Shiomari von abgemeldet (Waffen, Brüder und andere Probleme) ================================================================================ Kapitel 19: Die im Dunkeln -------------------------- InuYasha hatte die Nacht damit zugebracht, über die Worte Ayakos nachzugrübeln, während in der Hütte die alte Frau und Jaken um die Wette schnarchten und es jeden nur verwundern konnte, wie es Inochiyume gelang bei einem solchen Lärm überhaupt zu schlafen. Jeden, außer InuYasha, der gegen Morgen schließlich zu dem Entschluss kam, dass er zu Ende bringen musste, was er angefangen hatte, alles andere hätte zu sehr nach aufgeben und Schwäche ausgesehen. Und obwohl er mehr als nur versucht war, seinen arroganten Herrn Halbbruder weiterhin das sein zu lassen, was er so sehr verachtete, ließen sowohl sein Gerechtigkeitsempfinden als auch ein gewisser Familienstolz und die Tatsache, dass da immer noch das Problem mit Sōunga wie ein Damoklesschwert über ihnen schwebte, nicht zu, dass er diese Möglichkeit ernsthaft gedachte in die Tat umzusetzen. Das Höllenschwert hatte bereits einmal beinahe für eine Katastrophe gesorgt, ein zweiter, erfolgreicher Versuch musste nun wirklich nicht sein. Dazu kam, dass, nach den Worten Ryōeichis zu urteilen, Ōjidai alt und wissend genug sein müsste, um sich sehr wohl bewusst zu sein, was für Schaden Sōunga anrichten konnte, wenn man nicht über genügend Macht verfügte, sich gegen dessen Willen durchzusetzen. Abgesehen davon, nahm InuYasha es diesem Kerl entschieden übel, dass er versucht hatte ihn mit Hilfe einer dämlichen Tonpuppe umzubringen. Diese Art sich einen Gegner mit Hilfe eines Handlangers vom Hals schaffen zu wollen, erinnerte ihn viel zu sehr an Naraku, als dass er hätte noch unbeteiligt darüber hinweg sehen können. Und so versammelte sich früh am nächsten Morgen, an dem Ausgang des Dorfes, von wo der Weg weiter hinauf ins Gebirge führte, ein kleines Grüppchen, bestehend aus zwei Menschen, einem Hanyō und einem Kappa. Ohne sich mit langem Gerede aufzuhalten, brachen diese vier Personen bald darauf in Richtung des Watari mono auf. Da Inochiyume sich in den Bergen am besten auskannte und die anderen Drei führen sollte, ging sie voran, gefolgt von Haru, Jaken und InuYasha. Auf ihrem Rücken trug das Mädchen ein gut verschnürtes Bündel, in dem sich neben Wasser und Nahrung, alle möglichen anderen Dinge befanden, die für eine Wanderung in den Bergen notwendig waren oder nützlich werden konnten, sowie zwei Fackeln für den späteren Gang durch das Berginnere. In einer Hand trug Inochiyume einen einfachen Käfig, in dem drei unauffällig braune Singvögel saßen, die als Einzige der Gruppe des Öfteren längere Unterhaltungen zu führen schienen. Die Wege, die das Mädchen ihre Begleiter führte, waren nicht gerade bequem zu nennen, häufig waren es nicht mehr als schmale Trampelpfade, die auf beiden Seiten häufig von hoch aufragenden Felsen eingeklemmt wurden und das mulmige Gefühl aufkommen ließen, jeden Moment zwischen diesen Wänden zerquetscht zu werden, wenn sie nur eine Winzigkeit enger zusammengeschoben werden würden. Dann wieder verlief der Weg als schmaler Sims an Felswänden entlang, die in schwindelerregende Tiefe abfielen und wo der kleinste Fehltritt den sicheren Tod bedeutet hätte. Manches Mal hatte Inochiyume Mühe Felsen zu erklimmen, weil sie im Gegensatz zu ihren Begleitern nur eine Hand zum Klettern frei hatte, allerdings murrte keiner ihrer Begleiter ungeduldig darüber, waren sie doch auf ihre Hilfe angewiesen und war Inochiyume geübt genug darin sich in den Bergen zu bewegen, dass sie stets eine