Code Geass: Messing with Time von Shin-no-Noir (Und weil es so schön war, gleich noch mal...) ================================================================================ Kapitel 5: Die überrumpelte Mitschülerin ---------------------------------------- Als Lelouch an diesem Abend nach Hause kam, wurde er bereits erwartet. Nanali und Sayako saßen an einem kleinen Tisch im Zimmer seiner kleinen Schwester, auf dem jede Menge buntes Papier herumlag. Anstatt jedoch zu basteln oder sich zu unterhalten, hatten sie sich offenbar schon vor längerem der Türe zugewandt und schweigend abgewartet. Lelouch war nicht überrascht, aber es war dennoch seltsam, nach so langer Zeit wieder daran erinnert zu werden, dass Nanali niemals so hilflos gewesen war, wie sie auf die meisten Leute wirkte. Natürlich war es eine erhebliche Beeinträchtigung, dass sie weder sehen noch laufen konnte, aber Fähigkeiten wie die erhöhte Wahrnehmung all ihrer verbleibenden Sinne, die sie stattdessen entwickelt hatte, stellten einen nicht zu unterschätzenden Ausgleich dafür dar. Lelouch hatte schon immer gewusst, dass seine kleine Schwester eine bemerkenswerte Person war, aber er hatte beinahe ein ganzes Leben gebraucht, um zu begreifen, wie bemerkenswert. Es war mehr als peinlich und er schämte sich noch immer dafür, Nanali so sehr unterschätzt zu haben; doch es hatte auch etwas Tröstliches zu wissen, dass sie auch irgendwie zurechtkommen würde, sollte ihm einmal etwas zustoßen. Lelouch hatte nicht vor, seine Schwester oder die Welt im Stich zu lassen, aber eine erfolgreiche Revolution ließ sich nun einmal nicht ohne Risiko durchführen - genauso wenig, wie sich die Welt ohne Opfer verändern ließ. Lautlos schloss die Tür sich hinter ihm. „Entschuldigt, dass ich zu spät bin“. Noch während er sprach, erkannte Lelouch, was das bunte Papier war, das überall auf dem Tisch verteilt war, und der Anblick der Kraniche entlockte ihm ein kleines, trauriges Lächeln. „Willkommen zurück, Onii-sama“, sagte Nanali und überging seine Unpünktlichkeit, wie sie es damals immer getan hatte. Lelouch verspürte ein leichtes Ziehen in seinem Herzen. Er hatte es schon immer gehasst, wie sie sich ständig um seinetwegen zurücknahm – als wollte sie ihm nicht zur Last fallen. Als wüsste sie nicht, dass sie das Letzte auf dieser Welt war, was ihm jemals Unannehmlichkeiten bescheren könnte. „Willkommen zurück“, grüßte ihn auch Sayako. Lelouch riss seinen Blick von dem gefalteten Papier los und zwang sich zu einem Lächeln, von dem er hoffte, dass es nichts Trübsinniges an sich hatte. „Danke, Nanali, Sayako.“ Sayako wartete noch einen Moment, um sicherzugehen, dass sie auch niemanden unterbrechen würde, bevor sie ihm mittelte: „Sie haben Besuch.“ Sich darüber im Klaren zu sein, dass er es hier nicht einfach nur mit einem Dienstmädchen, sondern mit einer ausgebildeten Kunoichi zu tun hatte, wäre nicht im Geringsten befremdlich gewesen, hätte besagte Kunoichi zumindest geahnt, dass er über sie Bescheid wusste. Aber das war es nicht, was Lelouch im Augenblick beschäftigte. „Besuch?“, wiederholte er perplex. Sayako nickte, doch bevor sie Zeit für nähere Erläuterungen hatte, meldete sich Nanali zu Wort: „Von einem Mädchen.