26. Januar von Sonnendrache (SPOILER WARNUNG: Wer die ersten Kapitel des 12. Mangas oder die Folge 35 noch nicht kennt sollte das hier nicht lesen!) ================================================================================ Kapitel 2: Nur ein einziges Mal ------------------------------- Entschlossenen Schrittes verließ ich das Haus. Unter dem einen Arm den Motorradhelm in der anderen Hand eine fast ganz aufgegessene Tafel Schokolade. Er warf seine Kippe in den Mülleimer. Ich schaute ihn an. „Es läuft alles wie besprochen. Du schlägst zur vereinbarten Zeit los und wenn alles glatt geht sehen wir uns heute Abend wieder.“ Nachdem ich auch das letzte Stück Schokolade gegessen hatte, steckte ich das Papier in die Hosentasche. Ich sah zwar seine Augen nicht, aber ich ahnte, dass er in diesem Augenblick die Augen verdrehte. „Ja, ja. Ich weiß, wie der Plan aussieht. Du musst ihn nicht noch einmal wiederholen.“ Matt schaute mir ins Gesicht. Sein Blick wurde für einen Augenblick seltsam mitleidig. Wenn du denkst, dass wir es nicht schaffen, kannst du es auch gleich sein lassen. Wer Angst hat kann nichts schaffen. Ich setzte mich auf das Motorrad, den Helm auf dem Kopf. Er stieg in den roten Sportwagen. Wir fuhren los. Jeder in eine andere Richtung. Ich fuhr sofort zur Zentrale der NHN, um mich dort zu verstecken und auf Takada zu warten. Matt würde später hinzukommen und das Startzeichen für die eigentliche Operation geben. Jetzt war die Chance es Near und allen anderen zu zeigen. Genau genommen war es auch die letzte Chance. In zwei Tagen würde sich Near mit Kira treffen und dann würde es sich entscheiden. Das hatte ich im Gefühl. Ich hatte schon immer so ein Gefühl für schlechte Tage gehabt. Zum Glück war heute keiner davon. Ich kam an der Zentrale an. An einer unauffälligen Stelle des Parkplatzes hielt ich das Motorrad an und wartete. Es war schon immer ein Segen und gleichzeitig auch ein Fluch gewesen, schlechte Tage schon drei Meter gegen den Wind riechen zu können. Man wusste das etwas passiert, aber man kann es nicht aufhalten. So wie damals. An dem Tag, als Roger mir und Near verkündet hatte, dass L tot war. L, der größte Detektive der Welt. Er war Kira zum Opfer gefallen. Und was hatten Roger und Near getan? Sie hatten keine Miene verzogen! Ich glaube, ich war der einzige, der seinen Tod wirklich bedauert hat. Ich konnte nicht im Wammy's House bleiben und so tun als wäre nichts gewesen. Ich musste dort weg und meinen eigenen Weg finden L zu rächen und Kira das Handwerk zu legen. Auch wenn das bedeutete meinen einzigen Freund Matt zurück zulassen. Schon kurze Zeit später kam eine Limousine umgeben von mehreren schwarzen Autos an. Das konnte nur Takada sein. Ich schaute auf die Uhr an der Außenwand des Gebäudes. Sie war pünktlich. Jetzt fehlte nur noch Matt. Ich konnte einen roten Sportwagen auf den Parkplatz fahren sehen. Ich musste lächeln. Wenn man vom Teufel spricht... Er hielt auf dem Parkplatz, feuerte die Rauchbombe ab und war schon wieder so gut wie weg. In dem Chaos fuhr ich zu Takada. Ich sah wie Lidner Takada Richtung NHN Gebäude schob. Ich fing einen Teil von Lidners Worten auf. „...im NHN Gebäude sind sie in Sicherheit.“ Ich fuhr zu den Beiden. „Nein! Nicht ins Gebäude! Die ganze Gegend ist unsicher. Steigen sie auf Frau Takada. Ich bringe sie in Sicherheit.“ Ich konnte Erkenntnis in Lidners Augen sehen. Sie hatte mich erkannt. Versaue mir bloß nicht alles! Ich habe zu hart an diesem Plan gearbeitet, um ihn mir von dir zerstören zu lassen! Lidner schaute sich noch einmal um, dann sagte sie: „Es ist gut Frau Takada. Steigen sie ruhig auf das Motorrad.