Treppenaufgang von Memphis ================================================================================ Kapitel 12: Combo-Reim ---------------------- Fuh, nach ewigen Zeiten endlich ein neues Kapitel. Es ist zur Entschädigung auch etwas länger, als üblich und für alle, die die Wartezeit zwischen den neuen Kapitel von Treppenaufgang so unerträglich lange finden, gibt es jetzt eine neue Geschichte von mir: "Nasenbluten für Anfänger" (http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/226543/). Die Story ist schon fast fertig geschrieben, wird wohl alle paar Tage geupdated und eignet sich als guter Happen für Zwischendurch. XD Ich möchte mich auch im Voraus für die vielen Fehler in diesem Kapitel entschuldigen. Sie werden in den nächsten Tagen ausgebessert. -seufz- Nun, viel Vergnüngen beim Lesen. ----------------------- Genervt schaute ich das klingende Handy an, dass auf meinem Couchtisch lag und um meine Aufmerksamkeit rang. Ich wusste auch ohne hinzusehen, wer mich da belästigen wollte. Ich beschloss, dass ich weiterhin not available bleiben würde und schaltete mein Handy schließlich ganz aus, als das nervtötende Klingen aufgehört hatte. Andy hatte mich Samstagabend angerufen, weil er wissen wollte, ob wir was unternehmen sollte. Ich hatte behauptet, ich würde mit einem alten Freund was unternehmen, den ich ewig nicht mehr gesehen hatte und war den ganzen Abend in meiner Wohnung geblieben. Sonntag hatte er auch noch dreimal versucht mich zu erreichen, aber ich hatte gar nicht erst abgehoben. Jetzt war Monatgabend und er schien immer noch versessen darauf zu sein, mit mir zu reden. Mein schlechtes Gewissen hielt sich mittlerweile in Grenzen, er ging mir eher auf die Nerven. Ihm sollte doch endlich mal klar sein, dass der Zug mit uns abgefahern war. Ich hatte echt keinen Bock auf ihn. Von wem ich dafür das ganze Wochenende nichts gehört hatte, war Ellie. Sie hatte nicht angerufen, war nicht vorbei gekommen und ich war mehrmals versucht gewesen, mich von mir aus bei ihr zu melden, alles zu beichten und mir dann ihre Vorwürfe anzuhören. Aber dann war ich wieder sauer gewesen, dass sie nichts von sich hören ließ und im Endeffekt hatte ich das ganze Wochenende keinen Fuss vor die Türe gesetzt. Ich hätte am Sonntag vielleicht joggen gehen sollen, hätte mein Gemüt aufgelockert, aber wenn Ellie genau in dem Moment angerufen hätten, wenn ich weg war, hätte ich mich auch geärgert. Also alles in allem war mein Wochenende furchtbar gewesen und daran war nur Andy Schuld. Ich saß auf meinem Sofa starrte das ausgeschaltete Handy an und spielte wieder mit dem Gedanken, Ellie anzurufen. Normalerweise würde sie mich morgen von der Arbeit abholen und danach würden wir ins ´Besito´gehen, Kaffee trinken und uns einfach über die Dinge unterhalten, die unser Leben ausmachten. Aber ich hatte irgendwie im Gefühl, dass sie mich morgen nicht abholen würde. Ich wusste allerdings jetzt schon, dass ich trotzdem auf sie warten würde. Ich könnte sie jetzt anrufen und sicher gehen, dass wir uns morgen sahen und reden würden. Das war eigentlich die letzte Gelegenheit, bevor sie auf Andy traf, den sie ja immer mittwochs beim Training sah. Ob er ihr alles erzählen würden? Dann wäre es vorbei mit unserer angeblichen Beziehung. Ellie würde mich hassen. Sie wäre so sauer, vielleicht