“ Sie legte den Kopf ein wenig schräg. „Hast du sie nicht herbestellt?“ Lelouch brauchte einen Moment um zu begreifen, dass sie von C.C. sprach. Dann jedoch kam seine Antwort ohne jegliche Verzögerung: „Oh, das habe ich ganz vergessen.“ „Sie wartet in Ihrem Zimmer auf Sie.“ „Ah.“ Lelouch lächelte. „Vielen Dank, Sayako. Ich gehe später zu ihr.“ Die junge Frau nickte leicht und erhob sich. „Ich werde dann das Essen machen.“ Lelouch blickte Sayako einen Moment hinterher. Als er sich schließlich wieder Nanali zuwandte, bemerkte er, dass diese ihn mit einem listigen Lächeln bedachte. „Ist sie etwa deine Freundin?“, wollte sie wissen. „Natürlich nicht“, gab Lelouch sofort zurück, der sich gar nicht ausmalen wollte, was C.C. wieder Missverständliches von sich gegeben haben mochte, und es zudem immer noch etwas gewöhnungsbedürfttig fand, dass seine kleine Schwester so viel Freude daran hatte, in seinem nicht vorhandenen Liebesleben herumzustochern. „Sie hilft mir bei etwas.“ „Oh.“ Irrte er sich, oder klang Nanali tatsächlich enttäuscht? „Isst deine Bekannte denn mit uns? Sie hat einen merkwürdigen Namen, findest du nicht? Nur Initialen…“ Lelouch lächelte. „Ich bin sicher, C.C. hat schon gegessen.“ „Schade.“ Für einen kurzen Augenblick wirkte Nanali wieder ehrlich enttäuscht, aber dann hellte sich ihre Miene plötzlich auf. „Schau!“, sagte sie und griff nach dem rosafarbenen Kranich, der direkt vor ihr auf dem Tisch lag. Offenbar hatte sie ihn gerade erst gefaltet. „Sayako-san hat mir gerade Origami beigebracht!“, erzählte sie ihm. „Sie hat mir erklärt, dass man Dinge wie Vögel oder Schiffe aus einem Stück Papier machen kann, wenn man es mehrmals faltet. Sie sagte auch, dass einem seine Wünsche erfüllt werden, wenn man tausend von ihnen gemacht hat.“ Sie neigte den Kopf zur Seite. „Wenn es also etwas gibt, was du dir wünschst…“ „Ich…“, begann Lelouch unschlüssig. Er wollte seine Schwester nicht anlügen, nie wieder. Aber er konnte ihr schlecht die Wahrheit sagen: Dass er sich wünschte, dieses Mal nicht in jeder Hinsicht zu versagen, und dass er ohne zu zögern hunderttausende von Kranichen dafür falten würde, wenn er wirklich geglaubt hätte, dass das etwas nützen würde. Letzten Endes brachte er nicht mehr heraus als eine Gegenfrage: „Was ist mit dir? Gibt es nichts, was du dir wünschst?“ Es war ein recht klägliches Ablenkungsmanöver, aber Nanali hatte keinen Grund, etwas anderes als aufrichtiges Interesse hinter seinen Worten zu vermuten. Sie überlegte nur für eine winzige Sekunde, bevor sie antwortete. „Ein freundliche Welt“, sagte sie dann. „Ich wünsche mir eine freundliche Welt, in der wir für immer glücklich zusammen leben können, so wie jetzt.“ Es war der letzte Teil ihrer Erwiderung, den Lelouch nicht hatte kommen sehen und der ihm einen Stich ins Herz versetzte. „Vielleicht“, sagte er zögerlich und nahm Nanalis Hand in die seine, „vielleicht wird die Welt so aussehen, wenn du eines Tages wieder sehen kannst.“ In dieser Nacht schlief Lelouch, aber er tat es alles andere als friedlich. Mehrmals erwachte er schweißgebadet aus Alpträumen, derer er sich im Nachhinein nicht mehr erinnern konnte. Es waren nur sein rasender Puls und die lähmende Angst, welche anschließend stets für einige Augenblicke jede Faser seines Körpers beherrschte, die von ihrer Existenz kündeten. ~ „Kallen Stadtfeld?