Treppenaufgang von Memphis ================================================================================ Kapitel 5: Binnenreim --------------------- Das Konzert war nicht mein Fall, was nicht nur an der Musik lag, sondern eher an dem Moshpit, in den wir immer wieder geschubst wurden, dem ´Circle of Death´ bei dem ich von einem Schuh getroffen wurde und der `Wall of Death´, der ich zum Glück knapp entkommen konnte. Ich fühlte mich richtig durch die Mangel genommen, als sich die Menge um uns herum langsam auflöste und sich wieder im Club verstreute. Ich hätte nicht erwartet, dass Konzerte so rau sein konnten und ich verstand auch endlich, warum Ellie auf ihre Stahlkappenstiefel bestand. Ihre Füssen ging es sicher besser, als meinen. Ich würde morgen überall blaue Flecken haben. Und von der Musik selbst hatte ich eigentlich nicht viel mitbekommen. Eigentlich war alles nur in wilden Chaos untergegangen, sobald die ´Death Worms´ die Bühne gestürmt hatten und es ging solange bis die letzte Band – ich hatten ihren Namen nicht mal mitbekommen – die Bühne wieder verlassen hatten. Aber ich musste sagen, so ein kleines bisschen war es auch lustig gewesen. Man konnte nicht jeden Tag einfach Leute durch die Gegend schubsen, ohne das sich niemand daran störte. Das würde ich allerdings bestimmt nicht offen zugeben. Nicht das jemand auf falsche Ideen kam. Steve hielt sich an meiner Schulter fest und schien gerade zu atmen kommen zu wollen. Ich war wohl eine gute Stütze. Ich lachte ihn an und wischte mir eine Strähne aus dem Gesicht. „Haben wir nicht eine Backstage-Einladung? Ich glaub, Ellie hier läuft uns bald Amok.“ Sie hatte sich immer wieder umgeschaut, um zu sehen, ob Zebi schon wieder unter den Leuten war. Hatte aber anscheinend nichts entdecken können. Ihre Ungeduld war irgendwie süß, auch wenn ich merkte, dass mir etwas unwohl dabei. Bedeutet das alles, das ich Ellie bald teilen müsste? Das war mir schon immer so schwer gefallen, war ihr aber nie anders gegangen. Aber in unserer Freundschaft war wenig Platz für andere Leute. Steve nickte als Antwort und schien auch amüsiert über Ellies Ungeduld. Er bahnte sich seinen Weg durch die Leute zum ´Staff-Room´ und wir folgten ihm. Vor der Türe blieb er stehen, schloss sie auf und wartete, bis wir beide durch gegangen waren, um die Tür wieder zu schließen. Sofort war es ruhiger und auch dunkler. Ich fühlte mich irgendwie erleichtert. Wenn man zwei Stunden lang, dicht an dicht mit anderen Menschen stand, war es immer etwas erholsam wieder Platz zu haben. „Folgt mir diskret und unauffällig.“ Er wackelte mit seinen Augenbrauen und sah damit total albern aus. Was für ein komischer Vogel. „Unser Name ist Hase und wir wissen von nichts.“, gab Ellie mit einem Klitzern in ihren Augen zurück. Ich fühlte mich etwas komisch, wenn ich sie so sah. Ach, Ellie... Wir gingen den schlecht beleuchtenden Gang entlang und dann ein paar Stufen nach unten, wo es eine Spur kühler wurde und man lautes Lachen hören konnte. Unten gab es noch zwei Türen, auf einer war mit weißer Farbe ´Starz´ gepinselt, die Türe stieß Steve auf und breitete seine Arme aus. „Frohlocket, euer Retter ist gekommen.“ Man konnte es nicht anders sagen, Steve hatte etwas an sich, das verdammt großspurig war. Vielleicht fand ich ihn deswegen ganz unterhaltsam. Die Typen in dem Raum sahen auf und dann warf Sam einfach einen Bierdeckel nach uns. Was weiteres Gelächter hervorrief. Wie verstörend. Ich stand noch immer im Türrahmen und wusste nicht, ob ich mich wirklich zu den Leuten hier dazu setzen sollte. Es waren die drei Bands von heute Abend und noch drei, vier Mädchen – bei einer war ich mir nicht ganz sicher, was sie war – die wohl zu den Musikern gehörten. Dazu gesellten sich noch eine Menge Flaschen Bier, Cola und Pizza. Nichts, was ich meinem armen Körper in irgendeiner Form antun würde. „Komm, wir beißen nicht.