Shinras Dreamteam von Niela_DeAhrel (Rude und Reno) ================================================================================ Kapitel 4: 04 - Fighting for Hope --------------------------------- Shinras Dreamteam Kapitel 4: Fighting for Hope Hoffnung ist wie ein Pfad. Am Anfang existiert er noch nicht, er entsteht erst, wenn viele Menschen den gleichen Weg gehen. (Lu Xin) Rude hatte die ganze Nacht lang in einer schäbigen Bar am nördlichen Ende von Sektor 6 verbracht. Er hielt es für angebracht seinem Partner nach dem Gespräch mit Verdot vorerst aus dem Weg zu gehen. Zusätzlich hatte er einen Versöhnungsplan strategische ausgearbeitet. Für ihn, der so gar nicht an soziale Kontakte gewöhnt war, war dies eine Herausforderung ohnegleichen gewesen. Er war überzeugt das Reno vor Wut kochte. Als er dann auch schließlich früh morgens die Wohnung betrat, bestätigte sich seine Vermutung sofort. Der Rotschopf hatte im Wohnbereich gewütet wie ein Orkan. Stehlampen, Topfpflanzen, Vasen, und dekorative Gegenstände hatten die Auseinandersetzung entweder gar nicht oder nur sehr schlecht überstanden. Reno lag seinerseits inmitten des Chaos auf der Couch. Ein Bein hing über die Rückenlehne, während das andere kraftlos von der Sitzfläche baumelte. Seine Arme hatte er kompliziert hinter dem Kopf gekreuzt. Außerdem ging ein leises, röchelndes Schnarchen von ihm aus. Rude musste bei diesem Anblick lächeln. Er war überrascht, als ihm klar wurde, dass der chaotische Rotschopf ihm ziemlich ans Herz gewachsen war. Lautlos durchquerte er das Wohnzimmer und betrat Renos Schlafzimmer, um dessen Decke zu holen. Anschließend ging er zurück zu seinem schlafenden Partner und deckte ihn vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, zu. Dann begab sich Rude in die Küche, um ein ordentliches Frühstück zu bereiten. Er hatte heute Morgen im 24 Stunden Convenience Store dafür eingekauft: Speck, frische Eier, Milch, Toast, Kaffee und vor allem einen Vorrat an Zutaten, um gewappnet zu sein, falls der Rotschopf das Antikatermittel, das er ihm gestern gemixt hatte, erneut brauchte. Er hatte das Gefühl, dass er dieses noch öfters benötigen würde. Vorausgesetzt, dass ihm Reno jemals verzieh. Irgendwann zwischen dem Rühren der Eier und dem Anbraten der Speckstreifen, hörte Rude ein Poltern mit einem darauffolgenden Fluchen aus dem Nebenzimmer. Sein Herz setzte einen Moment aus, bevor es einen schnelleren Takt anschlug und sich ein flaues Gefühl in seiner Magengegend ausbreitete. Das letzte Mal, als er so nervös gewesen war, war vor seiner mündlichen Abschlussprüfung an der Militärakademie gewesen. Mit leicht zitternden Händen fischte er den knusprigen Speck aus der Pfanne, bevor er die Ei-Masse hinein gab. Kurz darauf stieß der Rotschopf überrascht die Tür zur Küche auf. „Du kochst?!“, war sodann die erste Frage des Tages, als Reno sich neben ihm positionierte. Mit einem skeptischen Blick sah er abwechselnd auf das Rührei in der Pfanne und in Rudes Gesicht. Der Glatzkopf war erleichtert, dass Reno ihm bis jetzt noch nicht feindselig gestimmt war. Zwanghaft schob er das hilflose Frühstück von einer Pfannenseite auf die andere. Rude musste sich genau auf seine Worte konzentrieren. Ab jetzt musste alles nach Plan laufen, also durfte seine Stimme beim Sprechen nicht Zittern. „Wie du siehst. Wir können gleich frühstücken.