sollte ich ihr ja Beischeid sagen. Ich stand vom Sofa auf und ging in den Flur, um dort mein schnurloses Telefon zu holen. Ich hatte ihre Nummer zur Hälfte eingetippt, als ich wieder auflegte. Ich hatte eigentlich keine Lust mit ihr zu reden. Es würde nur in einen Streit ausarten und den wollte ich solange wie möglich hinauszögern. Sie wäre ja so oder so sauer auf mich, also konnten wir den Zoff auch später haben. Letzendlich saß ich genervt von mir und der Situation den ganzen Abend vor dem Fernsehen und schaffte es nicht mal im Ansatz dem Montagsprogramm etwas abzugewinnen. War doch alles totaler Mist, selbst meine Lieblingsserie, die ich mir montags immer anschaute, regte mich im Moment irgendwie auf. Alles hohles Geplappere. Meine Laune hatte sich auch nicht mehr gebessert, als ich schlafen ging. Ich fühlte mich irgendwie um meine gute Zeit betrogen. Eigentlich hätte ich den Abend mit Ellie neben mir auf der Couch genießen müssen, während wir gespannt unsere Montagsserie verfolgt hätten. Gott, warum musste einschlafen gerade so anstrengend sein, wenn man sowieso schon mies drauf war? Im Gedanken spielte ich immer wieder ab, wie Ellie reagieren würde und verfluchte mich, dass ich überhaupt mit Andy geschlafen hatte. Wenn es sich wenigstens gelohnt hätte... Es war verständlich, dass ich Mittwochabend das reinste Nervenwrack war. Natürlich hatte mich Ellie am Dienstag nicht von der Arbeit abgeholt und ich hatte sie nicht zum Fußballtraining begleitet, was wohl bei den gegebenen Umstände nachvollziehbar war. Vor zehn Minuten hatte ihr Training geendet und der Anruf von ihr müsste jede Minute kommen. Ich wusste allerdings immer noch nicht genau was ich zu meiner Verteidigung sagen sollte. Alle Menschen machten Fehler, vielleicht. Immerhin bereute ich ja die ganze Scheiße. Vielleicht wäre sie dann nicht mehr so sauer, aber wenn Andy wirklich unser Alibi platzen ließ, wäre sie bestimmt alles andere als begeistert. Eigentlich ist die ganze Alibi-Beziehungssache ja gar nicht so wichtig, aber dass ich mit Andy geschlafen hatte, bedeutete viel mehr. Ich hatte mich in diesem Fall bewusst gegen sie entschieden. Ich habe mit Absicht etwas gemacht, was sie stört. Gott, ich konnte nichts zu meiner Verteidigung sagen. Ich war ein Idiot. Anderseits hätte ich das Ganze sicher nicht gemacht, wenn sie mich nicht einfach wegen Zebi versetzt hätte. Gerade wegen Zebi! Sie wusste, dass ich ihn nicht mochte und er mich vermutlich hasste. So gesehen hatte sie sich auch gegen mich entschieden. Allein diese Tatsache verstörte mich etwas und dass das Telefon immer noch nicht klingelte. Mein Handy hatte ich diese Woche nicht mehr angeschaltete und ich war wirklich froh, dass ich nicht im Telefonbuch stand, so dass mich Andy nich zuhause erreichte. Ich hatte ja schon fast erwartet, dass er mal vorbei kommen würde, nachdem er das Wochenende so penetrant gewesen war, aber davon hatte er mich zum Glück bis jetzt verschont. Als das Telefon tatsächlich klingelte, zuckte ich allerdings erschrocken zusammen. Wie gesagt, meine Nerven lage die letzten Tage einfach blank. Als ich abhob bemerkte ich wie meine Hände etwas zitterten und ich fühlte mich eine gottverdammte Pussy. Es war doch nur Ellie... wir hatten schon viel schlimmeres überstanden, Mensch! „Hallo?