Treppenaufgang von Memphis ================================================================================ Prolog: Echoreim ---------------- Kindheitserinnerungen. An was denkt ihr, wenn man euch nach eurer Kindheit fragt? Hattet ihr eine schöne Kindheit, könnt ihr euch überhaupt noch an irgendetwas erinnern? Es ist oft schwierig sich an vergangene Zeiten zurück zu erinnern, an weit vergangene, schöne Kindertage. Vielleicht fällt euch auch nur eine bestimmte Person ein... Wenn Michael an seine Kindheit dachte, musste er an Ellie denken. Ellie mit ihrem verstruppelten Haaren, ihrem dreckigen Geischt und ihrem wilden Grinsen. Ellie, die immer schneller war als er. Ellie seine beste Freundin und vielleicht seine erste, große Liebe. Und wenn Michael länger darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass es keine Erinnerung ohne sie gab. Manchmal kam es ihm so vor, als würden seine Erinnerung überhaupt erst mit ihr beginnen. Es war gleich am ersten Schultag gewesen, er hatte da gesessen und musste zu schauen, wie ein Junge, er wusste seinen Namen nicht einmal mehr, ungefragt in seiner Schultüte rumwühlte. Michael hatte nichts sagen können, war aber kurz davor zu heulen. Er hatte sich gefragt, warum andere Kinder denn so gemein waren. Tja, dann kam Ellie und hatte den Jungen einfach gebissen, in den Oberarm, solange bis es geblutet hatte. So waren sie beste Freunde geworden, Blutsfreunde. Ellie hatte schon damals verstanden, dass Michael jemand brauchte, der ihn beschützte und sie hatte beschlossen, dass sie das sein wollte. Wer hatte auch gedacht, dass daraus ein Lebenswerk werden würde? Michael schien Probleme so anzuziehen wie es der Müll bei Ratten tat und es war immer an Ellie gewesen, diese Ratten zu verscheuchen. Aber sie liebte es, weil sie Michael liebte. Mit ihm konnte sie einfach reden, er war nicht so fies wie die anderen Mädchen, aber auch nicht so hart wie die Jungs, immer sein wollten. Er war genau das, was sich Ellie immer als besten Freund gewünscht hatte. So war ihre Freundschaft Sieg auf ganzer Linie. Und wenn Ellie und Michael an ihre schönste Kindheitserinnerung dachten, war es die gleiche Erinnerung. Es war der Tag, an dem sie beschlossen hatten, dass sich ihre Wege nie wieder trennen würde. Es war die letzte Schulwoche in der vierten Klasse und die Noten sagten klar, dass Ellie und Michael nie wieder in der gleichen Klasse geschweige denn die gleiche Schule gehen würden. Michael saß auf der Bank am Rand der Turnhalle, er hatte einen Ball ins Gesicht bekommen und sein Nasenbluten hatte erst vor kurzem wieder gestoppt. Ellie hatte sich neben ihn gesetzt und sie hielten sich an der Hand. Sie schauten zu einem hell erleuchteten Treppenaufgang. Wohin die Treppen wohl führten? Was sich dort oben verbarg? Darüber hatten sie nach gedacht und sie waren sich einig, egal was es dort gab, sie würden es zusammen raus finden. Kapitel 1: Anfangsreim ---------------------- Meine Schritte auf dem Asphalt. Der einzige Ton an diesem jungen Morgen. Mein T-Shirt klebte mir am Körper und mein Blut rauschte in meinen Ohren. Einatmen, ausatmen. Den eigenen Körper spüren und das Gefühl der Lebendigkeit genießen. Ich könnte mir ein Leben ohne das morgendliche Joggen nicht mehr vorstellen. Wenn ich morgens nicht joggen gehen konnte, fühlte ich mich, als hätte man mir etwas von meinem Tag gestohlen. Vielleicht war es meine Droge, die einzige, die ich mir leistete. Ich hielt nicht viel von Esotherikgelaber, aber es hatte durchaus seine Richtigkeit, wenn man sagte, dass nur in einem gesunden Körper eine gesunde Seele stecken konnte. Und ich gab mein möglichstes zumindest meinen Körper gesund zu halten. An der Ampel kurz vor meiner Wohnung musste ich das erste Mal heute Morgen zum Stehen kommen. Ich fühlte mich hippelig und musste den Drang unterdrücken auf der Stelle zu laufen. Sowas sah einfach nur unheimlich lächerlich aus und selbst wenn ich begeisterter Jogger war, musste ich mir so eine Blöße nicht geben. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und stellte mit einem Blick auf meine Armbanduhr fest, dass ich in einer halben Stunde los musste, um pünktlich zur Arbeit zu kommen. Das letzte Stück zu meiner Wohnung legte ich in einem Sprint zurück, den ich bei den Treppen nach oben bei behielt. Aufzüge waren für Leute, die ihrer Gesundheit nichts gönnen wollten. Als ich in die Wohnung kam, hörte ich wie das Telefon klingelte. Auch ohne auf das Display zu schauen, wusste ich wer da anrief. „Ellie...“, keuchte ich etwas außer Atmen in den Telefonhörer. Ich hörte sie lachen. Ellie hatte ein vibrierendes Lachen, das ich bei noch keiner Frau erlebt hatte. „Stör ich?“, fragte sie mit einem amüsierten Tonfall. „Joggen...“ Ich war immer noch nicht ganz bei Atmen und die Uhr im Gang tickte unweigerlich weiter, zwanzig Minuten. Ich musste noch duschen, mich anziehen und frühstücken... „Klar, ich weiß. Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass ich dich heute von der Arbeit abhole. Letztens hab ich dich nicht mehr erwischt.“ „Okay, ich werd warten...“ Langsam hatte sich meine Atmung beruhigt. „Dann würd ich mal sagen, hopp, los mit dir. Du bist spät dran.“ Warum musste Ellie meinen Tag nur so genau kennen und so klingen wie meine Mutter?! „Jaha. Bis dann.“ Ich legte auf und entledigte mich meiner Klamotten, während ich ins Bad ging. Das war einer der Vorteile, wenn man alleine wohnte, man konnte einfach nackt durch die Wohnung laufen. Ich genoß das kühle Wasser auf meiner immer noch leicht überhitzen Haut und wünschte mir, ich wäre heute etwas früher aus dem Bett gekommen, um jetzt noch länger unter der Dusche stehen bleiben zu können. Als ich mich abgetrocknet und angezogen hatte, stellte ich fest, dass in sieben Minuten meine Straßenbahn kommen würde. Drei Minuten brauchte ich, um zu ihr zu kommen, wenn ich mich beeilte. Schaffte ich es in vier Minuten zu frühstücken? Ich mochte es nicht, wenn ich mich so in der Zeit verkalkulierte und entschied mich für einen Apfel auf dem Weg zur Haltestation. Wenigstens musste ich mich jetzt nicht mehr beeilen. Ich stand vor meiner Firma und wartete darauf, dass sich Ellie endlich blicken ließ. Ein paar Kollegen verabschiedeten sich von mir und gingen zum Parkplatz, wo ihre Autos standen. Auto, finanziell definitiv nicht drin. Aber was konnte man auch schon als Elektroniker-Azubi erwarten? Ich hatte damals die Wahl gehabt, bei meiner Mutter wohnen bleiben und ein eigenes Auto haben oder einfach ausziehen. So gerne ich meine Mutter auch hatte, es war Zeit gewesen, mein eigenes Leben anzufangen. „Du siehst aus wie bestellt und nicht abgeholt.“, Heinz lachte mich an und blieb neben mir stehen. Er war wie ich Azubi und machte mit mir zusammen Reperaturen. Eigentlich war er ganz okay, aber niemand mit dem ich in meiner Freizeit rumhängen würde. „Ich warte auf Ellie.“, erklärte ich kurz. „Immer diese Pärchen!“ Heinz verdrehte die Augen, war aber wohl immer noch gute Laune. Ich hatte ja das Gefühl, dass er mich um Ellie beneidete. Ellie war ja auch eine gute Partie. Ich konnte froh sein, dass ich sie hatte. „Tja, wer hat, der hat.“ Ich grinste ihn an. Heinz war etwas jünger als ich und soweit ich wusste, hatte er erst eine Freundin, die sich aber vor ein paar Monaten von ihm getrennt hatte. Seit dem war er etwas unleidlich, wenn es um Paare ging. So wie die meisten Singles. Er seufzte und ich würde ihm gerne Tipps geben, wie er Frauen mehr für sich begeistern konnte. Aber ich ließ es, Heinz war nicht der Typ, der gerne Ratschläge bekam. „Michi!“, rief Ellie begeistert, kam auf mich zugelaufen und fiel mir um den Hals. Kurz drückte sie ihre Lippen auf meine, lächelte mich an und ließ mich wieder los. Ich grinste, ihre Begrüßung war etwas überschwänglich. Aber ich hatte das Gefühl, das lag an Heinz, der uns gerade miesmutig anstarrte. Armes Kerlchen. „Hey, Heinz!“, meinte Ellie in einem Tonfall, der klang, als hätte sie ihn jetzt erst bemerkt. Sie konnte so fies sein. Ich mochte sie. „Hi, Ellie...“, kam es grummelig von Heinz. Wenn Mädchen in der Nähe waren, wurde er in der Regel einsilbiger und unfreundlicher. Einer der Punkte, warum er wohl bei Mädchen nicht so erfolgreich war. Vielleicht sollte ich ihm doch mal Ratschläge geben... „Wir sollten mal los, sonst kriegen wir keinen Platz mehr.“, drängelte Ellie und zog mich einfach mit sich. Sie konnte ziemlich resolut sein. „Man sieht sich morgen!“ Ich winkte Heinz noch etwas verpeilt zu und dann hatte mich Ellie schon um die nächste Ecke geschleppt, Richtung Straßenbahn. Sie hatte ein ihr typisches schnelles Schritttempo eingschlagen und wenn ich nicht täglich joggen würde, hätte ich wohl ein Problem mit ihr mit zuhalten. Man merkte ihr an, dass sie neben Deutsch zum Lehramt auch noch Sport studierte. Aber so war Ellie schon immer gewesen, sie hatte es immer irgendwie eilig. Vielleicht stand sie auch einfach nicht gerne still. Es gab einfach Menschen, die viel Bewegung brauchten, Ellie war einer von ihnen. Das schnelle Tempo hatte sich aber gelohnt, wir kriegten gerade noch die Straßenbahn und hatten somit allen anderen Leuten, die diese Straßenbahn nicht genommen hatte, fünf Minuten voraus. Was sehr entscheidend sein konnte, wenn man zur Mittagszeit einen Sitzplatz in einem beliebten Cafe haben wollte. Zufrieden ließ sie sich auf eine Sitzbank fallen und ich setzte mich neben sie. Noch immer hielt sie meine Hand, ganz natürlich, so wie es bei uns eben war. „Ich glaube, Heinz steht auf dich.“, meinte ich schließlich grinsend. Die Vermutung hatte ich schon länger, aber die Reaktion heute war wieder so typisch. „Heinz? Der ist viel zu jung für mich... außerdem hat er einen komischen Namen.“ Sie schüttelte den Kopf und ihre braunen, welligen Haaren flogten dieser Bewegung. Ich mochte ihre langen Haare und ich war froh, dass sie sich nicht hatte schneiden lassen, bloß weil sie beim Sport störten. „Übrigens, ich habe einen neuen Trainer.“ Ellie spielte schon seit der dritten Klasse Fußball in einem Mädchenverein und hatte diese Sportart nie aufgeben können. Ich hatte der Sportart nie viel abgewinnen können, wenn man mal davon absah, dass ich tierische Angst vor Bällen hatte. „Heißt er auch Heinz?“, fragte ich verwirrt über den Themenwechsel. „Quatsch, nee. Er heißt Andy.“ Ich zog eine Augenbraue hoch, das Andy wurde wie Ändie gesprochen und klang furchtbar tuckig. Unter einem Andy stellte man sich jemand furchtbar schwules vor, fand ich. Warum nannte der sich nicht Andi? „Andy? Das klingt sehr...“ „Ja, ich weiß. Aber er hat eine Freundin, also zumindest hat er von einer erzählt.“ Sie grinste etwas. Vermutlich hatte sie sich dasselbe gedacht, als sie seinen Namen gehört hatte. „Und wie ist er sonst so?“ „Ganz okay, ich find ihn nur etwas arrogant.“ Sie zuckte nur mit der Schulter, anscheinend fand sie ihn nicht so besonders. „Du findest auch mich arrogant.“, warf ich ein. Ellies Begriff für Arroganz war sehr dehnbar. Ich für meinen Teil verstand es einfach als selbstbewusst. Wenn sie sagte, er wäre arrogant, würde ich sagen, er hatte viel Selbstbewusstsein. „Du bist anders arrogant. Du kannst es dir leisten.“, versuchte sie die Situation zu retten. Ich lachte nur. Ellie konnte sehr niedlich sein. Auch wenn sie mich töten würde, wenn ich ihr das sagen würde. Ellie bestand darauf nicht niedlich zu sein. „Ach Ellie...“ Ich schüttelte den Kopf amüsiert. „Was? Ich finde, es gibt Leute, die können arrogant sein und welche, die das nicht können.“, vertrat sie ihre Meinung mit einem überzeugten Funkeln in ihren Augen. „Natürlich.“ Ich klopfte ihr auf die Schulter und grinste sie an. Sie wusste, dass ich sie im Moment nicht ernst nehmen konnte. Aber ich glaube, damit konnte sie leben. Zumindest handelte ich mir nur einen leicht schmerzhaften Knuff in die Seite ein. Vielleicht hatte mich auch nur die Durchsage für die nächste Station gerettet. Wir mussten aussteigen. Als wir das ´Besito´ betraten, mussten wir allerdings feststellen, dass es gerammelt voll war. Also war es ganz umsonst gewesen, dass wir uns so beeilt hatten. Wie ärgerlich. Als wir allerdings nochmal über die Sitzplätze schauten, erkannten wir zwei bekannte Gesichter, Jörg und Anika, zwei Kommulitonen von Ellie, die uns wohl auch gerade entdeckt hatten. „Ellie, Mike!“ Was für ein glücklicher Zufall. Sie saßen an einem Vierertisch und hatte einen Latte Macchiato vor sich stehen und offensichtlich freuten sie sich über unsere Anwesenheit so sehr, wie wir uns über ihre freuten. Mit einem Grinsen ließen wir uns am Tisch fallen. Es war doch was praktisches, Freunde zu haben. Kaum hatten wir es uns richtig gemütlich gemacht, kam auch schon unser Stammkellner. Eigentlich wusste er auch ohne zu fragen, was wir bestellen würde. Aber ich glaub, er unterhielt sich gerne mit uns. Wir waren ja auch tolle Gäste. „Das Übliche?“, fragte er mit einem Grinsen. Er zwinkerte uns zu und Ellie lächelte ihn mit ihrem hübschen Lippen an. „Das Übliche.“, gab sie zur Antwort und ich nickte kurz. Ich trank immer Milchkaffee mit extra Zucker und Ellie wollte ihren Kaffee schwarz und böse. Passte zu uns. „Hm, kann es sein, dass der Kellner was von dir will, Ellie?“, fragte Anika mit einem anzüglichen Grinsen im Gesicht, während sie sich näher an Ellie lehnte. „Ich glaube, er steht eher auf unseren werten Mike hier.“, erklärte Ellie und lehnte sich etwas weg von Anika. Ellie mochte es nicht, wenn ihr Mädchen zu nahe kamen. Eine ihrer etwas komischen Neurosen. „Der Kellner? Der ist nicht schwul...“, beteiligte ich mich an der Unterhaltung. „Woher willst du das wissen?“, fragte Anika skeptisch. Sie schien das Thema Homosexualität immer sehr faszinierend zu finden. „Michi hat einen unfehlbaren Gaydar, behauptet er zumindest.“ Ellies Stimme klang so, als würde sie das selbst nich ganz glauben. Pah, sie hatte doch keine Ahnung. „Er ist unfehlbar!“, protestierte ich. Ich konnte einem Typen tatsächlich sofort ansehen, ob er schwul war oder nicht. Das war essentiell wichtig für mich. Immerhin musste ich doch wissen, bei welchen Kerlen ich eine Chance hatte und bei welchen nicht. Einem Mädchen musste auch klar sein, ob sie bei einem Mann landen konnte... „Du hälst auch meinen neuen Trainer für schwul, ohne ihn gesehen zu haben!“ „Hey, komm, er nennt sich Ändie!“, ich betonte den Namen noch mal extra und das Lachen von Jörg und Anika waren Bestätigung genug für mich, dass sie meiner Meinung waren. „Du kannst doch nicht am Namen fest machen, ob jemand schwul ist.“ Ellie schüttelte den Kopf. Sie fand meinen Gaydar schon immer etwas suspekt. „Aber bei Andy, also ich muss zugeben, das klingt wirklich nicht hetero.“ Tschaka. Jörg gab mir recht. Ich grinste triumphierend zu Ellie, die nur die Augen verdrehte. Sie mochte es nicht, wenn ich mal recht hatte. „Er hat eine Freundin.“, warf sie ein. Das war eigentlich immer der ultimative Hetero-Beweis, naja, theoretisch. „Mike hat dich doch auch als Alibi.“, widersprach Anika dem Argument. Unter Freunden musste ich nicht vorgeben, dass ich auf Mädchen stand. Aber bei der Arbeit zog ich es vor, dass man dachte, Ellie und ich wären ein Paar. Früher hatte es diverse, unangenehme Zwischenfälle gegeben, weil ich mit meiner Sexualität zu offen umgegangen war. Mittlerweile war ich älter, reifer und vernünftiger, was das alles anging. Und ich hatte Ellie. „Das ist was anderes...“ Ellie wurde defensiv, was hieß Anika und ich hatten gewonnen. Ein Hoch auf gute Argumentation und Milchkaffee, der mir gerade serviert wurde. Ich öffnete ein Zuckerpäckchen und schüttete es in das Getränk und noch ein Päckchen, das dritte verkniff ich mir. Ich lebte eigentlich sehr gesund, aber das hier wollte ich mir einmal die Woche einfach leisten. „Leute, ich muss los, die Arbeit ruft.“ Jörg hatte gerade seinen Latte Macchiato mit einem großen Schluck ausgetrunken und war aufgestanden. Bei Jörgs Satz schaute Anika erschrocken auf ihre Armbanduhr. „Verdammt! Ich muss zur Vorlesung! Ich komm zu spät wegen euch!“ Sie kramte noch Kleingeld aus ihrem Portemonnaie und legte es uns hin. Auf den Kellner zu warten, hätte wohl auch zu lange gedauert. Sie und Jörg verabschiedeten sich noch und dann hatten wir den Tisch für uns alleine. „Immer diese Studenten...“ Ich schüttelte den Kopf. Die meisten meiner Freunde waren Studenten und vielleicht war ich manchmal etwas neidisch, weil ich nur eine Ausbildung machte. Aber anderseits machte es mir Spass als Elektroniker zu arbeiten, also war es wohl doch okay. Besser als nichts. „Ich hoff nur, dass Anika nicht in die Pädagogikvorlesung musste, sonst verpass ich die gerade.“ Es sah aber nicht so aus, als würde Ellie das groß kümmern. Ich würde aber auch lieber Zeit mit mir verbringen, als in einem vollen Vorlesungssaal zu sitzen und einem langweiligen Prof zuhören zu müssen. „Hey, vielleicht sollte ich mir auch einen schwulen Namen zulegen.“, nahm ich das Gesprächsthema von vorhin wieder auf. Wenn ich mit Ellie rumhing, musste ich nicht darüber nachdenken, was ich sagte. Sie verstand es schon. „Das wirst du nicht tun!“ Sie schaute mich mit ihren großen, braunen Augen drohnend an. Sie wollte ja nur mein Bestes und konnte dabei sehr mütterlich sein. Einfach Ellie. „Wie wäre es mit Micha?“, triezte ich sie weiter. „Oder warte, ich hab´s Mikey!“ „Mach doch gleich Micky daraus... wie Micky Maus.“ „Hey, ich mach das wirklich!“ Sie brauchte bloß nicht denken, dass ich nicht den Mumm dazu hätte. „Den nächsten Typen, den ich kennen lerne, wird mich als Mikey kennen lernen!“ „Mikey, der verzweifelt versucht schwul zu klingen? Ich denke nicht, dass du das nötig hast.“ „Willst du damit sagen, ich wirke schwul?“ Ich schaute sie gespielt empört an. „Nein, überhaupt nicht! Wenn man dich sieht, denkt man sofort an heiße Bräute mit großen Brüsten, die dir nachsabbern!“ „Also jemand wie dich?“ Ich grinste breit. Ellie machte zwar viel Sport, aber ihre Figur war immer irgendwie... fraulich. Was sie, glaube ich, manchmal ziemlich ärgerte. Kerlen fiel es immer schwer ein Mädchen mit so großen Brüsten ernst zu nehmen. Das ging selbst mir so und mich interessierten Brüste mal kein Stück. „Meine Brüste sind nicht groß!“, widersprach sie mir. Ich lachte, ich hatte gewusst, dass sie das sagen würde. Ich beugte mich über den Tisch und strupelte ihr durch die langen Haare, die aber sofort wieder an Ort und Stelle fielen. Mist, lange Haare hatten auch ihre Nachteile. Als Kind hatte sie die Haare relativ kurz getragen und wenn man ihr durch die Haare gewuschelt hatte, standen sie wild in alle Richtungen ab. „Ich hol dich morgen vom Trainig ab, ja?“, wechselte ich das Thema. Mich interessierte der neue Trainer. Der frühere hatte seine besten Jahre schon lange hinter sich gelassen und schien nicht das richtige Naturell für einen Trainer gehabt zu haben, viel zu ruhig und nachgiebig. Es hatte auch niemand überrascht, als er entgültig in Rente gegangen war. Aber wenn ich das richtig verstanden hatte, war Andy ein junger Kerl, also potentiell interessant. „Lass mich raten... du willst Andy abchecken.“ „Quatsch, ich möchte nur die Mädels in deinem Club daran erinnern, dass es mich noch gibt und du mir gehörst.“ Ellie war mein Alibi auf der Arbeit und ich war ihr Alibi bei ihrem Fussballverein. Wir möchten mal nicht in Klischees verfallen, aber 90% der Mädels in ihrem Verein standen definitiv auf Frauen und das war auch einer der Gründe, warum Ellie die Nähe von Frauen mied. Sie wurde einfach schon einmal zu oft angemacht. Es hatte wohl auch nie viel gebracht, darauf zu pochen, dass sie nicht lesbisch war. Die meisten in ihrem Verein schienen der Ansicht zu sein, dass sie nur noch nicht die richtige Frau getroffen hatte. Aber zum Glück hatten die Anmachen nachgelassen, seit Ellie mich als ihren Lebensabschnittgefährten vorgestellte hatte. So zogen wir beide Vorteile aus unser innigen Freundschaft. „Du möchtest Andy abchecken.“, übersetzte Ellie, das was ich gesagt hatte. Gut, sie hatte recht, warum musste ihr das nur so klar sein? „Nur ein bisschen.“, gab ich schließlich mit einem verschmitzten Grinsen zu. Es war mir egal, ob er nun wirklich schwul war oder nicht. Aber wenn er gut aussah, würde ich ihm gerne dabei zu sehen, wie er verschwitzt über einen Fußballfeld tribbelte. Sie seufzte und schüttelte den Kopf. „Du bist echt unverbesserlich.“ Dann schien sie eigenen Gedanken nachzuhängen, sie spielte mit dem Keks auf der Untertasse ohne direkt hinzusehen oder ihn essen zu wollen. Ich trank etwas von meinem Milchkaffee. Ich mochte es, wie man mit Ellie einfach da sitzen und die Ruhe genießen konnte. „Erinnerst du dich noch an die Rosie, von der ich dir erzählt hab?“, fragte sie schließlich. Ich schüttelte aber den Kopf, ich hatte keine Ahnung mehr, wer Rosie war. „Du weißt schon, die bei der ich dachte, die ist auch hetero.“, führte sie näher aus und langsam kamen vage Erinnerungen. Rosie war einer der wenigen Mädchen in Ellies Verein, dass auch aussah wie eines. „Ach die... Was ist mit der? Doch nicht hetero?!“ „Ja...“, kam es zerknirscht von Ellie. Sie hasste das Klischee von lesbischen Fußballspielerinnen, fühlte sich aber jede Woche damit konfrontiert. „Sie hat mich in den Umkleiden angemacht, letztens...“ Sie klang genervt bei dem Satz, wie gesagt, war ihr schon einmal zu oft passiert. „Dann ist es doch super, wenn ich mal wieder vorbei komme.“ „Nicht, wenn du unseren Trainer anbaggerst!“ Das war also ihre Befürchtung, sie hatte Angst, dass unser Alibi aufflog. Arme Ellie... „Ich dachte, er ist hetero.“ „Ist er auch...“ „Du weißt, dass ich keine Heteros anmache.“, stellte ich nochmal klar. Ich musste mir nichts beweisen, in dem ich Heten ins Bett kriegte. Aus dem Alter war ich raus. „Nicht, wenn er gut aussieht.“ Okay, ich musste mir nichts beweisen, aber wenn er wirklicht gut aussah, war das manchmal ein Art ... Reflex? „Tut er das denn?“ Mittlerweile war ich richtig neugierig auf den Typ. Was Ellie so über ihn erzählte klang wirklich interessant, er war selbstbewusst, gutaussehend und trainerte Fußball, also war er auch sportlich. Ich stand auf Sportler, ich hatte schon immer einen Hang zu ihnen gehabt. „Mein Fall isser nicht.“, kam es diplomatisch von Ellie. Aber sie stand auf einen völlig anderen Typ Mann, wie ich. Sie mochte Musiker, die etwas zerknautscht und meiner Meinung nach ungepflegt aussahen. War vielleicht auch besser so, wir waren uns wenigstens nie in die Quere gekommen, was Männer anging. „Hm, ich komm dich morgen definitiv abholen.“ Bei dem Satz grinste ich und wurde mit einem halb zerbröselten Keks beworfen. Danke Ellie. Kapitel 2: Historischer Reim ---------------------------- Ich konnte das Pfeifen und Rufen des Trainers schon von weitem hören. Die Stimme klang viel versprechend, musste ich zugeben. Dunkel, männlich und mit einem guten Klang. Allerdings konnte ich noch nicht erkennen, ob er wirklich gut aussah, noch rannten da nur Schemen auf einer grünen Fläche rum. Ich hatte ja nie verstanden, was Ellie so toll an Fussball fand. Man wurde dreckig, ständig angerempelt oder umgerannt und alles nur wegen so einem häßlichen Ball. Und die Leute in ihrem Verein mochte sie großteils auch nicht. Aber gut, Ellie hatte schon in der Grundschule mit voller Leidenschaft Fussball gespielt und es hatte sich wohl nie verwachsen. Ich blieb am Zaun stehen und beobachtete kurz Ellie, wie sie gerade einem Mädchen einen Ball abjagte. Als ich Ellie das erste Mal hier abgeholt hatte, dachte ich ja, es wäre eine gemischte Fußballmannschaft, da hier einige Mädchen einfach so krass männlich aussahen. Kurze Jungenfrisuren, flache Brüste und übergroße Männerklamotten. Mittlerweile hatte ich mich daran gewöhnt, einigermaßen. Nein, eigentlich war ich immer noch davon irritiert oder fasziniert, wohl eine Mischung aus beidem. Mein Blick suchte jetzt allerdings wirklich ein männliches Wesen. Irgendwo musste doch der Trainer sein? In der Regel war das der Kerl, der am Rand stand und irgendwas brüllte. Aber so jemand konnte ich im Moment nicht sehen. Ich blickte nochmal über das ganze Feld und als ich ihn entdeckte, traf es mich. Er sah aus wie ein junger Gott, wie er über das Spielfeld rannte. Blonde, wilde Haare, lange Beine in kurzen Shorts und ein Lächeln, das einen einfach nur umhaute. Verdammt, an ihm sah rein gar nichts tuckig aus. Der Typ war ein fleisch gewordener Traum. Ich konnte nur da stehen und starren. Selbst wie er in die Pfeife pfiff und brüllte, dass das Training zu Ende war, war einfach nur hinreißend. Das hatte ich wirklich schon lange nicht mehr. Verdammt. Ich wollte diesen Typ flachlegen, egal ob er hetero oder schwul war. „Oh Gott, ich kenne den Blick!“ Ich hatte gar nicht bemerkt, wie Ellie neben mir zum Stehen gekommen war. Sie wischte sich eine verschwitzte Strähne aus dem Gesicht und atmete schwer. „Was meinst du?“, fragte ich immer noch leicht eingenommen von Andy. Aber immerhin hatte ich es geschafft, mich von seinem Anblick los zu reißen und Ellie anzuschauen. „Du siehst aus, als würdest du dir vorstellen, wie er dich vögelt.“, drückte sie ganz uncharmant aus. Auch wenn es das ganz gut getroffen hatte. Aber Gott, schaut ihn euch an! Er trank gerade aus seiner Wasserflasche und ich hatte das Gefühl, als hätte es mich einfach so total erwischt. Das Licht in seinem Haar, die Schweißperlen auf seiner Haut... „Michi...“ Ellies Stimme klang warnend. Sie wollte nicht, dass ich unser Alibi auffliegen ließ. Ich lächelte etwas verpeilt in ihre Richtung. „Au mann, Michi, er ist hetero. Er hat eine Freundin.“ „Er ist nicht hetero.“, sagte ich voller Überzeugung. Mein Gaydar piepte aufgeregt. Der Typ da war nicht out of reach, der war genau meine Kragenweite, oder? „Warum hat er dann eine Freundin?“, fragte Ellie erbarmungslos weiter. „Warum hab ich eine Freundin?“, konterte ich. Das war einfach kein Argument mit der Freundin, fand ich. Nicht, wenn ein Typ so aussah. Ellie verdrehte allerdings nur die Augen. Sie wollte es nicht verstehen, hatte ich das Gefühl, und ging gerade Richtung Umkleide. Ich beeilte mich ihr zu folgen. Sie gab mir noch einen kurzen Kuss auf den Mund, als sie dann auch schon in der Umkleide verschwand. Ich stand vor der Türe und heftete meinen Blick wieder auf Andy. Bis jetzt schien er mich noch nicht bemerkt zu haben. Das sollte ich definitiv ändern, fand ich. Andy war gerade dabei, Bälle zusammen zu sammeln. Ich beschloss, dass ich ihm helfen würde. Das würde ich gerade noch so hinkriegen. Ich ging selbstbewusst auf ihn zu und lächelte charmant, als er mich endlich bemerkte. „Hi!“, begrüßte ich ihn enthusiastisch. „Tag! Du bist der Freund von Ellie, oder?“ Oho, er hatte schon von mir gehört? Sollte ich mich geehrt fühlen? Ich nickte und lächelte immer noch. Ich konnte gar nicht anders. „Soll ich dir helfen? Mit den Bällen, mein ich.“ Ich deutete eine vage Bewegung über das Feld an, um meine Worte noch zu unterstreichen. „Das wäre super. Die Mädels hier haben es nicht so mit dem Aufräumen.“ Er verdrehte seine wundervoll blauen Augen und ich lachte. „Da können sie ja froh sein, dass sie dich haben.“ Ich zwinkerte ihm zu und kriegte ein Lächeln als Reaktion. Er war nicht hetero. Nie und nimmer. Er durfte es einfach nicht sein! „Du könntest mir die Bälle einfach zu kicken und ich verstau sie dann in dem Korb.“, schlug er vor und mein Lächeln entgleiste mir etwas. Ich und Fußbälle hegten eine langjährige Aversion gegeneinander und ich hielt es nicht für die beste Idee, einen zu treten. Ich würde mich blamieren. Mist. „Uhm... ich bin nicht so der Fußballer.“, versuchte ich Andy von der Idee abzubringen. „Echt? Bei der Freundin?!“, fragte er erstaunt. Er tat gerade so, als würde es keine Leute geben, die nicht Fußball spielten. „Ich jogge lieber.“ Er sollte bloß nicht denken, dass ich keinen Sport machte. Das konnten Sportler in der Regel immer gar nicht ab. Es war ja auch nicht meine Schuld, dass ich mit Fußball nichts anfangen konnte. Mir hat sich das mit den Bällen und Füßen nie so richtig erschlossen. „Joggen? Naja, ist gut für die Kondition. Wie lange läufste?“ Jeah, ich hatte es geschafft. Andy schien mich zumindest ein bisschen interessant zu finden. Und während wir ganz ordinär die Bälle einsammelten, plätscherte die Unterhaltung so vor sich hin. Es ging ums Joggen und Sport im Allgemeinen. Eigentlich ein sehr angenehmes Gespräch und ich war froh, dass Andy nicht so ein Typ war, der keinen Ton rausbrachte. Ich kam mit schüchternen Leuten nämlich kein Stück klar. „Michi, dass du mal freiwillig einen Ball anfasst, hätte ich nicht gedacht.“ Ellie hatte sich heimtückisch an mich rangeschlichen und betrachtete mich skeptisch, wie ich mit einem debilen Grinsen im Gesicht und einen schmutzigen Ball in der Hand da stand. Andy redete mit mir! Naja, hat mir mir geredet. „Er war so nett mir zu helfen, weil die Damen ja immer sofort unter der Dusche verschwinden müssen.“ Andy zwinkerte ihr zu und ich wurde das Gefühl nicht los, als würde er Ellie anflirten. Das ging mal gar nicht, niemand flirtete meine Ellie an und schon gar nicht ihr Fußballtrainer, auf den sie sowieso nicht stand. „Frauen müssen doch ihre Schönheit pflegen.“, sagte ich mit einem Lächen in ihre Richtung und stellte mich dann neben sie, um sie an mich zu ziehen. Nur um klar zu machen, was Sache war. Okay, es war meinem Plan ihn flachzulegen nicht förderlich, wenn ich mich so aufführte. Aber Ellie stand immer noch über jeden Kerl, egal wie atemberaubend er aussah. Ellie zwickte mich aber als Reaktion in die Seite, fast so, als wäre ihr das Ganze peinlich. Ich gab ihr dafür nur einen kurzen Kuss auf die Backe. „Ich hab dich auch lieb, Schatz.“ „Ja, ich kenn das von meiner Freundin.“ Andy lachte und sein Blick irritierte mich. Irgendwas... Es war komisch, ich konnte aber nicht genau sagen warum. Lag es vielleicht daran, dass er wirklich eine Freundin hatte, oder zumindest erwähnte... oder lag es an etwas anderem? „Frauen eben.“ Ich grinste und fragte mich, ob er von Frauen auch so wenig Ahnung hatte, wie ich. Ich bemerkte, wie Ellie mich von der Seite musterte. Ich schaute sie an und bemerkte ein kleines Lächeln. So lächelte sie nur für mich. Es war ein Danke, dafür dass ich nicht meine Hormone mit mir durch gehen ließ. „So schlimm sind wir gar nicht.“, widersprach sie mir dann. Immer noch mit diesem Lächeln im Gesicht, bis sie sich zu Andy wandte, der über uns lachte. Sein Lachen klang toll. Aber es löste ein völlig anders Gefühl bei mir aus, wie dieses Lächeln von Ellie. Bei ihm dachte ich daran, dass ich es hören mochte, wenn wir bei mir im Bett lagen und ich ihm nach phänomenalen Sex irgend eine absurde Anekdote aus meinem Leben erzählte. Dahin gehörte ein Lachen wie seines. Ellies Lächeln gehörte einfach in mein ganzes Leben. „Aber wir müssen dann los, sonst kommen wir zu spät zum Film.“ Und wieder hatte es Ellie eilig. Möglicherweise wollte sie auch eine weitere Gelegenheit den Kerl anzuflirten unterbinden. Sicher war sicher, oder Ellie? „Okay, man sieht sich.“, verabschiedete sich Andy von uns und verschwand dann selbst in der Umkleide. Ich schaute ihm noch nach. Dieser Typ sollte immer Shorts tragen bei der Rückansicht. „Erde an Michael! Bitte melden!“ Ellie wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht rum und ich wünschte mir kurz, dass ich Andy einfach so angraben könnte ohne mir Gedanken über Ellie zu machen. „Und welchen Film gucken wir heute?“ Ich legte meinen Arm um sie und wir schlenderten Richtung Bushaltestelle. Wir gingen jeden ersten Mittwoch im Monat ins Kino, es war eine Art Tradition, genau wie einmal in der Woche Kaffee trinken zu gehen, oder Samstagabend Party zu machen. Das kostete zwar alles Geld, aber ich mochte es eigentlich auch nicht missen. „Ich weiß nicht, ich würde sagen, wir lassen uns überraschen.“ „Gib´s zu, du wolltest mich nur von Andy wegkriegen.“ Ich nahm ihr das nicht übel, irgendwie konnte ich das auch verstehen. Für mich wäre es auch äußerst fatal, wenn Ellie plötzlich anfangen würde mit Heinz zu schäckern oder mit Natascha. Aber weder Heinz noch Natascha kamen nur annährend an Andy ran. „So toll find ich ihn jetzt auch nicht.“, sagte sie schließlich und blieb unter dem Dach der Bushaltestelle stehen. Sie schaute kurz auf ihre Uhr und dann auf den Plan. Sie fand Andy wirklich völlig uninteressant. Ich hatte schon immer gefunden, dass ihr Männergeschmack miserabel war. Ich erinnerte mich an ihren letzten Kerl. Informatikstudent, der Bassist in einer Metalband gewesen war. Der Typ hat die Klappe nie aufgekriegt, hatte nicht mal ansatzweise sowas wie Muskeln und dazu noch total lange Haare. Ich fand lange Haare bei Typen schrecklich. Ich verstand echt nicht, was Ellie immer an solchen Kerlen fand. Vor allem weil sie selbst sehr extrovertiert war, gerne tanzen ging und ohne ihren täglichen Sport wohl total Amoklaufen würde. Zu dem war sie wirklich hübsch, die konnte mit ihrer Figur und ihrem Charakter echt jeden Typ haben. Aber sie hatte auch nie verstanden, was ich an meinen Kerlen fand. Wobei das bei mir weit aus offensichtlicher zu verstehen war. „Wann kommt der nächste Bus?“, fragte ich schließlich. Einfach auch um mich ein bisschen von diesem Thema abzulenken. „Fünf Minuten. Dann wären wir in einer halben Stunde im Kino. Müsste eigentlich hinhauen von der Zeit her.“ Ich merkte wie sie ansetze noch was zu sagen, aber dann abbrach und auf einen Punkt hinter mir starrte. Ich drehte mich kurz um und sah wie drei Mädels aus dem Verein näher kam. Ellie wirkte sofort befangener und ich wusste, sie würde nichts mehr sagen, bis der Bus da war und wir uns weit weg von den drei setzen würden. Wenn ich mich nicht irrte war einer von den dreien Rosie. Zumindest sah sie als einzige von denen aus, wie ein Mädchen. So höflich wie ich war, grüßte ich die drei und bekam nur eine einsilbiges „Hi!“ und abschätzende Blicke. Diese Blicke kannte ich. Er hieß soviel, dass ich mich schämen sollte, sowas wie einen Schwanz zu besitzen. Doch, man musste zugeben, dass manche Mädels aus Ellies Club etwas... schwierig waren. Es herrschte unangenehmes Schweigen bis der Bus da war. Es gab auch Mädchen im Verein mit denen sich Ellie verstand, sonst würde sie wohl auch nicht mehr spielen oder hätte gewechselt. Aber zwei hatten vor ein paar Monaten aufgehört und die anderen fuhren immer mit dem Auto, das Kino lag da leider nie auf dem Weg. Wir setzten uns im Bus auf die ersten freien Plätze, die wir sahen und ich bemerkte die Erleichterung bei Ellie, als die drei Fußballerinnen an uns vorbei gingen und sich ganz hinten in den Bus setzten. Wenn man sie so erlebte, war es eigentlich ein Wunder, das sie nicht homophob war. Naja, sie tat sich nur generell mit Frauen schwer. Aber eigentlich war das mit Ellie schon immer so gewesen. Auch schon als wir Kinder waren, fand sie Mädchen doof. „Sag mal, was ist eigentlich für Samstag geplant?“, fragte Ellie, die wohl wieder ihre Stimme gefunden hatte. „Samstag? Uhm... keine Ahnung. Das ´Lime´? Waren wir schon lange nicht mehr.“ Es war eigentlich noch nichts direkt geplant, meistens riefen mich unsere Freunde Samstagmittag verpeilt an und fragten, wo wir eigentlich hingehen würden. „Das ´Lime´? Du weißt schon, dass die da keine Heteros wollen.“ „Quatsch, echt?“ Ich runzelte die Stirn. Es gab hier ein paar Clubs, die da tatsächlich etwas eigen waren, aber beim ´Lime` wusste ich es ehrlich gesagt nicht mehr. „Weißt du nicht mehr, das letzte Mal als wir hin sind, haben die mich und Jörg rausgeschmissen. Deswegen sind wir doch solange nicht mehr hin.“ Oh okay, jetzt wusste ich es wieder. Das war damals wirklich ein ziemliches Drama. Das ich das vergessen hatte... Ich war wohl auch nicht mehr der Jüngste, mit meinen einundzwanzig Jahren. „Hm, stimmt. Ja gut, dann würde ich sagen, wir gehen wieder ins ´Caution´, da find ich es eigentlich immer nicht schlecht.“ Es hatte sogar das Potential sich als Stammclub bei uns zu etablieren. Da lief Musik mit der wir uns alle arrangieren konnten und das war wirklich eine Leistung. „Ach, mir ist gerade eingefallen, dass mich ein Kumpel diesen Samstag in eine Bar eingeladen hat, in der er arbeitet. Ich weiß gerade nicht wie das heißt... Benzin? Benzol? Irgendwie sowas. Er würde uns auch Freikarten besorgen. Wie wär es damit?“ Sie hatte ein begeistertes Glitzern in den Augen, das hieß eigentlich nur, dass sie da wieder was am Laufen hatte. „Kenn ich den Kumpel?“, fragte ich neugierig, wie ich war. Und als sie mich dann mit einem bezauberenden Lächeln anschaute, wusste ich, dass sie sich wieder verguckt hatte. „Ich glaube nicht, ich kenn ihn auch noch nicht solange.“ So so. „Woher kennst du ihn denn?“ Eigentlich gab es nur zwei Möglichkeiten, entweder von ihrem Studium oder dem Konzert auf dem sie letztens war. Ich tat mir mit dem Musikgeschmack von Ellie immer etwas schwer und vermied es, sie auf Konzerte zu begleiten. Dort lernte sie dann auch meistens ihre Typen kennen. Meiner Meinung nach eigentlich nicht der richtige Ort, um dort jemand für eine Beziehung zu finden. Aber was ich davon hielt, war Ellie in dem Fall egal. „Das Konzert von ´Raging´.“ Ha, ich wusste es. „Aha, muss ich noch mehr wissen?“, fragte ich mit einem forschenden Blick. Eigentlich hatten Ellie und ich keine Geheimnisse vor einander. Aber wenn es um Typen ging, konnte Ellie überraschend schüchtern sein. Sie erzählte mir meistens erst von ihnen, wenn sie mit denen schon etwas weiter war, als nur für sie zu schwärmen. Ellie war vorsichtig, was Beziehungen anging und bevor ich einen Kerl nicht kannte, lief da auch erstmal nichts. Wenn sie wollte, dass wir in seine Bar gingen, hieß das schon mal was. „Er ist total putzig.“, sagte sie mit einem verträumten Blick. Putzig, das hieß er war in Ellies Augen niedlich. Wenn man überlegte, was Ellie niedlich fand, konnte man sich denken, wie der Kerl aussah. Sie fand kleine Bären süß oder große, sabberende Hunde. Ich erinnerte mich mit einem leichten Schaudern an den letzten Typen, den sie putzig gefunden hatte. Ja, Bär traf es ganz gut. „Naja, gut, ich denke wir können auch mal wieder wo anders hin, als die üblichen Clubs.“ War sicher auch mal interessant. Neue Erfahrungen machen, neue Leute kennen lernen. „Freitag wäre aber im ´Tense´ Gay-Night.“ „Du willst Freitag und Samstag weggehen?“, fragte ich skeptisch. Das war finanziell immer etwas kritisch. Aber wenn wir für den einen Club Freikarten kriegen würde, würde das wohl gehen. „Naja, wir waren schon lange nicht mehr bei der Gay-Night.“ „Oh, ich weiß auch wieder warum. Erinnerst du dich an den einen Typ, der mich dann voll gestalkt hat?“ Es gab tatsächlich Kerle, die es nicht verstanden, dass man nur gerne mal Sex mit ihnen hatte und nicht mehr. Das konnte manchmal etwas unangenehm werden. „Der, mit dem komischen Lokalisten-Account?“ Ellie hatte ein besseres Gedächtnis als ich, musste ich zu geben. Ich nickte. Genau den meinte ich. Als ich nicht mehr ins Tense gegangen bin, hatte er versucht übers Internet mehr von meinem Leben zu erfahren. Gruselig, sehr gruselig. „Das ist doch schon ein paar Monate her.“, winkte Ellie ab. „Aber ich könnte ihm über den Weg laufen...“ „Hast du etwa Angst?“ Ellie lachte über mich und ich wusste, dass sie mich jetzt hatte. Ich war sicher kein Feigling... tz. Ich schnaubte nur verächtlich und schaute aus dem Fenster. „Jetzt schmoll doch nicht.“ Sie piekste mich in die Seite und ich konnte nicht anders, als sie wieder zu beachten. Sie grinste mich an und ich piekste sie zurück. „Hey, das ist unfair...“, empörte sich Ellie und versuchte meinen fiesen Poke-Finger of Doom zu erwischen. Vielleicht war es ja etwas kindisch, aber mit ihr überkommt es einen da einfach manchmal. Erst als ihr Handy klingelte, erlöste ich sie von meiner fiesen Pieks-Folter. Sie kramte hastig in ihrer Trainingstasche nach der lärmenden Elektronik und hielt es dann recht atemlos an ihr Ohr. „Hallo? - ¿Qué? - Sí, sí. – ¡Mamma!