La Revelación - Die Offenbarung von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Aufbruch! -------------------- Früh am Morgen erwachte André, er tastete nach Oscar, doch das restliche Bett war leer. ‚Aber sie lag doch neben mir’, dachte sich André. Er richtete sich auf und rieb sich die Augen, langsam klärte sich sein Bild und er erkannte Oscar auf dem Balkon stehend. „Guten Morgen André!“, just in diesem Augenblick drehte sie sich zu ihm um und warf ihm eines ihrer wunderbaren Lächeln zu. „Guten Morgen Oscar, was machst du denn um diese Uhrzeit draußen auf dem Balkon?“ André ging verwundert zu ihr ins Freie, er umarmte und küsste sie sanft. Es hatte den Anschein, als brauchte er jeden Morgen erneut die Bestätigung, dass sie doch bei ihm war. „Ach André, es ist so viel passiert in den letzten Wochen und so viel liegt noch vor uns, ich musste mal wieder meine Gedanken ordnen, ein wenig meine innere Ruhe wiederfinden.“ „Ja, ich kann dich gut verstehen, doch das einzige was mich noch aus der Bahn werfen würde, ist, dass du nicht mehr da wärst, mich einfach verlassen würdest.“ Er sah sie ernst an, „tu das bitte nie!“ „Ich verspreche es dir, zumindest, dass ich dich nicht freiwillig verlassen werde.“ Oscar lächelte ihn verliebt an und zog ihn zu sich heran um ihn einen ihrer unvergesslichen Küsse zu schenken. So standen die zwei Verliebten eng umschlungen im Schein der aufgehenden Sonne, alles hätte so schön sein können, würde ihre Umgebung nicht im Chaos versinken. Sie kleideten sich an und machten sich auf den Weg ins Erdgeschoss, überlegten wo ihre Freunde heute wohl geschlafen hatten. Sie hatten sich am Vorabend darauf geeinigt, dass sich jeder ein noch brauchbares Bett suchen würde. Als sie die Marmortreppe hinunter gingen, knurrte Andrés Magen laut auf. Oscar fing schallend an zu lachen, „also wirklich, gewisse Dinge ändern sich wohl nie“, sie piekste ihn in die Magengegend und lief lachend davon. „Na warte, dir werde ich es schon noch zeigen, was es heißt sich über einen Grandier lustig zu machen“, auch er konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, denn sie hatte schon recht was seinen Magen betraf, hatte sich dies doch seit ihrer beider Kindheit nicht verändert. André holte sie auf der Treppe vor der Villa ein, beide standen verblüfft auf den Stufen, als sie Alain und Viktor auf sich zukommen sahen. Sie hatten Gewehre in der einen Hand und in der anderen ein paar Rebhühner. „So Madame, das Frühstück kann beginnen.“ Alain rieb sich über seinen Bauch und dachte schon daran wie er die knusprig gebratenen Rebhühner verspeisen würde. „Aber Alain, wir können doch nicht zum Frühstück so etwas essen?!“ „Wieso denn nicht Kommandant? Es ist sonst nichts mehr da, der Mob hat alles Essbare mitgenommen und bevor ich mit knurrenden Magen aufs Pferd steigen muss, rupf ich mir so ein Huhn.“ Viktor nickte zustimmend. „Lasst uns nur machen Oscar, Eure Großmutter, André, hat schon das Feuer vorbereitet, vielleicht helft Ihr uns diese geschmackvollen Geschöpfe richtig zuzubereiten.“ Er lächelte André an. „Nichts lieber als das, Graf, ähm, Viktor.“ Die drei Männer begaben sich in die Küche, wo schon Sophie alle weiteren Vorkehrungen für ein ‚feudales’ Frühstück getroffen hatte. „Ach, Lady Oscar,“ Graf de Girodelle wandte sich ihr zu, „vielleicht solltet Ihr damit beginnen darüber nachzudenken, was Ihr noch alles mitnehmen wollt auf den Weg nach Arras. Oder besser gesagt, was von diesen Trümmern noch brauchbar ist.“ Sie musste ihm Recht geben. Vielleicht fand sie noch nützliche Gegenstände oder Unterlagen, die ihr in Zukunft hilfreich sein könnten. Sie begab sich ins Arbeitszimmer, sie wusste, dass ihr Vater wichtige Unterlagen und Dokumente unter einer losen Marmorfliese verstaut hatte. Kein Mensch würde jemals auf den Gedanken kommen die Fliesen aufzubrechen. Wie erwartet, fand sie eine Schatulle in der alle Geburtsurkunden und Adelsnachweise ihrer Familie aufbewahrt wurden. Auch die Kaufverträge vom Haus in Arras und der Villa in der Nähe von Paris waren vorhanden. Sie befand es für besser alle Dokumente nach Arras mitzunehmen, sie würde aber eine geheime Nachricht verfassen, falls ein Familienmitglied zurückkommen und danach suchen würde. Die Bücher ihres Vaters lagen durcheinander am Boden. Er besaß hauptsächlich Atlanten, Bücher über die klassische Kriegsführung und die Werke jener Autoren die zur derzeitigen Bildung gehörten. ‚Europäische Landkarten’, jetzt war ihr der Titel des Buches wieder eingefallen, welches sie noch dringend benötigen würden. ‚Ich werde wohl Sophie nach geeigneten Reiseboxen oder Rucksäcken bitten müssen. Würden wir alles in eine Kutsche packen, wären wir nicht flexibel genug und viel zu leicht verwundbar.’ Obwohl sie ihre Reise noch gar nicht angetreten waren, machte sich Oscar schon wieder Sorgen. Sie wollte eben, dass alles ruhig und ohne Komplikationen verlief. Auf irgendwelche Konfrontationen mit aufgebrachten Bürgern die sie lieber heute als morgen am nächsten Bäum hätten hängen sehen, konnte sie verzichten. Wie einen Blitz durchfuhr es sie, ‚wie hieß nochmals das hohle Buch, welches als Versteck für kleine Wertsachen diente?’, sie grübelte. ‚Ach ja, Utopia!’ Ihr Vater hatte nicht viel von diesem Werk gehalten, deshalb hatte er es als weiteres Versteck genutzt. Ein bisschen Bargeld im Haus zu haben, schadete nie, hatte er stets gemeint. Sie atmete erleichtert auf, in dem Buch war genug Geld verborgen um ihnen alle fünf eine Reise nach Arras zu finanzieren. „Lady Oscar, das Frühstück steht bereit, kommt nur, sonst wird es noch kalt!“ Sophies Stimme hallte durchs ganze Haus. Erst jetzt bemerkte sie wie groß ihr Hunger war, innerlich dankte sie Alain und Viktor für ihren kleinen Jagdausflug. Schnell begab sie sich in die Küche zu den anderen, die schmatzend und mit glücklichen Gesichtern bei Tisch saßen. „Sophie, besitzen wir noch ein paar Rucksäcke wo wir etwas Proviant und diese Unterlagen verstauen können für die Reise?“ „Rucksäcke Lady Oscar? Wieso denn keine Reisekoffer die wir auf der Kutsche transportieren können?“ Sophie konnte sich darauf keinen Reim machen. „Nein Sophie, wir nehmen keine Kutsche nach Arras, das wäre erstens zu auffällig, viel zu gefährlich und wir wären an Straßen und Wege gebunden. Ich ziehe es vor, wenn wir reiten würden!“ Sophie wurde ganz bleich, „reiten, ich auf einem Pferd? Nein, das kann nicht Euer Ernst sein!“ Sophie wollte am liebsten hier bleiben, Pferde, schon immer hatte sie großen Respekt vor diesen Tieren. „Madame macht Euch keine Sorgen, Alain und ich werden auf Euch Acht geben und mein Pferd Diablo kann Euch sicher mit Leichtigkeit tragen, Ihr reitet bei mir mit.“ Graf de Girodelle tätschelte Sophies Hand und setzte sein unwiderstehliches Schwiegersohn-Lächeln auf. Sophie blickte ihn dankbar an und war erleichtert sich in die Obhut dieses erfahrenen Mannes begeben zu können, der Rest der Truppe musste sich ein Schmunzeln verkneifen. „Na dann hätten wir alles geklärt, ich würde vorschlagen, dass jetzt jeder seine Sachen zusammenpackt und wir in einer Stunde los reiten. Je früher wir unterwegs sind, desto besser.“ Alain war schon wieder mit dem Essen fertig als er diesen Vorschlag brachte, für ihn war die Sache erledigt, er sprang auf und begab sich nach draußen, vielleicht befand sich im Stall oder im Geräteraum noch etwas Brauchbares für die Reise. „André, du kommst bitte mit mir mit, du musst mir helfen mein armseliges Hab und Gut einzupacken!