Gewinn und Verlust von Natasha-Romanoff ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Hi ^_^ So das hier ist meine erste Fanfic, und wenn man es genau nimmt, ist es eigentlich garkeine. Es ist einfach nur eine Geschichte, dir mir auf der Seele brannte. Ein wenig aus dem Leben gegriffen, aber nur im entferntesten Sinn ich wünsche euch viel Spass damit. (bitte nicht auf Rechtschreibfehler achten ^_-) Gewinn und Verlust "Warum ausgerechnet Tokyo? Warum gehst du nicht gleich nach Sibirien zum studieren?" fragte die junge Frau ihr gegenüber aufgebracht und schloss beide Hände zu Fäusten. Doch Ken erwiderte nichts darauf, sondern setzte sich nur an seinen Lieblingsplatz und verschränkte die Arme vor der Brust. So wie er es immer tat wenn es ein ernstes Thema zu besprechen gab. Normalerweise hätte Rhian sich dazu gesetzt und ihm zugehört, doch heute konnte sie das nicht. Sie war innerlich zu aufgewühlt und verwirrt, als das sie mit einem klaren Kopf an das Thema hätte herangehen können. Tokyo! Das lag am anderen Ende der Welt! Warum wollte Ken ausgerechnet dort studieren? Es gab auch in Deutschland viele gute Universitäten, aber nein er musste nach Tokyo. Die junge Frau verstand die Welt nicht mehr. Noch vor einem halben Jahr hätte sie im Traum nicht daran gedacht, das Ken noch mal studieren würde, wo ihm das Arbeiten in seiner eigenen Firma so viel Spaß machte. Er war grade mal Anfang zwanzig und schon sein eigener Chef. Wer konnte das heutzutage in diesem Alter schon von sich behaupten? Die wenigstens. Und plötzlich wollte er nach Tokyo gehen. "Komm setz dich Rhian. Ich will mit dir darüber reden." "Was gibt es da groß zu reden? Du willst nach Tokyo und wie ich dich kenne wirst du das auch tun. Aber ich verstehe nicht warum. Wir haben auch sehr gute Unis. Warum also grade nach Japan?" "Weil mich die japanische Kultur schon immer fasziniert hat! Darum. Versteh mich doch." "Jaja ich versteh dich schon. Du willst den ganzen Tag vor der Glotze hängen und dir zig Manga im Fernsehen ansehen," spottete die junge Frau und setzte sich nun doch in einen freien Sessel. "Anime Rhian! Anime! Wie oft muss ich dir das noch erklären? Manga sind die Comics, und nicht die Zeichentrickfilme. Und nein das ist ganz sicher nicht der alleinige Grund nach Tokyo zu gehen. Ich hab ein Stipendium bekommen, also werde ich das auch annehmen. Ich dachte du würdest dich für mich freuen. Aber scheinbar hab ich mich da geirrt." Betroffen senkte Rhian den Kopf und sah zu Boden. Natürlich freute sie sich für ihn. Immerhin war er unter fast Tausend Studenten genommen worden. Doch sie wollte ihn nicht gehen lassen. Japan! Das war so unvorstellbar weit weg. Würde sie ihn je wiedersehen, wenn er dort hin ging? Was wenn er dort eine junge Frau kennen lernen würde, die er lieben konnte? Was war mit ihr ... ? Nur langsam hob sie den Kopf und es gelang ihr sogar, ein Lächeln auf ihre Züge zu zaubern. "Ich freu mich natürlich für dich, das du dir deinen Traum verwirklichen kannst. Aber wir werden uns wohl eine ganze Weile nicht mehr sehen..." "HEY! Rhian! Japan liegt nicht auf einem anderen Planeten! Wenn ich mich eingelebt habe, und mich einigermaßen auskenne, musst du mich unbedingt besuchen. Dann zeig ich dir Tokyo. Das wäre es doch. Wir beide mit unserm Kölnischen Dialekt unter lauter Japanern. Was meinst du wie die schauen würden?", erwiderte er lachend. Ken stand auf, kniete sich vor seine beste Freundin, und nahm ihre Hände zwischen die seinen. Als Rhian in seine Augen sah, erkannte sie ein Strahlen in ihnen wie sie es noch nie zuvor gesehen hatte. Er freute sich wirklich auf diese Erfahrung, und welches Recht besaß sie schon, es ihm streitig zu machen? "Wann geht dein Flug?" fragte sie, sich der Berührung ihrer Hände überdeutlich bewusst. "In guten sechs Wochen. Ich hab noch vieles zu tun bis dahin, und werde deswegen leider nicht viel Zeit haben. Aber wir lassen es noch mal richtig krachen bevor ich fliege, versprochen." Rhian nickte, während Ken aufstand und zur Tür ging. Dort blieb er noch mal stehen und drehte sich zu seiner Freundin herum: "Bevor ich fliege will ich unbedingt noch deine Kurzgeschichte fertig lesen. Versprichst du mir das?" Zu seiner Überraschung schüttelte die junge Frau den Kopf und stand ebenfalls auf. "Die kriegst du zu lesen, wenn du wieder hier bist, und keinen Tag früher," antwortete sie bestimmt und verschränkte die Arme vor der Brust. "Nun geh schon, du hast viel zu tun, und ich will noch ein wenig arbeiten." Ken runzelte die Stirn, sagte aber nichts mehr darauf und verlies die Wohnung. Normalerweise drängte Rhian ihm ihre Geschichten auf, wann immer sie konnte und deswegen war ihre Aussage mehr als merkwürdig gewesen. Doch andererseits war die junge Frau auch sehr