Sternchensuppe von Berrii ================================================================================ Kapitel 33: Ferien ------------------ Während Nino das Bad belegte, räumte Laurin die Küche auf. In Gedanken versunken hob er die Scherben seiner Tasse auf und wischte den Boden sauber, auch um Ninos Spuren zu entfernen. Wie sollte es nun mit ihnen weitergehen? Für den Schwarzhaarigen war klar, das Nino bei ihm wohnen bleiben würde. Wo sollte er denn auch sonst hin? Er würde nicht zulassen, das er noch einmal in solch einer Bruchbude unterkam, das hatte er weder nötig, noch verdient. So konnte er ein angenehmes Studentenleben führen, was ihm auch mehr als zustand. Immer auf der Hut sein, jederzeit bereit sein, alles stehen und liegen zu lassen, um zu flüchten, war kein Leben. Die letzten Jahre hatten bestimmt tiefe Wunden in seiner Seele hinterlassen. Auch das Nino nicht wusste, wo seine Mutter war, stellte sich Laurin schmerzhaft vor. Er konnte ja nicht sicher sein, das es ihr gut ging. Vielleicht hatte sein Stiefvater sie doch ausfindig gemacht? Seufzend stellte Laurin das dreckige Geschirr in den Spüler und sah auf die Uhr. Gut, das sie heute frei hatten. Mit einem verschmitzten Lächeln stellte der Schwarzhaarige jedoch fest, das Nino sich und ihn garantiert zurück an die Ausarbeitung orderte. Ohne Fleiß kein Preis, wie es so schön hieß. Und Laurin hatte nie einen anderen getroffen, der so strebsam lernte und arbeitete, wie Nino. Tatsächlich hatte der Braunhaarige ihn sofort ins Wohnzimmer bestellt, nachdem er frisch geduscht und angezogen aus dem Bad kam. „Wir haben doch Zeit...“, lamentierte der Schwarzhaarige leicht genervt und setzte sich grummelnd neben ihm aufs Sofa. Nino schob seine Brille zurecht: „Jammer nicht rum, von alleine wird das nichts! Und grade weil wir Zeit haben, sollten wir uns ran halten. Falls wir auf ein Problem stoßen, haben wir noch genug Raum, um damit fertig zu werden.“ Der Größere zog eine Augenbraue hoch: „Ich dachte, du hast die Brille nur als Tarnung getragen?“ Eine sanfte Röte legte sich über die Nase des anderen, während er leicht bissig drein blickte: „Nein, ich kann ohne sie mittlerweile nicht mehr richtig lesen.“ Laurin verkniff sich ein Lachen, aber ein Grinsen legte sich dennoch auf seine Lippen. Der Kleinere fand das alles andere als lustig und schloss leicht genervt die Augen: „Schreib du die Zusammenfassung vom ersten Text, den können wir als Einleitung nehmen.“ „Was?“, kam es überrumpelt von Laurin. Planlos schaute er in das Buch, was Nino ihm reichte. „Spinnst du?! Das sind insgesamt 17 Seiten!“, entfuhr es ihm bleich. Nun war es Nino, der spitzbübisch grinste: „Na dann halte dich ran, die Zusammenfassung sollte nicht länger als zwei Seiten sein.“ „Kann es sein, das du Spaß daran hast, mich zu quälen?“, fragte Laurin sarkastisch und zückte einen Marker aus seiner Federmappe. Der Kleinere setzte sich wieder bequem im Schneidersitz auf das Sofa und ging eine Liste durch, wo er hinter einigen Punkten Notizen machte: „Das sagt der Richtige.“ Vertieft in seinen Papieren entging Nino ein belustigtes Grinsen des Schwarzhaarigen. Es war seltsam, auf welche Art und Weise sich ihr Alltag nun einspielte. Denn obwohl sie gegenseitig einige Macken und Eigenschaften von früher wieder erkannten und diese mit in ihrem Umgang einbauten, waren doch auch viele andere Dinge dabei, die sie immer wieder stutzig machten. Wie Laurin es sagte, war es nicht das gleiche wie früher. Sie waren beide erwachsen geworden, waren an ihren Lebenserfahrungen gereift. Doch war es möglich, das sie wieder zusammen wachsen würden? Beiden fiel es irgendwie schwer, einen Mittelweg zu finden, denn sie waren weder ein Paar, noch war es eine normale Freundschaft zwischen ihnen. Mal schliefen sie miteinander, küssten sich und genossen die Zärtlichkeiten des anderen. Dann herrschte wieder eine freundschaftliche Atmosphäre zwischen ihnen. Belustigt stellte Nino irgendwann fest, das wenn sie an ihren Ausarbeitungen für das Studium saßen, er ganz klar den Ton angab und Laurin ihm blind gehorchte. Trotz der irgendwie schwer zu definierenden Beziehung zwischen ihnen, hatten sie ein tiefes Vertrauen zueinander. Der Dezember kam und mit ihm ein Vorschlag von Laurin, dem Nino nicht so wirklich behagte. „Ich verspreche dir, ich pass auf dich auf, dir wird bestimmt nichts passieren.