Möglichkeit fand die Hürden zu überwinden, ohne die Gruppe zu lang aufzuhalten. Jaken hatte aufgrund seiner Größe ebenfalls immer wieder Schwierigkeiten mit dem Vorwärtskommen, sodass InuYasha, der hinter ihm ging, ihn hin und wieder am Kragen packte und kurzerhand die Felsen hinauf warf. Was bei Jaken auf wenig Gegenliebe stieß, waren die Landungen doch nicht nur unsanft, sondern wurde auch sein Stolz in Mitleidenschaft gezogen, aber das war nicht zu ändern. Einmal legten sie eine kurze Rast ein, in der sie sich von der anstrengenden Kletterei erholten und etwas aßen, bevor sie ihren Weg bergauf fortsetzten und schließlich an eine Stelle gelangten, an der der Weg – beziehungsweise das, was sie als solchen benutzt hatten – abrupt endete, da eine zerklüftete Felswand steil vor ihnen aufragte. Mitten in dieser Felswand, nur nach einiger Kletterei zu erreichen, gähnte ein riesiges, dunkles Loch, das sich vermutlich im Inneren des Berges als Gang fortsetzte, was von außen jedoch nicht zu erkennen war. Schweigend stand die kleine Gruppe einen Moment vor der Felswand, ehe Inochiyume sich zaghaft erkundigte: „Seid ihr sicher, dass ihr da hinein wollt?“ Sie erhielt auf ihre Frage nur ein entschiedenes Nicken als Antwort. „Also gut“, murmelte das Mädchen, holte tief Luft, um sich selbst Mut zu machen und erklärte dann: „Wenn wir im Inneren des Berges sind, dürft ihr nicht zurückbleiben und nicht auf das Flüstern hören, das von den Wänden kommen könnte und ihr müsst aufpassen, dass die Fackeln nicht ausgehen.“ Nachdem sie diese Verhaltensregeln aufgezählt hatte, wandte Inochiyume sich wieder dem Höhleneingang zu und starrte einen Moment verunsichert hinauf, während sie sich in alter Gewohnheit auf die Unterlippe biss. Sie wollte da wirklich nicht hinein, ebenso wenig, wie sie wollte, dass einer ihrer Begleiter in die Reichweite der Schwärzlinge gelangte. Jeder Nerv in ihrem Körper schien ihr zu zuschreien, dass dieses Vorhaben viel zu gefährlich war und sie besser wieder umkehren sollten. Ihren Begleitern waren solche Gedanken und Ängste anscheinend gänzlich unbekannt, denn sie strebten bereits demonstrativ auf das Loch in der Felswand zu. Also ergab sich Inochiyume in ihr unvermeidliches Schicksal, und folgte ihren Begleitern hinauf zum Höhleneingang. Dort angekommen setzte die junge Frau ihr Bündel ab und holte die beiden mitgebrachten Fackeln hervor, die sie mit Hilfe von Zunder und Feuerstein zum Brennen brachte. Eine der Fackeln überließ sie anschließend InuYasha, während sie selbst, das Bündel wieder auf den Rücken gebunden, nun in der einen Hand den Vogelkäfig und in der anderen die zweite Fackel hielt. Anschließend machten sich die Vier auf den Weg in den Berg hinein, Inochiyume erneut die Führung übernehmend. Während sie sich durch steinernes Halbdunkel ihren Weg zum Gipfel suchten, regte das Mädchen durch Pfeifen immer wieder die Vögel zum Singen an, um durch diese Art Lärm die Schwärzlinge fernzuhalten. Ihr Weg führte sie zunächst immer tiefer in den Bauch der Erde hinein, um mannshohe Felsbrocken herum, die aus den Gangwänden gebrochen waren, durch schmale, niedrige Gänge und Abschnitte, in denen man erstaunlich bequem laufen konnte, sofern man nicht auf Nimmerwiedersehen in die plötzlich im Boden auftauchenden Löcher fiel. Erst nach einer ganzen Weile änderte sich die Richtung der labyrinthartig gewundenen Gänge, sodass es nun eindeutig wieder bergauf ging und die Wanderer davon ausgehen konnten, dass sie sich allmählich tatsächlich dem Gipfel näherten. Die ganze Zeit über herrschte angespanntes Schweigen, war nur das