Mémoire von Ju-Chan1991 (vorläufiger titel) ================================================================================ Kapitel 1: -Ein Nachmittag wie dieser...- ----------------------------------------- Es war wieder einer dieser Nachmittage. Die Strahlen der späten Nachmittagssonne schienen durch das bunt gefärbte Laub der Bäume und eine herbstlich kühle, aber angenehme Brise wehte über den laubbedeckten Waldboden. Manchmal konnte man sehen, dass der Wind hier und da die Blätter aufwirbelte und sie in anmutigem Spiel über den Boden tanzen ließ. Es war wieder einer dieser Nachmittage, an dem normale Leute mit ihren Kindern in den Park gingen, Drachen steigen ließen, Eis aßen und die letzten warmen Tage des Spätsommers genossen. Doch er war nicht normal, sein Leben war nicht „normal“ und er würde wohl auch nie an einem Sonntagnachmittag sorglos durch einen Park schlendern können. Denn Sasori war ein Shinobi, ein Ninja, eine Waffe. Er hatte schon längst nicht mehr das Bedürfnis ein normales Leben zu führen. Früher war er beunruhigt und auch ein wenig traurig gewesen über diese Erkenntnis. Doch diese Gefühle waren schon lange nicht mehr präsent. Es gab sowieso kaum etwas, das er noch fühlte und was ihn bewegte. Nur ab und an in kleinen Momenten der Schwäche schlich sich ein unbedeutendes, kaum zu erfassendes Gefühl in sein Herz. Man konnte es schon fast gar nicht mehr „Gefühl“ nennen, glich es doch eher einer Erinnerung die durch einen Traumvorhang aus einer anderen Welt hinüber schimmerte. Doch es wollte unbedingt nach Außen dringen und der ganzen Welt zeigen, dass es existierte. Natürlich schaffte er es jedes Mal es zurückzudrängen, doch es ärgerte ihn trotzdem. Nicht umsonst hatte er sich in eine Marionette umgebaut. Emotionen waren störend und wenn man sich im Kampf und in dem Leben, das er führte, auf sie einließ war man schneller tot als einem lieb war. Doch heute war wieder einer dieser Nachmittage, an denen sich eine altbekannte Melancholie einstellte und sich ihm wieder ein „Gefühl“ aufzudrängen versuchte. Es lag wahrscheinlich weniger an dem Nachmittag selbst als viel mehr an der Tatsache, dass es ein normaler Nachmittag war, an dem sich die Welt im Großen und Ganzen normal verhielt und an dem es tatsächlich Menschen gab, die diesen Tag normal verbrachten. Und dass, obwohl sein eigener Nachmittag und sein eigenes Leben so unnormal waren, wie man es sich nur vorstellen konnte. Denn es war ein Nachmittag, an dem er und sein Partner wieder völlig ziellos im Wald umherstreiften. Sie hatten eine Mission zu erledigen und waren wegen eines Angriffs feindlicher Shinobi vom Weg abgekommen. Nun versuchten sie vergeblich sich durch das Gestrüpp des Waldes zu kämpfen, um wieder eine halbwegs richtige Richtung einschlagen zu können. Die Dornen der Sträucher stachen ihm in die Arme und Beine und hinterließen kleine Kratzer im Holz, aus dem sein Körper geschaffen war, so dass es bestimmt verflucht wehgetan hätte, hätte er sich damals durch seinen „Umbau“ nicht von allen körperlichen Schmerzen befreit. Doch er schimpfte innerlich mit sich selbst, dass er seinen Mantel im Hauptquartier gelassen und nur mit Netzhemd und Hose bekleitet die Mission angetreten hatte. Denn auch wenn er vielleicht den Schmerz nicht spürte, die Risse in der Faser des Holzes machten ihm nur unnötig Arbeit, denn es dauerte mehrere Tage bis er es wieder glatt geschliffen hatte. Sasori hatte geglaubt, dass er die Mission schnell hinter sich bringen würde, denn es galt nur eine Schriftrolle von einem Informanten in einem nahe gelegenen Dorf zu holen und so hatte er deshalb sowohl seinen Mantel als auch seine Kampfpuppe Hiruko nicht mitgenommen. Dass diese unerwarteten Schwierigkeiten mit den Anbu auftreten würden, damit hatte er nicht gerechnet. Neben sich hörte er ein Stöhnen und erkannte seinen Partner Deidara, der gerade dabei war sich ein lästiges Gestrüpp aus seinen Haaren zu zerren. Auch seine Arme und Beine waren von den Sträuchern zerkratzt worden, doch im Gegensatz zu den Kratzern in seinem Holz traten aus den Wunden seines Partners feine Rinnsale mit Blut aus. Sasori betrachtete amüsiert wie der Jüngere immer noch vergeblich versuchte sich endlich von dem Ast in seinen Haaren zu befreien. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf Sasoris Lippen. Deidara zu beobachten, wenn sich dieser Mal wieder mehr als nur tollpatschig anstellte, war immer ein Erlebnis der besonderen Art. Er sah dann immer so schön hilflos aus und fing an den Grund seiner Leiden anzubrüllen und sich über alles Mögliche lautstark zu beschweren, ohne dass es etwas an seiner Situation änderte. Sasori fragte sich dann jedes Mal wie man sich nur so von seinen Gefühlen leiten lassen konnte. Die Meckerei von Deidara endete jedenfalls immer damit, dass er sich an seinen Danna wand um ihn um Hilfe zu bitten, oder was öfter vorkam, ihn ebenfalls anzupflaumen. Auch diesmal ließ Deidara nicht von seinem gewohnten Konzept ab und nachdem er sich über die Dornen, den Wald, Itachi, die Bäume, die Organisation, die Mission und das Wetter aufgeregt hatte, wandte er sich an Sasori, der sich mittlerweile fragte, wie man solche Gedankesprünge machen konnte und von einem Wald auf Itachi kam. „Sasori no Danna, anstatt dumm in der Gegend rum zu grinsen, könntet ihr mir ruhig helfen!!!“ Der blonde Iwa-Nin starrte ihn böse an und Sasori hätte bei diesem Anblick fast seine Selbstbeherrschung verloren und haltlos losgelacht. Das finstere Gesicht wirke mit dem Ast in den Haaren einfach nur lächerlich und fast schon ein wenig niedlich. „Und du könntest dir die Haare kurz schneiden, damit du mich nicht andauert damit belästigen musst.“, entgegnete Sasori, während er sich einen Weg durch die Hecken zu seinem Partner bahnte. Deidaras Gesichtsausdruck wechselte schlagartig von ärgerlich über überrascht, wobei er dabei riesige Augen machte, auf panisch. „Sasori no Danna, ihr! Ich schneide mir meine schönen langen Haare doch nicht ab! Wie kommt ihr nur auf solch absurde Ideen?!“, empörte sich Deidara lautstark. Wenn es etwas gab, was der Blonde auf den Tod nicht ausstehen konnte, dann war das entweder wenn man etwas Negatives über seine „Kunst“, die Sasori allenfalls als nützliche Technik anerkannte, sagte oder wenn man wie in diesem Fall damit drohte, seine Haare abzuschneiden. „Es wäre auf Missionen trotzdem wesentlich praktischer.“ Sasori machte noch einen weiteren Schritt auf Deidara zu und zog ein Kunai aus seiner Tasche. Als der Iwa-Nin das Metall der Klinge ausblitzen sah entgleisten seine Gesichtszüge und er wich panisch zurück, wobei er sich wieder einmal mehr als ungeschickt anstellte, über seine eigenen Füße stolperte und auf den Boden plumpste. Im ersten Moment wusste Sasori nicht, wie er die Reaktion Deidaras zu deuten hatte und für einen winzigen kleinen Augenblick war er völlig verwirrt, wollte er das Kunai nur dazu benutzen den Ast aus den Haaren seines Partners zu entfernen. Doch dann realisierte er, was Deidara gedacht hatte. Nämlich, dass Sasori das Messer deshalb gezückt hatte, um ihm die Haare abzuschneiden. Die Erkenntnis darüber, dass Deidara glaubte, er würde so weit gehen und ihn „verstümmeln“ erzürnte Sasori auf eine seltsame Art und Weise. Dieses Gefühl kam vom irgendwo ganz tief in seinem Herzen und das, obwohl er seinen Gefühlen schon seit Langem abgeschworen hatte. Wäre er nicht so von dieser Emotion überrumpelt worden, hätte er sich sicher gefragt, wieso er den Verlust von Deidaras Haaren als „Verstümmlung“ bezeichnet hatte. Doch plötzlich war dieses Gefühl einfach da. Und dieses Mal war es nicht bloß ein schwaches Aufflackern einer Erinnerung oder etwas derartig Surreales, von welchem man glaubt es sich nur eingebildet zu haben. Ob es nun an dem verfluchten Nachmittag lag oder an etwas anderem. Es war wie ein Sturm, der in ihm tobte und ihn in diesem Augenblick vergessen ließ, dass er eigentlich immer messerscharfen Verstand bewies und sich nie von etwas anderem leiten ließ als seiner eigenen Vernunft. Denn hätte er das bedacht, hätte er das Schlimmste vermeiden können. Doch so in seiner Rage, konnte er sich nicht mehr bremsen. Er schritt die letzten paar Meter auf Deidara zu und zerrte ihn gewaltsam auf die Beine. „Wie kannst du es wagen?!