“ Steve schob mich einfach ganz in den Raum. Ellie war schon zu Zebi gehopst und beglückwünschte ihn für dieses achso grandiose Konzert. Ich wurde zwischen Sam und Birdo gequetscht und bekam eine Falsche Bier in die Hand gedrückt. Äh... „Ich trinke nicht.“, meinte ich schließlich etwas hilflos. Ich wusste nicht an wem ich jetzt die Falsche weiterreichen sollte. „Gar nichts? Auch nicht Wasser?“, fragte Sam verwundert. Was war das für eine Frage?! „Was? Nein, nur keinen Alkohol.“, erkärte ich etwas perplex. „Sam, frag doch nich sowas bescheuertes.“, brummte Birdo neben mir, während er die Augen verdrehte und zog damit das erste Mal wirklich seine Aufmerksamkeit auf mich. Er sah immer noch so wahnsinnig... hetero aus. Lag ich bei ihm schlicht und ergreifend falsch? Irrte ich mich möglicherweise sogar bei Andy? Vielleicht stimmte zur Zeit irgendetwas bei mir nicht. Mangel an Beziehungen, zu viel Sex mit verschiedenen Männer. Dachte ich einfach, alles war schwul? Ich schaute mich im Raum um und stellte fest, dass sie für mich alle hetero aussahen, bis auf Birdo. Das irritierte mich brutal. Was soll´s, solange er mich nicht anbaggerte, war alles in Ordnung. Aber es sah nicht so aus, als hätte er irgendwelches Interesse an mir. Er hatte sich nämlich schon wieder abgewandt und unterhielt sich jetzt mit Zebi und Ellie über das Konzert. Ich seufzte. Was hatte ich mir damit nur angetan? Normal war ich niemand, der einfach nur schweigend da stand und darauf wartete, das jemand mit mir redete. Aber mit wem hätte ich reden sollen? Ellie war vertieft darin, Birdo und Zebi über das Konzert reden zu hören und sie würde mich töten, wenn ich sie jetzt stören würde. Das wusste ich einfach. Die Typen von den anderen Bands nahmen auch keinerlei Notiz von mir. Ich seufzte. Das letzte Mal, als ich mich so außen vor gefühlt hatte, war in der 10. Klasse gewesen, als ich mit geschminkten Lippen und lackierten Nägeln aufgetaucht war. Grausame Zeit. Ich beschloss das ich Steve an meiner wundervollen Gesellschaft teilhaben ließ und ging zu ihm. Er unterhielt sich gerade mit dem Sänger von Zebis Band. Es schien aber einer ein seichtes Gespräch zu sein, den beide zu entrinnen versuchten. Zumindest sah es so aus, da ihre Blicke immer wieder über die anderen Leute im Raum streiften und sie sich eigentlich nicht anguckten. Vermutlich hatte es mit den Bandstreiterein zu tun. Ich stellte mich neben ihn und lächelte beide freundlich an. Max schaute mich etwas irritiert an, immerhin wurden wir uns noch nicht vorgestellt und er schien nichts mit mir anfangen zu können. Ging mir nicht anders. Ich ignorierte ihn und wandte mich an Steve, der irgendwie erleichtert schien, da er endlich eine Ausrede hatte nicht weiter mit Max reden zu müssen. „Sag mal, hast du wirklich mal Bock mit uns joggen zu gehen?“, griff ich das Thema von vor ein paar Stunden auf. Außerdem war es eine gute Gelegenheit sich außerhalb von langhaarigen, bärtigen Menschen besser kennen zu lernen. „Ja, klar, warum nicht? Motiviert mich vielleicht auch ein bisschen mehr.“ Steve hatte so ein offenes Lächeln, das ich an Leuten sehr schätzte. „Dann würd ich sagen, ich geb dir mal meine Nummer und wenn du mal Zeit hast, rufst du mich einfach an.“, schlug ich vor. Das war unaufdringlich, aber nett und Ellie konnte mir nichts vorwerfen. „Klingt super. Dann darf ich die nur nicht verlieren.“ „Ja, das wäre der Sache nicht so förderlich.