“ Ellie verdrehte die Augen und redete dann in einem schnellen Spanisch auf ihre Mutter ein. Ich war mir nicht sicher, aber ich glaube, sie hatte kurz meinen Namen erwähnt. Ich fand es immer lustig und irgendwie faszinierend, wenn ich Ellie spanisch sprechen hörte. Ihre Stimme klang dann plötzlich ganz anders und es klang alles so viel melodischer. Ich mochte es. Ellie war Deutsche, aber ihre Eltern stammten aus Spanien und waren schon vor einigen Jahren nach Deutschland ausgewandert. Ihre Mutter sprach trotzdem nur mäßig gut deutsch. Ich erinnerte mich noch, in der Grundschule hatte Ellie oft irgendwelche Anrufe auf Ämtern machen müssen, da ihre Mutter sich das nicht getraut hatte, weil sie fand, ihr Deutsch war dafür zu schlecht. Und das hatte sich bis heute nicht geändert, bei allen wichtigen, bürokratischen Angelegenheiten durfte Ellie Dolmetscherin spielen. Dafür war ihre Familie wirklich nett. Ich mochte sie schon immer und ich glaube, ihre Eltern hofften immer darauf, dass ich mal in ihre Familie einheirate. Wir hatten es nie über unser Herz gebracht ihnen zu erklären, dass Ellie und ich nie mehr als nur Freunde sein werden. Vermutlich wäre ihre Mutter auch vom Glauben abgefallen, wenn wir ihr erklären würden, an was es lag. „¡Hasta luego!“ Und Ellie hatte aufgelegt. Sie schaute mich an und seufzte. „Willst du nächste Woche mit mir zu meinen Eltern Kuchen essen gehen?“ „Klar, klingt doch super!“ Wie gesagt, ich mochte ihre Familie und ob wir noch ein paar mehr Leuten vorpsielten, dass unsere platonische Liebe eine wirkliche wahr, war auch schon egal. Ich würde Ellie auch küssen, wenn es nicht für ein Alibi wäre. So war unsere Beziehung zu einander einfach, körperbetont und innig. Es kam eine Durchsage, dass wir endlich am Kino waren und wir stiegen aus. ----- Hallo, ihr Hintergrundrauschen-Leser! -zuwink- Ich bin wirklich überrascht, wie viele von euch tatsächlich mit zu Treppenaufgang gekommen sind. Es freut mich aber. Ihr seid toll und ich bin irritiert, das Werbung funktioniert. O_O" Ich hoff mal, ich vergraul jetzt keine Leser, aber Treppenaufgang und Hintergrundrauschen sind in keiner Weise zu vergleichen. Also mit Treppenaufgang hab ich thematisch für mich ein neues Feld entdeckt. Charaktere, die nicht in Selbstmitleid zerfließen, die Freunde haben und mit ihren Mitmenschen gut agieren können. Ich muss sagen, ich hatte etwas Angst vor Treppenaufgang, wegen dem Ich-Erzähler. Ich liebe Ellie und hab mich besonders wegen ihr auf TAG gefreut, aber wie gesagt Michael... er ist so ziemlich das Gegenteil von mir. Sonst sind mir meine Ich-Erzähler doch irgendwie ähnlich. Aber gut, es wird Zeit für eine Herausforderung und man kann auch nicht immer das Gleiche schreiben. Und ich stelle fest, dass ich meine Freude an Ellie und Michi haben. Wenn ich an TAG denke, flattert mein Herz und ich fühle mich frisch verliebt in meine Geschichte. Ich untreues Stück. XD Aber diesmal hab ich keine Back-Up-Kapitel, also kann es gut sein, dass es mal zu längeren Pausen zwischen den Kapiteln kommt. Man muss auch sagen, alle drei, vier Tage ein neues Kapitel wie bei HGR war schon ein ziemliches Tempo, das man auf Dauer schlecht halten kann. Aber ich strebe ein neues Kapitel pro Woche an. Dann hoff ich mal, ihr habt soviel Spass an Treppenaufgang, wie Onichanjo und ich es haben. Und es wird Überraschungen für euch hageln. XDD Kapitel 3: Übergehender Reim ---------------------------- „Okay, okay, du darfst Andy ficken, wenn dabei nicht unser Alibi auffliegt!“ Ellie saß mit mir am Tresen im ´Tense´ und sie war schon etwas beschwipst, sonst hätte sie mir dieses Zugeständnis sicher nicht gemacht. Ich grinste breit. Ich trank keinen Alkohol, aus gesundheitlichen Gründen, aber ich hatte auch so immer meinen Spass und so lief ich auch nie Gefahr, so wichtige Dinge wie das eben Gesagte zu vergessen. „Danke, zu gnädig. Aber ich dachte er ist hetero.“ Vielleicht gab sie ja in ihrem angeheiterten Zustand zu, dass er nicht hetero war. „Ist er auch.“ Mist, okay, sie bestand darauf. Das Problem war, ich war mir eigentlich sicher, dass Andy schwul war, aber ich wusste nicht, ob er das wusste. Das klang vielleicht etwas abstrus, aber ich hatte schon was mit Typen, die ziemlich baff waren, dass sie Sex mit einem Mann geil finden würden. Da wusste mein Gaydar oft schon mehr, als sie selbst. Falls Andy einer von diesen Kerlen war, würde das etwas schwieriger werden. Da musste man vorsichtig sein. Ich hatte da früher auch schon mal was ordentlich auf die Nase gekriegt, weil ich etwas zu harsch vorgegangen war. Bei Andy könnte es auch so sein. Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte mich jetzt nicht mehr weiter damit zu befassen. Ich war mit Ellie weggegangen um meinen Spass zu haben und ich hatte vorhin auch schon jemand entdeckt, der aussah, als würde man viel Spass mit ihm haben können. Junger, hübscher Kerl, den ich hier noch nie gesehen hatte. Er grinste mir auch gerade zu und ich hob mein Glas, um ihm zu zu prosten. „Sag mal, ist das da hinten Renée?“, fragte Ellie plötzlich überrascht und ich drehte mich um, um zu sehen auf wen sie gedeutet hatte. Tatsächlich, da stand Renée und mir wurde komisch. Wir waren vor zwei Jahren zusammen gewesen, für drei Monate – mein längste Beziehung bis jetzt – und dann hatte er einfach so Schluss gemacht. Wobei einfach so es etwas falsch rüberbrachte. Es war nicht einfach, weder für mich noch für ihn. Ich hatte es damals nicht verstanden und tat es immer noch nicht. Er hatte mir damals vorgeworfen, dass es unmöglich war mit mir mehr als nur eine körperliche Beziehung zu führen. Das mir niemand so vertraut werden könnte, wie Elenora. Ich hatte nie verstanden, warum er sie damit hinein ziehen musste. Eigentlich hatte Ellie ihn wirklich gemocht, sie meinte, das wäre der erste normale Freund gewesen, den ich je hatte. Ich wollte ihn auf jeden Fall nicht sehen. Ich war niemand, der mit seinen Ex-Freunden noch eine Freundschaft pflegen konnte. Gerade als ich mich wieder umdrehen wollte, bemerkte er mich. Wir sahen uns einen Moment zu lang in die Augen. Ich.. ich... Ich wandte mich ab, um auf den jungen Kerl, der mich angeflirtet hatte zu zu gehen. Renée sollte sehen, wie egal er mir mittlerweile war. „Hey, Michi, wo gehst du hin?“ Ellie hielt mich an meinem Arm fest und ich schaute sie irritiert an. Es gab auch Nachteile, wenn man so eng befreundet war, wie Ellie und ich. Aber das war mir egal, ich würde Ellie trotzdem nie hergeben. Ich nickte zu dem jungen Kerl, der mich schon gespannt beobachtete. Ellie schaute kurz in seine Richtung und dann zu Renée und nickte. Genau aus diesem Grund würde ich sie nie hergeben, sie verstand es einfach. „Aber morgen wird gejoggt, egal, was du die Nacht über gemacht hast.“, sagte sie mir noch und gab mir noch einen Klaps auf den Hintern. Das hieß soviel, dass ich verschwinden sollte, um meinen Spass zu haben. Sie würde aber am nächsten Morgen bei mir auf der Matte stehen und schauen, ob alles mit mir stimmte. Das war etwas was Ellie in all den Jahren nicht aufgegeben hatte. Manchmal fühlte es sich so an, als würde sie mich nur kurz an diese Jungs ausleihen, um mich dann aber immer wieder zurück zu sich zuholen. Aber bei mir war es nicht anders, wenn sie mit einem Kerl verschwinden würde, würde ich sich am nächsten Morgen anrufen oder vorbei kommen, um mir den Typ genauer anzusehen. Ich blickte nochmal in die Richtung von Renée und bemerkte, dass er mich noch immer anstarrte. Als wäre ich ein Geist aus der Vergangenheit. Genau das war er nämlich für mich, er war gestorben und hier stand niemand mehr, der wichtig für mich war, nur noch ein Schatten davon. „Hey!“, die Stimme war dunkel und dicht an meinem Ohr. Ich grinste, wenigstens hatte ich für heute Nacht jemand mit dem ich mir die Zeit vertreiben konnte. Ich wandte mich zu dem Typ und war doch etwas überrascht, wie nah der junge Kerl mir doch war, positiv überrascht. Mein Grinsen wurde noch ein bisschen breiter. Ich streckte mich ausgiebig und schaute mich etwas verschlafen in meinem Zimmer um. Einrichtung war heil geblieben, nichts wurde gestohlen und Dave schlief noch halbnackt in meinem Bett. Also allem in allem eine erfolgreiche Nacht. Ich grinste, eine sehr erfolgreiche Nacht. Aber jetzt wollte ich unter die Dusche und danach meinen morgendlichen Tee trinken. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass Ellie in einer Stunde hier sein würde. Sie kam jeden Samstag um zehn bei mir vorbei, um mit mir zu joggen. Also hatte ich noch genügend Zeit alles zu erledigen. Als ich mich vom Bett erhob, regte sich Dave etwas und schaute mich verpennt an. Ich lächelte ihn an und strich ihm eine helle Strähne aus dem Gesicht. Ich stand auf blond. „Morgen, Mikey.“, nuschelte er und schloss dann wieder die Augen. Ha, er hatte sich sogar meinen Namen gemerkt, das war nicht immer so selbstverständlich. Und ich hatte mich, wie ich es Ellie angedroht hatte, ihm mit meinem neuen, schwulen Spitznamen vorgestellt. Ich musste sagen, dass ich den Spitznamen Mikey schrecklich fand und mich nie wieder so nennen werde. Aber für einen One-Night-Stand war das schon in Ordnung. „Ich geh duschen.“, erklärte ich noch kurz, um etwaige Verwirrungen zu vermeiden und verschwand dann nur in meinen Boxershorts bekleidet in meinem Badezimmer. Ich war niemand, der einen Nachtgefährten gleich nach den aufwachen wieder vor die Tür setzte. Zumindest frühstückte ich noch mit den meisten. So gehörte sich das auch, fand ich. Immerhin war man ja gut erzogen und man möchte auch mal am Tag sehen, was man die Nacht über gevögelt hatte. Mit Andy würde ich definitiv mehr als nur eine Nacht und Frühstück verbringen. Ich grinste. Ich würde Ellie ab jetzt sicher bedeutend öfter von ihrem Training abholen. Sie hatte ja selbst gesagt, solange niemand in ihrem Verein mit bekam, dass Ellie und ich keinen Sex miteinander haben, wäre alles in Ordnung. Das müsste sich eigentlich irgendwie einrichten lassen. Ich wusste nur noch nicht ganz, wie ich bei Andy vorgehen musste. Noch war da eine Freundin, egal ob Alibi oder nicht, und die winzig kleine Chance, dass er tatsächlich hetero war. Aber nichts, was ich nicht hinkriegen würde. Ich stieg aus der Dusche und trocknete mich kurz ab. Eigentlich war es nicht sinnvoll vor dem Joggen duschen zu gehen, aber wenn Ellie nachher vor mir stehen würde, wollte ich nicht so riechen, als hätte ich die ganze Nacht Sex gehabt. Auch wenn es der Fall gewesen war. Als ich mit der Morgentoilette fertig war, ging ich nackt in mein Schlafzimmer, um mir frische Klamotten zu suchen. Ich entschloss mich für ein T-Shirt und Boxershorts, die ich überzog. Dave lag immer noch in meinem Bett und es so aus, als würde er nicht all zu bald daraus verschwinden wollen. „Hey, Dave, soll ich dir auch einen Tee machen?“, fragte ich höflich, wie ich war. Wie gesagt, ein Frühstück konnte man bei mir noch gerne haben. Die Gestalt in meinem Bett rührte sich wieder etwas, anscheinend war er tatsächlich wieder weggedämmert „Hast du Kaffee?“, fragte er mit einer trocken, rauen Stimme und setzte sich dann aufrecht in mein Bett. Er verzog kurz sein Gesicht, als er saß. Hm, vielleicht hatte ich ihn etwas hart rangenommen. Aber mir war gestern nicht nach Schmuse-Sex gewesen. Und Dave hatte es offensichtlich gefallen. „Nur so ein Instant-Zeug, wenn das auch okay für dich ist, mach ich dir einen.“ Ich lächelte leicht. Dave war bei Tage betrachtet zum Glück auch noch richtig süß und was mir gestern wohl gar nicht so richtig aufgefallen war, er hatte ein beeindruckend strahlendes Lächeln, auch wenn es im Moment etwas müde wirkte. Und es war sicher auch nur Zufall, dass er mit den blonden, struppeligen Haaren irgendwie Ähnlichkeit mit Andy hatte... „Solange es Koffein hat, bin ich glücklich.“ Er rieb sich über die Augen und ich fragte mich kurz, wie alt er tatsächlich war. Gestern hatte ich ihn auf neunzehn geschätzt, aber er könnte auch jünger sein. Aber ich würde ihn bestimmt nicht fragen, am Ende würde ich nur erfahren, dass ich eine Straftat begangen hatte und wer wollte das schon wissen. „Soll ich ihn dir ans Bett bringen oder kommst du mit in die Küche, frühstücken?“ Ich konnte mir vorstellen, dass es angenehmer für ihn war, im Bett sitzen zu bleiben, wo es schön weich war. „Ich komm mit, denk ich... Ich muss nur meine Klamotten finden.“ Er schaute sich verpeilt im Zimmer um und schwang dann seine Beine aus dem Bett, um ganz aufzustehen. „Ich glaub, das Hemd war meines, oder?“ Er hielt ein hellblaues Hemd hoch und schaute es kritisch an, so als wäre er sich nicht sicher, was er gestern überhaupt getragen hatte. Ich konnte nicht anders, ich musste einfach lachen. Er sah einfach nur putzig aus, wie er so bedeppert da stand. „Ja, ich denke schon.“, meinte ich dann schließlich. Dave hatte einen leichten Rotschimmer auf der Nase, das schien ihm wohl alles etwas peinlich zu sein. „Du hast nicht oft One-Night-Stands, oder?“ „Es geht...“, nuschelte er und zog sich sein Hemd über. „Wo ist denn hier die Toilette?“, lenkte er von dem Thema ab. „Einfach die Tür gegenüber vom Schlafzimmer. Ich bin dann mal in der Küche, okay?“ Er nickte und tapste aus meinem Zimmer. Er erinnerte mich etwas an ein kleines Kätzchen, genauso tapsig. Doch, ich war sehr zufrieden mit mir. Ich mochte es, wenn sich One-Night-Stands nicht als totale Flops rausstellten. Ich schaute ihm noch kurz nach, ging dann aber selbst in die Küche und setzte heißes Wasser auf. Ich deckte meinen kleinen Tisch in der Küche für ein Frühstück. Es war wichtig, gerade morgens sich gut zu ernähren. Sonst war man den ganzen Tag irgendwie angedatscht. Ich schaute nochmal kurz auf meine Uhr und stellte fest, dass Ellie gleich reinschneien würde und deckte für sie auch noch mit auf. Eigentlich gingen wir immer erst joggen und aßen dann was, aber heute war es wohl andersrum geschickter. Dave linste in die Küche, anscheinend um sicher zu gehen, dass er den richtigen Raum erwischt hatte. „Komm, setz dich her. Der Kaffee ist auch bald fertig.“ Ich lächelte ihn freundlich zu und deutete dann auf den noch freien Stuhl. „Uhm... naja...“ Er schaute auf den Holzstuhl und ich bemerkte, dass er wieder rot im Gesicht war. „Hast du mir ein Kissen, für den Stuhl mein ich, also... weil... uhm...“ Dave verlor sich in Gestammel und schaute mich schließlich peinlich berührt an. Echt süß. „Achso klar, kein Ding. Sekunde.“ Ich ging in mein Wohnzimmer und holte ein Sofakissen, dass ich Dave dann auf den Stuhl legte. Vielleicht hätte er doch besser im Bett gefrühstückt. „Danke.“, er räusperte sich etwas. Es schien ihm wirklich unangenehm zu sein, dass er nach einem Kissen hatte fragen müssen. Ich stand immer noch vor ihm, vielleicht wollte er ein weicheres Kissen? Außerdem wollte ich ihn küssen, deswegen beugte ich mich zu ihm, nahm seinen angenehmen Geruch war und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. „Tut mir leid, dass ich so grob war.“, flüsterte ich ihm ins Ohr und stellte fest, dass es mich etwas anmachte, wie er mich jetzt so verträumt ansah. Aber Ellie müsste eigentlich jeden Moment auftauchen. Ich glaube nicht, dass sie das Bedürfnis hatte, mich inflagranti mit einem Typen zu erwischen. Deswegen setzte ich mich einfach wieder auf meinen Platz und grinste ihn an, so als wäre nichts. Dave schaute mich noch immer etwas verklärt an. Er war zwar nicht so sexy, wie Andy, aber er war eine tragbare Alternative. Ich nahm mir eine Scheibe Vollkornbrot, schmierte mir Halbfettmagarine darauf und streute etwas Salz darauf. Und ja, ich mochte Brot so dürftig belegt. Dave beobachte mich dabei immer noch mit diesen abwesenden Blick. Oh Gott, ich hoffte, er hatte jetzt nicht irgendwelche falschen Vorstellungen über uns gewonnen. Ich war zu jedem so nett und das er wirklich süß war, änderte nichts daran, dass er nur ein One-Night-Stand bleiben würde. Für Beziehungen mochte ich die süßen Bürschchen nicht, da wollte ich richtige Kerle, wie Andy. Ich hörte, wie sich der Schlüssel in der Wohnungstüre drehte und bemerkte, wie Dave erschrocken zur Türe starrte und dann an sich runter. Er hatte wohl nicht erwartet, dass er hier in meiner Wohnung jemand über den Weg laufen würde. „Moin, moin!“ Ellie strahlte uns erholt und frisch von der Türe aus zu, kam dann auf mich zu gestürmt und gab mir einen Kuss auf den Mund. „Na, hast du gut geschlafen?“ Sie ignorierte es einfach, dass ein halbnackter Kerl am Frühstückstisch saß und hatte mich begrüßt wie immer. Wie gesagt, wir hatten eine körperbetonte Freundschaft. „Das Frühstück wird vorgezogen?“, fragte sie dann überrascht und setzte sich an den dritten Platz, den ich für sie gedeckt hatte. „Ja, ist etwas spät geworden.“ Ich grinste dabei etwas dreckig und Ellie schaute Dave nun doch an, mit einem musterenden Ellie-Blick. „Übrigens, das ist Dave. Dave, das ist Ellie.“, stellte ich die beiden aneinander vor. „Morgen.“, nuschelte er nervös. Dave wusste wohl nicht, was er von dieser Situation halten sollte. Armes Kerlchen. „Freut mich.“ Ellie lächelte ihn kurz an und wandte sich dann mir wieder zu. Sie schien Neuigkeiten zu haben, dass konnte ich ihr ansehen. „Renée ist gestern noch zu mir hergekommen, als ihr verschwunden seid.“ Mit der Tür ins Haus zu fallen war noch freundlich ausgedrückt. Ellie kam immer schnell zum Thema. Aber ich war etwas überrascht, Renée hatte mit Ellie geredet? Laut ihm, war sie doch daran Schuld, dass unsere Beziehung nicht funktionieret hatte. „Ja? Was wollte er denn?“ Ich war wirklich neugierig, was er von ihr gewollt hatte. Ich hoffte nur, er kam jetzt nicht nach den zwei Jahren mit Vorwürfen an. „Er wollte wissen, wie es uns so geht und hat ein bisschen so erzählt, was bei ihm so los ist.“, fasste sie das Gespräch uninteressant zusammen. „Und? Was hast du gesagt? Und was macht er so?“ Ich wollte nichts mehr von Renée, aber es war doch immer spannend, wenn man etwas über einen Ex-Lover erfahren konnte. Außerdem wollte ich wissen, ob er ihr komisches Zeug erzählt hatte. Ich hatte Ellie damals nämlich nicht genau erklärt, warum er sich von mir getrennt hatte. Ich fand, es hatte nicht mit ihr zu tun gehabt. „Hey, ruhig, Brauner!“ Ellie lachte. „Übrigens sagt der Wasserkocher, dass er jetzt heiß ist.“ Ich schaute zu meinem Wasserkocher und wieder zurück zu Ellie, sie grinste. Au mann. Ich stand auf, goß Dave seinen Instant-Kaffee ein und das restliche heiße Wasser in eine Teekanne mit Ingwertee. Ich stellte den Kaffee vor Dave hin und setzte mich wieder an meinen Platz. Jetzt musste sie weiter erzählen. Ich hasste es, wenn Ellie mich so auf die Folter spannte. „Ich hab gesagt, dass es uns gut geht und er wollte dann wissen, ob es denn schon einen Termin für unsere Hochzeit gibt.“ Sie schüttelte lachend den Kopf. „Er hat mich in dem Moment an meine Mama erinnert.“ Ich grinste etwas verunglückt. Ellie dachte wohl, er hatte es als schlechten Scherz gemeint. Aber ich war mir sicher, dass Renée das ernst gemeint hatte. Er hatte mir gesagt, dass Elenora die einzige war, die ich jemals lieben könnte und manchmal hatte ich Angst davor, dass er damit recht haben könnte. Aber Ellie war eine Frau, ich konnte mir keinen Sex mit einer Frau vorstellen, außer vielleicht mit... Nein, egal, nicht so wichtig. „Hey, einmal hätte uns deine Mutter sogar schon mal fast so weit gebracht.“, warf ich ein. Als wir sechszehn waren, mein erster Freund mich hat fallen gelassen und sie bei ihrer „großen Liebe“ abgeblitzt war, hatten wir uns überlegt, ob wir nicht einfach heiraten sollten, wenn wir alt genug waren. Wir hatten das sogar alles schön geplant. Ich hätte einen sexy Haushaltsgehilfen bekommen und sie hätte eine Affäre mit ihrem reichen, unverheirateten und gutaussehenden Boss gehabt und alle wären wir glücklich gewesen. Ich lachte und schüttelte den Kopf auf Grund dieser Erinnerung. Das Thema Hochzeit hatte sich nur verlaufen, als Ellie für ein halbes Jahr in Frankreich gewesen war und sich einiges bei uns geändert hatte... „Ja, wir hatten schon sehr große Pläne.“ Sie lachte auch und nickte. „Renée hat jetzt übrigens eine Festanstellung in einer großen Firma. Anscheinend verdient er ganz ordentlich. Wer hätte gedacht, dass aus ihm mal sowas solides wird.“ „Hey, bei mir hat es doch auch geklappt!“ Immerhin hatte ich es mittlerweile geschafft, eine Ausbildung zu kriegen. Als ich noch mit Renée zusammen war, bin ich mit kleinen Nebenjobs rumgedümpelt und hatte so überhaupt keine Linie in meinem Leben. Furchtbare Zeit. „Ähm, ich möchte euch nicht stören... aber ich würde jetzt gehen, denk ich.“, meldete sich Dave plötzlich zu Wort. Ihn hatte ich irgendwie... vergessen? Falsches Wort, ich hatte ihn einfach nicht mehr registiriert. Er hatte sich ja auch nicht am Gespräch beteiligt. „Jetzt schon?“, fragte ich etwas überrascht. Es war erst viertel nach Zehn. Eigentlich hatte ich das Frühstück bis mindestens elf geplant. Also nicht, dass wir das nicht alles spontan noch umwerfen konnten, aber so früh gingen eigentlich die wenigstens Kerle. „Ich... uhm... muss noch meine Katze füttern, denk ich.“ Dave runzelte die Stirn. Er schien zu überlegen, ob diese Ausrede auch nur ansatzweise plausibel klang. Tat sie nicht, aber er stand trotzdem auf und ging dann richtig Schlafzimmer. Stimmt ja, er war immer noch nicht ganz angezogen. „Hab ich ihn verschreckt?“, fragte Ellie überrascht. Ich schüttelte nur den Kopf. Dave war ein One-Night-Stand gewesen und die sollten am nächsten Morgen einfach gehen. „Er ist aber süß, er erinnert mich...“ Ellie legte den Kopf schief und starrte Richtung Schlafzimmer, auch wenn sie ihn nicht sehen konnte, schien sie sich ihn so besser vorstellen zu können. „An ein kleines Kätzchen?“, beendete ich ihren Satz. Immerhin hatte ich vorhin schon das Gleiche gedacht. „Ja, genau!“ Sie lachte. Wenigstens bei ihm war unsere Definition von niedlich gleich. „Triffst du ihn wieder?“ „Hm? Uhm... ich denke nicht, obwohl, ich könnte ihm mal meine Nummer geben.“ Dann konnte er sich melden, wenn er wollte. Ich hatte sicher nichts dagegen, solange er nicht mehr als Sex erwartete. „Das solltest du machen, bevor er sich aus der Wohnung geschlichen hat.“ Erst jetzt bemerkte ich, dass er sich schon seine Schuhe anzog und im Begriff war, ganz aus der Wohnung zu verschwinden. Ich stand hastig auf und ging zu ihm. „Also, falls du willst, kannst du dich gerne mal wieder bei mir melden. Warte, ich schreib dir schnell meine Nummer auf.“ Ich nahm von meinem Telefontischchen, dass im Gang stand einen Notizzettel und notierte meine Nummer. Dave beobachtete mich dabei mit einem irriteren Blick. „Denkst du nicht, dass deine Freundin ein Problem damit hat?“, fragte er dann. „Ellie? Warum sollte sie?“ Das überraschte mich. Ellie hatte nichts dagegen, wenn ich Sex hatte, wäre ja auch absurd. Wie kam Dave überhaupt auf die Idee? „Naja, weil es deine Freundin ist?!“ Er betonte Freundin noch mal extra und erst jetzt verstand ich, was er meinte. Junge, Junge, was hatten die eigentlich immer alle mit meiner Freundschaft zu Ellie? Warum mussten da alle etwas sehen, was es nicht gab. „Sie ist nicht meine Freundin. Wir sind nur befreundet.“, klärte ich ihm auf. Auch wenn der Satz irgendwie falsch klang. Wir waren nicht „nur“ befreundet, wir waren beste Freunde fürs Leben. Aber Freunde, keine Liebespaar. Diesen Schritt würde ich mit Ellie nie gehen. „Ihr seid mir zu krass.“ Er schüttelte dann den Kopf und schaute an mir vorbei auf Ellie, die immer noch am Küchentisch saß. Dann wandte er sich ab und verließ meine Wohnung, ohne meine Nummer und ohne noch etwas zu sagen. Tz, selber Schuld. -------- Mein angezapftes Internet hat irgend eine Macke und es kann sein, dass es demnächst ganz weg ist und da ich keine Kohle hab, mir eigenes Internet anzuschaffen, kann ich nicht sagen, wann ein neues Kapitel kommt. O___o" Ich werde natürlich auch offline an TAG schreiben, aber Hochladen geht ja ohne Internet nicht. Ihr wisst schon. Ansonsten freu ich mich, dass ihr Ellie so gerne habt und das sich auch welche mit Michi anfreunden könnt. XD Und öh... ich hoffe, ihr habt für die kommende Kapitel n gutes Namengedächtnis. Ihr werdet nämlich mit unwichtigen Namen überschwemmt. O_o Übrigens ist Dave von hier: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/24625/144356/571923/html/ Nur so nebenbei. So. Wünscht mir Glück, dass mein Internet die Krankheit überwindet ohne zu sterben. ;_; Kapitel 4: Überschlagender Reim ------------------------------- Ich hatte ein grünes T-Shirt in der linken und ein weißes Hemd in der rechten Hand. Abwechselnd hielt ich sie vor mich hin und schaute dann abwartend zu Ellie, die mich genau musterte. „Ich will dir ja nicht zu nahe treten... Aber ich würde dir für heute Abend schwarz empfehlen und ich meine damit nicht dein schickes, schwarzes Armani-Hemd, sondern diese schwarze, ausgewaschene T-Shirt, dass du zum Schlafen anziehst.“, erklärte sie mir schließlich. „Niemals!“ Das... das... ging nicht. Ich... die... Ich war normal nicht eitel, aber es gab Dinge, die gingen einfach nicht und mit einem gammeligen T-Shirt in einen Club gehen gehörte dazu. „Aber da laufen alle so rum und du willst doch nicht aus dem Rahmen fallen, oder?“ „Ich denke, damit könnte ich ausnahmsweise mal leben.“, gab ich trocken zurück. Allein die Vorstellung, ich bekam eine Gänsehaut. Ellie seufzte und ging dann einfach zu meinem Kleiderschrank. In Bunt würde sie mich nicht mitnehmen, in Gammelig würde ich nicht gehen. Also mussten wir einen Mittelweg finden. Ellie selbst trug auch nur eine Jeans und ein schwarzes Tanktop. Überraschend unsexy, aber so ging sie auch immer auf ihre Konzerte. Ich fragte mich, warum sie gerade dort die meisten Typen kennen lernte. Hm... ich verstand den Zusammenhang nicht. Ich verstand Hetero-Männer nicht. „Da! Das ziehst du an, das ist super!“ Sie hielt mir ein schwarzes T-Shirt vor die Nase, das ich nicht kannte. Es war wirklich einfach nur schwarz und ich war mir sicher, dass ich mir sowas niemals kaufen würde. Eventuell war es einer der Kleidungsstücke, die einer meiner Affären hier mal vergessen hatte, kam öfter mal vor. Ich zog mir das hingehaltene Kleidungsstück über und betrachtete mich im Spiegel, der in meinem Schrank hing. Das T-Shirt passte, in der Jeans sah ich sowieso gut aus, aber irgendwie fehlte etwas. Das, was dem Outfit den gewissen Pep gab. So sah ich nämlich einfach aus wie ein Typ, der das nächst beste angezogen hatte, was ihm vor die Nase gekommen ist. Dafür wollte ich nicht zwei Stunden verplempert haben! „Das passt super!“, stellte Ellie begeistert fest. Sie schien wirklich zufrieden mit sich zu sein. Immerhin gingen wir im Partnerlook, naja, fast, sie hatte noch eine Kette um. Allerdings, wenn sie eine Kette tragen konnte, würde ich das sicher auch tun können. Ich zog eine Schublade meines Schranks auf und kramte etwas darin rum. Ich trug normalerweise nicht wirklich Schmuck, aber ich war mir sicher, dass ich irgendwo noch eine Lederband mit so einem komischen, silbernen Anhänger hatte. Ich war mir auch sicher, schon Metaler so rumlaufen gesehen zu haben. Ich hing mir die Kette um und schaute wieder kritisch in den Spiegel. Jetzt sah ich ganz passabel aus. Zum Glück hatte ich nicht vor, heute jemand abzuschleppen, weil so würde ich sicher niemand kriegen. Ellie stand hinter mir und ich konnte ihren kritischen Blick im Spiegel sehen. „Hm, ich weiß nicht...“, meinte sie schließlich. „So, oder gar nicht.“ Ich hatte viel Geduld was die Klamottenwahl betraf, aber ich war mittlerweile wirklich an meinem Limit. Außerdem fand ich, dass es gar nicht so schlecht aus. „Na gut, wird schon gehen...“ Der Typ, den ich da heute vorgestellt bekam, musste Ellie wohl wirklich wichtig sein. Sonst machte sie nämlich nicht so ein Drama um meine Klamotten. Ich musterte mich nochmal kritisch im Spiegel und seufzte dann. Ich musste Ellie wirklich gerne haben, wenn ich so unter Leute ging. „Kommen Jörg und Nils eigentlich heute mit?“, fragte Ellie etwas hibbelig. Sie war wirklich etwas nervös und es war komisch, sie irgendwie verliebt zu erleben. Normalerweise war ich derjenige, der irgendwelchen Typen nachflatterte. So fühlte sich also Ellie, wenn ich ihr meinen neuen Kerl vorstellen wollte? Ich sah ihr glückliches Gesicht und hoffte, dass es auch zum Teil mir galt. „Nee, die finden das ´Benzol´ etwas komisch. Anika und Sissi haben auch abgesagt.“, erklärte ich. „Oh.“ Ellie wirkte wirklich überrascht, dass unsere Partyleute keine Lust hatten auf eine schmuddelige Metalbar. Ich wuschelte ihr durch die Haare und lächelte sie an. Wenn sie wollte, dass ich mitkam, würde ich ihr auch an die Antarktis folgen oder in einen Hundezwinger, was was heißen sollte. Ich konnte Hunde nämlich kein Stück ausstehen. „Naja, wenigstens du kommst mit. Ich muss doch wissen, was du von Zebi hälst.“ Sie lächelte mich an und ich fühlte mich etwas glücklicher. Wenn ich den Typ Scheiße finden würde, würde Ellie Abstand zu ihm nehmen, das beruhigte mich. „Dann mal los, oder?“ Ich steckte mir noch meinen Geldbeutel, Handy und Wohnungschlüssel in die Hosentasche und beobachtete, wie Ellie ihre Stahlkappenstiefel schnürte. Ich fand ja, dass so Stiefel viel zu klopig für sie waren, aber sie mocht die Teile aus meinen mir unerfindlichen Grund. Wie waren beste Freunde, es gab aber wohl immer Dinge, die wir von einander nie verstehen werden. Ich war überrascht, dass keine Musik lief, als wir die Bar betraten. Ich hatte mich ja schon auf das schlimmste gefasst gemacht, Deathmetal. Aber nichts, die etwas düster wirkende Bar war einfach nur gefüllt mit Stimmengewirr, das von düster wirkenden Personen stammte. Die meisten Kerle hier waren mein persönlicher Alptraum. Langhaarig, bärtig und untrainiert. Und irgendwie sahen alle gleich aus. Ich war aber ganz froh, dass Ellie mich zu diesem schwarzen T-Shirt überredet hatte, ich wäre hier wirklich aufgefallen wie ein bunter Hund, bunter, schwuler Hund. Wie auch immer. Mir sah man in der Regel nicht an, dass ich schwul war. Ich legte es auch nicht darauf an, für schwul gehalten zu werden. Aber ich kam mir hier mit meiner modischen Frisur und den gepfegten Fingernägeln irgendwie unmännlich vor unter den Typen hier. „Zebi und seine Kumpels sind an der Bar.“, meinte Ellie dann und schob mich einfach durch die Menschenmenge an den Tresen. Dahinter standen drei Typen, die ich auf den ersten Blick nur an der Größe hätte auseinander halten können und einer von ihnen trug eine Brille. „Zebi!“, Ellie winkte aufgeregt und der größte der Drei schaute auf. Er strahlte über das ganze Gesicht und ich war überrascht, dass er irgendwie gepflegt wirkte, also er hatte keinen Bart und die Haare hatten ein gesunden Glanz. Sonst wusste ich noch nicht viel zu ihm sagen, aber er schien okay zu sein. „Hey, Ellie! Cool, dass du wirklich gekommen bist!“ Zebi wischte seine Hände an der Schürze ab und beugte sich über den Tresen, um Ellie kurz zu drücken. Als er sie los ließ, fiel sein Blick auf mich. Wir musterten uns abschätzend und ich hatte kurz das Gefühl, als würde er in mir einen möglichen Rivalen sehen. Wenn wir wirklich Rivalen gewesen wären, hätte er keine Chance gehabt, aber so. Ich lächelte leicht. „Hey, ich bin Mike. Ein Freund von Ellie.“, stellte ich mich vor. „Ah, du bist Mike! Ellie hat schon von dir erzählt.“ Sofort hellte sich sein Gesicht auf und ich wusste, dass sie ihm erzählt hatte, dass ich schwul war. Das machte es in der Regel einfacher, mich vorzustellen. Da von einem schwulen Typ nie die Gefahr ausging, dass er einem die Freundin ausspannte. Ich bemerkte, wie wir von den zwei anderen Typen an der Bar beobachteten wurden. „Das sind übrigens Birdo und Steve, gute Freunde von mir.“, erklärte Zebi kurz, zeigte auf die betreffende Person und ich musterte die beiden, die uns nur kurz zu nickten. Ich war irritiert, mein Gaydar piepste. Mein Blick glitt über Steve. Er hatte eine ähnliche Frisur wie ich und war im Gegensatz zu den meisten hier sogar geschmackvoll gekleidet. Dann schaute ich auf Birdo, er hatte einen leichten Bauchansatz, eine Brille, halblange Haare und war schlecht rasiert. Ich schüttelte leicht den Kopf. Okay, das war wirklich... eigenwillig. Aber irgendwie lustig. Ich stieß Ellie an, die schon in ein Gespräch mit Zebi vertieft war. „Einer von denen ist schwul, rate mal wer.“, flüsterte ich ihr zu. Es war ein kleines Spiel zwischen uns und normalerweise war Ellie wirklich gut darin. Aber im Moment wirkte sie eher überrascht. Sie schaute zu den drei Jungs, die gerade wieder dabei waren, Gäste zu bedienen. „Steve?“, fragte sie vorsichtig und ich musste lachten. Es war so klar gewesen, dass sie auf ihn tippte. Er sah verflucht metro aus. „Um was geht es denn?“, fragte Zebi interessiert, ich winkte aber nur ab. „Nicht so wichtig. Ich hab gehört, ihr habt heute einen Auftritt.“, lenkte ich ganz von unserem Thema ab. Ich konnte mir vorstellen, dass Zebi sich nicht gerne darüber unterhalten wollte, dass ich einer seiner Kumpels für schwul hielt. „Jub, Sam, Birdo und ich. Gleich spielen noch `Death Worms´, dann sind wir dran. Bis dahin machen wir aber noch den Ausschank.“, erklärte Zebi und ich konnte aus dem Augenwinkel sehen, wie Ellie ihn begeistert anstrahlte. Sie stand auf Musiker. „Sam?“, fragte ich. „Sam is noch ein guter Kumpel von mir. Er steht dahinten bei dem Mädel mit den blauen Haaren. Er organisiert das mit dem Equipment.“ Zebi zeigt irgendwo in die Menge. Ich versuchte jemand aus der Masse ausmachen zu können, aber es sahen immer noch alle gleich aus für mich. Die Mädchen stachen hier irgendwie auch nicht raus, alle lange, schwarze Haare und schwarze Klamotten. „Ich freu mich schon voll auf euren Auftritt!“ Und das konnte man Ellie auch ansehen. Ich legte meinen Arm um ihre Schultern und zog sie etwas näher an mich ran. Sie schaute verwundert zu mir auf und ich lächelte sie nur an. Immerhin war sie mit mir hier, sie sollte mich nicht ganz vergessen. Ich bemerkte den völlig irritierten Blick von Zebi und grinste ihn breit an, vielleicht auch etwas provozierend. Ich war schwul. Ich würde niemals mit Ellie schlafen. Das änderte aber nichts daran, dass es meine Ellie war und ich musste mir wirklich noch überlegen, ob ich fand, dass er zu ihr passte. Und wenn er nicht damit umgehen konnte, dass Ellie und ich uns so nahe waren, konnte er es gleich vergessen. „Ach, Michi...“ Sie verstand schon auf was ich abzielte, aber sie schob mich etwas von sich. Okay, sie wollte definitiv nicht, dass ich Zebi irgendwie vergraulte. Aber ein Blick in sein Gesicht machte klar, dass sie sich da gar keine Sorgen machen müsste. Er war hin und weg von ihr. Ich dachte bloß, die kannten sich erst seit zwei, drei Wochen. So oft konnten die sich noch gar nicht gesehen haben, dass sie so nahe wirkten. „Zebi, was machst du eigentlich so?“, fragte ich schließlich. Mir war durch aus klar, dass ich klang, wie eine überfürsorgliche Mutter. Aber ich war einfach etwas eigen, wenn es um Ellie ging. Er schaute überrascht in meine Richtung, nahm aber noch eine Bestellung entgegen, bevor er mir antwortete. „Ich studiere Biochemie, bin jetzt viertes Semester.“ Biochemie? Wie langweilig... Aber es passte in Ellies Beuteschema. Und irgendwie sah er auch aus wie ein Biochemiker. „Ah, interessant und sonst so?“, bohrte ich weiter. „Uhm... Sekunde.“ Er wandte sich wieder einen seiner Gäste zu und schob ein Bier über den Tresen, dann stand er wieder bei uns. Ich bemerkte, wie Ellie uns aufmerksam beobachtet. Ob Zebi klar war, dass seine Reaktion auf mich ganz entscheidend für sein Zukunft mit Ellie war? In jedem Fall blieb er cool. Ich wusste nicht, ob mich das ein bisschen ärgerte. „Sonst so? Naja, ich hab die Band, arbeite in der Bar... Ja, ansonsten häng ich halt mit meinen Kumpels rum, kennst du sicher.“ Warum überraschte mich die Antwort nicht? War er wirklich so unspannend, wie erwartet? Er sollte doch irgendwie noch ein absurdes Hobby haben, oder... zumindest Ellie irgendwas bieten können. „Wie siehts mit Sport aus?“ Bis jetzt hatte noch keiner von Ellies Freunden groß etwas für Sport übrig gehabt. Was ich eigentlich immer komisch fand, bei jemand der Bewegung soviel liebte wie Ellie. „Hey, ich stör nur ungern, aber ihr müsst euch mal fertig machen.“ Steve nickte zur Bühne, wo ein Typ davor stand der aufgeregt zu uns rüber winkte. Ich tippte auf Sam. „Wir können ja nachher weiter reden.“, schlug Zebi vor und lächelte entschuldigend, um dann mit Birdo einfach zu verschwinden. Was mich etwas überraschte war Steve, der sich gerade mit zwei neu ankommenden Kollegen unterhielt und dann hinter der Bar vor kam. „Ich kann euch nachher Backstage mitnehmen.“ Er grinste dabei und man merkte, dass er das Backstage nicht allzu ernst nahm. Irgendwie war er mir sympathisch, auf eine nicht sexuelle Art und Weise. „Wir würden uns geehrt fühlen.“, gab ich zurück und sein Grinsen war noch etwas breiter. Doch, irgendwie war er cool. Auf jeden Fall cooler als Zebi... „Bist du auch schon fertig mit deiner Schicht?“, fragte Ellie verwundert, da Steve keine Anstalten mehr machte, hinter die Bar zu gehen. Ich hatte mich auch schon gewundert. „Ah, mehr oder minder, die können das auch zu zweit machen, wenn ein Konzert ist.“ „Woah, bei mir hätte das total den Terror gegeben. Bei uns hat es immer Drama um die Schichten gegeben.“ Ich hatte früher auch schon als Barkeeper gejobbt und da gab es oft Probleme mit Schichtwechsel, weil die Ablösen oft nicht rechtzeitig kamen oder total besoffen waren. Da war auch einer der Punkte, als ich beschlossen hatte, dem Alkohol abzuschwören. Wenn man davon absah, dass er echt Gift für den Körper war. „Hier sind eigentlich alle ganz cool drauf, da geht das schon. Aber ich würde sagen, wir sichern uns mal einen guten Platz vorne, wir wollen doch unsere Helden nicht verpassen.“ Damit drängelte sich Steve einfach dreist durch die Menge, wir folgten ihm. Ich wusste zwar nicht, ob ich einen guten Platz haben wollte, aber ich wollte hier definitiv nicht alleine rumstehen. Nicht das ich Angst vor den Leuten hier hatte, das waren sicher alles sehr nette, harmlose Menschen, aber ich bevorzugte es wenig Kontakt mit ihnen zu haben. Steve blieb etwas seitlich vorne stehen und winkte uns zu. Ich war eigentlich überrascht, dass wir so schnell und einfach bei den Freunden von Zebi aufgenommen wurden. Das hatte ich bis jetzt bei noch keinem von Ellies Freunden erlebt. Die meisten ihrer Kerle hatten mich immer etwas komisch beäugt, wobei ich nie sagen konnte, ob es daran lag, dass ich schwul war oder das sie einfach mit meiner ganzen Art nicht klar kamen. Ich fand es aber gut, dass es hier mal eine Ausnahme gab. Wir stellten uns neben Steve, der uns immer noch angrinste. Die Band hatte noch nicht angefangen, irgendwelche Typen waren noch dabei an ihren Instrumenten und dem Mikrofon rumzufrimmeln. Und es würden ja sowieso erst noch die ´Death Worms´ kommen. Was für ein albernere Bandname. „Wie heißt die Band von Zebi eigentlich?“, fragte ich, als mir auffiel, dass ich das gar nicht wusste. Steve lachte auf Grund meiner Frage, anwortete dann aber: „´Cutting Edge´. Und keine Sorge sie klingen nicht so emo, wie der Bandname. Der ist halt noch n Reliquit aus alten Zeiten.“ Ich lachte, ´Cutting Edge` für eine Metalband klang wirklich nicht sehr überzeugend. Obwohl es für mich recht egal war, ob sie jetzt Metal oder Emocore spielen würde. War beides nicht so mein Fall. „Was spielt Birdo und Sam denn?“, fragte Ellie interessiert. Musiker und ihr kleines Ellie-Herz ging auf. Ich lächelte, das war so typisch sie. „Birdo ist ein begnadeter Gitarrist und Sam spielt... naja, mittelmäßig Schlagzeug.“ Ich mochte Steves erfrischend ehrliche Art. Ellie schien es ähnlich zu gehen. Ich war wirklich froh, dass wir uns mit Steve verstanden. Es war kompliziert, wenn man mit guten Freunden des Partners nicht klar kam. Eigentlich hatte es sonst keine gesunde Basis. „Sind drei Leute nicht n bisschen wenig für ne Band?“ Ich kannte mich mit Musik und Bands nicht so aus, aber bei der klassischen Besetzung Sänger, Gitarrist, Bassist und Schlagzeuger fehlte definitiv noch wer. „Drei? Ach so, nee, die sind vier. Max ist der Sänger. Aber Zebi und Max...