter der Decke hervor und schob, darauf bedacht den Mann neben ihr nicht zu wecken, mit sanften Druck die braungebrannte Hand von ihrer Schulter fort. Ein Grunzen seitens Jack, ließ sie mit pochendem Herzen inne halten. Dorothee musste mit Schreck bemerken das der Körper unter ihr sich zu regen begann. Panisch sah sie sich ein weiteres mal um - soweit es ihr möglich war. Aus reiner Verzweiflung fing sie an leise ein Schlaflied zu summen, kurz darauf schmatzte der Captain zufrieden, kratzte sich noch an der Seite, bis er wieder tiefer im Reich der Träume versank. Innerlich musste Dorothee den Kopf über ihn schütteln, sonst konnte ihn nichts einschüchtern - laut Gibbs - oder gar ablenken, doch bei einem einfachen Schlaflied musste wohl jeder müde Pirat passen, auch ein Captain Jack Sparrow. Der Griff um sie lockerte sich leicht, schnell schob sie den Arm endgültig von sich. Vorsichtig erhob sie sich und kroch Rückwerts vom Bett, immer ein Auge auf den schlafenden Piraten. Als sie endlich mit den Füßen auf einen Widerstand traf konnte sie ein erleichtertes Seufzen nicht mehr unterdrücken. Murrend drehte Jack ihr den Rücken zu. Auf zehenspitzen schlich sie, weiterhin Rückwerts, zur Tür, als sie hinter sich die kühle Klinke spürte pochte ihr Herz noch mehr, fast glaubte sie es würde aus ihrer Brust springen. Langsam drückte sie die Klinke nach unten und öffnete in Zeitlupe die knarrende Tür, bis diese für sie offen genug war. Flink schlüpfte sie durch den Spalt hindurch und stieß sich, in ihrer leicht tollpatschigen Art, den Zeh an. Den neuen Schmerz ignorierend lief sie fluchtartig an Deck. “Oh mein Gott.” stieß sie wieder hervor als sie luftschnappend an der Reling des schwarzen Schiffes stand. Unregelmäßig hob und senkte sich ihre Brust. In einer vertrauten Geste griff sie sich an den Hals und stutzte, was war denn das? Verwirrt sah sie an sich herab und konnte im fahlen Morgengrauen einen Gegenstand glitzern sehen. “Was zum...?” Um ihren Hals hing an einem einfachen Lederbändchen eine mattgraue Brosche, die so klein war wie ihre Fingerkuppe. Sie ist so einfach wie ich, schoss es ihr durch den Kopf als sie die Brosche betrachtete. Aber wie kommt die an meinen Hals? Als ich in Port Royal war hatte ich keine, oder doch? Ein Windhauch durchzauste ihr Haar, die salzige Luft kroch ihr in die Nase. Unwillkürlich schloss sie ihre Augen und konnte die ersten, noch müden Sonnenstrahlen auf dem Gesicht spüren. Stille herrschte an Deck, durchbrochen von den Wellen, die sich am Schiff brachen und dem gleichmäßigen - aber keineswegs leisem - Schnarchen der Crew. Dorothee genoss diese angenehme Ruhe, die sie umfing. Sie musste an ihre geliebte Gitarre denken, ohne sie, so fühlte Dorothee, würde sie es schwer haben sich zu erinnern, was vor alle dem passiert war. Nachdenklich dachte sie an den Abend zurück, als Jack sie nach dem Zettel gefragt hatte. Wieder erwachte das Lied vom Abend in ihrer Seele und sie hörte in Gedanken die Gitarrenklänge, die sie traurig lächeln ließen. Sie drehte sich um und sah die Waschlappen und den Putzeimer über dem Deck verteilt. Wortlos ging sie in die Hocke, sammelte die Putzutensilien ein und verstaute diese neben der Treppe, die ins innere des Schiffes führte. Summend schlenderte sie über die Blanken auf die Reling zu. Schwungvoll setzte sie sich darauf und wiegte sich im Takt der Musik, die sich in ihrem Hirn ausgebreitet hatte und sie nicht los ließ. Bam, bam- bam, mit ihren verbundenen Fingern klopfte sie auf das schwarze Holz und fing leise an zu singen: “Tanze, Gerda, tanze, tanz die ganze Nacht, brauchst sie nicht zu fürchten, wir geben schon drauf acht, dass nicht die Alten kommen, tanze, Gerda, tanz.” Vor ihrem inneren Auge sah sie eine dunkelhaarige Schönheit, in wunderschönen bunten Gewändern, anmutig tanzen. Golden schimmerte die Haut der Frau und betörte die umstehenden Zuschauer. Dorothee musste Lächeln, diese goldene, fast braune Haut erinnerte sie an jemanden... In ihrem Kopf formte sich eine neue Zeile des Lieds und sprudelte über Lippen hinaus aufs Meer. “Im Einhorn fängt die Nacht erst an, da sitzen Melker neben manchen andern, da steigt die Lotti, wenn sie voll ist, auf den Tisch, da krachen Stühle, wenn die Männer viel vom schweren Wein getrunken haben und klatschen brüllend mit wenn Lotti sich vergisst.” Plötzlich verstummte sie, die Erinnerung an das Lied, die Musik und der Frau waren mit einem mal verschwunden, einzig eine schwarze Leere breitete sich in ihrem Kopf aus. Eine eisige Kälte folgte der Leere und griff nach ihrem Herz. Verzweifelt schlang sie die Arme um ihren Körper. Das war nicht fair, eben kam ihre Erinnerung - und damit ihre Hoffnung - zurück und dann verschwand sie so einfach. Sie war keineswegs so stark wie sie vor Jack tat oder so unnahbar und kalt, eigentlich war sie anders - oder nicht? Zweifel überkamen sie. Nein, ich bin nicht so! sie ballte die Hände zu Fäusten, sie war anders als sie vorgab. Genauso wie Jack, wisperte eine Stimme in ihrem tiefen Inneren. “Und? Was interessierst mich?” maulte sie laut auf. “Was interessiert dich, Liebes?” Erschrocken sah sie auf, direkt in die fragenden, dunklen Augen Jacks. “Nichts.” erwiderte sie hoch und sah ihn aus großen Augen an. Er öffnete den Mund und zog gleichzeitig die Brauen nach oben, mit wedelnden Händen fuchtelte er vor ihrem Gesicht herum. “Nun ich glaube nicht, dass da nichts ist, sonst würdet ihr auch nicht bestreiten dass es nichts gäbe wofür ihr euch interessiert, also ist nichts wohl kaum nichts! Und nach eurem Gesicht zuurteilen ist nichts doch mehr als nichts.” “Ihr irrt euch...” sie schüttelte den Kopf und wollte von der Reling steigen als Jack ganz nah vor ihr stand, sich zu ihr runter beugte und ihr intensiv in die blauen Seen sah. Er hob beide Zeigefinger in die Luft. “Ich irre mich in solchen Dingen nie, aye?” Sein Blick wanderte nach unten zu ihren verbundenen Händen, besorgt zog er die Brauen zusammen. Sachte, um ihr nicht wehzutun, nahm er ihre Hände in seine und begutachtete die Innenfläche, wo sich ein roter Fleck ausbreitete. Dorothee wollte sie ihm entziehen doch hielt er sie stark genug fest, damit sie nicht davon flüchten konnte, wie vorhin als sie sich einfach so fort geflüchtet hatte. Innerlich schnaubte Jack über dieses spröde, scheue Verhalten seines neuen Crewmitglieds. Frauen! dachte er. “Man sollte es noch mal neu verbinden.” nuschelte er. “Nein das ist nicht -” versuchte Dorothee sich rauszureden doch Jack hatte bereits Gibbs, der müde aus den Mannschaftskajüten kam, einen Befehl zugerufen. Als er sich wieder zu ihr wandte meinte er nur noch eindringlich: “Danach kommt ihr in meine Kajüte, verstanden?” Eingeschüchtert, durch den ernsten Tonfall, des sonst ziemlich chaotischen Captains, nickte sie stumm. Schwungvoll drehte er sich um und ging unter Deck. Noch total verschlafen kam Gibbs auf sie zu getorkelt und brummte etwas von Saufgelage vor sich hin. Er fuhr sich übers Gesicht um den restlichen Schlaf aus seinen Augen zu reiben. Endlich konnte er wieder klarer sehen und musterte die junge Frau. Sie sah nicht gut aus, ein dunkler Schatten überzog ihr Gesicht und ihre dreckigen, ehemals blonde Haare hingen ihr teils über die Stirn, teils standen sie wirr ab und hatten sich aus dem Zopf gelöst. Er musste dringend mal ein Wörtchen mit seinem Captain reden! Er konnte doch kein unerfahrenes Mitglied, nachts bei klirrender Kälte das Deck schrubben lassen! Warum Dorothee sich nicht gewehrt hatte war ihm - genau wie Jack - unklar. “Na wie war das Nachtschrubben?” grinste er und bekam dafür ein beschämtes Achselzucken. “Ich - ich hab mir die Hände wund geschrubbt...” murmelte sie und zeigte in einer hilflosen Geste diese Gibbs. Der alte Seebär zog, über Jacks Verhalten, eine wütende Schnute und nahm die zierlichen Finger in seine rauen und großen Hände. “Also wirklich! Du hättest dich wenigstens wehren können, als das wortlos anzunehmen! Guck dir das einer an! Maria im Himmel, deine Hände sehen sogar schlimmer aus als meine! Und das will schon was heißen!” zornig schickte er einen Fluch in den Himmel nach dem anderen. Dorothee musste beim Verhalten des alten Piraten grinsen. Während Gibbs ihr die Hände neu verband - und sich lauthals über seinen Captain aufregte - suchte sie in den hinteren Winden ihres Hirns nach den verlorenen Zeilen des Liedes, eine innere Stimme sagte ihr, dass es mehr mit den Liedern in ihren Erinnerungen auf sich hatte als sie dachte. Nach einer Weile war Gibbs mit dem verbinden fertig. Zögernd stand sie auf und ging auf Jacks Kajüte zu. Kurz vor der Tür atmete sie noch mal tief ein und klopfte an das harte Holz. Ein dumpfes “Ja, ja komm schon rein!”, hörte sie noch bevor sie die Klinke, ein zweites mal an diesem noch recht jungem Tag, herunter drückte und eintrat. Jack saß mit den überschlagenen Beinen an seinem Tisch und kaute an einem Apfel. Mit der freien Hand wies er auf einen Stuhl vor ihm. Misstrauisch kam sie der stummen Bitte nach und setzte sich gegenüber von Jack, der sie nur breit angrinste. Irgendwas war hier faul, fand sie und ihr Gesicht verdüsterte sich. “Apfel? Ihr habt sicher noch nichts gefrühstückt!” seine Augen blitzten auf und Dorothee bekam eine Gänsehaut. “Nein danke.” war ihre knappe Antwort. Innerlich verdrehte er die Augen, verrückt und misstrauisch, was kommt als nächstes? dachte er sarkastisch und sah an ihr vorbei. “Was wollt ihr von mir?” fragte sie schließlich. “Nun -” er ließ seine Füße vom Tisch gleiten und lehnte sich zu ihr herüber. “Ihr erinnert euch doch sicherlich an letzte Nacht, oder?” er grinste sie frech an. Dorothee schwieg, was hatte dieser verrückte Kauz vor? Als hätte er ihre Gedanken gelesen wuchs sein Grinsen in die Breite. “Ihr habt mir von dem Lied erzählt, erinnert ihr euch?” er wartete auf eine Reaktion von ihr. Sie nickte. Zufrieden lehnte er sich wieder zurück. “Also, ihr habt mir erzählt dass diese Zeilen aus einem Lied sind.” “Könnt ihr endlich mal zur Sache kommen?” genervt sah sie ihn an. “Langsam, langsam, Liebes, ich muss euch vorher etwas fragen: kennt ihr einen Piraten namens John Silver?” Irritiert zog sie die Augen zusammen, wie kam er darauf dass sie einen Piraten kannte? Sie strich sich nachdenklich eine Haarsträhne aus der Stirn. Hinter ihren Schläfen fing es plötzlich an zu Pochen, das ihr höllische Kopfschmerzen einbrockte. Trotz der Schmerzen wühlte sie weiter in ihrem Gedächtnis und ein verschwommenes Gesicht tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Wer zum...? dachte sie, doch verschwamm das Bild wieder, bis nur noch ein nebliger Schleier in ihrem Kopf war. Die Kopfschmerzen wurden jetzt unerträglich und sie fasste sich stöhnend an den Kopf, der angefangen hatte zu glühen. Jack hatte sie genau beobachtet, bis zu jenem Moment, wo sie sich stöhnend an die Stirn griff. Schnell sprang er auf und hockte sich vor sie hin. Er umgriff ihr Gesicht und fuhr sanft über ihre Schläfen. Langsam entspannten sich ihre Gesichtszüge. “Also kennst du ihn?” er vergaß die Formalitäten, er war Pirat und kein feiner Pinkel! “Nein.” sagte sie leise. Sie lügt, schoss es durch seinen Kopf, oder sie kann sich an nichts mehr erinnern, flüsterte eine Stimme in ihm. Er seufzte auf, das hatte ihm noch gefehlt, ein Musiker mit Amnesie! “Du kannst dich an nichts mehr erinnern, oder?” enttäuscht stand er auf und setzte sich auf den Tisch, griff sich einen neuen Apfel - aus einer Schale die auf dem Tisch stand - und biss hinein, um gleich darauf das Gesicht zu verziehen und sich angewidert über die Lippen zu lecken. Pfui, Teufel! Ist der sauer! Wütend starrte er den Apfel an. Dorothee hatte sich von ihren Kopfschmerzen etwas beruhigt und musste belustigt feststellen, dass ihr Captain in einen ziemlich sauren Apfel gebissen hatte. “Ja ich kann mich an nichts mehr erinnern.” sagte sie nach einer Weile, in der Jack sich von dem Apfel erholen musste. Erneut seufzte er. Nein, so half sie ihm nichts! “Kann es sein das dieser John Silver der Schreiber eures Zettels ist?” sie hatte ein krakeliges J und S am unteren Rand des vergilbten Papiers gesehn. “Ja könnte schon sein dass er das gewesen war.” kam es knapp von Jack. “Vielleicht interessiert es dich, wenn ich dir sage, wie ich mich am besten wieder erinnern kann.” nun wechselte auch Dorothee das Sie zum Du um. Lauernd sah er sie an, konnte er in ihren Augen etwa so etwas wie Gerissenheit erkennen? Herausfordernd hob er eine Braue. “Und wer sagt mir dass deine Erinnerungen für mich wertvoll sein könnten?” Er schaute mit gespielter Desinteresse auf seine Finger, hm ich könnte sie mal wieder säubern, sinnierte er. “Die Zeilen haben es schon mal bewiesen.” sagte sie. Sie sah wie Jack sich anspannte und lauschte. “Ach ja? Das finde ich nicht, das war reiner Zufall, du hast es doch selbst gesagt, dass ich es jedem x- beliebigen Musiker zeigen könnte und ...” “Würde dieser x- beliebige Musiker auch wissen dass John Silver anscheinend selbst ein Musiker war ... oder ist?” fiel sie ihm ins Wort. “Silver war ein Pirat und kein Musiker!” protestierte er. “Hast du nicht gesagt das ein Pirat ebenso ein Musiker sein kann, also ein Piratenmusiker?” “Ja, und? Das heißt noch lange nicht dass Silver ein -” ein lautes Klatschen unterbrach ihn und auf seiner Wange prangte ein roter Abdruck. In Dorothee war plötzlich eine Sicherung durchgebrannt. Bebend vor Wut