“ Ich schaute mich nach etwas zum Schreiben um. Das hier war doch ein Aufenthaltsraum für Bands, da musste doch irgendwo was zu schreiben sein. Ich entdeckte auf dem Couchtisch dann auch einen Edding und Bierdeckel. Das müsste es tun, ich griff mir das Zeug einfach und notierte Steve die Nummer. Er nahm sie mit einem Grinsen entgegen und steckte den Bierdeckel dann in seine hintere Hosentasche. „Sicher verstaut.“ „Wie lange bleiben wir hier unten eigentlich noch?“, fragte ich schließlich. Wollten die Musiker nicht hoch und sich von ihren Fans feiern lassen? Ich fühlte mich wohler, wenn mehr Menschen um mich herum war und es nicht wie eine geschlossene Gesellschaft wirkte, in die ich nicht reinpasste. „Hm, wenn du willst, können wir auch wieder hoch. Die werden wohl noch ihre Pizzas verdrücken und dann auch kommen.“, meinte Steve mit einem Schulterzucken. Ich schaute noch kurz zu Ellie, die förmlich an Zebis Lippen hing und seufzte dann. Sie würde nicht mal merken, wenn ich mich jetzt verdrücken würde. Liebe musste sowas schönes sein.... Wie auch immer. „Ja, gehen wir hoch. Ich muss unter Leute.“, gab ich zurück. „Ich komm auch mit.“ Sam war von der Couch aufgestanden und hatte seine Bierflasche beiseite gestellt. Anscheinend fand er es hier unten auch etwas unspannend. Irgendwie sah auch alles ein bisschen nach Pärchentreffen aus und sowas suckt. „Jo, Zebi, wir sind dann mal oben!“, rief Steve noch und wir verließen den Raum. Unkompliziert. Oben lief jetzt im Hintergrund irgendwelches Metalzeug, das ich zu meinen Barzeiten als Rausschmeiß-Musik verwendet hätte, um die Bar endlich leer zu kriegen. Hier schien sie angebracht. Ich glaube, es wäre ein verdammter, langer Abend geworden, hätte ich Steve nicht getroffen. Ein schrilles Klingen weckte mich und ich griff etwas verpeilt nach meinem Handy, das auf dem Nachttisch lag. Ich musste mich aus einer warmen Umarmung winden, um tatsächlich mein Handy zu erreichen. „Hm?“, ich fühlte mich noch nicht wach genug, um mich klar zu artikulieren. „Sabine?“, fragte mich eine irritierte Frauenstimme aus dem Handy. Ich kannte keine Sabine, oder? „Nein, hier ist Michael.“ Ich unterdrückte ein Gähnen und hoffte, dass der Anruferin klar war, dass sie sich verwählt hatte. „Oh... ist Sabine denn da?“, fragte die Frauenstimme und ich seufzte. „Ich kenn keine Sabine. Ich denke, Sie haben sich verwählt.“, half ich der Anruferin hilfreich auf die Sprünge. „Oh, wirklich? Entschuldigung.“ Tuten und ich schaute auf die Handyuhr, 9:38. Mensch, ich wollte noch mindestens drei Stunden schlafen. Zumindest Sonntags. Ich ließ mich in mein Bett zurück fallen und bemerkte, wie sich neben mir jemand rührte. Ich schaute zur Seite und als ich Ellies verschlafenes Gesicht sah, konnte ich nicht anders als zu lächeln. Sie war genau dort, wo sie hingehörte. Bei mir. „Wer wars?“, nuschelte sie verpennt. „Verwählt.“, gab ich zurück. Ellie gab noch ein undefinierbaren Laut von sich und kuschelte sich dann wieder an mich. Ich wuschelte ihr kurz durch die Haare und dämmert dann auch einfach wieder weg. An Sonntagen sollte man ausschlafen, vor allem, wenn man die ganze Nacht durch gemacht hatte. Als ich das nächste Mal wach wurde, blieb ich einfach liegen und genoß die Ruhe und die Wärme des Bettes. Ellie schlief noch, was man an ihrem gleichmäßige, ruhigen Atmen bemerkte. Ihre Hand lag auf meiner Brust und ihr Kopf auf meiner Schulter. Ihre Gesichtszüge waren ganz entspannt und ich wusste, dass sie das einzige Mädchen war, dass ich jemals als schön empfinden wurde. Aber das war einer der wenigen Dinge, über die ich niemals mit Ellie reden würde. Es wäre nicht gut für sie, mich, unserer Freundschaft. Und ich genoß die Momente mit ihr, so sehr, wie sie es tat und wir hatte nicht vor irgendwas in unserer Beziehung zu ändern. Es war alles richtig so, wie es war. Ich schloss meine Augen wieder. Gestern war es irgendwo noch sehr lustig geworden. Ich