“ Steve verdrehte die Augen und es war ein unausgesprochenes „Frag besser nicht.“ Naja, Bandzankereien gab es ja schon so lange, wie es Bands gab. Erklärte aber, warum Zebi den Sänger nicht erwähnt hatte. „Und warum spielst du nicht in der Band?“, fragte ich, unwissend wie ich war und ich wurde prompt ausgelacht. „Hey, es gibt Leute, die sollten keine Instrumente anfassen und meine Stimme ist jetzt auch nicht so der Burner.“ Hm, man war wohl nicht automatisch musikalisch, bloß weil man mit einer Menge an Musikern rumhing. Hätte ich mir auch denken können. „Und was macht ihr so? Zebi hat sich ja bis jetzt noch sehr bedeckt gehalten, was euch anging.“ Dann war Zebi wie Ellie, ich hatte auch nur das Nötigste über ihn erfahren. „Ich studier Deutsch und Sport auf Lehramt und naja, sonst... was mach ich sonst so, Michi?“ Ellie guckte mich verpeilt an und ich hatte das Gefühl, als wäre sie geistig nicht ganz da. Ich wuschelte ihr durch die langen Haare. „Sonst hängt die Ellie mit mir rum oder ärgert sich über die Mädels in ihrem Fußballverein.“ Gut, dass wenigstens ich wusste, wie sie ihre Zeit verbrachte. „Äh ja... genau.“ Sie blinzelte etwas und starrte auf die Türe, aus denen eigentlich die Bandleute kommen müssten. „Also bist du sehr sportlich unterwegs? Find ich ja klasse. Ich kann mich gerade mal zum Joggen aufraffen.“ Steve seufzte und plötzlich war er mir noch eine ganze Ecke sympathischer. „Hey, das geht mir auch so. Für alle anderen Sportarten bin ich glaub ich einfach zu ungeeignet.“ Geteiltes Leid war halbes Leid? Steve schaute mich überrascht an. „Du joggst auch? Wo gehst du immer hin?“ Seine Stimme klang aufgeregt, so als freute er sich endlich auch mal einen anderen Jogger zu trefen. Weil es ja so wenige von uns gab... „Westpark, liegt gleich in der Nähe von meiner Wohnung.“ „Das ist nicht dein Ernst! Ich wohn da auch in der Gegend.“ Und man konnte uns ansehen, wie wir beide überlegten, ob wir uns schon mal beim Joggen begegnet waren. Aber mir wäre jemand wie Steve sicher aufgefallen, oder? „Jungs, ich hol mir vor dem Auftritt noch was zu trinken. Soll ich euch was mitbringen?“, mischte sich Ellie kurz ein, die unübersehbar nervös wirkte. Ich schüttelte den Kopf und auch Steve hatte keinen Bedarf daran. Wir schauten ihr noch nach, wie sie wegging. „Ich bin da immer morgens vorm Arbeiten unterwegs.“, griff ich wieder das Thema auf. „Oh okay, ich jogg meistens nachmittags.“ Das erklärte, warum wir uns noch nie begegnet waren. Ich war aber wirklich irgendwie überrascht. Von dem heutigen Abend hatte ich gröhlende Metaler und schlechte Musik erwartet und stattdessen musste ich feststellen, dass Ellies neuer Kerl okay war und ich einen Kumpel von ihm sympathisch fand. Wie die anderen so waren, konnte ich noch nicht sagen, immerhin hatte ich mit denen noch kein Wort gewechselt. „Aber vielleicht kann ich mich ja mal dazu aufraffen auch vor dem Arbeiten zu joggen. Is ja eigentlich gesünder.“, redete Steve weiter. Ich lachte, es war eine Art Einladung, oder? „Also falls du Bock hast, können wir auf jeden Fall mal zusammen joggen. Ellie und ich gehen ja immer samstag vormittag zusammen.“, bot ich an. Alleine joggen war eigentlich okay, aber man pusht sich mehr, wenn man zu zweit ist. „Hängt sie dich nicht total ab, so als Sportstudentin?“,fragte er neugierig. „Meine Kondition ist ziemlich gut!“ Man durfte doch mal ein bisschen angeben. Ich war wirklich stolz darauf, dass ich mittlerweile mit Ellie mithalten konnte. Als Kinder war sie immer schneller gewesen als ich und hatte mich deswegen oft ausgelacht. Vielleicht hatte ich deswegen mit dem Joggen angefangen. Auf kurzen Strecken war sie mir immer noch bei Weitem überlegen, aber wenn wir durch den Park joggten, hatte sie in etwa das gleiche Tempo wie ich. „Ich hoff, ich krieg keine Komplexe, wenn ich mit euch unterwegs bin.“ Wir lachten beide. Aber ich fand es eigentlich ganz cool, dass er tatsächlich mitkommen würde. Als Ellie zurück kam, bemerkte ich, wie sie uns genau in Augenschein nahm. Ich wusste, was ihr Blick bedeutete, aber sie verstand die Situation falsch. Das müsste ich ihr wohl noch erklären. Sie stellte sich dicht an mich und beugte sich zu mir. „Du schleppst ihn nicht ab.“, flüsterte sie in mein Ohr, so dass ich es kaum verstand. Ich schaute sie mit einem Lächeln an, so als hätte sie was unglaublich liebes in mein Ohr gehaucht. Steve musste nicht wissen, um was es ging. „Er steht nicht auf Kerle.“, flüsterte ich zurück und kam ihr dann ein Bussi auf ihre Wange. Sie schaute erschrocken in mein Gesicht und dann zu Steve, wieder zu mir. Ich konnte nicht anders, als einfach nur zu lachen. Steve beobachtete uns etwas irritiert. Es war etwas unhöflich in Gegenwart von anderen zu flüstern, aber Ellie war es wohl wichtig im richtigen Moment noch ihren Standpunkt fest zu machen. Kein Sex mit den Freunden von Zebi, verstanden. „Aber Birdo, glaub ich. Und keine Sorge, der interessiert mich kein Stück.“, setzte ich noch leise hinzu und sie schüttelte nur den Kopf. Sie dachte genau das Gleiche wie ich, eigentlich konnte es nicht sein, dass jemand wie Birdo schwul war. Aber der erste Eindruck konnte täuschen. Kapitel 5: Binnenreim --------------------- Das Konzert war nicht mein Fall, was nicht nur an der Musik lag, sondern eher an dem Moshpit, in den wir immer wieder geschubst wurden, dem ´Circle of Death´ bei dem ich von einem Schuh getroffen wurde und der `Wall of Death´, der ich zum Glück knapp entkommen konnte. Ich fühlte mich richtig durch die Mangel genommen, als sich die Menge um uns herum langsam auflöste und sich wieder im Club verstreute. Ich hätte nicht erwartet, dass Konzerte so rau sein konnten und ich verstand auch endlich, warum Ellie auf ihre Stahlkappenstiefel bestand. Ihre Füssen ging es sicher besser, als meinen. Ich würde morgen überall blaue Flecken haben. Und von der Musik selbst hatte ich eigentlich nicht viel mitbekommen. Eigentlich war alles nur in wilden Chaos untergegangen, sobald die ´Death Worms´ die Bühne gestürmt hatten und es ging solange bis die letzte Band – ich hatten ihren Namen nicht mal mitbekommen – die Bühne wieder verlassen hatten. Aber ich musste sagen, so ein kleines bisschen war es auch lustig gewesen. Man konnte nicht jeden Tag einfach Leute durch die Gegend schubsen, ohne das sich niemand daran störte. Das würde ich allerdings bestimmt nicht offen zugeben. Nicht das jemand auf falsche Ideen kam. Steve hielt sich an meiner Schulter fest und schien gerade zu atmen kommen zu wollen. Ich war wohl eine gute Stütze. Ich lachte ihn an und wischte mir eine Strähne aus dem Gesicht. „Haben wir nicht eine Backstage-Einladung? Ich glaub, Ellie hier läuft uns bald Amok.“ Sie hatte sich immer wieder umgeschaut, um zu sehen, ob Zebi schon wieder unter den Leuten war. Hatte aber anscheinend nichts entdecken können. Ihre Ungeduld war irgendwie süß, auch wenn ich merkte, dass mir etwas unwohl dabei. Bedeutet das alles, das ich Ellie bald teilen müsste? Das war mir schon immer so schwer gefallen, war ihr aber nie anders gegangen. Aber in unserer Freundschaft war wenig Platz für andere Leute. Steve nickte als Antwort und schien auch amüsiert über Ellies Ungeduld. Er bahnte sich seinen Weg durch die Leute zum ´Staff-Room´ und wir folgten ihm. Vor der Türe blieb er stehen, schloss sie auf und wartete, bis wir beide durch gegangen waren, um die Tür wieder zu schließen. Sofort war es ruhiger und auch dunkler. Ich fühlte mich irgendwie erleichtert. Wenn man zwei Stunden lang, dicht an dicht mit anderen Menschen stand, war es immer etwas erholsam wieder Platz zu haben. „Folgt mir diskret und unauffällig.“ Er wackelte mit seinen Augenbrauen und sah damit total albern aus. Was für ein komischer Vogel. „Unser Name ist Hase und wir wissen von nichts.“, gab Ellie mit einem Klitzern in ihren Augen zurück. Ich fühlte mich etwas komisch, wenn ich sie so sah. Ach, Ellie... Wir gingen den schlecht beleuchtenden Gang entlang und dann ein paar Stufen nach unten, wo es eine Spur kühler wurde und man lautes Lachen hören konnte. Unten gab es noch zwei Türen, auf einer war mit weißer Farbe ´Starz´ gepinselt, die Türe stieß Steve auf und breitete seine Arme aus. „Frohlocket, euer Retter ist gekommen.“ Man konnte es nicht anders sagen, Steve hatte etwas an sich, das verdammt großspurig war. Vielleicht fand ich ihn deswegen ganz unterhaltsam. Die Typen in dem Raum sahen auf und dann warf Sam einfach einen Bierdeckel nach uns. Was weiteres Gelächter hervorrief. Wie verstörend. Ich stand noch immer im Türrahmen und wusste nicht, ob ich mich wirklich zu den Leuten hier dazu setzen sollte. Es waren die drei Bands von heute Abend und noch drei, vier Mädchen – bei einer war ich mir nicht ganz sicher, was sie war – die wohl zu den Musikern gehörten. Dazu gesellten sich noch eine Menge Flaschen Bier, Cola und Pizza. Nichts, was ich meinem armen Körper in irgendeiner Form antun würde. „Komm, wir beißen nicht.“ Steve schob mich einfach ganz in den Raum. Ellie war schon zu Zebi gehopst und beglückwünschte ihn für dieses achso grandiose Konzert. Ich wurde zwischen Sam und Birdo gequetscht und bekam eine Falsche Bier in die Hand gedrückt. Äh... „Ich trinke nicht.“, meinte ich schließlich etwas hilflos. Ich wusste nicht an wem ich jetzt die Falsche weiterreichen sollte. „Gar nichts? Auch nicht Wasser?“, fragte Sam verwundert. Was war das für eine Frage?! „Was? Nein, nur keinen Alkohol.“, erkärte ich etwas perplex. „Sam, frag doch nich sowas bescheuertes.“, brummte Birdo neben mir, während er die Augen verdrehte und zog damit das erste Mal wirklich seine Aufmerksamkeit auf mich. Er sah immer noch so wahnsinnig... hetero aus. Lag ich bei ihm schlicht und ergreifend falsch? Irrte ich mich möglicherweise sogar bei Andy? Vielleicht stimmte zur Zeit irgendetwas bei mir nicht. Mangel an Beziehungen, zu viel Sex mit verschiedenen Männer. Dachte ich einfach, alles war schwul? Ich schaute mich im Raum um und stellte fest, dass sie für mich alle hetero aussahen, bis auf Birdo. Das irritierte mich brutal. Was soll´s, solange er mich nicht anbaggerte, war alles in Ordnung. Aber es sah nicht so aus, als hätte er irgendwelches Interesse an mir. Er hatte sich nämlich schon wieder abgewandt und unterhielt sich jetzt mit Zebi und Ellie über das Konzert. Ich seufzte. Was hatte ich mir damit nur angetan? Normal war ich niemand, der einfach nur schweigend da stand und darauf wartete, das jemand mit mir redete. Aber mit wem hätte ich reden sollen? Ellie war vertieft darin, Birdo und Zebi über das Konzert reden zu hören und sie würde mich töten, wenn ich sie jetzt stören würde. Das wusste ich einfach. Die Typen von den anderen Bands nahmen auch keinerlei Notiz von mir. Ich seufzte. Das letzte Mal, als ich mich so außen vor gefühlt hatte, war in der 10. Klasse gewesen, als ich mit geschminkten Lippen und lackierten Nägeln aufgetaucht war. Grausame Zeit. Ich beschloss das ich Steve an meiner wundervollen Gesellschaft teilhaben ließ und ging zu ihm. Er unterhielt sich gerade mit dem Sänger von Zebis Band. Es schien aber einer ein seichtes Gespräch zu sein, den beide zu entrinnen versuchten. Zumindest sah es so aus, da ihre Blicke immer wieder über die anderen Leute im Raum streiften und sie sich eigentlich nicht anguckten. Vermutlich hatte es mit den Bandstreiterein zu tun. Ich stellte mich neben ihn und lächelte beide freundlich an. Max schaute mich etwas irritiert an, immerhin wurden wir uns noch nicht vorgestellt und er schien nichts mit mir anfangen zu können. Ging mir nicht anders. Ich ignorierte ihn und wandte mich an Steve, der irgendwie erleichtert schien, da er endlich eine Ausrede hatte nicht weiter mit Max reden zu müssen. „Sag mal, hast du wirklich mal Bock mit uns joggen zu gehen?“, griff ich das Thema von vor ein paar Stunden auf. Außerdem war es eine gute Gelegenheit sich außerhalb von langhaarigen, bärtigen Menschen besser kennen zu lernen. „Ja, klar, warum nicht? Motiviert mich vielleicht auch ein bisschen mehr.“ Steve hatte so ein offenes Lächeln, das ich an Leuten sehr schätzte. „Dann würd ich sagen, ich geb dir mal meine Nummer und wenn du mal Zeit hast, rufst du mich einfach an.“, schlug ich vor. Das war unaufdringlich, aber nett und Ellie konnte mir nichts vorwerfen. „Klingt super. Dann darf ich die nur nicht verlieren.“ „Ja, das wäre der Sache nicht so förderlich.“ Ich schaute mich nach etwas zum Schreiben um. Das hier war doch ein Aufenthaltsraum für Bands, da musste doch irgendwo was zu schreiben sein. Ich entdeckte auf dem Couchtisch dann auch einen Edding und Bierdeckel. Das müsste es tun, ich griff mir das Zeug einfach und notierte Steve die Nummer. Er nahm sie mit einem Grinsen entgegen und steckte den Bierdeckel dann in seine hintere Hosentasche. „Sicher verstaut.“ „Wie lange bleiben wir hier unten eigentlich noch?“, fragte ich schließlich. Wollten die Musiker nicht hoch und sich von ihren Fans feiern lassen? Ich fühlte mich wohler, wenn mehr Menschen um mich herum war und es nicht wie eine geschlossene Gesellschaft wirkte, in die ich nicht reinpasste. „Hm, wenn du willst, können wir auch wieder hoch. Die werden wohl noch ihre Pizzas verdrücken und dann auch kommen.“, meinte Steve mit einem Schulterzucken. Ich schaute noch kurz zu Ellie, die förmlich an Zebis Lippen hing und seufzte dann. Sie würde nicht mal merken, wenn ich mich jetzt verdrücken würde. Liebe musste sowas schönes sein.... Wie auch immer. „Ja, gehen wir hoch. Ich muss unter Leute.“, gab ich zurück. „Ich komm auch mit.“ Sam war von der Couch aufgestanden und hatte seine Bierflasche beiseite gestellt. Anscheinend fand er es hier unten auch etwas unspannend. Irgendwie sah auch alles ein bisschen nach Pärchentreffen aus und sowas suckt. „Jo, Zebi, wir sind dann mal oben!“, rief Steve noch und wir verließen den Raum. Unkompliziert. Oben lief jetzt im Hintergrund irgendwelches Metalzeug, das ich zu meinen Barzeiten als Rausschmeiß-Musik verwendet hätte, um die Bar endlich leer zu kriegen. Hier schien sie angebracht. Ich glaube, es wäre ein verdammter, langer Abend geworden, hätte ich Steve nicht getroffen. Ein schrilles Klingen weckte mich und ich griff etwas verpeilt nach meinem Handy, das auf dem Nachttisch lag. Ich musste mich aus einer warmen Umarmung winden, um tatsächlich mein Handy zu erreichen. „Hm?“, ich fühlte mich noch nicht wach genug, um mich klar zu artikulieren. „Sabine?“, fragte mich eine irritierte Frauenstimme aus dem Handy. Ich kannte keine Sabine, oder? „Nein, hier ist Michael.“ Ich unterdrückte ein Gähnen und hoffte, dass der Anruferin klar war, dass sie sich verwählt hatte. „Oh... ist Sabine denn da?“, fragte die Frauenstimme und ich seufzte. „Ich kenn keine Sabine. Ich denke, Sie haben sich verwählt.“, half ich der Anruferin hilfreich auf die Sprünge. „Oh, wirklich? Entschuldigung.“ Tuten und ich schaute auf die Handyuhr, 9:38. Mensch, ich wollte noch mindestens drei Stunden schlafen. Zumindest Sonntags. Ich ließ mich in mein Bett zurück fallen und bemerkte, wie sich neben mir jemand rührte. Ich schaute zur Seite und als ich Ellies verschlafenes Gesicht sah, konnte ich nicht anders als zu lächeln. Sie war genau dort, wo sie hingehörte. Bei mir. „Wer wars?“, nuschelte sie verpennt. „Verwählt.“, gab ich zurück. Ellie gab noch ein undefinierbaren Laut von sich und kuschelte sich dann wieder an mich. Ich wuschelte ihr kurz durch die Haare und dämmert dann auch einfach wieder weg. An Sonntagen sollte man ausschlafen, vor allem, wenn man die ganze Nacht durch gemacht hatte. Als ich das nächste Mal wach wurde, blieb ich einfach liegen und genoß die Ruhe und die Wärme des Bettes. Ellie schlief noch, was man an ihrem gleichmäßige, ruhigen Atmen bemerkte. Ihre Hand lag auf meiner Brust und ihr Kopf auf meiner Schulter. Ihre Gesichtszüge waren ganz entspannt und ich wusste, dass sie das einzige Mädchen war, dass ich jemals als schön empfinden wurde. Aber das war einer der wenigen Dinge, über die ich niemals mit Ellie reden würde. Es wäre nicht gut für sie, mich, unserer Freundschaft. Und ich genoß die Momente mit ihr, so sehr, wie sie es tat und wir hatte nicht vor irgendwas in unserer Beziehung zu ändern. Es war alles richtig so, wie es war. Ich schloss meine Augen wieder. Gestern war es irgendwo noch sehr lustig geworden. Ich trank zwar keinen Alkohol, aber man konnte sich schnell von der Stimmung der anderen anstecken lassen, vor allem, weil alle sehr gut drauf, nach dem Max verschwunden war. Ich hatte ja das Gefühl, dass ich ihn nie näher kennen lernen werde, aber war okay. Vier neue Leute an einem Abend reichte völlig aus. Zebi und die anderen hatten sich dann ein bisschen später zu uns gesellt. Ellie hing an Zebis Arm und strahlte ihn mit ihren großen, braunen Augen an. Sie war selten verliebt, aber wenn dann richtig. Da war sie anders wie ich. Ich verguckte mich schnell, leider verschwanden die Gefühle oft genauso schnell, wie sie gekommen waren. Tragische Welt. Ich hatte mich gut mit Steve unterhalten und er hatte, bevor wir so gegen vier Uhr morgens aus der Bar gescheucht wurden, auch nochmal total besoffen kontrolliert, ob er meine Nummer noch hatte. Mit Zebi war ich nur noch kurz ins Gespräch gekommen und hatte erfahren, dass er wirklich Sport machte, Kung Fu. Aber die meiste Zeit war von anderen Menschen belagert, Zebi war ungewohnt beliebt. Normal suchte sich Ellie mehr so Kerle im Hintergrund, Kerle wie Birdo. Ich öffnete meine Augen wieder und beschloss, dass ich jetzt aufstehen würde. Es war sicher nach eins und ich wollte nicht den ganzen Tag im Bett verbringen. Ich schob Ellie von mir und streckte mich ausgiebig. Sie öffnete etwas müde ihre Augen und starrte verschlafen zu mir hoch. Ich beugte mich zu ihr runter und gab ihr einen kurzen Kuss auf den Mund. „Aufstehen, Schatz, wir brunchen jetzt.“, erklärte ich mit einem sanften Lächeln. Sie rieb sich die Augen und setzte sich dann auch auf, schaute sich verpennt um. „Wie spät?“, fragte sie, während sie versuchte ein Gähnen zu unterdrücken. „Fast halb zwei.“ Sagte zumindest mein Wecker. Sie ließ sich zurück in mein weiches Bett fallen und stöhnte dann auf, während sie sich ihren Kopf hielt. „Hast du ein Aspirin?“ „Hat da jemand einen Kater?“ Ich grinste hämisch. Es war immer wieder lustig Leute am nächsten Morgen unter ihrem Trinkgelage leiden zu sehen. „Sieht so aus... Hab ich viel getrunken? Ich weiß es nicht mehr so genau.“ Sie legte einen Arm über ihre Augen, um sich wieder in wohliger Dunkelheit zu flüchten. „Eine Menge.“, bestätigte ich ihr. Wenn Ellie nervös wurde, brauchte sie immer etwas zu tun. Sie hatte in dem Fall einfach immer weiter getrunken und getrunken. Wäre sie Raucherin, hätte sie vermutlich an dem Abend zwei Schachteln leer geraucht. „Scheiße... hab ich ... irgendwie Mist gebaut?“, sie linste unsicher unter ihrem Arm hervor. Ihre braunen, langen Haare standen alle wild ab, ihr Make-up war noch etwas zu sehen, da sie sich gestern nicht mehr abgeschminkt hatte und dazu dieser etwas ängstliche Blick. „Nein, du warst hinreißend.“, versicherte ich ihr. Sie war auf jeden Fall hinreißend belustigend gewesen, da sie kaum noch gerade gehen konnte und sich immer an jemand klammern musste, um nicht umzufallen. Ihre bevorzugten Opfern waren dabei Zebi und ich. Sie hatte auch Zebi versucht ganz ausführlich zu erklären, wie gut sie mit mir befreundet war. Ich glaub, das hatte ihn mehr verwirrt, als das es ihm geholfen hatte. „Und du?“ Ihr Blick zeigte, dass sie sich auf jeden Fall noch daran erinnern konnte, dass ich mich gut mit Steve verstanden hatte. „Ich bin immer hinreißend.“, gab ich zurück und schwang dann meine Beine aus dem Bett. Ich hörte ein Seufzen von Ellie und grinste. Sie zu triezen war immer toll. „Du hast nicht... einer von Zebis Freunden abgeschleppt, oder?“, spezifizierte sie ihre Frage. „Siehst du hier einen Kerl in meinem Bett?“ „Hrm... vielleicht hat er sich darunter versteckt?“ „Natürlich. Gleich neben dem Krümelmonster.“ Und wir lachten beide. Aber man konnte ihr anmerken, wie erleichtert sie war, dass ich sie nicht vor ihren neuen Freunden blamierte hatte. Nicht, dass sie das wirklich erwartet hätte, aber als ich jünger war, hatte ich ein paar sehr... strapazierende Phasen gehabt. Irgenwie schien Ellie manchmal immer noch Angst zu haben, dass ich in alte Muster zurück fallen würde. Als würde ich ihr das nochmal antun... Dafür hatte ich sie viel zu gern. Als sie damals für einen Schüleraustausch ein halbes Jahr nach Frankreich gegangen war, war in meinem Leben plötzlich einiges ziemlich schief gelaufen. Das war vielleicht das erste Mal, dass ich festgestellt hatte, wie wichtig sie wirklich für mich war. Davor war sie einfach immer da gewesen, die längste Zeit, die wir getrennt waren, war vielleicht drei Wochen gewesen, aber auch nur, weil sie in der Zeit in Spanien bei Verwandten war. Mir war aber nie klar gewesen, wie sehr sie dafür gesorgt hatte, das mein Leben nicht total in Chaos versank. Es war damals eventuell auch nicht die beste Zeit gewesen mich zu verlassen. Ich war in einer... schwierigen Phase und ich hatte nicht die best mögliche Entwicklung gemacht. Natürlich konnte ich ihr nicht dafür die Schuld geben, sie war meine beste Freundin, aber sie konnte ihr Leben nicht auf mich zentrieren. Und sie hatte mir sehr geholfen, nach dem sie endlich wieder da war. Au Mann, ich wollte gar nicht daran denken, wie mein Leben heute aussehen würde, wenn ich Ellie nicht hätte. Horrorvisionen von mir als Draq-Queen in einer Absteigerkneipe kamen mir in den Sinn. Damals leider nicht so abwegig, wie es heute war. Gott, ich hatte damals tatsächlich mal Frauenklamotten an! Allein der Gedanke daran, jagte mir kleine Schauer über den Rücken. Keine Ahnung mehr, was ich mir dabei gedacht hatte. Ich wusste auch nicht mehr, warum ich kurz vor meinem Realschulabschluss die Schule einfach abgebrochen hatte. Die sechs Monate ohne Ellie waren insgesamt sehr verschwommen. Das einzige was ich aus der Zeit noch mitgenommen hatte, waren die vielen One-Night-Stands. Das war tatsächlich etwas, was ich mochte und Ellie hatte wohl nichts groß dagegen, solange es alles im Rahmen blieb, solange ich mein sonstiges Leben im Griff hatte. Sie hatte wirklich dafür gesorgt, dass ich nicht total vor die Hunde ging. Nicht das man heute noch was davon merkte und mittlerweile war ich auch nicht mehr so abhängig von Ellie, aber ich liebte sie dafür, dass sie immer dagewesen war, wenn ich sie gebraucht hatte. Was in meinem Leben schief gelaufen war, hatte ich selbst verbockt. Ellie hatte mir nur geholfen, es wieder in die richtige Bann zu kriegen. „Michi?“, tauchte ihre Stimme wieder in mein Bewusstsein. „Was?“ Ich schüttelte kurz irritiert den Kopf und schaute in ihr fragendes Gesicht. „Du warst plötzlich so abwesend.“, erklärte sie, immer noch einen leicht besorgten Ausdruck in den Augen oder es waren die Katernachwirkungen, da sie die Augenbrauen leicht zusammen gezogen hatte. Was meistens der Fall war, wenn sie Kopfschmerzen hatte. „Ich hab an früher gedacht.“, antwortete ich ehrlich und erhob mich ganz aus dem Bett. Ich würde ihr jetzt ein Aspirin holen und den Tisch für einen Brunch decken. „Irgendwelche speziellen Wünsche zu deinem Aspirin?“, änderte ich das Thema, als ich das Schlafzimmer verließ. „Pfannkuchen!“, rief sie mir hinter her und ich lachte. Natürlich waren es Pfannkuchen. Ellie liebte Pfannkuchen. Am liebsten mochte sie das Geräusch, wenn man den Teig in die Pfanne gegossen hatte, man den Pfannkuchen einmal gewendet hatte und dann kurz auf ihn drauf drückte. Das gab so ein kleines „Puff“-Geräusch bei dem sie immer lachen musste. Ob Zebi sowas über sie wusste? Konnte ich mir eigentlich nicht vorstellen und ich war froh darüber. Kapitel 6: Unreiner Reim ------------------------ „Was wollte der Chef von dir?“, fragte Heinz neugierig. Ich schreckte auf und schaute ihn verwirrt an. Ich hatte ihn gar nicht bemerkt. „Ging darum, ob ich übernommen werd.“, fasste ich das Gespräch zusammen. Ich fühlte mich etwas noch neben der Spur. Es war irgendwie ein gutes Gespräch gewesen, konnte aber nicht sagen, dass es mich glücklich machte. „Und?“, ich bemerkte den neugierigen Blick von Heinz. Ihn schien das wirklich zu interessieren. Naja, im Prinzip hing davon ab, ob er Chancen hatte übernommen zu werden, oder nicht. „Er würde mich gerne nehmen, will aber, dass ich erstmal mein Fachabi mache.“, ich schüttelte kurz den Kopf. Mein Boss hatte meine gute Arbeit gelobt und auch meine Begeisterung für den Job, aber zur Zeit wäre in seinem Betrieb nicht die Möglichkeit einen Azubi zu übernehmen, in drei Jahren würde allerdings einer der Kollegen in Rente gehen und er würde mich dann gerne einstellen, vorausgesetzt ich hatte mein Fachabi. Ich glaube, ich war immer noch etwas überrascht über dieses Angebot. „Aha, warum?“ Heinz schien das nicht ganz zu verstehen, verständlich. Ich war auch etwas verwirrt. „Weil er findet, dass ich gut arbeite.“ Ich konnte mir vorstellen, dass es mein Chef nicht so toll fand, wenn ich Heinz und dem anderen Azubi auf die Nase binden würde, dass sie überhaupt keine Chancen haben übernommen zu werden. Das wäre vermutlich ziemlich kontraproduktiv für unsere Firma. „Okay...“ Heinz musterte mich mit einem missmutigen Blick und ich hatte das Gefühl, als hätte ich ihm gerade einen Lollie geklaut. Ihm war doch klar gewesen, dass mir der Job besser liegt, als ihm, oder? Ich war wirklich gut als Elektroniker und darauf war ich auch stolz. War auch normal, oder? Wenn man sich was hart erarbeitet hat, würde jeder stolz darauf sein, verdient. „So, ich muss jetzt los, sonst verpass ich meine Straßenbahn.“ Ich lächelte Heinz noch kurz zu und verließ dann das Firmengeländer entgültig. Ich bemerkte seinen unangenehmen stechenden Blick in seinem Rücken. Es störte ihn, dass ich Lob vom Chef bekommen hatte. Über ihn beklagte sich der Chef meistens. Naja, war nicht mein Problem. Mittlerweile war Donnerstag und bis auf das erfreuliche Gespräch am Montag mit meinem Boss war alles sehr ereignislos gewesen. Ellie war diese Woche etwas im Stress, weil sie noch ein Essay fertig schreiben musste und sie hatte mich nur mal kurz angerufen, dass wir heute zu ihren Eltern fahren würden. Deswegen stand ich am Bahnhof und wartete darauf, dass sich Ellie endlich blicken ließ. Den Zug, den wir nehmen wollte, würde in einer Viertelstunde abfahren und der nächste kam erst wieder in einer Stunde. Ihre Eltern wohnten nicht weit weg, eine halbe Stunde außerhalb der Stadt. Aber wenn man auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen war, konnte sich sowas immer etwas problematisch gestalten. Ich trat etwas unruhig von einem Bein auf das nächste. Ich war schon seit einer halben Stunde hier, weil ich direkt von der Arbeit hier hergekommen war, aber langsam hatte ich keine Lust mehr zu warten. Ich kramte mein Handy raus und wählte die Kurzwahltaste für Ellie. Ich hörte das Freizeichen und wartete und wartete und bekam die Mailbox. Mensch, Ellie! Es waren deine Eltern, nicht meine! „Michi!“, rief Ellie mir zu und winkte aufgeregt, während sie auf mich zu lief. Sie blieb keuchend neben mir stehen. „Sorry, das ich so spät bin, Zebi hat vorhin noch angerufen und ich hab nicht auf die Uhr geguckt.“ „Schon klar...“ Ich verzog etwas das Gesicht und stapfte an ihr vorbei in den Zug, der gerade angekommen war. Ich wusste auch ohne hinzusehen, dass sie die Augen verdrehte. Ich mochte es einfach nicht, wegen einem Kerl versetzt zu werden. „Stell dich nicht so an, du bist nicht besser, wenn du jemand hast.“ Sie setzte sich neben mich und ich starrte aus dem Fenster. Der Satz verbesserte meine Laune kein Stück. „Und hast du vor Zebi deiner Familie vorzustellen?“, fragte ich mit einem beißenden Unterton. Sie hatte noch nie einen ihrer Freunde zuhause vorgestellt. Immerhin dachten ihre Eltern ja, wir wären seit fast zehn Jahren ein Paar. Es wäre komisch, wenn sie plötzlich jemand anders vorstellen würde. Das wusste ich, das wusste sie. „Vielleicht!“, gab sie schnippisch zurück und ich fühlte mich genervt. Ich mochte es nicht, wenn es zwischen uns nicht harmonisch lief. Auch wenn ich diesmal Schuld daran war, aber irgendwie wurde ich mit Zebi nicht warm. Er hatte coole Kumpels, er machte eigentlich auch einen guten Eindruck, aber ich... hatte ein ungutes Gefühl bei ihm. Ellie wurde schon oft genug von ihren nerdigen Freunden hängen gelassen. Am Anfang sind sie dankbar, dass überhaupt ein Mädchen mit ihnen redet, aber sobald sie durch Ellie mehr Selbstbewusstsein bekommen haben, sattelten sie auf ein anderes Mädchen um. Was ich einfach nicht verstehen konnte. Wenn ich nicht schwul wäre, ich hätte sie schon längst geheiratet. Wir schwiegen uns an und ich schaute aus dem Fenster, beobachtete das vorbeiziehende Panorama. Ich war hier schon so oft lang gefahren, dass es draußen nichts weiter interessantes gab. Selbst die Frau, die neben den Schienen im Feld mit ihren Hund spazieren ging, kam mir bekannt vor. Als hätte ich sie schon öfter hier entlang laufen sehen. Mit diesem Zug sind Ellie und ich immer in die Stadt gefahren, um Party zu machen, zu shoppen oder in unserem Lieblingscafe rumzuhängen, also ziemlich oft. Mittlerweile fuhren wir nur noch mit dem Zug, wenn wir mal wieder bei Ellies Eltern eingeladen waren oder wenn meine Mutter wollte, dass ich ihr irgendwas in der Wohnung reparierte. Meine Mutter und ich hatten kein schlechtes Verhältnis, aber wir waren uns wohl ein paar Jahre zu lang auf die Nerven gegangen und es war jetzt ganz angenehm, erstmal eher für mich zu sein. Meiner Mutter schien es wohl ähnlich zu gehen. Wir brauchten unseren Abstand, seit dem verstanden wir uns auch um einiges besser. „Sind deine Cousinen eigentlich auch da?“, fragte ich schließlich. Keine Lust mehr auf Schweigen und Schmollen. „Hm? Ach... ja, ich denke es mal. Marco wird auch da sein, nehm ich mal an.“ Sie lächelte beim letzten Satz. „Marco? So so.“ Ich grinste breit. Marco war ein alter Insider-Scherz zwischen Ellie und mir. Also eigentlich war es nur Ellies wahnsinnig gutaussehender, spanischer Cousin. Ich war mit vierzehn, fünfzehn total in ihn verschossen. Nicht, dass ich ansatzweise eine Chance gehabt hätte bei ihm, er war zu dem Zeitpunkt schon verlobt, aber über ihn zu schwärmen hatte mir eigentlich auch gereicht. Ellie hatte sich darüber immer gerne lustig gemacht. „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mir was schickeres angezogen.“ Und endlich war die angespannte Stimmung weg. Ellie war immer noch meine Ellie. Ich brauchte einfach meine Zeit, bis ich mich daran gewöhnt habe, dass ich sie manchmal etwas teilen musste. Aber unsere Vergangenheit gehörte immer noch uns allein. „Nicht das Carolina eifersüchtig wird.“ Sie zwinkerte mir zu. „Carolina kommt auch?“ Ich hatte die Frau von Marco noch nicht allzu oft gesehen. Hübsches, schüchternes Mädchen, passte sehr gut zu so einem Mann wie Marco. Aber manchmal hatte ich das Gefühl, als würde sie sich von Ellies Familie eingeschüchtert fühlen. „Ich glaube, die haben was zu verkünden.“, deutete Ellie an und uns war beiden klar, dass wir in eine Art Babyparty stolpern würden. Hätte Ellie mich nicht warnen können? Ihre Mutter wird die ganze Zeit andeuten, wie toll sie es finden würde, auch bald Großmutter zu werden und uns dabei bedeutungsschwangere Blicke zu werfen. Wir seufzten unisono. Ellies Eltern zuliebe. Am Bahnhof wurden wir sogar direkt mit dem Auto abgeholt von Desirée, die älteste Cousine von Ellie. Sie strahlte über das ganze Gesicht. Offensichtlich freute sie sich uns zu sehen, immerhin hatten wir uns sicher ein halbes Jahr nicht mehr gesehen. So war das halt, wenn man älter wurde. Manche Leute, die früher tagtäglich um einen herum waren, waren plötzlich zu fast Fremden geworden. Desirée umarmte uns beide stürmisch und schob uns zu ihrem Auto, ein alter, brauner Peugot. Ich klappte den Vordersitz nach vorne und kletterte auf die Rückbank. Wir waren schon oft von ihr mit diesem Auto abgeholt worden und immer musste ich auf die Rückbank. Ich vermutete, dass würde sich wohl auch nicht ändern, solang Desirée dieses Auto fuhr. „Sieht man Caro schon was an?“, fragte Ellie neugierig. Man merkte ihr die Begeisterung an. Sie hatte zwar keine Lust die Andeutungen ihrer Mutter über sich ergehen zu lassen. Aber sie mochte Kinder und schien sich zu freuen, dass ihre Familie Zuwachs bekommen würde. „Ein bisschen, aber man merkt es hauptsächlich an ihrem Strahlen im Gesicht. Echt süß.“ Desirée und Ellie hatten beide dieses Baby-Glitzern in den Augen. Frauen... Vielleicht war das Thema Kind für mich nicht allzu spannend, da ich ziemlich sicher nie in meinem Leben Vater sein werde. Aber es war etwas gruselig, wie die beiden sich ansahen. Und ihre Mutter nachher würde es nicht besser machen. Warum hatte mich Ellie nicht gewarnt? Wenigstens das hätte ich verdient gehabt, fand ich. Ein Klingeln riss mich aus meine Gedanken. Ich fischte mein Handy aus der Innentasche meiner Jacke und wunderte mich über die unbekannte Nummer. „Hi!“ Eine Männerstimme, die mir nicht wirklich bekannt vor kam. „Tach.“, gab ich deswegen neutral zurück. Es war etwas sinnlos zu überlegen, wen ich in letzter Zeit meine Nummer gegebene hatte, das waren eine Menge Männer gewesen. „Du hast gemeint, ich sollte mich bei dir melden, wenn ich mal Zeit habe.“ Wem hatte ich das gesagt? Mir fiel erstmal nur Dave ein. Könnte hinkommen, die Stimme klang jung. „Du hast es dir nochmal überlegt?“ Immerhin hatte Dave recht ablehnend auf Ellie und mich reagiert, wenn es denn Dave war. „Ob ich mit euch joggen will? Ja, musste ich lange und intensiv darüber nachdenken.“ Ich konnte Steves Grinsen durch den Hörer fast sehen. Steve... „Joggen? Klar, nee, passt dir Samstag um elf?“ Über Steves Anruf freute ich mich definitiv mehr, als über Dave. Warte, Dave hatte meine Nummer gar nicht, oder? Hm... „Klingt super, wo treffen wir uns?“ „Bei mir in der Wohnung? Falls sich noch was verschiebt, passiert mir manchmal. Ich wohn in der Moltkerstraße 11. Einfach bei Pemtke klingeln.“ „Okay, gut, ich werd da sein. Moltkestraße 11?“, wiederholte er, notierte sich wohl die Addresse. „Jub, dann bis dann, oder?“, verabschiedete ich mich. „Ah, warte, ich soll der Ellie noch vom Zebi sagen, dass er am Freitag irgendwie keine Zeit hat. Er hätte selber angerufen, aber anscheinend ist mit seinem Handy irgendwas.“ „Okay, werd ich ihr sagen.“ Ich wusste zwar nichts von einem Treffen zwischen Zebi und Ellie, aber jetzt schien es ja auch keines mehr zu geben. „Dann bis Samstag.“ Tuten und ich legte auf. Desirée und Ellie hatten ihr Gespräch über schwangere Frauen und Babies zum Glück auch beendet und Ellie hatte sich interessiert zu mir umgedreht. „Wer war´s?“ „Steve.“ Ich fühlte mich immer noch etwas überrascht von seinem Anruf. Ich musste wirklich Eindruck bei ihm hinterlassen haben. Nicht das es mich stören würde, neue Freunde waren immer eine feine Sache, vor allem, wenn sie so unkompliziert waren. „Ja? Was wollte er?“ Vermutlich fiel nur mir der lauerende Unterton auf, aber kurz fühlte ich mich gekränkt. Ich hatte ihr gesagt, dass ich keinen von Zebis Freunden abschleppen würde. „Er will mit uns am Samstag joggen gehen.“, erklärte ich und schaffte es dabei, nicht mal trotzig zu klingen. „Oh, achso. Klingt super. Steve hat einen netten Eindruck gemacht.“ Sie lächelte mich an und alles war wieder gut, oder? Natürlich. „Und ich soll dir von Zebi noch sagen, dass das am Freitag nicht klappt. Er hätte dich selber angerufen, aber irgendwas ist mit seinem Handy.“ Nicht, dass ich das noch vergessen würde. Dann wäre ich nämlich Schuld, wenn sie alleine wo rumsaß und niemand auftauchte. „Oh, is okay. Freitag wäre eh eng geworden.“ Sie zuckte mit den Schultern und wandte sich wieder nach vorne. Schien ihr wirklich recht egal zu sein. Hm... Als wir endlich bei Ellie angekommen waren, wurden wir erstmal durch Umarmungen und Küsschen links und rechts gereicht. Spanier eben. Ich mochte ihre herzliche Einladungen und freute mich doch irgendwie auf den Nachmittag. Der Kuchen war lecker, die Vermutung, dass uns Ellies Mutter mit Andeutungen überhäufen würde, begründet und Marco und Carolina so glücklich zu sehen, wirkte irritierend. In unserem Freundeskreis fingen auch schon die ersten Verlobungen an und vermutlich würde es noch so vier, fünf Jahre dauern und die ersten Leute waren schwanger. Marco und Carolina waren so ein Art Vorbote auf die kommende Jahre. Es fühlte sich komisch an, wenn man überlegte, dass ich dazu nie einen Bezug kommen werde. Aber der Kuchen war lecker. Als ich am Samstagmorgen aufwachte, bemerkte ich erst den Geruch nach Sex in meinem Schlafzimmer, dann die laufende Dusche. Vielleicht sollte ich öfters Freitagabend weggehen, ich schien da sehr erfolgreich zu sein. Ich grinste. Ich streckte mich etwas und erhob mich vom Bett. Ellie würde gleich kommen und bis dahin sollte ich auch geduscht sein. Vor allem weil Steve auch noch kommen würde, ich wollte keinen komischen Eindruck hinterlassen. Ich betrat nackt, wie ich war, das Badezimmer und erfreute mich etwas an dem Anblick, der sich mir bot, Marius, meine stolze Freitagnachteroberung. Er war Fotograph und schätzungsweise fünfzehn Jahre älter, als ich. Und wenn ich die Nacht mit dem Jungspund Dave verglich, musste ich zugeben, dass mir ältere Männer mehr zusagten. Sie waren aufregender, erfahrener, unkomplizierter und sie wusste einfach was Sache war. Es ging um Sex und nichts andres. Wenn man nett war, reagierten sie nicht mit erröten, sondern cool, als würde es sich so gehören. „Morgen, Mike.“, seine Stimme war tief und löste einen leichten Schauer bei mir aus. Ich stand auf tiefe Männerstimmen. „Morgen, Marius.“ Ich lächelte ihn an und überlegte kurz, ob ich zu ihm in die Dusche steigen sollte. Ein Blick auf die leicht beschlagene Uhr im Bad, sagte mir aber ich sollte das lassen. „Du erinnerst dich noch an meinen Namen?“, fragte er amüsiert. Ich beobachtete wie hypnotesiert ein paar Tropfen, die über seinen Körper perlten. Verdammt, warum musste Ellie heute zum Joggen kommen?! „Wie könnte ich ihn vergessen, nach diesem Sex.“, gab ich ehrlich zu und bekam ein dunkles Lachen, als Antwort. Ich musste sagen, ich könnte mir vorstellen, Marius noch öfter zu sehen. Nicht für eine Beziehung, aber es war fast eine Verschwendung mit so einem Mann nur einmal zu schlafen. „So, Kleiner, ich werd mir erstmal einen Kaffee machen und was frühstücken, wenn es dich nicht stört.“, verkündete er mir, stellte die Dusche ab und angelte sich ein Handtuch vom Haken. Ich mochte seine selbstbewusste Art und wie er mit einer Selbstverständlichkeit durch diese Wohnung ging. Er wuschelte mir kurz durch meine Haare, als er an mir vorbei in die Küche ging. Immer noch nackt. So ein Mann sollte auch keine Klamotten tragen, definitiv nicht. Ich sollte mich mit dem Duschen beeilen, vielleicht hatte ich dann noch einen Moment mit ihm, bevor Ellie auftauchte. Als würde ein Moment reichen. Mist. Ihm würde ich definitiv meine Nummer geben. Als ich mit einer frischen Boxershort und noch etwas feuchten Haaren die Küche betrat, bot sich mir ein etwas skurriles, unerwartetes Bild. Ellie saß dort an meinem Küchentisch, eines ihrer hinreißenden Lächeln im Gesicht, ihr gegenüber Marius, immer noch nackt. Verdammt, mein One-Night-Stand saß nackt mit meiner besten Freundin an meinem Küchentisch und sie flirteten! Auf jeden Fall wirkte Ellie in keinster Weise befangen von Marius nackten Anwesenheit. „Hi, Ellie. Du bist schon da?“, fragte ich schließlich wenig intelligent, beugte mich aber zu ihr, um ihr einen kurzen Kuss zu geben. Sie lächelte mich an. „Wir hatten doch zehn ausgemacht, oder nicht?“ Sie hatte dieses süße Lächeln und ich wusste, dass sie sich über diese Situation amüsierte. „Stimmt, sorry, ich hatte das mit der Zeit verpeilt. Übrigens, das ist...“ „Marius. Er hat sich mir schon vorgestellt.