Digimon - Cut von Selma ================================================================================ Kapitel 23: Eine Zugfahrt, die ist ... lustig --------------------------------------------- Paul und Katrin saßen im angehangenen Speisewagen und verzehrten ein paar brötchenartige Kugeln, während ihre Partner noch immer im Schlafwagen um die Wette schnarchten. Nachdenklich blickte Katrin aus dem Fenster. Seit mehreren Stunden schienen sie durch einen riesigen, lilafarbenen Ozean zu fahren und es war weit und breit kein Land in Sicht. Wenigstens wurden sie diesmal jedoch nicht angegriffen. „Wasch isch?“ fragte Paul kauend. „Ich vermisse die Anderen, mein altes Leben und einfach nur Studentin sein können,“ seufzt Katrin und griff nach der Tasse mit giftgrüner Flüssigkeit die hier eine Art Kaffeeersatz darstellte, jedenfalls von der Wirkung her. Der Forscher ließ sich auf seinem Sitz zurück sinken. Auf einmal wirkte sein Gesicht nachdenklich und ernst. „Dieses Gefühl ist mir nicht unbekannt,“ begann er. „Doch du wirst dich daran gewöhnen … gewöhnen müssen, denn vorläufig gibt es noch keinen Weg zurück.“ Er verschwieg, das er schon mal in den Büchern gelesen hatte, was mit den Leuten passiert war, die es nicht geschafft hatten mit der Last dieser Aufgabe klar zu kommen. Mortemon – der Seelenfänger – war bei solchen dann eine gefragte Person. Unglücklich stellte Katrin die Tasse zurück. „Aber du glaubst gar nicht, was für Dinge es hier zu entdecken gibt. Wenn du es zulässt wird es ein einziges, großes Abenteuer. Dagegen ist doch die Arbeit an der Uni und da wo ich herkomme total langweilig und für all das hier brauch man keinen Abschluss, sondern einfach nur den Mut sich auf diese Welt einzulassen.“ „Nette Rede aber im Gegensatz zu mir hast du ja schon einen besseren Abschluss und ich habe nicht vor unsere Welt so schnell abzuschreiben.“ Katrin verschränkte die Hände und blickte Paul abschätzend an. „Und ich bin mir sicher, den Anderen wird es genauso gehen.“ Der Forscher seufzte gespielt und zuckte mit den Schultern. Er setzte zu einem weiteren Satz an, als plötzlich ein heftiger Ruck durch den Waggon ging, der für ein ziemliches Durcheinander sorgte. Für einen kurzen Moment blickte Paul und Katrin sich schweigend an, dann rappelte der Forscher sich auf und strich sich leise fluchend über seinen Kittel. Bei dem abrupten Abbremsen auf Halt war Katrins Becher auf seine Kleidung gerauscht und nun zierte ein, nicht zu verachtender, grüner Fleck das ehemalige Weiß. Die Gesetze der Trägheit waren in diesem Falle zu seinem Nachteil ausgefallen. „Trailmon, was ist los, warum halten wir?“ Doch Paul erhielt auf seine Frage keine Antwort. Das Transportdigimon blieb stumm. „Alles in Ordnung?“ fragte er nun stattdessen Katrin, die sich die Seite hielt, mit der sie eben noch Bekanntschaft mit dem Tisch geschlossen hatte . „Geht so,“ murrte die Studentin und stand mit verkniffenem Blick ebenfalls auf. Auf dem Boden herrschte ein heilloses Chaos und sie mussten nicht aufpassen auf den nassen Stellen auszurutschen. An der Tür brauchte Paul einen Moment, bis er den Schließmechanismus außer Kraft gesetzt hatte und sie öffnen konnte. „Aussteigen verboten!“ kam es plötzlich von dem Trailmon, das scheinbar, auf so wundersame Art und Weise die Stimme wiedergefunden hatte. „Außer ihr seid scharf darauf Schwimmen zu gehen.