Die Wurzel allen Übles von Pego ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es war soweit. Der Tag X war gekommen. Nach all den Test und Prüfungen und den unzähligen Trainingsstunden war er nur noch froh, dass es jetzt endlich losging. Sie versammelten sich in der Halle der Zeiten. Das Sonnenlicht fiel durch die farbigen Glasfenster und warf bunte Kringel auf den Steinboden. Ein friedliches Bild in diesen kämpferischen Zeiten. Der Vorsitzende wartete, bis es vollkommen ruhig war, dann erhob er sich. „Heute ist der Tag gekommen. Der Tag an dem wir das Übel an seiner Wurzel ausmerzen werden. Zemour, bist du bereit? Zemour trat einen Schritt vor. „Ich bin bereit“, versicherte er mit fester Stimme. „Bist du dir ganz sicher? Niemand kann sagen, was geschehen wird, kein Computer konnte errechnen, welche Auswirkungen es haben wird, falls du deine Aufgabe erfüllst.“ „Wir wissen nicht einmal ob du die Zieldaten erreichen wirst, das Gerät wurde noch nie über einen so langen Zeitraum eingesetzt.“ Zarah, die Programmiererin des Zeitreisegerätes hatte das Wort ergriffen. „Ich kenne die Gefahren. Wir haben es so oft versucht. Für jeden Tyrannen oder Diktator, den wir in der Vergangenheit eliminiert oder bekehrt haben, tauchte ein anderer auf. Wenn nur die geringste Möglichkeit besteht, Hass, Machtgier und Neid ein für alle Mal auszulöschen, dann werde ich es wagen!“ „So sei es!“ entschied der Vorsitzende „So sei es!“ widerholten seine Kameraden im Chor. Zemour trat vor und erhielt aus Zarahs Hand das Zeitreisegerät. Es war bereits auf sein Ziel und auch für die Rückkehr programmiert. „So sei es“, hauchte sie leise und versuchte nicht einmal, ihre Tränen zu verbergen. „So sei es“, Zemour versagte es sich, seine Frau noch einmal an sich zu drücken. Sie hatten sich schon vorher in aller Stille voneinander verabschiedet. Er drückte die notwendigen Knöpfe und die Halle der Zeiten verschwand vor seinen Augen. Das erste was ihm auffiel war die Stille. Und die unberührte karge Landschaft so weit das Auge reichte. Wenn die Quelltexte der Wahrheit entsprachen, dann war die ganze Erde noch Ödland. Seine Zielkoordinaten hatte man ebenfalls den alten Quellen entnommen. Falls er hier wirklich auf seine Zielperson treffen sollte, dann würde er auch all das andere glauben, was die Alten vor so langer Zeit niedergeschrieben hatten. Zemour aktivierte den Scanner. Besonders viel Auswahl an Lebenszeichen dürfte es in dieser Zeitebene nicht geben. Und so dauerte es auch nicht lange und er hatte eine Richtung und eine Entfernung. Die alten Quellen waren wirklich außergewöhnlich exakt gewesen. Er machte sich auf den Weg, zu Fuß, was wirklich ungewöhnlich für ihn war, denn bis jetzt hatte er auf all seinen Zeitreisen ein Fahrzeug irgendeiner Art auftreiben können. Zemour hatte sein Ziel ein paar Tage lang beobachtet. Zu der Ausrüstung eines Zeitreisenden gehörten außer einer ausreichenden Verpflegung und einer minimalen Bewaffnung auch einige wirklich gute Überwachungsgeräte. Nachts hatte er paar Mikrofone und einige kleine Cams rund um das Haus verteilt und konnte so am Leben seines Ziels und dessen Familie teilhaben. Mit dem Fernglas beobachtete er alle Bewegungen außerhalb des Hauses. Es war nur eine kleine Familie, Vater, Mutter und zwei Söhne. Das Leben das sie führten war hart und karg. Die Mutter hütete das Haus, kochte und kümmerte sich um die Kleidung. Der Vater und seine Söhne versorgten das Vieh und das Feld. Es war trotz aller Härte