Daemonicum Noctis von JoeDoe ================================================================================ Kapitel 7: Das Licht -------------------- Mit festem Stand hielt Ralf das Seil ganz fest und Blickte durch das Loch nach unten. Hinter ihm standen in einer Reihe Thomas, der sich wieder erholt hatte, dessen Gesicht aber trotzdem nur langsam wieder Farbe annahm, Ulrich, der irgendwie mal wieder Glück gehabt hatte und keinen Kater bekam, und ganz hinten Mario, der sich vor Erleichterung, dass die anderen drei endlich da waren nicht mal den Dreck von der Kleidung geklopft hatte, die vom Liegen auf dem Boden kam, als er zu Jo in das Loch hinunter rief. „Geht’s Dir gut, Jo?“ rief jetzt Ralf hinunter „Oder sollen wir runter kommen?“ „Nicht nötig.“ Kam es aus den Schatten und Jo trat ins Licht. Nun, der sportlichste war Joachim nicht und so quälte er sich eher nach Oben, statt zu klettern. Letzten Endes schaffte er es aber mit Hilfe seiner Freunde die Oberfläche wieder zu erreichen. Verdreckt und außer Atem musste er sich erst wieder ans Tageslicht gewöhnen. „Irgendwas gebrochen?“ fragte Thomas besorgt. „Brauchst Du einen Arzt?“ fügte er hinten an um jegliche andere Verletzung auszuschließen. „Nein...“ keuchte Jo „Danke!“ Uli war nicht ganz so besorgt, war aber trotzdem schnell wach und hatte sich auch beeilt hierher zu kommen, als Ralf ihn und Tom von Jos Unfall berichtete. Ralf fiel wohl als einzigem Ulis Blick auf, der etwas skeptisches in sich trug, so als würde er noch daran zweifeln, dass das alles wirklich passiert war, ohne dabei in irgendeiner Weise geschockt oder beunruhigt zu wirken. „War da unten irgendetwas?“ fragte Uli schließlich. „Nur Steine und Dreck.“ Brachte Joachim desinteressiert hervor. „Es scheint zwar ein von Menschenhand gemauerter Raum zu sein, aber vermutlich hat ihn irgendwer geplündert, wenn überhaupt einmal was darin gewesen sein sollte.“ „Wenn wir Morgen wieder zurückfahren, sollten wir vielleicht irgendwen informieren, dass das Ding hier steht.“ schlug Tom vor „Vielleicht hat jemand Interesse es in ein Museum zu stellen.“ Ralf sah an dem Felsen hoch und schauderte. „Ich würde es lieber in dem Loch versenken und zuschütten.“ „Wir sollten das Morgen entscheiden, es ist ja nicht so als würde davon irgendeine Gefahr ausgehen.“ Kommentierte Jo und blickte ebenfalls daran hoch und ergänzte geistesabwesend: „Wenn man mal davon absieht in den Hohlraum darunter zu fallen...“ Die Figur am Oberen Ende, die Jo sich nicht mehr ansehen konnte, weil er zuvor in dem Loch verschwunden war, lag jetzt frei. Das Wesen hielt in jeder Hand einen Knochen und um es herum waren scheinbar Flammen dargestellt, aber was Jo in diesem Augenblick am meisten beunruhigte war, dass dieses Wesen einen Affenschädel besaß. „Alles okay mit Dir?“ fragte Mario, der sich immer noch Schuldig fühlte und sich deshalb zunächst etwas zurückgehalten hatte. „Ja, ja! Ich hab’ nur... Ach, ist ja auch egal. Nur ein Déjà-vu.“ Wich Jo aus. Kurze stille, die Uli „geschickt“ unterbrach. „Ich würde sagen, auf den Schock sollten wir erst mal was deftiges Essen!“ Das taten die Fünf dann auch und weil sie gemerkt hatten, dass sie viel zu viel Dosenfutter mitgenommen hatten und den Abend ohnehin mehr mit Saufen verbrachten, beschloss irgendwer von allem etwas aufzumachen. Es gab also die obligatorischen Ravioli, eine Sorte Bohnen, die Ralfs Mutter nicht essen wollte und ihm deshalb mitgegeben hatte, im Preis herabgesetzte Erbsen in einer bis zur Unkenntlichkeit verbeulten Dose, Linsen, die nächste Woche ihr Haltbarkeitsdatum überschritten hätten, eingelegte Annanasscheiben von denen keiner wusste, wer sie mitgebracht hatte, etwas penetrant riechenden Fisch in einer