Shiomari von abgemeldet (Waffen, Brüder und andere Probleme) ================================================================================ Kapitel 2: Unwillkommenes Wiedersehen ------------------------------------- Vogelzwitschern, eine sanfte Brise, das leise Rauschen des Flusses, der Geruch nach Essen – das waren die ersten Eindrücke, die Sesshōmaru wahrnahm, als er am Morgen erwachte. Er hatte geschlafen? Wie konnte das sein, Yōkai brauchten nur sehr wenig Schlaf und er war am Abend kein bisschen müde gewesen. Abgesehen davon, würde er sich nicht einfach in einer ihm unbekannten Gegend irgendwo schlafen legen. - Die Flöte! Suchend sah er sich nach Mitsuki um, obwohl ihm sein Geruchssinn bereits mitteilte, dass sie nicht mehr in der Nähe war, der schwache Geruch von Lotusöl war gänzlich verschwunden, ebenso wie die junge Frau. Zurückgelassen hatte sie den kleinen, gusseisernen Topf, in dem erneut Reis vor sich hin kochte. Auf drei Stöcke gespießt brieten Fische über dem Feuer. Irritiert betrachtete Sesshōmaru dieses Szenario, was bezweckte Mitsuki damit? Neben ihm begannen sich nun auch Jaken und Rin zu regen. Gähnend erwachten sie und wünschten Sesshōmaru einen guten Morgen, bevor sie sich mit neuem Appetit und unverdrossen über das Frühstück hermachten. Während sie aßen, sah sich Rin suchend um, „wo ist Mitsuki-san?“, erkundigte sie sich schließlich verwundert. Da sie darauf keine Antwort erhielt, fügte sie hinzu: „Ich wollte mich doch noch bei ihr bedanken und ihr den Yukata zurückgeben.“ „Sie scheint schon eine Weile nicht mehr hier zu sein, du wirst auf eine Danksagung also verzichten müssen“, erklärte Jaken daraufhin ungerührt, nachdem er die letzten Bissen seines Essens hinunter geschluckt hatte. Schließlich hatten sie das Frühstück beendet und waren wieder aufgebrochen, um ihre Reise fortzusetzen. Während sie wanderten, erkundigte sich Rin bei Jaken, ob es das Schwert, von dem Mitsuki erzählt hatte, tatsächlich gebe. Mit vor der Brust verschränkten Armen, den Jintōjō in seiner Armbeuge festgeklemmt und mit geschlossenen Augen, um sich besser konzentrieren zu können, dozierte Jaken in gewichtigem Tonfall: „Das Schwert selbst hat seit Jahren niemand gesehen, aber es gibt jede Menge Legenden darüber. Jurojin soll mit ihm Ragnarok besiegt haben und gegen eine ganze Armee von Dämonen angetreten sein. Nachdem er über diese gesiegt hatte, soll er der Herr über die südlichen Länder geworden sein. Deshalb hat er wohl auch Shiomari im Wald von Sameji versteckt.“ „Wer ist Ragnarok?“, erkundigte sich Rin neugierig, die mit diesem Namen nichts anfangen konnte. „Ragnarok war vor hunderten von Jahren, der Herr der Spinnendämonen, er war riesig und galt als klug, grausam und unbesiegbar. Nachdem Jurojin ihn besiegt hatte, wurde er zum erklärten Todfeind der Spinnendämonen. Aber keiner von ihnen hat es geschafft, ihm auch nur einen Kratzer zu zufügen. Allerdings gibt es eine Geschichte, nach der der Pfeil, der Jurojin schließlich tötete, aus den Knochen Ragnaroks hergestellt worden sein soll.“ Nachdem Jaken seine Antwort beendet hatte, wurde über dieses Thema nicht mehr gesprochen, während die kleine Gruppe ihre Reise fortsetzte, ohne dass zwei Drittel von ihr überhaupt wussten, wohin es eigentlich ging. Aber sie fragten nicht, sie vertrauten Sesshōmaru und würden ihm blind überall hin folgen. Am dritten Tag nach ihrer Begegnung mit Mistuki gelangten sie an den Rand eines Waldes und Jaken machte große Augen, als er feststellte, dass es sich um den Wald von Sameji handelte. Glaubte Sesshōmaru-sama etwa dieser alten Legende und wollte dieses Schwert nun zu seinem Eigentum machen? Aber er traute sich nicht seinen Herrn zu fragen, stattdessen folgte er ihm widerspruchslos in den Wald. Als sie diesen etwa zur Hälfte durchquert hatten, gelangten sie auf eine kleine Lichtung, in deren Mitte eine einfache Holzhütte stand. Vor dieser Hütte, auf einem sie umgebenden Holzsteg, lag ein großes Tier und döste, den Kopf auf seine