“, fragte eine irritierte Männerstimme und ich starrte auf den Hörer. Wie, ein Kerl? Was war mit Ellie? Das war nicht das was ich erwartet hätte. „Äh, hallo.“, gab ich deswegen etwas perplex zurück. „Ah, hey, ich bin´s Marius.“ Es war Marius? Der Marius, der mir und Ellie einen Dreier angeboten hatte? Mister Ich-sorg-dafür-dass-du-nach-unserem-Sex-Muskelkater-hast Marius? „Oh, hi.“ Scheiße, warum konnte ich nicht jetzt nicht eloquent sein und was geistreiches sagen? Warum war er nicht Ellie? „Ruf ich ungelegen an?“, fragte Marius und ich konnte mir nicht vorstellen, dass er jemals ungelegen sein könnte. Außer jetzt. „Nicht direkt, ich erwarte nur einen Anruf.“ Naja, eventuell. Was war, wenn Ellie einfach nicht anrief, sondern auf eine Reaktion von mir wartete? „Ach so, ich wollte eigentlich nur kurz fragen, ob du morgen Abend Zeit hast.“ „Morgen Abend?“ Bla, ich war ein Papagei und kann nur einzelne Wörter nachkrähen. Na super und das bei Marius. „Das wäre Donnerstag.“, wurde mir erklärt. „Ja, ja, ich weiß...“ Komm, Michi, verpatz das jetzt nicht. Sex mit Marius wäre eine wahnsinnige Entschädigung für die ganze Andy-Sache. „Also, klar, ich hab morgen Abend nichts vor.“ Hatte ich das noch retten können? „Sehr schön. Ich nehme mal an, dass ein Dreier nicht zustande kommt, oder?“ Hrm... „Nicht, wenn eine Frau damit zu tun hat.“ Und ganz besonders nicht, wenn diese Frau Ellie war. Sie war der letzte Mensch mit dem ich jemals Sex haben wollen würde! Außer vielleicht noch Andy. Oh Gott, war der Sex schlecht gewesen. „Hm, ich glaub nicht, dass ich auf die Schnelle noch einen anderen Kerl auftreiben kann, der mit macht.“ Meinte das Marius wirklich ernst? Ob ich in seinem Alter auch noch so drauf war? „Nein, passt schon. Ich denke, du wirst mich allein schon genug beschäftigen.“ Ich verdrängte den Gedanken, dass ich ihm alleine vielleicht nicht reichen könnte. Wenn er keinen Sex mit mir wollte, hätte er mich nicht angerufen. Er lachte seinen angenehmes, dunkles Lachen und ich spürte, wie alles in mir kribbelte. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte er auch gleich vorbei kommen können. Er war pure Ablenkung, die beste Form der Ablenkung, geiler Sex. „Gut, dann will ich dich nicht weiter abhalten. Ich muss jetzt auch weiter. Also bis morgen.“ Und damit hatte er aufgelegt. Ich lauschte noch kurz dem Tuten und stellte fest, dass er mir nicht mal eine Uhrzeit genannt hatte, bei der er vorbei kommen wollte. Egal, er würde kommen! Ich brauchte bis weit nach Mitternacht bis ich eingesehen hatte, dass Ellie wirklich nicht mehr anrufen würde. Ich wusste nicht, ob mich das erleichterte oder eher störte. Eine wütende Ellie war vielleicht besser, als eine Ellie, die sich überhaupt nicht mehr meldete. Gott, ich hatte seit Freitag nichts mehr von ihr gehört und ging völlig auf dem Zahnfleisch. Ich wusste nicht viel mit mir anzufangen, wenn ich sie nicht um mich hatte. Ich brauchte sie doch, um über meine Arbeitskollegen zu lästern oder um mit ihr bei einem Kaffee über den heißen Typ am Nachbartisch zu reden. Und ich wollte sie hier haben, um ihr stolz davon erzählen zu können, dass sich Marius wieder gemeldet hatte und sie sollte einfach da sein, weil ich sie vermisste. Ich fühlte mich wirklich frustriert, was dafür sorgte, dass ich nochmal etwas wütender auf sie war. Was hatte ich