stand sie vor ihm, die Hand erneut blutend, ihre Wunden waren wieder aufgeplatzt. “Glaubt mir, hier irre ich mich nicht, Captain.” zischte sie. Jack hatte in ihr einen wunden Punkt getroffen, ohne dass sie wusste warum sie ihn eine gescheuert hatte. Irgendetwas fühlte sich tief in ihrer Seele verletzt und beleidigt. Unregelmäßig atmete sie ein und aus. Kurz schloss sie die Augen, drehte sich um und rauschte nach draußen, vorbei an einem ziemlich verdutzten Gibbs, der wissen wollte was dieser Krach zu bedeuten hatte. Hab ich das jetzt wirklich gesehen? Jack sah ihr nach und hielt sich die schmerzende Wange, hab ich wirklich Tränen in ihren Augen gesehen? Er schüttelte den Kopf. “Die hab ich nicht verdient.” murmelte. “Oh doch mein Freund, hast du! Und wärst du nicht mein Captain würde ich dir noch eine reinhauen! Und zwar gratis.” Gibbs sah ihn vorwurfsvoll an. “Ich hab nichts getan!” verteidigte sich Jack. Sein erster Maat schüttelte den Kopf. “Wenn du nichts getan hast warum hat denn die junge Miss ausgesehen wie ein Geist?” er hatte deutlich diesen entsetzten, bleichen Ausdruck gesehen. Kalkweiß war Dorothee gewesen. Jack, du wirst alt, dachte dieser. Gibbs räusperte sich. “Eigentlich wollte ich dich noch fragen welchen Kurs wir nehmen?” Der Captain der Pearl sah zu ihm auf. Er brauchte jetzt dringend zwei Dinge - die seinen armen Nerven Linderung schenken konnten - , eine ordentliche Buddel voll Rum und eine hübsche Frau, mit der er die Nacht verbringen konnte! Und wo gab es diese zwei Dinge im Überfluss? Er sah seinen alten Freund an. “Tortuga!” Kapitel 6: neuer und alter Kurs "zum fliedenden Piraten" -------------------------------------------------------- Neuer und alter Kurs “zum fliegenden Piraten” Völlig Aufgelöst saß Dorothee auf einem Fass in der Speisekammer, wo nur spärliches Licht den Raum erhellte. Sie hatte den ganzen Tag versucht Jack auszuweichen, doch er war immer in ihrer Nähe gewesen, in all ihrer Verzweiflung war sie dann hier her geflohen. Fahrig fuhr sie sich mit zittrigen Fingern durch das Haar und zog mit einem tiefen Seufzer das Haarband daraus. Matt fielen ihr ein paar blonde Strähnen ins Gesicht - die nicht von Ruß geschwärzt waren -, seit jenem Moment am Morgen versuchte sie zu begreifen was sie dazu gebracht hatte Jack zu schlagen - und er hatte noch nicht mal etwas abfälliges gesagt! Stöhnend schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen. So schnell wollte sie sich keine Feinde hier auf dem Schiff machen! Und jetzt, dachte sie, habe ich den Hass des Captains auf mich gezogen! Was machst du nur für Sachen Dorothee! Sie sah auf den Boden, wo vor ihren Augen eine gefüllte Flasche vorbei rollte. Mit den Augen verfolgte sie die Flasche, bis diese in eine, im Schatten gelegene, Ecke rollte und dort blieb. Eigentlich wollte sie gar nicht vor Jack weglaufen, doch traute sie sich nicht ihm in die Augen zu sehen. Über ihr hörte sie das geschäftige Trampeln der Crew an Deck und dumpf drangen einzelne Befehle - von Jack oder Gibbs - an ihr Ohr. Man hatte ihr ausdrücklich verboten zu Arbeiten, hätte sie gedurft hätte sie eine Möglichkeit gehabt sich von dem dauertrunkenen Piraten abzulenken, aber nein, sie durfte nur noch auf der Reling sitzen und den anderen zusehen. Langsam glitt sie vom Fass herunter und blieb kurz im Raum unschlüssig stehen, was sollte sie tun? Sie wollte nicht mehr nichts tun! Sie kam sich dabei so unnütz vor! Wieder rollte eine Flasche vor ihren Füßen in eine Ecke, verschwand in der Dunkelheit und stieß auf einen hohlen Gegenstand, doch davon bekam Dorothee bereits nichts mehr mit, seufzend hatte sie die Kammer verlassen. Ein blasser Lichtstrahl fiel auf die Flasche und ließ den Inhalt golden aufleuchten, dahinter waren undeutlich die Konturen eines Gitarrenbauchs zu erkennen. Obwohl Dorothees kleiner Ausbruch schon eine Weile her war kribbelte Jacks Wange immer noch leicht. Genervt fuhr er darüber. Warum tut meine Backe immer noch kribbeln? Selbst bei Scarlett oder Giselle hatte es nie so lange nachgewirkt! Nachdenklich starrte er auf das Meer, das wohlvertraute Steuerrad in seiner Hand. Langsam schweifte sein Blick auf das Deck, wo seine Leute arbeiteten oder faul herumlungerten. Plötzlich sah er im Augenwinkel eine Bewegung, er verengte die Augen und sah wie Dorothee von unten hinauf aufs Deck lief. Fragend hob er die Brauen und lehnte sich nach hinten. Sie sah wirklich blass aus - wie Gibbs es ihm seit Stunden auf die Nase band -, geht ihr, ihr kleiner Ausrutscher etwa nahe? belustigt grinste er, das ist ja mal was neues! Die Tage vergingen, in denen weder Jack noch Dorothee auf den jeweils anderen zugingen, beide wichen sich stehts aus und falls sie doch aufeinander stießen schwiegen sie sich an. Kopfschüttelnd musterte die Crew das Verhalten der beiden, doch keiner sagte etwas, es war nicht ihr Problem, sondern dass der Zwei. Eine unangenehme Spannung herrschte auf der Pearl. Das Geschrei von Möwen ließ Dorothee aufblicken, als sie wieder einmal tatenlos auf der Treppe zum Achterdeck saß um Löcher in die Luft zu starren. Es herrschte an diesem Tag eine unerträgliche Hitze, bei der sogar die Piraten schlaff machten. Über das ganze Deck verteilt lagen schlafende Crewmitglieder, einige wenige hatten sich ein Fass aus der Speisekammer geholt um darauf Karten zu spielen. Hin und wieder kam es zu hitzigen Diskussionen, in denen der eine den anderen beschuldigte gemogelt zu haben, ihrer Meinung nach mogelten alle und jedes mal bei einen der lauthalsigen Beschuldigungen - die jede absurder war als die andere - konnte sie ein leises Kichern nicht verkneifen. Sehnsuchtsvoll starrte sie auf die weißen Vögel mit den gierigen gelben Augen, wie sie über das Meer ihre Kreise zogen. Hinter ihr hörte sie, wie das Holz knarrte, jedoch umdrehen wollte sie sich nicht, ihr Hirn - so dachte sie - war vollkommen unter der Hitze geschmolzen und existierte nur noch als wabernde Masse, die zu keinem Befehl an den Körper fähig war. Ein sanfter Windhauch strich ihr übers Gesicht und ein leichter Fischgeruch kroch ihr in die Nase. “In ein paar Stunden sind wir in Tortuga angekommen.” sprach es rechts von ihr. Sie spürte wie sich das Holz leicht unter einem neuen Gewicht senkte. “Hm.” erwiderte sie, ihre Zunge fühlte sich unglaublich schwer und trocken an, unwillkürlich musste sie schlucken - sie brauchte dringend was zu trinken. Ein glucksendes Geräusch brachte sie dazu nach rechts zu sehen, dort saß, mit geöffnetem Hemd - ohne Mantel und Hut - mit einer Rumflasche an den Lippen, Jack. Seine braungebrannte Haut schimmerte unter dem dreckigen, weißen Hemd hervor, dieses hatte er so weit offen, dass es Dorothee vorkam als würde es jeden Moment von seinen Schultern rutschen. Die braunen Hosenbeine waren hochgekrempelt und seine Stiefel - waren anscheinend irgendwo anders, nur nicht an seinen Füßen. Als Dorothee auf den Boden sah, streifte ihr Blick zufällig sein linkes Bein. Sie stockte, an der freigelegenen Seite verlief eine lange Narbe. Wie ist er wohl an die gekommen, schoss es ihr durch den Kopf. Ein zufriedenes Seufzen, gefolgt von einem Rülpser, erinnerte sie wieder daran, dass sie unglaublichen Durst hatte. Sie sah auf und erblickte eine wedelnde Flasche vor ihrem Gesicht. “Ah!“ erschrocken wich sie ein Stück von der, sich verselbständigten, Flasche, deren Inhalt golden leuchtete. Lachend nahm Jack die Flasche weg und blitzte sie belustigt an. “Hier, ich seh doch dass du Durst hast.” er grinste breit, so dass sie das Gold zwischen seinen Zähnen sah. Seit wann spricht er wieder mit mir? Als sie die Flasche nur misstrauisch beäugte, stöhnte er innerlich auf, dachte sie wirklich er würde sie wegen eine Backpfeife vergiften wollen oder sonst dergleichen? Er war zwar ein Pirat aber ein sehr ehrenvoller! “Wenn du nicht willst dann trink ichs -” genussvoll legte er erneut seine Lippen an die Flasche und hob diese ganz gemächlich an, langsam trank er einen Schluck nach dem anderen und sah Dorothee dabei frech an. Diese starrte ungläubig auf die sich immer schneller leerende Flasche. Schnell wollte sie danach greifen, doch Jack wich ihr aus. Er nahm die Flasche vom Mund und hielt sie provokativ vor Dorothees Gesicht. “Na, na, na! Wie heißt das Zauberwort?” neckte er sie. Erneut startete sie den Versuch ihm den Rum zu entreißen, wurde aber von einer Hand auf Abstand gehalten. Wie ein kleines Kind grapschte sie nach dem Rum, bis sie beleidigt zum Meer hinaus starrte. “Krieg ich was zu trinken, bitte.” murmelte sie geschlagen gegen den Wind. Zufrieden grinste Jack und reichte ihr die Flasche rüber. Gierig trank sie einen großen Schluck, dann einen zweiten und einen dritten. Als sie die Flasche vom Mund nahm spürte sie ein Brennen in ihrer Kehle, das sie Husten ließ. Neben sich nahm sie wahr, wie Jack wieder anfing zu Lachen. “Nicht so gierig, Schätzchen! Das ist Rum, kein gewöhnliches Wasser!” Genießerisch lehnte er sich auf der Treppe zurück und streckte die Füße aus. Er schloss die Augen und genoss es, wie die warmen Strahlen seine Haut berührten. Ja, bald waren sie in Tortuga und dort konnte er ihr zeigen was es wirklich hieß ein Pirat zu sein, und außerdem, wollte er endlich etwas über sie herausfinden! Er konnte ein aufseufzen neben sich wahrnehmen, er öffnete ein Auge um zu sehen was Dorothee nun wieder trieb, ließ das andere aber geschlossen. Sie hatte sich an die Reling gelehnt und saß mit - ebenfalls wie er - ausgestreckten Beinen auf der Treppe, zwischen ihnen hatte sie die Rumflasche abgestellt, an der sie mit ihren Fingern entlang strich. Ihre Haut war blass und er konnte erkennen dass sie sich an manchen Stellen rot färbte. Er stützte sich auf seinen rechten Arm ab und tippte sie mit dem anderen an. Fragend drehte sie sich zu ihm um. “Du solltest auf deine Haut aufpassen, Liebes, es passiert öfters auf See, dass man selbst bei nicht so heißem Wetter einen ordentlichen Sonnenbrannt bekommen kann. Und jemand mit so weißer Haut, wie deiner sollte noch mehr aufpassen, ich zu meinem Teil brauch nicht aufzupassen da meine Haut, wie du siehst, schön gebrannt ist, im Gegensatz zu deiner, die anscheinend immer so weiß bleibt oder sich, bis jetzt kaum verändert hat.” Um seinen Worten Eindruck zu verleihen, hielt er einen seiner Arme an ihren. Nacht und Tag gleich sahen ihre beide Arme nebeneinander aus, während ihre langsam einen ordentlichen Rotstich bekamen. Mit hochgezogenen Brauen sah sie auf den Vergleich, der Gegensätzlicher kaum sein konnte. “Und was soll ich, nach deiner Meinung, nach dagegen tun?” fragte sie. “Keine Ahnung.” er zuckte mit den Schulter, wobei sein Hemd sich weiter öffnete. Demonstrativ sah Dorothee woanders hin, als auf die gutgebaute Brust des Captains. Ein lautes Poltern brachte beide dazu wieder aufs Deck zu sehen, wo das ehemalige Spielfass umgeworfen wurde, bei einer - ziemlich aus dem Ruder gelaufene - Diskussion, die nicht gerade friedvoll gelöst wurde. Zwei Piraten - Dorothee glaubte dass es sich um Jamie, ein schlaksiger kleiner Kerl, und Theodor, einem breit gebauten jungen Burschen handelte - fingen an sich zu Prügeln. Dadurch, dass es endlich etwas los war auf dem Schiff, kamen einige Crewmitglieder und feuerten die Zwei prügelnden lautstark an. Neben ihr konnte sie ein genervtes Schnauben hören. Fragend sah sie zu Jack, der grimmig die Auseinandersetzung beobachtete. Er hatte heute keine Lust auf Kinderspielchen! Er wollte einzig und allein hier in Ruhe sitzen und die Sonne genießen, schließlich musste er nicht aufpassen von irgendwem umgebracht, gefoltert oder in den Kerker gesperrt zu werden, er hatte heute Ruhe und beim Neptun, diese wollte er ausnutzen! Bevor er jedoch seine Stimme erheben musste schrie Marty vom Krähennest die erlösende Wörter: “Tortuga! Wir sind wieder da!” Jamie und Theodor hielten beim Schlagen inne, sahen sich an und fingen laut an zu lachen. Na endlich! Schoss es jedem einzelnen an Bord durch den Kopf, Tortuga wir kommen! Nur Dorothee hatte keinen blassen Schimmer was an dieser Insel so besonders war. “Was ist eigentlich an Tortuga so besonders?” fragte sie sich selbst. Jack hatte ihre Worte vernommen und sah sie entgeistert an, konnte es wirklich sein das diese Frau keine Ahnung von der göttlichen Insel Tortuga hatte? Nach ihrem grübelnden Gesichtsausdruck zu folgen, dachte er sich, wohl eher nicht. “Tortuga ist keine normale Insel, sie ist eine ganz besondere Insel -” belehrend hob er die Hand - “- sie ist eine göttliche Insel, nur für Piraten, Halunken und andere Verbrecher! Mit den wohl schönsten Frauen in der ganzen Karibik.” breit grinste er sie an. Unter Frauen schien er eine ganz besondere Schicht Frau zu sehen, Männer! innerlich verdrehte sie die Augen. Was hatte sie sich denn vorgestellt? Auf einer Insel, worauf sich die Piraten so sehr freuten, gab es bestimmt Rum, Frauen und irgendwelche Spiele, in denen nie einer gewann. Erst gegen Abend ankerte die Pearl am, nach Fisch stinkenden Hafen an. Beschwingt verließen alle, bis auf Theodor und Pintel - sie wurden zur Wache verdonnert - das Schiff. Etwas unschlüssig sah Dorothee sich auf dem Kai um, hier und da konnte sie schon die ersten Betrunkenen erkennen, auch so manch eine dunkle Gestalt huschte durch die Gässchen, die ins Innere der Insel führten. Ein flaues Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit, vielleicht sollte sie