sprunghaft und launisch. Mit einem Schulterzucken ging er zu seinem Auto und fuhr nach Hause. Rhian dagegen lies sich zurück in ihren Sessel sinken und weinte still in ihren Teddy, den sie erst vor kurzem von Ken auf dem Jahrmarkt geschenkt bekommen hatte....... Wie prophezeit, waren die nächsten sechs Wochen, voller Vorbereitungen für Kens Reise, und Rhian unterstützte ihn wo es ihr möglich war. Doch als nur noch wenige Tage bis zu seinem Flug ins Land ziehen würden, suchte sie Abstand. Sie musste überlegen, den überraschenderweise war von ihrem Chef die Bitte gekommen, ihn nach Los Angeles zu begleiten. Der Flug wäre am gleichen Tag wie der von Ken, was hieß das sich die beiden nicht verabschieden konnten, den die junge Frau würde bereits um sechs Uhr morgens fliegen. Doch Los Angeles war schon immer ein kleiner Traum von Rhian gewesen und warum sollte sie sich ihre Träume nicht genauso erfüllen wie ihr bester Kumpel? Aus diesem Grund beschloss sie zuzusagen, ohne Ken etwas davon zu erzählen. Als dieser am Tag seines Fluges an Rhians Tür klopfte, öffnete ihm keiner. Vergeblich wartete er geschlagene zehn Minuten vor der verschlossenen Tür. Er klingelte immer wieder ehe er zögernd in seine Tasche griff, und den Wohnungsschlüssel herauszog, den ihm Rhian vor Jahren einmal ausgehändigt hatte. Für den Fall das mir etwas passiert ist, oder dergleichen, waren ihre Worte gewesen. Nun jetzt war so ein Notfall, immerhin wollte er sich von ihr verabschieden. Es fiel ihm unwahrscheinlich schwer, sich von der jungen lebensfrohen Frau zu trennen. Sie hatte so oft mit ihrem Lachen seinen Tag erhellt. Ihm beigestanden wenn es ihm schlecht ging. Ihn gesundgepflegt wenn er krank war - Eigentlich hatte sie recht. Warum ausgerechnet Tokyo? In Tokyo gab es keine Rhian, die ihn aufmuntern würde. Dort war er auf sich gestellt. Energisch steckte er den Schlüssel in das Schloss und drehte ihn herum, um die Wohnung betreten zu können. Und im gleichen Moment in dem er durch die Tür trat, fasste er einen Entschluss. Er würde nicht weggehen. Nicht jetzt und nicht später, außer Rhian konnte sich dazu durchringen, mit ihm zu kommen. Wie blind war er gewesen? Es hatte sie schon immer etwas besonderes verbunden. Plötzlich unwahrscheinlich erleichtert trat er ins Wohnzimmer. "Rhian? Bist du da? Ich muss mit dir reden es ist dringend!" Doch auf seinen Ruf kam kein Erwiderung. Stutzig durchsuchte er die ganze Wohnung, fand seine Freundin allerdings nicht, und blieb schließlich mit einem Stirnrunzeln stehen. War sie bereits zum Flughafen gefahren? Kaum vorstellbar, immerhin hatten sie fest miteinander vereinbart, das er sie abholen würde. Etwas hilflos ging er erneut ins Schlafzimmer. Sein Blick fiel zufällig auf das Bett. Beim ersten mal war ihm der dort liegende Brief nicht aufgefallen. Mit einem Satz sprang er auf den Zettel zu und hob ihn hoch, um ihn zu lesen. Hi Ken Ich möchte mich von dir verabschieden. Wenn ich dir gegenüber stehen würde, würd ich vermutlich losflennen und keinen Ton mehr herausbringen. Aus diesem Grund hab ich diesen Weg gewählt. Nicht das er mir sehr viel leichter fallen würde. Ich wünsche dir alles, alles gute für dein Studium und hoffe das du dich in Japan wohlfühlst. Ich denke wir werden uns nie wiedersehen, weil wenn du dich in Japan wirklich heimisch fühlen wirst, was ich stark annehme, kommst du sicher nicht mehr zurück ins langweilige Deutschland. Du wirst neue Freunde finden und es ist immer schwer, sich von seinen Freunden wieder zu trennen. Studier fleißig und häng nicht zuviel vor der Glotze, oder deinen Manga. Und Vorsicht das dir die Regale nicht zusammenbrechen. Ich werde dich vermissen... ich kann dir gar nicht sagen wie sehr. Deine ewige Aufzieherei über meinen Namen. Hey ich kann nichts dafür das meine Eltern totale Fantastik Fans sind. Ich kann mich vermutlich glücklich schätzen kein Junge geworden zu sein, sonst würde ich jetzt Merlin oder schlimmeres heißen. Aber ich komm vom Thema ab. Warum ich diese Zeilen eigentlich schreibe ist weil ich dir etwas sagen muss, das ich dir niemals sagen konnte. Entweder uns hatte wer unterbrochen, oder ich hab nie den Mut gefunden es auszusprechen. Aber ich will das du weißt, das ich mich wahnsinnig in dich verliebt hab. Und ich weis auch das du diese Gefühle nie wirst erwidern können. Mein Chef hat mich überraschend gebeten ihn auf einer Dienstreise zu begleiten und ich habe zugesagt. Wenn das Schicksal es so will, werden wir uns wiedersehen, doch ich glaube nicht daran. Ich wünsche dir alles gute für deinen weiteren Lebensweg. watakushi wa ken-san suki desu Rhiannon Fassungslos lies Ken seine Hand sinken und starrte auf Rhians Bett. Er bemerkte nicht einmal, wie er ihren Brief zusammenknüllte... Die Letzte Zeile huschte