trank zwar keinen Alkohol, aber man konnte sich schnell von der Stimmung der anderen anstecken lassen, vor allem, weil alle sehr gut drauf, nach dem Max verschwunden war. Ich hatte ja das Gefühl, dass ich ihn nie näher kennen lernen werde, aber war okay. Vier neue Leute an einem Abend reichte völlig aus. Zebi und die anderen hatten sich dann ein bisschen später zu uns gesellt. Ellie hing an Zebis Arm und strahlte ihn mit ihren großen, braunen Augen an. Sie war selten verliebt, aber wenn dann richtig. Da war sie anders wie ich. Ich verguckte mich schnell, leider verschwanden die Gefühle oft genauso schnell, wie sie gekommen waren. Tragische Welt. Ich hatte mich gut mit Steve unterhalten und er hatte, bevor wir so gegen vier Uhr morgens aus der Bar gescheucht wurden, auch nochmal total besoffen kontrolliert, ob er meine Nummer noch hatte. Mit Zebi war ich nur noch kurz ins Gespräch gekommen und hatte erfahren, dass er wirklich Sport machte, Kung Fu. Aber die meiste Zeit war von anderen Menschen belagert, Zebi war ungewohnt beliebt. Normal suchte sich Ellie mehr so Kerle im Hintergrund, Kerle wie Birdo. Ich öffnete meine Augen wieder und beschloss, dass ich jetzt aufstehen würde. Es war sicher nach eins und ich wollte nicht den ganzen Tag im Bett verbringen. Ich schob Ellie von mir und streckte mich ausgiebig. Sie öffnete etwas müde ihre Augen und starrte verschlafen zu mir hoch. Ich beugte mich zu ihr runter und gab ihr einen kurzen Kuss auf den Mund. „Aufstehen, Schatz, wir brunchen jetzt.“, erklärte ich mit einem sanften Lächeln. Sie rieb sich die Augen und setzte sich dann auch auf, schaute sich verpennt um. „Wie spät?“, fragte sie, während sie versuchte ein Gähnen zu unterdrücken. „Fast halb zwei.“ Sagte zumindest mein Wecker. Sie ließ sich zurück in mein weiches Bett fallen und stöhnte dann auf, während sie sich ihren Kopf hielt. „Hast du ein Aspirin?“ „Hat da jemand einen Kater?“ Ich grinste hämisch. Es war immer wieder lustig Leute am nächsten Morgen unter ihrem Trinkgelage leiden zu sehen. „Sieht so aus... Hab ich viel getrunken? Ich weiß es nicht mehr so genau.“ Sie legte einen Arm über ihre Augen, um sich wieder in wohliger Dunkelheit zu flüchten. „Eine Menge.“, bestätigte ich ihr. Wenn Ellie nervös wurde, brauchte sie immer etwas zu tun. Sie hatte in dem Fall einfach immer weiter getrunken und getrunken. Wäre sie Raucherin, hätte sie vermutlich an dem Abend zwei Schachteln leer geraucht. „Scheiße... hab ich ... irgendwie Mist gebaut?“, sie linste unsicher unter ihrem Arm hervor. Ihre braunen, langen Haare standen alle wild ab, ihr Make-up war noch etwas zu sehen, da sie sich gestern nicht mehr abgeschminkt hatte und dazu dieser etwas ängstliche Blick. „Nein, du warst hinreißend.“, versicherte ich ihr. Sie war auf jeden Fall hinreißend belustigend gewesen, da sie kaum noch gerade gehen konnte und sich immer an jemand klammern musste, um nicht umzufallen. Ihre bevorzugten Opfern waren dabei Zebi und ich. Sie hatte auch Zebi versucht ganz ausführlich zu erklären, wie gut sie mit mir befreundet war. Ich glaub, das hatte ihn mehr verwirrt, als das es ihm geholfen hatte. „Und du?“ Ihr Blick zeigte, dass sie sich auf jeden Fall noch daran erinnern konnte, dass ich mich gut mit Steve verstanden hatte. „Ich bin immer hinreißend.“, gab ich zurück und schwang dann meine Beine aus dem Bett. Ich hörte ein Seufzen von Ellie und grinste. Sie zu triezen war immer toll. „Du hast nicht... einer von Zebis Freunden abgeschleppt, oder?“, spezifizierte sie ihre Frage. „Siehst du hier einen Kerl in meinem Bett?“ „Hrm... vielleicht hat er sich darunter versteckt?“ „Natürlich. Gleich neben dem Krümelmonster.