Zwitschern der Vögel, das gelegentliche Pfeifen Inochiyumes und das Knirschen ihrer Schritte zu hören, sodass sich InuYasha ernsthaft nach seinen Freunden zu sehnen begann, mit denen der Aufstieg zwar auch nicht leichter, mit Sicherheit aber um einiges angenehmer gewesen wäre. Er konnte die Anspannung und Furcht Inochiyumes riechen, nahm allerdings nichts war, was dieser Furcht irgendeine Berechtigung gegeben hätte. Weder waren die angekündigten Stimmen zu hören, noch war sonst irgendetwas auffällig ungewöhnlich. Abgesehen von der Tatsache, dass sich die Luft, trotzdem sie immer weiter dem Ausgang in Gipfelnähe entgegengingen, kein bisschen verbesserte. Es war noch nicht einmal der Hauch eines Luftzugs zu spüren, der einen nahenden Ausgang ankündigte. Egal wie lang sie auch liefen, die Luft blieb stets gleich abgestanden, trocken und auf schwer zu beschreibende Art wattig, als würde man versuchen am Grund eines Sees entlang zu laufen, nur dass eben die Nässe fehlte. Schließlich verbreiterte sich der Gang, dem sie seit einer geraumen Weile im Gänsemarsch folgten, zu einer mittelgroßen Höhle, bei der es sich erneut um eine Sackgasse zu handeln schien, denn abgesehen von dem Weg, den die kleine Gruppe gekommen war, führte kein Weg aus dieser Höhle heraus. „Bist du sicher, dass wir hier richtig sind und du nicht irgendwo falsch abgebogen bist?“, erkundigte sich InuYasha skeptisch bei ihrer Führerin, während er ebenso kritisch und gründlich wie Haru und Jaken die Wände der Höhle musterte, in der Hoffnung vielleicht doch noch einen Ausgang zu entdecken. Doch so wie es aussah, war da nichts anderes als massiver Stein. „Nein, wir haben uns nicht verirrt“, widersprach Inochiyume unterdessen dem Hanyō und wies auf die Wand, die sich dem Ende des Ganges schräg gegenüber befand, während sie zugleich erklärte: „Normalerweise ist dort ein Ausgang, über den man wieder nach draußen und auf ein Plateau gelangt, dass knapp unterhalb des Gipfels liegt.“ Dass dieser Ausgang verschlossen war, konnte dann wohl nur daran liegen, dass Ōjidai sein Refugium auf dem Berg ‚geparkt’ hatte, dachte sich InuYasha und trat näher an die Wand heran, wo sich sonst der Ausgang befand. Als er die Hand ausstreckte, um den Stein zu berühren, erklang plötzlich ein kurzes, trockenes Knistern, während sich im nächsten Moment der Fels zu verändern schien, wie Nebel waberte und sich gierig nach InuYasha auszustrecken schien, als wollte er diesen verschlingen. Überrascht fuhr der Hanyō zurück und legte die Hand um den Griff von Tessaiga, obwohl er bereits mehrmals erfahren hatte, dass das Schwert gegen einen Nebel aus Mak Ba’el rein gar nichts ausrichten konnte. Dennoch schien InuYasha einen Plan zu haben, wie er gegen dieses Hindernis vorgehen wollte, denn während er Tessaiga aus seiner Scheide zog, befahl er seinen drei Begleitern, sie sollten sich in den Gang zurückziehen, damit sie nicht versehentlich durch die Macht Tessaigas verletzt würden. Erstaunlicherweise kam selbst Haru dieser Aufforderung widerspruchslos nach, während Inochiyume und Jaken gleich darauf erstaunt verfolgten, wie Inuyasha begann unablässig ein Kaze no Kizu nach dem anderen auf die Nebelwand zu schleudern, die diese gierig verschlang, ohne davon weiter beeindruckt zu sein oder InuYasha den Gefallen zu tun und sich aufzulösen. Inochiyume war verblüfft, weil sie so ein Schwert zuvor noch nie zu Gesicht bekommen hatte, Jaken irritiert, weil der Hanyō trotz der Erfahrungen, die er bereits mit dieser Art Nebel gesammelt hatte, noch immer nichts dazu gelernt zu haben schien. Als er sich jedoch