“ Lelouch fühlte sich überrumpelt. So war es beim letzten Mal definitiv nicht gelaufen. „Mhm!“ Milly strahlte ihn an. „Mein Großvater hat mich gebeten, sie in den Schülerrat aufzunehmen. Sie hat einen schwachen Körper, weißt du? Deswegen war sie auch die ganze Zeit nicht da.“ „Und die anderen Clubs sind alle Sportarten gewidmet, bei denen sie nicht mitmachen kann, richtig?“ Insgeheim fand Lelouch es immer noch ausgesprochen amüsant, dass Kallen ausgerechnet diese Art von Tarnung gewählt hatte. Sicher, es war ein kluger Schachzug, der zuverlässig jeden Verdacht von ihr ablenken würde, sollte jemand sich die Akademie einmal genauer ansehen - aber es passte so wenig zu ihrer wahren Persönlichkeit, dass sie sich vermutlich alle zwei Sekunden daran erinnern musste, nicht aus ihrer Rolle zu fallen. „Genau!“, bestätigte Milly. „Wie immer eine brillante Schlussfolgerung, Herr Vizepräsident! Und deshalb erhältst du auch die Ehre, sie nach der Schule in unser Klubhaus zu bringen.“ „Kann das nicht jemand anderes machen?“, seufzte Lelouch. „Ich bin sicher, Rivalz würde-“ Ein Zeigefinger, der unsanft auf seine Lippen gepresst wurde, ließ ihn verstummen. Er schielte auf den perfekt manikürten Fingernagel direkt unter seiner Nase und blinzelte. „Kein Wort mehr!“, befahl Milly. „Wir bereiten die Begrüßungsparty vor und du bringst sie her!“ Sie nahm ihren Finger wieder aus seinem Gesicht und trat einen Schritt zurück. „Und wehe“, warnte sie ihn mit einem vergnügten, aber leicht teuflisch anmutenden Grinsen, „du machst uns die Überraschung kaputt.“ „Ich-“ „Verstanden?“ Lelouch seufzte innerlich, als er erkannte, dass ihm keine andere Wahl blieb, als sich geschlagen zu geben. „Verstanden, Kaichou.“ Sein halbherziger Versuch, nicht allzu unmotiviert zu klingen, war nicht sonderlich erfolgreich, aber Milly schien das nicht zu stören. „Sehr schön!“, freute sie sich. „Wir sehen uns dann nach dem Unterricht. Bis dann!“ Und ohne ihm Zeit für eine Erwiderung zu lassen, war sie auch schon verschwunden. Der besagte Unterricht allerdings begann erst in mehr als fünfzehn Minuten, was Lelouch zu dem Schluss kommen ließ, dass Milly es nur nicht riskieren wollte, dass er es sich doch noch anders überlegen könnte. Er seufzte. So viel dazu, Clovis von den Nachrichten abzulenken. Sobald es klingelte und die ersten Schüler zur Tür strebten, erhob auch Lelouch sich von seinem Platz. Allerdings nicht mit der Absicht, möglichst schnell den Klassenraum zu verlassen, auch wenn er das zweifelsohne nur allzu gerne getan hätte. Stattdessen hatte er nichts anderes im Sinn, als diese Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Obwohl er Kallen in den letzten beiden Stunden so genau beobachtet hatte, wie es ihm nur möglich gewesen war, ohne Aufsehen zu erregen, hatte nichts an ihrem Verhalten darauf hingedeutet, dass sie ihn verdächtigen könnte, in irgendeiner Verbindung zu dem Vorfall in Shinjuku zu stehen. Und wieso sollte sie auch? Dieses Mal hatte er schließlich nichts getan, was ihr Misstrauen gerechtfertigt hätte. In der Tat musste Lelouch