“ schrie er seinen Partner fast schon an, der geschockt die Augen aufriss und wie versteinert Sasori anstarrte. Dieser packte Deidara jedoch grob an seinen Schultern, drückte ihn gegen den nächsten Baum und kam dann Deidaras Gesicht gefährlich nahe. Er hätte wohl noch etwas gegen seine Wut unternehmen und sie wie immer in seinem Innern verschließen können, doch es war weniger die Machtlosigkeit als viel mehr der Wille es zu tun. Er wollte wütend sein, wollte seine Wut an Deidara auslassen, ihn anschreien, anbrüllen, ihm Angst machen bis seine Wut endlich verflogen war…. „Wie kannst du es wagen, “ zischte er bedrohlich direkt in das Ohr seines Gegenübers. „so etwas von mir zu denken?!“ Um seinen Worten Ausdruck zu verleihen und in einem vergeblichen versuch seine Wut dadurch zu mildern, schlug er so fest gegen den Baum, das das Holz seiner Hand anfing zu splittern. Angst blitzte in Deidaras Augen auf und er fing an zu zittern. Hilflos blickte er den Puppenspieler an. Doch der Suna-Nin immer noch voller Wut, darauf, dass der Blonde ihm selbst nach so langer Zeit nicht vertraute, war unempfänglich für jegliche Art von Reaktionen, die von dem Iwa-Nin ausgingen. Wie in Raserei ließ er seine Hand wieder und wieder gegen den Baum schnellen. Und nach und nach verflog seine Wut auf Deidara und wurde zu einem anderen nicht weniger aggressiven Zorn. ‚Verdammt!’ Es war der Zorn über sich selbst, seine Gefühle und vor allem über diesen verfluchten Nachmittag… Ja, es war dieser Nachmittag der Schuld war, dass er seine Gefühle nicht mehr unter Kontrolle hatte. Er hielt inne und starrte geistesabwesend einen fiktiven Punkt direkt neben seiner Hand auf der Baumrinde an. „Sasori no Danna…“ Es war nur ein vorsichtiges flüstern, doch es ließ ihn aufschrecken und ihn direkt in zwei azurblaue, unsichere Augen blicken. Schuldgefühle überkamen ihn angesichts von Deidaras Anblick und dessen was er getan hatte. Und plötzlich war da diese Unsicherheit, was nun zu tun war. Sich entschuldigen? Etwas sagen? So tun als sei nichts gewesen? Je länger er in diese blauen Iriden blickte, desto mehr fürchtete er sich davor, was als nächstes geschehen würde. Denn an diesem Nachmittag , der so normal und doch so unnormal in jeglicher Hinsicht war, wie er nur hätte sein können, verspürte der Puppenspieler auf einmal, Gefühle von denen er bis jetzt nur noch ab und an geträumt hatte, von denen er aber überzeugt war, dass er sie niemals wieder spüren würde… Es waren Emotionen wie Angst, Unsicherheit und Schuld… Deidara bewegte vorsichtig und bedacht seine Hand in Richtung seines Dannas. Nur man Rande registrierte Sasori diese Bewegung und war weiterhin tief in seine Gedankenwelt versunken. Doch als die Hand sich auf seine Wange legte, zuckte er zusammen und wurde mit samt seiner Gefühle in die Wirklichkeit zurück gespült. Er sah Deidaras besorgtes Gesicht vor sich, war sich der Hand auf seiner Haut bewusst. Es war seine skurrile Situation, von der man dachte, sie nie so vorzufinden und doch auf eine seltsame Art und Weise so real, wie man sie sich nur vorstellen konnte. Panik ergriff Sasori und er rannte los ganz automatisch und ohne ein Ziel. Er wollte einfach nur weg, weg von dieser Situation, weg von seinen Gefühlen, weg von Deidara. Und während er sinnlos durch den Wald lief und sich anfing zu beruhigen, erkannte er, dass es nicht brachte davon zu laufen. Seine Gefühle waren da und so sehr er sich noch dagegen sträubte, das was eben passiert war, hatte ihn die Kontrolle vergessen lassen und er musste erkennen, dass er sich doch nicht so einfach von seinen Gefühlen lossagen konnte. Doch was auch immer in Zukunft passieren würde, er würde ihnen nicht noch einmal so nachgeben wie heute. Er blieb stehen und beobachtete wie das bunte Laub der herbstlich gefärbten Bäume langsam und sinnlich zu Boden fiel. Sein Blick glitt nach oben und er sah durch das Blätterdach ein Stückchen des blauen Himmels. Eine normale Familie hätte wohl an diesem Tag einen Ausflug unternommen. Sasori starrte weiterhin wie gebannt auf die Wipfel der Bäume, die sich sachte im Wind wiegten. Er gab keinem die Schuld für das, was heute passiert war. Es war einfach nur dieser verfluchte Nachmittag. …ja, daran lag es wohl, es war wieder einer dieser Nachmittage. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)