eigentlich gemacht, dass ich es verdient hatte, so von ihr ignoriert zu werden? Schließlich war sie diejenige, die mich zu erst versetzt hat. Und auch sonst, sie hatte mir doch sogar erlaubt, dass ich mit Andy schlafen durfte. Warum machte sie daraus so ein Drama, dass sie so lange nichts von sich hören ließ? Es war so ein Mist. Ich hatte nicht einmal jemand, dem ich jetzt vorjammern konnte, wie sehr mich diese Situation störte. Dafür war immer Ellie dagewesen, aber um sie ging es ja. Warum lief eigentlich immer alles immer und immer wieder auf Ellie und mich hinaus? Waren wir in unserer Freundschaft wirklich zu sehr auf einander fixiert, oder lag es nur an mir? Ich spürte, wie es in meinem Magen unangenehm rumorte und ich hatte kurz Angst, als würde daran eine unangenehme Wahrheit garen. Es stimmte schon, dass mir Ellie viel bedeutete und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich liebte sie nicht. Aber es war eine völlig andere Art von Liebe, als mit irgendeiner meiner Kerle. Ich wollte nicht mit ihr schlafen. Natürlich hatte ich sie gerne um mich und genoß ihre Nähe, aber es würde nie über einen Kuss hinaus gehen. Und ich wusste, dass es ihr genauso ging. Vermutlich war das der ganze Knackpunkt unserer Beziehung... Freundschaft. Wir waren irgendwas zwischen Freunde und Liebende, oder? Konnte das gehen? Ich fühlte mich von diesem Gedanken niedergeschmettert und noch wacher, als sowieso schon. Mein Wecker sagte mir, dass wir fast zwei Uhr hatten und mein Bett fühlte sich unangenehm überhitzt an, was mir das Einschlafen noch schwieriger machte. Dazu kam noch, dass ich aufgrund von ähnlichen Gedanken, wie diesen hier, die vorigen Nächte auch schon kaum geschlafen hatte und ich mich die letzten Arbeitstage echt nur leidlich durchgeschlagen hatte. Zum Glück kam es in meinem Betrieb keinen Stress, wenn man mal nicht so auf der Höhe war. Wenigstens dieser Bereich meines Leben stimmte voll auf. Da waren auch alle Leute genau die, die sie sein sollten. Arbeitskollegen, mit denen man sich im Betrieb gut verstanden, aber sonst nicht weiter relevant waren. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es wäre, wenn ich mal mit Heinz weggehen würde und schlief über diesen absurden Gedanken endlich ein. Ich hatte meine Wohnung komplett geputzt, sogar in der Küche die Schränke ausgewischt und abgelaufene Lebensmittel weg geschmissen, den Müll weg gebracht und meine Bücher im Wohnzimmer entstaubt. Meine Wohnung sah eigentlich immer recht gepflegt aus, das war mir wichtig, deswegen war es nicht nötig bevor Besuch kam, nochmal sauber zu machen. Aber ich hatte es einfach nicht geschafft nach der Arbeit einfach hier in meiner Wohnung zu sitzen und nichts zu tun. Ich war nicht nervös wegen Marius Besuch, aber immer noch verstört von Ellies Verhalten. Wenn ich mir Gedanken darüber machte, mit welchem Putzmittel ich am besten den Weinfleck von vor drei Wochen aus meinem Teppich rausbekam, musste ich wenigstens nicht dran denken, dass ich immer noch nichts von meiner besten Freundin gehört hatte und mir auch nicht eingestehen, dass ich schlicht und ergreifend Angst hatte, bei ihr anzurufen. Nach dem in meiner Wohnung wirklich in keiner Ecke mehr Dreck zu finden war, gönnte ich mir endlich eine Dusche. Immerhin sollte nicht nur meine Wohnung durch Reinlichkeit