ihm immer wieder durch den Kopf "watakushi wa ken-san suki desu" - Ken ich liebe dich - Warum in aller Welt hatte sie es ihm nie gesagt?! Warum? Und warum hatte er es nie bemerkt? Fassungslos lies er sich auf das Bett sinken und stützte seine Ellbogen auf seine Knie. Wie konnte er nur so blind sein? Erinnerungen stürmten auf ihn ein. Erinnerungen die jetzt ihm nachhinein mehr als eindeutig gewesen waren. Das rasche zurückziehen ihrer Hand, wenn sie sich zufällig berührten. Das leichte erröten, wenn er der jungen Frau etwas länger in die Augen gesehen hatte. Niedergeschlagen stand er schließlich auf, und verlies die Wohnung und verschloss sie sorgsam hinter sich. Ihm blieben nur zwei Möglichkeiten - Entweder er flog nach Japan wie es seinen ursprünglichen Plänen entsprach, oder aber er blieb und wartete darauf, Rhiannon noch einmal zu sehen. Doch wie gut standen die Chancen das sie sich noch einmal begegnen würden? ..... Fünfzehn Jahre später: "Warum muss ich diesen Auftrag machen Nick?" "Weil du dich zumindest etwas mit diesem japanischen Kram auskennst. Hol ihn von zuhause ab, tu so als hättest du Ahnung und lass dir nicht anmerken, was du wirklich bist," erwiderte der Mann mittleren Alters und lehnte sich an die Kante seines Schreibtisches. Sein Gesicht war leicht angespannt, und Jess bemerkte sehr wohl, wie nervös er war, doch das lies sie sich nicht anmerken. "Nun gut Nick, ist ja gut ich machs. Was anderes bleibt mir kaum übrig. Für wann bin ich mit diesem Kerl verabredet?" fragte sie und trat neben ihren Chef um die letzten Anweisungen entgegen zu nehmen. "Für Acht Uhr heute Abend. Er denkt du bist eine Verlegerin von hier, und hast Interesse an diesen Comics." "Manga Nick. Die Dinger heißen Manga," erwiderte Jess und stützte sich mit einer Hand ebenfalls auf der Schreibtischplatte ab. "Dann von mir aus Manga. Das ist mir völlig gleich. Du weißt was du zu tun hast." "Sicher, ich soll mit ihm ein wenig durch die Stadt ziehen und darauf achten, das ihm nichts passiert. Alles easy. Aber sag mir nicht das ich mich wieder in so einen Superkurzen Fummel werfen muss." "Doch genau das wirst du tun," erwiderte Nick grinsend. "Er denkt das du ein Partygirl bist, also präsentier dich auch so. Zeig ihm verschiedene Clubs und freund dich mit ihm an. Und lass ihn um Himmelswillen nicht merken, das man es auf ihn abgesehen hat. Wenn Mister Collins-Cage umkommen sollte, würde das die politische Beziehung zwischen uns und Japan erheblich bedrohen. Er ist ein Freund des japanischen Premiereminister und hat zudem an der besten Universität in ganz Japan studiert. Außerdem hat er nicht erst einmal den Premierminister auf seinen Reisen begleitet." "Aber warum sollte man ihn umbringen wollen Nick? Das verstehe ich nicht. Im Prinzip ist er doch nur ein kleiner Fisch." "Der riesige Wellen werfen würde. Ihm untersteht der gesamte Amerikanische, was hast du gesagt , wie diese Comics heißen? Mango?" "Manga. Mango sind Früchte Nick," erwiderte die Frau kopfschüttelnd. "Manga also... Wie gesagt untersteht ihm der gesamte amerikanische Manga Markt. Es ist verblüffend welchen Absatz diese Dinger bei uns finden." "Ich hasse diese Politischen Intrigen, das weiß du. Warum zwingst du mich immer wieder Kindermädchen für solche Typen zu spielen?" "Weil du mein bestes Pferd im Stall bist Jess. Ich wüsste nicht wen ich sonst damit betreuen soll," erwiderte er ernst und entlies seine Freundin mit einem kurzen Handzeichen. Seufzend verlies Jess den Raum und wandte sich gegen Aufzug des Gebäudes. Das würde vermutlich der langweiligste Abend ihres Lebens werden. Sie konnte diese japanische Zeug auf den Tod nicht ausstehen und nun musste sie auch noch so tun, als wäre sie ernsthaft daran interessiert. War das ein Racheplan Nicks? Nein so fies war selbst er nicht. Auch wenn er sich bereits die sechste Abfuhr innerhalb von zwei Monaten eingefangen hatte. Jess stand kurz vor ihrem 35. Geburtstag. Allerdings sah sie als, als wäre sie zehn Jahre jünger und die Männer lagen ihr zu Füssen. Dennoch hatte sie sich seit Jahren mit keinem mehr getroffen, außer wenn es geschäftlich war. Genauso wie dieser Abend. Mit einer raschen Bewegung strich sie sich die langen braunen Haare aus der Stirn die ihr bis weit über die Schulterblätter fielen und band sie zu einem Pferdeschwanz zusammen. Sie brauchte ein neues Kleid, und sie wusste auch schon, was sie tragen würde, wenn es sich in der kurzen Zeit organisieren lies. Vor dem Gebäude angekommen, rief sie sich ein Taxi und fuhr damit in die City, um einkaufen zu gehen. Kurz vor Acht erreichte Jess die Adresse, die Nick ihr gegeben hatte. Wie erwartet war es eine Villa im besseren Viertel der Stadt der Engel, den meisten nur unter Los Angeles bekannt. Wie immer, wenn