“ Er nickte mir mit der Kaffeetasse in der Hand zu, ein Schmunzeln im Gesicht. Ich bekam Herzklopfen. So einen Kerl hatte ich wirklich schon lange nicht mehr. „Ach, Kleiner, hast du Zucker für mich? Ich hab irgendwie keinen gefunden.“, fragte er und ich hörte Ellie kurz kichern aufgrund seines `Kosenamens´ für mich. Wie peinlich. Normal nannte mich auch niemand so, aber bei Marius schien es mir irgendwie nicht unpassend. Ich schaute böse zu Ellie, die versuchte sich ein lautes Lachen zu verkneifen. Sie schien sich wirklich außer ordentlich gut zu unterhalten. „Zucker? Ja, uhm, warte ich hol einen.“ Ich wandte mich ab und wartete schon darauf, dass Ellie in lautes prustendes Lachen ausbrach. Tat sie aber nicht. „Du hättest mich auch nach dem Zucker fragen können.“, kam es nur von ihr und ich wirkte kurz irritiert. Sie unterhielt sich mit ihm, einfach so. Sie ignorierte meine Kerle meistens. Vielleicht lag es daran, dass Marius nackt war oder einfach seiner Art, die man nicht ignorieren konnte. „Du bist also öfter hier?“, fragte Marius mit einem gewissen Interesse in der Stimme. „Man könnte sagen, ich wohne hier. Naja, fast.“ Ich holte den Zucker aus dem Schrank über meiner Spüle und ging wieder an den Tisch. Marius hatte auf Ellies Antwort nur kurz genickt und dann den Zucker von mir entgegen genommen. Ich setzte mich wieder hin und angelte mir eines von den Vollkornbrötchen, die wohl Ellie mit gebracht hatte. Brave Ellie. „Du kriegst so Körnerzeug runter?“ Marius schaute etwas angewidert auf mein Brötchen, dass ich gerade mit der Halbfettmagarine bestrich. „Er isst nur sowas. Der Kleine achtet sehr auf seine Gesundheit.“ Ellies Augen glitzerten voller Begeisterung über die Möglichkeit mich ärgern zu können. „Mir schmeckt sowas.“, gab ich grummelnd von mir. Gesunde Ernährung war nicht so eklig, wie immer alle taten. „Du bist doch noch viel zu jung, um auf deine Gesundheit zu achten!“, meinte Marius mit einer gewissen Überzeugung in der Stimme. Vermutlich dachte er auch, dass er noch nicht in dem Alter war. „Dafür ist man nie zu jung.“ Immerhin hatte man nur eine Gesundheit. „Pass auf, gleich predigt er darüber, wie wichtig es ist auf seine Ernährung und seinen Körper zu achten!“, warnte Ellie ihn vor und ich bewarf sie mit einen großen Brotkrümmel. Sie lachte nur und ich ignorierte sie. Manche hielten es etwas übertrieben, wie ich auf meine Ernährung achtete, aber mir war es eben wichtig und ich wollte jetzt nicht darüber debattieren. Marius beobachtete uns nur total amüsiert, aß selbst einen normalen Semmel mit Butter und Marmelade. Naja, er konnte ja schlecht perfekt sein. Dafür lenkte er das Gespräch auf ein unverfängliches Thema, Arbeit und Studium. Ellie fand es ziemlich spannend, dass er als richtiger Fotograph arbeitete und sogar schon ein paar größere Shoots mit bekannteren Leuten gemacht hatte. Aber bei seiner Persönlichkeit konnte ich mir gut vorstellen, das er gut mit Models klar kam. Marius war irgendwie einnehmend. „Sei ehrlich, wie viele von deinen Models hast du schon flach gelegt?“ Ich schaute entsetzt zu Ellie, die normalerweise nicht so dreist war. Aber sie schien sich wirklich gut mit Marius zu verstehen. Dieser lachte nur, anscheinend wurde er das schon öfters gefragt. „Es wäre nicht klug darüber zu reden.“, antwortete er schließlich mit einem zweideutigen Lächeln. Also waren es eine Menge gewesen und ich hatte das sichere Gefühl, dass darunter auch einige Frauen gewesen waren. „Versteh schon.“ Ellie nickte und biss dann von ihrem Brot ab, ohne den Blick von Marius zu wenden. Er war nicht ihr Typ mit keiner Faser seines beeindruckend Körpers, aber er hatte einfach diese ... Wirkung. Oder es lag daran, dass er noch immer nackt war. „Danke für euer enormes Verständnis.“ Er lächelte uns an und ich spürte wieder ein leichtes Flattern. Marius war definitiv der beste Fang seit langem. Ich hatte nur das Gefühl, als würde er mich nicht so ganz für voll nehmen. In seinen Augen war ich wohl wirklich noch ein Kücken. Ich wusste nicht, ob mich das etwas störte. „Ich mach mir auch mal noch einen Tee. Wenn ich noch eine Tasse Kaffee trinke, können wir das mit dem Joggen knicken.“ Ellie stand auf und verschwand zur Küchenzeile. Als hätte Marius darauf gewartet, beugte er sich etwas mehr zu mir. „Sag mal, Kleiner, könnte ich vielleicht deine Nummer haben? Ich fand es ganz lustig bei euch.“ Ich musste sagen, ich war etwas überrascht. Er wollte meine Nummer?! Das hieß, mehr Sex mit Marius. Ich kam nicht umhin, mich etwas darüber zu freuen. „Klar, warte, ich schreib sie dir kurz auf.“ Zum Glück hatte ich an meinen Küchentisch immer Stifte und Zettel liegen wegen den Einkaufslisten. Ich notierte ihm die Nummer und schob sie ihm hin. „Danke schön. Denkst du, dass deine Freundin mitmachen würde?“ Und genau in dem Moment stand Ellie mit einer Tasse Tee wieder an unserem Tisch. Unglücklicher Moment, unangenehme Situation. Sowas war mir ehrlich gesagt noch nie passiert. „Mitmachen? Bei was?“, fragte Ellie neugierig. „Sex.“, antwortete Marius mit einen offnen Lächeln. Ich saß nur da und fragte mich, in was ich da reingetraten war. „Mit euch?“ Ellie wirkte eher erstaunt, als entsetzt. Warum war sie nicht entsetzt? Ich wäre in ihrem Fall völlig schockiert. Ich war es schon in meinem Fall. „Es würde sich doch anbieten. Ich hatte den Eindruck, als hättet ihr eine sehr offene Beziehung.“ Und warum konnte Marius über dieses Thema so reden, als wäre nichts dabei? Er hatte gerade meiner besten Freundin Sex mit ihn und mir angeboten. Das... das... Ellie lachte einfach nur laut und schallend. Als wäre das ein großer Scherz, den nur ich nicht kapierte. Was war daran so lustig? Ellie zeigte dabei auf mich, versuchte etwas zu sagen und brach wieder in Gelächter aus. Kurz hatte ich den kleinen, fiesen Verdacht, sie würde über mich lachen. „Er und Sex mit einem Mädchen?!“, presste sie schließlich wieder hervor und lachte weiter, hielt sich an meiner Schulter fest und ich kam nicht umhin, sie einfach in die Seite zu boxen. Das sie lachte, machte das alles irgendwie verdammt peinlich für mich. „Sorry... Nein, Michi hat noch nie ein Mädchen angerührt.“, stellte Ellie nochmals klar und schien langsam etwas runterzukommen. Ich fühlte mich wie ein Vollidiot. Ich war schwul, es war doch normal, dass ich noch nie etwas mit einem Mädchen hatte. Warum fühlte ich mich deswegen gerade so bescheuert? Vielleicht lag es auch an Marius, der mich komisch musterte. Dann aber lächelte. „Hm, und ich dachte ihr seid zusammen. So kann man sich irren.“ Er zuckte kurz mit den Schultern und damit hatte sich das Thema wohl gegessen. Ich war ihm dankbar dafür. Das war schon alles peinlich genug. Ein Klingeln löste auch das peinliche Schweigen auf, bevor es überhaupt entstehen konnte. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es Steve sein mussten. Was... naja, vielleicht nicht super war. Immerhin saß hier immer noch ein nackter Kerl an meinem Küchentisch. „Steve?“, fragte Ellie. „Ich denks mal.“ Wer anderes fiel mir jetzt auch nicht ein. „Dann werde ich mich mal anziehen gehen.“ Mit diesen Worten erhob sich Marius und weder Ellie noch ich konnten dem Drang wiederstehen, zumindest mal kurz den Blick Richtung Körpermitte wandern zu lassen. Hoffentlich wollte er meine Nummer noch, jetzt wo es keinen Dreier mit Ellie gab. Ich war etwas erleichtert, als er tatsächlich nach der Nummer griff und dann in meinem Schlafzimmer verschwand. „Ich mach Steve mal auf.“ Ich erhob mich von meinem Platz und ging zu der Gegensprechanlage neben der Türe, drückte dort das kleine Schlüsselsymbol und wartete einen Moment. Ich wusste nicht, ob ich mich nach dem kurzen verstörenden Gespräch in der Lage fühlte, Steve entgegen zu treten. Das Joggen würde sicher helfen. Ich öffnete meine Wohnungstür einen Spalt und ging dann wieder zu Ellie, die an ihrem Tee nippte. „Du schleppst schon so Kerle an, Michi.“ Sie schüttelte leicht den Kopf mit einem Grinsen im Gesicht. Ich seufzte. Wo sie recht hatte, hatte sie recht. Zeitgleich wie Marius aus dem Schlafzimmer trat, öffnete sich auch die Wohnungstür und Steve und Marius standen sich gegenüber. Beide schauten sich etwas überrascht und irritiert an. Ich sprang von meinem Stuhl auf und ging auf die beiden zu. Zum einen, um Steve zu begrüßen und zum anderen um Marius zu verabschieden. Vielleicht hatte ich ja noch die kleine Hoffnung, dass er sich noch mal bei mir melden würde. „Hi, Steve! Ellie ist in der Küche, wir haben auch noch was zum Frühstücken.“ Ich deutete auf die Küchentür und er ging an mir vorbei, nicht ohne noch einen kurzen Blick auf Marius zu werfen. Ich wollte gar nicht wissen, was sich Steve gerade dachte. Ich war mir relativ sicher, dass er wusste, dass ich schwul war und clever genug war, um herauszufinden, dass da gerade ein potentieller Lover vor ihm gestanden hatte. Ich schaute wieder zu Marius, der mich anlächelte. Irgendwie war er mir gerade verdammt nah. Ich war von seinem angenehmen Geruch etwas eingelullt, als er mir einen Kuss gab. Himmel. „Ich meld mich bei dir.“ Das war ein Versprechen. „Würde mich freuen.“ Ich lächelte etwas von ihm eingenommen und wünschte mir, ich könnte ihn gleich wieder in mein Bett zerren. Aber ich glaube, da hätten Ellie und Steve ein bisschen was dagegen. „Gut, man sieht sich.“ Er wuschelte mir nochmal kurz durch meine Haare und weg war er. ------- Hm, langsam hab ich mal alle Charaktere vorgestellt, naja, alle wichtigen. Es werden sicher noch ein paar Namen mal am Rande auftauchen, die man aber gerne ignorieren darf. Aber das ist das Problem mit sozial integrierten Hauptcharakteren, die kennen einfach zu viele Menschen. Drecksviecher. Egal... Wo war ich? Ach ja, also bis jetzt sind wir immer noch in der Einführung der verschiedenen Charaktere, da TAG ein kleines Riesenstorymonster ist. Also die eigentliche Handlung hat natürlich schon angefangen, aber man könnte sagen, es laufen mehrere Erzählstränge parallel zueinander. Was mir manchmal kleine, fiese Knoten ins Hirn macht... phew. Ich hab auch schon alles voller Notizen voll gekritzelt, damit ich nichts vergesse und aus den Augen verliere. Die Grundhandlung überwacht brav die , die daran ja auch maßgeblich beteiligt ist. Danke hier noch mal an sie. Ich liebe dich. Aber keine Sorgen, ihr müsst euch beim Lesen nicht so die Gedanken darum machen, da Michi die Geschichte als Ich-Erzähler automatisch in die richtige Richtung lenkt, also lasst euch einfach von ihm führen. So und für die Unwahrscheinlichkeit das jemand Marius in sein Herz geschlossen hat: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/24625/144356/482022/html/ Hier erfährt man mehr über sein Leben... Kapitel 7: Rührender Reim ------------------------- Wie hatte ich eigentlich Andy vergessen können? Es war Sonntag und ich stand umringt von Eltern und Freunden bei einem Fußballturnier. Aber das einzige, was ich sah, war Andy in seinen kurzen Shorts, der am Spielrand stand und seinen Spielerinnen irgendetwas zu rief. Seine strohblonden Haare standen wild ab, weil er sich immer wieder durch die Haare strich und er war voll im Spiel dabei. Ich wusste nicht mal genau, wer in Führung lag. Ein Blick auf die Anzeigetafel verriet mir aber, dass es die gegenerische Mannschaft war. Erklärte auch die ganze Aufregung. Ich suchte Ellie auf dem Spielfeld und entdeckte sie kurz vor dem Tor, halb verdeckt von einer anderen Spielerin. Ich hatte keine Ahnung von Fußball und wusste nicht mal in welcher Position Ellie spielte. Ich bildete mir ein, dass sie mal erwähnt hätte, sie wäre Stürmer, aber was das konkret hieß, wusste ich nicht. Für mich gab es beim Fußball einen Torwart, der stand im Tor und Spieler, die rannten übers Spielfeld. Bis hier hin reichten meine Fußballkenntnisse und das reichte in der Regel, um am Rand zu stehen und bei den Spielen zu zugucken. Wobei Andy in diesem Moment bedeutend interessanter war. Er sah Dave tatsächlich irgendwie ähnlich, wirkte aber um einiges männlicher. Vielleicht eine Art Mischung aus Dave und Marius, eine verflucht gute Mischung. Er musste nur auch auf Kerle stehen. Und selbst wenn er eine Freundin hatte, es konnte ja gut sein, dass er bi war, wie Marius. Allerdings hatte ich keinen Schimmer, wie ich bei ihm vorgehen sollte. Es war was anders, wenn man einfach nur einen Typen in einer Bar kennen lernt und man mit ihm die Nacht verbrachte. Sowas war Spass. Aber wenn ich tatsächlich etwas von Andy wollte, konnte ich ziemlich viel aufs Spiel setzen. Auch wenn Ellie mir offiziell die Erlaubnis gegeben hatte, dass ich mich an ihrem Trainer vergreifen durfte. Falls unser Alibi auffliegen würde, wäre sie eine Weile sicher nicht allzu gut auf mich zu sprechen. Mein Blick klebte wieder an Andy und ich konnte mir nicht helfen. Er könnte es wert sein, oder? Und ich meinte damit nicht nur sein Aussehen, auch seine ganze Art. Allein wie er da stand und versuchte seine Mädels zu motivieren. Er war mit vollem Herzen dabei und es schien gar nicht wichtig, ob sie gewannen oder nicht. Erst als ein Mob Mädchen alle auf Ellie zu sprangen und sie umarmten, wurde mir klar, das irgendwas wichtiges passiert war. Ich tippte auf ein Tor. Mist, Ellie hatte ein Tor geschossen und ich hatte es nicht mal bemerkt. Dafür winkte ich ihr mit einem Lächeln zu, als sie in meine Richtung strahlte. Wenn ich Glück hatte, hatte sie gar nicht bemerkt, dass ich es gar nichts mitbekommen hatte. Tatsächlicherweise nahm das Spiel kurz vor Schluss noch eine Wendung und sie gewannen. Ich wusste nicht, ob es ein wichtiger Sieg war, aber auf jeden Fall freuten sich alle ziemlich. Was sehr ansteckend war. Mir war Fußball egal, aber wenn man Ellies ganzes Glück in ihren Augen sah, konnte man nicht anders, als es auch toll finden. Ihr war es sogar egal, dass ihr die ganzen Frauen um den Hals fielen. Wenn man als Team gewonnen hatte, schien es einfach mal nicht wichtig zu sein für sie. Ich lächelte Ellie an, als sie auf mich zu gesprungen kam. Sie umarmte mich stürmisch und drückte mir einen Kuss auf den Mund. „Wir haben gewonnen!“, kreischte sie und hing mir dabei immer noch am Hals. Ich schob sie etwas von mir und drückte auf mein Ohr, um das Klingen raus zu kriegen. „Ich hab es mitbekommen.“ Es war kaum zu überhören gewesen. Ellie boxte mich in die Seite und lachte dann immer noch. Ich hatte das Gefühl, als würde heute nichts ihre Laune verderben konnte. „Hey, mal schön einen anderen Typ, als mich hier zu sehen.“ Andy stand plötzlich vor mir und lächelte mich an. Ich grinste zurück. Es war wirklich auffallend, dass hier nicht viele Männer waren. Die wenigen, die während des Spiels dagewesen waren, waren mittlerweile auch verschwunden. Hatten wohl zum gegnerischen Team gehört. „Ich muss doch meine Ellie hier unterstützen.“ Ich drückte sie etwas an mich und sie strahlte zu mir hoch. Vollkommen glücklich. „Du hast heute wirklich super gespielt.“ Andy klopfte Ellie auf die Schulter und ihr Grinsen wurde noch breiter. Sie war im Moment verdammt stolz auf sich. War ein Lob von ihm tatsächlich so wichtig? „Du bist ja auch wirklich ein guter Trainer.“ Sie strahlte ihn an und etwas, was mich überraschte, Andy wurde rot auf Grund ihres Kompliments. Er lächelte peinlich berührt, so, als wäre es nicht gewohnt, soviel Aufmerksamkeit zu bekommen. „Danke.“ Andy räusperte sich kurz. „Sag mal, kommt ihr auch mit unseren Sieg feiern?“ „Klar! Tun wir doch, oder?“ Ellie schaute kurz fragend zu mir und ich nickte. Das war neben der guten Stimmung auch eine tolle Gelegenheit etwas mit Andy ins Gespräch zu kommen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, als hätte Andy neben seinen atemberauenden Körper noch mehr zu bieten. Immerhin hatte Ellie ihn gelobt und sie war da wirklich jemand, die damit spärlich umging. „Wohin gehen wir denn?“, fragte ich, als wir uns auf den Weg zu den Parkplätzen machte. Andy hatte angeboten, dass er uns mit seinem Auto mit zum Restaurant nehmen würde. Fand ich sehr sozial. „Irgendein Italiener. Irine hat den ausgesucht, soll gut und billig sein.“ Er zuckte mit den Schultern und es wirkte so, als wäre er mit allem zufrieden, was seine Mannschaft glücklich machte. „Ah, ich glaub, sie hat mal davon erzählt. Ihr Verlobter arbeitet dort.“ Ellie hatte immer noch berauschend gute Laune und hing an meinem Arm. Wenn wir nicht Sonntag hätten, wären wir wohl heute Abend noch Party machen gegangen, aber ich denke Essen beim Italiener war auch okay. Ich hoffte nur, ich hatte genug Kohle dabei. Wer hätte auch erwarten können, dass sie das Spiel gewannen? „Is ihr Verlobter ein Kerl?“, fragte Andy, während er die Autotüre seines roten Toyotas aufsperrte. „Also das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe, war er das.“, gab Ellie zurück, die sich dann mit mir auf die Rückbank setzte. So wie es sich für ein Pärchen gehörte, immer zusammen. „Hm... und ich hätte wetten können...“ Andy schüttelte dann aber den Kopf und startete den Wagen. Ich war ehrlich gesagt, etwas überrascht, dass er dieses Thema aufbrachte. Aber vielleicht erschien es ihm mal eine gute Gelegenheit darüber zu reden, ohne die ganzen anderen Mädchen um sich zu haben, die ihn böse anstarren würde. Ich konnte mir vorstellen, dass es relativ hart war, als Kerl diese Mädels zu trainiern. „Hey, nicht alle von uns sind lesbisch, okay?“ War klar, dass Ellie das nochmal betonte. „Schon klar, ich weiß. Sagt mal, wie lange seid ihr eigentlich schon zusammen? Rosie meinte, ihr seid schon sicher seit drei Jahren ein Paar.“ Was interessierte Andy das? Die Frage kam mir etwas komisch vor. Ich wusste aber nicht genau warum. Störte es mich, dass er so überzeugt von Ellies und meiner Beziehung war? „Michi und ich? Ewig, oder?“ Sie schaute mich an. Wir hatten uns nie direkt auf ein Datum oder Jahr geeinigt, bei dem unsere Scheinbeziehung angefangen hatte. „Ich hab sie gesehen und war sofort in sie verliebt. Da waren wir sieben, glaub ich.“, antwortete ich deswegen wahrheitsgemäß. Wenn ich nicht schwul gewesen wäre, würde das so sogar alles stimmen. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragte Andy ungläubig und ich musste lachen. „Ich hab noch nie ein anderes Mädchen als Ellie geküsst.“ Was auch den Tatsachen entsprach, aber anders als Andy dachte. Manchmal war es lustig, die Wahrheit unter anderen Umstandsbedingungen zu erzählen. Man fühlte sich nicht so schlecht, weil man eigentlich nicht log. Ich bekam von Ellie trotzdem einen Hieb in die Seite. Aber ich konnte sehen, dass sie sich auch darüber amüsierte. „Ihr seid echt krass...“ Er schüttelte den Kopf. Hatten wir ihn schockiert? Ich wusste, dass ich nicht mein Bestes gab, um ihm rumzukriegen, nicht wenn ich die Beziehungslüge so vehement aufrecht erhielt. Aber ich war es so gewohnt und noch war es nicht soweit unsere Deckung aufzugeben. „Du hast ja keine Ahnung...“, fügte ich leise hinzu. Ich wusste nicht, ob er es gehört hatte. Aber ich bemerkte, dass Ellie mich etwas überrascht anschaute. Wir waren schon ein komisches Paar, oder nicht? Krass... So hatte uns Dave auch bezeichnet. Ich lächelte sie an. Kein Grund sich Sorgen zu machen. Es war alles okay so, wie es war. „Kommt deine Freundin eigentlich auch noch zum Feiern?“, fragte Ellie und ich war irgendwie überrascht über ihre Frage. „Hm? Meine Freundin? Ach so, nee, die hat es nicht so mit Fußball...“ Sein Tonfall war etwas anders. Störte es ihn, dass sich seine Freundin nicht dafür interessierte? Ein Misston? „Das kenn ich.“ Ellie lachte und ich schaute sie giftig an. „Hey, ich halte es einfach nicht für sinnvoll, wenn zweiundzwanzig Leute hinter einen Ball herrennen!“ Und den Ball konnte man nicht mal essen! Also nichts mit prähistorischen Jagdtrieb ausleben. „Du verstehst sowas nicht.“ Sie verdrehte die Augen und ich seufzte. Ich sollte mich wirklich in Grund und Boden schämen, dass ich kein Interesse an Fußball hatte. Ich schlimmer, schlimmer Mensch. „Ich glaub, wir sind da, oder?“ Andy klang etwas unsicher, setzte aber den Blinker für den gekiesten Parkplatz. „Ja, sieht gut aus.“, stimmte Ellie zu. „Naja...“ Gut würde ich das nicht nennen. Es sah ein bisschen sehr simpel gehalten aus. So ähnlich wie eine Vereins-Kneipe. Aber wenn ich mir dort das Essen leisten konnte, war alles okay, denk ich. Ein paar der anderen waren auch schon da und betraten das kleine Lokal. Ich hoffte nur, die hatten dort auch Salat, weil in solchen Läden in der Regel alles andere im Fett ersäuft. Der Raum behielt auch innen seinen Kneipenimage und die gröhlenden Fussballmädels verstärkten das noch etwas. Die suchten sich zielsicher einen langen Tisch aus, an den wir alle hinpassen müssten. Ellie, Andy und ich wurden einfach auf die Bank abgeschoben und eigentlich fand ich es gar nicht so schlecht. Ich rutschte etwas näher an Andy ran, als eigentlich nötig war, aber es schien ihn nicht zu stören. Auch nicht, dass sich unsere Knie berührten. Ich grinste ihn an und er lächelte mich etwas verwirrt an. Er schien gerade anzusetzen mich etwas zu fragen, vermutlich irritiert von meinem Verhalten. „Gibst du mir mal die Speisekarte?“, fragte ich stattdessen und er blinzelte mich an, als hätte er die Frage nicht verstanden. „Was? Ach, die Karte... sorry.“ Er schüttelte kurz den Kopf und angelte mir von dem Stapel an Speisekarten, die man uns hingelegt hatte, eine. „Danke schön.“ Ich lächelte ihn an und Ellie boxte mich in die Seite. „Willst du auch reingucken?“ „Ja, gib mal her.“ Sie zog die Karte etwas zu sich und mich damit weg von Andy. Ich lächelte ihn noch mal kurz entschuldigend an, beugte mich dann aber mit Ellie über die Karte. Sie wollte wohl mein offensichtliches Flirten unterbinden. Aber ich fand es schon mal ein gutes Zeichen, dass Andy meine Nähe in keinsterweise störte. Unsere Kniee berührten sich immer noch. Vielleicht genoß er es ja? In mir löste es en kleines Kribbeln auf, nicht unbedingt Verliebtheit, eher Aufregung. Es war etwas anders, jemand in einer Bar aufzureißen oder jemand näher kennen zu lernen, der in deinem normalen Umfeld war. Aber es war angenehm. Ein weiter erfreulicher Punkt waren die Preise des Lokals. Ich entschloss in meinem großen Übermut sogar mir Pasta zu bestellen, anstatt eines Salats. Ab und zu konnte man sich ja mal was gönnen, fand ich. Ellie hatte sich für eine Pizza entschieden, aber sie konnte es sich bei dem vielen Sport, den sie machte auch leisten. Als das Essen kam, hatte ich allerdings das Bedürfnis mich etwas bequemer hinzusetzen und brach damit den geringen Körperkontakt mit Andy ab. Was mich etwas überraschte war, dass er ihn sofort wieder herstellte. Ich hätte nicht erwartet, dass er so offensiv auf mich reagierte und das obwohl Ellie, meine angebliche Freundin, direkt neben mir saß. Allerdings war Ellie gerade sehr auf ihre Pizza fixiert und schien nichts davon mitzubekommen. Sie wirkte sehr hungrig, wie sie ihre Portion so runterschlang. Ich schaute kurz in Andys Richtung, aber er hielt seinen Blick auf sein Teller gerichtet und tat so, als wäre nichts. Hm... „Schmeckt´s?“ Es war vielleicht kindisch, aber im Moment wollte ich seine Aufmerksamkeit. „Oh ja, is ganz okay. Wie ist deines? Ich hatte mir ja überlegt, ob ich mir das auch bestellen soll.“, fragte er zurück und schaute mich wieder an, immer noch ein leichtes Lächeln auf dem Gesicht. „Ist überraschend gut, willst du mal probieren?“, bot ich ihm an. „Wenn es dich nicht stört?“ Er schaute auf und ich fragte mich, ob mich irgendwas stören könnte, was er tat. „Bedien dich.“ Ich schob mein Teller etwas in seine Richtung. Wäre hier keine Ellie und keine ganze Frauenfussballmannschaft, vermutlich hätte ich ihn mit einen Probierhappen gefüttert. Aber ich glaube, dafür würde mich meine beste Freundin töten, aber sowas von. Er piekte sich mit seiner Gabel etwas von meinem Teller und nickte dann, als er es runtergeschluckt hatte. „Das is wirklich gut. Ich glaub, ich hätte das bestellen sollen.“ Er schaute auf sein Teller, dann auf meines. Irgendwie niedlich, wie er mein Essen dann sehnsüchtig anstarrte. „Tja...“ Wenn ich ein lieber Kerl gewesen wäre, hätte ich einen Essenstausch angeboten. Aber er hatte was mit Sahnesoße, das ging wirklich nicht. Auch nicht wenn er mich mit seinen hinreißenden, großen Augen anstarrte. Ich war mir nicht ganz sicher, aber ich hatte das Gefühl, als würde er massiv mit mir flirten. Ich brach den Blickkontakt ab. Irgendwie war ich nervös und fühlte mich dem nicht gewachsen. Das Gespräch plätscherte dann einfach vor sich hin. Irine hatte sich zu uns gesetzt und Ellie unterhielt begeistert sich mit ihr. Die beiden waren Stürmer der Mannschaft und hatten sich schon immer recht gut verstanden. Es hing wohl auch damit zusammen, dass Irine hetero war. Ich war mir auch recht sicher, das Irine einer der Gründe war, warum Ellie überhaupt noch in diesem Verein spielte. Die beiden waren wirklich unschlagbar. Wir wurden aus unser Gespräch gerissen, als plötzlich ein Mädchen an uns vorbei nach draußen stürmte und die restlichen schwiegen. Der Kapitän der Mannschaft hatte sich erhoben und schaute ihr nach, irgendwie wütend. Ein Streit? Ellie hatte mal erwähnt, dass es durch die Beziehungen in der Mannschaft, immer mal wieder zu Stress kam. Jetzt verstand ich was, sie meinte. „War das Rosie?“, fragte Irine alamiert und Ellie nickte verwirrt mit dem Kopf. „Ich schau mal, was mit ihr ist.“ Und damit war Irine verschwunden. Sie war zwar nicht lesbisch, aber ich wusste, dass sie zu den Mädels im Club einen sehr guten Draht hatte und mit den meisten gut befreundet waren. Anders wie Ellie, die das einfach nicht auf die Reihe kriegte, was wohl auch zum Teil an Ellies Art lag. Andy neben mir seufzte resigniert. Anscheinend hatte er sowas schon öfter erlebt, hielt sich aber raus. Was ich allerdings verstehen konnte. Ich würde mich in so ein Drama auch nicht einmischen. Und schon gar nicht als Kerl. Aber irgendwie war die gute Stimmung jetzt weg. Es herrschte jetzt lautes Tuscheln in der Ecke des Kapitäns und ich bildete mir ein, ein paar fiese Sätze rauszuhören. Ich musste aber sagen, ich wollte gar nicht wissen, was da wirklich los war. Egal, ob homo oder hetero, Menschen konnten in Beziehungen verdammt mies sein. Die sexuelle Orientierung machte wohl noch keinen besseren Menschen, aber war ja irgendwie klar... „Hey, wollen wir vielleicht nächsten Mittwoch ins Kino?“, fragte Andy uns plötzlich. Es machte den Eindruck, als würde er von der Situation ablenken wollen. Nachvollziehbar. „Kino? Kommt denn gerade ein guter Film?“, nahm ich das Thema dankbar auf. „Ja, es ist ein neuer Film raus von dem Regisseur, der diesen Film mit diesen Drogentrips gemacht hat, in dem auch Johnny Depp mitspielt.“ Andys Stimme klang begeistert und ich hatte keine Ahnung von wem er redete. Ich lächelte trotzdem. Kino mit Andy klang echt nicht schlecht. Wir, allein im Dunkeln, ganz dicht nebeneinander... Warte, Ellie wäre auch noch dabei. „Ach, ich weiß, welchen du meinst.. Der Film heißt doch irgendwas mit Doktor uhm... Bar.. bas... Keine Ahnung.“ Hauptsache man sagt was, oder Ellie? Ich lachte etwas. Ich wusste immer noch nicht welchen Film sie meinten, aber das wir mir im Moment egal. „Ich kann mir den Titel auch nicht merken. Aber wir meinen den gleichen Film.“, stimmte Andy zu und grinste. „Also würdet ihr mitkommen?“ „Klar, für Kino sind wir immer zu haben. Kommt deine Freundin auch mit?“, fragte Ellie enthusiastisch. Irgh, seine Freundin, die hatte ich schon verdrängt. „Ich kann sie mal fragen, ob sie will. Aber sie ist nicht so Kino begeistert.“ Er zuckte mit den Schultern, als wäre das nicht so tragisch. Ich persönlich fand, er reagierte komisch, wenn man das Gespräch auf seine Freundin lenkte. Es war auch möglich, dass es etwas Wunschdenken meinerseits war. „Ja, frag sie mal.“ Ellie lächelte und ich fühlte mich, als hätte man mich gerade in ein Doppeldate gezwängt. Und was für ein absurdes. Aber vielleicht hatte ich ja Glück und seine Freundin würde wirklich nicht kommen. Ich stellte es mir komisch vor, wenn ich Andy verliebt mit seiner Freundin rumturteln sehen würde. Komisch war gar kein Ausdruck und am Ende müsste ich noch zu geben, das mein Gaydar nicht funktionierte. Allerdings hatte mich Andy heute definitiv angeflirtet. Das konnte ich mir nich nur eingebildet haben. Genau genommen berührten wir uns immer noch am Knie. Oder dachte er sich einfach nichts dabei? Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Irine wieder die Kneipe betrat. Sie ging sehr zielstrebig an uns vorbei zum Kapitän und ihrem inneren Zirkel, wie Ellie sie nannte. Irines Blick war dabei irgendwie furchteinflößend und ich erwartete schon, dass sie ein riesiges Drama anzetteln würde. Stattdessen nahm sie einfach Rosies Jacke und Handtasche vom Stuhl und stampfte wieder nach draußen. Irgendwie war ich erleichtert, dass es keinen weiteren Zoff gab. Ich wollte gar nicht wissen, wie die Stimmung im Team beim nächsten Training sein würde. Zum Glück spielte ich kein Fussball. Ich schaute zu Ellie, die nun etwas deprimiert seufzte. Anscheinend machte sie sich auch gerade Gedanken über das kommende Training. Irgendwie tat sie mir etwas leid. „Ich würde sagen, wir zahlen, oder?“, schlug ich vor. Wir waren schließlich mit dem Essen schon fertig und ich konnte mir vorstellen, dass ich nicht der einzige war, der hier weg wollte. Ellie nickte und ich konnte sehen, wie sie in ihrer Tasche schon nach ihrem Portemoinnae kramte. Ich legte meine Hand auf ihre, um sie dabei zu stoppen. „Ich lad dich heute ein, weil du so toll gespielt hast.“ Ihr erstaunter Blick bei meinen Worten brachte mich zum Lächeln. Aus einem Impuls heraus beugte ich mich zu ihr und gab ihr einen sanften Kuss auf den Mund. Es war okay, immerhin war ich ihr Freund. Zumindest hier und jetzt und vor allen anderen. „Danke.“ Sie grinste mit einem leichten Rotschimmer auf den Wangen. Sie bekam selten Lob von mir, wenn es mit Fußball zusammenhing. Aber ich wollte sie etwas aufmuntern, immerhin hatten sie heute gewonnen. Und es schien funktioniert zu haben. „Wisst ihr eigentlich, wie süß ihr beiden seid.“ Andy grinste uns an und irgendwie hatte ich plötzlich ein komisches Gefühl. Ich konnte es nicht richtig zu ordnen, dieses Gefühl. Aber irgndwie schien es unangenehme Gedanken wach zu rütteln. Nur wegen seinem Blick? Er schaute mich nicht an, als wäre ich vergeben und direkt neben mir meine Freundin. War es das, was mich irritierte? Wenn ich wirklich mit Ellie zusammen wäre, dürfte er mich nicht so ansehen. Welcher Typ würde für eine nächtliche Affäre seine Freundin aufgeben? Aber gerade das, schien ich gerade zu tun. Ich flirtete mit Andy und meine Freundin saß genau neben mir. Und kurz hatte ich das Gefühl, als wäre ich ein richtiges Arschloch. Als wären die Lügen, die wir allen erzählten wirklich wahr. Als würde ich Ellie wirklich betrügen wollen und irgendwas in mir drin zog sich zusammen. Lag es daran, dass es das erste Mal war, dass überhaupt ein Kerl auf eine absurde Art und Weise zwischen uns stand? Es war nicht einmal wichtig, ob Andy nun wirklich schwul war und auf mich stand. Es ging darum, ob ich etwas mit ihm riskieren würde. War ich bereit für eine Affäre mit ihm meine Beziehung zu Ellie aufs Spiel zu setzen? -------- Wer als erster rausfindet, welchen Film sie schauen werden, darf sich von mir mein Gurkensushi wünschen. XD Kapitel 8: Gespaltener Reim --------------------------- Ich war umgeben von dem geschäftigen Treiben in meiner Firma. Wir arbeiten alle zusammen in einer großen, hellen Halle und es rieselten immer wieder Gespräche an mir vorbei. Ich selber war im Moment damit beschäftigt einen Kondensator an eine Leiterplatine zu löten, was nur bedingt spannend war. Deswegen schweifte ich gedanklich auch etwas ab. Heute war Mittwoch, dass hieß, ich würde Andy wieder sehen. Ich merkte, wie allein bei dem Gedanken daran mein Herz etwas flatterte. Ich überlegte schon die ganze Woche, wie dieser Kinobesuch werden würde. Ob seine Freundin wirklich auch kommen würde? Ellie freute sich schon auf dem Film. Wir würden als Paar dort erscheinen und was wird passieren, wenn dann die Lichter ausgingen? Ich konnte Andy direkt vor meinen Augen sehen, sein attraktives Gesicht nur leicht von der Leindwand beschienen. Wie er dann seinen Blick auf mich richtete, sein wunderschönes Lächeln, das nur mir gelten würde. Dann würde er seine Hand nach mir ausstrecken und... Verdammt, warum funktionierte das mit dem Kondensator nicht? Ich schaute verwirrt auf meine Arbeit, legte noch mal das Amperometer an, stellte aber fest, dass da gar nichts ging. Ich hatte irgendwo einen Fehler gemacht? Das konnte doch eigentlich sein, oder? Ich hatte das schon öfter gemacht und bis jetzt hat es eigentlich immer funktioniert. Ich probierte es nochmal und schüttelte dann etwas frustriert den Kopf, als es wieder nicht ging. „Johann, kannst du mir mal kurz helfen?“, rief ich in den Gang. Er hatte mir bis jetzt immer helfen können, wenn mal was nicht richtig funktionierte. „Was iss´en, Michi?“, fragte er zurück, kam mir dann aber auch schon entgegen. Wischte sich seine Hände an seinem Arbeitsklamotten ab. „Irgendwas mit meinem Kondensator und der Platine. Es funktioniert einfach nicht.“ Ich hielt ihm meine Arbeit hin und er nahm sie entgegen, musterte sie kritisch. „Klar, siehste da, da hat sich die Legierung nich richtig gebildet.“ Johann zeigte auf eine kleine, matte Stelle des Metalls. „Ich seh was du meinst...“ Ich seufzte. Darauf hätte ich auch alleine kommen können. Ich hatte eine kalte Lötstelle. Normal bemerkte ich sowas von alleine, aber irgendwie war ich die ganze Woche schon etwas zerstreut. Ich muss sagen, ich war noch nie so neben der Kappe gewesen, bloß wegen einem Kerl. Irgendwas an Andy war anders oder war es einfach die Situation an und für sich? Dass er Ellies Trainer war... „Joah, musste jetzt halt alles nochmal machen.“ Johann gab mir das Zeug wieder zurück, klopfte mir kurz auf die Schulter und ich lächelte ihn leicht verwirrt an. Mist. Ich war gedanklich schon wieder leicht abgerutscht. Das war echt kein Zustand. Zum Glück war die Schicht bald zu ende. Als ich zum Fußballplatz kam, waren Ellie und Andy noch mitten im Training. Ich war allerdings auch eine halbe Stunde zu früh, da ich direkt nach der Arbeit hier her gekommen war. Zuhause hätte ich es nicht ausgehalten. Ich hätte mich nur total verrückt gemacht. Stattdessen stand ich jetzt am Zaun und beobachtete Ellie, die gerade mit einem Fußball übers Feld trippelte. Es war wirklich faszinierend, wie viel Kontrolle sie über den Ball hatte. Vielleicht war ich ein kleines Stück neidisch auf ihre Körperbeherrschung. Ich selber hatte schon immer viel Untalent bei jeglichen Ballsportarten bewiesen. Naja, ich war mit Joggen völlig glücklich. Andy hatte ich nicht entdecken können, was mich etwas irritierte. Als Trainer sollte er doch anwesend sein, oder? Wenn er nicht da war, würde es auch nichts mit Kino werden. Ich fühlte mich etwas enttäuscht bei dem Gedanken. Vielleicht auch, weil ich mich die ganzen letzten Tage so verrückt gemacht hatte, weil ich ihn endlich wieder sehen würde. Ich wusste nicht an was es lag, aber irgendwas an Andy mochte ich einfach. Und es lag definitiv nicht nur an seinem Aussehen. Wenn Ellie nicht wäre, hätte ich ihn vermutlich schon längst in mein Bett gezerrt und nie wieder gehen lassen. Ich seufzte, die Situation war komisch. Ich ließ meinen Blick wieder über das Spielfeld streifen in der Hoffnung, Andy doch noch zu entdecken und tatsächlich kam er gefolgt von dem Teamkapitän, deren Namen mir nicht mehr einfiel, und Rosie aus den Umkleiden. Er wirkte entnervt, Rosie niedergeschlagen und der Kapitän wütend. Klasse Kombination. Es war nicht schwer zu erraten, das es wohl zu weiteren Zankereien gekommen war nach dem Spiel am Sonntag. Irgendwie tat er mir ein bisschen Leid. Andy fuhr sich durch seinen blonden Haaren und sie sahen noch struppeliger aus, als sonst. Irgendwie verdammt süß. Ich konnte ihn noch seufzen sehen, dann rannte er auf die Gruppe der trainierenden Mädels zu, schien ihnen weitere Anweisungen zu geben und dem Kapitän und Rosie zu ignorieren. Kurz blieb mein Blick an Rosie hängen, die betreten etwas abseits stand. Wollte ich wissen, was vorgefallen ist? Besser nicht... Ich beobachtete wieder Andy und hatte das Gefühl, als wäre der Anblick ihn über das Spielffeld rennen zu sehen, das gewesen, auf das ich die ganze Woche gewartet hatte. Ich fühlte mich etwas leichter, wenn ich ihn sah. Und plötzlich schaute er mir direkt in die Augen. Ich blinzelte kurz verdattert, lächelte dann aber. Ich bekam ein Grinsen zur Antwort und es kribbelte in meinem Bauch. Sein Lächeln war einfach einnehmend, anders wie bei Marius, aber genauso charismatisch. Ich freute mich wirklich auf den Kinobesuch, jetzt musste nur noch seine Freundin nicht dabei sein. Seine Freundin... Mist. Aber vielleicht war es ganz gut, wenn ich sie sehen würde, dann wüsste ich, dass es sie wirklich gab und ich könnte die ganze Andy-Sache irgendwie abblasen. Wobei ich nicht wusste, ob mich seine Freundin von irgendwas abhalten konnte, immerhin schaffte es nicht mal Ellie, dass ich die Finger von ihm lassen wollte. Ich verstand es irgendwie nicht, wenn es nur das Aussehen wäre... Gutaussehende Typen gab es genug, ich müsste mich nicht so auf Andy fixieren. Aber das war es nicht. Mein Blick klebte wieder auf seinem Körper. Ob er beim Sex wohl auch so fordernd und bestimmend war, wie als Trainer? Oder zeigte er da mehr seine weiche Seite, die Schüchterne? Ich betrachtete ihn eingehender und ich konnte mir beides vorstellen. Wobei mir der Gedanke gefiel ihn keuchend unter mir liegen zu haben. Als Sportler müsste er auch eine ziemlich gute Kondition haben. Ich erinnerte mich kurz an den letzten Sex mit einem Fussballer. Ich hatte den ganzen nächsten Tag noch Muskelkater, aber ehrlich, das war es wert gewesen. Und Andy schien bedeutend besser in Form zu sein. Ich merkte, wie sich mir ein dreckiges Grinsen ins Gesicht schlich. Zum Glück waren Ellie und Andy zu weit weg, um meinen Gesichtsausdruck richtig zu deuten. Auch wenn ich ihm noch Ewigkeiten hätte anstarren können, war ich recht froh, das er das Ende des Trainings pfiff. Ich wollte, dass er mit mir redete und mir seine Aufmerksamkeit schenkte. Fühlte mich bei dem Gedanken aber irgendwie albern, aus solchen Kindereien sollte ich eigentlich schon heraus gewachsen sein. „Hey, Süßer. Du warst ja heute so früh da.“ Ellie lächelte mich an und ich wusste, dass sie sich gerade etwas über mich amüsierte. Natürlich war ihr klar, warum ich schon so früh aufgetaucht war. Manchmal hatte ich das Gefühl, sie kannte mich zu gut. „Ich konnte es einfach nicht erwarten, dich zu sehen.“ Und uns war klar, dass ich jemand anderen meinte. Immerhin war ich erst gestern mit ihr Kaffee trinken. Wobei wir allerdings sowohl das Thema Andy als auch Zebi vermieden hatten. Es ging uns wohl gerade beiden so, dass wir noch nicht viel darüber reden wollten. Es hing zur Zeit viel zu viel in der Schwebe. Vielleicht fühlte ich mich deswegen auch so verwirrt von Andy. Es war einfach diese Gesamtsituation. „Natürlich. Ich werd mal in die Umkleiden gehen, sonst wird das mit dem Film knapp.“ Sie winkte noch kurz und joggte dann zu dem Vereinshäuschen. Als hätte Andy nur darauf gewartet, dass Ellie sich kurz von mir verabschiedet, stand er plötzlich bei mir. Kurz keimte in mir die Hoffnung auf, dass er unbedingt mit mir alleine sprechen wollte, aber anscheinend war er gerade noch dabei gewesen, Bälle zusammen zu sammeln. „Solltest du dich nicht beeilen, ich dachte, wir wollen heute noch ins Kino.“, begrüßte ich ihn. „Oder willst du in den Klamotten gehen?“ Ich ließ meinen Blick abschätzend über ihn gleiten, auch wenn ihm die kurzen Shorts standen, so würde ich ihn nicht ins Kino mitnehmen. „Ich wollte dich gerade um Hilfe bieten.“ Er klimperte mich mit seinen Männerwimpern an und ich fühlte mich kurz, als wäre ich im falschen Film. Ich konnte mir das nicht einbilden, Andy flirtete massiv mit mir. „Ja, nachdem ich dir das letztens Mal so eine große Erleichterung war.