“ Ein Glück. Seine Stimme hatte gewohnt emotionslos geklungen. „Yo, Moment mal! Was heißt hier „wir“? Hast du für mich mitgekocht, Alter?“ Rude tat so, als schenke er den stockenden Eiern seine ganze Aufmerksamkeit, um einen Blickkontakt um jeden Preis zu vermeiden. Was jetzt kam, war schwierig. Er hatte keine Ahnung, wie der Rotschopf darauf reagieren würde, aber er hatte das Gefühl es zumindest versuchen zu müssen. „Natürlich. Du bist doch… mein Partner.“ Schlagartig herrschte eine unangenehme Stille in der Küche, wenn man mal vom Brutzeln der Eier absah. Rude hatte diesen Moment gefürchtet, denn Renos Reaktionen waren für ihn unvorhersehbar. „Ich ess’ morgens nix.“, erwiderte der Rotschopf schließlich leise knurrend und verließ die Küche. Kurz darauf hörte Rude die Eingangstür krachend ins Schloss fallen. Der Glatzkopf seufzte. Plan A war also gnadenlos nach hinten losgegangen. Jetzt musste er auf Plan B zurückgreifen. Vorausgesetzt Plan B ließ sich von ihm überzeugen. Doch erst einmal würde er sich darum kümmern, dass das Appartement wieder bewohnbar würde. *+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+**+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+* Rude war unentschlossen. Er stand vor Tsengs Bürotür und wusste nicht, ob er klopfen oder doch lieber die ganze Aktion abblasen sollte. Er wusste nicht einmal, warum er sich die ganze Mühe machte. Warum war er überhaupt so erpicht darauf, dass Reno ihm vergab? Das war die Frage des Tages. Er war gerade drauf und dran kehrt zu machen, als sich die Bürotür öffnete und Tseng ihn in seiner Eile fast umrannte. „Rude? Was machen Sie hier?“, fragte der Wutainese. Sein Tonfall war viel schärfer und unnachgiebiger, als er gestern Abend bei Reno geklungen hatte. Der Glatzkopf konnte Tsengs Abneigung ihm gegenüber deutlich spüren. Na ja, er hatte auch nichts anderes erwartet. Schließlich hatte der Schwarzhaarige ihm gestern ganz deutlich die kalte Schulter gezeigt. Er war schließlich in Verdots Plan eingeweiht und er hatte dagegen protestiert die Turks gegeneinander auszuspielen. Willst du lieber, dass sich irgendein Außenstehender um diesen Job kümmert? Das war Verds Antwort gewesen und dieses Argument hatte den Schwarzhaarigen letztendlich von der Sache überzeugt. Zumindest hatte er daraufhin seine Proteste eingestellt. Aber die Aversion, die sich bis dahin gegen den Plan gerichtet hatte, hatte sich anschließend auf Rude übertragen. Der Glatzkopf seufzte. Was hatte er sich da eigentlich eingebrockt mit dieser ganzen Aktion? Dabei ging es ihm doch ursprünglich nur um die herausragende Provision, die Verd ihm angeboten hatte. Stattdessen hatte er nun jede Menge Ärger am Hals. „Sir, ich hätte eine Bitte.“ „Eine Bitte? Das muss warten. Eine dringende Angelegenheit erfordert meine Anwesenheit. Ich bin in zehn Minuten wieder hier. Warten Sie solange in meinem Büro.“, Tsengs Ton war nun förmlich und zeigte keine Spur einer Antipathie ihm gegenüber. Es war Rudes Glück, dass der Wutainese stets professionell genug war, um die eigene Meinung seiner Arbeit unterzuordnen. Rude nickte stumm. Als Tseng davoneilte, öffnete er die Bürotür und trat ein. Abgesehen davon, dass der Raum von nur einer Person genutzt wurde, unterschied sich dieses Büro von keinem anderen Turkbüro. Schlichte Regale mit unzähligen Aktenordnern säumten die Wände. Ein Schreibtisch aus dunklem Kirschholz dominierte den Raum. Darauf befanden sich fein säuberlich