entsprechend zweifelnd äußerte, ohne sich dabei an jemanden Bestimmten zu wenden, erhielt er von unerwarteter Seite eine mögliche Erklärung für das Vorgehen des Halbdämons. „Wenn Ōjidai tatsächlich die Mak Ba’el-Quelle des Nebels ist und zurzeit in der Hölle, dann ist die Stärke des Nebels Yōkiangriffe zu kompensieren begrenzt. Was bedeutet, dass nach den Ausführungen des Drachen, so wie du sie wiedergegeben hast, der Nebel sehr wahrscheinlich kollabieren wird, wenn es InuYasha gelingt genügend Yōki freizusetzen und das Gleichgewicht aus Yōki und Genki stark genug zu stören.“ Vollkommen gleichmütig hatte Haru diese Erklärung hervorgebracht, während er gelassen die Bemühungen InuYashas verfolgte. Den ihn aus großen Augen verblüfft anstarrenden Kappa ignorierte er, ohne sich im Geringsten der Tatsache bewusst zu sein, dass er gerade das Tun seines missratenen Halbbruders offiziell abgesegnet hatte. Ob InuYasha tatsächlich genau die gleichen Gedanken wie Haru gehegt hatte, blieb unklar, dafür wurde bald deutlich, dass der Plan aufzugehen schien. Nachdem der Nebel anfangs gierig die freigesetzte dämonische Energie verschlungen hatte, begann diese nun in den Nebel einzudringen, ohne dass dieser noch in der Lage zu sein schien, die Angriffe zu absorbieren. Immer wieder zuckten nun dünne, goldweiße Lichtadern durch die dunkle Nebelmasse, zerstörten auch den letzten Eindruck, dass es sich bei dieser um eine Steinwand handelte und begannen sich schließlich entlang einer vertikalen Linie in einer feinen Verästelung über die ganze Höhe der Nebelwand anzuordnen. Als InuYasha diese Veränderung bemerkte, hielt er für einen Moment in seinem Vorgehen inne, schien einen Moment zu überlegen, aktivierte dann entschlossen das rote Tessaiga und sandte erneut eine letzte Energiewelle los, in der er alle ihm noch zur Verfügung stehende Kraft konzentrierte. Zunächst schien nichts weiter zu geschehen, als dass die rote Energie Tessaigas auf die weißgoldene vertikale Verästelung im Nebel traf, lautlos in sie eindrang und verschluckt wurde. „Keh“, äußerte InuYasha mit enttäuschter Verärgerung, bevor er erneut Tessaiga hob um einen weiteren Versuch zu wagen, nicht bereit so einfach aufzugeben, auch wenn er die Folgen der unablässigen Angriffe auf den Nebel inzwischen ziemlich deutlich zu spüren bekam, viel Kraft war ihm nicht mehr verblieben. Da jedoch begann plötzlich der Nebel entlang der weißgoldenen Linie lautlos und so langsam, dass man vor Ungeduld ganz nervös werden konnte, wie ein Stück alten Stoffs aufzureißen. Auf diese Weise einen Spalt bildend, der von ausgefransten, schlapp herabhängenden Stoffbahnen gesäumt schien. Es wirkte enttäuschend unspektakulär. Als InuYasha jedoch, nachdem er Tessaiga vorerst wieder in dessen Scheide zurückgeschoben hatte, erneut neugierig auf die nun aufgerissene Nebelwand zutrat, um durch den Spalt vielleicht einen Blick in das Innere des Refugiums werfen zu können, beziehungsweise um herauszufinden, ob sich hinter dem Nebel der Weg nach draußen tatsächlich fortsetzte, schienen die zuvor leblos herabhängenden Nebelstreifen plötzlich wieder zu neuem Leben zu erwachen und versuchten erneut sich um den Hanyō zu schlingen, wobei weißgoldene Lichtadern durch die Dunkelheit des Nebels zuckten und heftige Schmerzen verursachten, wenn sie auf die Haut InuYashas trafen. Offenbar bekam dieser Nebel, trotz der Tatsache, dass er die dämonische Energie nicht mehr ausgleichen konnte, nicht genug davon, sie in sich aufzusaugen. Unwillkürlich zuckte der Halbdämon bei dieser Abwehreaktion zurück und war versucht auch das letzte