und Kargheit ein friedliches Leben und Zemour konnte sich absolut nicht vorstellen wie hier die Wurzel allen Übels entstehen konnte. Nach ein paar Tagen hatte er alle Informationen, die er benötigte. Er war sich nicht sicher gewesen, ob es ihm gelingen würde, sein Ziel exakt auszumachen. Doch da die Brüder die Arbeiten unter sich aufgeteilt hatten, konnte Zemour bald mit absoluter Sicherheit seine Zielperson bestimmen. Der Ältere kümmerte sich verstärkt um das Feld und der jüngere um das Vieh. Eines Morgens gingen sie gemeinsam auf ein Feld ein Stück von Haus entfernt, der Jüngere hatte ein neugeborenes Zicklein bei sich, der Ältere trug einen Korb mit Früchten und Kornähren. Das Zicklein wurde geschlachtet und gemeinsam opferten sie die Früchte ihrer Arbeit. Zemour konnte schwören, dass es plötzlich heller wurde, ein gleisendes Licht fiel auf das Feld und der jüngere Bruder wurde besonders erleucht. Da wandte der Ältere sich ab und warf finstere Blicke auf den Boden und auf den Bruder. Und da wusste Zemour, dass die Zeit gekommen war. Der Ältere lief eilig zum Haus zurück. Sein jüngerer Bruder stand noch mit verzücktem Blick auf dem Feld, als Zemour vor ihn trat. „Fürchte dich nicht“, sagte er, da er sich an diesen Text aus einer der Quellen erinnerte. Der Junge wagte nicht, ihn anzublicken. Zemour warf einen Blick an sich herab. Im hellen Licht, in seiner silbrig weißen Montur musste er im Vergleich zu den Tierhäuten, die der Junge und seine Familie trugen, einen großen Eindruck hinterlassen. „Fürchte dich nicht“, widerholte er sanft und ging auf die Knie. „Ich bringe dir eine Botschaft, eine Warnung. Hüte dich vor deinem Bruder, denn er will dich töten! Wenn er dich bittet, mit ihm auf das Feld zu gehen, dann sei auf der Hut!“ Er legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter, es kam fast einem Segen gleich, dann erhob er sich und verschwand rasch hinter den Hügeln. Der Junge sagte zuhause kein Wort. Zu unglaublich erschienen ihm wohl die Begegnung und die Behauptung, die dabei aufgestellt wurde. Aber Zemour bemerkte, dass er dafür sorgte, dass er selten mit dem Bruder alleine war. So ganz sicher war er seiner Sache wohl nicht. Und dann kam der Tag, auf den Zemour gewartet und den er gefürchtet hatte. Der Ältere forderte den Jüngeren auf, mit ihm auf ein weiter entferntes Feld zu gehen. Und der jüngere Bruder folgte ihm. Zemour hielt sich so dicht wie er es verantworten konnte hinter den beiden, seine Waffe im Anschlag. Plötzlich hob der ältere Bruder einen Stein auf und Zemour richtete seine Waffe auf ihm, bereit, einzugreifen. Doch dann wandte der Jüngere sich um und warf sich auf seinen Bruder. Dieser fiel zu Boden und mit dem Kopf auf einen Felsbrocken, der ihm den Schädel zertrümmerte. Und Abel hatte den Kain erschlagen. Zemour atmete tief ein. Seine Aufgabe war erfüllt. Nun konnte er nach Hause zurückkehren. Das erste was ihm auffiel war die Stille. Und die unberührte karge Landschaft so weit das Auge reichte. Erst als er die vergiftete Atmosphäre einatmete und er qualvoll erstickte, erkannte Zemour, dass das Böse nie ausgemerzt werden konnte. Auch wenn Abel Kain wohl nur aus Notwehr getötet hatte, so hatten sie einen Brudermord nur durch den anderen getauscht. Schlimmer noch, sie hatten vermutlich alles nur noch beschleunigt. Sein letzter Gedanke galt merkwürdigerweise einem Tier. „Wir hätten uns die verdammte Schlange vornehmen sollen!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)