“ Er lachte nur zur Antwort und warf mir dann einen Ball zu, den ich ungeschickt fing. Es war doch immer wieder schön, sich zum Affen zu machen. „Kommt deine Freundin eigentlich mit ins Kino?“, fragte ich beiläufig, als ich mit Andy zu den Umkleiden ging. Er wollte auch noch schnell duschen und sich umziehen. Andy unter der Dusche... meine Gedanken wollten definitiv abdriften. „Mareike geht nicht gerne ins Kino.“, bekam ich nur die knappe Antwort. Ihm schien das Thema nicht zu passen, vielleicht hatte er Stress mit ihr. Nicht das es mich stören würde. „Ich wusste gar nicht, dass es Leute gibt, die Kino nicht mögen.“ Seine Freundin musste wirklich komisch sein... „Wie?“ Er schaute mich kurz erschrocken, verwirrt an. So, als wäre er gedanklich gar nicht anwesend gewesen und wusste jetzt nicht mehr, um was es ging. Sein verwirrter Blick war wirklich süß und ich wuschelte ihm einfach durchs Haar. Seine Haare fühlten sich weich unter meinen Händen an und ich fand, dass sie einfach dafür gemacht waren, durchgewuschelt zu werden. Ich grinste Andy breit an, als er mich irgendwie erstaunt anschaute. „Ich geh auch mal noch unter die Dusche.“, meinte er plötzlich und verschwand ziemlich schnell in dem Vereinsheim. Sollte ich das als eine Art Abfuhr auffassen? War ihm der Körperkontakt unangenehm gewesen? Verdammt, ich steigerte mich einfach zu sehr in diese Sache rein. Ich musste cool bleiben, das wird schon alles irgendwie. „Schade, dass Mareike nicht mitgekommen ist.“, meinte Ellie, als wir in der Warteschlange zur Kinokasse standen. Heute hatten sich wohl ziemlich viele überlegt, ins Kino zu gehen. Ich hatte schon lange nicht mehr soviele Leute gesehen. Ich wusste nicht, ob ich das gut finden sollte. Ich war zwar ein geselliger Mensch, aber ich musste sagen, ich genoß es, wenn der Kinosaal nicht so überfüllt war. Das senkte die Chancen irgendwelche Dummschwätzer in der Nähe zu haben, die an den falschen Stellen lachten und den gesamten Film irgendwie nicht verstanden, aber trotzdem die ganze Zeit labern mussten. Ich konnte solche Leute nicht ausstehen. Hoffentlich war Andy nicht so jemand, aber ehrlich gesagt, konnte ich mir das nicht vorstellen. „Sie schaut sich Filme immer lieber daheim an, gemütlich auf dem Sofa und so.“, erklärte Andy mit einem Schulterzucken. Mir drängte sich das Bild von Andy und einer brünetten Frau eng aneinander gekuschelt auf einen großen, gemütlichen Sofa auf und ich kam nicht umhin, mich eifersüchtig zu fühlen. Ich wollte derjenige sein, mit dem er auf einem Sofa kuschelte. Mist. Ich hatte mich schon ewig nicht mehr so verschossen gefühlt. Wobei ich nicht mal genau sagen konnte, an was es lag. Aber war das nicht immer so? Wenn Verliebtsein rational wäre, würde man sich nicht so den Kopf darüber zerbrechen, oder? „Hm, ja, sowas ist manchmal auch ganz nett. Aber ich finde manche Filme muss man einfach im Kino gesehen haben!“, ereiferte sich Ellie. „Stell dir mal „Herr der Ringe“ auf einem itzibitzi winzigen Fernseher vor, da geht doch alles daran verloren!“ „Ja, mehr hat der Film auch nicht zu bieten, als hübsche Aufnahmen von Neuseeland und schwulen Elben!“, warf ich ein und bekam dafür einen Knuff von Ellie. Was konnte ich dafür, dass ich die Verfilmung von Herr der Ringe nicht so überragend fand, wie sie? Ich lachte trotzdem, es machte Spass sie etwas zu ärgern. „Du hast doch keine Ahnung von Filmen.“, gab sie schließlich zurück, verdrehte dabei ihre hübschen, brauen Augen. „Es kann nicht jeder so einen überragenden Intellekt haben, wie Miss angehende Deutschlehrerin!“ Ich boxte ihr gegen die Schulter und Ellie wusste, dass ich es nicht in irgendeiner Weise böse meinte. Sie verstand das schon. „Angehende Deutschlehrerin? Ich dachte, du studierst Sport.“, fragte Andy etwas überrascht. „Hm, ja, auch, ich mach Sport und Deutsch auf Lehramt.“, erklärte Ellie kurz und der Disput über „Herr der Ringe“ war vorüber. „Mir tun die Kinder jetzt schon leid, die du unterrichten wirst.“, meinte ich lachend und sie schlug mir auf den Hinterkopf. Aber aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass Andy grinste, also schien er sich gut zu amüsieren und das war ja Sinn der Sache, oder? Ich hatte es im Kino auch geschafft mich zwischen Ellie und Andy zu setzen und sie so davon abzuhalten über Fussball zu reden. Es war ja schön, dass sich die Beiden so gut verstanden, aber ich ließ mich nicht gerne aus dem Gespräch drängen, vor allem nicht, wenn Andy einer der Gesprächspartner war. „Was machst du eigentlich so, Michi?“, wandte sich Andy endlich wieder gänzlich mir zu. Mir lief ein warmer Schauer über die Haut, als ich meinen Namen aus seinem Mund hörte. Außer Ellie nannte mich niemand Michi, vielleicht reagierte ich deswegen besonders intensiv darauf. Ich schaute Andy vermutlich etwas verblödet an, während er auf seine Antwort wartete. Ich machte mich lächerlich, ich war ja so stolz auf mich. „Äh, doch, klar, ich mach eine Ausbildung zum Elektroniker.“, antwortete ich peinlich verspätet und erntete einen überraschten Blick. Noch nie einen Elektroniker gesehen, oder was? „Ich dachte, du studierst.“, sagte er, immer noch etwas erstaunt. „Bist du etwa enttäuscht?“ Es konnte ja nicht jeder Student sein und ich konnte mit meinem nicht vorhandenen Abschluss schon froh sein, dass ich überhaupt etwas machte. „Was? Nein, nee, ist cool. Bestimmt interessant, oder?“ Ich bemerkte in der hellen Beleuchtung des Kinosaals, dass er etwas rot wurde. Wenigstens war ich nicht der einzige, der das Gefühl hatte in Fettnäpfchen zu treten. „Ich bin ganz zufrieden damit.“ Ich lächelte ihn an. „Andy, willst du auch Popcorn?“, mischte sich Ellie plötzlich in das Gespräch. War vielleicht besser so, ich hatte nämlich das Gefühl, das sich gerade eine peinliche Pause versucht hatte anzuschleichen. „Klar, immer her damit.“ Er fasst über mich rüber, um in Ellies Popcorntüte zu greifen und berührte mich mit seinem Arm. In der Mitte sitzen brachte definitiv seine Vorteile. „Isst du kein Popcorn?“, fragte Andy, während er was von dem weißen Zeug in seinen Mund schob. Ihm blieb ein kleiner Popcornrest an der Lippe kleben und mein Blick mit ihm. Verdammt, meine Hormone machten mir das Leben gerade schwer. „Ihm ist da zu viel Butter und Zucker dran.“, erklärte Ellie für mich, weil ich ihn immer noch anstarrte wie ein Mondkalb. So sollte der Kinobesuch eigentlich nicht ablaufen. Ich hatte ja geplant, dass ich all meinen Charme spielen ließ und ihn davon überzeugte, dass ich viel toller war als seine Schnalle und ihm nach den Film in mein Bett zerren konnte. Naja, zumindest hatte ich sowas in Ansätzen vorgehabt. Aber gerade machte ich mich einfach nur lächerlich mit meinem Gegaffe. „Salz.“, krächzte ich schließlich und merkte, dass es zusammenhangslos wirkte. „Ich ess Popcorn nur mit Salz.“, erläuterte ich deswegen noch. „Klingt irgendwie eklig.“ Andy schaute mich skeptisch an und ich fühlte mich wie ein Freak. Ich mochte gesalzenes Popcorn tatsächlich lieber als süßes und das war schon so gewesen, bevor ich entschlossen hatte mich gesünder zu ernähren. Ich überlegte, ob mir eine gute Reaktion darauf einfallen würde und hatte das Glück, dass das Kino jetzt dunkler wurde und alle anderen auch ihre Gespräche einstellten. Der Hauptfilm bequemte sich nämlich endlich mal anzufangen. Ein Hoch auf „The Imaginarium of Doctor Parnassus“. Ich lehnte mich etwas tiefer in den bequemen Kinositz und legte meine Arm auf die Lehne. Als wäre es Zufall spürte ich auch plötzlich Andys Arm an meinen und ich fragte mich, ob er das auch tun würde, wenn seine Freundin mitgekommen wäre. Ich verkniff es mir zu ihm rüber zu schauen, vielleicht hätte er dann den unverhofften Körperkontakt wieder abgebrochen. Irgendwie waren die wenigen Augenblicke, die ich mit Andy hatte sehr zerbrechlich, was jetzt furchtbar pathetisch klang, es aber am besten beschrieb. Zum Glück stellte sich heraus, dass er ein sehr stiller Kinobesucher war, sowie Ellie und ich. Er verfolgte aufmerksam den Film und bewies das er Humor hatte, da er sich über die gleichen Stelle wie Ellie und ich amüsierte. Wie gesagt, ich konnte es nicht ausstehen, wenn Leute nicht wussten, wann man zu lachen hatte und wann nicht. Und seine warme Haut an meiner tat ihr übriges. Der Film selbst war allerdings irgendwie eigenwillig, aber das hatte ich fast erwartet, nach dem Ellie den Film ausgesucht hatte. Ihr Filmgeschmack konnte sehr skuril sein. „Wir sollten auf jeden Fall mal wieder zusammen ins Kino gehen!“, meinte Andy begeistert, als wir den Saal verließen. Ich grinste ihn breit an, ihm hatte es also auch gefallen. „Vielleicht kommt dann Mareike ja auch mit.“ Ellie hatte sich bei mir eingehakt und ich hätte sie für den Satz gerne geschlagen. Warum musste sie ständig mit der Freundin von ihm anfangen? Die war doch völlig irrelevant. Oder wollte sie mir die ganze Sache mit Andy einfach nur vermiesen? „Ich kann sie ja fragen, aber wie gesagt, sie geht nicht so gern ins Kino.“ „Was macht ihr dann so bei einem Date?“, fragte ich. Ich glaube, nur Ellie fiel der bissige Unterton auf. Die Frau hatte ihm doch gar nichts zu bieten, wenn sie nur zuhause rumsitzen wollte und dann noch nicht mal die gleiche Leidenschaft für Fußball teilte, wie er. „Oh, uhm, ja, das übliche.“, gab er ausweichend zur Antwort. Ich runzelte die Stirn und bemerkte, dass auch Ellie von der Reaktion irritiert war. „Wie ins Kino gehen?“ Ellie lachte bei der Frage und Andy grinste verunglückt. „Naja, sonst halt alles, Essen gehen und so.“ „Klingt ja aufregend.“ Jetzt blieb selbst Andy mein Sarkasmus nicht verborgen und plötzlich machte sich schlechtes Gewissen bei mir breit. Es war nicht allzu höflich jemand so aufdringlich nach einer Beziehung zu fragen, vor allem, wenn er nicht gerne darüber zu reden schien. Aber eigentlich war er ja selbst Schuld, wenn er sich so ein komisches Mädchen suchte. Immerhin könnte er mich haben! Also wirklich... „Michi...“, Ellie boxte mich in die Seite, vermutlich um mir noch mal zu verdeutlichen, das der Kommentar nicht angebracht war. Auf jeden Fall bezweckte sie damit, dass ich aus meiner Eifersucht erfüllten, kleinen Welt wieder rauskam. „Nee, ist schon okay. Es klingt wirklich nicht sehr spannend, aber ich genieße die Zeit mit ihr.“ Er lächelte bei dem Satz und es versetzte mir einen Stich. Verdammt, warum hatte er denn schon eine Freundin? Das war definitiv nicht fair. Irgendwie endete der Kinobesuch nicht so, wie ich es gerne gehabt hätte. ------- Uff, zähes Kapitel, sehr zähes Kapitel. Ich muss zugeben, dass nicht nur mein Umzug und Aufnahmeprüfungen daran Schuld waren, dass dieses Kapitel so lange gebraucht hat. -seufz- Aber auf das neue Kapitel freu ich mich schon und ich hoffe, ich komme damit schneller voran, wie mit diesem hier. Es darf einfach nicht mehr soviel dazwischen kommen, wie in letzter Zeit. Hrm... Kapitel 9: Umgekehrter Reim --------------------------- „Bild dir nicht soviel drauf ein, er wollte auch meine Handynummer.“, meinte Ellie, als wir auf dem Weg zur Straßenbahn waren. Zebi hatte Ellie zu seiner Bandprobe am Donnerstag eingeladen und sie hatte beschlossen, dass es auch mir die Einladung galt. Deswegen waren wir jetzt auf dem Weg zum Proberaum, der irgendwo in der Stadtmitte lag. Ich wäre eigentlich nicht mitgekommen, aber Steve würde auch da sein, also konnte das Ganze gar nicht so schlimm werden. Außerdem wollte ich mich mir Zebi nochmal genauer sehen. Ich war mir immer noch nicht sicher, ob er wirklich gut zu Ellie passte. Er erinnerte mich viel zu sehr an ihren letzten Ex, der meiner Meinung nach ein kompletter Flachwichser gewesen war. „Ihm hätte ja auch deine Nummer reichen könnte, aber er wollte ausdrücklich nochmal meine.“, führte ich mit einem gewissen Stolz in der Stimme die Sachlage nochmal aus. Andy hatte uns auf dem Weg zurück noch nach unseren Nummern gefragt, damit wir auch mal spontan was miteinander unternehmen konnten, hatte er gemeint. Also hatte der Abend im Grunde doch noch eine gute Wendung genommen. Ich war auf jeden Fall total happy darüber. Es bedeutete zumindest das Andy wieder Zeit mit mir, uns, wie auch immer, verbringen wollte. „Manchmal bist du echt hoffnungslos.“ Sie verdrehte nur ihre Augen, was soviel hieß, dass das Thema gegessen war und ging dann zu der Fahrplanübersicht. Sie machte das immer, so als würde sie hoffen, das sich da plötzlich eine neue Straßenbahnlinie auf den Plan zaubern würde, die sie schneller irgendwo hin brachte. „Eigentlich sollte die Vierer gerade im Moment einfahren.“, entlockte sie dem Fahrplan, fast zeitgleich wie man das Bimmeln der Straßenbahn hörte. „Perfektes Timing, wie immer!“, lachte ich. Ich musste sagen, ich war heute ausgesprochen guter Laune. Irgendwie hatte ich das Gefühl, das endlich mal alles gut wurde. Vielleicht lag es auch daran, dass es heute besonders sonnig war und die Endorphine förmlich überschäumten. Auf jeden Fall war es ein guter Tag. Ich stellte mich neben Ellie, die sich an einer der Haltestangen klammerte und war schon gespannt, wie das mit der Bandprobe werden würde. „Haben die eigentlichen einen richtigen Proberaum, oder wie ist das?“ Ich wusste ja nicht, was die anderen so aus der Band machten, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie wirklich das Geld hatten sich einen eigenen Proberaum anzumieten. „Hm? Achso, ich glaub, das ist in der Kellerwohnung von einen der Jungs.“ Ellie zuckte mit den Schultern, sie war wohl auch nicht viel besser informiert als ich. Sie wirkte auch etwas angespannt. Anscheinend war sie etwas nervös wegen Zebi. Sie hatte ihn diese Woche noch nicht gesehen und letzte Woche war ja auch ein Treffen geplatzt, wenn ich es richtig in Erinnerung hatte. Also war es schon ein bisschen her, seit sie ihn gesehen hatte. Ich konnte verstehen, dass sie deswegen etwas unruhig war. „Ich bin echt mal gespannt.“, und das meinte ich ehrlich. Ich war noch nie bei einer Bandprobe dabei gewesen und hatte vermutlich eine etwas naive Vorstellung davon. „Laut Steve bestehen die Proben aus Biertrinken und sinnlosen Gitarrenrumgezupfe.“ Aber es klang so, als würde Ellie das mindenstens so interessieren wie mich. Soweit ich wusste, war sie nämlich auch noch nie bei Bandproben dabei gewesen, obwohl Ellie eine viel größere Begeisterung für Musik mitbrachte, als ich. Als wir aus der Straßenbahn raus waren, schafften wir es aber erstmal uns etwas zu verirren. Eigentlich kannten wir uns ja in der Innenstadt gut aus, aber nicht in den Nebengässchen mit den Mietshäusern. Wir stellten dann auch fest, das wir zu Anfang einfach direkt am richtigen Haus vorbei gelaufen waren und es nicht bemerkt hatten. Mit Orientierungssinn konnten weder Ellie noch ich groß punkten. Aber eigentlich waren wir noch in rechtzeitig. Vor allem, da wir eine sehr vage Zeitangabe bekommen hatten. Wir sollten so zwischen fünf und sechs mal kommen. Das hatten wir geschafft. Die Wohnung war im Keller eines sehr unauffälligen Haus und wir mussten in einem Hinterhof draußen eine Treppe runtergehen, um zur richtigen Türe zu kommen. Als Ellie geklingelt hatte, hörte ich ein Geräusch von drinnen, das mir allerdings alles andere als behagte. Hundegebell. Ich hasste Hunde, es gab kaum ein Tier, das ich schlimmer fand, als einen Hund. Ich wurde fast jede Woche mindenstens einmal von einer dieser dummen Töllen beim Joggen verfolgt und ich war mir sicher, das einmal der Tag kommen wird, an dem ich von eines dieser Viecher angefallen wurde und niedergerissen und daneben würde dann der Hundebesitzer stehen und würde behaupten, der wolle nur spielen. Ja, ich hatte mir diese Situation schon ziemlich genau ausgemalt und ich mochte Hunde einfach nicht. Sie waren laut, stanken und sabberten und ich würde wohl gleich mit einem konfrontiert werden. Ich schaute entsetzt zu Ellie, die von meiner Hundephobie wusste, sich darüber aber gerne lustig machte. Sie verstand sich nämlich super mit Hunden. Ich stellte mich hinter sie und würde jeden unfreundlich anschauen, der behaupten würde, ich würde mich hinter ihr verstecken. „Ach, Michi.“ Ellie lachte und dann wurde auch schon die Türe geöffnet. Anders als erwartet, stürzte uns zum Glück kein riesiges, haariges Monster entgegen, sondern nur Birdo. Naja, groß und haarig war er auch, aber kein Hund, von daher war er eine gute Alternative. Ich linste vorsichtig hinter ihn und erkannte dort aber die Ursache des Hundegebells, ein großer, brauner Sabbersack, der mit einem völlig verblödten Blick da stand und träge mit dem Schwanz wedelte. Als sich aber unsere Blicke trafen, bellte das Viech wieder und ich konnte nur mit großer Mühe den Impuls unterdrücken, mich hinter Ellie zu ducken. Peinliche Sache. „Fresse, Butler.“, brummte Birdo und schob den Hund etwas bei Seite. „Zebi is noch nicht da.“, meinte er schließlich, ließ uns aber trotzdem rein. „Was ist mit dem Rest?“, fragte Ellie fröhlich, während sie Butler kurz streichelte. Also bevor sie mich wieder anfassen durfte, musste sie auf jeden Fall die Hände waschen. Der Hund hatte sich sicher vorher irgendwo in Scheiße gewälzt, Hunde machten das bekannterweise ja sehr gerne. „Bis auf Sam und Zebi sind alle da.“, gab Birdo zurück und wir folgten ihm durch einen kleinen Gang in ein geräumiges Zimmer, das wohl der Proberaum war, zumindesten standen lauter Instrumente drin und es lümmelte sich Max und Steve auf einen abgesessenen Ledersofa herum. Ich stellte auch überrascht fest, dass ein Fernseher und eine Küchenzeile drin standen und schloss daraus messerscharf, dass das vermutlich auch Wohnzimmer und Küche war. Gemütlich hatte es Birdo hier, wenn man Instrumente und Chaos mochte. „Hey, ihr habt es auch noch her geschafft?“, rief Steve uns begeistert entgegen, schon mit einer Bierflasche bewaffnet. Ich war irgendwie erleichtert ihn zu sehen, nach dem Schock mit der Tölle. Der Hund hatte sich zum Glück irgendwo im Zimmer hinverzogen und stank weit weg von mir vor sich hin. „Ja, nach dem wir uns grandios verlaufen haben.“ Ellie seufzte und linste in meine Richtung, als wäre ich der Grund dafür. „Was allein deine Schuld war!“, um das mal klar zu machen. „Ich wollte nach links, du hast aber gesagt, wir müssen nach rechts!“, widersprach sie mir. „Jedenfalls habt ihr hergefunden, das ist doch schön.“ Steve hatte uns beiden auch ein Bier in die Hand gedrückt und wirkte zufrieden damit. Er grinste und bugsierte uns einfach auf das Sofa. Ich hoffte nur, dass hier nicht sonst der Hund drauf schlief. Allein bei dem Gedanken ekelte es mich etwas. Ich versuchte ihn aber zu verdrängen. Ich wollte ja nicht als Tunte da stehen, die vor allem möglichen Unsinn Angst hatte und rumzickte. „Mann, wo bleiben die denn?“ Max wirkte etwas genervt und ich war sowieso überrascht, dass er hier war. Hatten die nicht letzens Zoff gehabt? „Aye, du kennst doch Zebi. Der kann doch nicht mal ´Pünktlich´ richtig buchstabieren!“, gab Steve zurück. „Was erwartest du denn, er ist Legastheniker.“, kam es trocken von Birdo und ich musste ehrlich gesagt grinsen. Wie konnte ein Gespräch in so kurzer Zeit total vom Thema abkommen? Aber ich fühlte mich etwas desillusioniered, was die Bandprobe anging. Birdo hatte zwar eine E-Gitarre auf dem Schoss und zupfte etwas darauf herum, aber es klang nicht sonderlich melodisch und Max hatte anscheinend nicht mal vor ein Instrument anzufassen, bevor nicht andere aus der Band da waren. Also wenn die immer so probten, wunderte es mich nicht, dass sie den großen Durchbruch noch nicht geschafft hatten. Ein Klingeln und das darauf folgende Hundegebell kündigte allerdings an, dass es Zebi und Sam auch noch her geschafft hatten. Ich hoffte nur, dass niemand bemerkt hatte, wie ich bei dem Gekläffe zusammen gezuckt war. Es war nämlich verdammt uncool vor Hunden Angst zu haben und das musste hier echt niemand wissen. Ellie hatte sich auch vom Sofa erhoben und zwirbelte in nervöserer Erwartung eine ihrer Haarsträhnen. Ob ich auch so aufgeregt wirkte, wenn ich auf Andy traf? Zebi umarmte sie zur Begrüßung und gab ihr einen unbeholfenen Kuss auf die Wange. Sie lächelte ihn schüchtern an und ich musste mich zurückhalten, um sie nicht einfach wieder zu mir her zu ziehen. Es war mir immer schon recht schwer gefallen, Ellie zu teilen, aber wenn sie glücklich mit Zebi war, sollte ich definitiv nicht dazwischen funken. Außerdem waren seine Kumpels ganz okay, also konnte er nicht so schlimm sein. „Woah, endlich seid ihr da.“ Max erhob sich vom Sofa, klopfte den Beiden auf die Schulter und stellte sich schon erwartungsvoll hinter sein Mirko. Irgendwie war ich überrascht von diesem Enthusiasmus und anscheinend war er ansteckend. Sam hatte sich hinter sein Schlagzeug gesetzt, nach dem er sich ein Bier geholt hatte und auch Zebi hatte sich dazu bequemt seinen Bass umzuhängen. Birdo hatte sich neben dazu gestellt und langsam wirkte das sogar wie eine Bandprobe, zumindest so wie ich mir die vorstellte. Sie fuhrwerkten noch irgendwas bei den Verstärkern rum und plötzlich erklang ein satter Ton im ganzen Raum und ich wünschte mir kurz, das ich mir Oropax mitgenommen hatte. Es war nämlich für die Größe des Raums echt verdammt laut. „Ey, Birdo, lass mal den Riff hören, von dem du schon die ganze Zeit gelabbert hast.“, forderte Zebi den Gitarristen auf. „Wehe, ihr findet ihn nicht gut.“ Ich konnte nicht sagen, ob Birdo den Satz ernst meinte oder scherzhaft, auf jeden Fall klang er brummig, fing dann aber an zu spielen und ehrlich gesagt, war ich irgendwie beeindruckt. Ich wusste nicht genau, was er da spielte, aber es klang so, als wäre es nicht ganz einfach. Birdo wirkte zwar mehr unscheinbar, aber mir kam das Sprichwort „Stille Wasser sind tief“ in den Sinn und fand es bei ihm irgendwie zutreffend. „Hey, Birdo, weißt du, an was mich das erinnert.“, rief Sam, als Birdo fertig gespielt hatte und wartete aber die Antwort nicht ab. Er fing an eine Melodie auf dem Schlagzeug zu spielen, in die Zebi mit seinem Bass mit einsetzte. Irgendwie kam sie mir bekannt vor. Ich schaute zu Ellie, die dieses Lied bestimmt kannte und merkte, dass sie etwas irritiert wirkte. Als dann Max auch noch mit einem dreckigen Grinsen anfing zu singen, wusste ich auch warum sie so schaute. „Wenn sich an mir ein Weib verwirrt, dann ist die helle Welt verwirrt.“ „Mann gegen Mann!“, gröhlten die anderen mit und ich fragte mich kurz, ob das gegen mich ging. Es war doch kein Zufall, dass sie das einzige Metall-Lied, das offensichtlich Schwule thematisierte spielten. Erst als Birdo anfing zu lachen und irgendwas von Vorurteilen murmelte, verstand ich es. „Ich werde das meinem Lebtag nicht mehr los, oder?“, fragte Birdo dann und seufzte. „Nein, sieht nicht so aus.“ Zebi schlug ihn auf die Schulter und ich war irgendwie perplex. Dann hatte ich richtig gelegen? Dieser haarige, wortkarge Typ war tatsächlich schwul? Also, ich musste sagen, ich war wirklich überrascht. Nicht, dass ich jemals an meinem Gaydar gezweifelt hatte, aber in dem Fall schon. „Als sich Birdo damals geoutet hat, haben sie das Lied mindenstens ne Woche lang in Dauerschleife gespielt.“, klärte uns Steve nebenher auf und plötzlich rückten sich die ganzen Typen hier im Raum für mich in ein neues Licht. Ich hätte eigentlich keinen von ihnen, außer vielleicht Steve, zugetraut, dass sie so eng mit jemand befreundet waren, der schwul war. Nicht, das sie bei mir irgendwelche Vorurteile gezeigt hätten, aber ich musste sagen in meinem Bekanntenkreis waren Hetero-Typen rar gesäht, da die meisten schon ziemliche Berührungsängste aufwiesen. Wenn ich mir allerdings Birdo anschaute, man konnte sich eigentlich gar nicht vorstellen, dass er mir irgend jemand Sex hatte, egal ob mit Mädchen oder Kerlen, auch wenn das böse klang. Er wirkte wirklich nicht so, als hätte er überhaupt irgendwelche sexuellen Präverenzen. „Ich glaub, seit dem hat er ein leichtes Trauma.“, führte Steve das Thema noch etwas näher aus und schaute dabei zu dem Gitarristen, der sich mit Zebi tatsächlich über Musik unterhielt. „Hey, Steve, hör auf zu lästern! Damals dachten wir noch, ihr hättet was miteinander.“, rief Sam rüber und wurde mit einem Bierdeckel beworfen. „Du bist doch nur neidisch, weil ich so überragend gut aussehe.“, konterte Steve und ich beobachtete dabei Birdo. Ihn schien das alles nicht so sehr zu interessieren, entweder weil es ihn tatsächlich nicht kratze oder weil er das schon längst gewohnt war, vielleicht beides. „Wir sollten auch mal was vernünftiges spielen, immerhin sind wir zum Proben hier.“ Damit fegte Max das gesamte Thema vom Tisch und Ellie und ich hatten wirklich mal die Gelegenheit eine Bandprobe mit zu erleben. Man bekam ein bisschen das Gefühl, vergessen worden zu sein. Für die schien es im Moment wirklich nur die Band zu geben, auch wenn mir auffiel, dass Zebi immer wieder zu Ellie schaute und ihr zu zwinkerte. Für unsere aktive Unterhaltung sorgte aber Steve, der uns mit großer Begeisterung mit Anekdoten über die Band fütterte. Wenn ich es richtig verstanden hatte, waren Steve und Birdo schon seit ewigen Zeiten befreundet und kannte die Band seit sie in den Kinderschuhen steckte. So hatte er wohl alle wichtigen Highlights von ´Cutting Edge´ mit erlebt. Zebi hatte es anscheinend einmal geschafft bei einem Auftritt von der Bühne zu fallen und sich dabei die Hand zu prehlen und auf dem Schlagzeug konnte man angeblich noch Blutflecken von Sam sehen, der sich vor dem Auftritt an Papier geschnitten hatte, aber das Konzert nicht abbrechen wollte und alles voll geblutet hatte. Und Birdo hatte seinen Ruf weg als grandioser Witzeerzähler. Also nicht, dass er gut Witze erzählen könnte, aber er war anscheinend so herausragend schlecht darin, das man es schon als Talent zählen konnte. Immer wenn eine Saite riss oder irgendwelche kleinen, technischen Schwierigkeiten auftraten bei einem Auftritt, stellten sie jemand auf die Bühne, der die Zeit mit Witzen überbrücken sollte, damit das Publikum bei Laune blieb. Birdo hatte sich da als absoluter Renner herausgestellt und wurde mittlerweile auch von anderen Bands dafür missbraucht. Ich musste allerdings sagen, dass es bestimmt erheiterend war ihn so stotternd und rot angelaufen auf der Bühne zu sehen. „Ich sags euch, er hat es nicht mal geschafft, einen Hasi-Witz richtig zu erzählen! Ich mein, Hasi-Witze schafft jeder, aber er hat es ja so dermaßen verkackt!“, Steve lachte allein schon bei dem Gedanken daran und irgendwie hatte ich das Gefühl, das Birdo ganz schön viele Witze auf seine Kappe nehmen musste. Aber er sah so aus, als würde er das aushalten. „Au Mann, wir haben uns jetzt Bier verdient!“, scheppernd warf Sam seine Sticks auf das Schlagzeug und erhob sich. Anscheinend waren die Proben mittlerweile zu Ende, auf jeden Fall hatten auch die anderen ihre Instrumente bei Seite gelegt und waren dabei sich am Bierkasten zu bedienen. Während der Probe hatten sie ja nichts getrunken, aber ich konnte mir auch vorstellen, dass es eher hinderlich war dabei besoffen zu sein. Da der Raum sonst nicht viele Sitzgelegenheit bot, fühlte ich mich plötzlich zwischen Steve und Birdo eingeklemmt, da Zebi Ellie auf seinen Schoß gezogen hatte. Der Anblick passte mir nicht, was nicht daran lag, dass er so intim war. Aber ich fand, das Ellie kein Mädchen war, um auf irgend jemands Schoss zu sitzen. Sie war für sowas viel zu tough, auch wenn sie das wohl gerade nicht so sah. Hrm... „Birdo, willst du uns nicht mal, einen Witz erzählen? Ich hab den beiden gerade erklärt, wie fantastisch du darin bist.“, stichelte Steve etwas und bekam nur ein Augenverdrehen von Birdo. „Ist er nicht entzückend?“, wurde ich gefragt und ich hatte das Gefühl im falschen Film zu sein. Also entzückend wäre so das letzte was mir zu ihm einfallen würde. „Du, ich glaub, die wollen uns verkuppeln.“, meinte Birdo in einem sehr nüchternen Tonfall. Kurz trafen sich unsere Blicke und wir schüttelten beide nur den Kopf. Keine Chance, da waren wir uns einig. Ich glaube, das einzige was wirklich gemeinsam hatten, war das wir beide auf Kerle standen, auch wenn ich mir bei Birdo immer noch nicht sicher war, ob er überhaupt auf irgendetwas stand. „Denen fehlt vermutlich ein eigenes Leben...“, gab ich schließlich zurück und wurde von Steve in die Seite geboxt. Ich lachte, mit Steve kam ich definitiv klar. „Von ihm solltest du aber auch die Finger lassen, der steht nicht auf Kerle.“, meinte Birdo und ich fragte mich, ob das Birdo aus eigener Erfahrung wusste. Schüttelte den Gedanken aber schnell ab, das ging mich nichts an. „Ach, ich find Steve einfach nur sympathisch... so als Person, nicht sexuell gesehen.“, stellte ich klar. Vielleicht wäre Steve ja mein Fall, wenn er nicht so offensichtlich hetero wäre. „Warte, gleich werde ich rot vor lauter Komplimente.“, kam es von Steve, der das Ganze mit Humor nahm. Ein Kichern riss mich allerdings etwas aus der Unterhaltung. Ich schaute irritiert zu Ellie, die immer noch auf Zebis Schoss saß und ihn mit diesem Mädchengekicher bezierzte. Das zu hören war wirklich verstörend für mich, normal hatte sie ein sehr volles, offenes Lachen, was ihr sehr gut stand. „Aye, Ellie sei mal kurz still, ich versteh Sam nicht mehr.“ Und für den Satz hätte ich Zebi in die Fresse schlagen können. Ich starrte ihn entgeistert an und wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Vor allem weil Ellie tatsächlich anstandslos still wurde. „Zebi, so behandelt man doch nicht seine Freundin.“, nahm Steve mir die Wörter aus dem Mund. Ich hätte es wohl nur um einiges aggressiver gesagt und nicht in diesem leicht scherzhaften Ton. „Ach was, Ellie versteht das schon, oder?“ Zebi lächelte sie an und sie grinste zurück. „Bin ja nicht aus Zucker.“, erwiderte sie frech und stand dann aber von seinem Schoss auf. Sie holte sich noch ein Bier aus dem Kasten und zwängte sich dann zwischen mich und Steve. Ich legte meinen Arm um sie und zog sie etwas näher zu mir. Sie grinste mich breit an und ich bemerkt ein verschwörerisches Funkeln in ihren Augen. „Ich weiß schon, wie meine Männer mich behandeln müssen.“ Dann küsste sie mich auf den Mund, ich drückte sie noch etwas enger an mich und strich mit der Zunge über ihre Lippen, woraufhin sie ihren Mund öffnete und den Kuss erwiderte. Ellie wusste, dass sie es nicht nötig hatte, irgend einem Typen zu gefallen. Immerhin hatte sie immer noch mich. Als wir den Kuss lösten, spürte ich, wie uns alle schockiert anstarrten. Aber Zebi brauchte gar nicht zu denken, dass er sich mit Ellie alles erlauben konnte. Ich hoffte, das war ihm jetzt klar. Ich schaute herausfordernd zu ihm, der immer noch etwas perplex wirkte und uns einfach nur entgeistert anstarrte. „Ähm, ja... Max, was wollt ihr eigentlich auf dem Gig nächsten Monat so alles spielen?“, versuchte Steve verzweifelt die Situation zu retten. Ellie hatte sich etwas an mich gelehnt und noch immer lag eine gewisse Spannung in der Luft. Schließlich griffen die anderen dankbar das hingeworfene Gesprächsthema auf und Zebi brauch das Augenduell mit mir ab, um sich am Gespräch zu beteiligten. Er hatte es verstanden. ---- Hm, auch schon wieder halb sechs Uhr morgens, ich sollte wohl langsam ins Bett gehen und ich muss sagen, dieses Kapitel hat mir so viel mehr Spass gemacht, als das Vorherige. *___* Kapitel 10: Inreim ------------------ Ich schaute auf die Uhr in meiner Küche und wunderte mich, dass sich Ellie noch nicht bei mir gemeldet hatte. Wir hatten zwar nichts konkret miteinander ausgemacht, aber eigentlich hatte ich angenommen, dass wir das Wochenende miteinander verbringen würden. Immerhin hatte Ellie gestern nach der Bandprobe fest vorgehabt, sich heute mit mir zu laufen zu lassen. Naja, sie hätte sich besoffen und ich hätte ihr nüchterne Gesellschaft geleistet. Die Sache mit Zebi schien wohl irgendwie in die falsche Bahn geraten zu sein, weder zu meinem Leidwesen, noch ohne mein Zutun. Normal kam ich mit den meisten von ihren Typen klar, aber gerade bei Zebi hatte sich bei mir alles gesträubt. Vielleicht lag es auch daran, dass sich unsere Freundschaft auf eine Art veränderte, die ich nicht genau erfassen konnte. Als wir noch Kinder waren, wussten wir alles über einander und ich meinte wirklich alles. Wir hatten keine Geheimnisse voreinander und wir kannten uns in- und auswendig. Natürlich wäre es idiotisch zu denken, dass sich so ein Zustand über die Pupertät hinweg halten könnte, dass hatte ich auch nie angenommen. Aber ich hatte wieder das Gefühl, dass Ellies Leben eine Richtung einschlug, in der ich ihr nie folgen könnte und vielleicht ging es ihr mit mir ähnlich. Es ging einfach nicht, weil wir uns nie näher sein werden, als Freunde. Vielleicht war es auch gut, da Freundschaften oft mehr Bestand hatten, als irgendwelche Beziehungen, aber anderseits gab es für Freunde immer gewisse Grenzen und etwas, was man nie von einander kennen lernen wird. Ich musste an das Glitzern in ihren Augen denken, als sie sich mit Desireé über den baldigen Familienzuwachs gefreut hatte und mein befremdliches Gefühl dabei. Das war etwas, was nie ein Teil meiner Welt werden könnte. Wahrscheinlich hatte ich auch einfach Angst davor, dass sie einen Menschen finden konnte, der ihr so wichtig war, wie ich. Mit dem sie Geheimnisse und Gefühle teilte, die ich nie erfahren würde. Mir zog sich etwas das Herz zusammen bei dem Gedanken, aber wir wussten beide, dass wir irgendwann mal lernen mussten zu teilen, da uns nie mehr als innige Freundschaft verbinden würde. Das Klingeln meines Telefons riss mich zum Glück aus meinen trübsinnigen und unangenehm zermürbenden Gedanken. Es war nicht gut, über solche Dinge nach zu denken. Ich ging in den Flur und hob dort mein schnurloses Telefon ab. „Plemtke.“, meldete ich mich und war froh, als ich Ellies Stimme hörte. „Hey, Michi, ich bin´s.“ „Wo bleibst du denn, ich dachte, wir wollten heute ins ´Viva`?“ „Du, Zebi hat vorhin nochmal angerufen...“ Sie klang sehr entschuldigend und es war offensichtlich, dass sie mir gleich absagen würde. Ich fühlte, wie sich ein Klumpen in meinem Magen bildete. Ich hatte eigentlich gedacht, dass mit Zebi wäre erledigt gewesen. Er war gestern nämlich sehr zurückhaltend und abweisend gewesen, die Stunde, die wir noch dagewesen waren. „Was wollte er denn?“, fragte ich deswegen mit kühler Stimme. Ich fand nicht, dass sie noch groß etwas zu besprechen hatten. „Er will nochmal in Ruhe mit mir reden und ich denke, dass das eine gute Idee ist.“, gab sie ehrlich zu und der Klumpen schien kleine Auswüchse in meine Gedärme zu treiben. Die Sache passte mir nicht, aber es war Ellies Leben. Ich musste lernen loszulassen, oder? Ellie einfach loslassen... Der Gedanke war mir noch so unangenehm, wie eben schon. „Aber ich dachte, wir wollten heute was zusammen machen.“ Ich klang wie ein quengelndes Kind und ich kam mir etwas dumm vor, als mir das klar wurde. Allerdings hatte sie es mir versprochen, sie sollte mich nicht wegen Zebi versetzen. „Du wirst es doch wohl einen Tag ohne mich aushalten.“ Ellies Stimme war genervt, anscheinend war ihr das alles gerade sehr ungenahm. War sie selbst Schuld, sie hätte auch einfach herkommen können. „Kommst du denn morgen, oder willst du da nicht auch lieber bei Zebi sein?“, fragte ich giftig und wusste, dass ich immer noch sehr kindisch klang. Aber es war mir egal. „So ein Schwachsinn! Michi, krieg dich wieder ein. Mir ist das wichtig, okay? Als mein bester Freund solltest du das verstehen.“, gab Ellie zurück. Sie war eindeutig sauer, was aber auf gegenseitig beruhrte. An unsere Freundschaft appellieren, was dachte sie sich eigentlich? Oder störte es mich, dass sie es nochmal so betonte. So als hätte ich kein Recht mich in irgendeiner Weise in ihre Beziehungen einzumischen, weil wir nur Freunde waren. Ich hatte wirklich kein Recht mich einzumischen... Verdammt! „Ach, du kannst mich mal.“ Ich pfefferte das schnurlose Telefon in seine Ladestation und bereute es sofort wieder, dass ich aufgelegt hatte. Ich war so ein Idiot. Was hatte ich mir von der Aktion erhofft? Dass sie sich besann und doch lieber hier her kam? Bestimmt nicht. Allerdings war ich auch zu stolz, um jetzt zurück zu rufen. Ich stand unschlüssig in meinem kleinen Flur. Was wollte ich jetzt mit diesem angebrochnen Abend? Ich war frisch geduscht, hatte Klamotten an, in denen ich einfach nur fabelhaft aussah und war eigentlich fest davon überzeugt gewesen heute mit Ellie um die Häuser zu ziehen. Jetzt war ich allerdings nur noch schlecht drauf und ich versuchte, dass unangenehme Gefühl in meinem Magen zu ignorieren. Sie wollte lieber mit Zebi reden! Tz... Der Typ war es doch gar nicht wert irgendwie Zeit mit ihm zu verschwenden! Ich seufzte. Eigentlich wollte ich den Abend nicht alleine in meiner Wohnung verbringen, allerdings wusste ich nicht, ob ich mich noch dafür begeistern konnte unter Menschen zu gehen. Ich starrte auf mein Pinboard, das über dem Telefon hing und an dem ich die meisten Nummern meiner Freunde notiert hatte. Hauptsächlich kannte ich die Leute entweder durch Ellie oder es waren Typen, mit denen ich mal etwas gehabt hatte. Auf beides hatte ich im Moment keine Lust. So ein Dreck. Kurz wünschte ich mir, dass Marius anrufen würde. Der Sex mit ihm wäre jetzt genau die richtige Ablenkung, auspowernd und alles einnehmend. Aber erstens hatte ich keine Nummer von ihm und zweitens war es sehr wahrscheinlich, dass er sowieso keine Zeit hätte. Ich hatte noch in Erinnerung, dass er mir an dem Abend, als ich ihn abgeschleppt hatte, erzählte hatte, wie krass stressig sein Beruf war und wie eng sein Terminkalender. Eigentlich konnte ich ja schon froh sein, wenn ich jemals wieder von ihm hören würde. Gedanken an Andy versuchte ich komplett zu vermeiden, es war alles zu nah an Ellie dran und Andy sowieso so weit weg durch seine bekloppte Freundin. Der Abend hatte wirklich eine sehr frustrierende Wendung genommen und ich verspürte seit langem mal wieder das Bedürfnis nach Alkohol oder besser gesagt, nach einem Besäufnis der extra Klasse, bei dem ich danach nicht mal mehr wusste, was ich an dem Abend gemacht habe. Ehrlich gesagt, störte es mich, dass ich etwas trinken wollte. Ich hatte nie ein Problem mit Alkohol gehabt, aber irgendwann hatte ich einfach beschlossen, dass ich keinen mehr trinken wollte und ich war ein Mensch, der versuchte seinen Prinzipien treu zu bleiben. Für mich war das gesunde Leben ein Rahmen, der auch sonst alles fest halten musste, wenn mein Leben in Chaos zu versinken drohte. Und gerade hatte ich dieses Gefühl. Wieder war es ein Klingeln, dass mich von allem ablenkte. Diesmal allerdings mein Handy, das ich irgendwo im Schlafzimmer vermutete, da das aufdringliche Klingen aus diesem Raum kam. Tatsächlich lag das kleine Gerät auf der Kommode und vibrierte und klingelte, als würde es um das eigene, elektronische Leben geben. Ich schaute auf das Display aus Gewohnheit und vielleicht in der kleinen Hoffnung, dass es Ellie war. Die Nummer war allerdings unterdrückt, ich hob trotzdem ab. „Ja?“, fragte ich etwas unfreundlich in das Gerät. „Michi?“, kam es unsicher zurück und ich erkannte Andys Stimme. Ich merkte, wie mein Herz etwas schneller schlug und sich der Klumpen in meinem Magen irgendwie zu lösen schien. „Andy, hey! Was gibt’s?“ Man konnte mir meine Freude anhören, war aber okay so. „Ach, ich wollte fragen, was ihr heute so macht.“ „Ich hab eigentlich nichts vor...“, was traurigerweise den Tatsachen entsprach und das an einem Freitagabend. „Du machst heute nichts mit Ellie?“, fragte er mich überrascht. „Nee, die is lieber bei ihrem Lover...“, presste ich immer noch frustriert von dem Telefonat von vorhin raus. Vielleicht hätte ich ein bisschen mehr nachdenken sollen, aber eventuell wollte ich das auch gar nicht. Warum sollte ich auf Ellie noch Rücksicht nehmen? Sie tat es doch offensichtlich auch nicht. „Ähm...“, Andy wirkte verwirrt. Was verständlich war, aber ich hatte keine Lust ihm das zu erklären. Das war im Moment alles viel zu verkorkst. „Sollen wir was machen? Oder hat deine Freundin was dagegen?