bisschen Yōki, über das er im Moment noch verfügte, in diesen Nebel zu jagen, um ihm endgültig in Wohlgefallen aufzulösen. Unterdessen waren auch seine drei Begleiter zu ihm heran getreten und der Nebel interessierte sich nun nicht mehr nur für InuYasha, sondern auch für Jaken, der eilig einige Schritte zurücktrat, sich so außer Reichweite und in Sicherheit vor dem Nebel bringend. Haru und Inochiyume schien der Nebel hingegen nicht einmal zu bemerken, als würden sie für ihn nicht existieren. Offenbar war Ōjidai der Ansicht, dass Menschen zu schwach und unbedeutend waren, als dass sie etwas gegen irgendeine Form von Mak Ba’el hätten ausrichten können. Was durchaus der Wahrheit entsprach, ohne die Hilfe InuYashas wäre es weder Haru noch Inochiyume möglich gewesen, gegen den Nebel etwas auszurichten. Aufmerksam hatte Haru den Nebel und dessen Reaktion auf jede noch so schwache Form von Yōki beobachtet, befahl schließlich gleichmütig: „Wartet hier“, trat gleich darauf, ohne auf eine Antwort zu warten oder auf die ungehaltenen Proteste InuYashas zu reagieren, durch den Spalt hindurch und war im nächsten Moment verschwunden. „Keh, dieser Idiot, was will er schon allein ausrichten“, grummelte InuYasha missmutig vor sich hin, unternahm jedoch keinen Versuch seinem Bruder zu folgen, sondern schien vorerst bereit auf dessen Rückkehr zu warten. Er hatte sich gerade von dem Nebel abgewandt, sich nach einem halbwegs bequemen Platz zum Sitzen umsehend, als seine empfindlichen Ohren ein seltsames Geräusch vernahmen, das sich bald zu einem unablässigen Flüstern auswuchs. Dieses Flüstern war bar aller verständlichen Worte und gerade deshalb faszinierend, weil man sich umso mehr darauf konzentrierte, je unverständlicher die Worte erschienen, in der Hoffnung, doch noch ihre Bedeutung herauszufinden. Je länger und intensiver der Hanyō diesem Flüstern lauschte, um es zu verstehen und herauszufinden von wo es kam, umso mehr vergaß er alles um sich herum, stand vollkommen hypnotisiert da und überließ sich diesem leisen, unablässigen Murmeln. Er merkte nicht, wie er sich schließlich willenlos in Bewegung setzte, um dem Raunen entgegen zu gehen, wie ein Schlafwandler. Er sah nicht, wie Jaken ihn erstaunt musterte, der offenbar nichts hörte und wie Inochiyume im ersten Moment erschrocken erstarrte, bevor sie sich ihm hastig in den Weg stellte und zunächst versuchte ihn aus seiner Trance zu wecken, indem sie ihn an den Schultern schüttelte. Als er darauf nicht reagierte, schlug sie ihm mehrmals heftig ins Gesicht, ihn immer wieder auffordernd aufzuwachen und nicht auf das Flüstern zu hören. Schließlich hatte sie Erfolg. Etwas benommen und mit brennenden Wangen, sah der Halbdämon das Mädchen vor sich an und schien es tatsächlich wahrzunehmen, während er verwirrt fragte: „Was ist passiert?“ Wieder biss sich Inochiyume auf die Lippe, unsicher und besorgt, bevor sie ihrerseits erst einmal fragte: „Habt ihr bis eben etwas gehört?“ InuYasha nickte, noch immer darum bemüht die letzten Spinnweben des hypnotisierenden Flüsterns loszuwerden. „Ich glaube, es liegt daran, dass Ihr von uns das feinste Gehör besitzt. Ihr habt die Schwärzlinge gehört, bevor wir sie wahrnehmen konnten…“ Inochiyume schien allein schon während sie die Worte aussprach um einiges unruhiger und angespannter zu werden, während ihr Blick unwillkürlich zu dem abgestellten Vogelkäfig huschte, in dem die braunen Singvögel noch immer vor sich hin zwitscherten. Aber wer wusste, wie weit die Schwärzlinge noch entfernt waren, bis auch die Vögel nichts mehr gegen sie ausrichten konnten. „Ihr dürft nicht auf sie hören, egal was sie flüstern, ihr dürft nicht auf sie hören“, Inochiyume klang beschwörend, während sie diese Mahnung erneut an Jaken und InuYasha richtete, die darauf nur bestätigend nickten. Für einen Moment herrschte angespanntes Schweigen, bevor Inochchiyume den zaghaften Vorschlag machte: „Vielleicht wäre es besser, wenn wir versuchen würden auch durch den Nebel zu gehen. Glaubt ihr, ihr könnt das schaffen?