sie solche Aufträge erledigte, hatte Jonathan sie hierher gefahren und er würde ihr auch die Rückendeckung gewährleisten die sie eventuell in Anspruch nehmen musste. Elegant stieg sie aus dem Fond des Wagens und strich ihr neues Kleid glatt. Sie hatte Glück gehabt, und genau das ergattert, was ihren Vorstellungen entsprach. Das Kleid bestand aus Samt, war schneeweiß, wenn man von dem asiatischen Drachen absah, der sich auf Rock spielte, und war in chinesischer Form geschnitten. Dazu trug sie ebenfalls weiße Sandalen mit hohem Absatz. Langsam stieg sie die wenigen Treppenstufen zur Haustür empor und klingelte. Mit Absicht hatte sie darauf verzichtet das Jonathan vorging und sie ankündigte, konnte sie sich so doch gleich eine eigene Meinung über das Haus und seinen Sicherheitsvorkehrungen machen. Doch als die Haustür geöffnet wurde, schrak Jess für einen Moment zurück. Fassungslos blickte sie in die junggebliebenen blauen Augen ihrs Gegenübers, nicht fähig einen Ton hervorzubringen oder etwas zu sagen. "Entschuldigung, habe ich etwas im Gesicht?" fragte der Herr nun, der in der Tür stand und Jess etwas verwirrt ansah: "Oh! Nein.. bit .. bitte entschuldigen sie. Mein Name ist Jess Mayer. Wir sind verabredet," antwortete sie verlegen, konnte den Blick aber immer noch von seinen blauen Augen abwenden. "Es freut mich sie kennen zulernen Miss Mayer! Kommen sie doch herein. Ich brauche nur noch einen kurzen Moment. Möchten sie es sich in der Zwischenzeit in meinem Arbeitszimmer bequem machen?" "Gerne," erwiderte Jess und lies sich von ihrem Gastgeber führen. Er entschuldigte sich erneut, und verschwand dann durch eine weitere Tür. Innerlich völlig aufgewühlt setzte sie sich in einen Sessel und versuchte erst einmal wieder zur Ruhe zu kommen. Das konnte nicht sein! Das war absolut unmöglich! Aber eben so unmöglich war, das sie sich täuschte. Sie saß hier in Kens Arbeitszimmer. Die junge Frau holte tief Luft und lehnte sich in dem Möbelstück zurück. Sie schloss die Augen und lies das Treffen mit ihrem Chef noch einmal Revue passieren. Natürlich hatte er ihr ein Foto ihres Kunden gezeigt, und natürlich hatte sie sich das Bild eingeprägt. Doch scheinbar nicht genug. Das erste mal in ihrer Laufbahn hatte sie sich die Augen ihres Kunden nicht angesehen. Hätte sie es getan, wäre ihr vermutlich schon eher aufgefallen wenn sie vor sich haben würde. Und sie wäre niemals auf die Idee gekommen, diesen Auftrag auszuführen. Ken ... Es war fünfzehn Jahre her, das sie sich das letzte mal begegnet waren, und sie hätte es niemals für möglich gehalten, das sich ihre Wege erneut kreuzen würden. Noch wie heute erinnerte sie sich an die schmerzhaften Zeilen, mit denen sie den Brief an ihn gefüllt hatte. Aber es half nichts sich mit Erinnerungen zu quälen. Was zählte war das hier und jetzt, und sie musste zusehen, diesen Auftrag so gut wie irgend möglich über die Bühne zu bringen. Und das hieß vor allem sich nicht von Gefühlen ablenken zu lassen. Auch wenn ihr das schwer fallen würde. Ihr Herz begann heftig zu klopfen, wenn sie nur daran dachte, wer sich mit ihr in diesem gewaltigen Anwesen aufhielt und sie schaffte es nicht, es zur Ruhe zu bringen. Sich selbst einen Ruck gebend, stand die junge Frau auf und ging langsam durch das Zimmer, sich dabei aufmerksam umsehend. Der Raum war sehr spartanisch eingerichtet, wenn man von den Bücherregalen absah. Die von Mangas überquollen. Manga?! Erst jetzt fiel der jungen Frau auf, das sich in den Regalen kein einziges Buch befand, das man in jeder normalen Buchhandlung erwerben konnte. Es stapelten sich ausschließlich japanische Comics in ihnen und fast wirkte es so, als würden die Manga die Regale tragen, und nicht umgekehrt. Fasziniert, trat sie an eines der Regale heran und zog vorsichtig einen der Comics heraus. Auf dem Cover waren vier Jungs abgebildet die alle nicht sehr glücklich drein sahen. Am Rand zog sich der Schriftzug "Weiß - AN ASSASIN AND WHITE SHAMAN" entlang, und irgendwelche japanischen Zeichen, die Jess nicht lesen konnte. Als sie das Heft aufschlug, kamen ihr erst einige hübsche Bilder entgegen, ehe sie zur eigentlichen Geschichte kam. Doch die Sprechblasen waren ausschließlich in Japanisch abgefasst und so stellte sie den Band sehr schnell wieder zurück. Verstehen würde sie ihn sowieso nicht. "Gefällt ihnen meine Sammlung, Miss Mayer?" Erschrocken und Schuldbewusst fuhr Jess herum und sah verlegen ihrem Gastgeber entgegen: "Entschuldigen sie. Ich bin fasziniert. Haben sie die ganzen Comics gelesen?" "Natürlich, sonst würden sie nicht hier stehen. Aber es sind keine ordinären Comics. Manga trifft es eher, und für mich besteht hierin ein großer Unterschied. Aber das sollten sie eigentlich wissen, da sie ja selbst welche verlegen," erwiderte