“ Und wir lachten beide. Aber man konnte ihr anmerken, wie erleichtert sie war, dass ich sie nicht vor ihren neuen Freunden blamierte hatte. Nicht, dass sie das wirklich erwartet hätte, aber als ich jünger war, hatte ich ein paar sehr... strapazierende Phasen gehabt. Irgenwie schien Ellie manchmal immer noch Angst zu haben, dass ich in alte Muster zurück fallen würde. Als würde ich ihr das nochmal antun... Dafür hatte ich sie viel zu gern. Als sie damals für einen Schüleraustausch ein halbes Jahr nach Frankreich gegangen war, war in meinem Leben plötzlich einiges ziemlich schief gelaufen. Das war vielleicht das erste Mal, dass ich festgestellt hatte, wie wichtig sie wirklich für mich war. Davor war sie einfach immer da gewesen, die längste Zeit, die wir getrennt waren, war vielleicht drei Wochen gewesen, aber auch nur, weil sie in der Zeit in Spanien bei Verwandten war. Mir war aber nie klar gewesen, wie sehr sie dafür gesorgt hatte, das mein Leben nicht total in Chaos versank. Es war damals eventuell auch nicht die beste Zeit gewesen mich zu verlassen. Ich war in einer... schwierigen Phase und ich hatte nicht die best mögliche Entwicklung gemacht. Natürlich konnte ich ihr nicht dafür die Schuld geben, sie war meine beste Freundin, aber sie konnte ihr Leben nicht auf mich zentrieren. Und sie hatte mir sehr geholfen, nach dem sie endlich wieder da war. Au Mann, ich wollte gar nicht daran denken, wie mein Leben heute aussehen würde, wenn ich Ellie nicht hätte. Horrorvisionen von mir als Draq-Queen in einer Absteigerkneipe kamen mir in den Sinn. Damals leider nicht so abwegig, wie es heute war. Gott, ich hatte damals tatsächlich mal Frauenklamotten an! Allein der Gedanke daran, jagte mir kleine Schauer über den Rücken. Keine Ahnung mehr, was ich mir dabei gedacht hatte. Ich wusste auch nicht mehr, warum ich kurz vor meinem Realschulabschluss die Schule einfach abgebrochen hatte. Die sechs Monate ohne Ellie waren insgesamt sehr verschwommen. Das einzige was ich aus der Zeit noch mitgenommen hatte, waren die vielen One-Night-Stands. Das war tatsächlich etwas, was ich mochte und Ellie hatte wohl nichts groß dagegen, solange es alles im Rahmen blieb, solange ich mein sonstiges Leben im Griff hatte. Sie hatte wirklich dafür gesorgt, dass ich nicht total vor die Hunde ging. Nicht das man heute noch was davon merkte und mittlerweile war ich auch nicht mehr so abhängig von Ellie, aber ich liebte sie dafür, dass sie immer dagewesen war, wenn ich sie gebraucht hatte. Was in meinem Leben schief gelaufen war, hatte ich selbst verbockt. Ellie hatte mir nur geholfen, es wieder in die richtige Bann zu kriegen. „Michi?“, tauchte ihre Stimme wieder in mein Bewusstsein. „Was?“ Ich schüttelte kurz irritiert den Kopf und schaute in ihr fragendes Gesicht. „Du warst plötzlich so abwesend.“, erklärte sie, immer noch einen leicht besorgten Ausdruck in den Augen oder es waren die Katernachwirkungen, da sie die Augenbrauen leicht zusammen gezogen hatte. Was meistens der Fall war, wenn sie Kopfschmerzen hatte. „Ich hab an früher gedacht.“, antwortete ich ehrlich und erhob mich ganz aus dem Bett. Ich würde ihr jetzt ein Aspirin holen und den Tisch für einen Brunch decken. „Irgendwelche speziellen Wünsche zu deinem Aspirin?“, änderte ich das Thema, als ich das Schlafzimmer verließ. „Pfannkuchen!“, rief sie mir hinter her und ich lachte. Natürlich waren es Pfannkuchen. Ellie liebte Pfannkuchen. Am liebsten mochte sie das Geräusch, wenn man den Teig in die Pfanne gegossen hatte, man den Pfannkuchen einmal gewendet hatte und dann kurz auf ihn drauf drückte. Das gab so ein kleines „Puff“-Geräusch bei dem sie immer lachen musste. Ob Zebi sowas über sie wusste? Konnte ich mir eigentlich nicht vorstellen und ich war froh darüber. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)