“ Nachdenklich starrte InuYasha kurz auf das Hindernis vor dem Ausgang, während Jaken eindeutig gegen diesen Vorschlag zu sein schien, denn zum einen hatte Haru ihnen befohlen zu warten, zum anderen hatte ihm das eine Mal, das er mit dem Nebel in Berührung gekommen war, vollauf genügt. Der Hanyō hingegen schien anderer Ansicht zu sein und nur zu bereit, es zu versuchen. Wofür wohl sowohl Neugier, was sich hinter dem Nebel verbergen mochte, als auch Trotz gegenüber seinem Bruder verantwortlich waren. Doch sie sollten nie dazu kommen, ihre Absicht in die Tat umzusetzen. Inochiyume hatte gerade wieder den Käfig mit den Vögeln aufgenommen, die von einem Moment zum anderen zuerst vollkommen verstummt waren und dann in ein hektisches Gekreisch ausbrachen, als gälte es mit so großen Lärm wie möglich einen überlegenen Feind zu vertreiben. Unterdessen trat InuYasha zum wiederholten Mal auf den Nebel zu, der sich bereits wieder in Erwartung des Hanyō zu regen begann, als es ihn und seine beiden Begleiter unerwartet und mit voller Wucht traf. So heftig, dass das Gekreisch der Vögel ebenso plötzlich verstummte, wie es begonnen hatte und sich die Tiere in ängstlichem Schweigen, zitternd an einander schmiegten, während Inochiyume und Jaken mit einem erstickten Keuchen in die Knie gingen und nur die lähmende Heftigkeit des Angriffs verhinderte, dass sie gepeinigt aufschrien. InuYasha war trotz des Schmerzes, den er spürte, nicht zusammengebrochen, sondern im gleichen Moment, als die anderen Beiden zusammenbrachen, herumgefahren, seine Hand bereits am Griff Tessaigas. Nur, da war nichts, was er hätte angreifen können. Hinter ihm befanden sich nur Inochiyume und Jaken, die der unausgesetzt herantobenden und über ihnen zusammenschlagenden Aggressivität keinen nennenswerten Widerstand entgegenzusetzen hatten. Die Fackel, die sie zurückbehalten hatten, war zu Boden gefallen, brannte jedoch noch ruhig vor sich hin. Die Vögel hingegen hatten diesem pausenlosen, intensiven Angriff noch weniger standgehalten, als das Menschenmädchen und der Kappa, vollkommen erstarrt lagen sie rücklings am Boden des Käfigs und rührten sich nicht mehr. In diesem Moment konnte InuYasha etwas hören. War zuvor nichts anderes wahrzunehmen, als diesem scheinbar aus dem Nichts kommenden, heftigen Angriff, konnte er nun die Geräusche sich langsam und stetig nähernder Kreaturen hören. Leise, schabend, nackte Haut auf rauem Fels, zischelnde, haltlose Gier. Und mit jedem kriechenden Schritt, den diese Wesen näher kamen, wurde die Intensität ihres Hasses stärker. InuYasha hatte geglaubt, der See der Tränen wäre in seiner Art und Macht einzigartig, nun musste er erkennen, dass dieser gegen seine unsichtbaren Angreifer geradezu erträglich gewesen war. Hatte der See die Traurigkeit in einem um ein Vielfaches verstärkt und so den Lebenswillen nach und nach aus einem herausgesogen, war der Hass dieser unbekannten Wesen dazu angetan, die Gegner mit seiner Wucht und Heftigkeit zu lähmen, ihn in immer größeren Schichten auf die Beute zu laden und sie so allmählich den Verstand verlieren zu lassen, jeden Funken Widerstandskraft und eigenen Willen regelrecht zu