“ Kurz darauf fuhren wir los. Wie es Matt wohl gerade erging? Ob er es schaffen würde den ganzen Verfolgern zu entkommen? Natürlich! Er würde sich durchschlagen. Er konnte das. Er hatte es gelernt. Genau wie ich es gelernt hatte. Nachdem ich das Waisenhaus verlassen hatte, musste ich mich irgendwie durchschlagen. Ich musste eine Möglichkeit finden, wie ich Kira fangen konnte und das am Besten noch bevor Near überhaupt merkte was los war. Ich schaffte es mich in der amerikanischen Mafia hoch zuarbeiten, auch wenn ich wegen meiner Jugend oft komisch angeschaut wurde. Aber es hat sich gelohnt. Ich habe das Death Note in der Hand gehalten, das geheime Mördernotizbuch von Kira. Etwas das Near niemals schaffen würde, aber was hat es mir gebracht. Kira hat, getarnt als L, mein Hauptquartier angegriffen. Alle Mitglieder der Mafia wurden getötet. Mir blieb nur die Möglichkeit das ganze Gebäude in die Luft zu sprengen. Aber auch Kira musste für seinen Sieg büßen. Sein eigener Vater wurde bei dem Angriff getötet. Ich fuhr eine belebte Straße entlang. Takada saß hinter mir und klammerte sich ängstlich an mich. Ich konnte das spüren. Im Rückspiegel sah ich zwei schwarze Autos, die uns folgten. Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn uns niemand folgt. Na ja, mit denen werde ich auch noch fertig. Ohne Vorwarnung bog ich in eine kleine Seitengasse ab. Sie war zu klein für die Autos meiner Verfolger. Sie konnten mir nicht folgen und wenn sie geschossen hätten, hätten sie ja Takada treffen können. Vielleicht hatte ich ja dieses Mal Glück. Ich war immer der Zweite. Immer hinter Near. Dieses Mal nicht! Alles lief hervorragend. Im Gegensatz zu der Geschichte mit dem explodierten Haus. Ich wusste, dass ich es überleben könnte, wenn ich mich unter dem Tisch versteckte. Aber die Explosion war doch stärker als ich erwartet hatte. Ich war in einem kleinen Hohlraum gefangen und konnte aus eigener Kraft nicht heraus. Meine ganze linke Seite und vor allem mein Gesicht brannten höllisch. In meiner Verzweiflung fiel mir nur ein Mensch ein, der mir noch helfen konnte. Matt. Mein Handy hatte ich noch, also rief ich ihn an. Das Sprechen bereitete mir Schwierigkeiten, aber es ging. Ich erzählte ihm von meiner misslichen Lage und wie er mich finden und mir helfen konnte. Er überlegte nicht lange und machte sich auf den Weg. Ich glaube, das einzige das mich damals davon abhielt bewusstlos zu werden war das Telefonat mit Matt. Er kam noch rechtzeitig an. Er konnte mich finden, aus den Trümmern bergen und mit zu sich fahren. Dort pflegte er mich gesund. Nachdem ich noch durch einige Gassen gefahren war, kam ich am Lastwagen an. Ich fuhr mit dem Motorrad die Rampe hoch in den Lieferraum. „Absteigen!“ Langsam und mit zitternden Knien gehorchte Takada meinen Anweisungen. Ich stieg auch ab und zog meine Pistole. Nachdem ich die Türen zum Frachtraum geschlossen hatte, setzte ich den Helm ab. Sie starrte mein Gesicht entsetzt an. Ich richtete die Pistole auf sie. „Ausziehen.“ Sie schaute mich verwirrt an. „Legen sie ihre gesamte Kleidung in diese Kiste.“ Ich deutete mit der Pistole auf die besagte Kiste. „Wenn ihnen kalt ist können sie auch eine Decke haben.“ Sie versuchte sich nicht zu widersetzten und zog die Jacke aus. Ich behielt sie genau im Auge. Als sie nur noch in Unterwäsche vor mir stand, fragte sie, ob sie die Decke haben könnte. Ich warf sie ihr zu. Kurz danach lag auch der Rest ihrer Sachen in der Kiste. „Gut so. Und jetzt bleiben sie hier ruhig sitzen. Dann passiert ihnen auch nichts.“ Ich verließ den Laderaum und setzte mich in das Führerhäuschen. Die Kiste hatte ich mitgenommen. Ich startete den Motor. Neben mir lief ein kleiner Fernseher. Eben brachten sie eine Sondersendung darüber, dass Takada entführt worden war. Ich konnte nur schmunzeln. Ich fuhr den Lastwagen zu der Sammelstelle eines Paketdienstes. Ich würde die Kiste mit Takadas Sachen unauffällig in einen der Lkws legen und dann mit Takada zum vereinbarten Treffpunkt verschwinden. Mit etwas Glück wartete dort auch schon Matt auf mich und rauchte sich gerade eine Zigarette. Ich wollte gerade aus dem Lastwagen aussteigen, als ich die aufgeregte Stimme des Nachrichtensprechers hörte. „Offensichtlich ist es den Beamten gelungen einen von Takadas Entführern zu töten! Die Leiche des jungen Mannes konnte noch niemandem zugeordnet werden.