“ Sophie streifte ihren Enkel mit einem ihrer strengen Blicke die keine Widerrede duldeten. „Ja Großmutter, ich folge Euch“, er trottete hinter ihr her. In ihrem Zimmer angekommen lächelte Sophie ihren Enkelsohn geheimnisvoll an. André kannte sich nun gar nicht mehr, was wollte seine Großmutter von ihm? „André, Ihr habt doch gestern von eurer bevorstehenden Hochzeit gesprochen. Damit habt Ihr mir die größte Freude auf der Welt bereitet, naja Urenkel wären die größte Freude aber man kann ja nicht alles auf einmal haben.“ Sie sprach schon fast so als wäre sie alleine im Raum. Sie ging auf ihr zerwühltes Bett zu und zog ihre große Tasche hervor in der sie all ihre Näh- und Strickwaren aufbewahrte. „Großmutter, bei allem Respekt, aber Ihr wollt doch nicht euer Strickzeug mitnehmen, wir kaufen Euch….!“ „Du Dummkopf,“ sie gab ihn einen Klaps auf den Hinterkopf, „ich weiß selbst, dass man Nadeln und Zwirn nicht unbedingt auf einer Reise benötigt. Vor einigen Jahren, als Oscar ihren 25. Geburtstag feierte habe ich ihr ein Sommerkleid angefertigt. Ich hoffte immer wieder, dass sie sich doch für ein Leben als Frau entscheiden würde. Ich hätte sie irgendwann einmal gerne darin gesehen, nur leider bot sich mir nie eine Gelegenheit ihr dieses Kleid anzubieten. Es ist ein weißes Sommerkleid aus Musselin mit aufgestickten Veilchen.“ Jetzt erst kapierte André worauf seine Großmutter hinaus wollte. Oscar sollte das Kleid als Hochzeitskleid tragen. Sophie kramte in ihrer Tasche und nahm ein sorgfältig verschnürtes Paket heraus. André musste und wollte das Päckchen nicht öffnen. Erstens wusste er, wie gut seine Großmutter nähen konnte, sie hatte bis jetzt immer guten Geschmack bewiesen und zweitens brachte es doch Unglück das Kleid der Braut vor der Hochzeit zu sehen. Er küsste seine Großmutter auf die Wange und dankte ihr. Schnell half er ihr einige ihrer neueren Kleidungsstücke zusammen zu packen und verschwand dann selbst in sein ehemaliges Zimmer in der Hoffnung noch ein paar schöne Hosen oder ein Hemd zu finden, welches er auf die Reise mitnehmen konnte. In der Zwischenzeit stöberte auch Oscar in ihrem Zimmer. Sie dachte angestrengt nach, irgendwie hatte sie das Gefühl, etwas Wichtiges suchen zu müssen. Es konnte doch nicht alles sein, dass sie mit nichts außer ein paar Kleidungsstücken dieses Haus verließ. Sie ging zu ihrem Schreibtisch, alle Schieber standen offen und in dessen Inneren sah man, dass darin gewühlt wurde. In der untersten Schublade fand sie wonach sie gesucht hatte, ganz hinten ertastete sie etwas Weiches. Sie zog eine kleine Puppe aus Stoff hervor, man sah dem Spielzeug die langen Jahre der Ingebrauchnahme an. Wie alt war sie gewesen, wie sie diese Puppe bekam? Sieben oder Acht Jahre? André war damals noch nicht lange im Hause Jarjayes, sie hatte damals gedacht André bei einer Rauferei zu besiegen, doch er hatte sie eines Besseren belehrt. Damals war sie so traurig und wütend auf sich selbst gewesen, da sie verloren hatte. Daraufhin hatte André seine Großmutter gebeten eine Puppe für Oscar anzufertigen, die er ihr dann als Wiedergutmachung geschenkt hatte. Damit hatte ihre wunderbare Freundschaft begonnen. ‚Komisch’, dachte Oscar ‚seit diesem Vorfall habe ich André immer besiegt.’ Jetzt wurde ihr alles klar, schon damals nahm er Rücksicht auf sie und ließ sie schlussendlich immer gewinnen. Sie liebte ihn dafür noch mehr, wenn das überhaupt möglich war. Sie packte die Puppe mit ein und verließ mit etwas Wehmut ihr ehemaliges Zimmer. Die anderen warteten bereits bei den Pferden auf sie. Graf de Girodelle saß schon mit Großmutter Grandier auf seinem Ross, Sophie fühlte sich noch etwas unbehagt, doch man sah es ihr an, dass sie die Gegenwart des Grafen genoss. „Na dann, lasst uns los reiten“, rief Oscar ihren Freunden zu. „Oscar, was ist mit Bernard und Rosalie, sie wollten doch mit nach Arras!“ „Ach André, das hab ich schon alles geklärt, wir vereinbarten uns in zwei Wochen dort zu treffen.“ André nickte Oscar beruhigt zu und gab seinem Pferd einen leichten Tritt in die Seite. Die nächsten fünf Tage verliefen fast problemlos. Sie legten den Weg zügig zurück und da sie die großen Städte auf den Weg nach Arras vermieden, gab es nur kleinere Zwischenfälle die aber mit etwas Geld mühelos beseitigt werden konnten. Die Nächte verbrachten sie in kleinen unscheinbaren Gasthöfen oder bei Bauern die ihnen nicht sonderlich feindlich gesinnt waren. Mit Geld machte man sich eben auch in dieser Zeit Freunde. Oscar atmete erleichtert auf als sie in der Ferne den Kirchturm von Arras erblickte. Sie war alleine einige Meter vorausgeritten um die Lage zu erkunden. Das Städtchen lag friedlich vor ihnen. Nie wäre man hier auf den Gedanken gekommen, dass zur selben Zeit Kämpfe in Paris stattfanden. Um an ihr endgültiges Ziel anzukommen, mussten sie durch die Stadt durch und dann Richtung Norden. Das Haus, welches ihrer Familie gehörte, lag etwas außerhalb, ruhig und abgelegen, genau das was sie jetzt brauchte. Oscar fühlte sich sehr rastlos. Die Aufregungen und die Sorge der letzten Tage hatten sie sehr mitgenommen. André hatte schon während der Reise versucht sie zu unterstützen so gut es eben ging, doch ihre Ängste die sie sich vor allem um ihre Begleiter machte, setzten ihr zu. Was hätte sie bloß getan, wenn jemanden auf ihrer Reise etwas zugestoßen wäre. Sie mochte gar nicht daran denken. Sie wartete auf die anderen auf einen der sanften Hügel und genoss die starken wärmenden Strahlen der Spätnachmittagssonne. Oscar drehte sich um, da sie leise Hufgeräusche hörte. André näherte sich ihr, er ergriff ihre Hand und küsste sie sanft „Was beschäftigt dich, ma chérie?“ Er ließ dabei ihre Hand bewusst nicht los. Zu oft war es ihr gelungen in den letzten Tagen seinen Fragen auszuweichen. Er merkte es ihr an der Nasenspitze an, wann sie etwas beschäftigte, er kannte sie einfach zu lange. Sie wusste, dass sie sich ihm öffnen musste. „Ach André, ich habe einfach Angst, ich habe sogar Angst über meine Ängste zu sprechen. So viel hat sich in so kurzer Zeit geändert und doch bleiben die wirklich wichtigen Dinge bestehen.“ Sie blickte ihm tief in die Augen. Bei allen wichtigen Ereignissen war er bei ihr gewesen, er hatte sie nie im Stich gelassen und er würde es in Zukunft nicht tun. Er war ihr Fels in der Brandung, sowohl Freund als auch Geliebter. Oscar lächelte ihn an „Na dann Monsieur Grandier, beginnen wir unser neues Leben!“ Sie gab Andrés Pferd einen Klaps damit das Tier sich in Bewegung setzte und trieb ihr eigenes voran. Nun gab es kein Zurück mehr. Endlich war es geschafft, die fünf Freunde standen vor dem Haus, welches ihnen für die nächsten Monate Unterkunft geben sollte. Es war zwar nicht so groß wie das Hauptanwesen der Familie Jarjayes, aber doch groß genug um jeden ein eigenes Zimmer zu bieten. Hinter dem Haus befand sich ein nicht allzu großer Stall für die Pferde, jedoch war genügend Auslauf für die braven Tiere vorhanden. Sie hatten sich nun auch Ruhe verdient nach dem anstrengenden Ritt. Die nächsten Häuser lagen einige Kilometer von ihnen entfernt. Somit konnten sie beruhigt davon ausgehen von irgendwelchen Tumulten oder Unruhen verschont zu bleiben. „So Herrschaften, dann sucht sich jeder mal ein Zimmer und richtet es dementsprechend her um heute in den wunderbaren weichen Betten zu schlafen.“ Wie immer nahm Sophie das Regiment in die Hand. Wenn es um die Führung des Haushaltes ging, konnte man der alten Dame nichts vormachen. Oscar und André sahen sich verführerisch an und dachten anscheinend das selbe, nämlich, dass sie sich das gleiche Zimmer aussuchen würden. Seit Tagen mussten sie in getrennten Betten übernachten, da es Andrés Großmutter nie ihm Leben zugelassen hätte, dass diese zwei erwachsenen Menschen in einem Bett liegen würden. „André, du wirst die Nächte bis zur Hochzeit bei Alain verbringen.