gestapelte Akten und ein zugeklapptes, schwarzes Notebook. Besonders auffällig war jedoch an dem Raum, dass keine persönlichen Gegenstände zu finden waren. Keiner beherrschte die Kunst, Privatleben und Arbeit voneinander zu trennen, so perfekt wie Tseng. Rude bewunderte den Schwarzhaarigen für diese Meisterleistung. In der Firma wusste man fast gar nichts über ihn. Nur seine wutainesische Herkunft ließ sich von dem Bindi auf seiner Stirn und dem leichten Akzent ableiten. Es wusste aber niemand, außer vielleicht Verdot, wieso der Schwarzhaarige sich auf Seiten des Erzfeindes seiner Heimat geschlagen hatte und ein Turk geworden war. Das war ein wohl gehütetes Geheimnis, über das auch viele böse Gerüchte im Umlauf waren. Doch niemand traute sich den kühlen, distanziert wirkenden Mann offen zu kritisieren. Nach exakt zehn Minuten stillen Wartens und Nachdenkens öffnete sich die Tür wieder. Tseng setzte sich ohne ein Wort an seinen Schreibtisch, klappte sein Notebook auf und tippte ein paar Zeilen auf der Tastatur, bevor er sich mit ausdrucksloser Miene an Rude wandte. „Also, was gibt es für ein Problem?“ „Reno.“ Schlagartig kippte die Stimmung. Tsengs Gesichtsausdruck wirkte mit einem Mal noch viel härter. „Um Privatangelegenheiten kümmere ich mich nicht. Dafür habe ich weder die Zeit noch die Geduld.“, gab er zurück und sein Tonfall deklarierte das Gespräch damit für beendet. Doch Rude war noch nicht bereit aufzugeben. Auch wenn der Wutainese keine hohe Meinung von ihm hatte. Er brauchte Tseng für seinen Plan. Schließlich hatte er selbst miterlebt, dass er einen gewissen Einfluss – wenn auch nur geringfügig – auf den Rotschopf ausübte. „Sir!“ „Ich sagte bereits…“ Rude hatte noch nie in seinem Leben eine Person beim Sprechen unterbrochen. Aber in diesem Fall konnte er nicht anders. Er musste dem Vize-Vorsitzenden einfach beweisen, dass er die Angelegenheit ernst meinte. „Sir, ich bitte sie, die Angelegenheit ist äußerst Ernst.“ Tsengs Ausdruck zeigte für den Bruchteil einer Sekunde Erstaunen, dann legte sich aber wieder seine altbekannte, reservierte Maske über das Gesicht. Lange Zeit herrschte Schweigen im Raum. Tseng starrte Rude ebenso intensiv an wie dieser ihn. Es kam dem Glatzkopf fast so vor, als testete der Schwarzhaarige ihn. Musste es denn ausgerechnet ein Wettstarren sein? Rude war kläglich darin, anderer Leute Blick standzuhalten, ein Grund, warum er stets eine Sonnenbrille trug. Hinter abgedunkelten Gläsern, fiel es ihm etwas leichter. Tseng seufzte resigniert und faltete seine Hände akkurat auf dem Schreibtisch zusammen. „Ich habe wirklich nicht die Zeit für derartige Spielchen, also mache ich die Sache kurz. Sie werden Reno entweder im SOLDAT-Trainingsraum oder in seiner Stammkneipe in Sektor 8 finden. An einem der beiden Orte ist er immer aufzufinden, wenn er wütend ist. Ich nehme doch an, dass ist Ihr Problem, oder?“ Rude nickte stumm. „Falls sie sich der Hoffnung hingeben, ich würde Ihnen bei dieser Aktion helfen, sind sie allerdings auf dem Holzweg. Es wäre dem Prozedere sowieso nur hinderlich. Reno kann es nicht ausstehen, wenn sich andere in seine Privatangelegenheiten einmischen.“, der Schwarzhaarige sprach den letzten Satz mit so einer kalten Verachtung in der Stimme, dass der Glatzkopf beinahe zusammengezuckt wäre. „Und seien Sie versichert, wenn sie ihm weiterhin Freundschaft vorheucheln, dann...