zugeben, dass er am Vortag nicht einmal Notiz von Kallen genommen - nicht, weil er sie nicht ebenso sehr vermisst hatte wie seine anderen Freunde, sondern ganz einfach deshalb, weil er ihr Auftauchen genauso sehr verschlafen hatte wie den gesamten Unterricht. Nur einem einzigen Lehrer war seine Unaufmerksamkeit aufgefallen, aber selbst der hatte ihn erst am nächsten Morgen darauf angesprochen und sich dann ziemlich schnell erweichen lassen, als Lelouch ihm erklärt hatte, dass er in letzter Zeit an leichten Schlafstörungen leide. Das rothaarige Pilotenass indessen hatte bisher keinen Grund gehabt, ihm auch nur einen zweiten Blick zu schenken, und wenn es nach ihm ginge, dann wäre das auch noch eine Weile so geblieben. Lelouch mochte Kallen, mochte sie wirklich, aber im Moment konnte er es einfach nicht gebrauchen, dass irgendjemand auf ihn aufmerksam wurde, der auch näher mit Zero zu tun haben würde. Unglücklicherweise wusste Milly das natürlich nicht. Und selbst wenn, hätte sie es sich vermutlich trotzdem nicht nehmen lassen, ihn zu quälen, wann immer sich ihr die Gelegenheit bot. Also blieb ihm keine andere Wahl, als sich wie üblich dem Willen der energischen Schülerratspräsidentin zu beugen. „Du lebst zu Hause?“, hörte Lelouch eines der Mädchen fragen, die sich um die inoffizielle Japanerin herum versammelt hatten. Diese saß noch immer an ihrem Tisch in der hintersten Ecke des Raumes und spielte überzeugend ihre Rolle einer körperlich schwachen jungen Dame mit ruhigem Gemüt. Bevor Kallen jedoch antworten oder die Umstehenden noch etwas sagen konnte, war Lelouch auch schon bei ihnen angekommen. Die Mädchen sahen ihn teils neugierig, teils erstaunt an, als er direkt vor Kallen stehen blieb. „Entschuldige“, sagte er mit einem kleinen, freundlichen Lächeln, „aber hättest du vielleicht einen Moment Zeit? Ich wollte dich etwas fragen.“ Kallen blinzelte, was sie erstaunlich harmlos aussehen lies. „Mich etwas fragen?“, wiederholte sie. „Ja“, bestätigte Lelouch, noch immer ein bewusstes Lächeln auf den Lippen. „Es hat etwas mit der Schule zu tun, aber ich würde es trotzdem lieber nicht hier besprechen.“ „Oh.“ Kallen starrte ihn noch ein paar Sekunden lang in gespielter Verständnislosigkeit an, dann stand sie langsam von ihrem Stuhl auf. „In Ordnung.“ Die Klassenkameradinnen, die sich schon den ganzen Tag über um sie geschart hatten, sahen ihr neugierig nach, als sie Lelouch nach draußen folgte. Vermutlich waren sie bereits dabei, die wildesten Vermutungen anzustellen. Allerdings wurde Lelouch das Gefühl nicht los, dass Kallen selbst ebenfalls glaubte, er wäre nur ein weiterer Verehrer, der ihr die Zeit stehlen wollte. Vielleicht war er aber auch nur so paranoid, dass er sich den ärgerlichen Blick, der drohte, ein Loch in seinen Hinterkopf zu brennen, nur einbildete. Doch selbst wenn das nicht nur seine Fantasie war, die da mit ihm durchging, konnte Lelouch sehr gut damit leben, für ein paar Minuten lang für einen liebeskranken Trottel gehalten zu werden, solange das der einzige Verdacht war, den Kallen gegen ihn hegte. „Wie weit noch?