“ Ich hörte nicht mehr hin. Das kann nicht sein! Das darf nicht sein! Ich starrte auf den Bildschirm des Fernsehers. Sie zeigten ein Bild des Fluchtautos des Toten. Es war ein roter Sportwagen. Meine Hand krampfte sich um das Lenkrad. Es war Matt. Matt ist tot...Nur um mir zu helfen ist er gestorben. Ich stieg langsam aus dem Lastwagen. Die Kiste hatte ich immer noch in der Hand. Ich brauchte jetzt frische Luft. Schokolade wäre auch nicht schlecht gewesen, aber ich hatte gerade keine dabei. Mein einziger Freund war gestorben, um mir zu helfen. Er hatte alles für mich gegeben. Nicht nur heute. Er hatte mich gesund gepflegt und sich fast ein Bein ausgerissen, als ich nach der Explosion so schwer verletzt war. Und wie hatte ich es ihm immer gedankt? Ich war mürrisch und launig gewesen. Ich hatte mich mit ihm gestritten, um Near zu sehen und wäre fast wieder umgekommen. Ich hatte ihn in die ganze Sache heute mit hinein gezogen. Das Ganze nur damit ich einmal der Beste war. Das letzte Mal als ich ihn sehen konnte. Dieser mitleidige Blick. Hat er es geahnt? Warum habe ich nichts geahnt! Verdammt! Da könnte man so eine Eingebung einmal gebrauchen und dann hat man keine! Ich erinnere mich an diesen Blick von Matt. Er hat auch so geschaut, als er mich aus den Trümmern geborgen hat. Er hat sich keine Gedanken um sich selbst gemacht, nur um mich. Ich schaute in den Himmel. Er war klar, keine einzige Wolke war zu sehen. Ich erinnerte mich an einen anderen Tag mit so strahlend blauen Himmel. Ich war mal wieder außer mir vor Wut. Auf Near, auf Kira, auf einfach alle. Ich bin auf dem Dach des Hochhauses nur auf und ab gegangen und habe laut geschimpft. Matt war auch da und hat sich in aller Ruhe eine geraucht. Als ich an ihm vorbeigegangen bin, hat er mir auf einmal einen Kinnharken verpasst. Ich war so überrascht, dass ich gestürzt bin. Ich glaube, ich habe Matt eine geschlagene Minute einfach nur überrascht angeschaut. Dann wollte ich ihm natürlich richtig die Meinung sagen, aber er ließ mich nicht zu Wort kommen. Er hat mir eine Predigt gehalten. Ich habe Matt nie wirklich wütend erlebt, aber ich glaube, in dieser Situation war er es. Er hat gesagt, dass er es nicht mehr hören könnte, wie ich die ganze Zeit über alles meckerte. Ich werde zwei Sätze wohl nie vergessen. „Wenn du immer nur an das Negative jeder Situation denkst, ist es kein Wunder das du immer nur meckerst. Man muss an das Gute denken, sonst geht man irgendwann unter.“ Nur an das Negative denken! Mein Blick raste aus dem Himmel herunter auf meine Umgebung. Ich musste lächeln. Wieder einmal hattest du recht, Matt. Wenn ich immer nur daran denke, wie schlecht ich mich manchmal benommen habe, werde ich wahnsinnig. Ich werde mich an die guten Stunden, die wir beide zusammen verbracht haben, erinnern. Und jetzt muss ich das hier zu Ende bringen. Für dich, für L und für alle anderen, die durch Kira getötet wurden. Ich schlich mich durch die Reihen der wartenden Lkws, bis ich einen fand, dessen Ladeklappe offen stand. Nachdem ich mich überzeugt hatte, das niemand in der Nähe ist, versteckte ich die Kiste unter den anderen Lieferungen. Schnell schlich ich wieder zurück zu meinem Lastwagen und fuhr weg. Allerdings nicht ohne den Fernseher auszuschalten. Für heute hatte ich genug gesehen. Ich fuhr schon eine Weile, als ich auf einmal einen stechenden Schmerz in der Brust bemerkte. Ich fasste mir an die Brust. Nein, das kann doch nicht sein! Nicht ich auch noch! Mein Herz darf nicht stehen bleiben, nicht bevor ich Matt und L gerächt und Near übertroffen hatte. Die Schmerzen wurden immer schlimmer. Ich verlor die Kontrolle über den Lastwagen. Er raste in eine alte Kirche. Ich spürte den Aufprall schon nicht mehr. Mein Kopf fiel auf das Lenkrad. Ich wollte doch nur der Beste sein. Nur ein einziges Mal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)