glänzen... Das warme Wasser entspannte mich und ich stand etwas länger, als gewöhnlich unter der Brause, um dieses Gefühl zu genießen. Ich war die letzten Tage definitiv zu gestresst. Ich war echt froh, dass Marius heute vorbei kam. Das war eigentlich das Beste, was mir passieren konnte. Hoffentlich war er bald da. Zu meinem Glück klingelte es gerade als ich aus der Dusche kam an der Türe. Ich schloss noch kurz den Knopf meiner frisch gewaschenen Jeans und zupfte mein T-Shirt vor dem Spiegel zurecht, um dann auf den Türöffner zu drücken. Ich hatte zwar nicht vor, meine Klamotten lange anzubehalten, aber ich fand das gegenseitige Ausziehen hatte durch aus seine Reize. Mit einem breiten Grinsen öffnete ich die Wohnungstüre und stand einem leicht lächelnden Marius gegenüber. Er sah heute einfach nur fabelhaft aus. Er trag sehr legere eine Jeans und ein Hemd, das seine gute Figur betonte und darüber eine Lederjacke. Bei manchen Männern in seinem Alter würde sowas nach Midlifecrisis aussehen, aber ihm stand es einfach. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass jemand wie er, jemals eine Midlifecrisis haben könnte. „Hey, du hast ein wirklich ein perfektes Timing, bin gerade mit dem Duschen fertig.“, begrüßte ich ihn, während er an mir vorbei in meine Wohnung trat und im Hausflur seine teuren Schuhe auszog. „Hm, so perfekt kann das nicht sein, sonst hätte ich noch mit dir Duschen können .“ Er grinste mich bei diesem Satz an und ich räusperte mich kurz verlegen. Ich musste zugeben, dass ich mich neben Marius etwas jung fühlte. „Naja, vielleicht können wir das ja später nachholen.“, meinte ich, um mich doch noch irgendwie was zu retten. Ich war mir sicher, dass Marius nicht auf Typen standen, die nur wie sabberende Idioten da stehen konnten, so wie ich es gerade tat. „Vielleicht.“ Marius machte einen Schritt auf mich zu und war mir mittlerweile so nahe, dass ich den angenehmen Geruch seines Eau de Cologne riechen konnte. Mit einem selbstbewussten Grinsen beugte ich mich zu ihm und küsste ihn, während ich ihm seine Lederjacke abstreifte. Ich warf sie auf den Boden meines Flurs und es war mir egal, dass ich eine 200 Euro teure Jacke wie Müll behandelte. Marius schien es auch nicht weiter zu interessieren, da er mich Richtung Schlafzimmer drängte. Immer noch seine Lippen auf meinen und seine Hände unter meinem Shirt. Genau das hatte mir die letzten Tage definitiv gefehlt. Ich ließ mich auf das Bett drücken und genoß das Gewicht von ihm auf mir und seine Küsse an meinem Hals. Allerdings sollte mein Glück nicht allzulange währen. „Kleiner, es klingelt, tu was dagegen.“ Marius rollte sich einfach von mir runter und ich stöhnte frustriert. Warum zum Henker musste die Türe auch jetzt gerade klingeln? Marius war doch schon hier, mehr brauchte ich im Moment nicht. „Is sicher nicht wichtig.“, nuschelte ich und zog Marius für einen Kuss wieder zu mir. Er ging auch darauf ein, bis ein schrilles Klingen uns wieder auseinander fahren ließ. Verdammt. Wer auch immer jetzt an der Türe war, er würde sterben müssen! „Gleich wieder da.“, knurrte ich und zog mein T-Shirt wieder runter und stapfte zur Freisprechanlage. „Ja?