lieber - “Na komm schon, Liebes! Heute zeig ich dir das wahre Leben von uns Piraten!” bevor sie sich zum Rückzug aufs Schiff machen konnte, hatte sich ein wohlvertrauter Arm um ihre Schultern gelegt und Jack zog sie gnadenlos - schien es ihr - ins Zentrum von Tortuga. Schweigend wurde sie mitgezogen. Um sie herum herrschte ein betrunkenes Chaos, Männer prügelten sich, vergnügten sich mit aufreizend gekleideten Damen, machten Trinkspiele, bis einer umkippte - und eventuell nicht mehr aufstand. Es roch nach Rum, Schweiß, Schießpulver und wenige Nuancen von Parfüm - Dorothee wettete das es von den Frauen kam, die Jack kichernd zu winkten. Anscheinend hat der werte Captain ziemlich viele Frauen gehabt, dachte Dorothee als eine vollbusige Rothaarige mit wunderschönen Locken - um die Dorothee sie beneidete- auf Jack und sie zukam. Das Kleid der Rothaarigen hatte einen weiten Ausschnitt, der jedem einen tiefen Einblick auf ihre Brust gab, im Gegensatz zu den anderen Frauen war ihr Gesicht dezent geschminkt, nur ihre dicken Backen hatte sie mit Rouge betont. “Wen haben wir denn da? Wie gehts denn dem berühmten Captain Jack Sparrow?” sie stemmte die Hände in die, durch ein enggeschnürtes Korsett, betonte Hüfte. Anzüglich grinste Jack sie an, nahm seine Hand von Dorothees Schulter, mit geöffneten Armen ging er auf die Frau zu, diese lächelte ihn nichtssagend an. “Maxime, meine Schöne! Wie laufen die Geschäfte?” er umarmte sie. Dorothee starrte ihn verwundert an, bis jetzt hatte sie nie erlebt wie Jack jemanden umarmt hatte, diese Maxime war anscheinend mehr als nur eine einfache Frau in seinem Leben. Etwas an diesem Bild störte sie, nur was wusste sie nicht. Maxime löste sich von Jack und erblickte Dorothee, diese sah sie schweigend an. “Und wer bist du, wenn ich fragen darf?” sie ging auf sie zu und legte ihren Kopf schief. “Dorothee Silver und sie?” Abwertend wedelte Maxime mit der Hand. “Nenn mich Maxime und ich will kein Sie oder Ihr hören! Ich fühl mich dann immer so alt.” sie lachte auf. Jack trat nah an sie heran und fuhr ihr sanft mit einer Hand über den Hintern. “Du warst noch nie alt, meine Liebe!” Kichernd aber bestimmt schlug sie ihm seine Hand fort und wendete sich erneut an Dorothee. Von oben bis unten musterte sie die junge Frau, ein durchschnittliches Mädchen, dachte sie. “Und was machst du so?” fragte sie. “Ich bin - wohl eher war Musiker.” die versteckte Traurigkeit in Dorothees Stimme hatte sie deutlich gehört. Unsanft schlug sie erneut auf Jacks Hand, die sich wieder auf ihrem Gesäß befand, zornig funkelte sie in die fragenden Augen des attraktiven Piraten. Unschuldig sah er sie an. “Falls ich glaube zu wissen was du denkst und du zufälliger weiße genau das denkst, was ich vermute dass du es denkst, denkst, muss ich zu meiner eigenen Sicherheit sagen - ich habe nichts damit zu tun.” “Ja, ja und ich bin keine Hure!” fuhr sie ihn an, wendete sich dann wieder Dorothee zu, die irritiert über Maxims schnellen Gefühlswechsel zu ihr sah. Ohne ein weiteres Wort an Jack zu verlieren, schnappte sie sich Dorothee und rauschte mit ihr an ihm vorbei. Was zum...? Das konnte ja nicht wahr sein! Was hatte er denn nun wieder falsch gemacht? Beleidigt folgte er den zwei Frauen. Bald verschwanden sie im Gemenge Tortugas, nur ein Rotschopf blitzte hier und da auf. Er musste unweigerlich an sein erstes Treffen mit Maxime denken, sie war einer der wenigen Huren, die für ihn mehr waren als ein nächtliches Vergnügen, sie war so etwas, wie eine Art enge Freundin, die ihm oft geholfen hatte. Nachdenklich ging er auf ein Gasthaus zu, lange war es her dass er Maxime gesehen hatte. Völlig in Gedanken erreichte er sein Ziel, die etwas feinere Gaststube “zum fliegenden Piraten”. Besoffene stolperten an ihm vorbei aus der Tür und fielen grunzend in den Dreck, wo sie direkt einschliefen. Er rümpfte die Nase, wendete sich von ihnen ab und trat durch die Tür ein. Er betrat einen mit Menschen überfüllten Raum, die Luft war dick und Kerzenlicht erleuchtete die Gaststube. Auf einer leicht erhöhten Erhebung saßen ein paar verlauste Musiker, die beschwingte Musik machten. Suchend sah er über die Köpfe der tanzenden Menge hinweg um einen vertrauten Rotschopf und einen ebenso bekannten Blondschopf zu finden. Ich bin mir sicher, dass Maxime sie hierher gebracht hat! Leicht stellte er sich auf die Zehen und konnte in der hintersten Ecke einen Tisch ausmachen, an dem ein Teil seiner Crew saß und sogar sein erster Maat Gibbs befand sich dort. Flink drängelte sich Jack durch die Menschenmasse und klaute nebenbei einem Gast einen Humpen Rum. Breit grinsend ließ er sich neben Gibbs auf einen Stuhl fallen. “Na, Captain?” gutgelaunt sah dieser ihn an. “Wo ist denn unsere Neue?” fragte Marty, der mit am Tisch saß und nach Dorothee Ausschau hielt. Gibbs gute Laune verschwand schlagartig und drohend blickte er Jack an. Wehe ihm Gott, wenn er sie einfach so durch Tortugas dunkle Straßen streifen lässt! dachte er. “Sie ist von Maxime entführt worden, dabei habe ich sie aus den Augen verloren, da sie beide durch eine Masse von Betrunkenen gelaufen sind. Ich habe mir gedacht, dass Maxime, mit Sicherheit hier bei ihrer Stammkneipe ist, wo sie auch die meisten ihrer Stammkunden hat.” verteidigte sich Jack. “Verdammt Jack -” fing Gibbs an wurde aber durch einen Tumult in der Menge unterbrochen. Auf die improvisierte Bühne - die Erhebung - war Maxime getreten und schrie lauthals um Ruhe, neben ihr stand eine ziemlich nervös aussehende Dorothee, die sich vollkommen fehl am Platz vorkam. “Hört mal her! Meine Freundin hier fordert den besten Musiker auf ein kleines Duell zu bestreiten, Wetten sind erwünscht, der Gewinner bekommt den ganzen Einsatz! Na, wer von euch lausigen, besoffenen Schweinen wagt es gegen Dorothee Silver anzutreten?!” angriffslustig sah sie in die Runde. Stille herrschte nun, die Musiker hatten aufgehört ihre Instrumente zu vergewaltigen und starrten auf Dorothee, die sich langsam unwohl in ihrer Haut fühlte. Was hatte sich Maxime nur dabei gedacht? Verzweifelt sah sie sich um und entdeckte in einer Ecke Jack sitzen, seine braunen Augen sahen sie wachsam und ... aufmunternd an. Er lächelte ihr sogar zu. Dieses erste ehrliche Lächeln, was er ihr schenkte, brachte ihr Herz dazu freudig in ihrer Brust zu hüpfen. “Mal sehen was das halbe Hemd so drauf hat!” brummte ein Mann aus der Menge und kam auf die Bühne. Maxime grinste ihn an. Endlich traute sich einer! Ist das nicht Martin Solder? schoss es Jack durch den Kopf als er Dorothees Herausforderer sah. “Jack ist das nicht Martin?” Gibbs beugte sich zu ihm herüber. “Oh, nicht gut, gar nicht gut!” war Jacks antwort. Ohne das Dorothee es wusste hatte sie sich mit dem besten Musiker - und Piraten - angelegt, der auf Tortuga hauste, dieser sah sie grimmig an, er war groß und hatte einen dunklen zotteligen Bart, der seine einzige Behaarung in seinem Gesicht war, denn außer dem Bart war er kahl auf dem Kopf. Kalt ohne jegliches Gefühl waren seine blassgrünen Augen, die Dorothee abfällig musterten. In einer harschen Bewegung entriss er einem der hageren Musiker die Gitarre und setzte sich auf einen klapprigen Hocker, auf dem vorher einer der musizierenden Männer gesessen hatte. Geduldig fing er an die Gitarre zu stimmen, in Dorothees Ohren hörte es sich an als würden die Saiten laut aufschreien, sobald einer der dürren Finger Martins über sie strich. Mitleidig verzog sie das Gesicht, wenn er so spielte, wie er stimmte würde die Gitarre bald auseinanderbrechen. In der Gaststube herrschte gespannte Stille. Erst langsam, dann im schneller werdenden Takt fing er an über die Saiten zu streichen. Flink in abgehakten Bewegungen brachte er die Gitarre zum singen. Es war ein bekanntes Piratenlied, was jeder - außer Dorothee - kannte. Im Takt klatschend grölte die Menge mit, als Martin die ersten Töne gespielt hatte war ihr Herz in die Hose gerutscht. Ach du meine Güte! Der ist verdammt gut! Nach einer Weile erhob ihr Gegner die Stimme: “Verflucht, verdammt, verhasst, Ja, dass sind wir, Gemeine, heimtückische Plünderer, Doch tief in unseren Herzen, Schlägt der Sinn zur Freiheit. Die Liebe zur See erhält uns am Leben, Gleichwie der golden Rum! Wir sind Piraten, Gehören hier her, Wie die Luft, Brauchen wir zum atmen das Meer!” Dorothee bekam bei der grimmigen Stimme des Mannes eine Gänsehaut, wie sollte sie ihn nur schlagen ohne sich zu blamieren? Doch die vertrauten Töne der Gitarre erfüllten sie mit einer starken Sehnsucht, ihr fehlte die Musik so sehr! Tief in ihrem Herzen entflammte ihre alte Leidenschaft von neuem, brannte sich in jede Zelle ihres Körpers, erfüllte ihren Körper und ihre Seele, das war sie, eine leidenschaftliche Musikerin, die zwar all ihre Lieder vergessen hatte doch in diesem Moment - der ihr so vorkam als würde ein Teil von ihr aus einem tiefen Schlaf erwachen - wollte sie diesem miesen Kerl zeigen was es hieß, richtige Musik zu machen! Entschlossen sah sie Martin in die Augen, dieser wollte sie eigentlich einschüchtern mit seiner grimmigen Haltung, doch das kämpferische Aufblitzen in ihren blauen Seen machte ihn stutzig. Kann es sein das dieses Mädchen -, er stoppte in Gedanken und spielte die letzten Takte des Lieds. Wollen wir doch mal sehen was du spielen wirst, Dorothee Silver! Die Menge pfiff und johlte, das konnte dieses kleine Fräulein nicht übertreffen, ging es vielen durch den Kopf. Schweigend überreichte Martin Dorothee die Gitarre, wortlos ließ sie sich auch auf den Hocker nieder, schlug die Beine übereinander und fuhr zuerst sanft über die Saiten, ohne ihnen einen Ton zu entlocken. Wie lange ist es wohl her, als ich ein letztes mal mit einer Gitarre gespielt habe, die nicht mal meine eigene ist? Sie musste aufseufzen. Was spiel ich nur? Erinnerungen an Melodien sickerten durch ihre Seele, doch keine wollte sich verfestigen. Eine Weile saß sie so da, ohne etwas gespielt zu haben, die Menschen fingen an sie auszulachen, langsam machte sich Jack richtige Sorgen um sie, auch Maxime sah zu ihr hin. Ob das so gut war? dachte sie. Die ersten wollten schon etwas auf die Bühne werfen, Martin fühlte sich bereits siegessicher, als Dorothee schließlich anfing. Langsam in einem angenehmen Takt spielte sie, ihr Blick hob sich über die Menge hinweg, auf einen Punkt im Nichts, wo die tanzende Schönheit auftauchte und sie lächelnd ansah. Zum ersten mal hörte Jack sie richtig singen, im Einklang der sanften Gitarrenklänge. Sie konnte sich endlich an alle Zeilen des Lieds erinnern, freudig sah sie in die gespannten Gesichter der versammelten Menschen, sie fing an zu grinsen als sie ihre Stimme erhob und sang: “Tanze, Gerda, tanze, tanz die ganze Nacht, brauchst sie nicht zu fürchten, wir geben schon drauf acht, dass nicht die Alten kommen, tanze, Gerda, tanz. Im Einhorn fängt die Nacht erst an, da sitzen Melker neben manchen andern, da steigt die Lotti, wenn sie voll ist, auf den Tisch, da krachen Stühle, wenn die Männer viel vom schweren Wein getrunken haben und klatschen brüllend mit wenn Lotti sich vergisst. Da steht der Buckel auf und sagt, ist Zeit, die anderen gehen automatisch mit, sie ziehen geschlossen Arm in Arm nach draußen auf den Platz, atmen gierig Wind und ihren Fusel ein und die Lotti säuselt immer kräftig mit und sehn auf Gerda. Tanze, Gerda, tanze, tanz die ganze Nacht, brauchst sie nicht zu fürchten, wir geben schon drauf acht, dass nicht die Alten kommen, tanze, Gerda, tanz.” Die dunkelhaarige Schönheit drehte sich passend zum Lied immer schneller und schneller, Dorothee sah wie sie sich tänzelnd in Luft auflöste, doch war das Lied noch lange nicht zu Ende! Dorothee spielte schneller. “Jetzt ist Nacht, erst richtig Nacht und der Marktplatz tobt und kracht und die Gören an den Fenstern brüllen mit. Der Buckel sitzt au feinem Fass, die Lotti hängt an seinem Arm und beide starren auf die Mitte von dem Platz wo der Sohn des Melkers tanzt, in seinen Haaren krallt sich Gerda und beide jagen aus der Menge jetzt heraus, sie verschwinden im Dunkel der Nacht und die Menge singt und lacht und will wie Gerda. Tanze, Gerda, tanze, tanz die ganze Nacht, brauchst sie nicht zu fürchten, wir geben schon drauf acht, dass nicht die Alten kommen, tanze, Gerda, tanz.” Noch ein letztes mal fuhr sie über die rauen Saiten, dann verstummte sie. Es war still im Saal, niemand sagte etwas, alle starrte fassungslos die junge Frau auf der Bühne an, der der Schweiß am Rücken herunter lief. Unsicher sah sie sich um, war sie etwa so schlecht gewesen? Dann, von einer der hintersten Ecken ertönte ein Klatschen und plötzlich als hätte man einen Schalter umgelegt jubelte, pfiff und klatschte jeder im “fliegenden Piraten”. Mit glühenden Wangen strich sie sich verlegen über die Stirn. Sie sah zu der Ecke, wo Jack vorhin noch gesessen hatte, doch war dieser nicht mehr dort. Etwas in ihr fühlte sich verletzt und im stich gelassen. “Zugabe! Zugabe!” schrieen ein paar Männer. “Genau, meine Liebe!” Maxime kam auf sie zugerannt, begeistert schlug sie ihr auf die Schulter. “Genau eine Zugabe, los Dorothee, bereichere uns mit einer Zugabe!” sie grinste breit als sie das sagte. “Nun ja, ich weiß nicht -” druckste Dorothee herum. Mit einer Handbewegung wischte Maxime ihren Einspruch fort. “Ach was! Nur ein Lied komm schon!” Sie gab sich geschlagen und dachte nach, aber erinnern wollte sich ihr Hirn