“, wollte diese auf halbem Weg wissen und schaffte es dabei nicht ganz, die Genervtheit und den Argwohn aus ihrer Stimme zu verbannen. „Noch ein kleines Stück“, gab Lelouch unbekümmert zurück. Mit so einer Frage hatte er längst gerechnet. „Es gibt hier ein Klubhaus, in dem man sich gut unterhalten kann.“ „Ein Klubhaus?“ Kallen klang verdutzt. Lelouch nickte. „Aa. Keine Sorge, es ist nicht mehr weit.“ Für eine Weile ging Kallen nun wieder schweigend hinter ihm her, aber nicht für lange. Dann blieb sie so abrupt stehen, dass Lelouch einen Augenblick brauchte, um es zu bemerken. Er drehte sich zu ihr um. „Was ist?“ „Ich-“, begann Kallen sichtlich aufgebracht, brach aber sofort wieder ab, als sie erkannte, dass sie im Begriff war, ihre Tarnung aufzugeben. „Ich glaube nicht, dass ich noch weiter gehen sollte“, sagte sie dann in einem wesentlich sanfteren Tonfall. Lelouch bezweifelte, dass diese milde Aussage irgendetwas mit dem gemeinsam hatte, was sie ihm ursprünglich hatte an den Kopf werfen wollen. Es war nicht weit vom Schulgebäude bis zum Klubhaus, aber Lelouch konnte verstehen, dass Kallen nicht allzu begeistert darüber war, ohne vernünftige Erklärung durch die Gegend geschleppt zu werden. Er könnte es ihr nicht einmal verdenken, wenn sie ihn mittlerweile für irgendeinen schäbigen Perversen hielt. Also setzte er sein einnehmendstes Lächeln auf. „Es ist wirklich nicht mehr weit“, sagte er und deutete auf das Haus, das gerade in einiger Entfernung vor ihnen aufzutauchen begann. „Siehst du? Dort ist es schon.“ Kallen wirkte nicht sonderlich überzeugt, aber schließlich nickte sie – vermutlich mit der Absicht, ihn unauffällig verschwinden zu lassen, sollte er sie irgendwie dazu zwingen, ihre Tarnung aufzugeben. Lelouch wandte sich wieder um und schmunzelte. Womöglich lag es einfach in Kallens Natur, ihn bluten sehen zu wollen. Oder vielleicht stellte er sich auch einfach nur immer selten dämlich an, wenn er es mit ihr zu tun bekam. „Hier wären wir.“ Kallen zögerte kurz, bevor sie ihm mit einem leisen, aber sichtlich genervten „Hmpf!“ in das Innere des Gebäudes folgte. Lelouch führte sie noch ein Stück weiter, bevor er endlich stehen blieb und sich zu ihr umwandte. Es überraschte ihn nicht, dass Kallen bereits ihr kleines rosa Täschchen in Händen hielt; allerdings hoffte er, dass Milly sich nicht allzu viel Zeit lassen würde. Ansonsten würde er sein Geass an Kallen einsetzen müssen, und das wäre ihm unter den gegebenen Umständen beinahe ebenso peinlich wie ganz allgemein unangenehm. „Also, was wolltest du?“, verlangte sein Gegenüber zu wissen und verengte beim Sprechen beinahe unmerklich die Augen. „Ich…-“ „Ha!“ Sogar Lelouch, der das eigentlich hätte kommen sehen müssen, wurde von dem plötzlichen Ausruf aufgeschreckt. Er sah über Kallens Schulter hinweg zu Milly, die gerade durch die Tür trat, einen vollbeladenen Essenswagen vor sich herschiebend. „Du hast es also geschafft!“ „Hast du etwa an mir gezweifelt?“ „Na ja, du musst zugeben, dass du nicht gerade bekannt dafür bist, dich bei der Arbeit allzu sehr anzustrengen“, gab Milly ausgelassen zurück. „Aber offenbar versuchst du wirklich, zuverlässiger zu werden. Nur weiter so!“ Gerade wollte Lelouch etwas erwidern, als ihm jemand zuvorkam: „Ah, da seid ihr ja!