“, motze ich schlechtgelaunt in den Hörer und bekam Rauschen als Antwort. Na, toll, hatte das Teil wieder eine Macke. Ich starrte sehnsüchtig zu meinem Schlafzimmer und verfluchte das schrille Klingeln. Selbst wenn jetzt Ellie vor der Türe stand, ich würde es ihr tierisch übel nehmen. Tagelang nichts von sich hören lassen und dann am blödestens Moment vorbei kommen. Ich drückte trotzdem auf den Türöffner und hörte kurze Zeit später ein Klopfen an meiner Türe, die ich mit einem missgelaunten Gesichtsausdruck öffnete. Ich unterdrückte den Impuls, sie sofort wieder zu zu schlagen. So würde ich meinen Besucher vermutlich doch nicht los werden. „Hey, Andy.“, meinte ich knapp und bemühte mich auch nicht um einen netten Ton. „Michi! Ich hab dich die Tage nicht erreicht und Ellie meinte, sie hat auch nichts von dir gehört und ich dachte, ich schau einfach mal bei dir vorbei!“ Andy lächelte mich nervös an und ich wurde immer ungeduldiger. Ich hatte Marius in meinem Schlafzimmer und ich wäre jetzt gerne von ihm flachgelegt worden, stattdessen muss ich mich jetzt mit Andy rumschlagen? Das war ein schlechter Scherz! „Äh ja, du siehst, mir geht es gut.“ Würde es jedenfalls, wenn er jetzt nicht hier stehen würde. „Stör ich?“, fragte Andy und schaute dabei auf einen Punkt hinter mir. Mir schwante böses. Nein, bitte keinen Ressourcenkonflikt in meiner Wohnung. Ich wusste auch ohne mich umzudrehen, dass da jetzt Marius stand. „Stört er?“, wurde ich jetzt auch noch von Marius gefragt. Das war wohl seine Art nachzufragen, ob Andy jemand wäre der potentiell mit einsteigen konnte. Tat er nicht, keine Chance. Ich wollte diesen Typ nur noch aus meiner Wohnung rauskriegen, ohne Drama, ohne Peinlichkeiten, einfach weg mit ihm. „Naja...“ Ich schaute kurz zu Andy, der mich nun etwas verletzt anstarrte. Er hätte nicht fragen sollen. Er hatte die Situation doch provoziert. Aber eventuell würde ich ihn nach dieser Aktion nicht mehr wieder sehen müssen. „Weißt du was, ich mach mir jetzt einen Kaffee und setzt mich in dein Wohnzimmer. Dann könnt ihr das hier alles in Ruhe regeln.“ Marius klopfte mir noch kurz auf die Schultern und verschwand dann einfach in meiner Küche. Zum Glück nicht aus meiner Wohnung... Aber wenn ich mir jetzt Andys Gesichtausdruck so anschaute, konnte es gut möglich sein, dass Marius ziemlich schnell keine Lust mehr hatte hier zu bleiben. Es sah so aus, als würde er mir gleich eine Szene machen. Scheiße. Ich hasste Drama. „Wer ist das?“, fragte Andy in einem beißend, verletzten Tonfall. „Ein Bekannter.“, meinte ich und mir fiel zu spät auf, dass ich Andy auch als solchen bezeichnet hatte. Aber eigentlich ging es ihn doch gar nichts an, wer Marius war. „So, ein Bekannter? Zufällig auch einer dieser Bekannten mit denen du schläfst?“ Messerscharf beobachtet, Andy, ich war stolz auf dich. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“, antwortete ich kühl. „Weiß Ellie von ihm?“ Ich wusste nicht, warum er mich das fragte, vielleicht wollte er mich provozieren oder er hatte die Ellie-Sache immer noch nicht verstanden. „Natürlich, ich hab keine Geheimnisse vor ihr.“ Sie wusste eigentlich über die meisten Kerle Bescheid und wir waren ja nicht wirklich zusammen, also war das nicht weiter relevant mit wem ich Sex hatte. „Ach ja?“ Wieder hatte seine Stimme einen provokanten Ton. Scheiße. Er war ein Geheimnis und er wusste es. Warum wusste er das? Was für ein Dreck. Ich wollte jetzt Sex mit Marius und keinen Streit mit Andy. „Was willst du überhaupt hier?