“ Verblüfft sah André seine Großmutter an „Aber Großmutter, ich wollte…!“ „Ich weiß schon, was du wolltest, aber das kommt doch nicht in Frage, das wird ein anständiges Haus sein und bis zur Hochzeit gibt es getrennte Betten. Ich habe es schon in Paris verabsäumt dies klarzustellen, was mir auch äußert zuwider ist. Schluss aus!“ Somit war das letzte Wort in dieser Angelegenheit gesprochen. Alain konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und erhielt dafür von André eine Kopfnuss. „Na warte, dir werde ich es schon zeigen, halb blind hin oder her, aber so was lass ich nicht auf mir sitzen.“ Alain sprang auf André zu und die zwei verfielen in eine freundschaftliche Rauferei. „Nun dann Madame“, Viktor verbeugte sich vor Oscar und zeigte damit an ihr den Vortritt beim Betreten des Hauses zu überlassen. Der Abend verging schnell mit Aufräumarbeiten in den jeweiligen Schlafzimmern. Zu essen gab es den restlichen Proviant, den sie mitgebracht hatten. Morgen würden sie in die Stadt reiten und einige Besorgungen erledigen. Man sah es allen fünf Menschen deutlich im Gesicht an, wie froh sie doch waren aus der Hölle die zur Zeit den Namen Paris trägt geflohen zu sein. Es wurde immer dunkler und die spärlichen Kerzen, die sie noch gefunden hatten, gaben nicht genug Licht, sodass beschlossen wurde die Betten aufzusuchen. Der Tag war anstrengend genug und mit dem Einschlafen hatte wohl keiner der Anwesenden Probleme. Sie wünschten sich gegenseitig einen gute Nacht und verschwanden in ihre Zimmer. André folgte Alain in seine Kammer. Wie die zwei Männer alleine waren, seufzte André, er hatte sich schon sein Hemd ausgezogen und wollte sich noch waschen bevor er sich in sein provisorisches Bett begab, für ihn gab es nur eine Matratze und Bettzeug „Das ist jetzt aber nicht dein Ernst oder?“ „Was soll nicht mein Ernst sein, ich bin müde und möchte zu Bett, wir haben in der Kaserne auch in einem Saal geschlafen, du hattest das Bett über mir. Was stört dich jetzt dran?“ „André, mein Freund, befolgst du eigentlich immer die Regeln deiner Großmutter?“ Jetzt dämmerte es André worauf sein Freund hinaus wollte. „Ja, aber ich kann doch nicht…?!“ Oder konnte er doch? Er dachte kurz nach und Alains Grinsen gefolgt von einem leichten Nicken bestätigten nur noch seinen Entschluss. Es war für André ein Leichtes unbemerkt in das Zimmer von Oscar zu gelangen. Seine Großmutter bewohnte einen Raum im Erdgeschoss, nahe der Küche. André gab Alain ein Zeichen, dass er sich für diese Nacht verabschieden würde und schloss die Tür hinter sich. Er schlich, nur mit seiner Hose bekleidet in den ersten Stock, selbst seine Schuhe hatte er in Alains Zimmer zurückgelassen. ‚Kein Mensch wird mich hören’, doch während ihm dieser Gedanke durch den Kopf ging, stieß er fast mit Graf de Girodelle zusammen. ‚Jetzt ist alles vorbei’, dachte sich André. „Ah, André, Ihr wollt doch sicher nochmals nach den Pferden sehen, oder nicht?“, der Graf zwinkerte ihn zu und ließ ihn stehen. Viktor konnte André gut verstehen, er war auch nur ein Mann und wenn er sich der Liebe einer solchen Frau wie Oscar sicher sein könnte, würde er sie auch keine Nacht allein lassen. Andrés Puls beruhigte sich kurzweilig wieder. Er drückte die Türklinke von Oscars Zimmertür hinunter und schloss sie genauso leise. Das Zimmer war dunkel, er wartete einen kleinen Moment, damit sich sein Auge an die minimalen Lichtverhältnisse im Zimmer gewöhnen konnte. Durch den einfallenden Mondschein konnte er die Umrisse von Oscars Bett erkennen. Er schlich leise zu ihr hinüber, sie lag wie immer auf der rechten Seite und schien zu schlafen, die Knie hatte sie leicht angezogen. André stützte sich auf ihrem Bett ab und berührte sanft mit seinen Lippen ihre Wange. Er strich so langsam ihre Wange bis zum Hals hinunter wo er sie sanft und doch bestimmt küsste. Oscar verspürte bei seinen Berührungen einen angenehmen kalten Schauer. Sie blinzelte, es überraschte sie aber keineswegs André über sich zu wissen. Sie drückte ihm einen Schmatzer auf und rutschte zur Seite um ihm Platz zu machen. Er legte sich zu ihr und stützte sich mit seinem rechten Arm den Kopf um sie besser betrachten zu können. „Aber André hast du nicht gehört was deine Großmutter heute gesagt hat?“ Sie wollte ihn damit aufziehen, jedoch wurde sie augenblicklich ernst, „vielleicht sollten wir jetzt wirklich warten bis wir verheiratet sind, ich meine….“ Er fiel Oscar ins Wort „Aber wir müssen doch nicht miteinander schlafen“, während er ihr das sagte zog er sie zu sich heran und griff ihr an ihren kleinen Po. “Lass mich dir was ganz anderes zeigen“, wie er ihr diese Worte ins Ohr flüsterte, sah sie ihn überrascht und doch neugierig an. Oscar küsste ihn, was für ihn ein Zeichen der Zustimmung war. Er gab ihr zu verstehen, dass sie sich auf den Rücken legen und die Augen schließen sollte, er beugte sich über sie, seine Hände stützten sich neben ihrem Kopf ab. „Vertrau’ mir einfach“, flüsterte er ihr ins Ohr und begann ihr Ohrläppchen zu liebkosen. Oscar wusste nicht was auf sie zukommen würde und doch ließ sie sich fallen. André gab sich aber nicht mit ihrem Ohr zufrieden, ganz langsam küsste er ihren Hals und eine Hand tastete ihren Körper ab, wieder konnte er ein störendes Hemd fühlen, das weg musste. Er band es auf und fühlte ihre nackte Haut. Auch er hielt seine Augen geschlossen. Er wollte sich nur auf die Berührungen und ihr Reaktionen konzentrieren, alles andere war jetzt nebensächlich. Unter seinen sanften Küssen an Schulter und Hals streichelte er Oscars Oberschenkel, dabei bemerkte sie nicht, wie ihre Beine leicht zur Seite nachgaben. Unter Andrés Berührungen wurde sie willenlos, sie wünschte sich immer mehr. André ging einen Schritt weiter liebkoste ihre Brustwarzen mit seinen Lippen. Er spürte wie sie härter wurden entnahm Oscar ein leichtes Stöhnen, welches in widerrum nur bestätigte. Er fuhr mit seinen gefühlvollen langen Fingern an der Innenseite ihrer Oberschenkel entlang nach oben, an eine Stelle ihres Körpers, die er in dieser Art und Weise noch nicht berührt hatte. Er bemerkte wie sie sich verkrampfte, er flüsterte ihr erneut zu, „ich sagte doch, dass du mir vertrauen sollst.“ Mit diesen Worten küsste er sie leidenschaftlich und spürte, dass sie bereit war. Er begann wieder dort wo er geendet hatte und fühlte wie sie sich ihm hingab. André weckte Gefühle und Empfinden bei ihr, die sie bisher noch nie in ihren Leben erlebt hatte. Es war alles intensiv, die Welt um sie herum verschwand, es waren nur mehr Andrés Berührungen wichtig. Oscar fühlte, wie sich eine Spannung in ihrem Körper aufbaute die sie schier zu zerreißen drohte. André spürte ihre Erregung und machte unbeirrt weiter, er wollte, dass sie die Kontrolle über sich selbst verlor. Oscar glaubte unter seinen Berührungen zu beben, sie atmete schneller und tiefer, konnte ihr leises Stöhnen nur schwer zurückhalten. Sie hatte nur mehr das Bedürfnis André zu küssen. Er erwies ihr gern diesen Gefallen und als Ihr Körper vor Erlösung zitterte konnte sie sich nicht von seinen Lippen lösen. In Oscars Körper machte sich Müdigkeit gepaart mit absoluter Zufriedenheit breit. „André, wie….“, sie wusste gar nicht, wo sie anfangen sollte. Noch nie hatte sie sich so auf einen Menschen eingelassen und diese eben erlebten Empfindungen waren ihr bis vor kurzem mehr als fremd. „Hat es dir gefallen?