Vorderpfoten gelegt, in der Nachmittagssonne. Das Seltsame an diesem Tier war nicht nur, dass sein Fell von so reinem Weiß war, dass es die Augen blendete, sondern dass Ohren, Schweif und Mähne die eines Pferdes waren, während der restliche Körper eindeutig in die Kategorie 'zu groß geratene Raubkatze' fiel. Als sich die Reisegruppe der Hütte näherte, hob das Tier seinen Kopf und blickte prüfend in ihre Richtung. Setzte sich schließlich auf seine Hinterpranken, schüttelte den riesigen Kopf und peitschte träge mit seinem Schweif den Holzboden. Auf seiner Brust leuchtete von der Sonne erhellt eine hervorragend gearbeitete Goldschmiedearbeit, in deren Mitte sich ein blutroter Schmuckstein befand, der genau denselben Farbton aufwies, wie die Augen des katzenartigen Wesens. In all dem Weiß stachen sie noch mehr hervor, als sie es ohnehin getan hätten. Sesshōmaru war am Rand der Lichtung, unter den letzten Bäumen stehen geblieben, während sich der Rest seiner kleinen Reisegruppe abwartend hinter seinem Rücken hielt, und starrte ebenso konzentriert auf das Untier, wie dieses auf die Neuankömmlinge. Von einem Moment auf den anderen setzte das Tier plötzlich zum Sprung an, landete mit einem mächtigen Satz vor Sesshōmaru und griff diesen ohne zu zögern an. Der Yōkai war ein wenig zurück gewichen und hatte mit emotionsloser Stimme „Jaken“ geäußert, während er bereits die Finger versteifte und an ihnen eine giftig grüne Substanz hervortrat, um dieses unerfreuliche, kleine Intermezzo zu beenden. Jaken wusste, was von ihm erwartet wurde und brachte schleunigst Rin und Ah-Un außer Reichweite der Geschehnisse. Unterdessen schlug Sesshōmaru den Angreifer mit seiner Giftklaue zurück. Das Katzentier jedoch wich geschickt der zuschlagenden Klaue aus, ebenso wie den umgehend hinterher geschickten sichelförmigen Energieklingen, wechselte schneller als das Auge folgen konnte die Richtung seines Angriffs und war nun im Rücken Sesshōmarus. Im letzten Moment gelang es diesem dem Tier auszuweichen, das sich mit seinem gesamten Körpergewicht gegen ihn werfen wollte. Während die Pferdekatze ihr Gleichgewicht suchte, erneut die Richtung wechselte und nun wieder direkt auf den Hundeyōkai zulief, bildete sich an den Fingerspitzen desselben eine dünne Schnur reiner Energie aus, mit der er umgehend zuschlug. Doch wieder wich das Tier mühelos jedem der Peitschenschläge aus und versuchte dem Dämon dabei immer näher zu kommen. Diesem blieb nichts anderes übrig als zwischen den Bäumen zurück zu weichen. Da Sesshōmaru es seiner unwürdig fand, sich wie ein Kaninchen durch die Gegend jagen zu lassen, wechselte er abrupt seine Taktik, sprang mit atemberaubender Schnelligkeit hinter das Biest und zog zugleich Tōkejin aus der Scheide. Sein Fuß hatte kaum den weichen Waldboden berührt, als er sich von zwei riesigen Tatzen gegen einen Baumstamm gedrückt und festgehalten fühlte. Was für eine Demütigung, er, der Sohn des mächtigen Inu no Taishō, festgehalten von einem Wesen, das noch nicht einmal einen Hauch von dämonischer Aura besaß und ihn in diesem Moment fröhlich anzugrinsen schien, ohne dabei die geringsten Anstalten zu machen sein Opfer zu töten. Sondern den Anschein erweckte, es wolle Sesshōmaru aufmunternd mit der Schnauze anstubsen, die Niederlage nicht so tragisch zu nehmen. Tōkejin war in dieser Situation bestenfalls geeignet, das Tier an seiner Flanke zu kitzeln. Kurzerhand blies Sesshōmaru der Pferdekatze Giftatem ins Gesicht, worauf diese sich mit einem erstaunten Fiepen und niesend von ihm abwandte, sich auf dem Waldboden auf ihren Hinterpranken niederließ und mit einer Pfote immer wieder über ihre Nase wischte. Ohne weiter auf das Tier zu achten, steckte Sesshōmaru sein Schwert zurück in die Scheide und machte sich zurück auf den Weg zur Lichtung, um Rin, Jaken und Ah-Un einzusammeln und mit ihnen weiter zu reisen. Während er sich wieder der Lichtung näherte, verstärkte sich der ihm bereits bekannte Geruch nach Lotusöl, Reispapier und Metall, den er in