“ Doch der Forscher ließ sich davon wenige beeindrucken und spähte hinaus. Katrin öffnete das Fenster neben der Tür um auch etwas sehen zu können. Doch so sehr sie suchten, sie konnten keinen Grund für den Halt fanden. Der Zug stand mitten im Ozean. Plötzlich verließ Paul den Waggon und ging etwas von ihnen weg, so als wolle er sich einen Überblick aus einer anderen Perspektive verschaffen. Das er dabei nicht über festen Untergrund schritt, schien ihn überhaupt nicht zu stören. Eher drehte er sich um, als er Katrins fragenden Blick bemerkte und grinste. „Nenn mich Jesus,“ wobei er die Hände ausbreitete. „Sorry, aber du trägst die falschen Schuhe,“ meinte Katrin daraufhin gespielt kühl und zog den Kopf zurück in das Innere des Waggons, wo gerade ein ziemliches Knäul auf sie zugelaufen kam. Kotemon und Clockmon hatten sich bei der abrupten Bremsung wohl noch in den Betten befunden und nun kämpften sie mit den Decken, was zwar zum einen sehr komisch aussah, aber auch zum Anderen erklärte, warum sie erst jetzt auftauchten. Paul drehte den Kopf um zur Spitze des Zuges zu schauen. Doch auch von hier aus war nicht erklärbar, weshalb ihre Fahrt gestoppt worden war. „Nun spann uns nicht so auf die Folter. Worum geht es nicht weiter.“ Er schritt nach vorne und blieb neben dem Trailmon stehen um dann den Untergrund genauer in Augenschein nehmen zu können. Scheinbar bildete das Wasser eine Art Wellenschiene, auf der das Digimon fahren konnte. Doch genau vor ihnen war diese 'Schiene' auf gut 10 Meter Länge verschwunden. Nun wurde auch klar, weshalb sie gehalten hatten. „Na wenn das alles ist,“ meinte Paul großspurig und schob die Ärmel seines Kittels nach oben, fast so als wolle er das zugähnliche Digimon anheben und hinüber tragen. Doch stattdessen beugte er sich hinunter zu dem 'Gleis' und legte eine Hand darauf, bevor er sich zu konzentrieren begann. „Sie verletzen militärisches Sperrgebiet,“ erscholl es plötzlich. „Och nee. Nicht schon wieder.“ sichtlich gestört in seiner Konzentration sah der Forscher nach oben und blickte in das holografische Antlitz eines Soldaten, dessen Aufzeichnung schon stark gelitten hatte, denn das Bild am Rand zerfaserte immer wieder. „Was ist denn da vorne los?“ kam Katrins Frage plötzlich von weiter hinten. Sie konnte von ihrer Position aus nicht sehen was Paul tat oder was sich da gerade ausgelöst hatte. „Nichts weiter,“ murrte der Forscher nach hinten, während er das Abbild kühl musterte. „Kannst du dir nicht ein andere Trasse suchen und nach dort ausweichen?“ Noch bevor er etwas weiteres hinzufügen konnte, gab es einen leisen Knall und der hinterste Waggon verschwand in den Wellen. „Was tut ihr da?“ kam es von Katrin sichtlich ängstlich nach vorne. Sie schien allerdings noch nicht beunruhigt genug, um sich selbst auf das Wasser zu trauen. „Ich muss Ballast loswerden. Ihr tätet gut daran, in den ersten Waggon zu wechseln,“ antwortete Trailman, bevor es sich wieder Paul zuwandte. „Unmöglich. Dieser Weg ist vorgegeben. Ich kann im Moment nur dem Gleisverlauf folgen.“ „Und was ist, wenn wir einfach bis zur nächsten Weiche zurücksetzen?“ fragte Paul wieder. „Das ist ebenfalls unmöglich,“ bekam er die Antwort von Trailmon zu hören. „Die Gleise existieren nur so lange wie wir sie benötigen, um zum Ziel zu gelangen. Hinter uns befindet sich nur noch Ozean.“ Der Forscher kniff die Augen zusammen. Das gefiel ihm ganz und gar nicht und trotz seiner Erfahrung wollte ihm einfach nichts gescheites einfallen, wie sie aus dieser Zwickmühle wieder herauskämen. „Dann sind wir hier jetzt also praktisch eingeklemmt.“ murmelte er leise vor sich hin. Doch kaum, das er diese Worte laut ausgesprochen hatte, meldete sich das Trailmon erneut zu Wort. „Nicht wirklich. Ich hoffe, ihr könnt schwimmen.“ „Was?“ „Die Wassergleise halten nicht ewig. In ein paar Minuten werden auch diejenigen aufhören zu existieren, auf denen wir uns gerade befinden. So soll eine dauerhafte Behinderung vermieden werden. Das ist in allen Wassergebieten so.“ Na, das waren ja 'großartige' Nachrichten. Wenn ihm jetzt nicht schnell etwas einfiel, brauchte sich Paul wohl bald keine Sorgen mehr über die Reinigung seines Kittels zu machen. Dem Forscher war durchaus bewusst, dass er ein komplettes Trailmon selbst mit seinen Fähigkeiten hier nicht über Wasser halten konnte. Bei aller Liebe, er war nicht Superman. Katrin sah Paul iritiert an, als er wieder in den Waggon stieg und einige Sachen zusammenpackte. Darunter waren auch die Geschenke, die man ihnen aus dem Ninjadorf mitgegeben hatte. „Was hat das zu bedeuten?