“, rief Rivalz, der eine Etage weiter oben am Geländer aufgetaucht war. Er eilte die Treppe hinunter, dicht gefolgt von einer sichtlich gutgelaunten Shirley und einer etwas weniger enthusiastischen Nina. „Ihr wolltet doch nicht ohne uns anfangen, oder?“ „Natürlich nicht!“ Vergnügt nahm Milly die einzelnen Speisen von ihrem Wagen und stellte sie auf einen der runden weißen Tische, die zuhauf in dem großen Saal herumstanden. „Woah!“, kommentierte Rivalz, sobald sein Blick auf die Köstlichkeiten fiel. „Hast du das alles ganz alleine gemacht?“ „Mhm!“ Milly war sichtlich zufrieden mit sich. „Es hat nicht lange gedauert.“ „Ähm…“ Kallen, die bis dahin geschwiegen und das Geschehen mit offenkundiger Verwirrung verfolgt hatte, schaute nun unsicher von einem der Anwesenden zum nächsten. Ihre kleine Tasche mit dem darin verborgenen Messer hielt sie noch immer in der Hand, schien sie aber völlig vergessen zu haben. „Oh, tut mit Leid!“ Die Schüleratspräsidentin stellte noch rasch den letzten Topf ab, dann wandte sie sich Kallen zu. „Also hat Lelouch dir wirklich noch nichts verraten?“ Kallen blinzelte. „Verraten?“ Milly grinste. „Gut!“ Sie sah kurz zu Lelouch, den daraufhin die irrationale Ahnung überkam, dass er soeben einem schrecklichen Schicksal entgangen war, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder ganz auf ihre eigentliche Gesprächspartnerin richtete. „Kallen", sagte die blonde Schülerratspräsidentin ungewohnt höflich, „wir wollen dich in den Schülerrat aufnehmen.“ „Huh?“ „Mein Großvater hat es sich besonders gewünscht“, erläuterte Milly und begann dabei, auch das Geschirr auf dem Tisch zu platzieren. „Weil das hier der einzige Club ist, in dem man keinen Sport machen muss.“ Sie grinste schalkhaft. „Stimmt’s, Lelouch?“ „Aa“, bestätigte der, ohne der Neckerei größere Beachtung zu schenken. Kallen allerdings blickte ziemlich verständnislos drein, sodass Milly ihr mit einem verschwörerischen Lächeln erklärte: „Unser Lulu spielt gerne den starken Mann, aber er ist eine echte Niete im Sport. Ich wette, sogar du könntest ihn problemlos in die Tasche stecken!“ Bei jedem anderen hätte das leicht taktlos geklungen, aber Milly hatte eine Art an sich, die es Leuten unmöglich machte, ihre ausgelassenen Bemerkungen als kränkend zu empfinden. Zumal sie vollkommen Recht hatte. Kallen könnte ihn problemlos in einem Boxkampf schlagen – aber vermutlich auch jeden anderen an dieser Schule. „Ah…“ Kallen machte noch immer einen etwas überrumpelten Eindruck. „Oh!“ Milly, die den Tisch nun fertig gedeckt hatte, drehte sich wieder zu ihr um. „Ich bin übrigens Milly, die Vorsitzende des Schülerrats“, stellte sie sich etwas verspätet vor. „Freut mich, dich kennenzulernen!“ Kallen gab einen leisen, überraschten Laut von sich und befreite sich noch im selben Moment aus ihrer vorübergehenden Starre. „Die Freude ist ganz meinerseits“, sagte sie und verbeugte sich leicht. Nun kamen auch die anderen zu ihr herübergelaufen. „Ich bin Rivalz, der Sekretär!", stellte Rivalz sich mit einem freundlichen Grinsen vor. „Wenn du fragen hast, wende dich einfach an mich!“ „Ich heiße Shirley und bin außerdem ein Mitglied des Schwimmteams. Schön, dich kennenzulernen!“ „I-ich bin N-nina.“ Kallen verbeugte sich abermals. „Schön, euch kennenzulernen.