“, er grinste bei seiner Frage, denn an sich kannte er die Antwort, doch er wollte sie bewusst von ihr hören. ‚Gefallen’, schoss es Oscar durch den Kopf. Dieser Mann brachte sie um den Verstand, sie nickte zur Antwort leicht und schmiegte sich an ihm. Sie wollte nur noch schlafen und André war es nur recht, denn ihn hatte die Szene auch nicht ganz kalt gelassen. Früh am morgen schrak André aus seinen Träumen ‚Verdammt, ich muss doch ins Erdgeschoss zurück’. Er wollte seine Großmutter nicht derart enttäuschen. Er verließ Oscars Zimmer so lautlos wie er es die letzte Nacht betreten hatte, sie sollte weiterschlafen und sich von der anstrengenden Reise erholen. Er entschloss sich gleich nach draußen zu gehen um nach den Pferden zu sehen. André hatte nur seine Hose an und es fröstelte ihn etwas da es hier in Nord-Pas-de-Calais doch eine Spur kühler am Morgen war als in Paris. Er entschied sich dafür sich gleich beim Brunnen hinter dem Haus zu waschen. Das Wasser war eiskalt, aber genau das brauchte er jetzt. Er tauchte mit seinem ganzen Kopf in den Bottich mit frischem Wasser und als er sich wieder aufrichtete nahm er mit seinen halblangen Haaren einen Schwall Wasser mit, der ihm kurz darauf den Rücken runter rann. Es war ein guter Morgen, er fühlte sich nur glücklich. Selbst sein Auge ließ ihn kalt. Es war ihm fast egal geworden. Das was er immer wollte, hatte er bekommen. Die Frau die er über alles liebte, lag zufrieden in ihrem Bett und würde ihn in wenigen Tagen heiraten. ‚Verdammt, jetzt wo Großmutter mir ihr Kleid für Oscar gegeben hat, brauche ich noch ein Geschenk für sie’, André wollte am Tag seiner Hochzeit nicht mit leeren Händen vor Oscar treten. Nachdem er die Pferde versorgt hatte und sich wieder ins Haus begab, bemerkte er, dass Leben in die alten Gemäuer kam. Er vernahm wohl vertraute Geräusche aus der Küche und war sich sicher dort auf seine Großmutter zu stoßen, die damit beschäftigt war, die Küche nach ihren Vorstellungen herzurichten. Sicher schrieb sie ihm auch eine Liste aller Dinge, die er heute besorgen sollte. Er trat in den Raum und begrüßte die alte Dame „Guten Morgen Großmutter, wie war die Nacht für Euch?“ „Ah, guten Morgen André, den Umständen entsprechend, es ist eben doch noch alles sehr gewöhnungsbedürftig. Ich hätte dann eine Aufgabe für dich, wie du siehst, bin ich damit beschäftigt hier Ordnung zu schaffen. Auf dieser Liste habe ich dir schon alle notwendigen Lebensmittel und Haushaltsgeräte aufgeschrieben die wir brauchen. Du hast doch Geld oder?“ André nickte, er hatte es noch vor ihrer Abreise in Paris geschafft, ohne größeres Aufsehen zu erregen seinen Verdienst der letzten Jahre von seinem Bankkonto aufzuholen. Vorerst würde es reichen. Graf de Girodelle und Alain gesellten sich zu ihnen in die Küche. „Guten Morgen Madame Grandier, André, ich nehme doch an, dass das Frühstück heute ausfallen wird. Ich würde gerne in die Stadt reiten um einige Angelegenheiten zu erledigen.“ „Graf, es tut mir außerordentlich leid, aber gestern hatten wir das letzte Stück Brot verzehrt, aber ich habe André schon aufgetragen einkaufen zu gehen.“ „Das passt ja hervorragend, dann komme ich mit dir oder besser gesagt euch mit, sonst wird es mir hier eh zu langweilig.“ Alain klopfte André aufmunternd auf die Schulter. „Dann lasst uns nicht länger hier herumstehen, satteln wir die Pferde.“ Graf de Girodelle wollte keine Sekunde verlieren. „Wo ist eigentlich Lady Oscar? Ist sie schon wach?“ Seine Frage richtete sich bewusst an André, der augenblicklich leicht errötete. „Ich habe sie heute noch nicht gesehen. Vielleicht möchte sie uns in die Stadt begleiten? Ich sehe mal nach ihr.“ „Nicht nötig André“, Oscar kam gerade zur Tür herein. Sie sah blendend aus, strahlend und wunderschön. „Also wir wollten doch in die Stadt oder? Sophie können wir dich alleine lassen? Wir werden auch alles zu deiner Zufriedenheit erfüllen.“ Die Gruppe begab sich nach draußen, doch Oscar hielt etwas Abstand zu Alain und Girodelle. Sie blieb kurz stehen und hielt André fest „Vielen Dank für heute Nacht.“ Sie küsste ihn, in der Hoffnung nur ein kleines Bisschen dessen zurückgeben zu können, was ihr André letzte Nacht geschenkt hatte. André schmunzelte „Ich danke dir, ma chérie, du hast mir nur gezeigt, dass ich doch etwas richtig gemacht habe.“ Die Pferde waren schnell gesattelt und die vier Freunde, die unterschiedlicher nicht sein konnten, lieferten sich ein kleines Rennen bis kurz vor der Stadt. Es war schnell klar, dass André und Alain mit ihren Pferden nicht mithalten konnten. Oscar machte es dem Grafen nicht gerade leicht, doch schlussendlich siegte Graf de Girodelle mit Diablo. Die Vier beschlossen sich aufzuteilen. André kam es ganz gelegen, dass der Graf und Oscar zur Bank wollten. So konnte er sich in Ruhe um ein Geschenk für Oscar umsehen. Alain kam mit ihm mit und wenn er noch ein paar Pakete für André tragen würde, es wäre auf jeden Fall interessanter als irgendwelchen Gesprächen über Geld zu lauschen, welches ihm nicht gehörte. André erzählte Alain von seinen Absichten und die zwei Freunde vereinbarten zuerst die aufgetragenen Sachen zu besorgen, um dann in aller Ruhe nach einem passenden Geschenk zu suchen. André wusste nur eines, es musste etwas ganz Besonderes sein, was er Oscar schenken wollte. Entweder sollte es in Verbindung mit ihrer gemeinsamen Vergangenheit oder mit ihrer gemeinsamen Zukunft stehen. Währenddessen betraten Oscar und Viktor die Bank von Arras. „Lady Oscar, ich kann Euch doch alleine lassen, ich würde gerne mit dem Leiter dieser Bank ein kurzes Wort wechseln. Auch ich muss mich um meine finanziellen Belange kümmern.“ „Natürlich Viktor, falls es länger dauern sollte, warte ich draußen vor dem Eingang.“ Oscar hatte zur Sicherheit ihre Geburtsurkunde und ihren Adelsnachweis mitgebracht. Sie wusste, dass es möglich sein könnte, dass man sie nicht erkannte, obwohl der Bankdirektor ein guter Freund ihres Vaters war. Sie atmete erleichtert auf, als sie den Mann am Schalter entdeckte, es war Monsieur Delon, er arbeitete hier seit sie denken konnte. „Bonjour, Monsieur Delon, wie geht es Euch?“ Der Mann der kurz vor seinem sechzigsten Geburtstag stand, blickte auf und traute seinen Augen nicht. „Lady Oscar, seid Ihr es wirklich? Ihr steht leibhaftig vor mir, wie schön Euch gesund bei uns zu wissen. Jeden Tag erreichen uns nämlich schreckliche Nachrichten aus Paris. Furchtbar was dort vor sich geht.“ „Ja, Monsieur Delon, deswegen sind Freunde von mir und ich hierher nach Arras gereist. Wir wollten uns in Sicherheit wissen, sollte sich die Lage in Paris weiter zu spitzen.“ „Und Euer Dienst bei Hofe? Wieso konnte man Euch so einfach gehen lassen?“ Oscar überlegte kurz, sie wollte jetzt nicht mit der ganzen Geschichte rausrücken. Es ging den Bankangestellten auch so gut wie gar nichts an. Sie entschied sich für eine Notlüge. „Ach wisst Ihr, ich habe den Dienst quittiert, ich verspürte den Drang die Welt zu bereisen. Schlussendlich konnte ich Vater dazu überreden mir dies zu erlauben.“ ‚Eine etwas unglaubwürdige Geschichte’, dachte sich Oscar, sie war eben nicht zum Lügen geboren. Und doch genügte Monsieur Delon diese Antwort. „Nun was kann ich für Euch tun?“ „Etwas Geld wäre nicht schlecht, ich habe doch seit Jahren meinen Sold hierher überweisen lassen. Nun würde ich gerne eine gewisse Summe abheben.“ „Natürlich, einen Moment.