er mit einem Augenzwinkern und deutete auf den Sessel, indem Jess schon vorher Platz genommen hatte. "Setzen sie sich doch bitte. Wollen sie etwas trinken?" "Nein danke," entgegnete die junge Frau setzte sich wieder. "Nun gut, dann sollten wir anfangen. An welchen Serien sind sie interessiert Miss Mayer?" Es dauerte einige Momente bevor Jess überhaupt begriff, was er von ihr wollte, und während dieser Zeit sah sie ihr gegenüber etwas verwirrt an. Er sah so verdammt gut aus, und hatte sich in den vergangenen Jahren nur zum positiven gebessert. Ken war bei weitem nicht mehr so blass wie zu seiner Schulzeit und sein Körper sprach von großer sportlicher Kondition. Früher hatte er Sport verabscheut und war von seinen Büchern nicht wegzubekommen gewesen. "Serien? Ach - Natürlich. Nun, mein Verlag wäre Beispielsweise an Angel Sanctuary, oder auch One Piece interessiert." Es war ein Schuss ins Blaue und er traf. Aber im selben Moment wo Jess ihren Satz beendete, begriff sie auch ihren Fehler. "Das kann nicht ihr Ernst sein Miss Mayer. One Piece war vor fünfzehn Jahren brandaktuell, aber inzwischen krähen nur noch eingefleischte Fans danach. Zudem ist es eine sehr umfassende Serie, womit man nicht unbedingt einsteigen sollte. Aber das ist meine Meinung. Und Angel Sanctuary ist das gleiche. Sie sind keine Verlegerin, nicht wahr? Wer sind sie Miss Mayer?" Für einen Moment erwog Jess wirklich ihm die Wahrheit zu sagen. Aber wie würde er reagieren? Sie war von heute auf morgen verschwunden, ohne sich richtig zu verabschieden. Und wie hatte er ihre Eröffnung aufgefasst? War er schockiert gewesen? Oder sogar geschmeichelt? Was wenn es ihm unangenehm war, und er sie am liebsten aus seinem Leben streichen würde? Sie räusperte sich übertrieben und verlegte sich auf das, was sie in den letzten Jahren perfektioniert hatte - Ihr Gegenüber zu belügen, ohne das dieser es merken würde. "Sie haben mich ertappt Mr. Collins-Cage. Ich bin Journalistin und soll ihnen ein Interview entlocken," erwiderte sie verschwörerisch grinsend. "Allerdings wurde mir der Auftrag erst heute Nachmittag zugeschoben, und die Zeit reichte beim besten Willen nicht, mich mit diesen Manga? - So nannten sie sie doch - richtig zu befassen. Das einzige was ich auf die Schnelle fand waren eben die Begriffe One Piece und Angel Sanctuary, doch ich hab nicht einmal herausfinden können, worum es darin eigentlich handelt. Es tut mir leid, das ich sie täuschen wollte. Und ich sollte jetzt wohl besser gehen," fuhr die junge Frau fort, und erhob sich langsam. Doch ihr Gegenüber hob abwehrend die Hand und bedeutete ihr, sich wieder zu setzen. "Nicht doch. Sie sind also Journalistin. Für welches Magazin arbeiten sie?" "Ich bin Freiberuflich. Aber bevorzugt für den Los Angeles Express," erwiderte Jess und lies sich zurück in den Sessel sinken. "Verstehe. Nun gut Miss Mayer. Verstehen sie mich nicht falsch, aber ich gebe eigentlich keine Interviews. Es ist schwer genug sich die Presse vom Leib zu halten und man muss sich nicht vorsätzlich vor ein Messer stellen und warten, bis jemand bereit ist, zuzustechen. Aber ich finde es interessant, das sie so offenkundig zugeben wer sie sind. Ihnen ist doch sicherlich klar, das viele auf so eine Eröffnung abweisend reagieren, und ihnen die Tür zeigen würden?" "Selbstverständlich, aber meiner Meinung nach hat jeder das Recht auf eine Privatsphäre und wenn man bereit ist, etwas daraus zu veröffentlichen wird man das auch dann tun, ohne hinten herum ausgefragt zu werden." "Das wiederspricht sich aber nun. Zuerst kommen sie hier unter einem falschen Vorwand her, und nun diese Einstellung? Kriegen sie so überhaupt jemals eine Story?" "Wer zu dumm ist zu erkennen, das er keine - wie in unserem Fall Verlegerin - vor sich hat, hat Pech gehabt. Aber wenn ich direkt darauf angesprochen werde, ist die Wahrheit immer noch die beste Lösung. Und meistens bekomme ich meine Story dennoch," erwiderte die junge Frau und schlug die Beine übereinander. "Sie sind eine interessante Frau. Und ich würde sie gerne etwas näher kennen lernen, um sie vielleicht zu verstehen. Wie wär's? Darf ich sie zum Essen einladen? Allerdings muss ich sie bitten, ihr Diktiergerät hier zu lassen." Jess grinste und schüttelte den Kopf: "Das ist leider unmöglich. Ich kann schlecht meinen Kopf hier lassen, oder wie würde es aussehen, wenn ihre Begleiterin Kopflos durch die Stadt rennt? Aber ich verspreche ihnen, das ich keine Zeile über unser heutiges Treffen schreiben werde." Ken zog die Augenbrauen hoch, nickte aber schließlich und gemeinsam verließen sie das Anwesen, nachdem Jess Jonathan bescheid gesagt hatte, das er sich den Rest des Abends frei nehmen konnte. Dieser war skeptisch, jedoch wusste er auch das auf seine Partnerin