“ Ich wollte von dem Ellie-Thema weg. Aber jetzt wusste ich wenigstens, dass er ihr nichts gesagt hatte. Hatte sie deswegen nicht angerufen? „Ich...“ Er runzelte kurz die Stirn und schien zu überlegen, was er hier suchte. „Was will der Kerl hier? Ich dachte zwischen uns wäre mehr und ich mein, jetzt das! Was soll das?“ Ich fuhr mir durch die Haare und verfluchte die Situation zum wiederholten Male. Sicher, ich war irgendwie genervt von Andy, aber es war trotzdem schwer ihm das Mitten ins Gesicht zu sagen. Ich war wirklich nicht gerne gemein zu anderen und schon gar nicht, wenn ich so verzweifelt angestarrt wurde. So, als würde Andy hoffen, es wäre völlig anders, als es sich darstellte. Ich seufzte. „Andy, du solltest gemerkt haben, dass es mit uns nicht so geklappt hat.“, versuchte ich es nett zu umschreiben. „Liegt es an ihm? Ist er etwa besser als ich?“ Gott, Andy, sowas solltest du nicht fragen. Mach ich es mir doch nicht so hart, nicht gemein zu dir zu sein! „Es hat nichts mit Marius zu tun.“ Das stimmte sogar, Marius hätte mir nur die Schrecken dieser Nacht vertreiben können... „An was liegt es dann?“ Da wollte wohl jemand seine bittere Wahrheit? Aber ich wäre wirklich ein Arschloch, wenn ich sie ihm geben würde. Ich wusste jetzt allerdings nicht, was ich ihm sagen sollte. Wo war mein Held in der schimmerenden Rüstung, der mich aus dieser Situation retten würde? „Also ist es doch wegen ihm.“, wurde mein Schweigen falsch gedeutet und ehe ich mich versah, war Andy schon in mein Wohnzimmer gerauscht. Wie konnte das alles noch schlimmer werden, als sowieso schon? Mit was hatte ich das verdient? Ich hastete Andy nach und schaffte es nicht mehr ihn abzufangen. Er hatte sich vor Marius aufgebaut und überhäufte ihn mit absurden Vorwürfen bezüglich Männerklau und das sowas nur Typen machten, die kein Gewissen hätten. Marius schaute etwas irritiert zu Andy, dann zu mir. Er schien wirklich nicht zu wissen, was er von dieser Sache halten sollte. Und wie er mit der Tasse Kaffee in der Hand so da saß, tat es mir einfach nur Leid, dass ich ihn hier eingeladen hatten. So hatten wir uns beide nicht den Abend vorgestellt. „Was hast du zu deiner Rechtfertigen zu sagen?“, stoppte Andy endlich seinen Redefluss. Ich fragte mich, was der sich eigentlich von dieser Aktion versprach. Dachte er, dass würde dazu führen, dass ich ihm jetzt plötzlich um den Hals fiel, weil er versuchte Marius zur Schnecke zu machen? „Nichts, ich steh einfach auf den Sex mit ihm.“, antwortete Marius gelassen und die Worte kribbelten unter der Haut, auch wenn es gerade unpassend war. Ein Kompliment von ihm ging einfach runter wie Butter. Und es nahm Andy jeglichen Wind aus den Segeln, damit hatte er nicht gerechnet. Hm, vermutlich hatte Marius als Fotograph Erfahrung mit zickigen Leuten... „Aber er gehört mir!“ Die Stimme von Andy klang mittlerweile weinerlich und peinlicher konnte es einfach nicht mehr werden. Marius musste denken, ich hätte meine Beziehungskisten nicht im Griff. Normal gab es da nie Probleme, warum jetzt gerade? Ich tauschte einen Blick mit Marius, der wohl wissen wollte, ob da etwas dran war. War es nicht, verdammt. „Andy, ich glaub, du hast da was falsch verstanden.