“ Der Angestellte staunte nicht schlecht, als er die Aufzeichnungen der Kontobewegungen studierte, in all den Jahren hatte sich ein kleines Vermögen angehäuft. Wenn sie damit vernünftig umging, konnte sie sich davon ein schönes sorgenfreies Leben machen. In der Zwischenzeit bat Graf de Girodelle mit dem Bankdirektor sprechen zu können. „Mein Herr, was kann ich für Euch tun?“ „ Mein Name ist Viktor Clemente de Girodelle. Widrige Umstände zwangen mich Paris überstürzt zu verlassen. Ich bin jetzt in der Hoffnung in Eurem Bankhaus Hilfe zu bekommen, zu Euch gereist. Mir war es in den letzten Tagen nicht möglich meine Geschäfte zu regeln. Da es für Adelige zur Zeit etwas gefährlich ist auf Frankreichsstraßen, möchte ich Euch bitten dieses kleine Geheimnis für Euch zu bewahren. Und ich hätte noch eine Bitte, nehmt doch bitte mit meinem Notar in Paris Kontakt auf und regelt alles Notwendige, damit ich hier in Arras über mein Vermögen verfügen kann. Der Bankdirektor nickte, dieses Anliegen waren nichts neues in solchen Kreisen, es war sein Kredo, dass solche Angelegenheiten nicht nach draußen dringen würden. „Da ich kein Bargeld bei mir habe und ich doch darauf angewiesen bin, bitte ich Euch diesen Ring als Pfand anzunehmen und mir eine gewisse Summe auszubezahlen. Ich wäre Euch sehr dankbar.“ „Natürlich Graf de Girodelle. Wir werden uns sofort bemühen Euch Eure Wünsche zu erfüllen.“ Nachdem alles geklärt war, gingen Oscar und Viktor mit vollen Geldbeuteln aus der Bank. „Nun Madame Jarjayes, was wollt Ihr jetzt tun.“ Oscar blickte in Viktors Gesicht. Er wirkte irgendwie gelöster, freier und sie konnte es nicht leugnen, dass er ein attraktiver Mann war, obwohl er nur unscheinbar gekleidet war. „Was haltet Ihr davon, wenn wir einen Büchsenmacher aufsuchen würden, ich würde mich wohler fühlen wenn mir waffentechnisch besser ausgestattet wären.“ Er musste ihr wohl oder übel zustimmen. Mit dem Degen konnten sie sich im Zweikampf gut verteidigen, sollten jedoch einmal Einbrecher ins Haus einsteigen, waren Gewehre oder Pistolen geeigneter sich zu verteidigen. „Ja, ich stimme Euch zu, doch danach möchte ich einen Schneider aufsuchen. Ich brauche doch etwas zum Wechseln und etwas für Eure bevorstehende Hochzeit.“ Er lächelte sie freundlich an. Ihre Hochzeit hätte Oscar glatt vergessen. Sollte sie sich wirklich um ein Hochzeitskleid kümmern? Sie hatte in dieser Beziehung keinerlei Erfahrung. Sie beschloss sich einmal ein normales Sommerkleid anfertigen zu lassen. Was das Hochzeitskleid anging, da wartete sie auf Rosalie. Sie sollte ihr bei der Auswahl helfen. Die Zeit verging wie im Fluge, und schon schlug die Kirchglocke Mittagszeit. Die vier Freunde fanden sich wie verabredet am Hauptplatz ein. Alain und André konnten alle Punkte die Sophie ihnen aufgeschrieben hatte erfolgreich abarbeiten. Alles war erledigt, nur das Geschenk für Oscar fehlte André. Es stimmte ihn etwas traurig, aber er wusste, dass ihm noch ein paar Tage blieben um etwas passende zu finden. Mit genügend Geld und frischen Lebensmitteln in den Taschen traten sie den Heimweg an. Die Tage vergingen schnell, sie schafften es in windes Eile das sonst so verlassen wirkende Haus so herzurichten als würde man das ganze Jahr darin wohnen. Als Alain auf den Stufen vor dem Eingang eine kleine Pause machte und sich mit frischem Brunnenwasser erfrischte, glaubte er eine Fata Morgana zu sehen. In der Ferne erkannte er zwei Reiter, der eine mit dunkelbraunen Schopf der andere blond. ‚Können das wirklich schon Rosalie und Bernard sein?’ Sie kamen immer näher und Alain sollte Recht behalten. Freudig sprang er auf um die anderen davon in Kenntnis zu setzen. André und Oscar stürmten zu Alain hinaus vor das Haus. Es folgte ein freudiges Wiedersehen. „Rosalie, du kannst dir gar nicht vorstellen wie ich mich freue euch gesund wieder zu sehen!“ Oscar umarmte sie, was Rosalie widerrum überraschte. ‚Wie sie sich doch verändert hatte, sie lässt die Menschen um sich herum viel mehr an ihrem Gefühlsleben teilhaben als früher.’ Rosalie hatte recht, Oscar wurde immer offener ihren Mitmenschen gegenüber. Nicht, dass sie jetzt mit jedem über alles reden würde, doch ließ sie es immer mehr zu ihre Gefühle zu zeigen auch die Schwachen. Diese Wandlung hatte sie André zu verdanken, durch ihn wurde ihr klar, dass nichts verwerfliches daran war einmal nicht stark zu sein oder einmal keine Antwort auf eine Frage zu wissen. Sie war schließlich auch nur ein Mensch, ein Mensch der eine zweite Chance erhalten hatte. Sie wollte das Beste daraus machen. „Nun kommt endlich herein, ihr seid genau richtig zum Tee gekommen.“ Das junge Ehepaar ließ sich dies nicht zweimal sagen. „Ach Lady Oscar, könnt Ihr uns eine kleine Pension in der Nähe empfehlen? Ich würde mich wohler fühlen wenn wir ein Bett für die heutige Nacht hätten.“ Man merkte Bernard eine gewisse Unsicherheit an. „Oh Ihr nächtigt doch sicher bei uns, einen Moment wie regeln wir das am Besten?“, die Zimmer wurden nämlich langsam knapp. „Nun Kommandant, wie wäre es wenn wir die Zimmer tauschen würden, da Eures etwas größer ist und Graf Girodelle würde sich dann zu André und mir gesellen.“ „Wo ist Viktor eigentlich?“ Oscar blickte fragend umher. Soeben hatte er sich in der Tür eingefunden. „Ich hätte ja nichts dagegen, aber ich muss Euch dann doch für zwei bis drei Tage verlassen. Die Bank in Arras hatte Probleme damit von der Bank de Paris mein Vermögen zu übernehmen. Ich muss zurück um meine finanzielle Zukunft abzusichern.“ „Aber Graf de Girodelle, das könnt Ihr nicht tun, es ist doch viel zu gefährlich für Euch, zu mal ihr auf keine Freunde in Paris treffen werdet.“ Oscar hatte nicht ganz Unrecht. Die königliche Garde würde sehr wahrscheinlich nach ihm suchen und die aufgebrachten Menschenmengen und mögliche Diebe und Einbrecher erhöhten die Risiken. „Es nützt alles nichts, wenn wir alle einen Neuanfang wagen wollen, muss ich zurück und einiges klären.“ „Ach was soll’s, ich werde Euch begleiten Graf.“ Alain erhob sich und stellte sich zu Viktor um ihn seine Unterstützung zu demonstrieren. André wollte sich der Truppe schon anschließen, jedoch winkte der Graf und Alain sofort ab. „Nein André, Ihr kümmert Euch darum, dass diesen bezaubernden Geschöpfen nichts geschieht und bereitet bitte ein Fest vor, von dem wir noch im Hohen Alter sprechen werden.“ André fühlte sich in seiner Ehre gekränkt, wie stand er denn vor Oscar da, wenn man ihn wie einen altersschwachen Hund zurück ließ. Oscar war es insgeheim ganz recht, ansonsten hätte sie sich mit den Männern auf den Weg begeben und sie war noch nicht bereit dazu in die Stadt zurückzukehren, die sie beinahe das Leben gekostet hatte. „Aber, Ihr könnt doch nicht ohne“, weiter kam André nicht, da ihm Oscar ins Wort fiel. „André, lass es gut sein, außerdem müssen wir noch einiges für die Hochzeit vorbereiten. Wir wollten doch draußen heiraten, da sollten wir doch zuerst den Pfarrer fragen ob er dies für uns tun würde. Noch dazu brauche ich ein Brautkleid und“, jetzt fiel André ihr ins Wort. „Schon gut, ich habe verstanden, aber um das Kleid kümmere ich mich, wärst du damit einverstanden?“ Natürlich war sie das, sie war nur froh darüber, dass jemand anders diese Aufgabe übernehmen würde. Nun gut, es war beschlossene Sache, Viktor und Alain würden nochmals nach Paris reiten und Oscar und André würden sich um die Feierlichkeiten kümmern. Rosalie und Bernard baten, wie konnte es anders möglich sein, ihre Hilfe an. Auch sie wollten, dass es der schönste Tag in ihrem Leben sein sollte. „Alain, mir wäre es lieber wenn wir heute noch aufbrechen würden, je früher wir Paris erreichen desto besser, ich möchte diese leidige Angelegenheit ein für alle mal vom Tisch haben.