Verlass war, und sie ihre Auftrage zuverlässig erledigt hatte. Ken und Jess fuhren gemeinsam in die Stadt und gingen schick essen, wo die junge Frau sehr viel über ihr gegenüber erfuhr, was er die Jahre seit ihrer Trennung erlebt hatte. Er war verheiratet gewesen, doch die Ehe hielt nicht sehr lange, und sie waren im guten wieder auseinander gegangen, woher auch sein Doppelname stammte. Schon bald waren sie beim Du, und der Abend verging wie im Flug. Sie redeten über dies und das, über Kens Zeit in Japan und sein Studium, und wie er nach Los Angeles gekommen war. Im Gegenzug erzählte Jess ihm, das sie hier geboren sei, und sich mit mehr oder weniger gut bezahlten Jobs durchgeschlagen hätte. Gerne hätte sie ihm erzählt was sie wirklich die letzten Jahre getrieben hatte, doch das konnte sie nicht. Noch nicht. Sie fühlte sich schon fast in die Zeit zwischen Deutschland und Amerika zurück versetzt und musste immer mehr darauf achten, sich nicht zu verplappern und so endgültig zu verraten. "Und wie ist es bei dir Jess? Bist du verheiratet? Hast du Kinder?" Die junge Frau schüttelte den Kopf und schob ihr Glas Wein von sich. "Nein. Ich hab mich ewig nicht mehr verliebt. Und das ist auch besser so. Ich weis nicht ob ich eine Beziehung aufrecht erhalten könnte. Wie steht es mit dir? Warum haben du und deine Frau sich scheiden lassen?" fragte Jess im Gegenzug. Sie war neugierig auf seine Antwort. "Yoko und haben nicht zusammengepasst. Ich habe mich immer mehr in meine Arbeit verkrochen und sie ging ständig auf Partys oder war mit Freunden unterwegs. Als ich sie kennen lernte war ich fast mit meinem Studium fertig und fand sie furchtbar faszinierend. Sie stammte aus Osaka und hatte einen so furchtbaren Dialekt das ich sie zu anfangs kaum verstand. Aber wir entwickelten sehr bald eine starke Zuneigung zueinander, die uns bis heute erhalten geblieben ist. Wir haben diese Zuneigung mit Liebe verwechselt und sind deswegen wieder auseinander gegangen. Aber wir treffen uns zweimal im Monat zum essen und helfen uns gegenseitig bei unseren Problemen." "Warst du kein bisschen in sie verliebt?" fragte Jess überrascht nach, und stützte sich mit den Ellbogen auf den Tisch auf. "Nein - Meine Liebe galt einer anderen und sie tut es heute noch. Aber ich war damals zu dumm, danach zu greifen, und als ich es endlich verstand war es zu spät. "Verstehe, ich..." Sie kam nicht dazu, ihren Satz zu vollenden, den Ken überging ihren Einwurf ganz so, als hätte er sie nicht gehört und wäre in seinen Erinnerungen versunken. Seine Stimme schien von weit weg zu kommen, als er weitersprach: "Es war noch bevor ich nach Japan ging. Ich wollte mich verabschieden, aber als ich in ihre Wohnung kam, war sie verschwunden. Nur ein Brief ist mir geblieben und den trag ich heute noch bei mir. Ich frage mich wie es Rhian heute geht." Fassungslos starrte Jess ihr Gegenüber an, nicht fähig irgendein Wort hervorzubringen. "Oh entschuldige, ich Langweile dich sicher damit," fuhr er fort und sah etwas betreten drein. "Nein, nein! Ken ich, .." Aber weiter sollte sie nie kommen. Aus den Augenwinkeln heraus, nahm Jess eine Bewegung wahr, und ehe Ken überhaupt verstand wie ihm geschah, riss die junge Frau ihn vom Stuhl, stieß ihn zu Boden und warf sich schützend auf ihn. Nur Sekundenbruchteile später, rissen zwei Kugeln Holz aus dem Stuhl auf dem Ken gesessen hatte und Jess fuhr bereits in einer geschmeidigen Bewegung hoch. Die anderen Gäste des Lokals sprangen schreiend und kreischend ebenfalls von ihren Sitzen auf und stoben wie wild durcheinander, aber Jess hatte den Schützen genau im Blick und griff unter ihr Kleid, wo sie eine Pistole verborgen hatte. Zum Schuss sollte sie allerdings nicht mehr kommen. Ehe sie die Waffe auch nur richtig gezogen hatte, rasten zwei weitere Kugeln heran und bohrten sich in den Körper der jungen Frau, die noch immer schützend vor ihrem alten Freund stand. Die erste Kugel schlug in ihre Schulter, die zweite fand ihr Ziel in Rhiannons Bauch und riss sie nach hinten, und sie landete ein zweites Mal auf Ken. Dieser war noch immer zu verwirrt und erschrocken um irgendetwas anderes zu tun, als die junge Frau vorsichtig aufzurichten und fassungslos auf ihre Wunden zu schauen. Doch er hatte sich sehr schnell wieder in der Gewalt: "Holt einen Arzt! Nun macht schon!" versuchte er sich Gehör zu verschaffen, aber es war schier unmöglich. Zwar schien der Schütze sich aus dem Staub gemacht zu haben, doch das hieß nicht, das die Leute nicht noch immer voller Panik waren. "Jess! Mach mir bloß nicht schlapp! Hörst du?!" Mit letzter Kraft öffnete Jess ihre Augen und sah zu dem einzigen Menschen hoch, den sie je aus ganzem Herzen geliebt hatte. Ihre Eltern hatten nie sehr viel Zeit für sie gefunden und