irgendwie nicht. Verzweifelt sah sie in die Menge und erblickte Jack, wie er sich langsam nach Vorne drängelte, dabei wurde seine Pistole entblößt. Der Anblick der Pistole erinnerte sie an eine von Gibbs Gesichten, hatte Jack nicht mit einem einzigen Schuss seinen meuternden ersten Maat Barbossa umgebracht? In ihrem Kopf regte sich endlich ihr Gedächtnis und sie erinnerte sich an ein weiteres Lied. Ihre linke Hand umgriff den Gitarrenhals erneut und ein zweites mal fing sie an zu spielen. Derzeit hatte sich Jack endlich nach vorne gemogelt und stand nun neben Maxime, die sich wieder von Dorothee entfernt hatte. Sie sah ihn von der Seite her an und erblickte einen seltsamen Ausdruck in seinen Augen, den sie nicht definieren konnte. Jack bekam eine leichte Gänsehaut als Dorothee erneut anfing zu singen, das Lied erinnerte ihn an etwas, nur an was? Aus Dorothees Mund sprudelten die Wörter heraus und verbanden sich mit den Klängen der Gitarre: “Tell me how you feel Did the heartache ever heel Is it leaving you behind You must remember this There is nothing left to miss if you keep it locked inside Walk in the sunlight tonight, Pretend that it�s all right tonight Walk in the sunlight yeah! It feels like the shot of a gun You got knocked down but you You walk away from it It feels like the shot of a gun Remember long ago “ -------------------------------------------- Hallo ihr Lieben, ich möchte hier noch mal erwähnen, dass alle die “der Musiker und der Pirat” lesen mir ruhig ein paar Liedtexte schicken können (mit Link wäre sehr nett), ich werde versuchen die Lieder in die Gesichte einzubauen. Das erste Lied ist von mir erfunden, also nicht wundern wenn es schlecht klingt. Eure Sengo. Kapitel 7: Maxime und der erste Hinweis --------------------------------------- Maxime und der erste Hinweis Noch lange wurde Dorothee dazu regelrecht gezwungen weiter zu spielen, derzeit hatte sich Maxime eng an Jack geschmiegt und seufzte auf. Beide hatten sich von der Bühne entfernt und saßen nun in einem abgeschirmten Raum der Gaststube. Sie hatte sich auf seinem Schoß bequem gemacht und spielte gedankenverloren an seinen Haaren. Ihr Kleid war ein tiefes Stück nach unten gerutscht und er konnte ihre wohlproportionierten Brüste sehen, doch er machte keine Anstalten sich ihr Hinzugeben, er wollte nicht - mehr - mit einer Freundin ins Bett gehen. Außerdem wusste er seid langem schon, dass Maxime nicht nur auf Männer stand, sie hatte vor Jahren ihr Herz an einer schwarzhaarigen Kollegin verloren, ob sie es ihr gebeichtet hatte wusste er nicht, nur dass sie seid einer geraumen Zeit eine lange Narbe auf dem Rücken hatte, die sie auf ewig zeichnen würde. Leicht lugte die Narbe unter dem Ausschnitt, der wie vorne so auch hinten runter gerutscht war, hervor, sachte strich er darüber. Was auch immer passiert war, dies war bestimmt nicht die einzige Narbe, die sie mit sich trug, Jack befürchtete dass auch ihr Herz gelitten hatte. Maxime schmiegte sich enger an ihn, seit langer Zeit - in der man sie verstoßen hatte - suchte sie die Nähe eines Vertrauten. Danke Jack, dass du heute gekommen bist, sie sah auf, was würde ich ohne dich machen? traurig beobachtete sie, wie das dämmrige Licht im Raum, tanzende Schatten warf. Ihre Geliebte war auch eine hervorragende Tänzerin gewesen, mit einer Haut so schön, wie die des Piraten auf dessen Schoß sie saß. “Was ist damals eigentlich passiert.” fragte Jack in einem ruhigen, warmen Ton - den er nur in ihrer Gegenwart einschlug. “Damals?” fragte sie, wohlwissend was er meinte, doch noch immer schmerzte ihr Herz, wenn sie daran dachte was passiert war. Jack legte seine Arme fest um sie und drückte sie nah an sich ran. “Das mit Monique. Seitdem warst du, wie vom Erdboden verschluckt, weißt du wie schwer es ist eine jammernde Männermeute um sich zu haben, die einem durch ihr Verhalten auf die Nerven geht und noch dazu fast den ganzen Rum wegsäuft? Ich hab nichts dagegen, dass sie Jammern aber meinen Rum wegtrinken geht schon zu weit!” Über seine Worte musste sie lächeln, Jack und sein geliebter Rum, hach hat er es so einfach, er liebt Dinge, wie das Meer, die Pearl und den Rum, aber bei Menschen ist die Liebe so - verdammt schwer zu bekommen, dachte sie traurig. “Das mit Monique ist seit mehr als über einem Jahr vorbei -” sie musste Schlucken bei dem Gedanken - “- sie ist, einfach weggegangen...” schluchzend schlug sie die Hände vors Gesicht. Monique hatte sie nicht verstoßen, nein sie hatte sie nach einer Liebesnacht einfach so verlassen! Ohne ein Wort zu hinter lassen, ohne eine Nachricht wohin sie gegangen war. Beruhigend strich Jack ihr über den Rücken. Maxime war die erste Frau in seinem Leben, die ihm neue Gefühle, wie Schuld und Freundschaft gezeigt hatte und nun saß sie hier in seinen Armen und weinte bitterlich über eine Liebe, die er noch nie verspürt hatte, wahre Liebe. Sie muss schön und zu gleich schrecklich sein, dachte er, wenn man so wegen ihr weint. Er wollte sich nicht in einen Menschen verlieben, das war - seiner Meinung nach - ein Ritt ins Unglück. Er betrachtete das kleine Häufchen Traurigkeit in seinen Armen, einst war Maxime eine fröhliche, immer gutgelaunte und sehr Energie geladene Frau gewesen, nun versteckte sie sich hinter all diesen Fähigkeiten, wegen einer verlorenen Liebe, er konnte es einfach nicht verstehen, war Liebe nicht etwas schönes? “Ich bin ihr nicht mal böse, ich kann es ja verstehen, eine Hure die auch auf Frauen steht, ist einfach unnormal! Ich bin unnormal, Jack!” wisperte sie und wischte sich die letzten Tränen aus dem gerötetem Gesicht. “Nein das bist du nicht! Dadurch, dass du unnormal bist, bist du besonders, es ist doch langweilig nur normal zu sein, unnormal zu sein ist aufregender und wenn man unnormal ist, ist man ja auch nur vollkommen normal, da man schon lange normal unnormal ist, so sind all die anderen die, deiner Meinung normal sind eigentlich die Unnormalen und die Unnormalen sind die Normalen, aber wer will schon normal sein? Es macht viel mehr Spaß aus der Reihe zutanzen und nicht normal zu sein sondern verrückt oder, wie hier unnormal.” verneinend schüttelte er den Kopf. “Du wirst dich wohl nie ändern, was?” sie musste über seine typische Sprechweise auflachen. Er bracht ihr wieder ein Stück Fröhlichkeit zurück, die mit Monique fortgegangen war. Jack grinste. “Warum sollte ich mich ändern, wenn ich ohne Veränderung anders bin, würde ich mich ändern wäre es wohl zu umständlich mich wieder so zu verändern, dass ich wieder so bin, wie ich jetzt bin, also wäre eine Änderung an meinem Wesen ziemlich schlecht, da jede Änderung nicht richtig rückgängig gemacht werden kann.” Beide mussten lachen. Es war fast schon, wie früher als sie sich zum ersten mal getroffen hatten. Maxime musste an Dorothee denken, das durchschnittliche Mädchen, das irgendwie keineswegs normal war. Sie hatte sie überrascht mit ihrer Leidenschaft für Musik, jeder - dachte Maxime - im Raum hatte dieses starke Band gespürt, was bei diesem ekelhaften Martin nie der Fall gewesen war. Entschlossen schlug sie Jack auf die Schenkel. “Au! Wofür ist denn das?” meckerte er. “Hm? Ach, das ist nur ein Vorgeschmack darauf, wenn du meiner kleinen Freundin das Herz brichst! Ich werde dann hinter dir her sein, wie der Teufel hinter deiner Seele!” drohte sie. Sie hatte Dorothee in ihr Herz geschlossen, obwohl sie diese kaum kannte. Er seufzte auf, warum denken alle das ich etwas von ihr will? “Da bist du nicht die erste, die mir droht. Gibbs hat mir das gleiche gesagt.” murrte er und schob sie von seinem Schoß, er brauchte dringend eine hübsche Frau und zwar sofort! Maxime strich ihr Kleid glatt, jedenfalls versuchte sie es. Es war still um sie herum. Fragend horchte Jack in die Stille, wo war denn das ganze Gejohle und vor allem, warum konnte er keine Gitarrenklänge mehr hören? Misstrauisch trat er wieder in den - ehemals- überfüllten Raum, die Gaststube war fast wie leer gefegt, nur noch ein kleiner Teil seiner Crew war noch da. War die Zeit so schnell vergangen? Auf der Bühne lag eine geschaffte Dorothee, sie war fertig, jeder ihrer Finger tat einzeln weh, ihr Hintern glühte und sie wollte nur noch eins: schlafen! Stöhnend setzte sie sich auf, gleich würden ihr die Augen zufallen. Müde sah sie zu den verbliebenen Mitglieder der Pearl und erblickte Jack, der auf sie zugeschlendert kam. Breit grinste er sie an, sie sah richtig geschafft aus, Schweiß glitzerte auf ihrer Stirn, das Hemd klebte ihr am Körper und zum ersten mal sah er einen kleinen Teil ihres Körperbaus. Selbst unter ihrer Kleidung scheint sie durchschnittlich zu sein, schoss es ihm durch den Kopf. “Na, Liebes? Sind wir etwa geschafft?” belustigt musste er feststellen, dass sie bei seiner Frage genervt die Augen rollte. “Nein bin ich nicht, nach was siehts denn aus?” meinte sie sarkastisch, wie er ihr manchmal auf die Nerven ging. Sein grinsen wurde breiter. Na, na da konnte jemand aber bissig werden, dachte er. “Am besten wir gehen zurück auf die Pearl.” er beugte sich zu ihr runter und zog sie hoch. Widerstandslos ließ sie sich wieder durch die - jetzt völlig ausgestorbenen - Straßen von Tortuga schleifen. Ihr brummte der Schädel, ihr Kopf drohte zu platzen, so sehr pochte es in ihren Schläfen. Zu viel hatte sie verlangt von ihrem armen Hirn, zu viele Erinnerungen waren auf sie eingestürzt als sie gespielt hatte, viel zu viele Emotionen hatten ihren Körper zum beben gebracht, es war alles zu viel gewesen. Müde schlürfte sie hinter Jack her. Wie attraktiv und hübsch seine hintere Seite war, dachte sie, und seine melodische Stimme erst! In ihrem Zustand völliger Müdigkeit, glich sie einem total Betrunkenen, ihr Hirn hatte keine Kontrolle mehr über ihren Körper, sowie über ihre Sprechweise. “Wer war eigen -tlich...” sie musste sich konzentrieren um nicht zu lallen - “... diese kom´sche Faun... äh... Flau -... nee wie hieß es nochma`?” Verwirrt schaute Jack zu ihr, hatte sie was getrunken oder waren das die Nachwirkungen des Rums, den er ihr gegeben hatte? Erst als er ihre geröteten Augen bemerkte, die ihn nur noch aus halbgeöffneten Augen ansahen, schüttelte er den Kopf. Wie konnte man nur durch Müdigkeit besoffen werde? Sie ist eindeutig nicht normal! “Meinst du Maxime?” fragte er schließlich. Eifrig nickte Dorothee, würde sie wieder anfangen zu sprechen, würde ihre Stimme ihr endgültig den Dienst quittieren. “Sie ist eine gute Freundin, so Liebes gleich sind wir da.” Irgendwie musste sie anfangen vor sich hin zu kichern, war in dem komischen Humpen, den Gibbs ihr gebracht hatte, etwa Rum drinnen gewesen? Nun, es war wirklich Rum gewesen den sie getrunken hatte und genau dieser brachte sie wieder zum reden - wohl eher singen. “I've been around the world in the poaring rain Feeling out of place, im feeling strang Take me to a place where they know my name Where everyone knows my name Check it check it out I'm bout to do my thing King of the floor King of the swing Play a little beat I'll be a dancing machine Play a little jam I'll come alive” Fing sie an zu grölen - zu Jacks Leidwesen traf sie diesmal keinen einzigen Ton. Sie schwankte neben ihm her und sang lauthals lachend “Alive, alive!” “Miss Silver, Liebes! Könntest du endlich mal bitte deinen Mund halten? Du singst ja schlimmer als meine Crew zusammen, wenn du betrunken bist!” Unbeirrt fuhr Dorothee fort, in dem sie sich von Jack losriss und torkelnd weiter Richtung Hafen lief. Genervt rollte er mit den Augen, na dass konnte heiter werden! Er wollte zu ihr gehen und sie wieder am Arm weiter ziehen, als sie vor ihm lachend davon lief. “Das kann jetzt nicht wahr sein!” Wieder einmal floh sie vor ihm und was tat er? Er rannte hinter ihr her, wie der letzte Trottel. Wild mit den Armen fuchtelte er in der Luft rum, als er die Verfolgung aufnahm, immer ihrer Stimme folgend, die heiter - und total schief - sang: “They've got jungle fever Show em' some love This is my home This is my home King of the throne This is my home” Endlich bekam er sie zu fassen, flink umgriff er ihre schmale Taille und warf sie sich kurzerhand über die Schulter. Frech klopfte er ihr auf den Hintern und meinte: “Das kommt davon, wenn ihr Captain Jack Sparrow entfliehen wollt, Missy!” Empört darüber, dass er sie wie einen Mehlsack über die Schulter geworfen hatte, noch dazu ihr einfach so an ihren - ihren - Hintern klopfte, fing sie an wie wild zu strampeln, doch dadurch wurde sie immer müder und müder. Bald darauf war sie eingeschlafen, bevor sie jedoch endgültig im Traumland versank roch sie wieder den Duft des Piraten. Jack spürte wie ihr Körper erschlaffte und sich entspannte, dann hörte er ihren gleichmäßigen Atem, leicht kitzelte dieser ihm im Nacken und ein warmer Schauer durchfuhr seinen Rücken. Verwirrt blieb er stehen, was war nur heute mit ihm los? “Morgen werde ich herausfinden wer du bist, Schätzchen, und was du mit Silver zu tun hast.” meinte er. Kurz darauf war er in ihrer Kajüte und legte sie sanft auf die Koje ab. Ein Murren verließ ihre Lippen und er grinste. Wollte da jemand lieber bei ihm sein als auf der Koje? Er wollte sich umdrehen und gehen als sein Blick auf der blassgrauen Brosche hängen blieb, die Dorothee aus dem Ausschnitt gerutscht war. Neugierig trat er näher an sie heran und begutachtete die Brosche. Ein geschwungenes J verhakte sich mit einem S auf der Brosche und