“ „Mir soll es nur recht sein Graf, lasst uns nur das Nötigste zusammenpacken und die Pferde satteln!“ „Das werde ich für euch tun, wenn ihr mich schon nicht dabei haben wollt, so will ich wenigsten dafür sorgen, dass die braven Tiere nicht gequält wurden.“ André grinste, er wusste um seine Gabe. Es lag in seinem Wesen, dass ihm jedes Tier mit dem er arbeitete, vertraute. Er hatte nie Probleme ein fremdes Pferd zu berühren, geschweige denn zu reiten. Eine halbe Stunde später verließen zwei Pferde das Ferienhaus der Familie Jarjayes. André blickte ihnen mit etwas Wehmut hinterher. Die zwei Männer kamen gut voran. Sie beschlossen ihr Zelt für die Nacht aufzubauen und machten ein Lagerfeuer. Schweigend saßen sie davor und blickten in die kleine Flamme, die gegen das Ausgehen ankämpfte. „Wenn ich so das kleine Feuer betrachte, erinnert es mich an Lady Oscar.“ Überrascht von so viel Offenheit drehte sich Alain zu Viktor. „Was für ein treffender Vergleich“, er schmunzelte. „Alain, was schätzt Ihr an unserem ehemaligen Kommandanten?“ Was wollte Graf de Girodelle damit bezwecken? Alain war sich nicht sicher, ob er auf diese Frage überhaupt antworten sollte. Warum sollte er auch mit diesem ihn fast fremden Menschen über sein Innerstes sprechen, wenn er es nicht einmal mit seinen Kameraden tat denen er sein Leben anvertraute. Da er nicht wusste was er tun sollte, schwieg er und starrte weiter in die Flammen. „Verzeiht meine indiskrete Frage, doch bei einem Lagerfeuer gerate ich manchmal in so manch Melancholie. Sagt, was habt Ihr für die Zukunft geplant, ich meine, wenn wir aus Spanien zurückkehren?“ Das war wirklich eine gute Frage, denn soweit dachte Alain nun wirklich nicht. Was würde es ihm auch bringen sich seine Zukunft in den schimmerndsten Farben auszumalen, wenn er am nächsten Tag sein Leben lassen könnte? „Nun Graf de Girodelle, genaue Pläne habe ich nun wirklich nicht, doch sollte ich einmal zu Ruhe kommen können, versuche ich mein Glück als einfacher Bauer. Und vielleicht ist mir das Glück hold und ich werde eine Frau finden die dieses einfache Leben mit mir teilen will. Und Ihr?“ „Ich bin mir da noch nicht ganz sicher, natürlich könnte ich in einem fremden Land als Offizier in einer Armee anfangen, doch ich weiß nicht ob man noch auf einen Mann meines Alters wartet, wir werden nun mal alle nicht jünger. Wahrscheinlicher ist es doch, dass ich versuchen werde eine Pferdezucht aufzubauen, mit Diablo hab ich doch einen guten Zuchthengst, noch ist er wendig und schnell aber auch an ihm kratzt die Zeit. Wir werden sehen.“ Sie legten sich schlafen, morgen würde wieder ein anstrengender Tag beginnen. Die Kirchturmglocken schlugen neun Uhr. Alain und Viktor waren schnell vorangekommen und hatten ihr Ziel schneller erreicht als erwartet. Nun hieß es nur mehr in den Wirren der Revolution zum Palais de Girodelle zu gelangen. Die Hauptstraßen quollen vor Menschenmassen über, doch Alain und der Graf waren beide in der Hauptstadt Frankreichs aufgewachsen und wussten um einige Schleichwege. Vor den Toren des Palais war es ruhig, so ruhig als wäre nie etwas geschehen. „Na, das ging ja erstaunlicherweise ohne Probleme über die Bühne.“ „Alain, noch haben wir nicht alles erledigt, ich möchte den Tag nicht vor dem Abend loben.“ Beide Männer steuerten ihre Pferde in die Richtung der großen Eingangstür. Ein beklemmendes Gefühl erwachte in Viktors Brust. ‚Irgendetwas ist hier anders, hier stimmt etwas nicht.’ Und als sie die Tür erreicht hatten, gab Viktor Alain ein Zeichen leise zu sein. Die Tür war aufgebrochen und nur angelehnt. Vielleicht waren die Einbrecher noch im Haus. Man konnte nie vorsichtig genug sein. Mit ihren Degen und den Pistolen bewaffnet begaben sich die Zwei ins Haus. Sie betraten die große Eingangshalle, die nur spärlich von den zwei schmalen Fenstern neben der Eingangstür mit Licht versorgt wurde. Es war ruhig im Haus, zu ruhig. Hatten denn alle Dienstboten und Haushaltsangehörige das Palais verlassen? Flüchteten sie wie die Ratten vom sinkenden Schiff? Graf de Girodelle wollte das obere Stockwerk auf hausfremde Personen durchsuchen und gleichzeitig seine Dokumente mitnehmen. Alain gab zu verstehen, dass er damit einverstanden wäre und sich hier im Untergeschoss umsieht. Viktor verschwand die Treppe hinauf. Langsam öffnete er die Türen der einzelnen Zimmer, alle waren leer und an manchen Stellen erkannte man, dass auch hier gewütet worden war. Jedoch versank das Palais nicht in einem solchen Chaos wie das der Familie Jarjaye. Er ging in sein Schlafgemach. Dort befand sich eine Truhe, in welcher er für sich alle wichtigen Dokumente und Gegenstände aufbewahrte. Erschrocken stand er vor seinem Bett. Die Truhe war aufgebrochen worden und lag nun umgedreht und durchwühlt auf seinem Nachtlager ‚Verdammt, jetzt bin ich wahrscheinlich zu spät gekommen’, schoss es ihm durch den Kopf. Papiere lagen wild durcheinander, Teile davon verweilten sogar am Boden. Mit großer Erleichterung stellte Viktor fest, dass alle wichtigen Unterlagen noch vorhanden waren. ‚Was sollte der Pöbel auch mit solchen Dokumenten anfangen?’ Ein wichtiger Teil seiner Truhe fehlte jedoch, das Erbstück seines Vaters, eine Pistole mit persönlicher Gravur. Die hatten sie mitgenommen, denn dieses Stück konnte man verkaufen und wenn dies nicht gelingen würde, so konnte man doch noch mit ihr schießen. Er versank kurz in seine Gedanken als er Stimmen hörte. ‚Alain, er wird nicht alleine sein’, Viktor packte alle für sich wichtigen Sachen in seinen Rucksack und schlich ins Erdgeschoss. Er konnte währenddessen drei für ihn unbekannte Stimmen ausmachen. Waren es vielleicht mehr Männer, wenn ja, wird es für sie zwei unmöglich sein diese zu überwältigen. Oder vielleicht lag Alain schon tot am Boden, nein, daran durfte er nicht denken, noch dazu war Alain ein erfahrener Soldat, aber vielleicht war er bewusstlos? „Verdammt, bindet mich los, was soll das. Sehe ich etwa aus wie einer von diesen verfluchten Adeligen?“ Viktor atmete erleichtert auf, zumindest konnte er sicher sein, dass Alain noch am Leben war. Er musste es wagen, wenn er nicht den Überraschungsmoment für sich nutzen würde, hätte er keine Chance Alain zu befreien. „Entweder alles oder gar nichts Viktor!“, Graf de Girodelle sprach sich selbst noch einmal Mut zu und schritt auf die Tür des Salons zu, aus der die Stimmen drangen. Er hatte seine Pistole gezogen und die andere Hand am Degen, jederzeit bereit einem Mann die Kehle aufzuschneiden. Er schlich sich an die Tür heran und trat sie mit solch einer Wucht auf, dass der dahinter stehende Mann bewusstlos geschlagen wurde. Vier weitere Männer bildeten einen Halbkreis um Alain der auf einen Stuhl vor ihm gefesselt war. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen und Viktor wusste, dass ihn die Männer bewusstlos geschlagen hatten, ansonsten hätte er früher etwas von Alain hören müssen. Nun musste schnell gehandelt werden, es war keine Zeit um Reden zu schwingen, denn sonst hätten sie keine Chance die Stadt lebend zu verlassen. Viktor rannte auf Alain zu, dabei zielte er mit der Pistole auf den Mann der in der Mitte hinter Alain stand. Er drückte ab, keine zwei Sekunden später fiel der Mann tot zu Boden. Jetzt war er nah genug an Alain herangekommen um die Fesseln mit dem bereits gezückten Degen zu zerschneiden. Die anderen drei Männer starrten fassungslos auf ihren am Boden liegenden toten Kollegen. Alain streckte sich kurz nachdem die Fesseln von ihm gefallen waren und griff nach dem Schürhaken der neben dem Kamin stand. Die drei überlebenden Einbrecher zückten ihre Degen und ein heftiges Gefecht begann. Der jüngste der Eindringlinge, er konnte nicht älter als zwanzig sein, verlor als erster seinen Degen, woraufhin Graf de Girodelle gezwungen war ihm mit der Faust niederzustrecken. Viktor wollte so wenig Blut wie möglich vergießen, noch dazu bei so jungen Menschen die ihr ganzes Leben noch vor sich hatten. Alain war inzwischen mit den anderen zwei Gegnern beschäftigt, die er auf Grund seiner ‚Waffe’ nur schwer in Schach halten konnte. „Alain, fang auf!