es war ihr immer schwer gefallen Fremden zu vertrauen, was hieß das sie auch selten Freundschaften geknüpft hatte. Rhian war fast sofort nach der Schule in eine eigene Wohnung gezogen, zwar von den Eltern finanziell noch unterstützt, doch diese hatten es nie für nötig befunden sich das neue Heim ihrer Tochter anzusehen. Die junge Frau unterdrückte den Hustenreiz der in ihrem Hals aufsteigen wollte. Sie wusste das sie diesen Tag vermutlich nicht überleben würde, aber ehe sie aus diesem Leben schied, wollte sie sich Ken wenigstens noch zu erkennen geben. Wenigstens noch einmal diesen Blick auf sich fühlen, mit dem Ken sie immer bedacht hatte "Pass auf dich auf .... watakushi wa ken-san suki desu." Doch sie spürte das im gleichen Moment in dem sie die Worte sprach, Ken unsanft von ihr weggerissen wurde und ihr gesprochenes in dem Lärm um sie herum unterging .... Als Jess die Augen aufschlug, war sie im ersten Moment fast blind. Um sie herum war alles weiß. Die Wände, der Boden, die Decke über ihr, ja sogar das Bett in dem sie lag war mit weißer Bettwäsche überzogen worden. Verwirrt drehte sie langsam den Kopf nach Links. Sie entdeckte ein Fenster durch das Helles Sonnenlicht hereinflutete und sie schon wieder fast Blind werden lies. Ihre Bewegungen waren träge und als sie nun an sich hinunter blickte, begriff sie auch wo sie war. An ihren Armen hingen zig Schläuche und ganz langsam drang auch das beständige Piepen und Pfeifen, diverser Geräte an ihre Ohren Sie hatte tatsächlich überlebt. Und mit dieser Erkenntnis kamen auch die Schmerzen in ihrer Schulter und ihrem Bauch. Sie versuchte sich Reflex mäßig aufzurichten, wurde jedoch sofort sanft aber bestimmt wieder in die Kissen zurück gedrückt. "Um Himmels Willen bleib liegen Jess, oder willst du dich doch noch umbringen?" Sie kannte die Stimme, aber es dauerte einen Moment bis es ihr möglich war, sie auch einzuordnen. Vorsichtiger geworden drehte sie den Kopf nach rechts und sah in Kens besorgt dreinblickende Augen, die sie sehr aufmerksam musterten. "Das war sehr dumm von dir kleines. Du hättest sterben können, ist dir das eigentlich klar? Wie fühlst du dich?" "Beschissen," antwortete die junge Frau schlicht. Ihre Stimme, hörte sich in ihren eigenen Ohren fremd an. Brüchig und erschöpft, aber vor allem viel weniger energisch als sonst. Aber das war ihr im Moment egal. Ken saß neben ihr, scheinbar wohl auf und ohne größere Blessur davon gekommen. Und nur das war ihr wichtig. "Du warst vier Tage ohne Bewusstsein Jess," fuhr Ken fort und rutschte in eine bequemere Position. "Vier Tage? Warst du die ganze Zeit über hier?" erwiderte Jess überrascht und wollte sich erneut aufrichten, aber Ken drückte sie sofort wieder zurück in die Kissen. "Du sollst liegen bleiben. Verdammt Jess! Sei froh das du hier liegst und nicht in irgendeiner Leichenhalle. Die zweite Kugel hätte fast dein Herz getroffen. Warum hast du dich überhaupt vor mich geworfen? Wir kannten uns gerade mal ein paar Stunden." "Tja, es ist mein Job, Leuten wie dir das Leben zu retten," versuchte die junge Frau zu scherzen, aber es misslang kläglich. Ken sah sie nur bestürzt und besorgt zu gleich an, und es dauerte eine Weile bis er antworten konnte: "Wer bist du Jess. Und hör auf mich zu belügen verdammt. Du bist schwer verletzt und hättest tot sein können. Nur Minuten nachdem der erste Schuss fiel, war die Polizei und das FBI zur Stelle, und so nebenbei war deine Reaktion sicherlich kein Reflex. Sie kam zu selbstverständlich und absolut ohne zögern. Jeder andere wäre zumindest für einen Moment zurück geschreckt. Also? Wer bist du?" "Sie wiederholen sich Mr. Collins-Cage. Ich bin ich. Ganz einfach. Außerdem können sie froh sein, das ich hier liege und nicht sie," erwiderte die junge Frau kalt. Sie hatte gezielt die höfliche Anrede gewählt, einfach nur um Abstand zu gewinnen, ehe sie sich, ohne es zu wollen, verplapperte. Aber Ken wäre nicht Ken gewesen, wenn er sich mit einer so einfachen Antwort hätte abspeisen lassen. Energisch stand er auf, schob die Hände in die Hosentaschen und begann damit auf und ab zu laufen. Jess sah ihm eine Weile zu, sagte aber nichts, sondern hob nur die Augenbraue. Warum regte er sich so auf? Immerhin kannten sie sich, aus seiner Sicht kaum, und somit machte er viel zu viel Aufhebens um ihre Person. Auch wenn sie gestehen musste, das sie sich insgeheim darüber freute. Schließlich blieb er stehen und seufzte tief, ehe er wieder das Wort ergriff: "Nun gut noch mal von vorne. Du bist keine Verlegerin und keine Journalistin. Und widersprich mir nicht! Nun stellt sich mir natürlich die Frage, wer bist du. Jemand der es darauf abgesehen hat, mich um den Finger wickeln zu wollen, und somit an Informationen zu kommen. Oder jedoch, jemand der