der Nase hatte, seit sie den Wald betreten hatten und dessen Quelle die Pferdekatze gewesen war, noch einmal. So war Sesshōmaru nicht überrascht, als er die Lichtung betrat und Mitsuki zusammen mit Rin und Jaken vor der Hütte sitzen sah. Was allerdings bemerkenswert war, war die Tatsache, dass die Pferdekatze sich ebenfalls bereits wieder auf der Lichtung befand, den Kopf in Mitsukis Schoß gelegt und sich graulen ließ. Lange bevor Sesshōmaru nah genug war, als dass seine Begleiter ihn hätten bemerken können, konnte er bereits der stattfindenden Unterhaltung lauschen. „Wir hätten doch zusammen reisen können, dann wärst du nicht so allein gewesen.“ „Rin, es ist ganz allein die Entscheidung der Frau, was sie tut und lässt, belästige sie nicht. Außerdem wäre es Sesshōmaru-sama sicher nicht Recht gewesen“, unbeeindruckt von Jakens Einwurf fuhr Rin mit einem Lächeln fort, während sie mit den Beinen baumelte: „Aber ich freu mich, dass wir uns wieder sehen, ich habe noch deinen Yukata.“ „Behalte ihn ruhig, er ist ein Geschenk“, erwiderte Mitsuki mit ruhiger Freundlichkeit, worauf sich Rin Freude strahlend bedankte. Es war lange her, dass sie ein Geschenk erhalten hatte, da war es nicht von Bedeutung, dass ihr der Yukata viel zu groß war und sie ihn eher als Mantel mit Schleppe tragen konnte. „Warum hat dein Tier eigentlich Sesshōmaru-sama angegriffen, das war nicht nett“, setzte Rin anschließend das Gespräch fort, während Jaken überzeugt und herablassend hinzufügte: „Vor allem war es nicht sehr klug. Niemand ist stärker als Sesshōmaru-sama, das Biest kann von Glück sagen, dass es noch lebt.“ Offenbar empfand die Pferdekatze Jakens Äußerung als Beleidigung, denn sie hob den Kopf, fixierte Jaken mit ihren roten Augen und knurrte leise. Gleichzeitig erklärte Mitsuki: „Er hat sich gelangweilt und wollte ein bisschen spielen, das ist alles, er hatte nie vor, eurem Herrn etwas anzutun.“ Skeptisch betrachtete Jaken daraufhin das riesige Tier vor sich, während Rin sich neugierig erkundigte: „Hat er einen Namen?“ Wie drei Tage zuvor am Flussufer erschien auch dieses Mal ein Lächeln auf Mitsukis Lippen und sie erwiderte: „Gib ihm einen Namen, er wird auf ihn hören.“ Und wieder sah Rin verwundert zu der Frau neben ihr auf, bevor sie der Aufforderung folgte, sich das Tier ansah und schließlich „Tomoki“ äußerte, wobei sie fragend zwischen dem Tier und der Frau hin und hersah, um zu erfahren, ob der Name in Ordnung wäre. Die Pferdekatze brummte und Mitsuki nickte, also war der Name beschlossen. Bevor Rin ihre Befragung fortsetzen konnte, erhob sich Jaken und lief erleichtert Sesshōmaru entgegen, der in diesem Moment die Lichtung betrat, sich bei ihm erkundigend, ob sie nun weiterreisen würden. Als die beiden nah genug heran gekommen waren, begrüßte Mistuki den Hundeyōkai mit einer höflichen Neigung des Kopfes und äußerte: „Es wird bald dunkel sein, wenn es euch Recht ist, könnt ihr hier übernachten.“ Auf eine Entscheidung wartend, blickten Rin und Jaken daraufhin zu Sesshōmaru auf, dieser entgegnete lediglich: „Wir bleiben.“ Diese Entscheidung hatte zur Folge, dass Mitsuki sich erhob und begleitet von Tomoki die Hütte betrat, nachdem sie ihre Gäste herein gebeten hatte. Das Innere der Hütte bestand lediglich aus einem Raum, in dessen Mitte sich eine Feuerstelle befand und der ansonsten nur das Allernotwendigste zum Leben enthielt. An der Rückseite der Hütte befand sich noch ein gesonderter Raum, der als Badestube diente. Diesem stattete Rin einen ausgedehnten Besuch ab, bevor es als Abendessen eine reichhaltige Misosuppe gab. Dieses Mal aß jedoch nicht nur Sesshōmaru nichts, sondern auch Mitsuki und Tomoki nahmen nichts zu sich. Wachsam beobachtete der Yōkai ihre Gastgeberin und deren Haustier, er hatte kein Gift wittern können und Jaken war während der Zubereitung des Essens die gesamte Zeit anwesend gewesen, sodass Mitsuki keine Möglichkeit hatte, etwas in das Essen zu mischen, das nicht hinein gehörte, dennoch konnte eine gewisse Vorsicht