“, Viktor warf Alain den soeben erkämpften Degen zu, der ihn dankbar auffing. Der Graf wandte sich dem zweiten Gegner Alains zu und er musste zugeben, dass dieser Bursche etwas mehr Erfahrung zu haben schien und einen guten Fechtstil hatte. In diesen Momenten des Kampfes konnte keiner sagen welche Seite gewinnen würde. Alain war noch etwas schwindlig durch den Schlag auf den Kopf den er vorhin erhalten hatte. Er musste ein paar mal schnell auf die Seite springen um den Degenhieb rechtzeitig auszuweichen. Selbst Graf de Girodelle kam in die Bredouille, da er über den umgeworfenen Stuhl von Alain rückwärts stolperte. Er lag am Boden und sein Gegner warf ihm ein hämisches Lächeln zu und hob die Arme um zum Todesstoß auszuholen. Es war seine einzige Chance, er nahm alle Kraft zusammen und stieß seinen Gegner den Degen in die Brust. Speichel gemischt mit Blut drang aus dem Mund der vor Erschrecken und Staunen im Todeskampf offen blieb. Der Einbrecher verdrehte noch die Augen bevor er tot vornüber umfiel. Alain war von seinem Gegenüber bereits in die Ecke gedrängt worden und die Degen beider Kontrahenten kreuzten sich vor ihren Gesichtern unter dem Kinn. Trotz seiner misslichen Lage fand es Alain nicht fair seinen Gegner in die empfindlichsten Teile eines Mannes zu treten, darum entschied er sich für den Kopf und streckte ihn mit einem gezielten Hieb seines Kopfes in dessen Gesicht nieder. Mit einem leichten Stöhnen fiel sein Gegner zu Boden. Alain atmete erleichtert auf, sein Kopf schmerzte jetzt noch mehr und ihn plagte der Durst, so ein Kampf war doch Kräfte raubend. Er ging hinüber zu Viktor und bot ihm die Hand, damit dieser aufstehen konnte. „Alain, Ihr seid ein guter Kämpfer, meine Hochachtung!“ „Graf ich muss Euch danken, nur wenige Männer hätten das Zimmer so gestürmt und sich in eine unüberschaubare Situation gebracht wie ihr. Was haltet Ihr davon, wenn wir uns auf diesen Schrecken hinauf in die nächste Kneipe begeben und uns ein Bier gönnen, dafür wird mein Geld wohl noch reichen“, Alain grinste verlegen, er war der einzige der vier Freunde der in letzten Jahren nichts zur Seite legen konnte, da er seine Familie mit allen Mitteln unterstützt hatte. „Alain, lasst nur, Ihr habt mich hierher begleitet und nun möchte ich Euch einladen, das ist das mindeste. Was würdet Ihr davon halten, wenn wir die Höflichkeiten vergessen würden und wir uns beim Vornamen nennen. Würdet Ihr es annehmen?“ Alain war von so viel Höflichkeit ihm gegenüber verblüfft. „Sehr gerne nehme ich dieses Angebot an, Viktor.“ Die beiden Männer reichten sich die Hände und gingen lachend aus dem Zimmer. Sie merkten nicht, dass der Jüngste der Bande wieder zu Bewusstsein gekommen war und Rache schwor als er seine zum Teil getöteten zum Teil bewusstlosen Freunde sah. Viktor und Alain saßen schon im Sattel, als der Jüngling mit einer geladenen Pistole hinter ihnen her rannte. Er zielte auf Viktor, doch er kam nicht dazu abzudrücken, da Diablo die Gefahr bemerkte und hoch ging. Das Pferd wirkte auf den jungen Mann wahnsinnig, da es seine Mähne wild schüttelte und die Augen etwas Teuflisches in sich bargen. Viktor meinte nur „Lass es gut sein, mein Junge, gegen Diablo würdest du selbst mit deiner Pistole den Kürzeren ziehen“, er trieb sein Pferd an und Alain und er verschwanden in den Straßen von Paris. „Lasst uns in die Bar „Zum tanzenden Bär“ gehen, dort kenne ich den Wirt, er wird uns keine Schwierigkeiten machen.“ Gesagt, getan, eine Viertelstunde später saßen die zwei Männer die gerade um ihr Leben gekämpft hatten bei einem Humpen Bier. Das erfrischende Getränk zeigte bald seine Wirkung, der Alkohol und das zuvor ausgestoßene Adrenalin vermischten sich zu einer Droge die die zwei Gefährten lockerer werden ließ. „Viktor, du hattest mich doch gefragt, was ich so an unseren Kommandanten schätze.“ „Ja Alain, das wollte ich wissen“, Viktor grinste und nahm einen Schluck von seinem Krug. „Nun, wie du sicher selbst bemerkt hast, ist sie eine Schönheit und wenn sie nicht immer in Männerkleidung herumrennen würde……“, Alain verdrehte bei dieser Bemerkung anerkennend die Augen. „Aber Alain, wie denkst du nur vom Kommandanten“, Viktor konnte sich die spitze Anspielung nicht verkneifen. „Ich verstehe dich und obwohl sie doch so kühl und abweisend wirkt, merkt doch jeder Mann welches Feuer in ihr lodert. Was sie sich in den Kopf setzt, vollzieht sie mit Herz und Seele. Sie zeigt ihre Leidenschaft im Kampf, doch etwas untypisch für Frauen.“ Alain konnte nur zustimmend nicken. Viktor hatte es auf den Punkt gebracht. „Alain, du weißt wahrscheinlich nicht, dass ich vor Monaten um die Hand von Lady Oscar angehalten habe.“ „Da muss ich dich enttäuschen Viktor, André und ich hatten eine kleine Auseinandersetzung wegen des Kommandanten, schon damals verteidigte er sie bis aufs Letzte, sie kam zwischen unsere Prügelei und André flehte sie an euch nicht zu heiraten. Sie sollte niemals heiraten. André würde alles für sie tun.“ „Darum denke ich, dass er der beste Mann für Oscar ist, ganz egal was wir fühlen. André weiß ganz genau mit seiner besonnenen Art, wann er in ihrem Schatten stehen und wann er ihr den Weg weisen muss. Ach, Alain vielleicht finden wir passende Frauen die das Leben mit uns teilen wollen, wenn wir in Spanien angekommen sind.“ Nun mussten beide lachen. Sie beschlossen noch das ein oder andere Bier zu nehmen und sich dann auf den Weg zu machen. Da Rosalie und Bernard jetzt bei Oscar, André und Sophie waren, gingen die Arbeiten am Haus noch schneller voran und auch die Hochzeitsvorbereitungen liefen gut. André war sich zwar noch nicht ganz sicher, ob er seine Idee für die Hochzeit verwirklichen sollte. Darum fragte er Rosalie und Bernard, was sie von seinem Einfall hielten. Nachdem André mit seinen Ausführungen fertig war, hatte Rosalie Tränen in den Augen und nickte heftig. „André, das ist eine wunderbare Idee und so romantisch. Wir werden alles tun um dir zu helfen, nicht wahr Bernard?“ „Natürlich, ich war nur so erstaunt über deine Idee. Lass uns gleich morgen in die Stadt reiten um alles notwendige zu besorgen.“ Sie hatten nicht mehr viel Zeit; in drei Tagen sollte das kleine und doch große Fest stattfinden, am 27. August, einen Tag nach Andrés Geburtstag. Auch Oscar dachte verbissen nach, was sie André zu seinem Geburtstag schenken sollte. Natürlich wusste sie etwas, doch war es auch das richtige, würde er sich darüber auch freuen? Sie war sich nicht sicher. Bei ihren Gedanken musste sie schmunzeln, sie stellte sich sein Gesicht vor wenn er das Geschenk öffnen würde. Doch, sie beschloss ihrer inneren Stimme zu folgen, so wie es ihr Vater in seinem Abschiedsbrief geschrieben hatte. Morgen würde sie in die Stadt reiten und das Präsent besorgen. Am 26. August 1789 wachte André mit einem einfachen und guten Gefühl auf. Es würde der schönste Geburtstag seit Jahren werden. Einzig die Abwesenheit von Alain und Viktor bereiteten ihm Sorgen, doch er wusste, solch erfahrenen Männern konnte so schnell nichts zustoßen. Er freute sich auf das Frühstück, heute würden sie eine kleine Feier abhalten und morgen war der Tag der ihm viel wichtiger war. In der Küche erwartete ihn seine Großmutter mit seinen Lieblingsfrühstück, Crépes mit Marmelade und ein großer Becher frischgemahlener Kaffee. „Guten Morgen André, ich wünsche dir alles Gute zu deinem Geburtstag, nie hätte ich mir träumen lassen, dass ich den noch erlebe!