“, beteuerte Laurin schon zum vierten Mal. Der Kleinere sortierte seufzend seine frische Wäsche in einen kleinen Schrank, den Laurin für ihn im Wohnzimmer aufgebaut hatte: „Ich weiß nicht. Ich hab keine Ahnung, wo er sich rum treibt. Er könnte noch immer in Potsdam jemanden kennen und ab und zu dort sein.“ „Nino, es ist Weihnachten, das Fest der Liebe! Meinst du nicht, das du es dir verdient hast, diese Tage wieder mit Leuten zu feiern, die dich gern haben? Ein größeres Geschenk kannst du unseren Freunden nicht machen! Und dir selbst erst recht nicht!“, der Schwarzhaarige legte viel Kraft in die Betonung seiner Gründe. „Aber was, wenn er mich da findet? Es wird super einfach für ihn sein, dann herauszufinden, das ich hier im Hamburg mit dir studiere. Und dann muss ich wieder untertauchen.“, bedrückt senkte Nino den Blick, „Und muss dich wieder verlassen.“ Mit einer wegwischenden Geste futchtelte Laurin vor der Nase des Kleineren rum: „Papperlapapp, er wird dich nicht kriegen. Und ich lasse garantiert nicht zu, das er dich terrorisiert. Wenn er dich wirklich findet, dann hab ich genügend Möglichkeiten, um ihn ins Nirvana zu jagen.“ Leicht geschockt blickte der Braunhaarige ihn an. Laurin verdrehte die Augen: „Nicht das endgültige Nirvana, keine Sorge.“ Etwas erleichtert atmete Nino durch. Das letzte, was er wollte, war das Laurin für ihn straffällig wurde. Der Größere zog ihn in seine Arme und grinste ihm keck an: „Komm schon... Lass uns Weihnachten zuhause feiern. Du, ich, meine Mutter und unsere Freunde. Sie werden sich so freuen, dich endlich wiederzusehen. Da wird sogar Kathrina weinen!“ Ergeben schloss Nino die Augen: „Ich hoffe, sie bricht mir nicht die Nase...“ „Yes!“, glücklich hob Laurin ihn hoch und drückte ihn fest an sich, „Das wird genial! Pack deine Sachen, wir fahren in einer Stunde los!“ Leicht würgend schnappte der Kleinere nach Luft: „Heute? Ich dachte morgen?“ „Nein, wir fahren heute! Bevor du es dir anders überlegst!“, der Schwarzhaarige ließ ihn los und ging mit wippenden Schritt vergnügt in sein Schlafzimmer, um seine Tasche zu packen. Nino warf einen besorgten Blick auf seine Klamotten, die er grade eingeräumt hatte. Er hoffte sehr, das es zu keinem Zwischenfall kam. Es war bereits kurz nach sieben Uhr, als ihr Zug in Potsdam am Bahnhof einfuhr. Draußen war es dunkel und Schneematsch zog am Fenster vorbei. Wie lange war er nicht mehr in seiner Heimatstadt gewesen? Irgendwie war Nino schlecht. Nicht nur die Gefahr, seinen Stiefvater zu begegnen, sorgte für ein flaues Gefühl im Magen. Laurin hatte noch niemandem davon erzählt, das er ihn wiedergefunden hatte. Was würden ihre Freunde sagen? Würden sie wütend sein? Sich von ihm abwenden? „Oh Gott ich kotz gleich...“, murmelte der Kleinere und ließ den Kopf hängen. Er zitterte am ganzen Körper und hatte schlichtweg Angst vor der Begegnung mit seinen alten Freunden. „Jetzt mach hier nicht auf Drama. Heute triffst du doch nur meine Mutter und die wird garantiert heulen vor Freude.“, Laurin hob sein Gesicht am Kinn an und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen, „Ich bin gespannt, ob sie dich erkennt.“ Der Zug hielt an und der Schwarzhaarige erhob sich. „Komm!“, er reichte Nino eine Hand und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. Zusammen verließen sie den Zug und betraten den Bahnsteig. Zittrig umklammerte Nino den Griff seines Rollkoffers. Selbstsicher zog ihn Laurin mit sich in eine Richtung. Er hatte seine Mutter direkt entdeckt, die dick eingemurmelt auf ihn wartete. „Wenn das nicht mein verschollener Sohn ist!“, begrüßte sie ihn breit grinsend und umarmte ihn herzlich. Da Laurin die Hand des Braunhaarigen keine Sekunde losgelassen hatte, fiel ihr Blick danach sofort auf den anderen jungen Mann: „Und wen hast du da mitgebracht?“ Verlegen sah Nino zu seinen Füßen und vergrub sein Gesicht bis zur Nasenspitze in seinen Schal. Der Schwarzhaarige lächelte: „Einen sehr guten Freund.“ „Einen sehr schüchternen Freund, wie mir scheint.“, scherzte sie und versuchte dem anderen ins Gesicht zu blicken. Als Nino aufsah und ihr in die Augen blickte, erkannte er sie wieder. Ihre warme Art hatte er nicht vergessen. Überrascht hielt sie sich die Hand vor dem aufklappenden Mund: „Ach du meine Güte...