“ Schon wieder unterbrach Rude seinen zweiten Vorgesetzten mitten im Satz. „Ich heuchle nicht!“ Erneut musterte Tseng ihn mit skeptischen Blicken. „Entweder ihnen ist die Zusammenarbeit tatsachlich ernst oder sie sind ein verdammt guter Schauspieler, Rude. Sollte letzteres der Fall sein, lassen Sie sich versichert sein, dass sie die möglichen Konsequenzen ihres Handelns spüren werden und dafür sorge ich dann persönlich.“ Tsengs unbarmherziger Blick und sein infernalisches Lächeln jagten dem Stärksten der Turks einen eiskalten Schauer über den Rücken. „Und nun, verlassen Sie mein Büro, bevor ich meine Geduld verliere.“ Die subtile Drohung verstehend, verbeugte sich Rude höflichst mit einem „Ich danke Ihnen, Sir.“ und trat dann schleunigst den Rückzug an. Kaum hatte er die Bürotür von der anderen Seite geschlossen, amtete er lautstark durch. Wer hätte gedacht, dass Mr. Korrekt so ein protektives Arschloch sein konnte? Sein Plan B hatte ebenfalls gnadenlos versagt. Von Tseng konnte er jedenfalls keine Unterstützung erwarten; wahrscheinlicher war, dass der Wutainese ihm Steine in den Weg legen würde. In Gedanken versunken folgte er den Fluren der Turk-Etage, ohne auf den Weg zu achten. Seine Füße würden schon wissen, wo er hinwollte. „Hallo, Rude. Geht es dir nicht gut? Du siehst so blass aus.“ Rude erschrak fast, als er die sanfte, klare Stimme von Cissnei neben sich vernahm. Er hatte sie gar nicht kommen gesehen. Er sah sich um und stellte fest, dass er im Trainingsbereich gelandet war. Am Ende des Flurs befand sich der Eingang zu einer weiträumigen Nahkampf-Trainingshalle, in der die Rekruten ausgebildet wurden. Rude verirrte sich eigentlich eher selten in diesen Bereich der Etage. Er hatte unliebsame Erinnerungen an diesen Ort, an dem er selbst ausgebildet worden war. Das Mädchen mit dem rotbraunen, leicht lockigen Haar war Eine der Wenigen, die sich überhaupt noch mit Rude und seiner stillen Art abgaben. Da sie praktisch hier unter den Turks groß geworden war, kümmerte sie sich aus Dankbarkeit aufopferungsvoll um die Belange eines jeden Mitarbeiters. „Hallo.“, erwiderte der Glatzkopf. „Hast du kein Training?“ Sie seufzte. „Ja schon, aber Reno ist nicht aufgetaucht. Ich habe gehört, es hat ihn bei der gestrigen Mission ziemlich erwischt, also dachte ich mir, er hat wohl ne Auszeit bekommen. Sag, du bist doch sein neuer Partner… wie geht es ihm denn?“ Rude seufzte. „Er ist wohl wirklich stinksauer.“, sagte er mehr zu sich selbst als an Cissnei gerichtet. „Was? Er ist sauer? Ich versteh nicht ganz…?“ „Das musst du auch nich’, Schätzchen.“, tönte Renos Stimme durch die Halle. Mit lässigen Schritten kam er auf die beiden zu. Als er sie erreichte, lehnte er sich mit verschränkten Armen gegen die Wand und fixierte Rude mit einem abschätzigen Blick, bevor er sich Cissnei zuwandte. „Hast dir wieder Sorgen gemacht, was? Ich hab doch schon hundertmal gesagt, ich bin unkaputtbar.“ Das Mädchen lächelte fröhlich, als er ihr kameradschaftlich durchs Haar wuschelte. „Und darüber bin ich echt froh. Aber wo warst du denn die ganze Zeit?“ Auch wenn sich Rude bei dieser harmonischen Szenerie ein wenig deplaziert vorkam, konnte er dennoch nicht einfach wortlos verschwinden. Sagen konnte er allerdings auch nichts. Schon gar nicht in Cissneis Anwesenheit. So stand er also nur stumm da und wartete darauf, dass Reno irgendetwas zu ihm sagte, auch wenn es verletzend sein würde. „Yo, ich hab trainiert und dabei die Zeit vergessen. Jetzt bin ich aber vollkommen bereit für euch Rookies. Also Abmarsch!