war die einzige Verzierung darauf. Jack riss die Augen auf, er kannte diese Unterschrift! Dieser Anhänger gehörte John Silver! Kapitel 8: Alte Herrenhäuser sind stets bewaffnet ------------------------------------------------- Alte Herrenhäuser sind stets bewaffnet. Um Dorothee war alles schwarz, sie schloss die Augen und öffnete diese und endlich konnte sie was sehen! Sie saß in einem dunklen Wald an einem Feuer, dessen roten Flammen in den Nachthimmel züngelten. Sie war nicht alleine dort, viele Menschen saßen hier und feierten. Fröhliches Gelächter klang in die Nacht, gefolgt von alten Zigeunermelodien. Sie kam sich vor, wie einer von vielen und doch - wie keiner von vielen, als wäre sie ein stummer Beobachter, der nicht wahrgenommen wurde. Wo bin ich hier? fragte sie sich, als plötzlich ein kleines Mädchen an ihr vorbei rannte auf eine Frau zu, die ihr irgendwie bekannt vorkam -, da viel es ihr, wie Schuppen von den Augen, es war die Frau, die ihr bei dem Lied immer ins Gedächtnis kam. Gleich eines anmutigen Engels fing die Frau mit dem Mädchen zu tanzen, doch Dorothee erkannte in ihren Augen Trauer aufblitzen. Nach einiger Zeit hörten beide auf zu tanzen - das Mädchen flitzte davon -, während die Frau aufsah und direkt in Dorothees Augen sah. Ein schwaches Lächeln umspielte die vollen Lippen, langsam hob sie die Hand und winkte ihr zu. “Hallo Dorothee -” hallte es über den Platz, über all den Stimmentrubel in ihren Kopf. Woher kommt die Stimme? verwirrt sah sich Dorothee um, die Frau hatte ihre Lippen kein Stück bewegt und dennoch schien es, als würde sie genau sie ansprechen. “Weißt du noch wer ich bin, kleine Dorothee?” sie schritt auf sie zu, ihre nackten Füße schienen den Boden gar nicht zu berühren. “Was? Wer - wer bist du?” krächzte Dorothee und rutschte von der Frau weg. Ein stummes Seufzen entkam den Lippen ihres Gegenübers. “Ich bin Moni-” Plötzlich verschwamm das Bild, mit ihm die Frau, nur noch ein gewisperter Name hallte in ihrem Kopf: Monique... Schweißgebadet lag sie in ihrer Koje, unregelmäßig hob und senkte sich ihre Brust. Sie schlug die Augen auf, erst sah sie sich orientierungslos um, dann ganz langsam sickerte die Erkenntnis durch ihren Geist, sie war in ihrer Kajüte und nicht in irgendeinem Wald, sie hatte all dies nur geträumt. Aber es kam mir so real vor, dachte sie. Bald darauf schlief sie erneut ein. In dieser Nacht konnten zwei Menschen nur schlecht schlafen und träumten beide von einer einzigen Person, die beiden einige Fragen gab. Am nächsten Morgen musste jeder einzelne Pirat der Pearl, mit seinem persönlichen Kater zurecht kommen, während die Crew stöhnend an Deck - Untoten gleich - schwankten stand Jack an der Reling und verdrehte nur die Augen, als er seine Männer jammernd sah. Und das wollen Piraten sein? dachte er spöttisch. Sein Augenmerk wurde von einem Rotschopf abgelenkt. Maxime? Was machte sie hier? Lächelnd kam sie an Deck und schritt direkt auf ihn zu. Sie umarmten sich kurz. “Na meine Schöne? Was machst du hier?” fragte er. “Mein Lieber Captain, ich habe gehört, dass du uns heute schon verlassen willst, dabei ist mir ganz plötzlich wieder etwas eingefallen.” frech grinste sie ihn an und stemmte die Hände in die Hüfte. Fragend lehnte er sich nach Hinten, musterte sie von Oben bis Unten, etwas an ihr stimmte nicht. Ihr Gesicht war leicht gerötet, ihr Kleid starrte nur vor Schmutz und - er stockte und verengte seine Augen zu Schlitzen, ihr Lächeln war nicht echt. Irgendwas verheimlichte sie ihm, nur was? “Und was ist dir wieder eingefallen?” sein Misstrauen versteckte er gekonnt unter einem gespielten provokativen Ton. Maxime bemerkte es nicht, ihr Grinsen wuchs - für ihn sah es aber eher nach eine Grimasse aus, anstatt einem Grinsen. “Nun,” sie spielte leicht nervös an einer ihrer rostroten Locken. “Du hast mir doch von diesem Silver Gestern erzählt, mir ist erst viel zu spät eingefallen, dass es hier weiter abgelegen einen Mann namens Johann gibt, der einst, so erzählt man sich, ein Crewmitglied von Silver gewesen war.” sie sah die Skepsis in seinen Augen und fügte eilig hinzu: “Er trägt das Zeichen Silvers!” Lauernd ging er auf sie zu. “Das Zeichen Silvers? Und wie sieht das aus?” er hatte schon öfters von Piraten gehört, die ihrem Captain so treu gewesen waren, dass sie sich sogar ihre Flagge auf den Arm eintätowiert hatten. Sichtlich nervöser, als vorher fuhr sich Maxime über die trockenen Lippen. “Es ist - was soll das Jack? Willst du mich etwa verhören? Ich dachte wir sind Freunde! Ich wollte dir nur sagen, dass es womöglich jemanden gibt, der dir sturer Bock sagen kann, wo sich der Jungbrunnen eventuell befindet!” brauste sie auf und stapfte wütend mit dem Fuß. Beruhigend hob Jack seine Hände. “So war das nicht gemeint, Liebes, du weißt ich würde nie - “ unwirsch unterbrach sie ihn, “Nie was Jack? Nie andere den Kopf für dich hinhalten lassen? Komm schon! Wir kennen uns so lange, ich weiß wer du bist, verflucht noch mal, du bist und wirst es immer bleiben, ein elender Pirat!” sie machte auf dem Absatz kehrt und bevor er sie noch einholen konnte, war sie schon von Bord gebraust. Lange sah er ihr nach, bis sie schließlich um eine Ecke gebogen war. Da sie ihm - wissentlich - den Rücken zugewandt hatte konnte er ihren Gesichtsausdruck nicht sehen, doch Dorothee hatte es mitbekommen, als sie von den Kajüten nach oben gestiegen kam, das Gesicht von Maxime ließ sie stutzig die Stirn kraus ziehen. Da stimmte was nicht und zwar gewaltig! Ein ungutes Gefühl breitete sich in ihr aus, hier war etwas faul. Jack stand mit dem Rücken zu ihr und zuckte leicht zusammen, als sie ihn ansprach: “Da hat jemand, anscheinend nicht immer Glück mit den Frauen.” “Ich wüsste nicht was dich das angeht, Liebes.” meinte er trocken. “Master Gibbs!” er winkte seinen ersten Maat zu sich, der leise über seinen brummenden Kopf fluchte. “Aye?” Was fällt dem ein mich zu ignorieren? Normalerweise tu ich das bei ihm, Dorothee verzog den Mund, unzurechnungsfähiger..., ihre Gedanken schweiften ab, derweil hatte Jack Gibbs von Johann erzählt. “Und, kennst du ihn?” gespannt sah er den alten Seebären an, dieser fuhr sich nachdenklich übers Gesicht, dann erhellte sich seine finstere Miene. Und ob er diesen kannte, der Teufel sollte ihn holen, wenn Jack nicht den alten Johann meinte! Breit grinste er seinen Captain an. “Aye, ich kenne einen Seemann mit diesem Namen - “ er beugte sich nach vorn und flüsterte beschwörerisch: “Es heißt, dass er seinen Verstand verloren hat, nachdem Silver...” er sah in das erwartungsvolle Gesicht seines Zuhörers und fuhr fort “... von den anderen Crewmitgliedern ermordet wurde.” bemitleidend zuckte er mit den Schultern. “Silver wollte niemandem vom Jungbrunnen trinken lassen, armer Kerl.” “Unsinn, dieser miese Kerl hatte es sich selbst zu verschulden, wenn er gedacht hat, dass das seine Crew so hin nimmt, wenn er alles für sich behält.” energisch wedelte Jack mit den Händen vor Gibbs Gesicht herum. “Also, weißt du auch zufälliger weise wo sich dieser Johann befindet?” fragend zog er seine Augenbrauen nach oben. “Meint ihr diesen glatzköpfigen Mann mit dem Tattoo?” schaltete sich Dorothee ins Gespräch mit ein, sie hatte mitbekommen, wie die Gesichtszüge der zwei Männer immer angespannter wurden, als sie dann auch noch einen bekannten Namen hörte, wurde eine innere Neugierde in ihr wach. Beide Männer drehten sich zu ihr um - Jack ein wenig zu schnell, da er beinahe aus seinem Gleichgewicht gekommen war. “Du kennst ihn?” schoss es aus beider Münder gleichzeitig hervor. Mit erhobenen Brauen nickte sie, dabei holte sie einen kleinen Zettel aus ihrer Hosentasche hervor, als sie den fragenden und neugierigen Blick von Jack sah, reichte sie ihm wortlos das Stück Papier. “Er kam gestern Abend zu mir und meinte ich sähe irgendwem sehr ähnlich, erst musterte er mich, dann drückte er mir diesen Zettel in die Hand.” sie deutete auf jenen, der nun in den Händen Jacks lag. “Und warum hast du uns das erst jetzt gesagt?” fuhr er sie an. “Weil ihr, meine Herren, mich nicht danach gefragt habt, ob ich - zufälliger weise - einen Mann namens Johann begegnet bin.” erwiderte sie schnippisch. Er wollte etwas dazu entgegensetzen als ihn Gibbs unterbrach: “Und was steht drin, im Zettel.” Beleidigt sah Jack ihn streng an, bevor er den Zettel auseinander faltete und las. Stumm bewegte er ab und zu seine leicht geöffneten Lippen, während seine Augen immer und immer wieder über die Zeilen flog, die fast unleserlich geschrieben waren. Auch neugierig geworden tippte Gibbs ihn an. “Und?” drängte er. Gespielt abwertend lehnte Jack sich etwas von dem Zettel weg und meinte schließlich: “Nur: Kommt Morgen zu mir, am Ende des Strandes, westliche Richtung, mehr nicht.” “Mehr nicht?” hakte Gibbs nach und bekam von zwei Seiten ein Kopfschütteln. Nun, eigentlich war es schon viel, für den Anfang, fand Dorothee. Sie hatten endlich ein richtiges Ziel, vielleicht konnte dieser Johann ihnen den Aufenthaltsort des, von Jack sehnlicht gesuchten, Jungbrunnen heraus finden, dann konnte sie sich endlich wieder auf ihr eigentliches Ziel konzentrieren: der unsterbliche Melodie. “Master Gibbs, ihr werdet mich begleiten und Missy kommt ebenfalls mit, klar soweit?” Jack drehte sich schwungvoll um und schritt von Deck, fragend wurde er von beiden beobachtet. Genervt stöhnte er auf, musste er erst eine Einladung verschicken, bevor sie ihm endlich folgten? “Worauf wartet ihr? Wir gehen. Jetzt. Sofort.” rief er nach hinten zu Dorothee und Gibbs, kurz sahen sie sich an, zuckten mit den Schultern und folgten dem Captain. “Unzurechnungsfähig...” murmelte sie vor sich hin, bekam so nicht mit wie sie von Gibbs, mit hochgezogenen Brauen, gemustert wurde. Sieht zwar normal aus, ist aber verrückt, dachte er beim Anblick, der vor sich hinfluchenden Frau. Der Tag begann mit einem ergrauten Himmel, dessen dunkle Farben sich auf dem Meer spiegelten, das dadurch einer graugrünen, waberten Masse ähnelte. Besorgt sah Dorothee nach oben, wo die Wolken vollgesogen mit Wasser bedrohlich über ihren Köpfen zu schweben schienen. Das Atmen fiel ihr ungemein schwer, wegen der erhöhten Luftfeuchtigkeit, die aufgrund des nahenden Gewitters gestiegen war. Ihr Blick streifte einzelne pechschwarze Wolkenfetzen, in denen sie glaubte schon vereinzelte Blitze zucken zu sehen. Bedrückung legte sich über die Gemüter der drei, die schnellen Schrittes über den hellen Strand Richtung Westen gingen. Etwas unheimliches lag in der Luft. Als Dorothee erneut nach oben sah, trafen sie die ersten einsamen Regentropfen, als sie das Wasser auf der Haut spürte, verzog sie kurz das Gesicht. Na, dass konnte ja mal was werden, dachte sie und schaute auf den Rücken des schwankenden Captains, der summend vor ihr her stampfte, neben sich Gibbs, dessen Laune immer weiter sank. Nach einer unendlich langen Zeit - so kam es den dreien vor - erschien, hinter einer letzten Biegung des Strandes, ein altes Herrenhaus, in dessen verfallenen Fenstern mattes Licht schien. Der Strand schien hier zu enden, denn ein riesiger Urwald türmte sich im satten Grün vor ihnen auf. Die ersten Blitze zuckten nun über den Himmel und verliehen dem heruntergekommenen Herrenhaus eine bedrohliche Aura. Krumme Palmen säumten hier und da den Weg zu den alten Türen des Hauses. Ein dunkles Grollen ertönte in den Wolken, die nun völlig schwarz waren. Erschrocken sah sich Dorothee um, ihr wurde flau im Magen. “Wir sollten vielleicht anklopfen.” meinte Gibbs nüchtern, auch ihm war nicht wohl bei der Sache, im Gegensatz Jack, dieser Schritt völlig unbeeindruckt auf die ergraute Tür zu, von der der Putz abblätterte, und wollte sie gerade öffnen, als ein lautes Poltern aus dem Inneren des Hauses, ihn inne halten ließ. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und er sah genau in den Lauf eines Gewehrs. Giftgrüne Augen starrten starr in seine Richtung, raue, knöcherne Finger lagen angespannt am Abzug. Erschrocken schrie Dorothee kurz auf und schlug die Hände vor den Mund. Unbewusst zog sie so die Aufmerksamkeit des kahlköpfigen Mannes auf sich, langsam ließ er das Gewehr ein Stück sinken. Tiefe Falten durchzogen seine Stirn, als er erst zu ihr, dann zu den beiden anderen Männern sah, sein Blick blieb an Jack hängen, er kannte diesen Mann, zwar nur vom hören, aber er kannte ihn. “Jack Sparrow.” krächzte er, seine Stimme war viel höher, als man bei seinem Anblick eines alten Seemannes, dachte. “Captain.” berichtigte Jack ihn, “Und ihr seid der berühmte Johann Bones, oder habe ich mich hier an der Tür geirrt.” etwas nervös, wegen dem Gewehrs, fuchtelte er mit den Händen in der Luft rum. Johann hob seine Waffe und zielte genau auf das Gesicht des Captains. “Doch ihr habt euch in der Tür geirrt, Freundchen und nun verlasst mein Grundstück oder ich schieße euch ein hübsches Loch zwischen eure Äuglein.” brummte Johann und deutete mit dem Lauf des Gewehres an, dass sie gehen sollten. Doch so leicht gab Jack nicht auf, schließlich war er kurz vor seinem Ziel, der Unsterblichkeit! “Ich denke eher ihr habt euch geirrt, denn ihr habt uns einen Zettel ge- “ fing er an aber wurde durch das klickende Geräusch eines gerade geladenen Laufs unterbrochen. Ängstlich schielte er kurz darauf. “Nicht euch, sondern ihr, hab ich den Zettel gegeben und ich werde niemanden anderes in mein Haus lassen.” Johann sah zu Dorothee rüber, die unter seinen stechenden Augen zusammenzuckte. “Verstanden?” bei seinen Worten zuckte erneut ein Blitz durch den Himmel, gefolgt von einem tiefen Donnern. Kapitel 9: Die Legenden der Töchter Calypsos -------------------------------------------- Die Legenden der Töchter Calypsos. Dorothee wusste gar nicht wie ihr geschah, als Johann sie höflich - was sie ziemlich verunsicherte - in sein Haus bat, aber nur sie - sobald Jack versucht hatte ihr zu folgen, hatte der alte Mann einen Warnschuss scharf an ihm vorbei geschossen. Nun stand Jack eingeschnappt vor der verschlossenen Tür und zu allem Überfluss schüttete es, wie aus Eimern. Murrend ließ er sich auf den Boden fallen, verkreuzte seine Arme vor der Brust und stierte gen Himmel. Im Haus saß Dorothee auf einem pompösen Sofa, was sie dem alten Johann nie zugetraut hätte, er sah nicht reich oder sonder gleichen aus. Er hatte ihr seinen leicht gekrümmten Rücken zugedreht und kramte zwei Flaschen Rum aus einer alten Truhe hervor, mit einem Ächzen setzte er sich neben sie, stellte das Gewehr ab und reichte ihr mit einem schiefen Lächeln eine der Flaschen. “Hier, trink das, dann siehst du nicht mehr so bleich aus.” er setzte seine Lippen an die Flasche, trank ein, zwei große Schlucke daraus und seufzte zufrieden auf, als er den Rum vor sich auf einen kleinen Tisch stellte. Völlig sprachlos beobachtete sie ihn, vergaß so vollkommen ihren eigenen Rum. Mit leicht geöffnetem Mund stellte sie ihre unberührte Flasche neben die seine. Johann sah sie die ganze Zeit über kein einziges mal an, er schien in Gedanken zu sein und blickte in eine weite Ferne, die irgendwo im spärlich erleuchteten Raum war. Plötzlich viel ihr etwas eigenartiges an ihm auf, neben seinen stechend grünen Augen, prangte ein seltsames Tattoo auf seiner Glatze, es sah aus, wie das Skelett eines normalen Menschen, nur hatte dieser komischerweise eine Fischflosse gehabt, anstatt der Beine. Verwirrt zog sie die Brauen nach unten. Anscheinend hatte sie ziemlich lange auf Johanns Kopf gestarrt, denn dieser räusperte sich verlegen und brach somit das Schweigen, was seid den ersten Schlucken Rum zwischen ihnen beiden geherrscht hatte. Errötend sah Dorothee schnell auf ihre Finger. “Woher habt ihr das?” fragte sie schüchtern. Er musste grinsen, ein liebes Kind, dachte er, fast wie ihr Vater. “Es ist das Zeichen von John Silver, das Skelett einer Nymphe.” beantwortete er ihre Frage, erneut sah sie ihn an, in ihrem Gesicht konnte er deutlich lesen, dass sie jetzt vollkommen irritiert war. Tja, nun musste er wohl anfangen zu erklären, innerlich musste er aufseufzen, wie er es doch hasste die alten Geschichten noch mal zu erleben, indem er sie anderen erzählte. Mit finsterer Miene schaute er auf seine Flasche Rum. “Weißt du -” er wechselte absichtlich ins Du, er mochte diese höfliche Ansprache nicht, “- das Meer birgt viel mehr Geheimnisse als du denkst. All das, was man sich auf See erzählt beinhaltet einen gewissen Grad an Wahrheit, so wie auch die Legenden über die Nymphen und Sirenen. Es gibt sie wirklich...” erwartungsvoll sah er sie an. “Aber sind Nymphen und Sirenen nicht das Gleiche?” in ihren Augen blitzte etwas geheimnisvolles auf, das ihn kurz stutzen ließ. “Nein sind sie nicht! Verwechsle nie diese beiden Töchter der Göttin Calypso! Nymphen sind wunderhübsch und haben eine betörende Stimme, die jeden Mann in den Bann zieht, im völligen Gegensatz zu den Sirenen, das sind hässliche, hinterhältige und brutale Wesen, die aus den Mooren ins Meer gewandert waren und an Land wollen. Sie betören die Männer, indem sie ihnen vorgaukeln eine hübsche Frau zu sein, dann töten sie den Kerl, der sich auf sie eingelassen hat, mit ihrem schrecklichen Schrei. Hör mir gut zu! Sirenen können nur Männern etwas vormachen, aber dem Auge einer Frau können sie nichts vorenthalten... deshalb ist es eigentlich gar nicht so schlecht eine Frau an Bord zu haben - ach, wäre nur damals Nephtys...” er hielt inne. Sie starrte ihn an, Nymphen und Sirenen sollte es wirklich geben? Sein Schweigen stimmte sie nachdenklich, wer war diese Nephtys, von der er sprach und was war mit ihr passiert. Gerade wollte sie nachfragen, als er fortfuhr: “Damals als ich an Bord der Frozen Gold war, hat Silver oft über diese Fabelwesen geredet und beteuert, dass es sie wirklich gab, keiner von uns glaubte ihm, bis wir eines Tages die liebliche Stimme einer Nymphe hörten. Beim Neptun, wir waren damals so betrunken von ihrem Lied, dass wir beinahe auf ein Riff aufgelaufen wären, hätte unser Captain nicht einen kühlen Kopf bewahrt -” er hielt inne und schien sich in Gedanken ein weiteres mal bei seinem toten Captain zu bedanken, “- Na ja, was ich dir eigentlich sagen will ist folgendes: Silver hatte ein besonderes Verhältnis zu den Nymphen gehabt, dank ihnen hatte er es geschafft den Jungbrunnen zu verstecken... um an diesen zu kommen musst du es schaffen eine Nymphe zu beeindrucken!” er sah sie an, ob sie ihm folgen konnte. “Eine Nymphe beeindrucken?” hauchte sie, wie sollte das denn gehen? Sie war nur ein normaler Mensch, sie hatte keine wirklich beeindruckende Fähigkeiten und außerdem, sie war kein Mann. Johann schaute sie an. “Aye, beeindrucken, aber nicht mit den Mitteln, die du meinst.” er grinste sie breit an. “Ach und welche Mittel dann? Ich bin kein Mann, also kann ich einer Nymphe nicht imponieren, außerdem sieh mich an! Ich sehe vollkommen durchschnittlich aus und -” “Und ihr habt es geschafft einem paradiesischem Spatzen zu imponieren.” vollendete er ihren Satz. Entsetzt sah sie ihn an, bitte was? Imponiert? Wie denn? Sie sah an sich hinab, sie hatte nicht mal eine aufreizende Figur, sogar ein klein wenig Speck hatte sie, dafür schämte sie sich jedoch nicht, es war eben eine Figur einer durchschnittlichen Frau. Als Johann ihren abwertenden Blick an sich selbst herab sehend sah lachte er laut auf. Etwas erschrocken sah sie den alten Mann an. “Selbst ein Schürzenjäger, wie dieser Sparrow sieht nicht nur auf die Äußerlichkeiten, bestimmt hat er gemerkt, dass er ohne dich nicht an den Schatz kommt.” zwinkernd holte er sich den Rum und trank daraus. “Ja, er ist wirklich ein Casanova.” schnaubte sie, und unmöglich noch dazu, fügte sie in Gedanken hinzu. Das laute Lachen - das sie als sehr angenehm empfand - Johanns brachte sie auch dazu leicht zu grinsen. “Ha, ha! Du mist mir mal eine!” frech grinsend strich er sich ein paar einzelne Lachtränen aus den Augenwinkeln, dann wurde sein Gesicht wieder ernst, er hatte keine Zeit für irgendwelche Spielchen, er musste ein Versprechen erfüllen! “Aber -” durchdringend sahen sie grüne Seen an. “Dorothee, die Mittel eine Nymphe zu beeindrucken liegen nicht im Äußeren, das ist für sie rein oberflächlich, so sehr dass sie es kaum wahr nehmen, sie sehen mehr die Seele eines Menschen. Du kannst eine Nymphe dadurch beeindrucken, in dem du sie durch deine Lieder aus dem Wasser lockst...” Sie sollte einer Meeresnixe etwas vorsingen? Unmöglich! Verzweifelt griff sie nach dem Rum und setzte diesen an ihre zitternden Lippen, während sie trank spürte sie den prüfenden Blick des Piraten auf sich. “Ich, ich glaub nicht, dass ich das schaffe -” sie fuhr sich zweifelnd mit der Zunge über die Lippen, leckte nebenbei die restlichen Tropfen Rum von ihrem Mund, “- Und ich weiß nicht einmal, wo ich welche finde.” sie sah ihn hilfesuchend an. Stumm stand er auf, wandte ihr den Rücken zu und ging erneut auf die Truhe zu, aus der er den Rum geholt hatte, kramte eine Weile darin herum, bis er endlich das gefunden hatte, dass er gesucht hatte. Als er sich wieder zu ihr umdrehte, befand sich ein großer Umschlag in seinen knöchernen Händen. “Ich kann dir leider nicht sagen wo sich Nymphen befinden aber es gibt eine Frau, die dir genau sagen kann wo sie sind, noch dazu kann sie dir in anderen Dingen bestimmt helfen.” freundlich drückte er ihr den Umschlag in die Hände, “Darin befinden sich einige Lieder, die Silver des öfteren gespielt hat auf der Frozen Gold. Hoffentlich findest du dort etwas um eine der Töchter der Meeresgöttin zu beeindrucken.” Sie nickte, es war wohl Zeit zu gehen, mit dem Umschlag fest in den Händen stand sie auf. Johann legte einen Arm um sie und führte sie zur Haustür, bevor sie jedoch nach draußen ging, steckte er - ihr völlig unbemerkt - einen kleinen Gegenstand in ihre Hosentasche. Sie hielt beim öffnen der Tür inne, drehte sich zu ihm um und fragte: “Wer genau wart ihr auf dem Schiff?” Fragend kräuselte er seine Stirn. “Also, ich meine welche Position hattet ihr auf der Frozen Gold gehabt?” versuchte sie es erneut. Nun erhellte sich sein Gesicht und er leckte sich nachdenklich über die rissigen Lippen. “Ich war so eine Art erster Maat.” meinte er und schob Dorothee nach draußen, bevor sie noch weitere Fragen stellen konnte. Beinahe wäre Dorothee über Jack gestolpert, als sie aus der Tür trat - diese wurde mit einem leisen Ächzen schnell geschlossen - und nichtsahnend einen Schritt nach vorne tun wollte, zum Glück hatte sie, während der Fuß in der Luft schwebte, ihn erkannt und starrte ihn entsetzt an. “Ich glaube nicht, dass du vorhast hier zu übernachten oder?” fragte sie und sah zu Gibbs, der vom Strand her, auf sie zukam. Mit vor Entsetzen geweiteten Augen sah Jack sie von unten her an, schielte kurz noch auf den, in der Luft schwebenden Fuß, dann stand er blitzschnell auf. “Nein, hatte ich nicht vor.” sagte er schnell und wischte sich etwas Schmutz von seinem Rücken. Er hatte die ganze Zeit vor dem Haus gelegen und hatte sich vom Regen begießen gelassen, in der Hoffnung dass diese verdammte Tür endlich aufgehen würde und Dorothee heil wieder rauskommen würde. Er wollte es nicht zugeben, aber er hatte sich schon ein - klitzeklein - wenig um sie gesorgt. Er betrachtete sie, sie war zwar ein klein wenig blass um die Nase, sah aber noch ziemlich lebendig aus, als sein Blick auf ihre - immer noch leicht zitternden - Hände fiel, schaute er sie mit großen Augen an. Er öffnete seinen Mund, doch kein Ton kam aus ihm heraus, mit wild wedelnden Händen, versuchte er seinen Worten form, anstatt Ton zu geben, wurde dafür jedoch von ihr und Gibbs, der sich neben ihn gestellt hatte, nur seltsam angesehen. Etwas verlegen sah er kurz nach unten, dann räusperte er sich. “Hast du etwas über den Aufenthaltsort vom Jungbrunnen herausgefunden?” stellte er seine Frage. Dorothee sah zu ihm, dann zu Gibbs und schließlich auf den Umschlag. Herausgefunden? Nun ja, nur wie sie an diesen Jungbrunnen kommen würden. Also ja oder nein?, stellte sie sich innerlich die Frage, nach kurzem Zögern nickte sie und sie konnte deutlich sehen, wie Jack innerlich sich freute, wie ein kleines Kind, seine Augen fingen an aufzuleuchten und brachte sie zum schmunzeln. Er trat auf sie zu legte einen Arm um sie und führte sie sicherheitshalber weg von diesem “bewaffnetem Herrenhaus”, wie er es getauft hatte. “Also Liebes, erzähl mir mal, was du herausgefunden hast.” Über den ganzen Weg zurück zur Pearl, versuchte Jack vergeblichst etwas von Dorothee herauszufinden, bis sie an Deck waren und er langsam die Geduld verlor, gerade wollte er sich wegdrehen als ihn ihre Stimme inne halten ließ: “Wenn du Jemanden kennst, der sich mit Nymphen auskennt, kann ich dir alles sagen.” leise kamen ihre Worte über die Lippen, sie hatte wieder dieses ungute Gefühl, als würde bald etwas schlimmes passieren. Sie drehte sich von ihm weg und sah zum unendlichen Horizont hin. Sie konnte unter der dunklen Wolkendecke schmale Strahlen der untergehenden Sonne erkennen, wie sie den Himmel zu erhellen versuchten. Tief in ihren Gedanken schoss ihr plötzlich ein Name durch den Kopf: Johann! Ob es ihm gut geht? fragte sie sich, tief in ihr fühlte sie, dass ihre erste Begegnung mit ihm ihre letzte gewesen war. Sie hatte keine Ahnung, wie recht sie hatte, denn der alte Pirat, der engste Freund John Silver, lag blutend in seinem Haus. Er hatte es gewusst, er hatte es geahnt, irgendwann würde er sterben, nicht den Tod eines alten Mannes, nein er würde durch einen elenden Feigling sterben, genau wie sein guter alter Freund. Schwach lächelte er und sah seinem Mörder fest in die Augen. “Du... wirst sie nie wieder haben...” leise lachte er, rau fühlte sich seine Kehle an, konnte dieses verdammte Schwein ihm nicht wenigstens seinen Rum geben, kein Pirat wollte ohne seinen ewig treuen Freund sterben. Er spürte, wie Blut seinen Hals nach oben kroch und sich in seinem Mund sammelte. Er musste husten und spuckte sein eigenes Blut vor die Füße der Person, die ihn töten wollte. Die Welt um ihn herum verschwamm, er grinste, bald... bald durfte er für immer schlafen. Lebe wohl kleine Dorothee, dachte er. Er hörte, wie Jemand laut fluchte und etwas zu Boden warf. Einen, nur noch einen Streich will ich machen, müde schloss er seine Augen und flüsterte leise in den Raum: “Du... du ... wirst es nicht finden -” stöhnend schloss er seinen Mund, der metallische Geschmack von Blut benebelte seine Sinne, “... du... bist zu-... zu... spät... ge-” seine Stimme erstarb, ein letztes mal sog sich seine Lunge mit Luft, bevor diese komplett aus seinem Körper entwich. Sein Herz wurde langsamer, bis es einen letzten Hüpfer machte und mit einem wissenden Lächeln auf den Lippen starb Johann, erster Maat von John Silver. Fluchend wurde sein toter Körper erneut angeschossen, die Pistole glitt