einfach am falschen Ort zur falschen Zeit war. Dagegen spricht allerdings, das du die Reflexe einer Katze hast und diese einsetzen zu weißt. Und scheinbar gewusst hat, das etwas dergleichen passieren würde, den sonst wärst du kaum mit einer Pistole unter dem Rock herum gerannt. Nun? Denkst du nicht, du schuldest mir wenigstens ein paar Antworten?" Es dauerte lange bis die Verletzte antwortete, aber Ken hatte recht - er verdiente es die Wahrheit zu wissen. "Ist ja gut - Nick wird mir an die Kehle gehen, wenn er hiervon erfährt, aber ich denke sie haben recht. Ich arbeite beim FBI und bin Sonderbeauftragte in Sachen Personenschutz. Meine Aufgabe ist es, wichtige Persönlichkeiten, vor Mordversuchen zu schützen, jedoch ohne deren Wissen. Es ist leichter eine Bande von Terroristen zu ergreifen, wenn ihr Opfer davon nichts ahnt, und sich natürlich gibt. So kommt kein Verdacht auf, und die Täter sind schneller gefasst. Das entspricht der Wahrheit. Natürlich werden wir immer verdeckt begleitet um ihm Notfall eingreifen zu können. Ich hatte meinen Partner weggeschickt, aber scheinbar ist er mir dennoch gefolgt. Und ich bin dankbar dafür. Sonst würde ich jetzt wirklich in einem Leichenschauhaus liegen und nicht hier. Mehr darf ich ihnen beim besten Willen nicht sagen Mr. Collins-Cage. Nicht einmal in Polizeikreisen, wissen alle von unserer Einheit. Und das soll auch so bleiben." Ken schluckte schwer, auf diese Eröffnung hin, doch er behielt nach außen hin die Fassung und fragte weiter: "Und wie lange agierst du schon bei dieser Einheit?" Jess überlegte einen Moment angestrengt, ehe sie Rede und Antwort stand: "Es werden bald dreizehn Jahre. Es ist Wahnsinn wie die Zeit davon fliegt. Es kommt mir viel kürzer vor. Ich weiß noch wie heute, wie aufgewühlt und verwirrt ich nach meinem ersten Einsatz war." Sie schüttelte lächelnd den Kopf, ehe sie Ken wieder in die Augen sah. "Dreizehn Jahre? Und was hast du die beiden Jahre davor gemacht Rhian?" "Als ich mit meinem damaligen Chef nach Los Angeles geflogen bin, hat es mir hier so gut gefallen, das ich einfach blieb und meine Alte Wohnung von Freunden auflösen lies. Ich ...." Erschrocken brach sie ab und starrte ihr Gegenüber an. Er hatte die Frage so beiläufig gestellt, das sie über ihre Antwort gar nicht nachgedacht hatte. "Also doch," murmelte Ken und setzte sich wieder auf die Bettkante. Jess brachte keinen Ton mehr heraus und schlug beide Hände vor den Mund. Sie hatte sich verraten. Er hatte sie mit einer so einfachen Frage hinter ihrer Fassade hervor gelockt, ohne das sie es gemerkt hätte. "Tu nicht so überrascht Rhian. Denkst du allen ernstes ich hätte dich nicht erkannt? Ich war überrascht gewesen, als du vor meiner Tür aufgetaucht bist und im ersten Moment wusste ich wirklich nicht, woher ich dich kannte. Aber das änderte sich schnell. Schon als du nach Angel Sanctuary gefragt hattest war es mir klar. Es war einer der wenigen Manga, von denen du dir je den Namen hast merken können, weil dir die Zeichnungen gefielen. Du hast vielleicht versucht dich zu verstellen, aber deine Bewegungen und deine Art zu sprechen war mir sofort vertraut. Warum hast du dich damals nicht von mir verabschiedet?" "Weil ich es nicht konnte, verdammt! Hast du meinen Brief nicht gelesen?!" Die mühsam errichtete Selbstbeherrschung, die sie all die Jahre gepflegt und gehegt hatte, brach unter diesen wenigen Worten vollkommen zusammen. Rhian begann am ganzen Körper zu zittern und nur mit Mühe, schaffte sie es ihre Tränen zurückzuhalten. "Brief? Meinst du diesen hier?" Jess schluckte, als er aufstand und ein Blatt aus seiner Geldbörse zog. Schon von weitem erkannte sie das Briefpapier. Sie hatte es heute noch... Und bisher nur drei Briefe damit geschrieben. Sie alle waren an Ken gerichtet gewesen und sie trug den genauen Wortlaut noch heute im Herzen. "Es war das einzige was mir von dir geblieben ist. Wie hätte ich mich davon trennen sollen?" fuhr er fort, als er den Blick seiner alten Freundin bemerkte, die starr auf das Blatt in seinen Händen sah. "Verdammt Rhiannon warum hast du es mir nicht gesagt? Ich wäre niemals weggegangen, wenn ich es gewusst hätte," murmelte er leise und sah ihr dabei tief in die Augen. Das war zuviel für die junge Frau. Sie konnte die Tränen nicht länger zurückhalten und schlug die Hände vor die Augen. Ken beugte sich über sie, und zog vorsichtig ihre Hände zur Seite. Behutsam küsste er ihr die Tränen von den Wangen, ehe er seine Lippen mit denen von Rhiannon zu einem langen und sanften Kuss vereinte. Ihre Tränen versiegten so schnell wie sie gekommen waren. Sie fühlte sich angekommen und beschützt. Und sie wusste, das sie und Ken sich niemals mehr trennen würden. - Ende- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)