“ Der Rotschopf schubste die Blondine energisch in Richtung Turk Trainingscenter und folgte ihr, ohne sich noch einmal nach Rude umzuschauen. Erst als er am Ende des Flurs ankam, drehte sich Reno zu ihm um und rief: „Was is’n? Brauchst du ne Extraeinladung, oder was?“ Seine Worte klangen kalt und abweisend und sie trafen den Glatzkopf noch härter, als Tsengs Drohungen es jemals gekonnt hätten. Langsam und mit leicht geknickter Haltung setzte sich der Glatzkopf in Bewegung. Reno würde ihm niemals verzeihen. *+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+* „Nich’ übel, wirklich gut gekontert.“, sagte Reno und klopfte dem Angesprochenen zuversichtlich auf die Schulter. „Aber noch ein bisschen Spröde, die Technik, huh?“ Der Rotschopf strich demonstrativ über die linke Seite des jungen Turk-Anwärters, der daraufhin leicht zu zittern begann. „Die Seite is’ ungeschützt. Oi, was zuckst’n so? Bist’e etwa empfindlich?“ Reno packte die Gelegenheit beim Schopfe und begann den Jungen demonstrativ zu kitzeln. Der hatte zunächst versucht sich nichts anmerken zu lassen, verfiel aber nun in haltloses Gelächter. „Reno! Gnade bitte, Sir!“, gab er zwischen zwei Atemzügen von sich, bevor er zu Boden ging und sich unter glucksendem Gekicher in die Fötusstellung einrollte. „Gnaaade!“ „Abgelehnt!“, entgegnete der Rotschopf mit einem fiesen Grinsen im Gesicht und kitzelte ihn erbarmungslos weiter. Rude betrachtete die Szene mit einer Mischung aus leichtem Erstaunen und Amüsement. Er hatte nicht wirklich ernsthaften Unterricht bei seinem verqueren Partner erwartet, aber diese brüderliche Art mit den Sprösslingen umzugehen, war schon ein abwechslungsreicher Anblick. Es waren insgesamt acht Turk-Anwärter in dieser Gruppe, darunter nur zwei Mädchen. Ihre besonderen Eigenschaften unterschieden sich stark. Der eine war flinker, der andere etwas kräftiger. Aber eines hatten Sie alle gemeinsam: Sie waren unheimlich gut auf ihre spezifischen Fähigkeiten trainiert. Rude hatte es ihm bis zum jetzigen Moment kaum zugetraut, aber der Rotschopf war ein hervorragender Lehrer. Abgesehen davon, dass er systematisch ihre Schwachstellen analysierte und sie ausgiebig anhand von Beispielen und Verbesserungsvorschlägen minimierte, projizierte er auch seine Euphorie auf die Anwärter. Keiner war irgendwie nervlich angespannt oder stand unter schwerem Zugzwang, so wie Rude es von seiner Ausbildung kannte. Ihm hatte man damals immer eingetrichtert, dass er nie etwas werden würde, wenn er nicht genug Disziplin für seinen Job aufbrächte. Er hatte seine beiden Mentoren dafür gehasst, dass sie ihn zwar ständig kritisiert, aber nie seine Leistungen anerkannt hatten. Reno hingegen verteilte Lob, wann immer er konnte. Doch er verteilte es keinesfalls leichtfertig und gewiss auch nicht ungerecht. Außerdem folgte der Anerkennung meistens noch eine kleine Verbesserung. „Yo, Leute Training is’ gut für heute. Macht euch vom Acker. Morgen treffen wir uns am Schießstand, klaro?“ Die Rekruten gaben ein einstimmiges „Jawohl, Sir!“ von sich, bevor sie gesittet die Halle verließen. Reno sah ihnen mit einem Grinsen hinterher, bevor er eine Schachtel Zigaretten aus der Jacke kramte und damit ebenfalls in Richtung Ausgang marschierte. „Reno, warte!