aus den Fingern des zitternden Täters, der blind vor Wut aus dem Haus brauste. Kapitel 10: Wütende Hexe ------------------------ Wütende Hexe. Schweigend nahm Jack einen Schluck Rum, während er kommentarlos zuhörte, was Dorothee ihm erzählte. Nymphen? Keine schlechte Idee, der alte Silver war nicht dumm, niemand würde auf die Idee kommen irgendwelche Fabelwesen, erstens als real anzusehen und zweitens überhaupt zu suchen, dieser gerissene Mistkerl, dachte er und lauschte der Stimme seines Gegenübers. Nachdenklich verzog er den Mund, wen, bitte sehr, sollte er kontaktieren um heraus zu finden, wo sich diese Nymphen befinden? Er seufzte, da hatte er sich ja mal was eingebrockt. Er schielte zu der leicht aufgeregten Frau rüber, die anscheinend mit dem erzählen zu ende war, etwas in ihrem Blick verriet ihm, dass ihr noch mehr auf der Seele brannte - was kümmerts mich? fragte er sich im Stillen. “Wohin sollen wir segeln, Jack?” fragte Gibbs, der dem einseitigem Gespräch seit Anfang an beigewohnt hatte. Er sah seinen Captain an, der in seinen Gedanken vertieft war. “Captain?” fragte er lauter. Jack musste blinzeln und sah zu ihm rüber. “Es gibt nur eine Person, die sich mit solchen wirren Dingen über Calypso auskennt, diese hat selber einen gewissen verwirrenden Draht zu genannter Gottheit, deshalb ist es völlig logisch, dass wir zu dieser Person segeln werden, schließlich ist sie die einzige Person in unserer Umgebung, die etwas über eben genannte Gottheit weiß und dazu uns noch einiges über diese Töchter erzählen kann, sowie uns - hoffe ich inständig - eventuell etwas über den verschwundenen Jungbrunnen berichten kann, aber dies tut diese Person bestimmt nur gegen eine klitzekleine...” Jack sah in die Runde und meinte mit erhobenen Zeigefingern, “Gefälligkeit, klar soweit?” er zog die Brauen nach oben und sah in zwei leicht verwirrt drein blickende Gesichter. “Und zu wem segeln wir?” schaltete sich Dorothee ein. Jack sah sie mit einem seltsamen Blitzen in den dunklen Augen an, er neigte den Kopf zu Seite und nannte grinsend den Namen der Person: “Tia Dalma.” Neben sich konnte sie ein Schlucken seitens Gibbs vernehmen, dieser war beim nennen des Namens schlagartig nervös geworden. “Meinst du wirklich wir sollten - ? Obwohl wir letztens etwas nicht gutes...?” er schnalzte mit der Zunge und biss sich leicht auf die Lippen, als er den warnenden Blick von Jack sah, dieser schüttelte - von Dorothee unbemerkt - den Kopf. Beide schielten kurz zu der nichtsahnenden Frau rüber, die sich in einer fahrigen Geste übers Gesicht strich. In ihr tobte ein Kampf, in dem sie versuchte sich zu erinnern, doch eine Mauer aus undurchsichtigem Nebel stand ihr im Weg, ihr Gedächtnis schien sich schlicht zu weigern sich zu erinnern, als wolle ihr Geist ihre Vergangenheit nicht wahr haben und sie wusste noch nicht einmal wieso. Was war nur passiert, dass sich ihr Körper gegen ihre Erinnerungen wehrte? Das Auftauchen von Johann hatte ihren Wunsch sich zu erinnern verstärkt, sie hatte sich sofort wohl bei ihm gefühlt, als wäre er ein alter Bekannter, den sie nach langer Zeit wieder gesehen hatte, es hatte sich so angefühlt als käme sie endlich nach Hause - Innerlich lief sie andauernd gegen diese miese Nebelwand des Vergessens, verzweifelte fast jedes mal und könnte bei jedem misslungenen Versuch sich zu erinnern aufheulen, es war einfach nicht fair. Sie dachte an Johann zurück, seine grünen Augen hatten sie angesehen, wie eine... ja, fast schon wie eine Tochter. Ihr Blick wanderte auf ihre Hände, die sie aus Gewohnheit zusammengefaltet hatte. Müdigkeit kroch in ihre Glieder, der letzte Abend lag ihr noch in den Knochen. “Wer ist diese Tia Dalma eigentlich?” fragte sie in den Raum. Jack und Gibbs sahen sie an. Gibbs sagte nichts, in der Angst etwas falsches zu sagen, das nur zu unnötigen Fragen von ihr führen würde. “Eine gute Freundin, Liebes, mehr nicht.” Jack antwortete und scheuchte sie von ihrem Stuhl, “Würdest du jetzt bitte so freundlich sein und gehen, ich müsste etwas mit dem werten Herrn Gibbs besprechen - unter vier Augen, husch!” mit einem undefinierbaren Ausdruck sah sie die beiden Männer an und verließ die Kajüte des Captains. Als die Tür leise klickend ins Schloss fiel, lehnte sie sich daran und schloss die Augen, sie horchte in die Stille, dumpf konnte sie die aufgeregten Stimmen der Männer vernehmen, doch machte sie sich nicht die Mühe genauer zu lauschen. Ihre Hände glitten in ihre Hosentaschen, als sie einen unebenen Gegenstand dort ertastete stoppte sie und verzog fragend die Brauen. Was ist denn das? Sie öffnete ihre blauen Seen und holte eine geschlossene Muschel aus ihren Taschen hervor. Sie musterte den seltsamen Gegenstand, woher...? “Verdammt Jack!” die erboste Stimme von Gibbs ließ sie zusammen zucken, sie konnte hören wie jemand mit dem Fuß laut aufstampfte. Oje, was geht denn da ab? Sie wich von der Tür und ging an Deck. Beim gehen stopfte sie die Muschel wieder zurück in die Tasche, anscheinend hatte sie diese wohl irgendwann im Strand aufgesammelt. Seid längerem war die Pearl schon in See gestochen, angenehmer Wind umspielte ihre Nase, fuhr ihr sacht über die Wangen, einen Moment schloss sie erneut die Augen um diese sanften Berührungen zu genießen. Sie gesellte sich zum stummen Cotton, sie mochte ihn sehr, er konnte ihr nur durch seine bloße Nähe helfen. Er tat ihr leid, warum auch immer man ihm die Zunge rausgeschnitten hatte, es war - in ihren Augen - nicht richtig gewesen! Sie lächelte ihn an und bekam ein zögerliches Grinsen als Antwort. Er stand am Ruder und sah auf das Meer. Seufzend ließ sie sich auf den Boden fallen, sie spürte seinen fragenden Blick auf ihr, ihm keine Antwort gebend streckte sie sich und sah zum wolkenfreien Himmel, endlich sind diese hässlichen Wolken verschwunden, dachte sie. Cottons Papagei flog über ihrem Kopf auf die Schulter seines Herren und krächzte leise. Sie sah zu diesem frechen Federvieh auf, sie hatte keine Ahnung, wie sich Cotton mit diesem komischen Vogel verständigte. “Hier gibt es zwei komische Vögel, nicht wahr?” bei den Worten “komischer Vogel” musste sie unweigerlich an Jack denken. Der stumme Pirat wusste anscheinend wen sie noch mit “komischer Vogel” meinte und grinste sie an. Sie erwiderte sein Grinsen, drehte nach einer Weile den Kopf wieder gen Himmel. Nachdenklich holte sie die Muschel in ihrer Tasche hervor und musterte diese. Das Licht der Sonne fiel darauf und ließ die Muschel in unzähligen Farben aufleuchten, fasziniert von diesem Farbenspiel sah sie gebannt auf die raue Oberfläche der Muschel. “Glitzerndes Meer.” krächzte der Papagei und flog davon. Dorothee sah ihm nach, wie er mit ein paar Flügelschlägen dreist auf dem Kopf von Pintel landete, dieser versuchte lauthalsfluchend den schrägen Vogel von seinem Kopf zu scheuchen. Ragetti lachte ihn über seine tollpatschige Art aus. Schmunzelnd schüttelte sie den Kopf über die beiden Chaoten. Plötzlich spürte sie eine zaghafte Hand auf ihrer Schulter, sie sah auf, in das ältere Gesicht von Cotton, der sie freundlich ansah. Fragend neigte sie den Kopf zur Seite. “Was ist denn?” Er deutete mit dem Kopf in Richtung Bug, sie folgte seiner Geste konnte, wegen dem Steuerrad nichts erkennen und stand auf. Ihre Augen weiteten sich, vor ihnen erhob sie eine Insel am Horizont, um die sich ein grauer Regenschleier gehängt hatte, das der kleinen Insel eine mysteriöse Aura verlieh. Ein leicht stickiger Geruch kroch ihr in die Nase, je näher sie der Insel kamen. “Ist das die Insel?” fragte sie. Er sah sie nicht an, starrte wie sie die immer größer werdende Insel an. Hoffentlich würde nichts schief gehen, dachte er, schließlich nickte er. Er merkte, dass ihr beim Anblick der Insel leicht unwohl wurde, er kannte dieses Gefühl nur zu gut, als er zum ersten mal bei dieser Meereshexe war hatte er das selbe gefühlt. Aufmunternd lächelte er sie an, wie gern hätte er ihr anstatt des Lächelns Worte gegeben, doch wieder einmal wurde er schmerzlich daran erinnert, dass so manch ein Fehler auf See nicht so leicht vergeben wurde. “Wir sind da!” rief Marty vom Ausguck zu ihnen herunter. Es dauerte nicht lange, da kamen auch schon Jack und Gibbs von unten her an Deck und starrten mit einem dunklen Schleier auf ihren Gesichtern auf die Insel, hoffentlich würden sie es überleben. “Böse Hexen!” krächzte der Papagei und sprach so aus, was beiden im Kopf seit ihrem Gespräch herum schwirrte. Oh ja, böse Hexen, Jack musste unweigerlich schlucken, ob ihm diesmal Tia verzieh? Er wusste es nicht. Leicht nervös ließ sich Dorothee wieder auf den Boden sinken und schlug die Beine übereinander. Nach einiger Zeit umgab die Pearl ein dunkler, feuchter Schleier aus Nebel, der einen verfaulten Geruch mit sich zog. Angewidert rümpfte Jack die Nase, das war nicht gut, gar nicht gut! Ein seltsames Gefühl kroch in Dorothee hoch, es war eine Mischung aus Vertrautheit, nach Hause kommen und völliger Fremdartigkeit. Ein angenehmer Wind durchfuhr ihre Haare, sie spürte wie Jack sie ansah, als sie zu ihm aufblickte, konnte sie in seinem Blick einen undefinierbaren Ausdruck erkennen. Dunkle Augen schauten sie forschend an, mit einer unergründlichen Tiefe. Sein Blick war ernst und zugleich - erwartend. Was erwartete er? Was suchte er in ihren Augen? Verwirrt blinzelte sie mehrmals, doch bevor sie ihn fragen konnte, weshalb er sie so ansah, rief er: “Lasst die Boote ins Wasser, wir werden ab jetzt rudern!” Eilig machte sich die Mannschaft daran die kleinen Beiboote zu Wasser zu lassen. Bis auf Marty und Theodor stiegen alle in die Boote. Die Fahrt über herrschte ein bedrücktes Schweigen, einige der Männer sahen sich hin und wieder im Nebel um, es schien als würde eine unsichtbare Macht die Boote antreiben, zu einem bestimmten Ziel, versteckt im Nebel, der sich langsam lichtete. Hier und da konnte Dorothee einzelne Lichter erkennen, morsche Äste ragten plötzlich aus dem Nebel hervor, von denen moosbehangene Lianen herab hingen. Ungewöhnliche Geräusche raschelten, glucksten und brodelten um sie herum. Der stickige, verwesende Geruch war hier unerträglich und verlangte von Dorothee, dass sie flach atmete, sie sah zu Jack rüber, der neben ihr saß, seit einer geraumen Zeit verspürte sie ein flaues Gefühl in ihrer Magengegend, sobald er in ihrer Nähe war. Gerade wollte sie ihn fragen, wann sie denn bei dieser Freundin ankommen würden, als sich, wie aus dem Nichts, ein kleines Häuschen mit Steg aus dem Nebel auftauchte. Wortlos befestigten die Männer die Boote am Steg und kletterten auf diesen. Mit gerunzelter Stirn folgte sie Gibbs, der sich dicht hinter Jack gesellte. Zu erst wollte Jack die Tür nicht öffnen, als er sich umdrehen wollte um Gibbs zu sagen er solle dies tun starrte er in die wütenden Augen Tia Dalmas, vor Schreck schrie er auf. “Es ist lange her.” hauchte sie und drehte sich langsam zu der Crew um, “Sehr lange her, als du Jack...” sie dehnte seinen Namen in die Länge und schritt dabei zielsicher auf Gibbs zu, der vor ihr zurück weichen wollte, dabei beinahe zu spät merkte, dass der Steg nicht breit genug war für ein Ausweichmanöver, ängstlich sah er in das unbewegte Gesicht der Hexe, “... mir etwas genommen hast.” zischte sie und drehte sich blitzartig um. Abwehrend hob Jack die Hände, nervös fuchtelte er mit ihnen in der Luft rum. “Ich hab nichts genommen von dir, ehrlich ich -” “Du hast mir meinen Anhänger gestohlen.” donnerte es über das Wasser hinweg, hallte in den Urwald um sie herum und krachte auf Jack ein. Stöhnend griff er sich an den Kopf, nun hatte er den gesamten Zorn einer Göttin beschworen. “Tia, Tia.” beschwichtigend hob er noch mal die Hände. “Ich habe deinen Anhänger nicht genommen, aye?” er hoffte inständig dass sie ihm glaubte. Tia schnaubte, glaubte er wirklich ein Mensch könnte ihr weiß machen, dass er unschuldig wäre, oder sie sogar belügen könnte. Bevor sie jedoch weiter ihren Zorn an ihm auslassen konnte, fiel ihr Blick auf Dorothee. Leicht verwirrt sah sie erst zu ihr dann zu Jack, der sie unschuldig anlächelte. “Wir sollten dieses Gespräch verschieben, findest du nicht auch?” meinte er. Ohne auf ihn zu achten schritt sie auf Dorothee zu, diese wich ein kleines Stück von der seltsamen Frau weg. Tief zog Tia den Duft des Mädchens ein und lächelte wehmütig. “Ihr seit ein Musiker nicht wahr?” fragte sie ruhig und bekam als Antwort ein zaghaftes Nicken, noch dazu habt ihr euer Gedächtnis verloren, vervollständigte die Hexe ihren Satz in Gedanken. “Ja sollten wir Jack, du bist hier um heraus zu finden wo sich die Töchter Calypsos aufhalten, nicht wahr?” geheimnisvoll grinste sie in die Runde. Sie ging zurück zu ihm, lehnte sich nach vorne und fuhr ihm sacht mit den Fingern über die Brust, deutlich konnte sie sehen wie er schluckte. “Nicht nur, meine Teuerste, nicht nur.” meinte er verlegen grinsend, versuchte so seine Angst zu überspielen, doch wusste er, dass ihr nichts entging. “Ich weiß, ich weiß - ihr wollt auch erfahren, wie ihr sie beeindrucken könnt, aber einer unter euch weiß dies ganz genau.” meinte sie. Fragend wanderte eine Braue von ihm in die Höhe, und wer bitte sehr, dachte er. “Jack, nach allem, was du getan hast, werde ich dir noch einmal helfen, aber nur, da ich ein Versprechen einlösen muss.” sie seufzte auf und verfluchte den alten Johann, der mit ihr einst einen alten Pakt geschlossen hatte. Jack