“ fragte die Studentin, die sich hastig ebenfalls ein paar Dinge packte, aus denen sie zuvor Clockmon und Kotemon erfolgreich befreit hatte. „Das Gleis hinter uns verschwindet nach und nach und ich habe keinen gesteigerten Bedarf darauf Baden zu gehen.“ In diesem Moment ging ein erneuter Ruck durch den Zug und ein weiterer Wagen folgte dem Ersten hinunter auf den Meeresgrund. Kotemon und Clockmon sahen sich gegenseitig an. Es war mehr als ersichtlich, das sie Beide nicht die ausgemacht guten Langzeitschwimmer waren. „Hey, ich dachte, uns bleiben noch Minuten,“ knurrte Paul, während er sich wieder aufrappelte und auch Katrin auf die Füße half. „Ich habe wohl vergessen zu sagen, das wir hier auf der Express-Route sind, da kann das mit dem Gleisverlust auch mal schneller gehen.“ Paul verdrehte die Augen. „Alle sofort raus her,“ murrte er und stand auch als erster am Ausgang um die Hände vor der Brust zu verschränken. Katrin knotete sich das Tuch auf den Rücken und sah nach den beiden Digimon, die vor ihr schon an der Tür waren und hindurchtraten. Sie musste sich erneut festhalten, als ein weiterer Waggon den Fluten zum Opfer fiel, dann hatte die Studentin endlich die Tür erreicht und war entsetzt. „Kleiner ging nimmer?“ murrte sie, als sie die Nussschale von einem Rettungsboot erblickte, in der sich die Drei befanden und wo jetzt schon kaum noch Platz für eine weitere Person war. „Tut mir leid, aber ich haushalte lieber etwas mit meinen Kräften,“ entgegnete Paul und deutete auf den letzten freien Platz. „Jetzt komm schon. Dieser Waggon ist der letzte.“ Murrend wollte Katrin den Sprung machen, als mehrere Dinge auf einmal passierten. Der Waggon löste sich vom Trailmon, was dafür sorgte, das Katrin unkontrolliert nach vorne taumelte und mit einem Schrei in den Fluten begann, während sich unter dem Zugdigimon eine Art Luftkissen aufbaute, welches verhinderte dass dieses Wesen dem Weg der eigenen Waggons folgte. Sofort war Kotmeon aufgesprungen und nur das beherzte Eingreifen von Clockmon verhinderte, das sie wohl im nächsten Moment gekentert wären. Hustend und mit den Händen nach Halt suchend, kam Katrin wieder an die Oberfläche. Sie war von dem sinkenden Waggon ein Stück weit mit in die Tiefe gezogen worden, bevor es ihr gelungen war, wieder an Höhe zu gewinnen. Sofort griff Paul nach ihrer Hand und mit der Hilfe der beiden Digimon gelang es ihm, sie an Bord zu ziehen. Keuchend und nach Luft schnappend blieb die Studentin auf dem Boden des Bootes liegen. Von dem Bündel, was sie eben noch getragen hatte, fehlte nun jede Spur. „Siehst du, alles bestens,“ versuchte Paul Kotemon zu beruhigen, welcher vollkommen aufgebracht war. „Jetzt setz dich hin, bevor wir noch umkippen und sie wieder ins Wasser geht.“ Das schien zu wirken, denn das Digimon ließ sich fast augenblicklich bei Katrin nieder und musterte die Anderen scharf. Paul seufzte leise und sah dann zu Trailmon hinüber, das seelenruhig vor sich hinschwamm und dann langsam begann die Position zu wechseln. „Hey, was soll denn das jetzt?“ „Nun, jetzt bin ich ein richtiger Seezug,“ entgegnete Trailmon, so als sei es das normalste der Welt. „Und das heißt, ich bin nicht mehr ans Gleis gebunden und kann meine eigene Route wählen.“ Dem Forscher fiel fast die Kinnlade herunter. „Konntest du uns das nicht früher sagen?“ „Ihr habt nicht gefragt und außerdem habe ich bestimmt keine große Lust meinen Waggons auf den Grund zu folgen.“ Der Forscher schnaubte. „Und was wird jetzt aus uns?“ „Tut mir leid, aber ich darf keine Passagiere auf der Lok mitbefördern. Das ist Vorschrift. Ihr werdet euch ein anderes Beförderungsmittel suchen müssen.“ „Sicher?“ kam es mit warnendem Unterton von Paul. „Ganz sicher.“ ## „Was hat das zu bedeuten?“ - „Eine unwesentliche Verzögerung.“ - „Das will ich für sie hoffen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)