Tomatensauce und eine große Salami. Zunächst saßen noch alle zusammen am Lagerfeuer – oder besser gesagt der Glut – und Jo erzählte wie er in das Lochgefallen war und dass er sich dort unten umgesehen hat. Er erzählte nichts von dem Steinaltar oder den Gefäßen, stattdessen schmückte er die Geschichte mit seiner Art von Humor aus, erzählte, Mario hätte gejammert wie ein kleines Mädchen, bevor die Hilfe der Anderen kam. Mario sah zunächst etwas böse zu Jo hinüber, versuchte es dann aber mit Humor zu nehmen und zu lächeln, als Joachim dann erzählte wie tollpatschig er selbst dort unten umhergestolpert sei, verzieh ihm Mario auch den Scherz auf seine kosten. Irgendwann ging wieder jeder seines Weges und keiner wusste so recht was die anderen machten, man spielte Karten, Uli angelte, man unterhielt sich, Ralf machte sein Nachmittagstraining. Joachim erleichterte sich an einem Baum und pinkelte sich geistesabwesend beinahe auf die Schuhe. Ein paar Bäume weiter saß Thomas auf einem umgestürzten Baumstamm und als Jo seine Blase entleert hatte und beim zurückkehren an Tom vorbei lief reichte ihm dieser seine Bierflasche und fragte „Na? Brav die Hände gewaschen?“ Joachim zog eine Augenbraue hoch, gab Tom ein müdes Lächeln und nahm ihm die Flasche ruckartig aus der Hand, dann setzte er sich mit einem Kopfschütteln neben ihn auf den Stamm und nahm einen Schluck, so als wolle er seine Blase gleich wieder füllen. „Sag mal...“ fing Tom an und Jo wusste, dass jetzt wieder auf Ernst geschaltet werden musste, denn Tom hatte seinen Nachdenklichen Blick aufgelegt und bei dem Dame-Spiel, dass sie zuvor beendet hatten schnitt Thomas grottenschlecht ab, dafür, dass er jedes Mal haushoch gewann. „...Bist Du eigentlich glücklich mit Carin? Tom hatte Joachim und Carin schon öfter miteinander erlebt, aber im Moment schien es, als würde Tom alles was er wusste über den Haufen werfen um alles neu zu definieren. „Klar, sonst hätten wir ja nicht geheiratet.“ Irgendwie schien Jo diese Aussage für dämlich zu halten, noch bevor er sie beendet hatte, Thomas Eltern waren auch lange verheiratet und ließen sich erst scheiden, als er 16 oder 17 war, was Tom immer noch sehr mitgenommen hatte. „Also...“ fügte Jo schnell hinten an, ohne genau zu wissen wie der Satz weiter gehen sollte. Er wollte auf der anderen Seite aber auch nicht diese blöde Aussage allein stehen lassen. „...Es ist so...“ Aber Jo wollte auch ehrlich sein, vielleicht sollte er seine Beziehung zu Carin sogar etwas abwerten, damit sich Tom wegen Ute nicht so mies fühlte. „Ich... Naja...“ Tom sah ihn fragend an. „Wir haben unsere Höhen und Tiefen, dass ist in einer Ehe nicht anders als in einer normalen Beziehung, dazu kommt natürlich die Kleine, die für uns Beide und auch für die Beziehung ein Stressfaktor ist, aber wir steh’n das durch, da bin ich mir sicher.“ Brachte Jo seine Antwort auf Toms Frage endlich zu Stande. Thomas seufzte. „Hast Du es jemals bereut zu heiraten?“ Tom hielt kurz inne. „So früh meine ich.“ Jo schluckte und hätte spontan mit einem lauten „JA!“ geantwortet, aber er stand auch zu seiner Entscheidung geheiratet zu haben, auch wenn diese Entscheidung mehr damit zu tun hatte, dass er sich nicht vor der Verantwortung für das in Carins Bauch entstehende Leben drücken wollte. „Nicht so sehr, dass ich es rückgängig machen wollte.“ Antwortete Jo also relativ diplomatisch. „Aber wenn ich die Wahl gehabt hätte, wäre ich lieber ein paar wenige Jahre später Vater geworden und hätte Carin unter etwas weniger Druck von außen gefragt, ob sie meine Frau werden will.“ Joachim sprach diesen Satz leise, nuschelte fast, denn irgendwie war es ihm peinlich so zu denken. Thomas seufzte erneut. „Ich dachte bis vor kurzem noch genau wie Du.