“ Dann wandte sie sich wieder Lelouch zu. „Uhm… und du bist?“ „Was?“ Rivalz sah ihn verblüfft an. „Lulu!“, rief Shirley vorwurfsvoll. Lelouch blinzelte. „Hu?“ Nun wandte sich Milly ihm ebenfalls zu, die Hände in die Hüften gestemmt. „Sag bloß, du hast dich ihr nicht einmal vorgestellt, bevor du sie hierher geschleppt hast!“ Lelouch war der Meinung, dass er diesen Tadel nicht verdient hatte. Zumal Kallen zumindest seinen Vornamen mittlerweile schon mitbekommen haben sollte und sich das beinahe anhörte, als hätte er sie sich einfach über die Schulter geworfen und sie ohne ihre Zustimmung mitgenommen. Einmal ganz abgesehen davon, dass er in diesem Fall längst ein Messer zwischen den Rippen stecken gehabt hätte, war das hier ja nicht einmal seine Idee gewesen – ganz im Gegenteil. Aber zweieinhalb Jahre mit C.C. als ständiger Begleiterin hatten ihn gelehrt, wann es besser war, den Mund zu halten. Also schenkte er erst den anderen und dann Kallen ein entschuldigendes Lächeln, von dem er hoffte, dass es auch ein wenig verlegen wirkte. „Tut mir leid, ich war wohl wirklich etwas unhöflich. Lelouch Lamperouge, der Vizepräsident – freut mich, deine Bekanntschaft zu machen.“ Kallen brauchte einen Augenblick, um etwas zu entgegnen, und als sie endlich den Mund öffnete und etwas sagen wollte, meldete sich auch schon Shirley zu Wort. „Typisch Lulu!“, schimpfte sie. „Du änderst dich eben nie.“ Milly nickte andächtig. „Von wegen zuverlässiger.“ Doch dann grinste sie schon wieder. „Aber ansonsten wäre Lulu ja auch nicht Lulu, nicht wahr?“ Sie schlang den Arm um seine Schultern. „Stimmt’s, Lulu?“ Lag es an ihm, oder sprach Milly die Verstümmelung seines Namens aus, wie sie früher manchmal mit Arthur geredet hatte, wenn ihr gerade einmal danach zumute gewesen war? „Hm…“, machte Shirley nachdenklich. Und entschied dann vergnügt: „Stimmt!“ Lelouch schüttelte den Kopf und seufzte resigniert - offenbar hatte sich heute alles und jeder gegen ihn verschworen. Aber dann gab Shirley ihm einen spielerischen Klaps auf den Hinterkopf, während Rivalz ihn breit angrinste und er Kallen im Hintergrund gemeinsam mit Milly kichern hörte, und ein Lächeln glitt auf seine Züge. Er hatte sie vermisst. _____________ Tada~! Äh... ich wollte dieses Kapitel eigentlich sogar noch etwas schneller rausschicken, aber dann habe ich es doch noch mal komplett überarbeitet. Jetzt bin ich dafür allerdings überraschend zufrieden damit, also hat es sich wohl gelohnt. Vermutlich werde ich dessen ungeachtet auch dieses Mal wieder Kleinigkeiten überarbeiten - aber wie üblich nichts, weshalb man es noch mal lesen müsste. Ah, wie auch immer. Ich habe mich sehr über den Kommentar zum letzten Kapitel gefreut und beantworte die Frage bezüglich Zero natürlich gerne: Da ich versuche, möglichst viele Parallelen zum Anime beizubehalten, ohne es langweilig werden zu lassen, wird es wohl noch so um die zwei Kapitel dauern, bis "Zero" in dieser Fanfic das erste Mal in Erscheinung tritt. Ich hoffe allerdings, dass Lelouch, Clovis und alles, was sich bis dahin sonst noch so blicken lässt, den Lesern das Warten genauso sehr versüßen wird wie mir. ;P Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)