nicht von Nachteil sein. Während des Essens hatte Tomoki sich aus seiner Zimmerecke erhoben, die Hütte verlassen und war im Dunkel des Waldes verschwunden. Auch Mitsuki verließ schließlich leise und ohne ein Wort zu sagen den Raum, sobald Rin eingeschlafen war. Sesshōmaru entschied sich, ihr zu folgen, Jaken zurücklassend, damit dieser auf Rin aufpasste. Lauschend und witternd stand der Hundeyōkai einen Moment vor der Hütte, um heraus zu finden, wohin Mitsuki verschwunden war, wandte sich dann Richtung Nordwesten und folgte lautlos dem schwachen Geruch von Lotusöl bis zu einer weiteren Lichtung, an deren einem Ende eine riesige Felsformation emporstrebte. Am oberen Ende einer steil aufragenden Felsplatte, an einer Stelle, die für Menschen nur nach äußerst beschwerlicher Kletterei zu erreichen war, ragte der Griff eines Schwertes aus der Wand. Schräg unterhalb davon, auf einem breiten Felsvorsprung saßen zwei Personen. Eine Frau mit dem Rücken an die Brust eines Mannes gelehnt, dessen Arme sich Besitz ergreifend um die Frau schlossen. Die Köpfe waren aneinander gelehnt, sodass sich die schlohweißen Haare des Mannes mit den pechschwarzen der Frau mischten. Selbst die helle Kleidung des Mannes schien fließend in den dunklen Yukata der Frau über zugehen. Das gesamte Bild vermittelte den Eindruck absoluter Einheit, die in ihrer Vollständigkeit ausschließlich war. Nichts und niemandem würde es gelingen sich zwischen diese beiden Teile eines Ganzen zu drängen oder je dazu zugehören. Obwohl die Beiden sich nur leise flüsternd unterhielten, gelang es Sesshōmaru mühelos dem Gespräch zu folgen. Allerdings stellte er irritiert fest, dass jedes Mal, wenn einer der Beiden, den Anderen mit Namen ansprach, er nicht in der Lage war, das Wort zu erfassen. Er hörte es und wußte, dass es keiner der Namen war, die Rin den beiden Wesen gegeben hatte. Jedes Mal hatte er für Sekunden den Eindruck, die Namen verstanden zu haben, doch schon im nächsten Augenblick waren sie, wie die Schatten eines vergangenen Traumes, bereits wieder seinem Hirn entschwunden und ließen nichts zurück, als das Wissen, dass es sie gab. „Du bist also der Ansicht, wir sollten es ihn versuchen lassen, trotzdem er nur einen Arm und schon zwei Schwerter besitzt“, diese leise Feststellung kam von der dunkelhaarigen Frau, bei der es sich um Mitsuki handelte. Der Mann nickte mit einem leichten Lächeln und erwiderte ebenso leise: „Er ist stark, auch wenn er nur einen Arm besitzt. Tenseiga taugt nicht viel und Tōkejin ist zwar als Waffe ganz nett, aber nicht wirklich beeindruckend.“ „Tenseiga ist eines der mächtigen Zwillingsschwerter, es gibt Leben und du nennst es nutzlos“, obwohl es eine Zurechtweisung war, klang Mitsukis Stimme lediglich als träfe sie eine Feststellung. „Es taugt nicht im Kampf, wenn es darum geht zu töten“, erwiderte ihr Begleiter daraufhin gelassen. „Aber es könnte“, wieder eine gelassene Feststellung Mitsukis, bevor sie fortfuhr: „Ich glaube nicht, dass es ihm mit nur einem Arm gelingen wird, das Schwert zu ziehen, bisher haben alle beide Hände und alle Kraft dafür benötigt.“ „Lass es ihn versuchen, gelingt es ihm nicht, lässt es sich nicht ändern. Gelingt es ihm doch, werden wir weiter sehen“, schlug der weißhaarige Mann vor und fügte hinzu: „Wenn du so sehr an ihm zweifelst, warum hast du ihn erst hier her gelockt?“ „Dir war langweilig und du gierst danach wieder zu kämpfen, so war es in jedem Fall eine kleine Abwechslung für dich.“ Bei dieser Antwort Mitsukis lachte der Mann leise auf, zog sie näher an sich und erklärte: „Dann ist es beschlossen: Der Welpe darf Morgen sein Glück versuchen.“ Dieser gerade als Welpe titulierte Herr der westlichen Länder musste in diesem Moment sehr an sich halten, um diese Beleidigung seiner Person nicht umgehend zu rächen. Er beschloss bis zum nächsten Tag zu warten und sobald er im Besitz Shiomaris war, würde er es dazu benutzen diesem Kerl Manieren beizubringen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)