“ Bemerkte Tom wie beiläufig und Joachim schien etwas erleichtert. „Ich musste daran denken, wie wir als Kinder Kirschen vom Baum des Dorfbauern gestohlen haben oder mit den Feuerwerkskörpern beinahe Euer Wohnzimmer in Brand gesteckt haben.“ „Oh ja, ich bin von meinem Vater noch nie so verdroschen worden...“ erinnerte sich Jo mit einem Grinsen obwohl er sich auch an seinen schmerzenden Hintern erinnerte. „Du und ich, wir sind schon verdammt lange beste Freunde, ich hab’ Angst, dass wenn ich jetzt Heirate, sich Alles ändert.“ Erklärte Thomas weiter. „Ich denke ich bin noch nicht so weit zu heiraten, Kinder zu bekommen und einen auf Familie zu machen – das ist einfach zu früh für mich.“ Jo verstand Toms Sorgen nur zu gut, ihm ging es genauso, als er von Carins Schwangerschaft erfahren hatte. „Jedenfalls...“ Tom atmete noch mal tief ein und fuhr fort „Du weißt doch, dass Utes Freundin geheiratet hat...“ Joachim nickte, kurz bevor er sich wirklich erinnerte, dass Thomas die Hochzeit erwähnt hatte. „Ute fing an von dem Kleid, der Feier und allem drum herum zu schwärmen und ich sagte wohl irgendwie, dass ich sie nicht heiraten wollte...“ Tom seufzte. „Ich bin so ein Idiot. Ich meinte eigentlich, dass ich sie NOCH nicht heiraten will. Irgendwann mal, ja, immerhin liebe ich sie, aber heiraten? Jetzt?“ Jo sah betroffen zu ihm rüber, doch Tom mied seine Blicke. „Ich war von der Arbeit genervt und an dem Tag leicht reizbar. Wir fingen an zu streiten und... hm... Wie es endete weißt Du ja.“ „Warum bist Du dann mit uns gefahren, statt zu versuchen, Dich wieder mit ihr zu vertragen?!“ frage Jo entsetzt. „Sie wollte nicht mit mir reden. Sie ging nicht ans Telefon und machte die Tür nicht auf. Ich dachte, wo ich bin macht doch jetzt auch keinen Unterschied und vielleicht bekomme ich in der Natur etwas den Kopf frei, aber ich denke die ganze Zeit nur an sie...“ „Schöne Scheiße.“ Kommentierte Jo. „Da sagst Du was...“ Ein scheinbar endlos wirkender, unangenehmer Moment der Stille folgte. Einen Moment von der Art hatte Jo das letzte Mal als so unangenehm empfunden, als er mit einem Mädchen ausgehen wollte und im Wohnzimmer sitzend neben ihren Eltern warten musste und niemand etwas zu sagen hatte. Jo nickte mitfühlend um sich wenigstens irgendwie mitzuteilen, doch Tom sah ihn immer noch nicht an und so hatte auch das keinen Zweck. „Ich hätte nicht damit anfangen sollen...“ seufzte Thomas daher und stand auf um zum See zu laufen, doch Jo hielt ihn auf. „Warte!“ irgendetwas musste er jetzt sagen, Tom war sein bester Freund. „Hör mal, das Wochenende ist bisher sicher nicht so gelaufen wie Du es Dir vorgestellt hast. Verdammte Scheiße, selbst nicht, wie ich es mir vorgestellt habe, ich bin in ein beschissenes Erdloch gefallen und hätte mir beinahe was gebrochen und wäre ohne Hilfe wahrscheinlich nicht wieder da raus gekommen!“ wenigstens ein kleines bisschen schien Tom die Mundwinkel nach Oben zu ziehen – also soweit, dass seine Lippen zumindest wagerechte Linien bildeten. „Manchmal ist das Leben einfach verdammt beschissen, manchmal ist es das aber nur, weil wir Fehler machen. Die können wir zwar nicht rückgängig machen, aber wir können versuchen alles wieder grade zu rücken.“ Jo machte ein kurze, dramaturgische Pause. „Wenn wir wieder zurück sind rufst Du sie an und wenn sie immer noch nicht ans Telefon geht, rede ich mit ihr und sag ihr, dass es Dir Leid tut und ein Missverständnis war.“ Tom nickte. „Also besaufen wir uns jetzt grundlos oder was?“ Jo hob seine Bierflasche an, lächelte und sah seinen Freund Erwartungsvoll an. Dieser wusste, was Joachim wollte und stieß mit ihm kurz an. „Na dann los!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)