“, fragte ich mit der Absicht alles vom Tisch zu fegen, seine Verwirrung, mein Frust, den verdorbenen Abend. „Was? Nein, nein, deswegen hab ich angerufen. Ich würd mich freuen, wenn wir zusammen weggehen würden.“ Andy klang bei dem Satz ungewohnt schüchtern und plötzlich fand ich es ziemlich eindeutig, dass es seine Mareike nie gegeben hatte. Möglicherweise hatte ich mir das sowieso schon die ganze Zeit gedacht. Sein ausweichendes Verhalten, immer wenn sie zur Sprache kam, sein Verhalten mir gegenüber. Es war so offensichtlich. Wahrscheinlich hatte ich immer so auf seine Freundin bestanden, um noch irgendein anderes Hindernis als Ellie zu haben. „Cool, wo sollen wir uns treffen?“ Wenn es nach mir ging, am besten hier und jetzt in meinem Bett. Aber das wäre vermutlich doch etwas überstürzt. „Kennst du das ´Medusa´?“ „Hab schon davon gehört, war dort aber noch nie.“ Zumindest war es eine Bar in der ich noch nie mit Ellie war und das war mir im Moment ganz recht. Heute wollte ich rein gar nichts mehr mit ihr in Verbindung bringen. „Weißt du, wo das liegt?“, fragte er zuvorkommend, wie er nun mal war. „Irgendwo beim Rathaus in der Nähe, oder?“ Ich bildete mir ein, schön öfters beim Medusa vorbei gelaufen zu sein. Hatte irgendwie orientalisch ausgesehen, aber eigentlich ganz cool. „Genau da, sollen wir uns am Eingang treffen?“ „Klingt gut. Ich würd dann sagen, so in einer halben Stunde, oder?“ Ich wollte Andy so schnell wie möglich sehen. Vielleicht auch, weil ich sonst wieder alles abgeblasen hätte oder einfach, weil ich aus der Wohnung weg wollte. Ich brauchte Ellie nicht, um meinen Spass zu haben. Sollte sie sich doch mit Zebi vergnügen, war mir doch egal. „Ich freu mich schon.“ Bei dem Satz hatte ich das Gefühl sein leichtes Lächeln durch das Handy zu hören. „Ich mich auch.“, gab ich zurück und meinte es ehrlich. Andy war genau das, was ich jetzt brauchte. Ablenkung und vielleicht ein bisschen Rache und wer weiß, was dieser Abend noch bringen würde. Mit einem komischen Gefühl, dass ich nicht genau benennen konnte, machte ich mich dann auch auf den Weg. Ich fühlte mich seltsam wegen Ellie, wir stritten relativ selten und eigentlich nie über solche Kleinigkeiten. Es veränderte sich zu viel und zu schnell. Und ich war mir nicht sicher, was ich über Andy denken sollte. Klar, ich stand auf ihn und wie ich auf ihn stand, sobald sich die Gelegenheit ergeben sollte, würde ich ihn in mein Bett schleppen. Aber war es nicht komisch, wie er so auf diese Freundin bestand? Wenn er wirklich was von mir wollte, hätte er doch gleich mit offnen Karten spielen können, oder? Bildete ich mir da nur was ein, weil ich gerade so frustriert war? Vielleicht war ich auch einfach schon zu lange Single. Die letzte, richtige Beziehung, die ich hatte, war mit Reneé gewesen und das ist schon ein paar Jahre her. Ich hatte eigentlich mein Single-Dasein immer genossen, hier und da mal ein Kerl, alles eher unverbindlich, aber eigentlich war das auch nichts, was man auf Dauer haben wollte. Irgendwann wünschte sich doch jeder wieder in eine Beziehung zurück, ich bildete da keine Ausnahme. Ich betrachtete mein Spiegelung im Fenster der Straßenbahn und hatte irgendwie das Gefühl, alt zu sein. Mein Blick wirkte in der grellen Beleuchtung müde und ich war mir sicher, dass ich mich mit einundzwanzig noch nicht so fühlen sollte. Vielleicht sollte ich meine Ernährung mal wieder umstellen, weniger Ballaststoffe oder ich könnte es mal mit Trennkost versuchen? Allerdings sollte das nicht sehr ausgewogen sein. Möglicherweise war es auch nicht die Ernährung. Ich zupfte etwas an meiner Frisur herum und war immer noch unzufrieden. Oder war ich schlichtweg nervös, weil ich gleich mit Andy in einer Bar sitzen würde? Keine Ellie, keine erfundene Mareike, nur ich und er und ich zog es nochmal in Erwägung, ob ich heute nicht mal etwas Alkohol trinken sollte. Ich sollte nicht so inkonsequent werden... Ich konnte Andy schon sehen, als ich aus der Straßenbahn stieg. Er stand etwas abseits vom Eingang der Bar und schien nervös zu sein. Er schaute sich immer wieder um und ich fragte mich, wann er mich bemerken würde. Oder hielt er gar nicht nach mir Ausschau? Ich fegte den Zweifel beiseite und ging ihm mit meinem ganzen, kümmerlichen Selbstbewusstsein, das nach der Straßenbahnfahrt noch übrig war zu ihm. Zu meiner Erleichterung erhellte sich sein Gesicht, als er mich endlich bemerkte. Ich erwiderte sein charismatisches Lächeln und stellte fest, dass er heute Abend besonders gut aussah. Er hatte seine sonst eher wilden Haare mit etwas Gel gezähmt und er trug ein weißes Hemd, das seine braune Haut noch mal unterstrich und dazu eine dunkle Hose. Ich hätte in diesen Klamotten sterbenslangweilig ausgesehen, aber ihm stand es. „Schick siehst du heute aus.“ Ein Kompliment konnte nie schaden, um einen Abend zu starten, oder nicht? „Naja, ich kann ja nicht immer nur Trainingsklamotten tragen.“, gab er zurück, leicht errötend, und ich grinste kurz. Fußballtraining, Ellie, miese Assoziationskette... Ach, Mist. „Ich würd sagen, gehen wir mal rein.“ Hauptsache weg von einem möglichen Ellie-Thema, als würde das einfach hier draußen warten. Wenn Andy klug war, was ich schwer für ihn und mich hoffte, würde er mich auch heute nicht auf sie ansprechen. Ich schwieg auch über seine angebliche Freundin. Der Abend fing also schon mal mit unausgesprochnen Themen an, super Vorraussetzungen für alles. Ich war stolz auf mich, mittlerweile hatten wir irgendwas nach zwölf, ich hatte keinen Tropfen Alkohol angerührt, jeden Gedanken an Ellie irgendwie verdrängt und mich fabelhaft mit Andy unterhalten. Ich war mir jetzt auch ziemlich sicher, dass er auf mich scharf war. Kein normaler Mann und vor allem kein Hete würde einen so oft „zufällig“ berühren und so aufmerksam im Auge behalten. Nicht das es mich stören würde, war doch perfekt so, oder nicht? Allerdings wirkte er manchmal komisch zögernd, als wäre er nicht sicher, ob er wirklich auf mich eingehen sollte und ich hatte den Verdacht, dass es an Ellie und mir lag und an unserer angeblichen Beziehung. Ich hatte aber ehrlich gesagt keine Lust ihm das alles zu erklären. Eigentlich ging ihn das ja alles nichts an, wenn man davon absah, dass das ein großer Faktor war, der uns im Weg stand. Aber was wollte ich von ihm? War ich einfach nur auf ihn scharf oder wollte ich eigentlich mehr von ihm? Ich merkte, dass ich mir nicht sicher war und fühlte mich deswegen dumm. In der Regel wusste ich immer, was ich von einem Kerl wollte, vornehmlich Sex. Selten hatte ich das Gefühl, dass ich mehr wollte, aber bei Andy schien das anders zu sein. Und irgendwo bei diesem Gedankengang hatte ich beschlossen, es drauf anzukommen zu lassen. Mehr als in einer Katastrophe enden konnte es ja nicht... Trotzdem war ich überrascht, wie schnell plötzlich alles passiert war. Wir hatten unsere Gläser noch leer getrunken, ich hatte Andy zu mir auf einen Kaffee eingeladen und irgendwie fand ich mich in meinem kleinen Flur an die Wand gedrück wieder, seine Lippen fordernd auf meinen. Ich hatte gewonnen, oder? Natürlich hatte ich das! Ich fuhr mit meiner Hand unter sein Hemd und bemerkte mit einer leichten Belustigung, dass er leicht zusammen zuckte auf Grund von der Berührung. War wohl etwas empfindlich, der Gute. Mich sollte das nicht stören. Allerdings irritierte es mich, als er plötzlich den Kuss löste und meine Hand fest hielt. Er hatte wieder diesen befangenen Blick und anscheinend war ihm erst jetzt klar, was er da eigentlich tat. „Was ist denn mit Ellie?“, fragte er und man könnte meinen, er hatte Angst, dass ich ihn jetzt aus meiner Wohnung schmeißen würde. Andy hatte wirklich bis jetzt gedacht, dass ich und Ellie doch mehr waren, als nur Freunde? „Die stört das so sehr, wie deine Mareike.“, gab ich mit meinem Grinsen zurück und wusste, dass ich dabei etwas log. Ellie würde es stören, es gab einfach Leute, an die man sich nicht ranmachen sollte. Ihr Fußballtrainer gehörte definitiv dazu, aber das brauchte ich Andy jetzt alles nicht zu erzählen. „Du hast es gewusst?“, gab er etwas überrascht, aber auch irgendwie beschämt zurück und ich fand ihn einfach süß. „Es war sehr offensichtlich.“ Manchmal musste man ehrlich sein. Ich fuhr ihm durch seine blonden, struppeligen Haare und zog ihn wieder zu mir. Zufrieden stellte ich fest, wie er meinen Kuss diesmal sehr enthusiastisch erwiderte und ich war mir ziemlich sicher, dass ich diese Nacht nicht viel Schlaf bekommen würde. Als ich ihn in mein Schlafzimmer zog, kamen mir allerdings Bedenken. Wie sollte ich das Ellie alles erklären? Sie wäre stocksauer, wenn ich ihr es erzählen würde und es gab keine Option, dass ich es ihr nicht sagen würde. Anderseits war es ihr auch egal, dass es mir nicht passte, das sie zu Zebi gegangen war. Und wer weiß, was die beiden gerade taten... Der Gedanke und die Tatsache, dass Andy an meinem Gürtel rumnestelte, sorgte dafür, dass ich meine Zweifel einfach wegkickte. Ich konnte es immer noch morgenfrüh bereuen, wenn ich zufrieden neben Andy aufwachen würde. Wenn ich es denn überhaupt bereuen würde... Mit einem Grinsen drückte ich ihn auf mein Bett und ließ mir mein T-Shirt über den Kopf ziehen. Ellie am Arsch, das war es wert, immerhin hatte ich endlich Andy. ------- Uh, ich bin gerade leider recht beschäftigt mit vielen, komischen Zeug was dazu führen soll, dass ich mal ein tolles Leben habe. O_o" Das traurige ist ja, ich hatte dieses Kapitel schon vor ein einhalb Wochen fast fertig, es hatten nur noch so drei Sätze gefehlt. Wie peinlich. Was wollte ich? Hm... mehr Sex, weniger reden... Bla. Kapitel 11: Assonanz -------------------- Vorne weg, ich glaube, in dem Kapitel sind viele Rechtschreibfehler und eklatant schlechte Wortwahl. Ich denke, ich werde es in der Hinsicht bei Zeiten noch mal etwas überarbeiten müssen, aber im Moment bin ich froh, dass ich dieses Kapitel abschließen konnte. Ich muss sagen, dass mich Michi stellenweise schon sehr geärgert hat. Und falls sich welche denken, ey, Flo, den Namen hab ich schon mal gelesen. Jub, ist der Flo von "Wrong about Bobby", zu finden hier: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/24625/162170/ Aber natürlich nicht weiter relevant für die Story. Manchmal ist es schade nur so einen kleinen Teil von dem "Die Welt ist klein"-Projekt schreiben zu können. Egal... ------------ „Du verstehst mein Problem nicht!“, zischte ich frustriert in meinen Telefonhörer, darauf bedacht Andy nicht zu wecken, der leider Gottes immer noch in meinem Bett lag. „Ich glaube, ich verstehe es besser, als du.“, antwortete mir mein Cousin nur und ich hasste ihn für den Tonfall, den er gerade benutzte. Er tat so, als wäre er schon soviel älter und weiser und erfahrener als ich. Gut, er war älter und hatte vermutlich schon bedeutend mehr Kerle gehabt und damit verbundene, unangenehme Situationen, aber das war kein Grund, es so raushängen zu lassen. „Das ist voll die Scheiße!“, versuchte ich meinen Standpunkt nochmal zu verdeutlichen. „In die du dich selbst reingeritten hast, im wahrsten Sinne des Wortes.“ Ich konnte das Grinsen von Flo bei diesem Satz schon fast durch die Leitung sehen. Er fand diesen miesen Wortwitz immer wieder lustig. „Ha ha. Was soll ich denn jetzt tun?“ Ich war wirklich irgendwie verzweifelt und in solchen Moment war ich ja eigentlich froh, Flo zu haben, wenn er mir denn helfen würde. Arschloch. Er sollte mir nicht so fies auf die Nase binden, dass Ellie recht gehabt hatte. Es war sowieso unfair, dass er sich auf ihre Seite schlug, obwohl die nicht mal miteinander verwandt waren! „Was machst du denn sonst, wenn du einen Typen abgeschleppt hast, der einfach Scheiße im Bett ist?“ Er fragte es in einem Tonfall, als würde mir das ständig passieren. Ich unterdrückte aber den Impuls trotzig darauf zu reagieren... „Ich werf sie raus und hoffe, dass sie mich dann in Ruhe lassen... Aber das kann ich doch schlecht machen. Es ist immerhin Ellies Trainer.“ Sonst wäre das ja alles nicht so verfahren. Ich wusste einfach nicht, wie ich den Kerl los bekommen sollte, den ich unbedingt haben wollte. Aber wer hätte denn ahnen können, dass er all meine Erwartungen so dermaßen enttäuschen würde. Offensichtlich reichte es nicht aus, einfach nur rattenscharf auszusehen... Das war sehr ernüchternd. „Ich frag mich ja, wie er das hingekriegt hat, selbst unten mies zu sein...“ Danke, Flo, sehr hilfreich. „Ich hab keine Ahnung. Hilf mir!“ Mein Cousin hatte mir eigentlich bei den meisten Problemen in dieser Hinsicht geholfen. Er war auch der erste gewesen vor dem ich mich geoutet hatte. Was verständlich war, da er ja selbst schwul war und sehr offen damit umging, auch in unserer Familie. Ich glaube ja, er war der Grund, warum es meine Mutter auch irgendwie ganz gut aufgenommen hatte, damals bei meinem Outing. Aber im Moment fühlte ich mich ein klein wenig von ihm im Stich gelassen. „Hast du denn schon mit Ellie gesprochen?“, fragte er schließlich nach einem ergebenen Seufzer. „Bin ich denn verrückt geworden?“ Nur ein völliger Idiot würde jetzt Ellie etwas davon erzählen. Sie würde wie ein Berserker durch meine Gefühlswelt wüten und nur ein Häufchen Asche von mir übrig lassen. „Offensichtlich ja. Mal ganz ehrlich, warum hast du das gemacht?“ Flo konnte so desillusionierend sein. Vielleicht hatte ich ihn ja deswegen angerufen, weil ich hören wollte, was für ein Depp ich war. „Ich hab keine Ahnung... ich... sie... Sie hat mich wegen Zebi versetzt.“, würgte ich schließlich diese Schmach heraus und ich hoffte, Flo verstand, was ich damit sagen wollte. Ich war mir nämlich nicht so sicher. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“, klang er so ungläubig über die Tatsache, dass sie das getan hatte oder dass das anscheinend mein Grund war? „Ich hab euch beide ja wirklich gern, aber manchmal... also... ihr könnt schon krass sein.“ Das war so ziemlich das Letzte was ich in dieser Situation hören wollte. Was hatte das Ganze denn nun mit Ellie und mir zu tun? Ich wollte Andy los werden, weil er einfach nur unheimlich mies im Bett war... Und das war nichts, was mit ein bisschen Training ausgeglichen werden könnte. Das er Ellies Fussballcoach war, verkomplizierte die Angelegenheit ein bisschen, war aber nicht das eigentliche Problem. „Du bist mir keine sehr große Hilfe.“, gab ich schließlich nach kurzen, eisigen Schweigen zurück. „Okay, du willst wissen, was du machen sollst?“ „Deswegen ruf ich doch an!“ Gott, manche Gespräche machten sich unnötig verzwickt. „Gut, werf den Kerl raus, ruf Ellie an und dann rede mit ihr darüber.“ „Ich kann nicht mit ihr darüber reden!“ Wenn das so einfach wäre, hätte ich ja kein Problem. Verdammt, Ellie war wirklich das Problem. Anderseits, wenn Andy nicht so miserabel im Bett wäre, würde ich ihn nicht los haben wollen und Ellie wäre trotzdem noch sauer auf mich. „Dann kann ich dir auch nicht helfen, Michi.“ Flo klang etwas genervt. Ich konnte doch auch nichts dafür, dass die Situation so verfahren war. „Außerdem ist Ellie jetzt bestimmt bei Zebi.“, knurrte ich, angepisst allein bei dem Gedanken und wehe, sie hatte auch noch guten Sex gehabt! Wobei vermutlich alles besser war, als mit Andy. So ein Dreck. Ich hätte das alles einfach bleiben lassen sollen. „Ha, ich habe einen genialen Plan!“, meine Flo plötzlich und ich wusste, dass ich diesen Plan gar nicht hören wollte. „Verkuppel doch einfach Zebi und Andy und alle sind glücklich!“ „Äh... Weißt du, Flo, manchmal bist du echt ein Idiot.“ Das musste mal gesagt werden. „Liegt wohl in der Familie.“ Mein Cousin lachte nur. Naja, er hatte auch gut lachen, dem passierte sowas ja nicht. „Aber ich muss jetzt schluss machen.“ „Hrm... ich glaub, Andy ist auch gerade aufgewacht.“ Zumindest hatte ich meine Bodendiele vor dem Bett knarren hören. Ich hoffte nur, dass Andy nicht soviel von dem Gespräch mitbekommen hatte. "Ich hab dich lieb, Süßer.“ Ich hörte noch ein Knutscher durch die Leitung und dann nur noch Tuten. Er hatte wohl Angst, dass ich ihn noch weiter voll jammern würde. Womit er gar nicht so falsch lag. Das Telefonat wäre wenigstens eine gute Ausrede gewesen, nicht mit Andy reden zu müssen. Ob ihm wohl klar war, wie miserabel er im Bett war? Vielleicht hatte er deswegen manchmal so unsicher gewirkt... Ich seufzte und entschloss mich jetzt erstmal mit der Andyproblematik auseinander zu setzen. Ich ging in mein Schlafzimmer, wo er auf meinem Bett saß und sich sein T-Shirt überzog. Er sah immer noch extrem scharf aus, aber das verlor bedeutend an Glanz, wenn ich an unsere gemeinsame Nacht dachte. Das konnte echt nichts aufwiegen. Oder war ich zu oberflächlich in der Hinsicht? Verwirrt über diesen Gedanken schüttelte ich den Kopf und zog damit seine Aufmerksamkeit auf mich. „Morgen, Andy.“ Und plötzlich fiel mir auch wieder ein, wie albern ich schon seinen Spitznamen gefunden hatte. Ändie. Niemand mit so einem Namen konnte gut im Bett sein, oder? „Mike!“ Er grinste mich breit an und ich wusste, dass er nichts von dem Gespräch eben mitbekommen hatte. Kurz regte sich mein schlechtes Gewissen. Andy sah nicht so aus, als würde er auch nur ein bisschen was bereuen. Ich grinste verunglückt zurück und stellte mit Entsetzen fest, dass ihn das dazu verleitete, zu mir zu kommen und mir einen kurzen Kuss zu geben. Ich schmeckte seinen Morgenatem und fand ihn bei ihm besonders unangenehm. Ich wusste selbst, dass ich gerade überempfindlich reagierte, aber so war ich da einfach. Ich drückte Andy etwas von mir und ging zu meinem Kleiderschrank, um eine Entschuldigung zu haben, von ihm weg zu kommen. „Hast du Hunger?“, fragte ich, halb in meinem Kleiderschrank gebeugt, zwei Hemden in der Hand, die ich definitiv nicht anziehen würde. Eigentlich wollte ich nur Zeit schinden. Bestimmt hatte Andy heute was wichtiges vor und müsste bald gehen, hoffte ich. „Kommt drauf an, was gibt es denn?“, gab er zurück. Wollte er mir eine Vorlage für eine Anmache bieten oder war er wirklich einfach nur wählerisch, was sein Essen anging? Ich drehte mich jetzt doch zu ihm. Er war gerade dabei, seine Hose zu schließen und ich hätte ihn jetzt am liebsten einfach aus der Wohnung geschoben. Wie hätte ich jemals annehmen können, dass zwischen mir und Andy mal was ernsthaftes laufen könnte? Als er meinen Blick bemerkte, bekam ich ein leichtes Lächeln von ihm, dass mich kurz flattrig machte. Sein Aussehen war völlig an ihn verschwendet, was für eine Schande. Es sollte ein Naturgesetz geben, dass man mit gutem Aussehen automatisch auch gut im Bett war. Das war auch sicherlich förderlich für die Nachkommenschaft, wenn man jetzt außen vor ließ, dass es unwahrscheinlich war, dass Andy oder ich jemals biologische Väter werden würden. Ich seufzte. „Ich müsste noch Vollkornbrot und Frischkäse da haben.“, antwortete ich schließlich etwas verspätet und in der Hoffnung, dass er zu denjenigen gehörte, die nicht auf Körnerfutter standen. „Klingt super.“ Er grinste breit und ich wusste, dass ich echt Scheiße gebaut hatte. Ich hätte nicht mit ihm schlafen sollen, ich hätte nicht mal mit ihm weggehen sollen. Verdammt, ich hatte im Gefühl, dass es jetzt echt kompliziert werden würde. Zum Glück klingelte es plötzlich an der Türe. Ich wusste zwar nicht, wer das sein sollte, aber ich würde ihn willkommen heißen, selbst wenn er mit mir über Gott reden wollen würde. „Ich mach kurz auf.“, ich hastete aus meinem Schlafzimmer und war froh, der Situation etwas entkommen zu sein. Es war schon eine Weile her, dass ich so eine Scheiße gebaut hatte. Ich nahm den Hörer von der Freisprechanlage und fragte mit einem „Ja?“ nach meinem möglichen Besuch. „Hey, ich bin´s, Steve!“, rauschte es mir entgegen und ich atmete erleichtert aus. Perfektes Timing, ich könnte ihm um den Hals fallen und knutschen dafür... Rein freundschaftlich, versteht sich. Ich drückte auf das Schlüsselsymbol der Anlage und legte dann den Hörer wieder auf. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es kurz nach elf war. Natürlich, ich hatte ihm ja nicht abgesagt wegen dem Joggen. Gleichzeitig fiel mir auch auf, dass mich Ellie heute morgen tatsächlich versetzt hatte. Was im Moment vielleicht auch besser war. Ich hatte keine Lust auf einen Streit mit ihr wegen Andy. Allein bei dem Gedanken, bekam ich furchtbare Kopfschmerzen. „Wer ist es denn?“ Andy stand plötzlich neben mir und ich war etwas zusammen gezuckt. Das war wirklich nicht mein Morgen... „Steve, ein Kumpel von mir, mit dem ich immer joggen gehe.“ Und was ging dich das eigentlich an? Argh, ich war genervt von mir, dass ich so auf Andy reagierte. Flo hatte recht gehabt, ich hatte mich selbst in diese Misere reingeritten. Ich sollte mich jetzt nicht so anstellen. „Ach stimmt, du joggst ja.“ „Muss mich doch fit halten.“, meinte ich eher unverbindlich. Ich hatte keine Lust auf ein längeres Gespräch mit ihm. „Klar, eine gute Kondition ist das A und O in vielen Bereichen.“ Es war zweideutig gemeint und es störte mich. Mir fiel ein fieser Kommentar ein, der mit Kondition und ihm zu tun hatte und ich verkniff es mir einfach. Ich war keine siebzehn mehr und im Prinzip konnte Andy auch nichts dafür. Ich war wirklich selbst Schuld. Ich hatte es darauf angelegt in diese dumme Sachen reinzugeraten. Trotzdem war ich etwas überfordert, als sich Andy zu mir beugte und mir einen Kuss aufdrücken wollte. Im Moment war das zu viel, ich schob ihn von mir weg, bevor er meine Lippen erreicht konnte. „Ich glaub, Steve ist da...“, murmelte ich, um eine Ausrede zu haben. Von mir aus konnte Andy es auch als Schüchternheit auslegen, war mir egal. Tatsächlich klopfte es auch schon an der Türe und ich war Steve wirklich dankbar für sein gutes Timing. Ich öffnete ihm mit einem breiten Grinsen die Türe. Ihm war vermutlich gar nicht klar, wie sehr ich mich über seine Anwesenheit freute. „Hey, Steve!“, begrüßte ich ihn enthusiastisch. „Du kommst gerade richtig fürs Frühstück!“ „Ach, ich hab es halt einfach drauf!“ Er grinste breit und umarmte mich kurz zur Begrüßung, um dann an mir vorbei in die Wohnung zu gehen. „Ist Ellie da? Ich muss unbedingt mit ihr reden!“, meinte er nur und stand dann plötzlich vor Andy, der ihn nur entgeistert anstarrte. Ich hatte ihm doch eben gesagt, dass ein Kumpel von mir kam. Was guckte er denn so? „Uhm... Steve, das ist Andy... ein Bekannter.“, stellte ich die beiden vor und ich konnte sehen, wie sie sich misstrauisch musterten, als wüssten sie nicht, was sie voneinander halten sollten. Dann lächelte Steve kurz und ich wusste, dass Andy für ihn nicht mehr Bedeutung hatte, als Marius. Oh Gott, Steve musste weiß gut was von mir denken, jede Woche ein anderer. Hrm, anderseits entsprach das sogar irgendwie der Wahrheit. „Freut mich.“ Es wirkte so, als würde sich Steve nicht mal die Mühe machen, sich Andys Namen zu merken. War ja eigentlich auch nicht nötig. Ich hatte nicht vor, noch weiter Zeit mit Ellies Trainer zu verbringen. „Bist du auch ein... Bekannter von Michi?“, fragte Andy zurück und ich bildete mir ein, eine Spur von Eifersucht rauszuhören. Warum war den plötzlich alles so kompliziert? Ich wollte Flo anrufen, der sollte mich aus dieser Situation retten. „Uhm... wir gehen zusammen joggen?“ Steve schaute unsicher, als wäre er sich nicht sicher, ob dass die richtige Antwort war. Ich lachte, zun Glück tangierte ihn die ganze Sache nicht so. „Setzt euch doch schon mal, ich deck noch den Tisch.“ Mit diesen Worten schob ich die beiden in meine Küche und hoffte damit der komischen Unterhaltung ein Ende zu setzen. Ich spürte kurz Andys Hand auf meinem Rücken und wusste nicht, ob das als besitzergreifendes Verhalten zu deuten war. Ich hoffte es nicht. „Wann kommt denn Ellie?“, fragte Steve, als er sich an den Tisch gesetzt hatte und einen Teller von mir entgegen genommen hatte. „Ich denk mal, sie ist noch bei Zebi, also keine Ahnung.“ Ich zuckte mit den Schultern und versuchte so zu tun, als wäre mir das völlig egal. Aber es pisste mich an. Sie hätte wenigstens sagen können, dass sie auch nicht zum Joggen kam. „Bei Zebi? Der war heute schon bei mir, Milch schnorren. Ich glaub, er hätte gesagt, wenn sie bei ihm gewesen wäre.“ „Hm, okay. Sie hat nichts zu mir gesagt... ich weiß nicht, ob sie heute überhaupt kommt.“ Sie war nicht bei Zebi? Warum war sie dann nicht hier und warum erfuhr ich das erst durch Steve? Ich fühlte mich etwas gekränkt. „Was habt ihr denn heute noch so vor?“, mischte sich Andy ins Gespräch. Wengistens fragte er nicht nach Ellie. „Hm, naja, joggen...“ Langsam fühlte ich mich dumm, dass schon wieder zu erwähnen. Oder sollte ich Andy etwa fragen, ob er mit kommen wollte? Was mir nicht so recht wäre. Eigentlich wäre ich froh, wenn er endlich gehen würde. „Wegen was wolltest du denn mit ihr reden?“, wandte ich mich wieder an Steve. Ich hatte gar nicht gewusst, dass Steve und Ellie soviel miteinander zu tun hatten. „Ach, genau, sie muss mir noch das Geld für die Soulfly-Karten geben.“ „Ihr geht auf ein Konzert?“ Die hatten offensichtlich doch mehr miteinander zu schaffen, als erwartet. Mir war schon klar, dass Ellie neben mir noch ein anderes soziales Leben hatte. Vor allem, da war nicht den gleichen Musikgeschmack hatten, aber gerade irritierte es mich etwas. „Naja, die Band und wir halt. Ich mein, wenn Soulfly schon mal hier spielt, darf man sich das nicht entgehen lassen. Ich würde halt heute noch die Karten besorgen und ich bräuchte das Geld.“ „Hm, ich kann es dir für sie auslegen, wenn du willst.“ Ich konnte mich dunkel daran erinnern, wie mir Ellie letztens mal von der Band vorgeschwärmt hatte und dass sie sich hier angekündigt hatten. „Das wäre natürlich praktisch.“ „Klar, kein Ding. Warte, ich hol nur mal schnell mein Geldbeutel.“ Ich mochte es immer, wenn Ellie mir begeistert von irgendwelchen Konzerten vorschwärmte. Sie wusste gar nicht, wie niedlich sie immer dabei aussah. Ich fischte den Geldbeutel aus der Jeans von gestern und mein Blick blieb kurz an einer leeren Kondomverpackung hängen. Ich schüttelte den Kopf, um den Gedanken an die letzte Nacht zu verdrängen. Das war kein Sex gewesen, den man sich wieder gerne in Erinnerung rief. Ich hob die leere Verpackung auf und suchte nach dem nächsten Platz, wo ich sie entsorgen konnte. Ich sollte mir einem Schlafzimmer definitiv mal einen Mülleimer aufstellen. Also machte ich noch kurz einen Abstecher ins Bad, um die Verpackung dort zu entsorgen. Ich wollte sie nämlich definitiv nicht mehr rumliegen haben und vor Steve wollte ich es nicht wegschmeißen, das wäre irgendwie peinlich. Als ich die Küche betrat, unterhielten sich die beiden, ich bekam aber nur noch einen Gesprächsfetzen mit. „Ja, ich kenn ihn auch über sie.“ Andy grinste und strahlte dann in meine Richtung, als er mich bemerkte. Mir wurde unbehaglich zu mute. Ich war gerade dabei Andy das Herz zu brechen, oder? Ich schaute zu Steve, der uns beide wohl beobachtet hatte. Selbst ihm fiel es auf. Warum war Andy denn nicht klar, dass das nichts wird zwischen uns? „Wie viel kostet denn die Karte?“, überging ich Andy einfach mit dem Wissen gerade richtig fies zu sein. Aber was sollte ich machen? Es war einfach nichts zwischen uns und daran konnte ich nichts ändern. Also war es auch nicht sinnvoll unnötig nett zu ihm zu sein. „Ich glaub, es müssten 32 Euro sein.“ „Uff, Junge, ihr müsst Geld haben.“, meinte ich mit einem Lachen und zählte das Geld passend ab. Ich wusste ja, dass Ellie mir das so schnell wie möglich zurück zahlen wird. Aber ich hätte mir so ein Konzert sicher nicht leisten können. „Klar, wir sind reiche Studenten und Musiker.“ Er steckte das Geld ein und grinste. Ich mochte seinen Humor. „Deswegen hat die Band auch Birdos Wohnung als Proberaum, ne?“ Die Wohnung war sicher nicht optimal geeignet für Bandproben und ich konnte mir nicht vorstellen, dass es gemütlich war zwischen all den Instrumenten schlafen zu müssen. „Hm, ich glaub, Birdo wäre auch manchmal auch froh, wenn die wirklich nen eignen Raum hätten. Das war mal so geil. Birdo hatte es mal tatsächlich geschafft einen Kerl abzuschleppen und die waren natürlich in seiner Wohnung, was er aber verpeilt hatte, war das da ne Bandprobe ausgemacht war. Er konnte echt froh sein, dass ich noch vor den anderen bei ihm vorbei gekommen bin. Also... gut, mir tat es schon etwas leid, dass ich die gestört habe... Aber ich glaube Zebi und Max hätte es bedeutend mehr schockiert.“ Steve schüttelte lachend den Kopf, das schien ihn wirklich zu amüsieren. Und ich war wirklich überrascht, dass Birdo mal einen Kerl abgeschleppt haben soll. Irgendwie konnte ich mir das nur schwer vorstellen. „Also nichts gegen Birdo, oder so, aber gibt es wirklich Typen, die zu ihm passen?“ Das hatte ich doch jetzt nett ausgedrückt, oder? „Ey, ich war mindenstens genauso überrascht... Manchmal glaub ich ja, dass er eigentlich mit seiner Gitarre verheiratet ist. Obwohl er ja so ein lieber Kerl ist.“ Jetzt klang Steve wie eine Mutter, die versuchte ihren Sohn ein Mädchen schmackhaft zu machen. Vielleicht hatte Birdo wirklich recht mit der Theorie, dass sie uns verkuppeln wollten. Aber allein die Vorstellung... Nein, keine Chance. „Hm, das Brot ist übrigens echt gut. Wo kaufst du das?“, wechselte Steve recht unvermittelt das Thema und erst da fiel mir auf, dass ich noch gar nichts gegessen hatte, während er schon zwei Scheiben vertilgt hatte und Andy zumindest eine halbe Scheibe gegessen hatte. Anscheinend war Andy nicht so begeistert von Vollkorn. Noch so ein Punkt, der einfach nicht passte. „Gleich bei dem Supermarkt unten.“ Ich war etwas überrascht, dass mal jemand bemerkte, wie gut das Brot eigentlich war. Endlich wurde das mal geschätzt. „Hm, muss ich mir merken. Ich bin ja eigentlich nicht so der Brot-Esser, aber das würde mir echt mal schmecken.“ „Hey, ich werd dann mal, denk ich.“ Andy war aufgestanden und ich war erleichtert, endlich. „War nett dich kennen gelernt zu haben, Andy.“ Steve lächelte ihn an und ich fragte mich, woher er diese Art nahm mit Fremden umzugehen. „Ganz meinerseits. Also bis dann.“ Ich wurde noch mal erwartungsvoll angeschaut und ich konnte mich gerade noch dazu durchringen mich zu ihm zu drehen und ihn anzulächeln. „Komm gut heim, Andy.“, sagte ich und meinte eigentlich, dass er nicht mehr hier her kommen sollte. Zu dumm das er meine Addresse wusste und meine Handynummer... „Mach ich. Ciao.“ Er grinste noch kurz, aber seine gute Laune schien mittlerweile ganz verflogen zu sein. Was mir etwas leid tat, ich wollte ja nicht, dass er sich schlecht fühlte. Ich wollte doch nur, dass er mich wieder in Ruhe ließ. „Bis dann.“, verabschiedete ich mich dann nochmal unverbindlich und seufzte erleichtert, als ich die Wohnungstür hinter ihm zuschlagen hören konnte. „Mal ehrlich, der ist gerade geflüchtet, oder?“, kam es überraschend ernst von Steve. Ich nickte nur zur Antwort. Ich war froh, dass Andy endlich weg war. Auch wenn es gemein war, sowas zu denken. Die ganze Angelegenheit war einfach nur beschissen gelaufen und noch lange nicht gegessen. Kapitel 12: Combo-Reim ---------------------- Fuh, nach ewigen Zeiten endlich ein neues Kapitel. Es ist zur Entschädigung auch etwas länger, als üblich und für alle, die die Wartezeit zwischen den neuen Kapitel von Treppenaufgang so unerträglich lange finden, gibt es jetzt eine neue Geschichte von mir: "Nasenbluten für Anfänger" (http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/226543/). Die Story ist schon fast fertig geschrieben, wird wohl alle paar Tage geupdated und eignet sich als guter Happen für Zwischendurch. XD Ich möchte mich auch im Voraus für die vielen Fehler in diesem Kapitel entschuldigen. Sie werden in den nächsten Tagen ausgebessert. -seufz- Nun, viel Vergnüngen beim Lesen. ----------------------- Genervt schaute ich das klingende Handy an, dass auf meinem Couchtisch lag und um meine Aufmerksamkeit rang. Ich wusste auch ohne hinzusehen, wer mich da belästigen wollte. Ich beschloss, dass ich weiterhin not available bleiben würde und schaltete mein Handy schließlich ganz aus, als das nervtötende Klingen aufgehört hatte. Andy hatte mich Samstagabend angerufen, weil er wissen wollte, ob wir was unternehmen sollte. Ich hatte behauptet, ich würde mit einem alten Freund was unternehmen, den ich ewig nicht mehr gesehen hatte und war den ganzen Abend in meiner Wohnung geblieben. Sonntag hatte er auch noch dreimal versucht mich zu erreichen, aber ich hatte gar nicht erst abgehoben. Jetzt war Monatgabend und er schien immer noch versessen darauf zu sein, mit mir zu reden. Mein schlechtes Gewissen hielt sich mittlerweile in Grenzen, er ging mir eher auf die Nerven. Ihm sollte doch endlich mal klar sein, dass der Zug mit uns abgefahern war. Ich hatte echt keinen Bock auf ihn. Von wem ich dafür das ganze Wochenende nichts gehört hatte, war Ellie. Sie hatte nicht angerufen, war nicht vorbei gekommen und ich war mehrmals versucht gewesen, mich von mir aus bei ihr zu melden, alles zu beichten und mir dann ihre Vorwürfe anzuhören. Aber dann war ich wieder sauer gewesen, dass sie nichts von sich hören ließ und im Endeffekt hatte ich das ganze Wochenende keinen Fuss vor die Türe gesetzt. Ich hätte am Sonntag vielleicht joggen gehen sollen, hätte mein Gemüt aufgelockert, aber wenn Ellie genau in dem Moment angerufen hätten, wenn ich weg war, hätte ich mich auch geärgert. Also alles in allem war mein Wochenende furchtbar gewesen und daran war nur Andy Schuld. Ich saß auf meinem Sofa starrte das ausgeschaltete Handy an und spielte wieder mit dem Gedanken, Ellie anzurufen. Normalerweise würde sie mich morgen von der Arbeit abholen und danach würden wir ins ´Besito´gehen, Kaffee trinken und uns einfach über die Dinge unterhalten, die unser Leben ausmachten. Aber ich hatte irgendwie im Gefühl, dass sie mich morgen nicht abholen würde. Ich wusste allerdings jetzt schon, dass ich trotzdem auf sie warten würde. Ich könnte sie jetzt anrufen und sicher gehen, dass wir uns morgen sahen und reden würden. Das war eigentlich die letzte Gelegenheit, bevor sie auf Andy traf, den sie ja immer mittwochs beim Training sah. Ob er ihr alles erzählen würden? Dann wäre es vorbei mit unserer angeblichen Beziehung. Ellie würde mich hassen. Sie wäre so sauer, vielleicht sollte ich ihr ja Beischeid sagen. Ich stand vom Sofa auf und ging in den Flur, um dort mein schnurloses Telefon zu holen. Ich hatte ihre Nummer zur Hälfte eingetippt, als ich wieder auflegte. Ich hatte eigentlich keine Lust mit ihr zu reden. Es würde nur in einen Streit ausarten und den wollte ich solange wie möglich hinauszögern. Sie wäre ja so oder so sauer auf mich, also konnten wir den Zoff auch später haben. Letzendlich saß ich genervt von mir und der Situation den ganzen Abend vor dem Fernsehen und schaffte es nicht mal im Ansatz dem Montagsprogramm etwas abzugewinnen. War doch alles totaler Mist, selbst meine Lieblingsserie, die ich mir montags immer anschaute, regte mich im Moment irgendwie auf. Alles hohles Geplappere. Meine Laune hatte sich auch nicht mehr gebessert, als ich schlafen ging. Ich fühlte mich irgendwie um meine gute Zeit betrogen. Eigentlich hätte ich den Abend mit Ellie neben mir auf der Couch genießen müssen, während wir gespannt unsere Montagsserie verfolgt hätten. Gott, warum musste einschlafen gerade so anstrengend sein, wenn man sowieso schon mies drauf war? Im Gedanken spielte ich immer wieder ab, wie Ellie reagieren würde und verfluchte mich, dass ich überhaupt mit Andy geschlafen hatte. Wenn es sich wenigstens gelohnt hätte... Es war verständlich, dass ich Mittwochabend das reinste Nervenwrack war. Natürlich hatte mich Ellie am Dienstag nicht von der Arbeit abgeholt und ich hatte sie nicht zum Fußballtraining begleitet, was wohl bei den gegebenen Umstände nachvollziehbar war. Vor zehn Minuten hatte ihr Training geendet und der Anruf von ihr müsste jede Minute kommen. Ich wusste allerdings immer noch nicht genau was ich zu meiner Verteidigung sagen sollte. Alle Menschen machten Fehler, vielleicht. Immerhin bereute ich ja die ganze Scheiße. Vielleicht wäre sie dann nicht mehr so sauer, aber wenn Andy wirklich unser Alibi platzen ließ, wäre sie bestimmt alles andere als begeistert. Eigentlich ist die ganze Alibi-Beziehungssache ja gar nicht so wichtig, aber dass ich mit Andy geschlafen hatte, bedeutete viel mehr. Ich hatte mich in diesem Fall bewusst gegen sie entschieden. Ich habe mit Absicht etwas gemacht, was sie stört. Gott, ich konnte nichts zu meiner Verteidigung sagen. Ich war ein Idiot. Anderseits hätte ich das Ganze sicher nicht gemacht, wenn sie mich nicht einfach wegen Zebi versetzt hätte. Gerade wegen Zebi! Sie wusste, dass ich ihn nicht mochte und er mich vermutlich hasste. So gesehen hatte sie sich auch gegen mich entschieden. Allein diese Tatsache verstörte mich etwas und dass das Telefon immer noch nicht klingelte. Mein Handy hatte ich diese Woche nicht mehr angeschaltete und ich war wirklich froh, dass ich nicht im Telefonbuch stand, so dass mich Andy nich zuhause erreichte. Ich hatte ja schon fast erwartet, dass er mal vorbei kommen würde, nachdem er das Wochenende so penetrant gewesen war, aber davon hatte er mich zum Glück bis jetzt verschont. Als das Telefon tatsächlich klingelte, zuckte ich allerdings erschrocken zusammen. Wie gesagt, meine Nerven lage die letzten Tage einfach blank. Als ich abhob bemerkte ich wie meine Hände etwas zitterten und ich fühlte mich eine gottverdammte Pussy. Es war doch nur Ellie... wir hatten schon viel schlimmeres überstanden, Mensch! „Hallo?“, fragte eine irritierte Männerstimme und ich starrte auf den Hörer. Wie, ein Kerl? Was war mit Ellie? Das war nicht das was ich erwartet hätte. „Äh, hallo.“, gab ich deswegen etwas perplex zurück. „Ah, hey, ich bin´s Marius.“ Es war Marius? Der Marius, der mir und Ellie einen Dreier angeboten hatte? Mister Ich-sorg-dafür-dass-du-nach-unserem-Sex-Muskelkater-hast Marius? „Oh, hi.“ Scheiße, warum konnte ich nicht jetzt nicht eloquent sein und was geistreiches sagen? Warum war er nicht Ellie? „Ruf ich ungelegen an?“, fragte Marius und ich konnte mir nicht vorstellen, dass er jemals ungelegen sein könnte. Außer jetzt. „Nicht direkt, ich erwarte nur einen Anruf.“ Naja, eventuell. Was war, wenn Ellie einfach nicht anrief, sondern auf eine Reaktion von mir wartete? „Ach so, ich wollte eigentlich nur kurz fragen, ob du morgen Abend Zeit hast.“ „Morgen Abend?“ Bla, ich war ein Papagei und kann nur einzelne Wörter nachkrähen. Na super und das bei Marius. „Das wäre Donnerstag.“, wurde mir erklärt. „Ja, ja, ich weiß...“ Komm, Michi, verpatz das jetzt nicht. Sex mit Marius wäre eine wahnsinnige Entschädigung für die ganze Andy-Sache. „Also, klar, ich hab morgen Abend nichts vor.“ Hatte ich das noch retten können? „Sehr schön. Ich nehme mal an, dass ein Dreier nicht zustande kommt, oder?“ Hrm... „Nicht, wenn eine Frau damit zu tun hat.“ Und ganz besonders nicht, wenn diese Frau Ellie war. Sie war der letzte Mensch mit dem ich jemals Sex haben wollen würde! Außer vielleicht noch Andy. Oh Gott, war der Sex schlecht gewesen. „Hm, ich glaub nicht, dass ich auf die Schnelle noch einen anderen Kerl auftreiben kann, der mit macht.“ Meinte das Marius wirklich ernst? Ob ich in seinem Alter auch noch so drauf war? „Nein, passt schon. Ich denke, du wirst mich allein schon genug beschäftigen.“ Ich verdrängte den Gedanken, dass ich ihm alleine vielleicht nicht reichen könnte. Wenn er keinen Sex mit mir wollte, hätte er mich nicht angerufen. Er lachte seinen angenehmes, dunkles Lachen und ich spürte, wie alles in mir kribbelte. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte er auch gleich vorbei kommen können. Er war pure Ablenkung, die beste Form der Ablenkung, geiler Sex. „Gut, dann will ich dich nicht weiter abhalten. Ich muss jetzt auch weiter. Also bis morgen.