öffnete den Mund um etwas zu sagen, wurde aber von ihr unterbrochen: “Um eine Nymphe zu finden müsst ihr einfach auf See sein und die Augen offen halten, sie gibt es überall, nur tauchen sie nur ab und zu auf.” sie schob ihn zur Seite und stellte sich vor ihre Tür, schaute ihn an, dann zu Dorothee. “Danke Tia, ich schwöre dir du bekommst deinen Anhänger wieder, sobald wir eine Nymphe haben!” er neigte sich leicht nach vorne und faltete seine Hände dabei. Schnell wandte er sich ab und deutete seinen Männern an die Boote fertig zu machen, sie würden so schnellst wie möglich von hier verschwinden! Als er gehen wollte, wurde er von einem starken Griff abgehalten, fragend sah er in die unergründlichen Augen Tias. “Nicht alles was schön ist, ist es auch und nicht jede Nymphe ist eine, Jack. Höre einmal in deinem Leben auf das Wort einer Frau -” sie beugte sich wieder zu ihm, “der Tod wird stets begleitet, sei vorsichtig, ein Freund entpuppt sich manchmal als Feind, wenn ihm etwas verloren geht... Jack auf euren Fersen ist der tödliche Verrat.” sie sah ihn an. Lange sah sie den Booten nach, bis diese vom Nebel verschluckt wurden. Sie hatte etwas grausames gesehen, Johann war tot, der letzte der Dorothee hätte sagen können, wer sie war. “Ich hoffe, Jack, dass du bald deine Augen öffnest, wenn Menschen ihr Herz verschenken und dieses verlieren, können sie zu grässlichen Wesen werden.” Sie wusste wer Johann getötet hatte und sie wusste, dass dieser bald Jagd auf Dorothee machen würde. Kapitel 11: Nephtys ------------------- Nephtys Zum ersten mal seid sie auf der Black Pearl segelte überkam sie ein seltsames Gefühl, als würde ein dunkler bedrohlicher Schatten über dem Schiff hängen, wie ein gefährlicher Sturm, der bald mit einer gewaltigen Wucht über sie hinweg fegen würde. Noch dazu wuchs in ihrem inneren ein ganz zartes Gefühl, unbemerkt von den bedrohlichen Vorahnungen, die ihr die Sicht auf jenes zartes Gefühl nahmen. Es war so leicht zu zerbrechen, so sanft und fein. Dorothee bemerkte es nicht. Es war bereits dunkel auf See, die Sonne war schon lange hinter dem Horizont verschwunden, hatte längst ihre letzten Strahlen ausgesandt. Niemand außer ihr war nun an Deck, die Männer schliefen in ihren Kojen und träumten von... vielen Dingen. Die Arme fest um sich schlingend setzte sie sich auf die Reling. Eine schmerzende Leere und Unwissenheit fraß sie von innen heraus auf. Seufzend schloss sie die Augen. Ihr fehlte etwas, eine gewisse Wärme, die ihr Halt gab, doch in ihrem Kopf gähnte ein Schlund aus verlorenen Erinnerungen. Sie fuhr sich mit ihren Fingern durchs Haar, löste dabei ihren Zopf auf, in zerzausten Wellen fiel es ihr ins Gesicht. Als ihre kühlen Fingerkuppen ihre Wange berührten fühlten sie sich fremd an - als wären sie nicht die ihren. Sie starrte auf die Handinnenfläche und konnte feine Narben erkennen. Bald, dachte sie, sind meine Hände nicht mehr von denen der Crew zu unterscheiden. Sie presste ihre Lippen zu einem Strich zusammen und sah auf die - noch - ruhige See. Die Worte Johanns und der Hexe kamen in ihren Sinn. Wie konnte sie einer Nymphe imponieren? Das einzige was sie gut konnte, und zwar richtig gut, war auf ihrer Gitarre spielen und dazu mittelmäßig zu singen. Aber hier, an Bord der Pearl hatte sie keine Gitarre. Hier an Bord war sie nur ein einfaches Crewmitglied das Jack für seine Zwecke benutzte. Der Gedanke an Jack ließ ihre blauen Augen dumpf werden, er nutzte sie aus, sie wusste nicht warum, aber es tat ihr unheimlich weh zu wissen, dass er... Ja was? - Stöhnend vergrub sie ihr Gesicht in den Händen. Die Seeluft tut deinem geschädigtem Hirn nicht gut, Dorothee! Und eine nach Rum süchtige Crew plus deren unzurechnungsfähiger, dauerbetrunkener Captain auch nicht! Der noch dazu eine unglaubliche Anziehung auf ziemlich viele weibliche Wesen hatte. Sie schüttelte den Kopf. Sie wurde bald noch Wahnsinnig! Sie hatte das Gefühl etwas fehlte, in ihrem Leben - neben ihrem Gedächtnis. Sie lugte unter ihren Handflächen hervor. “Es hat keinen Sinn sich den Kopf zu zerbrechen über Dinge, worüber man sich den Kopf nicht zerbrechen kann!” den Brustkorb eng an die angezogenen Beine schmiegend verharrte sie und lauschte stumm den Geräuschen des Meeres und des Schiffes. Die stetigen Geräusche verschmolzen in ihren Ohren zu einem angenehmen Rhythmus, der ihr Herz schneller trommeln ließ. Wörter tropften, wie ein sanfter Nieselregen durch die Nebelwand des Vergessens, formten sich zu einem Lied, das ihr zögernd und langsam über die Lippen entfloh: “Hört ihr wie das Volk erklingt, von unsrer Wut erzählt der Wind das ist die Symphonie von Menschen, die nicht länger Sklaven sind! Jedes Herz schlägt wie es kann unsere Herzen trommeln laut, alles fängt ganz von neuem an, wenn der Morgen graut! Wenn die Barrikade ruft, dann bebt der Feind vor unsrem Schrei! Wir bauen eine Welt ganz ohne Hass und Tyrannei, drum schließt euch uns an jede Frau jeder Mann und seid frei!” Ein Summen entrag sich dem Meer, kitzelte Dorothee in den Ohren, verführte sie endlich dazu zu schlafen, in eine warme, heile Traumwelt zu entschlummern. Aus den dunklen Wellen im Wasser erhob sich ein grünlich schimmernder Haarschopf, ein feines Frauengesicht mit hellen Augen lächelte liebevoll - fast mütterlich - zur Reling hoch. Im fahlen Licht des Mondes, der nur ab und zu durch die Wolken hervorbrach, schimmerte die Haut der Nymphe in unzähligen Farben, die feinen Schuppen auf ihrem Haar und ihrer Haut glänzten in matten Perlmuttfarben. Ihr Haar breitete sich um ihren Kopf aus, wie ein Schleier aus verwunschenem grünen Wassers und Meerespflanzen. Die rosigen Lippen öffneten sich und ein beruhigender Laut entrang sich ihm. Sie schwamm näher an das Schiff. Eine schmale, zierliche Hand griff nach einem Tau, das lose ins Wasser hing. Fest packte sie zu und hangelte sich langsam aus dem Wasser. Ihr Oberkörper schimmerte leicht grünlich, dennoch konnte man einen goldenen Hauch erkennen. Unterhalb ihrer Brust waren tiefe Einkerbungen, ihre Kiemen, die sich langsam, flatternd schlossen. Dort, wo man Füße erwartete am Ende ihrer Wirbelsäule, erstreckte sich mit unzähligen schimmernden Schuppen bedeckt ein, in den Farben des Meeres, Fischschwanz. Immer wieder schlug er auf das Holz des Schiffes, während sie mit festem Griff an dem Tau empor kletterte. Ihr Körper bewegte sich so geschmeidig, als wäre sie nicht auf dem Trockenen sondern immer noch Unterwasser. Mit einem leisen aufstöhnen stemmte sie sich an der Reling hoch. Direkt neben ihr schlief Dorothee. Mit einem leisen: “Na endlich!” saß die Nymphe endgültig neben Dorothee auf der Reling. “Hey, kleine Musikerin! Das ist nicht der geeignete Ort um zu schlafen!” sanft rüttelte sie an der Schulter der jungen Frau. Diese murrte nur und wollte sich wegdrehen - in Meeresrichtung -, doch die kühlen, nassen Finger der Nymphe umfassten ihr Gesicht und schlagartig öffnete Dorothee die Augen. Ein spitzer Schrei entfuhr ihr als sie in das seltsame aber wunderschöne Gesicht der Nixe sah. Diese schrie ebenfalls erschrocken auf, beinahe verloren beide das Gleichgewicht, reflexartig hielten sie sich jedoch beide an den Armen des Gegenübers fest. “Wer bist du?” keuchte Dorothee. “Und du?” mit weit aufgerissenen Augen sahen sie sich an. “Dorothee Silver,”, antwortete Dorothee und musste die Stirn runzeln, “- Bist du etwa eine Nymphe?” Ein warmes Lächeln umspielte die Lippen des Fabelwesens und es nickte. “Ja, man nennt mich Nephtys”, ein warmer Blick, tiefgründig wie das Meer streifte Dorothees Gesicht. Nephtys kühle Hand löste sich von ihren Oberarmen und legten sich behutsam auf die Reling. Sachte umspielte ihr Haar, das fein grünlich schimmernde Gesicht, unterstrich die ebenen Gesichtszügen und ließen sie wie eine Erscheinung, eine flatternde Fata Morgana aussehen, die im heißen Wüstenwind plötzlich auftauchte und verlockend in der Luft schwebte. Dorothee betrachtete das seltsame Fabelwesen. Tief in ihr regte sich, ganz leise und sachte, eine Erinnerung. Ein Gefühl, als kenne sie solche Wesen bereits, als habe sie schon eine Nixe gesehen. Nur wann? Sie wusste es nicht. Unbewusst hatte sie den Kopf geschüttelt, daraufhin hatte Nephtys gedacht, sie würde ihre Existenz verneinen. Zart, wie eine Mutter, die ihrem Kind vorsichtig zu beruhigen versuchte, legte sie ihre Finger an die Wange von Dorothee und lächelte sanftmütig. “Ich bin wirklich da. Hier -”, sie holte die Hand der verschüchterten Frau, führte diese an die Stelle, wo ihr Herz im Takt des Meeres schlug, “- ich habe sogar einen Herzschlag.”, die kühlen Finger der Nymphe wurden immer wärmer und strahlten eine ungewohnte, wohltuende Vertrautheit aus, dass Dorothee leicht schlucken musste. Das fehlende Gefühl in ihr, schien plötzlich wie weg geblasen zu sein, die leere Stelle in ihrer Brust wurde ganz unerwartet wieder ausgefüllt, nur durch die einfache Berührung von Nephtys. Sie spürte, wie das Herz der Nymphe pochte, sanft unter der Haut schlug, in einem anderen Takt als ihres. Langsam ließ Nephtys sie los und wartete stumm. “Singst du mir etwas?”, fragende Augen mit dem Glanz eines Sonnenaufganges auf See darin, sahen die Musikerin an. “Aber ich bin nicht...”, sie wedelte abwertend mit der Hand vor sich her und zuckte anschließend hilflos mit den Schultern, “... nicht wirklich berauschend oder wirklich gut.”, entschuldigend kratzte sie sich am Arm. Eine Geste, wie sie Kinder oftmals machten, wenn sie nicht so recht wussten, was richtig war und was falsch. Nephtys schüttelte den Kopf. “Doch du kannst es!”, erneut griffen ihre kühlen Finger nach denen von Dorothee und hielten sie aufmunternd fest. Verlegen leckte sich diese über ihre trockenen Lippen. “Mir ist egal, welches Lied, sing einfach nur, bitte.”, flüsterte Nephtys und sah sie eindringlich an. Die Erinnerung an ihren Traum, mit der schönen Zigeunerfrau durch zuckte sie und ihr fiel ein kleiner Teil eines schönen Liedes ein über eine Zigeunerin. Noch mal leckte sie sich über die Lippen, holte einmal Luft und schielte kurz zu Nephtys rüber, die abwartend dasaß, ihr Fischschwanz zuckte leicht ungeduldig hin und her, klatschte ab und zu gegen die Reling. “Vielleicht kennst du es oder nicht: Broke my heart On the road Spent the weekend Sewing the pieces back on Friends and thoughts pass me by Walking gets too boring When you learn how to fly Not the homecoming kind Take the top off And who knows what you might find Won't confess all my sins You can bet I'll try it But I can't always win” Sie fing an zu grinsen und wippte leicht hin und her. Die Musik war wieder in ihrem Kopf, wie wogende Wellen auf See, trieben die einzelnen Wörter sie weiter. Ihre Finger trommelten im Takt, der nur in ihrem Kopf zu herrschen schien. Glück durchflutete ihre Venen, verschmolz mit ihren Blutkörperchen. “'Cause I'm a gypsy Are you coming with me? I might steal your clothes And wear them if they fit me I never made agreements Just like a gypsy And I won't back down 'Cause life's already bit me And I won't cry I'm too young to die If you're gonna quit me 'Cause I'm a gypsy” Sie ließ sich treiben und zog unbewusst Nephtys mit in ihre eigenen, persönlichen Meerestiefen, die sie nur durch die Musik betreten konnte. Das stolze Lächeln auf den Lippen der Nymphe fiel ihr nicht auf, zu versunken war sie, zu tief steckte sie im Lied drinnen, zu stark war sie in ihre eigene Trance gefallen. Als Dorothee geendet hatte, strahlte sie Nephtys an. Ein Feuerwerk aus Freude in Form eines gespiegelten Sonnenaufganges in den Augen der Nixe strahlte ihr entgegen. Erstaunt schluckte Dorothee. Solch eine Reaktion hatte sie in der Nymphe hervor gerufen? “Das war wunderbar! Ich-”, doch weiter kam Nephtys nicht, denn ein lauter Ruf aus den Tiefen des Rumpfs der Pearl unterbrach sie: “Dorothee?!” Jemand war womöglich von ihrem Aufschrei aufgeschreckt worden und stiefelte nun die Treppen empor - und dass nicht gerade leise. Anscheinend hatte sie jemanden geweckt. Hoffentlich nicht Jack, dachte Dorothee und kniff die Augen zusammen. Etwas kühles und nasses an ihrem Arm ließ sie aufschauen, direkt in die Augen der Nymphe. “Sobald du Hilfe benötigst, ich bin immer nah bei dir.”, sie sah sie ein letztes mal mit einem warmen Ausdruck an und strich ihr über die Wangen, “- kleine Musikerin...”, dann ließ sie sich von der Reling fallen und landete mit einem leisen Platsch im Wasser. “War, das... Ist das... eine gewesen?”, Gibbs blinzelte und starrte mit offenem Mund auf jenen Fleck, auf dem Nephtys gesessen hatte. “Captain! CAPTAIN!”, rief er aus und Dorothee zuckte durch die plötzliche Lautstärke zusammen. Eiligst lief der erste Maat nach unten und kam kurz darauf mit einem ebenso hektischen Jack hochgetrampelt. “Wo? Wo Master Gibbs?”, suchend bückte sich Jack und hielt Ausschau nach der sogenannten Nymphe. “Im Wasser.”, sagte Dorothee und deutete ins Meer. Erst jetzt bemerkte Jack sie und sah sie an. _____________________ Wie lange musstet ihr warten, dass ich weiter schreibe? Gott eindeutig zu lange! Es tut mir furchtbar leid! Ich habe bei so vielen neuen FFs weitergemacht und angefangen, aber nie hier weitergeschrieben! Schande über mich!, schreckliche Schande! Ich hoffe ihr könnt mir verzeihen. Und ich hoffe euch hat dieses bescheidene Kapitel gefallen. *Kekse hinstell* eure Sengo n. K: Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)