“, rief Rude ihm nach. Er bekam das ungute Gefühl, dass sich der Rotschopf von Minute zu Minute stärker von ihm entfernte. Aber er hatte auch keine Ahnung, was er ihm eigentlich sagen wollte. Irgendetwas sagte ihm das er Reno in diesem Moment nicht einfach wortlos gehen lassen durfte. „Was is’n?“ fragte dieser genervt und trommelte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. Rude starrte den Rotschopf an. Tausend Worte schwirrten in seinem Kopf herum, eins klebriger als das andere. Er konnte sich nicht mit solchen Worten bei Reno entschuldigen. Das entsprach weder seiner Art, noch würde dieser ihm das abkaufen. Er blickte also resigniert zu Boden und blieb stumm. Kurz darauf hörte er Renos theatralisches Seufzen. „Du bist so ne Pfeife, Rude, ehrlich ey! Du trittst von einem Fettnäpfchen ins andere, Alter, und bis jetzt hab ich noch nicht ein einziges Mal das Wort >Entschuldigung< aus deinem Mund kommen gehört. Aber, verdammt noch mal, irgendwie hab ICH jetzt ein schlechtes Gewissen, wenn ich dich so anschau!“ „Was?“ „Yo, du müsstest dich mal im Spiegel ansehn. So’n groß gewachsener Kerl sieht aus wie’n mickriges Häufchen Elend, Mann!“ Ein Klickgeräusch verriet, dass Reno sich gerade eine Zigarette angesteckt hatte. Irgendwo in Rudes Hinterstübchen läutete deswegen eine Alarmglocke, doch momentan kreiste all seine Aufmerksamkeit um Renos Worte. Wollte sich der Rotschopf etwa gerade mit ihm versöhnen? Bevor der Glatzkopf jedoch auf diese entgegenkommenden Worte eingehen konnte, ging der Rauchmelder in der Halle an und löste die Sprinkleranlage an der Decke aus. Verdammt, darum hatten die mentalen Alarmglocken geläutet! Im Shinra-Gebäude herrschte aufgrund der Sicherheitsmaßnahmen striktes Rauchverbot! Reno starrte wie paralysiert auf die glühende Kippe. Scheinbar hatte auch er es in diesem Moment vergessen. „Verfickte Scheiße!“ waren seine leicht panisch angehauchten Worte und nichts anderes hätte die Situation besser beschreiben können. Im nächsten Moment sprang auch schon die Tür auf und einige Mann der hausinternen Feuerbekämpfungseinheit stürmten die Trainingshalle. Mit wenigen Handgriffen, waren Alarm und Sprinkler wieder abgestellt und der Hauptmann der Einheit kam mit einem ernsten Gesichtsausdruck auf Rude und Reno zu. Er war ein groß gewachsener, stämmiger Kerl mit dunkeln, buschigen Augenbrauen und einem fiesen Blick. „Wer von Ihnen beiden hat den Rauchmelder ausgelöst?“, fragte er ohne große Umschweife. „Ihr Turks glaubt wohl, ihr könnt euch alles erlauben. Aber, wer auch immer dafür verantwortlich ist, hat mit weitläufigen Konsequenzen zu rechnen.“ Reno wurde eine Nuance blasser, auch wenn er ansonsten einen recht gelangweilten Ausdruck machte. Er machte sich jedoch nicht die Mühe den Zigarettenstummel aus seiner Hand verschwinden zu lassen, sondern hob ihn stattdessen mit einem arroganten Grinsen dem Hauptmann vor die Nase. „Ich war das.“ Rudes Gedanken rasten eben so schnell wie sein Herz. Reno hatte gerade eine schwerwiegende Dummheit begangen. Der Glatzkopf wusste schließlich, dass der Präsident es nur darauf anlegte, dem Rotschopf irgendetwas anzulasten und er wusste auch, dass er diese Gelegenheit kaum ungenutzt lassen würde. Ohne weiter darüber nachzudenken, griff Rude nach dem Stummel in Renos Hand. „Danke, aber ich löffle meine Suppe lieber alleine aus.“ ~*~ TBC ~*~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)