“ Und damit hatte er aufgelegt. Ich lauschte noch kurz dem Tuten und stellte fest, dass er mir nicht mal eine Uhrzeit genannt hatte, bei der er vorbei kommen wollte. Egal, er würde kommen! Ich brauchte bis weit nach Mitternacht bis ich eingesehen hatte, dass Ellie wirklich nicht mehr anrufen würde. Ich wusste nicht, ob mich das erleichterte oder eher störte. Eine wütende Ellie war vielleicht besser, als eine Ellie, die sich überhaupt nicht mehr meldete. Gott, ich hatte seit Freitag nichts mehr von ihr gehört und ging völlig auf dem Zahnfleisch. Ich wusste nicht viel mit mir anzufangen, wenn ich sie nicht um mich hatte. Ich brauchte sie doch, um über meine Arbeitskollegen zu lästern oder um mit ihr bei einem Kaffee über den heißen Typ am Nachbartisch zu reden. Und ich wollte sie hier haben, um ihr stolz davon erzählen zu können, dass sich Marius wieder gemeldet hatte und sie sollte einfach da sein, weil ich sie vermisste. Ich fühlte mich wirklich frustriert, was dafür sorgte, dass ich nochmal etwas wütender auf sie war. Was hatte ich eigentlich gemacht, dass ich es verdient hatte, so von ihr ignoriert zu werden? Schließlich war sie diejenige, die mich zu erst versetzt hat. Und auch sonst, sie hatte mir doch sogar erlaubt, dass ich mit Andy schlafen durfte. Warum machte sie daraus so ein Drama, dass sie so lange nichts von sich hören ließ? Es war so ein Mist. Ich hatte nicht einmal jemand, dem ich jetzt vorjammern konnte, wie sehr mich diese Situation störte. Dafür war immer Ellie dagewesen, aber um sie ging es ja. Warum lief eigentlich immer alles immer und immer wieder auf Ellie und mich hinaus? Waren wir in unserer Freundschaft wirklich zu sehr auf einander fixiert, oder lag es nur an mir? Ich spürte, wie es in meinem Magen unangenehm rumorte und ich hatte kurz Angst, als würde daran eine unangenehme Wahrheit garen. Es stimmte schon, dass mir Ellie viel bedeutete und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich liebte sie nicht. Aber es war eine völlig andere Art von Liebe, als mit irgendeiner meiner Kerle. Ich wollte nicht mit ihr schlafen. Natürlich hatte ich sie gerne um mich und genoß ihre Nähe, aber es würde nie über einen Kuss hinaus gehen. Und ich wusste, dass es ihr genauso ging. Vermutlich war das der ganze Knackpunkt unserer Beziehung... Freundschaft. Wir waren irgendwas zwischen Freunde und Liebende, oder? Konnte das gehen? Ich fühlte mich von diesem Gedanken niedergeschmettert und noch wacher, als sowieso schon. Mein Wecker sagte mir, dass wir fast zwei Uhr hatten und mein Bett fühlte sich unangenehm überhitzt an, was mir das Einschlafen noch schwieriger machte. Dazu kam noch, dass ich aufgrund von ähnlichen Gedanken, wie diesen hier, die vorigen Nächte auch schon kaum geschlafen hatte und ich mich die letzten Arbeitstage echt nur leidlich durchgeschlagen hatte. Zum Glück kam es in meinem Betrieb keinen Stress, wenn man mal nicht so auf der Höhe war. Wenigstens dieser Bereich meines Leben stimmte voll auf. Da waren auch alle Leute genau die, die sie sein sollten. Arbeitskollegen, mit denen man sich im Betrieb gut verstanden, aber sonst nicht weiter relevant waren. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es wäre, wenn ich mal mit Heinz weggehen würde und schlief über diesen absurden Gedanken endlich ein. Ich hatte meine Wohnung komplett geputzt, sogar in der Küche die Schränke ausgewischt und abgelaufene Lebensmittel weg geschmissen, den Müll weg gebracht und meine Bücher im Wohnzimmer entstaubt. Meine Wohnung sah eigentlich immer recht gepflegt aus, das war mir wichtig, deswegen war es nicht nötig bevor Besuch kam, nochmal sauber zu machen. Aber ich hatte es einfach nicht geschafft nach der Arbeit einfach hier in meiner Wohnung zu sitzen und nichts zu tun. Ich war nicht nervös wegen Marius Besuch, aber immer noch verstört von Ellies Verhalten. Wenn ich mir Gedanken darüber machte, mit welchem Putzmittel ich am besten den Weinfleck von vor drei Wochen aus meinem Teppich rausbekam, musste ich wenigstens nicht dran denken, dass ich immer noch nichts von meiner besten Freundin gehört hatte und mir auch nicht eingestehen, dass ich schlicht und ergreifend Angst hatte, bei ihr anzurufen. Nach dem in meiner Wohnung wirklich in keiner Ecke mehr Dreck zu finden war, gönnte ich mir endlich eine Dusche. Immerhin sollte nicht nur meine Wohnung durch Reinlichkeit glänzen... Das warme Wasser entspannte mich und ich stand etwas länger, als gewöhnlich unter der Brause, um dieses Gefühl zu genießen. Ich war die letzten Tage definitiv zu gestresst. Ich war echt froh, dass Marius heute vorbei kam. Das war eigentlich das Beste, was mir passieren konnte. Hoffentlich war er bald da. Zu meinem Glück klingelte es gerade als ich aus der Dusche kam an der Türe. Ich schloss noch kurz den Knopf meiner frisch gewaschenen Jeans und zupfte mein T-Shirt vor dem Spiegel zurecht, um dann auf den Türöffner zu drücken. Ich hatte zwar nicht vor, meine Klamotten lange anzubehalten, aber ich fand das gegenseitige Ausziehen hatte durch aus seine Reize. Mit einem breiten Grinsen öffnete ich die Wohnungstüre und stand einem leicht lächelnden Marius gegenüber. Er sah heute einfach nur fabelhaft aus. Er trag sehr legere eine Jeans und ein Hemd, das seine gute Figur betonte und darüber eine Lederjacke. Bei manchen Männern in seinem Alter würde sowas nach Midlifecrisis aussehen, aber ihm stand es einfach. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass jemand wie er, jemals eine Midlifecrisis haben könnte. „Hey, du hast ein wirklich ein perfektes Timing, bin gerade mit dem Duschen fertig.“, begrüßte ich ihn, während er an mir vorbei in meine Wohnung trat und im Hausflur seine teuren Schuhe auszog. „Hm, so perfekt kann das nicht sein, sonst hätte ich noch mit dir Duschen können .“ Er grinste mich bei diesem Satz an und ich räusperte mich kurz verlegen. Ich musste zugeben, dass ich mich neben Marius etwas jung fühlte. „Naja, vielleicht können wir das ja später nachholen.“, meinte ich, um mich doch noch irgendwie was zu retten. Ich war mir sicher, dass Marius nicht auf Typen standen, die nur wie sabberende Idioten da stehen konnten, so wie ich es gerade tat. „Vielleicht.“ Marius machte einen Schritt auf mich zu und war mir mittlerweile so nahe, dass ich den angenehmen Geruch seines Eau de Cologne riechen konnte. Mit einem selbstbewussten Grinsen beugte ich mich zu ihm und küsste ihn, während ich ihm seine Lederjacke abstreifte. Ich warf sie auf den Boden meines Flurs und es war mir egal, dass ich eine 200 Euro teure Jacke wie Müll behandelte. Marius schien es auch nicht weiter zu interessieren, da er mich Richtung Schlafzimmer drängte. Immer noch seine Lippen auf meinen und seine Hände unter meinem Shirt. Genau das hatte mir die letzten Tage definitiv gefehlt. Ich ließ mich auf das Bett drücken und genoß das Gewicht von ihm auf mir und seine Küsse an meinem Hals. Allerdings sollte mein Glück nicht allzulange währen. „Kleiner, es klingelt, tu was dagegen.“ Marius rollte sich einfach von mir runter und ich stöhnte frustriert. Warum zum Henker musste die Türe auch jetzt gerade klingeln? Marius war doch schon hier, mehr brauchte ich im Moment nicht. „Is sicher nicht wichtig.“, nuschelte ich und zog Marius für einen Kuss wieder zu mir. Er ging auch darauf ein, bis ein schrilles Klingen uns wieder auseinander fahren ließ. Verdammt. Wer auch immer jetzt an der Türe war, er würde sterben müssen! „Gleich wieder da.“, knurrte ich und zog mein T-Shirt wieder runter und stapfte zur Freisprechanlage. „Ja?“, motze ich schlechtgelaunt in den Hörer und bekam Rauschen als Antwort. Na, toll, hatte das Teil wieder eine Macke. Ich starrte sehnsüchtig zu meinem Schlafzimmer und verfluchte das schrille Klingeln. Selbst wenn jetzt Ellie vor der Türe stand, ich würde es ihr tierisch übel nehmen. Tagelang nichts von sich hören lassen und dann am blödestens Moment vorbei kommen. Ich drückte trotzdem auf den Türöffner und hörte kurze Zeit später ein Klopfen an meiner Türe, die ich mit einem missgelaunten Gesichtsausdruck öffnete. Ich unterdrückte den Impuls, sie sofort wieder zu zu schlagen. So würde ich meinen Besucher vermutlich doch nicht los werden. „Hey, Andy.“, meinte ich knapp und bemühte mich auch nicht um einen netten Ton. „Michi! Ich hab dich die Tage nicht erreicht und Ellie meinte, sie hat auch nichts von dir gehört und ich dachte, ich schau einfach mal bei dir vorbei!“ Andy lächelte mich nervös an und ich wurde immer ungeduldiger. Ich hatte Marius in meinem Schlafzimmer und ich wäre jetzt gerne von ihm flachgelegt worden, stattdessen muss ich mich jetzt mit Andy rumschlagen? Das war ein schlechter Scherz! „Äh ja, du siehst, mir geht es gut.“ Würde es jedenfalls, wenn er jetzt nicht hier stehen würde. „Stör ich?“, fragte Andy und schaute dabei auf einen Punkt hinter mir. Mir schwante böses. Nein, bitte keinen Ressourcenkonflikt in meiner Wohnung. Ich wusste auch ohne mich umzudrehen, dass da jetzt Marius stand. „Stört er?“, wurde ich jetzt auch noch von Marius gefragt. Das war wohl seine Art nachzufragen, ob Andy jemand wäre der potentiell mit einsteigen konnte. Tat er nicht, keine Chance. Ich wollte diesen Typ nur noch aus meiner Wohnung rauskriegen, ohne Drama, ohne Peinlichkeiten, einfach weg mit ihm. „Naja...“ Ich schaute kurz zu Andy, der mich nun etwas verletzt anstarrte. Er hätte nicht fragen sollen. Er hatte die Situation doch provoziert. Aber eventuell würde ich ihn nach dieser Aktion nicht mehr wieder sehen müssen. „Weißt du was, ich mach mir jetzt einen Kaffee und setzt mich in dein Wohnzimmer. Dann könnt ihr das hier alles in Ruhe regeln.“ Marius klopfte mir noch kurz auf die Schultern und verschwand dann einfach in meiner Küche. Zum Glück nicht aus meiner Wohnung... Aber wenn ich mir jetzt Andys Gesichtausdruck so anschaute, konnte es gut möglich sein, dass Marius ziemlich schnell keine Lust mehr hatte hier zu bleiben. Es sah so aus, als würde er mir gleich eine Szene machen. Scheiße. Ich hasste Drama. „Wer ist das?“, fragte Andy in einem beißend, verletzten Tonfall. „Ein Bekannter.“, meinte ich und mir fiel zu spät auf, dass ich Andy auch als solchen bezeichnet hatte. Aber eigentlich ging es ihn doch gar nichts an, wer Marius war. „So, ein Bekannter? Zufällig auch einer dieser Bekannten mit denen du schläfst?“ Messerscharf beobachtet, Andy, ich war stolz auf dich. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“, antwortete ich kühl. „Weiß Ellie von ihm?“ Ich wusste nicht, warum er mich das fragte, vielleicht wollte er mich provozieren oder er hatte die Ellie-Sache immer noch nicht verstanden. „Natürlich, ich hab keine Geheimnisse vor ihr.“ Sie wusste eigentlich über die meisten Kerle Bescheid und wir waren ja nicht wirklich zusammen, also war das nicht weiter relevant mit wem ich Sex hatte. „Ach ja?“ Wieder hatte seine Stimme einen provokanten Ton. Scheiße. Er war ein Geheimnis und er wusste es. Warum wusste er das? Was für ein Dreck. Ich wollte jetzt Sex mit Marius und keinen Streit mit Andy. „Was willst du überhaupt hier?“ Ich wollte von dem Ellie-Thema weg. Aber jetzt wusste ich wenigstens, dass er ihr nichts gesagt hatte. Hatte sie deswegen nicht angerufen? „Ich...“ Er runzelte kurz die Stirn und schien zu überlegen, was er hier suchte. „Was will der Kerl hier? Ich dachte zwischen uns wäre mehr und ich mein, jetzt das! Was soll das?“ Ich fuhr mir durch die Haare und verfluchte die Situation zum wiederholten Male. Sicher, ich war irgendwie genervt von Andy, aber es war trotzdem schwer ihm das Mitten ins Gesicht zu sagen. Ich war wirklich nicht gerne gemein zu anderen und schon gar nicht, wenn ich so verzweifelt angestarrt wurde. So, als würde Andy hoffen, es wäre völlig anders, als es sich darstellte. Ich seufzte. „Andy, du solltest gemerkt haben, dass es mit uns nicht so geklappt hat.“, versuchte ich es nett zu umschreiben. „Liegt es an ihm? Ist er etwa besser als ich?“ Gott, Andy, sowas solltest du nicht fragen. Mach ich es mir doch nicht so hart, nicht gemein zu dir zu sein! „Es hat nichts mit Marius zu tun.“ Das stimmte sogar, Marius hätte mir nur die Schrecken dieser Nacht vertreiben können... „An was liegt es dann?“ Da wollte wohl jemand seine bittere Wahrheit? Aber ich wäre wirklich ein Arschloch, wenn ich sie ihm geben würde. Ich wusste jetzt allerdings nicht, was ich ihm sagen sollte. Wo war mein Held in der schimmerenden Rüstung, der mich aus dieser Situation retten würde? „Also ist es doch wegen ihm.“, wurde mein Schweigen falsch gedeutet und ehe ich mich versah, war Andy schon in mein Wohnzimmer gerauscht. Wie konnte das alles noch schlimmer werden, als sowieso schon? Mit was hatte ich das verdient? Ich hastete Andy nach und schaffte es nicht mehr ihn abzufangen. Er hatte sich vor Marius aufgebaut und überhäufte ihn mit absurden Vorwürfen bezüglich Männerklau und das sowas nur Typen machten, die kein Gewissen hätten. Marius schaute etwas irritiert zu Andy, dann zu mir. Er schien wirklich nicht zu wissen, was er von dieser Sache halten sollte. Und wie er mit der Tasse Kaffee in der Hand so da saß, tat es mir einfach nur Leid, dass ich ihn hier eingeladen hatten. So hatten wir uns beide nicht den Abend vorgestellt. „Was hast du zu deiner Rechtfertigen zu sagen?“, stoppte Andy endlich seinen Redefluss. Ich fragte mich, was der sich eigentlich von dieser Aktion versprach. Dachte er, dass würde dazu führen, dass ich ihm jetzt plötzlich um den Hals fiel, weil er versuchte Marius zur Schnecke zu machen? „Nichts, ich steh einfach auf den Sex mit ihm.“, antwortete Marius gelassen und die Worte kribbelten unter der Haut, auch wenn es gerade unpassend war. Ein Kompliment von ihm ging einfach runter wie Butter. Und es nahm Andy jeglichen Wind aus den Segeln, damit hatte er nicht gerechnet. Hm, vermutlich hatte Marius als Fotograph Erfahrung mit zickigen Leuten... „Aber er gehört mir!“ Die Stimme von Andy klang mittlerweile weinerlich und peinlicher konnte es einfach nicht mehr werden. Marius musste denken, ich hätte meine Beziehungskisten nicht im Griff. Normal gab es da nie Probleme, warum jetzt gerade? Ich tauschte einen Blick mit Marius, der wohl wissen wollte, ob da etwas dran war. War es nicht, verdammt. „Andy, ich glaub, du hast da was falsch verstanden.“, versuchte ich es nochmal diplomatisch. Half nichts, Andy schnaubte nur verletzt und man konnte ihm ansehen, dass er versuchte Tränen zurück zu halten. Was für eine Pussy... Er wischte sich fahrig über das Gesicht, schüttelte den Kopf, als würde er einen lästigen Gedanken loswerden wollen. Okay, jetzt tat er mir ein bisschen Leid, aber ich konnte doch nichts dafür, oder? Naja, vielleicht ein bisschen, allerdings hatte ich ihm eigentlich recht deutlich zu verstehen gegeben, dass nach dem One-Night-Stand nichts mehr laufen würde. Ach, Mist. „Ich geh wohl besser.“, japste er schließlich. Seine Stimme zitterte und ich war mir relativ sicher, dass er spätestens vor meiner Wohnungstüre einfach losheulen würde. Aber besser dort, als hier. Deswegen hielt ich ihn auch nicht auf, als er zum Glück endlich wieder verschwand. Ich seufzte erleichtert auf, als ich die Türe ins Schloss fallen hörte. Erst da bemerkte ich, wie sich ein unangenehmes Schweigen in den Raum geschlichen hatte. Marius schaute mich mit einem komischen Blick an und ich hatte das Gefühl, als würde er denken, ich sei ein dummes Kind... „Mir tut das Ganze eben gerade furchtbar leid... Normalerweise passiert mir sowas nicht.“, entschuldigte ich mich schließlich, aber vermutlich würde das nichts mehr groß an der Situation ändern. Aber zu meiner Überraschung lächelte er nur. „Hey, das hier war immer noch nicht so schlimm, wie mein pupertierender Sohn daheim.“, sagte er schließlich. Ich starrte ihn irritiert an. Marius soll Vater sein? Klar, ich wusste, dass er bi war, aber ich konnte mir in keinsterweise vorstellen, dass so jemand wie er, Kinder in die Welt gesetzt hatte. „Du bist Vater?“, fragte ich nochmals nach. „Niemand würde soviele Alimente an fremde Kinder zahlen...“ Er schüttelte den Kopf und nippte an seinem Kaffee. Kurz fragte ich mich, ob mein Vater so war wie er. Meine Mutter hatte mich alleine groß gezogen und ein Vater war für mich eine ominöse Märchengestalt gewesen, die es für mich nicht wirklich gab. Das einzige was ich von meinen Vater wusste, war seine Existenz und das er meiner Mutter regelmäßig Geld zu kommen ließ für mich. „Vor ein paar Monaten ist mein Ältester bei mir aufgetaucht... Ich sag dir, es gibt nichts schlimmeres, als plötzlich so ein Balg in der Wohnung zu haben. Und er schlägt viel zu sehr nach mir...“ Ich war mir nicht sicher, wie ich den letzten Satz deuten sollte. Marius schien ein komisches Verhältnis zu seinen Kindern zu haben. Er war vermutlich kein Vater, den man sich wünschte. „Wie alt ist denn dein Sohn?“, fragte ich schließlich, weil es mich interessierte. „Phillip? Hm, er müsste jetzt sechszehn sein. Aber lassen wir das Thema, sonst fühl ich mich alt.“ Er lachte und wischte damit jeder Erwiderung von mir weg. Wenn ich ihn mir so ansah, wie er jetzt vor mir stand und mich für einen Kuss zu sich zog, konnte ich mir einfach nicht mehr vorstellen, dass er Vater von einem Sohn war, der kaum jünger war, als ich. Das schien mir völlig absurd und eigentlich war ich erleichtert, dass die ganze Sexsache trotz unliebsamer Begegnungen nicht ins Wasser fiel. Deswegen ließ ich mich bereitwillig wieder in mein Schlafzimmer ziehen und dort aufs Bett drücken. Ich schloss die Augen und genoß seine heißen Küsse auf meinem Körper. Mit Marius konnte es so herrlich unkompliziert sein. Kapitel 13: Schweifreim ----------------------- Diesmal wird mein Vorwort visueller und mit Audio präsentiert, es ist auch ein kleines Danke an euch. http://www.youtube.com/watch?v=fbpS7xGD-V0 Kapitel wird noch bei Zeiten Beta gelesen. -------------- Ich streckte mich in der Hoffnung, dass davon meine Verspannung etwas nachließ. Half allerdings nichts, immer noch mit Schmerzen im Nacken beugte ich mich wieder über meine Arbeit. Sex mit Marius war zwar toll, aber vielleicht nicht optimal, wenn man am nächsten Tag arbeiten musste. Ich hatte leichten Muskelkater und da ich unbequem auf ihm eingeschlafen war, hatte ich jetzt Rückenschmerzen. Ich war wohl auch nicht mehr der Jüngste. Ich schob mir die Schutzbrille wieder richtig auf die Nase und lötete weiter. Eigentlich konnte ich von Glück reden, dass ich mich heute nicht schon irgendwie mit meinen Arbeitsgeräten verbrutzelt hatte, so fahrig und unkonzentriert, wie ich momentan war. Marius war natürlich nicht mehr dagewesen, als ich aufgestanden bin. Er hatte sich noch Mitten in der Nacht verabschiedet und was davon gemeint, dass ihm sein Sohn die Hölle heiß macht, wenn er nicht mit ihm am Frühstückstisch sitzen würde. Vielleicht hatte er das auch nicht gesagt und ich hatte mir das nur zusammen geträumt. Ich konnte mir immer noch nicht vorstellen, dass er Vater sein soll und schon gar keiner, der sich von seinem Sohn durch die Gegend schicken ließ. Alles an dem Gedanken wirkte völlig falsch. Als ich das nächste Mal aufschaute, stellte ich fest, dass sich der Zeiger der Uhr kaum weiter bewegt hatte. Ich seufzte. Das würde ein langer, harter Arbeitstag werden. Zumindest war es der letzte diese Woche. Ich hatte schon lange nicht mehr das Gefühl gehabt, mir so sehr ein Wochenende verdient zu haben. Und ich hatte mich gestern Nacht entschlossen, dass ich mich heute bei Ellie melden würde, weil ich es einfach unnötig fand wegen so jemand wie Andy das Wochenende nicht mit ihr zu verbringen. Ich müsste da auf viel zu viel verzichten, als das es mir das wert wäre. Ich würde sogar einen Streit mit ihr in Kauf nehmen, aber vermutlich konnte ich auch alles abwenden, wenn ich ihr rundweg recht geben würde. Dass es eine dumme Idee gewesen war mit Andy zu schlafen, dass ich manchmal einfach zu schwanzgesteuert war und generell ein ziemlicher Idiot sein konnte. Einsicht war der erste Schritt zur Besserung? Naja, solange Ellie nicht das Gesprächsthema Zebi auf den Tisch brachte, könnte es eigentlich alles funktionieren. Als mir jemand auf die Schulter klopfte, zuckte ich erschrocken zusammen. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie sich Heinz neben mich gestellt hatte. „Hey, willst du nicht auch langsam Feierabend machen?“, fragte mich mein Kollege mit einem Grinsen und ich blinzelte ihn verwirrt an. „Feierabend?“, fragte ich etwas beschränkt. „Du weißt schon, wenn man aufhört zu arbeiten und so.“, erklärte mir Heinz und ich fühlte mich noch etwas dümmer. Ich schaute kurz auf die Uhr und stellte fest, dass zwei war, wir hatten doch erst um Vier Schluss. „Doch nicht jetzt.“, meinte ich dann. Ich wusste doch, dass es noch nicht so spät war. „Freitag?“, kam zurück und es machte Klick. War ich wirklich so verpeilt, dass ich vergessen hatte, dass wir Freitags immer um zwei Schluss machten? Irgendwie war ich noch bei Donnerstag, zumindest gedanklich. „Au mann, du bist zur Zeit echt nicht auf der Höhe.“ Heinz schüttelte lachend den Kopf und räumte mit mir noch die Arbeitsutensilien auf. Eine tolle Arbeit, die gerne an den Azubis hängen blieb. „Hab gerade viel Stress.“ Nicht das Heinz auch nur im Ansatz verstehen würde, was ich mir die letzet Woche aufgebürdet hatte, aber eine kleine Erklärung war wohl angebracht. „Mit deiner Freundin?“ Er klang eher neugierig, als mitfühlend. Ich legte meinen Lötkolben in das dafür vorgesehene Regal und war mir nicht sicher, was ich antworten sollte. Ich fuhr mir durch die Haare und wusste, dass meine Frisur jetzt furchtbar aussehen musste. „Naja, so in etwa.“, kam es ausweichend von mir. Ich konnte ihm ja schlecht sagen, was wirklich vorgefallen war. Wenn man davon absah, dass ich das auch nicht wollte. „Frauen halt, die machen doch nichts als Ärger.“ Heinz klopfte mir wieder kameradschaftlich auf die Schulter und ich verkniff mir den Kommentar, dass Heinz keine Ahnung von Frauen hatte. Ich war mir nicht mal sicher, ob ihm klar, dass eine Frau mehr war als Brüste und eine Vagina. Aber vielleicht sah ich das als schwuler Kerl auch einfach anders. Ich zuckte als Antwort nur mit den Schultern. Mir war gerade nicht danach, über Frauen herzuziehen. „Na, das wird schon wieder.“ Heinz schien bemerkt zu haben, dass er was dummes gesagt hatte. Ich schaute zu ihm und mühte mir ein Lächeln ab. Ellie und ich hatten uns schon öfter über ein paar Tage hin angeschmollt, es war nichts, dass in irgendeiner weise unsere Freundschaft belasten würde. Wir konnten nur beide manchmal sehr stur sein. Aber ich fühlte mich immer noch von der Sache mit Zebi verunsichert und ich wusste nicht mal wieso. Heinz schloss mit einem lauten Scheppern unseren Geräteschrank und wir waren endlich frei für heute. Die Kollegen waren sonst alle schon weg und ich fischte im Gedanken an Ellie meine Jacke von der Gaderobe. Wie würde ich ihr das mit Andy am besten erklären? Ich kam gar nicht mehr dazu, mir was gutes zu überlegen, da Ellie einfach vor der Türe der Firma stand und mich anlächelte. Nicht ihr überschwängliches Lächeln, mit dem sie mich immer umarmte, sondern ein unsicheres Lächeln, als würde sie erwarten, ich wäre sauer auf sie und nicht andersrum. Ich ging schnellen Schrittes auf sie zu und vergass auch, mich bei Heinz zu verabschieden. Aber der würde das überleben. Wir umarmten uns kurz und trotzdem fühlte ich mich erleichtert, als ich sie an meinem Körper spürte. Es gab mir immer das Gefühl, dass alles gut werden wird, egal was passiert war. „Hey, Michi.“, hörte ich ihre Stimme leise an meinem Ohr. „Hey, Ellie.“, gab ich zurück und ich hoffte, das Gespräch würde so ruhig bleiben. Erst als sie mich los gelassen hatte, stellte ich fest, dass Ellie nicht alleine gekommen war. Neben ihr stand Steve, der mich breit angrinste und mir zur Begrüßung kurz auf die Schulter klopfte. „Was macht ihr denn hier?“, fragte ich schließlich, weil ich doch überrascht war, dass Steve und Ellie hier waren. „Mit dem Hund spazieren gehen.“, erklärte Steve und ich fühlte mich etwas verwirrt. Allerdings verstand ich, was er meinte, als er hinter sich deutete, wo Birdo am Straßenrand stand mit seinem Sabbersack von Hund, der gerade an einen Laternenpfahl pisste. Gott, ich werde mich nie wieder an einen Laternenpfahl lehnen können... Hunde waren einfach nur eklig. „Oh.“, gab ich wenig geistreich zurück. Ich hätte wirklich nicht damit gerechnet, dass Ellie im Schlepptau mit diesen zwei Typen auftauchen würde. Steve war cool, das war irgendwo in Ordnung, wenn man mal davon absah, dass Steve ein Kumpel von Zebi war. Aber warum Birdo auch noch mit dabei war, verstand ich nicht. „Ja, wir dachten, wir holen dich von der Arbeit ab und gehen ins Cafe und da Birdo eh mit Butler rausmusste, hat sich das so ergeben.“, teilte mir Ellie schließlich netterweise mit und ich nickte nur. Mir war eigentlich alles recht. Immerhin war sie hier und das war die Hauptsache. Ich konnte sogar den Hund in Kauf nehmen, der jetzt ein paar Schritte vor mir hertrottete und alle paar Meter stehen blieb, um an einem dummen Laternenpfahl zu schnuppern. Steve und Birdo unterhielten sich miteinander über Pudding? Tatsache, ihr Gesprächsthema war Pudding und sie schienen darüber richtig zu diskutieren. Ellie und ich schwiegen uns im Gegensatz dazu an. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, wie ich anfangen sollte und ich wollte auch nicht unbedingt in Anwesenheit von Steve und Birdo über die ganze Angelegenheit reden. Vielleicht waren ja deswegen die Beiden da, um einem unangenehmen Gespräch vorzubeugen. „Zebi und ich sind nicht mehr zusammen.“, meine Ellie schließlich in einem beiläufigen Ton. Sie hielt dabei ihren Blick nach vorne gerichtet und schaute nicht in meine Richtung. Ich blieb kurz stehen und schaute ihr überrascht nach. Wie, sie waren nicht mehr zusammen?! Ellie drehte sich zu mir um und verzog das Gesicht kurz zu einem unglücklichen Lächeln. Ich mochte dieses Lächeln an ihr nicht allzu gerne. Es sagte: „Dumm gelaufen, aber man kann nichts mehr ändern.“ Aber es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, es täte mir Leid. „Warum?“, fragte ich schließelich und holte zu ihr auf. Sie zuckte mit den Schultern. „Es hat nicht so gepasst, irgendwie und wir waren beide der Meinung, dass es besser is, wenn wir das mit einer Beziehung sein lassen.“, erklärte sie und schaute kurz unsicher zu mir hoch. „Ich mochte ihn eh nicht.“, gab ich lapidar zurück und sie lachte. „Wäre mir jetzt gar nicht aufgefallen...“ Ich grinste sie an und fühlte mich unendlich erleichtert. Ich wusste zwar immer noch nicht, warum sie sich dann nicht bei mir gemeldet hatte, wenn sie sich von diesem Idioten getrennt hatte und ich war mir auch nicht sicher, wie sie darauf reagieren würde, wenn ich ihr von der Sache mit Andy erzählen würde, aber das kam mir gerade sehr trivial vor. „Übrigens hat sich Marius wieder bei mir gemeldet.“, meinte ich mit einem Grinsen. Man musste ja etwas angeben mit seinen Errungenschaften, außerdem war Marius ungefählriches Gebiet über das man ohne Bedenken reden konnte. „Wie haste das angestellt?“, stieg Ellie auch gleich auf das Thema ein. „Keine Ahnung, mit meiner überragenden Persönlichkeit?“ Ich grinste sie dabei an. „Natürlich, deiner Persönlichkeit.“, sie betonte das letzte Wort noch mal extra, um es ins Lächerliche zu ziehen. Das war einer der Punkte, die ich an Ellie so zu schätzen wusste, selbst wenn wir uns mal wegen etwas anschmollten, war es einfach wieder okay, wenn wir uns wieder sahen. Und man konnte ja nicht erwarten, dass man sich über soviele Jahre hin mal nicht in die Haare kriegte. Ich war nur froh, dass es nie wirklich in einen heftigen Streit ausgeartet war, aber das konnte ich mir bei uns auch gar nicht vorstellen. Selbst wenn ich ihr das mit Andy erzählen werde, wird es darauf hinauslaufen, dass wir uns spätestens in einem halben Jahr darüber lustig machen werden. Allerdings wollte ich mit ihr nicht darüber reden, solange Steve und Birdo noch dabei waren und einen schönen Freitagnachmittag hatte ich mir nach dieser Woche auch verdient. „Ey, Birdo meinte gerade, dass er noch fürs Heaven Freikarten hat für heute Abend. Wollt ihr mit?“, wandte sich Steve unvermittelt an uns. Er strahlte uns dabei begeistert an und ich fragte mich, ob im Heaven Metal lief, was ich mir nicht vorstellen konnte. Welche Metalbar würde sich so nennen? Ich schaute kurz zu Birdo, der eher desinteressiert seinen Hund beobachtete, der schon wieder an eine Hauswand pisste. Wie kam Birdo an Freikarten zu einem Club? Das würde doch bedeuten, dass er mit anderen Menschen zu tun hatte. „Woher hast du Karten fürs Heaven?“, fragte Ellie ehrlich überrascht und sprach damit meine Gedanken aus. Birdo schaute auf und sah so aus, als hätte er nicht erwartet, dass ihn jemand ansprechen würde. „Die Freikarten? Oh, die hat mir ein Kumpel gegeben, der unbedingt will, dass ich da mal vorbei komm und ich mein, bevor die verfallen...“ Er zuckte mit den Schultern und beendete seinen Satz nicht. Also hatte Birdo neben Steve wirklich ein soziales Leben. Ich war... erstaunt. „Also kommt ihr mit?“, fragte uns Steve immer noch sehr enthusiastisch und mir fiel kein Grund ein, warum wir absagen sollten. Party war immer gut, fand ich. „Klar, aber nur, wenn ich in der Zwischenzeit mal heim kam, um zu duschen. Ich stinke wie ein Iltis.“ Ich war sowieso etwas unglücklich darüber, dass ich jetzt in den verschwitzen Arbeitsklamotten ins Besito sitzen musste, aber wenn ich darüber gejammert hätte, wäre das ziemlich pinzig rüber gekommen und das wollte ich mir vor Steve und Birdo nicht an tun. „Ich würd da sowieso nicht vor zehn hin, also ist das kein Ding.“, beteiligte sich Birdo sogar mal freiwillig an unserer Unterhaltung. Ich lächelte nur zur Antwort und merkte, dass es auf ihn überhaupt keine Wirkung hatte. War der Typ wirklich schwul? Gut, nicht jeder schwule Kerl musste zwangsläufig auf mich stehen, aber wenigstens eine Reaktion könnte man doch erwarten, oder? Ich hing dem Gedanken noch etwas nach, als wir weiter gingen. Ellie und Steve unterhielten sich gerade über das kommende Konzert von Soulfly und ich erinnerte mich daran, dass sie noch bei mir Schulden hatte. Ich würde sie nachher darauf ansprechen, wenn es darum ging, dass mich jemand zu meinem Milchkaffee einlud. War ein guter Plan, wie ich fand. Ob die wohl noch Karten für das Konzer hatten? Etwas irritiert, von dem absurden Gedanken schüttelte ich den Kopf. Musik war definitiv ein Bereich, bei dem Ellie und ich kein gemeinsames Thema finden würden und es war vielleicht auch das einzige, bei dem ich das irgendwie akzeptieren konnte. Trotzdem stellte ich fest, dass ich kurz einen gewissen Neid empfand, als ich Ellie und Steve sah, wie sie sich miteinander unterhielten. Sie hatte ihr begeistertes Konzert-Glänzen in den Augen und ich wusste, dass Steve es mehr verstand, als ich es je tun würde. Ich schaute zu Birdo, der jetzt neben mir lief, da der Gehweg nicht breit genug war, dass vier Leute nebeneinander laufen konnten und er schaute abwesend vor sich hin. Ob er jemals was von Steve wollte? Ich musste daran denken, wie er mich gewarnt hatte, dass Steve nicht auf Kerle stand und wieder fragte ich mich, ob da nicht einfach mehr dahinter war. „Sag mal, wie lang kennst du Steve eigentlich schon?“ Ich war wirklich neugierig. „Hm?“, er schaute in meine Richtung, als würde er mich erst jetzt wieder bemerken. „Oh, hm, ewig.“, antwortete er schließlich knapp und signalisierte so beleidigendes Desinteresse. „Ewig?“, hakte ich nach, weil ich mehr Informationen haben wollte. „Naja, seit dem Kindergarten. Er hat sich immer hinter mir versteckt, damit ich ihn vor den Kindern beschütze, die er geärgert hat.“ „Hey, lästerst du schon wieder über mich?“, mischte sich Steve plötzlich in das Gespräch ein. „Ich spreche nur Tatsachen aus.“ Beide lachten und man hatte wirklich das Gefühl, als würde man einer vertrauten Einheiten entgegen treten. Ob Ellie und ich nach außen auch so wirkten? „Außerdem hab ich mich nicht hinter dir versteckt.“ Steve klang dabei etwas kindisch, aber eher auf eine lustig Art und Weise. „Natürlich nicht, du hast dich immer nur reinzufällig hinter mir geduckt...“, stichelte Birdo weiter und irgendwie fand ich sie amüsant. Ich versuchte sie mir als Kinder vorzustellen und scheiterte etwas bei Birdo, da ein fünfjähriger mit Bartansatz irgendwie absurd aussah. „Du warst immer stärker als die anderen Jungs und außerdem sind wir Blutsbrüder, da ist doch sowas selbstverständlich.“ „Hey, ich hab auch immer die anderen Jungs für Michi verprügelt, weil sie immer gesagt habe, er ist wie ein Mädchen.“ Danke Ellie. Ich fühlte mich in meiner Männlichkeit gekränkt und das Lachen der Anderen machte es nicht besser. Steve klopte mir auf die Schulter. „Wir haben es nicht leicht mit solchen Freunden.“, meinte er und seufzte schwer. Ich lachte und stimmte ihm zu. „Ihr wärt doch ohne uns gar nichts.“, widersprach ihm Ellie und hakte sich bei Birdo ein, der gerade versuchte seinen Hund daran zu hindern, irgendeinen Müll zu treffen. Bildete ich mir das nur ein, oder hatte Birdo keine allzulange Aufmerksamkeitsspanne, was Unterhaltungen anging oder lag es einfach an dem Hund, der ihn ständig ablenkte? Der Hund starrte mit einem Stück Serviette im Maul zu mir hoch und bellte kurz. Ich zuckte zusammen und wusste, warum ich Hunde mal so gar kein Stück leiden konnte. Scheiß Viecher. Ich verstand gar nicht, wie man sich freiwillig so ein Tier antat... Aber wenn ich mir Birdo so anschaute, irgendwie passte der Hund zu ihm. Was gar nicht so gemein gemeint war, wie es jetzt klang, nur ein bisschen. Im Cafe hatten wir das Glück, dass noch Plätze für uns frei waren. Aber es war allgemein nicht sehr voll, was mich eigentlich irgendwie überraschte. Eigentlich hätte ich erwartet, dass Freitagnachmittag mehr los ist, als Dienstagabend. Aber ich würde mich jetzt sicher nicht über diesen Umstand beklagen. Wir gaben unsere Bestellung bei einem Kellner auf, der definitiv nicht unser Stammkellner war und der weder mit Ellie noch mit mir flirtete. Was eigentlich ganz Schade war, irgendwie war der Typ süß. Vielleicht sollten wir freitags öfter mal hier vorbei kommen. Ich musste Ellie bei Zeiten mal diesen Vorschlag machen. Allerdings sollte ich auch mal in Erwägung ziehen, dass mit den Kerlen etwas ruhen zu lassen. Wenn ich so an die Andy-Sache dachte... Aber es war auch schwer aus alten Mustern rauszukommen und der Kellner sah gut aus. Die anderen am Tisch interessierten sich allerdings kein Stück dafür, was bei Steve nachvollziehbar, bei Birdo nicht. Ich fragte mich, auf was für Kerle der überhaupt stand. Ich wollte mich ja nicht an alten Schwulenklischees bedienen und all sowas, aber ich persönlich kannte keine schwulen Metaller, außer Birdo und ich musste ehrlich sagen, ich kannte viele schwule Kerle aus allen möglichen Sparten und mit allen möglichen Berufen, Börsenmakler, Friseur, Schauspieler, Ingenieuer, Mathematiker... Ich sollte mir nicht soviele Gedanken darüber machen, mit wie vielen Kerlen ich tatsächlich geschlafen hatte. Manchmal erschütterte das selbst mich. Aber ehrlich, ich konnte mir nicht vorstellen, dass Birdo nur mit einen von diesen Kerl Sex haben würde. Nein, eigentlich konnte ich mir bei Birdo generell nicht vorstellen, dass er irgendwas mit Sex am Hut hatte. Und wie er da saß, haarig und mit seinem Bierbauch, während er in seinen schwarzen Kaffee Unmengen an Zucker und Sahne schüttete, neben ihm sein alter, sabberender Hund, da wollte ich nicht mal darüber nachdenken, wie er ohne Klamotten aussah. „Übrigens, Zebi hat schon wieder eine Neue.“, kam es abfällig von Steve und ich schaute überraschte zu ihm. Er hatte sich gerade mit Ellie über das Nine-Inch-Nails-Konzert vom Frühjahr unterhalten und ich hatte ihnen nicht mehr so richtig zu gehört. Aber das neue Thema war etwas, was ich natürlich spannend fand. Ellie zuckte allerdings nur mit den Schultern, als würde sie das nicht sonderlich interessieren. Was bei ihr aber mehr auf gekränkten Stolz hinwies. „Ich mag sie nicht... Sie nervt bei den Proben.“, kam es von Birdo mit einer düsteren Miene, als wäre das das größte Verbrechen, dass man begehen konnte. In seinen Augen konnte das sogar gut möglich sein. „Ach, Zebi hat halt keine Ahnung. Ich war echt schon überrascht, als er mal mit so einem Mädchen wie Ellie angekommen ist.“ Steve lächelte Ellie an. Sie überging das Lächeln und das Kompliment allerdings völlig und nippte lieber an ihrem Milchkaffee. „Aber er hatte es ja ziemlich eilig gehabt.“, meinte ich schließlich, weil ich wirklich überrascht war, dass Zebi so schnell wieder jemand hatte. Also nicht, dass ich in der Position war mich über schnelle Partnerwechsel zu mokieren, aber bei mir waren das ja auch nur Affären. „Jub, Zebi ist kein Kind von Traurigkeit und ich glaub, das Mädel war eh schon länger scharf auf ihn. Und bevor er ohne Freundin da steht, nimmt er halt so eine.“ Steve verzog wieder das Gesicht, anscheinend war das wirklich ein Thema das ihn störte. „Das nervt manchmal so tierisch... Erinnerst du dich noch an die eine, die immer unbedingt mit auf die Bühne wollte und die hatte doch immer dieses rosa Emozeug an. Boah, ich war immer echt davor, die von der Bühne zu schmeißen in der Hoffnung, dass sie sich was bricht.“, kam es ungewohnt aggressiv von Birdo. „Ach, du meinst die Mareike? Die hatte ich schon total verdrängt.“ Steve lachte und Birdo schüttelte nur den Kopf, anscheinend immer noch fassungslos darüber, dass es solche Leute gab. „Einfach nur furchtbar. So gesehen, eigentlich kein Wunder, dass aus euch nichts geworden ist. Du warst einfach nicht nervig genug für ihn.“ Wenn Birdo so etwas sagte, klang es weit weniger gefährlich als bei Steve und alle am Tisch lachten. „Ich fass das einfach mal als Kompliment auf.“, kam es von Ellie mit einem Schmunzeln und sie wirkte wirklich erheitert. „Hey Ellie, Birdo flirtet mit dir.“, wies sie Steve nochmal extra darauf hin und Birdo verdrehte nur die Augen. „Mann, man muss doch nicht immer alles auf Sex reduzieren.“ Und kurz schoss mir der Gedanken in den Kopf, dass Birdo vermutlich der einzige am Tisch war, der so dachte... Kapitel 14: Hänschen klein, ging allein... ------------------------------------------ Hm, ja, das Kapitel hat ziemlich auf sich warten lassen. Allerdings habe ich statt hieran zu schreiben viele tolle andere Dinge gemacht, unter anderem einen Film gedreht, der ev. bei uns in der Region mal im Kino läuft, umgezogen bin ich auch und ich habe an ein paar Comics gezeichnet bzw abgeschlossen, geschrieben habe ich auch, aber nur Gurkensushis. Gurkensushis müssen geschrieben werden, solange sie noch frisch sind, sonst kann man es nicht genießen. XD Naja, aber das war jetzt genug Aufregung für die nächsten Monate, dass heißt ich kann mich jetzt endlich wieder voll und ganz Treppenaufgang widmen und ich hoffe immer noch, dass ich es schaffe, die Geschichte bis Ende des Jahres abzuschließen. ---------- Ich zupfte etwas nervös meine Haare vor dem Gaderobenspiegel noch mal zu recht, bevor ich meinen Hausschlüssel, den Geldbeutel und mein Handy in die Hosentasche steckte und die Wohnung verließ. Ich würde mich jetzt gleich mit Ellie treffen und wusste, dass ich auf den Weg zum Heaven die Gelegenheit nutzen musste, um mit ihr über Andy zu reden. Ich wollte zwar nicht den Abend verderben, aber sie würde es mir übel nehmen, wenn ich ihr es später erzählen würde und außerdem wären wir auf dem Weg dahin endlich mal unter uns. Ich war nämlich nach dem Kaffeetrinken gleich in meine Wohnung gegangen, um endlich zu duschen und sie hatte noch eine Vorlesung gehabt und es hätte sich nicht gelohnt, nochmal vorher bei mir vorbei zu schauen. Ich hatte Glück mit dem Bus, da gerader einer angefahren kam, als ich zur Haltestelle gekommen war. Als ich in den Bus einstieg, machte ich mir immer noch Gedanken darüber, wie ich Ellie das am Besten erklären würde und was wir jetzt tun sollten, falls er in ihrem Fussballverein wirklich unser Alibi auffliegen lassen würde. Gut, es wäre nicht das größte Drama für ihr Leben, wenn das passieren würde. Aber es hatte eher damit zu tun, dass ich ihr mal wieder Unannehmlichkeiten verursachte habe, weil ich meinem Schwanz das Denken überlassen hatte und das konnte Ellie kein Stück leiden.Was ihr niemand verdenken konnte, da ich ihr schon oft genug irgend einen Scheiß aufgehalst hatte, weil ich mich einfach im Griff hatte. Als der Bus endlich an der Station angekommen war und ich Ellie schon draußen, an der Haltestellen stehen sah, war mir nicht sehr wohl zumute. Aber half ja alles nichts, man musste doch immerhin lernen für seine Fehler gerade zu stehen, auch wenn man manchmal so gar keinen Bock darauf hatte. Ich umarmte sie zur Begrüßung und ich wusste einfach wieder, warum sie jeden Ärger wert war. Sie lächelte mich an und ich stellte fest, dass sie sich heute dezent geschminkt hatte und einen Rock trug, was sie nie machte, wenn es in irgendeine Metal-Location ging. Ich mochte es, wenn sie sich schick machte. Irgendwie hatte ich da manchmal das Gefühl, dass das eine Ellie war, die ich besser kannte, als das Mädchen in den abgefuckten Jeans und schwarzen T-Shirts. Sie hakte sich bei mir ein und so gingen wir dann zur U-Bahnstation runter. Ich haderte mit mir, ob ich ihr wirklich von Andy erzählen sollte. Wenn er nämlich dicht halten würde, müsste Ellie das gar nicht wissen. Allerdings warum sollte er das tun? Und bevor er ihr irgendwas auf die Nase binden konnte, wollte ich ihr das lieber selbst sagen. Als wir uns dann in die passende U-Bahn setzten, entschloss ich mich dazu, dass wohl kein besserer Moment mehr kommen würde. „Ich hab mit Andy geschlafen.