zermalmen und die Opfer schließlich bewusstlos zusammenbrechen zu lassen. Es gab vermutlich nichts, was diesem blinden, alles verneinenden Abscheu auf Dauer würde standhalten können. So hatte auch InuYasha inzwischen erhebliche Mühe dieser körperlich und geistig fühlbaren Verachtung gegenüber unbekanntem Leben standzuhalten; gegen diesen Hass auf Alles, was anders und nicht so wie diese Wesen der Dunkelheit war, anzukommen. Dennoch trat er mit gezogenem Tessaiga entschlossen zwischen die sich nähernden Kreaturen und seine hilflos am Boden liegenden Begleiter, nicht bereit kampflos aufzugeben oder es diesen Angreifern in irgendeiner Weise leicht zu machen. Er konnte keinerlei magische Energie spüren, was entweder bedeutete, dass diese Wesen in der Lage waren ihre Energien hervorragend zu unterdrücken oder dass sie über keinen Funken Magie, welcher Form auch immer, verfügten, was die Sache noch um einiges erschreckender machen würde, als sie es bereits war. Die Schwärzlinge schienen zu spüren, dass da noch jemand bemüht war ihnen Widerstand zu leisten oder sie hatten ihr Vorgehen bereits von Anfang an auf diese Weise geplant, denn mit einem Mal hielten sie in der Bewegung inne. In sicherer Entfernung des Fackelscheins, in den Schatten verborgen, verharrten sie in plötzlichem, erstickendem Schweigen und schienen auf etwas zu warten. Dieses Etwas war offenbar Verstärkung, denn noch immer nahm der Hass stetig zu, lähmte immer mehr den Willen des Halbdämons, ließ es für ihn immer schwieriger werden einen klaren Gedanken zu fassen und Tessaiga festzuhalten. Jaken und Inochiyume hatten den Kampf gegen diesen Angriff längst verloren und waren bereits ohnmächtig geworden. Dann begann wieder das hypnotische Flüstern, mit dem diese bizarre Schlacht begonnen hatte, wollte InuYasha dazu verführen aufzugeben, sich wieder in die Traumwelt vom letzten Mal zurückzubegeben, sich nicht länger gegen das Unvermeidliche zu wehren. Es war ein ungleicher Kampf, dessen Ergebnis von vornherein feststand. Befanden sich doch auf der einen Seite eine unbekannte und immer größer werdende Anzahl ausgeruhter Wesen, deren Hass durch nichts zu besänftigen war, sich nicht besänftigen lassen wollte, und auf der anderen Seite ein einzelner Halbdämon, der sein Yōki bereits beinah vollständig dafür gebraucht hatte, den Nebel aus Mak Ba’el aufzubrechen. So war es schließlich nur eine Frage der Zeit, bis Geist und Körper InuYashas von diesen unausgesetzt heftigen Angriffen kapitulierten, Tessaiga den kraftlos gewordenen Händen des Hanyō entglitt und dieser mit einem dumpfen Laut bewusstlos auf dem Boden zusammenbrach. Für einen Moment schien es, als wäre das alles, was die Schwärzlinge bezweckt hatten, denn für eine Weile verharrte alles in vollkommener Reglosigkeit, nur die Flamme der Fackel erzitterte hin und wieder still in einem unerwarteten Luftzug. Dann jedoch kam aus der Dunkelheit ein Felsbrocken von der Größe eines Kinderkopfes geflogen, landete zielgenau auf der Fackelflamme und löschte diese aus, sodass von einem Moment auf den anderen die Höhle in völliger Schwärze versank und niemand, der nicht seit langer Zeit daran gewöhnt war sich in vollkommener Dunkelheit zu bewegen, auch nur die Hand vor Augen erkennen konnte. Gleich darauf erklang wieder das Geräusch sich nähernder Schritte, die im nächsten Augenblick, bei der bewusstlos am Boden liegenden Beute angekommen, innehielt, diese packten und im nächsten Augenblick davon trugen, den Vogelkäfig, die gelöschte Fackel und Tessaiga unbeachtet zurücklassend. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)