“ Im Gegensatz zu Laurin erkannte sie ihn sofort. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie ihn stürmisch in die Arme zog und an ihn an sich drückte: „Junge, du bist wieder da!“ Der Braunhaarige wusste nicht so recht, was er tun sollte. Die Situation überforderte ihn ein wenig. „Ma, würdest du ihn wieder loslassen? Wir sollten erst einmal nach hause fahren. Lass ihn ankommen.“ „Wir müssen Kakaopulver kaufen! Ich hab kein Kakaopulver im Haus!“, gab sie entrüstet von sich, „Das geht nicht!“ Sie wischte sich die Tränen mit dem Ärmel ihres Mantels von den Augen, ergriff Ninos Hand und zog ihn hinter sich her zum Ausgang des Bahnhofs. Entgeistert sah Laurin ihr und Nino nach, der verwirrt zurück schaute. Ließ sie grade tatsächlich ihren eigenen Sohn stehen? Kopf schüttelnd, aber grinsend, folgte er den beiden. Nachdem sie unterwegs kurz angehalten hatten, um noch einige Dinge zu kaufen, die seine Mutter für elementar wichtig hielt, nachdem sie nun wusste, welch besonderen Besuch sie hatte, kamen sie endlich in ihrer Wohnung an. Es war noch immer die gleiche, die Nino kannte. Laurins altes Zimmer hatte sich nur leicht geändert, es gab ein großes Bett, einen Schrank und einen Schreibtisch. Und es war sehr ordentlich. Nachdem Laurins Mutter die Einkäufe verstaut hatte, wendete sie sich wieder ihrem Überraschungsgast zu. „Ich hab mir seit diesem Tag so große Sorgen um euch gemacht. Wie geht es deiner Mutter?“ Die jungen Männer setzten sich zu ihr an den Tisch und Nino begann zu erzählen. Das er nicht wusste, wo seine Mutter derzeit war. Wie die letzten Jahre verliefen. Wo sie überall gewesen waren. Und wie er sie immer wieder aufgespürt hatte. Und das er befürchtete, das er noch immer hinter ihm her war, um über ihn an seine Mutter zu kommen. Laurins Mutter saß schweigend da und lauschte seinen Worten. Sie riss sich zusammen und unterdrückte ihre Tränen, denn ihr war klar, das sie Nino dadurch nur schadete. „Weißt du...“, fing sie schließlich an und sah in ihre Tasse Tee, „Ich finde es gut, das du wieder zurück bist. Nach hause gekommen bist. Du hast so viel erlebt in den letzten Jahren und das in deinem jungen Alter. Du hast dir ein wirklich tolles Weihnachten so sehr verdient! Wir werden uns ein paar tolle Tage machen, wir werden uns vollfressen bis wir platzen, wir werden lachen und Spaß haben und ein tolles Silvester feiern! Und im neuen Jahr wirst du ganz entspannt mit Laurin zurück nach Hamburg fahren.“ Ihre Worte berührten ihn und entlockten ihm, wie auch Laurin, ein Lächeln. „Aber sag mal, mein Junge...“, sie beäugte ihn gewitzt, „Wachsen wolltest du wohl nicht mehr, was?“ Nun musste er lachen: „Irgendwie nicht...“ Sie hatten einen angenehmen Abend, Laurins Mutter kochte und tischte fast schon zu viel auf, doch sie wollte es sich nicht nehmen lassen, für Nino das zu kochen, von dem sie wusste, das er es sehr gerne aß. Also gab es als Vorspeise eine Sternchensuppe, zum Hauptgang Lasagne und zum Nachtisch süßen Quark mit Früchten. „Oh man ich platz gleich!“, Laurin lehnte sich mehr als gesättigt zurück, „Dabei ist noch nicht mal Weihnachten! Was willst du uns dann da auftischen?“ Grinsend legte seine Mutter ihren Löffel in die leere Schüssel: „Also Heiligabend gibt’s Kartoffeln, Rotkohl und Hähnchenschenkel. Und Schokoladenpudding! Ich musste mir was Einfaches überlegen, schließlich kommen ja noch deine Freunde! Am ersten Weihnachtstag, dachte ich mir, machen wir Pizza...“ „Und am zweiten Weihnachtstag fasten wir!“, sprach der Schwarzhaarige ihr dazwischen, „Sonst rollen wir zurück nach Hamburg!“ „Ach so ein Blödsinn!“, sie machte eine Geste mit der Hand und redete dann weiter, „Schaut euch doch mal an! Ihr seid so dünn, vor allem Nino! Ein bisschen mehr auf den Rippen schadet euch wirklich nicht!“ Mit einem angenehmen, zufriedenen Gefühl lauschte der Braunhaarige dem weiteren Gespräch zwischen Laurin und seiner Mutter. Diese Normalität hatte er so vermisst, es tat so gut, hier zu sein! Nach dem Essen folgten einige Runden Monopoly. Sie lachten so viel, das Nino irgendwann Seitenstechen hatte. Dieses berauschende Gefühl vom Leben durchströmte ihn und er genoss jede Sekunde! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)