“, versuchte ich es nochmal diplomatisch. Half nichts, Andy schnaubte nur verletzt und man konnte ihm ansehen, dass er versuchte Tränen zurück zu halten. Was für eine Pussy... Er wischte sich fahrig über das Gesicht, schüttelte den Kopf, als würde er einen lästigen Gedanken loswerden wollen. Okay, jetzt tat er mir ein bisschen Leid, aber ich konnte doch nichts dafür, oder? Naja, vielleicht ein bisschen, allerdings hatte ich ihm eigentlich recht deutlich zu verstehen gegeben, dass nach dem One-Night-Stand nichts mehr laufen würde. Ach, Mist. „Ich geh wohl besser.“, japste er schließlich. Seine Stimme zitterte und ich war mir relativ sicher, dass er spätestens vor meiner Wohnungstüre einfach losheulen würde. Aber besser dort, als hier. Deswegen hielt ich ihn auch nicht auf, als er zum Glück endlich wieder verschwand. Ich seufzte erleichtert auf, als ich die Türe ins Schloss fallen hörte. Erst da bemerkte ich, wie sich ein unangenehmes Schweigen in den Raum geschlichen hatte. Marius schaute mich mit einem komischen Blick an und ich hatte das Gefühl, als würde er denken, ich sei ein dummes Kind... „Mir tut das Ganze eben gerade furchtbar leid... Normalerweise passiert mir sowas nicht.“, entschuldigte ich mich schließlich, aber vermutlich würde das nichts mehr groß an der Situation ändern. Aber zu meiner Überraschung lächelte er nur. „Hey, das hier war immer noch nicht so schlimm, wie mein pupertierender Sohn daheim.“, sagte er schließlich. Ich starrte ihn irritiert an. Marius soll Vater sein? Klar, ich wusste, dass er bi war, aber ich konnte mir in keinsterweise vorstellen, dass so jemand wie er, Kinder in die Welt gesetzt hatte. „Du bist Vater?“, fragte ich nochmals nach. „Niemand würde soviele Alimente an fremde Kinder zahlen...“ Er schüttelte den Kopf und nippte an seinem Kaffee. Kurz fragte ich mich, ob mein Vater so war wie er. Meine Mutter hatte mich alleine groß gezogen und ein Vater war für mich eine ominöse Märchengestalt gewesen, die es für mich nicht wirklich gab. Das einzige was ich von meinen Vater wusste, war seine Existenz und das er meiner Mutter regelmäßig Geld zu kommen ließ für mich. „Vor ein paar Monaten ist mein Ältester bei mir aufgetaucht... Ich sag dir, es gibt nichts schlimmeres, als plötzlich so ein Balg in der Wohnung zu haben. Und er schlägt viel zu sehr nach mir...“ Ich war mir nicht sicher, wie ich den letzten Satz deuten sollte. Marius schien ein komisches Verhältnis zu seinen Kindern zu haben. Er war vermutlich kein Vater, den man sich wünschte. „Wie alt ist denn dein Sohn?“, fragte ich schließlich, weil es mich interessierte. „Phillip? Hm, er müsste jetzt sechszehn sein. Aber lassen wir das Thema, sonst fühl ich mich alt.“ Er lachte und wischte damit jeder Erwiderung von mir weg. Wenn ich ihn mir so ansah, wie er jetzt vor mir stand und mich für einen Kuss zu sich zog, konnte ich mir einfach nicht mehr vorstellen, dass er Vater von einem Sohn war, der kaum jünger war, als ich. Das schien mir völlig absurd und eigentlich war ich erleichtert, dass die ganze Sexsache trotz unliebsamer Begegnungen nicht ins Wasser fiel. Deswegen ließ ich mich bereitwillig wieder in mein Schlafzimmer ziehen und dort aufs Bett drücken. Ich schloss die Augen und genoß seine heißen Küsse auf meinem Körper. Mit Marius konnte es so herrlich unkompliziert sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)