“, sagt ich und stoppte Ellie in ihrem Redefluss über einen Film, den sie letztens mit Anika gesehen hatte. Sie schaute entsetzt zu mir und ich wusste nicht genau, wie sie jetzt reagieren würde. Was selten vor kam. „Nicht im Ernst, oder?“ Sie klang ungläubig und ich wusste, es wäre besser, wenn ich Nein sagen könnte. Ich senkte den Kopf. „Doch.“ Ich wusste auch ohne zu ihr zu sehen, dass sie mich gerade böse anstarrte. Ich fühlte mich so klein mit Hut. Sie schlug mir gegen die Schulter, was echt weh tat und ich hörte noch, wie sie ein leises „Vollidiot“ zischte. Ich rieb mir über die Schulter und schaute in ihre Richtung, sie starrte aus dem Fenster, oder besser auf unsere Spiegelung. Sie war sauer. Verdammt. „Musst du immer mit deinem Schwanz denken?“, sagte sie schließlich nach ein paar Minuten Schweigen. Ich wusste nicht, was ich erwidern sollte. Sie hatte ja Recht, aber ich wollte ihr das jetzt nicht auch noch sagen. Stattdessen schaute ich weg von ihr und tat so, als wäre irgendwas Interessantes in der Straßenbahn. Ich hörte wie Ellie schwermütig seufzte. „Das erklärt zumindest, warum Andy beim Training so seltsam zu mir war.“ Sie klang nicht mehr wütend, eher etwas resigniert über mich, was nicht unbedingt besser war. „Was hat er denn gemacht?“ Ich hoffte wirklich, er hatte ihr nicht jetzt schon Ärger bereitet. „Weiß nicht, er war einfach irgendwie komisch.“ Sie zuckte mit der Schulter und ich fühlte mich noch etwas schlechter. Verdammt, ich war wirklich ein hormongesteuerter Vollidiot. „Und, was ist nun mit euch beiden? Seid ihr zusammen?“ Ich schaute wieder irritiert zu Ellie, auf Grund von der Frage. Sie klang bissig und ablehnend. Hatte sie etwa ein Problem damit, wenn ich eine feste Beziehung hätte? Aber allein die Vorstellung noch mal etwas mit Andy zu tun haben zu müssen. Absolut abwegig. „Nur über meine Leiche. Es war furchtbar.“, gab ich ehrlich zu und anscheinend amüsierte sich Ellie über meine Aversion, zumindest grinste sie. „Wenigstens etwas.“, kam es belustigt von ihr. Ich zog einen Schnute und Ellie fing an zu lachen. Das war wohl irgendwie die Entschädigung für den schlechten Sex. Ich knuffte sie in die Seite und fühlte mich ein bisschen erleichtert. Ich wusste doch, dass ich mir wegen so einer Lapalie keine Sorgen um unsere Freundschaft machen musste. Steve und Birdo trafen wir dann direkt vor dem Heaven. Steve hatte sich wie erwartet modisch und schick zurecht gemacht, Birdo nicht. Ich fragte mich, ob der Türsteher ihn mit der lapprigen, dunklen Jeans, dem schwarzen Hemd und dem unrasierten Gesicht überhaupt reinlassen würde. Er passte optisch so gar nicht zu uns und in den Club, der von außen schon recht nobel aussah. Ich fragte mich wirklich, wie er da zu Freikarten gekommen ist. Tatsächlicherweise wurden wir wirklich vom Türsteher wegen Birdo aufgehalten, für einen netten Schwatz zwischen den Beiden. Der Türsteher kannte Birdos Band und ganz kurz hatte ich das Gefühl, sie würden flirten. Allerdings konnte es auch sein, dass mein Gaydar einfach nur völlig verwirrt war und nicht mehr in der Lage war, Signale richtig zu deuten. Vielleicht war ich zur Zeit auch nur völlig überreizt und hielt plötzlich jeden für schwul. Ich schüttelte den Gedanken dann aber ab, als sich Ellie bei mir einhakte, um mich in den Club zu ziehen. Der hielt sein Versprechen, dass er schon von äußeren Erscheinungsbild gegeben hatte, sah alles sehr edel aus. Gefiel mir, musste allerdings sagen bei 15 Euro Eintritt würde ich hier wohl nur mit Freikarten wieder herkommen. Aber heute wollte ich das mit Ellie und Steve genießen, vor allem mit Ellie. Und ich versuchte die horrenden Preise der Getränke zu ignorieren. Es war echt eine Schande, dass die antialkoholischen Getränke bis auf Selters alle teurer waren als die alkoholischen. Aber war nicht der erste Club in dem ich dieses Problem hatte, nur dass hier das billigste auch schon gnadenlos überteuert war. Ich entschied mich aber in meinem ganzen Übermut für eine Coca Cola und versuchte mir einzureden, dass die fünf Euro dafür gerechtfertigt waren, weil immerhin Eis drin war, dass die Cola verwässerte. Naja... wie auch immer. Ich mochte die Musik und konnte es kaum erwarten, mit Ellie die Tanzfläche zu stürmen. Steve wäre bestimmt auch nicht abgeneigt und Birdo unterhielt sich gerade schon wieder mit irgendwelchen Leuten, die ihn wohl kannten. Auf jeden Fall hatten sie ihn freudestrahlend begrüsst und Birdo hatte sich mit knappen Worten entschuldigt. Steve schien das nicht so zu interessieren, offensichtlich kannte er die Leute nicht und ich war über diesen Umstand irritiert. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass so ein wortkarger, haariger Kerl ein soziales Leben hatte. Aber gut, man sollte nicht zu viele Vorurteile haben und eigentlich konnte es mir auch egal sein. Als ich meine Cola ausgetrunken hatte, zog ich einfach Ellie auf die Tanzfläche. Ich hatte keine Lust mehr, einfach nur an der Bar zu stehen. Ich wollte Spass. Schnell hatten wir uns in den Rhythmus der tanzenden Menge eingefunden und ich hatte das Gefühl, als würde der ganze Stress der letzten Tage einfach von mir abfallen. Anders wie mit Marius, aber vielleicht sogar erholsamer. Ich beobachtete Ellie, wie sie sich zur Takt der Musik bewegte und fragte mich kurz, was gewesen wäre, wenn ich nicht schwul wäre. Der Gedanke verlor sich allerdings in der Musik und ich war froh darüber. Es brachte nichts, sich mit etwas rumzuplagen, was einfach nicht zu ändern war. Ich ließ meinen Blick über die anderen tanzenden Gäste schweifen und wusste nicht, ob ich enttäuscht sein sollte, als ich feststellte, dass ich niemand kannte. Meistens gab es ein paar bekannte Gesichter in der Menge, was wohl auch daran lag, dass man immer wieder in die gleichen Clubs ging. Vielleicht war es mal ganz gut, irgendwas zu verändern. Ich sah eine Hand auf Ellies Hüften, sie drehte sich leicht nach hinten und lächelte ihrem Tanzpartner zu. Steve grinste zurück. Ich spürte, wie sich kurz etwas in meinem Magen zusammen zog und ich verließ die Tanzfläche, angeblich weil ich Durst hatte, aber eigentlich weil mir die Lust vergangen war. Veränderungen schön und gut, nur nicht so schnell. An der Bar stand immer noch Birdo, der sich mit einem attraktiven Kerl unterhielt und ich war einfach nur überfordert mit der ganzen Angelegenheit. Ich hatte mir den Abend etwas anders vorgestellt, immerhin hatten Ellie und ich mich versöhnt und ich hatte ihr die Sache mit Andy gebeichtet und jetzt sollte es einfach sein wie immer. Veränderungen... damit hatte ich schon immer Schwierigkeiten gehabt, irgendwie. Ich ließ mich mit einem Seufzen neben Birdo fallen und bestellte mir eine weitere, überteuerte Cola. Ich hätte mich auch überall sonst an der Bar nieder lassen können, aber ich wollte nicht den Eindruck erwecken, als wäre ich hier im Heaven völlig verloren. Birdo schaute kurz überrascht in meine Richtung und dann zur Tanzfläche. Ob er Ellie und Steve in dem ganzen Menschengewirr erkannte? Ob es ihm egal war? Immerhin waren Birdo und Steve auch sehr eng befreundet... Birdo wandte sich wieder dem Kerl zu und ich fühlte mich nun völlig verraten. Roch mein Aftershave komisch, oder was war los? Es war wirklich ein komisches Gefühl, sich so übrig zu fühlen. „Ich dachte, du bist schwul.“, kam es plötzlich von Birdo und ich zuckte zusammen. Warum redete er plötzlich mit mir? „Oder hat es mit Steve zu tun? Ich hab dir gesagt, er steht nicht auf Kerle.“ Ich schaute zu Birdo und der spielte mit einem Bierdeckel, schaute nicht mal in meine Richtung. Seine Unterhaltung schien davon gegangen zu sein. Ich wusste nicht, ob ich mich darüber freuen sollte. „Wolltest du mal was von ihm?“ Er war nicht der einzige, der unangenehme Fragen stellen konnte. „Von Steve? Nee, bestimmt nicht.“ Birdo lachte, als würde er allein schon die Vorstellung absurd finden. Ich kam mir lächerlich vor und spielte mit dem Gedanken, mir einen Cocktail zu bestellen, den ich mir vermutlich nicht mal leisten konnte. „Normalerweise bin ich nicht derjenige, der an der Bar sitzt und dann am Ende alleine heim gehen muss. Beschissenes Gefühl.“ Ich nahm einen großen Schluck von meiner Cola. „Willkommen in meiner Welt.“, kam es von Birdo, er grinste immer noch dabei. Er schien ja ausgesprochen gut drauf zu sein. Vielleicht hatte er ja was eingeworfen, wahrscheinlich waren die Typen, mit denen er geredet hatte, gar keine Bekannten sondern nur seine Dealer. Ich schaute ihn skeptisch an. Eigentlich sah er nicht zu gedröhnt aus, nur irgendwie nicht unzufrieden. Nicht nachvollziehbar in dieser Situation. Ich verstand Birdo einfach nicht. Wir schwiegen uns beide an und ich trank weiter an meiner Cola. Birdo hatte eine Flasche Bier in der Hand und ich fragte mich, wie er sich das hier leisten konnte, so sauteuer, wie es in dem Schuppen war. „Wie kannst du dir hier überhaupt n Bier leisten, ich dachte, du bist armer Musiker?“, fragte ich schließlich. Mich kotzte das Schweigen nämlich an und es sorgte dafür, dass ich mich armselig fühlte. „Ich wurde eingeladen.“ Birdo zuckte mit den Schultern, als wäre nichts dabei in einem teuren Nobelschuppen einfach eingeladen zu werden, vor allem wenn man dann auch noch so unpässlich aussah, wie er. „Ah.“, gab ich etwas unhöflich und desinteressiert zurück. Ich hätte nicht fragen sollen. Ich mein, selbst Birdo schien sozial mehr drauf zu haben wie ich im Moment. Ich kam nicht umhin, mich etwas niedergeschlagen zu fühlen. Der Abend war definitiv nicht so wie er sein sollte. Eigentlich müsste ich jetzt mit Ellie auf der Tanzfläche stehen und meinen Tanz haben und mich nicht von einem haarigen Kerl mit Bauch und Brille, der sich Birdo nannte, anschweigen lassen. „Sag mal, wie heißt du eigentlich wirklich?“ „Was?“, kam es irritiert von Birdo. „Na, dein Name. Du wirst doch nicht Birdo heißen, oder?“ Niemand konnte wirklich so heißen, oder? „Ach so, nee, ich heiß eigentlich Manuel. Aber ehrlich, so nennt mich niemand.“ Das klang so, als dürfte ich ihn auch auf keinen Fall so nennen. „Passt auch nicht zu dir.“, gab ich zurück. Der erste Kerl in den ich verschossen war, hatte Manuel geheißen und war groß, athletisch und blond gewesen, also so ziemlich das genau Gegenteil von Birdo. „Find ich auch.“, sagte er trocken und wieder verfielen wir in Schweigen. Ich hatte einfach keine Ahnung über was ich mit ihm reden sollte. Wir hatten keinerlei gemeinsame Interessen. „Oh, du, kommst du alleine klar? Ich hab da gerade einen Kumpel gesehen.“ Birdo war aufgestanden und schaute irgendwo in die Nähe des Eingangs. Na super, jetzt ließ sogar der mich noch sitzen. „Ja, klar.“ Ich rang mir ein Lächeln ab. Nicht, dass ich Birdos Gesellschaft wirklich genoßen hatte, aber es war in jedem Fall besser gewesen, als jetzt so alleine hier zu sitzen. Ich seufzte und suchte nach meinem Geldbeutel. Der sagte mir, dass ich mir nicht einmal einen Cocktail leisten konnte. Verdammt... Ich starrte wieder zur Tanzfläche und suchte nach Ellie und Steve. Warum ich das machte, wusste ich nicht genau. Vor allem, da ich merkte, wie sich etwas unangenehm in mir zusammen zog, als ich Ellie und Steve sah. Ich mcohte Steve, er war sympathisch und lang nicht so ein Arschloch wie jetzt Zebi, aber er tanzte mit meiner Ellie, die heute Zeit für mich haben sollte und nicht nur Augen für ihn. Sie sah glücklich aus. Und ich war einfach ein fürchterlicher Freund, vielleicht wollte ich ihr einfach nicht ihr Glück gönnen? Was hatte ich schon in dieser Hinsicht vorzuweisen, außer eine Reihe gescheiterter Beziehungen und belangloser One-Night-Stands. Ich wollte doch auch nur mal einen Menschen für mich allein und Ellie konnte das nicht sein, weil wir nie mehr wie Freunde waren. Die Erkenntnis tat irgendwie weh, aber vielleicht war es einfach mal an der Zeit. Das machte es allerdings nicht besser. Ich seufzte und wandte mich wieder von der Tanzfläche ab. Ich sollte einfach nach Hause gehen und Ellie und Steve ihren Spass haben lassen. Ich würde ihnen sonst nur die Laune verderben... Also bezahlte ich und ging ziemlich zielstrebig auf den Ausgang zu, bei dem Birdo sich mit irgend einem Kerl unterhielt. Ich sagte ihm noch Bescheid, dass ich heim ging und verließ dann den Club. Wenigstens waren es Freikarten gewesen, ich hätte mich geärgert für diesen kurzen Abend soviel Geld ausgegeben zu haben. Draußen umfing mich kühle Luft und ich atmete tief ein. Ich fühlte mich nicht besser, aber die frische Luft tat gut. Vielleicht sollte ich einfach noch ins Tense gehen, da war heute Gay-Night und der Eintritt war frei. Letztens Mal hatte ich einen süßen Kerl abgeschleppt, wie hatte er noch geheißen? Dave... ja, Dave war niedlich gewesen. Schade, dass ich von ihm keine Nummer hatte, ihn hätte ich jetzt vielleicht angerufen. Ich könnte mich allerdings auch bei Marius melden, die Chancen waren zwar relativ hoch, dass er keine Zeit hatte oder gerade bei jemand anderen war, aber wer weiß, vielleicht konnte man ja auch mit einsteigen. In jeden Fall wollte ich nicht für mich allein in meiner Wohnung brühten, während ich daran dachte, dass Ellie und Steve heute Sex haben würden. Und das würde ich und es würde mich ankotzen und... gah, ich regte mich jetzt schon darüber aus. Ich kramte nach meinem Handy und durchsuchte dann mein Telefonbuch nach Marius, der mir letztens Mal seine Nummer da gelassen hatte. Es tutete drei Mal, dann wurde abgehoben. „Ja?“, fragte Marius mit seiner dunklen, angenehmen Stimme. „Hey, ich bin´s, Mike.“, meldete ich mich in einem etwas gespielt gut gelaunten Ton. Er brauchte nicht zu wissen, dass meine Laune jenseits tief der Hölle war. „Oh, hey, warum rufst du denn an?“ Er klang beschäftigt. Verdammt, wenn er jetzt auch noch absagen würde... Ich hätte ihn nicht anrufen sollen. „Stör ich?“ Bitte, sag mir, dass ich es nicht tue, bitte! „Uhm, geringfügig, ich wollte gerade duschen. Was gibt’s denn?“ Also hatte er Zeit? Ich atmete erleichtert aus. „Hast du vielleicht Lust bei mir vorbei zu kommen?“ Ich versuchte meine Stimme ein bisschen verführerisch klingen zu lassen, wusste aber nicht, ob es mir gelang. Ich hoffte einfach nur, dass er ja sagen würde. „Hm, ich wollte zwar heute ins Silverfish, aber ich denke, ich kann auch genauso gut zu dir kommen.“ Hrm, das klang nicht unbedingt schmeichelhaft, aber er würde kommen. Ich sollte mich einfach freuen, oder? Ich würde Sex haben und währenddessen konnte ich einfach verdrängen, dass Ellie und Steve gerade in diesem Moment miteinander anbändeln und ich rein gar nichts dagegen tun kann. „Dann in einer Stunde bei mir?“ „Okay, sollte ich schaffen. Bis dann, Kleiner.“ Mit diesen Worten hatte Marius aufgelegt und mein Abend war gerettet, irgendwie. Kapitel 15: Mic Check --------------------- Wui, ich habe hier ein kleines Rechtschreibfehlerparadies erschaffen, aber ich bin im Moment zu müde, um dieses Paradies effizient und bösartig zu zerstören. Wuahahahaha... äh ja... -------- Ich kuschelte mich zufrieden an den warmen Körper neben mir und fühlte mich rund um zufrieden. Das Leben hatte in letzter Zeit viele Überraschungen für mich bereit gehalten, dies war eigentlich mit unter die angenehmste, die ich seit langem hatte. Haare kitzelten an meiner Wange, als er sich bewegte und ich öffnete verschlafen die Augen. Es waren seine Barthaare gewesen, an die ich mittlerweile einigermaßen gewöhnt hatte, auch wenn ich am Anfang ziemlich gegen einen Bart gewesen war. Aber es war ja nicht so, als hätte ich in dieser Hinsicht irgend ein Mitspracherecht. Er war was sein Aussehen anging eigen und eigentlich ging es mir mal nicht um Oberflächlichkeiten. Nicht bei ihm. Er gab plötzlich ein kurzen, lauten Schnarcher von sich und drehte sich dann unvermittelt weg von mir. Ich setzte mich auf und seufzte. Durch die Vorhänge drang vereinzelt Licht und kurz betrachete ich ihn noch, wie er neben mir lag. Er hatte lange Haare, einen haarigen, untrainierten Bauch und einen Bart, er war so weit entfernt davon meinem absoluten Schönheitsideal zu entsprechen, dass es schon absurd war. Aber es war irgendwie okay, wir harmonierten ansonsten überraschend gut und darum ging es doch, oder? „Hey, Birdo, ich muss jetzt dann los.“, erklärte ich ihm, während ich aufstand und nach meinen Klamotten suchte, die in Birdos Wohnung richtig rausstachen. Von ihm kam nur ein verschlafenes Grunzen, dass ich einfach so auffasste, dass er meine Aussage zur Kenntnis genommen hatte. Mit meinen Klamotten in der Hand ging ich in sein kleines Bad. Mein Kulturbeutel stand am Waschbeckenrand und ich erinnerte mich noch daran, wie mich Birdo ausgelacht hatte, als ich damit angekommen bin, nach dem fest stand das ich öfter übernachten würde. Irgendwie hatte ich mich verdammt weibisch gefühlt. Natürlich, mir war Körperhygienie wichtig und ich fand, dass meine Haut wirklich angenehmer war, wenn ich ein Gesichtspeeling verwendete und ich wollte nicht darauf verzichten. Aber wenn ich mir im Vergleich dazu Birdo anschaute, der in seinem Bad gerade mal eine Zahnbürste, Duschgel und Shampoo als Hygieneartikel beherbergte. Als ich mit meinem Zeug angekommen war, war es wäre ein Mädchen bei ihm eingezogen und ich war vielleicht schwul, aber definitiv kein Mädchen. Als einen Kompromis für mich, hatte ich auf ein paar Pflegeprodukte verzichtet, um mich nicht völlig der Lächerlichkeit preiszugeben, naja, nicht mehr als sowieso schon, wenn man mit Birdo eine Sexsache am Laufen hatte. Ich duschte mich und zog mir dann meine Klamotten über. Ich musste in einer halben Stunde bei der Arbeit sein und da wollte ich doch wenigstens einigermaßen gut riechen, auch wenn es meine Arbeitskollgen vermutlich eh nicht sonderlich interessieren würde. Ich struppelte mir die Haare trocken und schaute in den Spiegel. Ich wusste nicht warum, aber ich hatte das Gefühl, als wäre ich mittlerweile erwachsener, als wie vor ein paar Monaten. Wenn man überlegte, dass es erst ein halbes Jahr her war, seit diese peinliche Andy-Sache gelaufen war, bin ich vielleicht wirklich etwas reifer geworden. Als ich das Bad verließ, stolperte ich, wie jedes Mal, über den Hund, der es sich wohl zur Angewohntheit gemacht hat, sich vor die Badezimmertür zu legen, wenn man duschen war. Ich hatte keine Ahnung, warum das Viech das machte, vor allem, weil es immer darauf hinauslief, dass ich den Hund unglücklich mit dem Fuss erwischte, er jaulte, ich fluchte und wir insgesamt alle sehr unzufrieden mit der Sache waren. Die Töle war auch der Grund, warum ich überhaupt immer bei Birdo übernachtete, anstatt er bei mir, obwohl ich mit Abstand die schönere Wohnung hatte. Er könnte dieses arme, arme Tier nicht über Nacht alleine lassen... Tz. Ich starrte den Hund missmutig an und dafür bellte er mich kurz schlecht gelaunt an. Wir mochten uns nicht, da waren wir uns in jedem Fall sehr eilig. Birdo war trotz des Krachs immer noch im Tiefschlaf und auf mein „Ich bin dann weg.“ gab es wieder nur ein kurzes Schnarchen. Naja, er war nicht so der Morgenmensch... und er musste auch nicht schon morgens zur Arbeit, der Glückliche. „Bei dir und Ellie läufts wieder besser, oder?“, fragte mich Heinz recht unvermittelt, während wir beide dabei waren die Geräte wegzuräumen. Er redete selten mit mir über sowas und wenn dann nur nach Feierabend, was aber auch hauptsächlich daran, dass ihn die älteren Arbeitskollegen gerne damit aufzogen, dass sie schon verheiratet waren und er noch nicht mal eine Freundin hatte. Ich schien wohl eine Ausnahme zu sein, da ich mit Ellie nicht mal verlobt war. Was auch nie passieren würde, aber das und den Grund dafür musste Heinz wirklich nicht wissen. „Wie kommst du drauf?“ Bei mir und Ellie lief es eigentlich gerade ganz gut, sie hatte Steve, ich hatte Sex und wir waren beide glücklich mit der Situation. Was vermutlich vor allem daran lag, dass ich mit Steve recht gut klar kam und Ellie wohl hoffte, dass ich mich mal auf Birdo festlegen würde. Aber der Gedanke nur mit einem einzigen Typen zusammen zu sein, kam mir irgendwie komisch vor. Vielleicht war ich auch einfach ein bisschen komisch in der Hinsicht, aber offensichtlich war ich nicht für Monogamie gemacht oder ich hatte einfach noch nicht den richtigen Kerl getroffen. „Du bist in letzter Zeit irgendwie besser drauf.“ Beobachtete Heinz mich etwa? Gruseliger Gedanke. „Ach, liegt daran, dass wir Frühling haben.“ Ich lachte und hoffte, das Heinz durch meine Antwort klar wurde, dass ihn mein Privatleben überhaupt nichts anging. Er war ein netter Kerl und alles, aber ich hielt meine Arbeitskollegen gerne auf Abstand. „Hm, ja, Winter ziehen einen immer ganz schön runter.“ Ein wahres Wort. Der Winter war wirklich der pure Horror gewesen und ich war froh, dass er endlich vorrüber war. Mir hatte diese Andy-Sache noch ewig nachgehangen, Marius war über drei Monate nicht erreichbar gewesen, warum auch immer, und Ellie war mit Steve beschäftigt gewesen. So überflüssig wie in den paar Monaten hatte ich mich schon ewig nicht mehr gefühlt. Vielleicht war auch das der Grund, warum ich überhaupt etwas mit Birdo angefangen hatte. Keine Ahnung, ich wollte den Gedanken auch nicht weiter verfolgen, da ich mir etwas fies dabei vorkam. Ich verbrachte wirklich gerne Zeit mit ihm, auch wenn sein Humor und seine Art am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig für mich gwesen war. Was aber vermutlich auf Gegenseitigkeit beruhte. Ich wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als ich mein Handy in meiner Jackentasche klingen hörte. Heinz nickte mir kurz zu, was soviel hieß, dass ich ruhig ran gehen konnte und er den Rest einräumen würde. Ich kramte hastig das Handy aus meiner Tasche und hob ab, ohne auf die Nummer zu sehen. „Ja?“, kam es etwas abgehetzt von mir. Wäre nicht das erste Mal gewesen, dass mein Anrufer gerade in dem Moment auflegte in dem ich abhob. „Mike? Hey, ich bin´s Marius.“, drang seine angenehme, dunkle Stimme durch den Hörer. Ich merkte, wie sich ein wohliges Gefühl in mir ausbreitete. Man konnte sagen was man wollte, aber seine Stimme war einfach sexy. „Hey, was gibt’s?“ In den letzten paar Wochen hatten wir uns eigentlich recht regelmäßig getroffen. Anscheinend hatte er im Moment mehr Zeit für mich, als noch vor ein paar Monaten. Fand ich gut. „Ich könnte heute Abend bei dir vorbei kommen, wenn du Lust hast.“ Klang verlockend. „Sorry, heute geht leider nicht. Hast du denn die Woche nochmal wann anders Zeit?“ Marius zu sehen war definitiv verführerisch, aber ich war erst heute Morgen aus Birdos Bett aufgestanden und es kam für mich gar nicht in Frage mit zwei verschiedenen Typen am gleichen Tag Sex zu haben. Auch ich hatte meine Prinzipien. „Schade, schade. Ich weiß noch nicht, ob sich was ergibt, aber wenn, dann würde ich mich melden. Ist das okay?“ Ich konnte mir gerade richtig vorstellen, wie er dabei lächelte. Verdammt, ich hoffte, ich war in seinem Alter noch annährend so attraktiv. „Klar, meld dich einfach. Würd mich freuen, wenn was zustande kommen würde.“ Vor allem, da es unwahrscheinlich war, dass ich bei Birdo diese Woche noch mal übernachten würde. Da er demnächst einen Auftritt hatte und viel Zeit mit Proben verbrachte. Danach hatte er wirklich keine Lust mehr auf irgendwas... „Ich mich auch. Bis dann, Kleiner!“ „Ciao, Großer.“ Ich hörte noch sein raues Lachen und dann legte er auf. Frühling war in jedem Fall um einiges besser als Winter. Als ich auflegte, schloss Heinz gerade den Arbeitsschrank, was bedeutete, das wir für heute endlich fertig waren und gehen konnten. Vor der Tür wartete schon Ellie auf mich, damit wir weiter ins Besito gehen konnte, einer der wenigen Wochentage, die Ellie und ich noch für uns hatten. Ich verabschiedete mich noch knapp von Heinz und umarmte sie dann stürmisch. Ich freute mich auf das Kaffeetrinken und ich fand, das heute generell ein guter Tag gewesen war. „Du bist ganz schön gut drauf heute.“, stellte Ellie mit einem Grinsen fest. Ich wusste genau, was sie mit diesem Grinsen sagen wollte. Sie war der Überzeugung das die gute Laune an Birdo lag, was zum Teil sogar stimmte, aber das war es nicht allein. „Natürlich, ich darf doch heute mit meiner Herzensdame einen Kaffee trinken gehen.“ Ich klimperte mit meinen Wimpern und sie boxte mich in die Seite, lachte allerdings dabei. Sie hakte sich bei mir unter und Arm in Arm schlenderten wir zur Straßenbahnstation. „Übrigens hat sich Marius heute bei mir gemeldet.“, erzählte ich ihr, als wir uns in die S-Bahn setzten. „Hrm.“, kam es nur von ihr und sie schaute mit einem leicht grimmigen Gesichtsausdruck in meine Richtung. „Was?“ Ich war etwas irritiert. „Du triffst dich noch mit ihm?“, bohrte sie nach, immer noch mit diesem finsteren Blick. Was zur Hölle war ihr Problem? Sonst hatte sie doch auch nichts gegen Marius gehabt. „Natürlich, warum sollte ich nicht?“ So jemand wie Marius ließ man nicht einfach sausen. „Hast du dabei schon mal an Birdo gedacht?“, kam es etwas aufgebracht von ihr. Ich schüttelte nur irritiert den Kopf. Warum sollte ich bei Sex mit Marius an Birdo denken?! Ellie verdrehte die Augen. „Das mit euch beiden geht doch schon ein paar Monate. Ich dachte du magst ihn.“ „Klar, mag ich Birdo, aber was hat das mit Marius zu tun?“ „Gott, Michi... sei doch nicht so ein Idiot.“ Ellie klang wirklich etwas genervt. „Ellie, Birdo ist es scheiß egal, dass ich Marius treffe.“ Das musste ich einfach mal klar stellen. Ich machte niemanden etwas vor. Birdo wusste, dass ich andere Kerle hatte und ich hätte auch kein Problem damit, wenn er noch jemand anderen hätte. Und Marius war sowieso von Anfang klar, dass er kein Exklusivrecht auf mich hatte. „Er weiß davon?“, Ellie klang etwas überrascht und ich wusste nicht, ob ich deswegen gekränkt sein sollte. „Natürlich, für was hälst du mich?“ Okay, die Andy-Sache war vielleicht idiotisch gewesen von mir, aber das war nicht der Regelfall. Ich konnte durchaus meine Affären händeln. „Es stört ihn wirklich nicht?“, hakte sie nach. Es konnte Einbildung sein, aber sie klang irgendwie enttäuscht. „Kein Stück.“ Also falls es ihn stören würde, so hatte ich es bis jetzt nicht bemerkt. Okay, ich sprach nicht groß mit ihm darüber, aber er wusste, dass ich mich mit Marius traf und er hatte damals gemeint, dass ist okay für ihn. „Ihr seid komisch.“ Ellie seufzte und damit schien das Thema vom Tisch zu sein. Es tat mir ja leid, sie in der Hinsicht etwas enttäuschen zu müssen. Aber so sah die ganze Sache nun mal aus. Ich mochte Birdo und ich hatte aber trotzdem gerne weiterhin Sex mit Marius. Niemand störte diese Situation, also war doch alles in Ordnung. Und wer weiß, vielleicht werde ich ja in ein paar Jahren auch etwas ruhiger und kann mich auf jemand bestimmtes festlegen. Im Moment hatte ich allerdings keine Lust dazu. Marius hatte sich tatsächlich diese Woche noch mal gemeldet. Er hätte Freitagabend Zeit, weil eine Verabredung überraschend abgesagt hatte. Ich könnte mich ja jetzt als Lückenfüller fühlen, aber ich musste sagen, damit kam ich klar. Marius und ich waren beide nicht sehr emotional involviert was unsere Affäre anging und ich glaube, das mochten wir beide daran. Vielleicht war das sogar der Hauptgrund, warum er mich noch regelmäßig traf. Er hatte mal erwähnt, dass er immer wieder Lover hatte, die irgendwie sehr anhänglich geworden sind und darauf hatte er einfach keinen Bock. Ihm reichten schon seine Exfrauen. Wenn er erwähnte, dass er schon mal verheiratet war, wirkte das auf mich immer etwas befremdlich. Vor allem, weil ich dann auch daran dachte, dass er einen Sohn hatte, der nicht viel jünger war als ich. Ich konnte mir Marius nach wie vor nicht in der Vaterrolle vorstellen und wollte es eigentlich auch nicht. Es passte schlicht und ergreifend nicht. Jedenfalls würde er wohl in einer halben Stunde kommen und er hätte sogar mal Zeit zu übernachten, was wirklich selten vorkam. Aber mir sollte es recht sein. Ich mochte das Gefühl, neben jemand aufzuwachen. Ich war mittlerweile nicht mehr sonderlich nervös, wenn Marius vorbei kam. Solange ich frisch geduscht war, in meinen Klamotten einfach hot aussah und Andy nicht vorbei kommen würde, konnte eigentlich nichts mehr schief gehen. Und die ersten beiden Dinge hatte ich bewerkstelligt und das dritte war mittlerweile völlig unwahrscheinlich, zumindest hatte ich von Andy seit sechs Monate nichts mehr gehört, was auch besser so war. Allerdings schien er auf Ellie nicht mehr gut zu sprechen zu sein. Was auch einer der Gründe war, warum sie überlegte den Verein trotz Irene zu wechseln. Anscheinend war ihr aber auch allgemein nach Veränderung. War vielleicht auch einfach die Zeit dafür... Ich war froh, als Marius klingelte. Ich war schon wieder dabei mich über Dinge zu ärgern, an denen ich nichts rütteln konnte und ich konnte es nicht ausstehen, wenn ich mich irgendwie in Selbstmitleid wand. Begeistert stellte ich fest, das Marius nicht nur sich und seinen sexy Arsch mitgebracht hatte, sondern auch Essen vom Chinesen. Er hatte mir mal erzählt, dass er eine Schwäche für asiatisches Fastfood hatte, was man bei seiner Figur nicht vermuten würde. Hunger hatte ich in jedem Fall und der Abend war noch jung, also konnten wir uns Zeit lassen. Wir mussten ja nicht jedes Mal wie die wilden Tiere übereinander herfallen. Naja, zumindest nicht heute. „Und wie war dein Tag so?“, leierte er ein Gespräch an, während er zu mir rüber lächelte. Ich fand, dass es ein guter Plan, so den Freitagabend zu verbringen. „Recht langweilig, eigentlich bist du das Highlight dieser Woche.“ Wenn man mal von Birdo Montagabend absah, aber Birdo als Highlight zu bezeichnen, traf es auch nicht ganz. Es war einfach angenehm mit ihm Zeit zu verbringe, so wie das bei Freunden auch war. Vielleicht waren wir auch sowas wie friends with benefits. „Ich fühle mich geehrt.“ Er lachte und ich fühlte mich wenig ernst genommen, aber so war Marius eben. „War bei dir was spannendes los, irgendwelche bekannte Models abgelichtet?“ Ich wusste nicht genau, was Marius sonst so machen sollte. „Uff, nicht direkt, aber die Woche war anstrengend. Ich bin eigentlich ganz froh, dass ich mal ein bisschen bei dir ausspannen kann.“ Marius war jemand, der gerne Komplimente machte und man konnte nur die Hälfte von dem was er sagte, wirklich für bare Münze nehmen. Aber ich hatte wirklich das Gefühl, dass er das gerade so meinte, wie er es sagte. „Dafür bin ich doch da.“ Kurz überlegte, ob ich mich mit dem Satz irgendwie herabdegradierte. Aber eigentlich war es doch so, oder? Wir trafen uns miteinander, weil wir gerne zusammen Sex hatten. Er warf mir wieder dieses Lächeln zu, bei dem ich ihn einfach nur anstarren konnte und ich beschloss etwas schneller zu sein. Der Abend war vielleicht jung, aber man musste ja auch nicht kostbare Zeit verschwenden, oder? Ich wachte von dem Geräusch auf, das sich ein Schlüssel in Schloß drehte. Irritiert öffnete ich die Augen und schaute erstmal neben mich. Ich konnte Marius schlafenden Körper im Dämmerlicht neben mir aus machen. Ich rieb mir die Augen und schaute irritiert zum Wecker. Es war drei Uhr nachts, wer zur Hölle war das? Bevor ich überhaupt aus dem Bett war, beantwortete sich die Frage selbst. Meine Schlafzimmertür würde einen Spalt geöffnet und ein Kopf schob sich hinein. „Michi?“, fragte Birdo leise in den Raum und ich wäre am liebsten gestorben. Birdo wusste, dass ich andere Kerle hatte, aber ich hatte nie vor, dass er jemals einen von ihnen kennen lernen würde und schon gar nicht Marius. Es war jetzt nicht so, das er mich inflagranti erwischte, aber es reichte schon, dass ein halbnackter Kerl neben mir schlief. Ich sprang sofort aus dem Bett und hoffte, Birdo hatte nicht bemerkt, das jemand neben mir lag. Bei der Aktion verhedderte ich mich allerdings in der Decke, fiel unglücklich auf den Boden und zog Marius auch noch die Decke weg. „Alles klar?“, kam es besorgt von Birdo, der jetzt den Lichtschalter betätigt hatte und auf mich heruntersah. Ich fühlte mich total lächerlich, wie ich in meine Decke verwickelt nur in Shorts auf dem Boden saß. Ich war mir sicher in dem Raum hing noch der Geruch von Sex und ich erinnerte mich daran, dass die Gleitcreme und Kondome noch offen auf dem Nachttisch lagen. Fuck, das war so unendlich peinlich. Was machte Birdo hier? „Ja, geht schon...“, murmelte ich und versuchte zumindest nicht mehr armselig auf dem Boden zu sitzen. Aufstehen sorgte allerdings auch nicht dafür, das es mir weniger peinlich war. „Hey, was ist denn los?“ Marius hatte seine Augen einen Spalt geöffnet und starrte missmutig in unsere Richtung. Anscheinend würde er gerne weiter schlafen und kurz kam er mir so alt vor, wie er tatsächlich war. Warum musste mir das gerade alles vor Birdo passieren? „Passt schon, sorry.“ Ich packte Birdo, der Marius mit einem komischen Blick musterte, an der Hand und zog ihm aus dem Zimmer. Als ich mit ihn die Küche geschleift hatte, fiel mir auch wieder ein, dass es tatsächlich einen Grund gab, warum Birdo hier war. Wir hatten ausgemacht, dass er Samstagnacht noch nach seinem Konzert zu mir kommen würde. Allerdings war Freitagnacht, aber wenn ich mir Birdos Montur ansah, hatte ich das dumpfe Gefühl, dass wir das irgendwie anders definierten. Scheiße, ich hätte Marius nie zugesagt, wenn ich das gewusst hätte. „Du, ich werd dann mal wieder, ich will nicht stören.“, meinte Birdo nachdem ich ihn immer noch peinlich berührt anschwieg. Ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte. Ich musste mich nicht vor ihm rechtfertigen, aber ich fühlte mich trotzdem irgendwie beschissen. Verdammt unangenehme Situation, verdammt unangenehm. Ich konnte ja nicht mal behaupten, dass es nicht so war, wie es aussah, aber ich wüsste nicht was es mir helfen sollte, zu lügen. „Was, du störst nicht.“, haspelte ich und wusste, dass es klang wie purer Schwachsinn. Birdo grinste nur und was mich überraschte war, dass es kein trauriges oder niedergeschlagenes Grinsen war, sondern dass er sich über mich amüsierte. War ihm die Sache nicht auch so unangenehm, wie mir? „Okay, wenn es dir nichts ausmacht, würd ich gerne bleiben. Ich bin nämlich sackmüde und möchte eigentlich nur noch schlafen. Ich schlaf auch auf dem Sofa.“ Um das noch zu untersteichen gähnte er auch und ich konnte einfach nicht Nein sagen. Auch wenn ich das Gefühl hatte mich in eine ganz absurde Situation hineinmanövriert zu haben. Wie sollte ich die Nacht überstehen, wenn Birdo auf meinem Sofa und Marius in meinem Bett schlief? In all den Jahren war mir sowas eigentlich nie passiert, was ganz erstaunlich war, wenn man überlegte, wie viele Männergeschichten ich schon hatte. Allerdings machte es das nicht besser. Vielleicht sollte ich doch mal etwas an meinem Lebensstil ändern. Ich schlich mich in mein Schlafzimmer und legte mich zu Marius, der sich wieder in seine Decke eingerollt hatte und schlief. Ich deckte mich zu und versuchte mir einzureden, dass ich nicht gerade zwei Lover in meiner Wohnung hatte, die sich eigentlich nie treffen sollten. Eventuell hatte ich ja Glück und Birdo war schon aus der Wohnung, wenn Marius aufwachte... Okay, unwahrscheinlich, Birdo war der pure Morgenmuffel. Vielleicht wäre ja Marius... Hatte er nicht was davon erwähnt, dass er mal ausschalfen konnte? Heilige Scheiße, was hatte ich da getan? Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie das morgen am Frühstückstisch aussah. Marius und Birdo konnten doch überhaupt nichts miteinander anfangen und wem sollte ich überhaupt einen „Guten Morgen“-Kuss geben? Hm, keinem, das sollte gehen, hoffte ich. Solange ich keinem bekam. Hölle. Je weiter ich darüber nachdachte, desto lieber wollte ich einfach aus meiner Wohnung fliehen. Aber zu Ellie konnte ich nicht gehen, es war sicher Steve bei ihr und spontan würde mir niemand anderes einfallen. Außerdem wäre das sehr feige... Und wie ich mich so in meinem Bett wälzte, darauf bedacht nicht zu nah an Marius zu liegen und leise das Schnarchen von Birdo im Nebenraum hörte, beschloss, dass ich definitiv etwas an meinem Leben ändern musste. Ich hatte die ganze Nacht kein Auge mehr zu gedrückt und fühlte mich wie gerädert. Dafür, dass das gestern Abend noch ein entspannter Morgen hätte werden sollen, war das wirklich mies. Ich war kurz nach dem die Sonne aufgegangen war, aufgestanden und hatte mich in meine kleine Küche gesetzt. In der Hoffnung besser nachdenken zu können, wenn ich nicht neben Marius neben liegen musste. Die Tasse Grüntee hatte mir allerdings auch nicht weiter geholfen und ich wollte einfach nur noch, dass der Morgen schnell vorbei gehen sollte. Ich schaute alle paar Minuten auf die Uhr und beobachtete dabei, wie der Minutenzeiger langsam von sieben Uhr nach acht Uhr kroch, dann nach halb neun und ich fand, es war jetzt an der Zeit, dass Ellie ihrer Pflicht als beste Freundin nachkommen sollte. Weder Marius noch Birdo hatten irgendwie gezeigt, dass sie bald aufwachen wollten und ich musste jetzt einfach mit jedem reden. Ich ging zum Telefon in meinem Flur und wählte ihre Nummer. Mir war es egal, ob sie jetzt noch schlief, ich brauchte sie jetzt. Nach geschätzten zehn Mal Klingen hob sie auch endlich ab. „Verdammt, Michi, weißt du wie viel Uhr wir haben!“, brummte sie ins Telefon und ich fühlte mich schon etwas ruhiger, bloß weil ich ihre Stimme hörte. „Ellie, ich muss definitiv mein Leben ändern.“, teilte ich ihr meine Erkenntnis über die Nacht mit. „Was, so früh am Morgen?“, murmelte sie verschlafen. „Ich mein das ernst, ich werde mein Leben ändern.“, wiederholte ich noch mal, diesmal entschlossener. „Find ich gut...“ Sie gähnte und schien nicht wach genug zu sein, um den vollen Umfang meiner Aussage zu verstehen. „Steve und ich haben übrigens jetzt eine Wohnung gefunden.“ In diesem Moment wurde mir klar, dass es wirklich an der Zeit war, mein Leben neu zu gestalten und vieles hinter mir zu lassen, dass mir bis dahin so wichtig war. Wenn man leben wollte, konnte man nicht immer auf altgewohnte Dinge beharren. Ellie hatte das verstanden und es war an der Zeit, dass mir das auch klar wurde. ----- So, es ist zu Ende. Kurz und schmerzlos? Ich mag das Ende. Falls Interesse besteht, könnte ich auch noch ein kleines Bonuskapitel hochladen. Es würde mich übrigens freuen, wenn ihr auch weiterhin bei mir reinschaut. In den Herbstferien werde ich mich an eine neue Geschichte setzen, für diesoviel feststeht, dass es um einen Zeichner und einen Punk geht und ich viel Spass beim Schreiben haben werde, weil das eine Geschichte ist, die ich seit vielen, vielen Jahren umsetzen möchte. Ich werd jetzt jedenfalls schlafen gehen, es ist halb zwei in der Nacht und ich muss morgen um sieben aus dem Bett. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)