“ Sie lächelte ihn liebevoll an, ihr Enkel war die einzige Verbindung zu ihrem verstorbenen Sohn. Sie war Gott dafür so dankbar, dass wenigstens er ihr geblieben war. Nach und nach kamen Rosalie und Bernard zum Frühstück. Sie wussten von Andrés Geburtstag und gratulierten ihm von Herzen. „André, du weißt, Rosalie und ich haben zur Zeit nicht so viel Geld, aber wir wollten dir etwas schenken und jetzt ist es eben dieses Buch geworden. Wir hoffen, du hast etwas Freude.“ André nahm dankbar das kleine Päckchen entgegen. „Wenn es euch nichts ausmacht möchte ich mein Geschenk heute beim Abendessen öffnen, vielleicht sind dann Alain und Viktor auch wieder bei uns.“ „Natürlich André, du kannst damit machen, was du möchtest“, Rosalie wandte sich bei diesem Satz ihren Pfannkuchen zu, so etwas schmackhaftes und zuckersüßes hatte sie schon lange nicht mehr gegessen. „Ah, was hab ich da gehört, Geschenke werden am Abend ausgepackt? Gut, dann behalte ich noch mein Geschenk für dich!“ Oscar lachte, als sie die Küche betrat. „Geliebte, du bist mir Geschenk genug“, André stand auf um ihr den Stuhl zurechtzurücken. Oscar gab ihm einen Kuss und flüsterte „Alles Gute zu deinem Geburtstag.“ Sie würden heute nur das nötigste machen, es würde untertags viel zu heiß werden, um irgendwelche gröberen Arbeiten zu erledigen. Nachdem Sophie und Rosalie die Küche fertig aufgeräumt, Bernard und André die Pferde versorgt hatten und Oscar einige Briefe geschrieben hatte, entschieden sie sich den Tag getrennt von einander zu verbringen. Andrés Großmutter zog es vor sich in ihrem kühlen Zimmer auszuruhen. Die ständige Hitze, zuerst in der Küche und dann noch durch die stetig steigende Augustsonne machte ihr zu schaffen, Sie war eben keine dreißig Lenze mehr. Bernard und Rosalie nutzten die Gelegenheit und entschieden sich für einen Spaziergang im nahe gelegenen Wald. Wie lange waren sie nicht mehr als Ehepaar zusammen gewesen, zu viel war in letzter Zeit passiert um ihr junges Eheglück zu genießen. André nahm sich eine Decke und ein Buch und machte es sich unter der großen Kastanie, die etwas abseits vom Haus stand, gemütlich. Er setzte sich unter den riesigen alten Baum, lehnte sich an dessen knorrigen Stamm und schloss die Augen. Es war ruhig, er hörte nur das Rascheln der Blätter der mächtigen Baumkrone im Wind. Dieser Moment ließ ihn noch klarer denken, alles ergab für ihn einen Sinn, er fühlte sich ausgeglichen und zufrieden. Als er die Augen öffnete, stand Oscar vor ihm. „Wie ist das möglich, ich habe dich nicht kommen hören?!“, André war etwas verdutzt, sein Gehör war doch in Ordnung, oder doch nicht? Als er an ihr hinunterblickte, sah er, dass sie barfuss im Gras stand; darum keine Geräusche. „Ist hier noch ein Platz frei bei dir auf der Decke?“ „Nun, kommt ganz drauf an, was Madame wünschen!“, er grinste Oscar ins Gesicht. „Frieden, Geborgenheit und dich.“ André streckte ihr seine Hand entgegen als Zeichen zu ihm zu kommen. Sie legten sich beide hin, den Blick in die Krone des Baumes gerichtet. „Wie die Zeit doch vergeht André“, Oscar wirkte etwas melancholisch. „Ja, aber wir haben noch unser ganzes Leben vor uns.“ Er drehte sich zu ihr und sah sie an, wie engelsgleich sie doch ist, immer schon war sie die Schönste und morgen sollte sie seine Frau werden. „Ist etwas mit dir, du wirkst auf einmal so betrübt?“, André konnte seinem Instinkt vertrauen wenn es um Oscars Emotionen ging. „Vielleicht ist es für gewisse Sachen schon zu spät.“ Wovon sprach sie jetzt, von ihrer Krankheit, von seinem Auge. „Oscar, du verwirrst mich, worauf willst hinaus?“ „Nun ja, ich werde auch nicht jünger und durch die Tuberkulose wurde mein Körper sehr geschwächt und….“, André wusste immer noch nicht, worauf sie hinaus wollte und irgendwie war es ihm auch egal. „Ach Oscar, mach dir nicht immer Gedanken, es kommt wie es kommen muss.“ Er beugte sich zu ihr und küsste sie mit einer Zärtlichkeit, die ihr Innerstes zum Brennen brachte. Er hatte ja Recht, es würde sich zeigen ob sie sich umsonst Sorgen machte oder nicht. André schmiegte sich an sie und versank mit der Hand auf ihren Bauch in einen leichten Dämmerschlaf. Der Boden erschütterte durch das Hufgetrampel. Oscar und André fuhren hoch, wie lange hatten sie wohl geschlafen, die Sonne stand tief am Himmel, es würde so gegen vier Uhr nachmittags sein. Sie blickten sich überrascht an und wussten, dass es nur Alain und Viktor sein konnten, die sie in der Ferne entdeckten. Sie sprangen auf und liefen ihnen entgegen. „Alain, Viktor, wie schön, Euch ist nichts geschehen.“ „Oh, Kommandant, nicht so laut, mir brummt der Schädel“, Alain sah wirklich etwas mitgenommen aus. „Aber Alain, kommt das jetzt vom Schlag auf den Kopf oder dem Bier, welches du gestern hinuntergestürzt hast?“ Viktor fragte extra schnippisch, da Alain glaubte ihn beim Trinken besiegen zu können. Viktor lachte laut und sah Oscar und André belustigt an „Man traut dem Adel einfach nichts zu. Nun komm schon Alain, mach vorwärts, ich habe Hunger und freue mich schon auf Madame Grandiers gute Küche.“ „Wie kannst du jetzt ans Essen denken, wenn es mir so schlecht geht?“ „Tja, als erwachsener Mann sollte man seinen Grenzen kennen.“ Nun mussten sie alle lachen. „Wer den Schaden hat, muss für den Spott nicht sorgen, nicht wahr Alain?“ Selbst André konnte nicht anders und zog seinen Kameraden auf. Nachdem sie die Pferde versorgt hatten, begaben sich alle vier ins Haus, Bernard und Rosalie, die es sich im Salon gemütlich gemacht hatten, hörten den Lärm und gingen nachsehen, wer denn ihre Ruhe störte. „Ah, da wir jetzt alle hier versammelt sind, können wir doch Andrés Geburtstag richtig feiern, was meint ihr“, Rosalie blickte fragend in die Runde. „Das denke ich auch, länger sollte mein Kuchen auch nicht herumstehen.“ Andrés Großmutter kam gut gelaunt aus ihrem Zimmer und rieb sich die Hände. „So wer von Euch möchte auch Kaffee? Alain, du siehst so aus, als hättest du ihn bitter nötig!“ Alle lachten. „Ja Großmutter Grandier, das wäre genau das Richtige für mich.“ „Na dann, auf zu Kaffee und Geburtstagskuchen!“ Sie machten sich auf in die Küche. „André, wenn ich gewusste hätte, dass Ihr heute Euren Geburtstag feiert, dann hätte ich….“, Viktor blickte etwas beschämt zu Boden. „Viktor, es ist mir schon eine Ehre, dass Ihr mit mir an einem Tisch sitzt und feiert. Was brauchen wir mehr?“ Graf de Girodelle sah in dankend an „Alles Gute André, mögen sich all Eure Wünsche erfüllen. Da fällt mir noch ein, ich habe es Alain während unserer Reise angeboten, wollen wir uns nicht auch bei den Vornamen nennen? Das macht vieles einfacher.“ „Euer Angebot ehrt mich und ich nehme es dankend an.“ „Doch nun lass uns nicht länger warten, sonst verspeist Alain den Kuchen ganz alleine.“ Nachdem sie alle ihren Kuchen mit Genuss verschlungen hatten, öffnete André sein Geschenkpäcken von Bernard und Rosalie. „Ein Wörterbuch, Französisch – Spanisch, wunderbar, es wird uns sicher sehr nützlich sein. Habt Dank.“ „Wofür soll es nützlich sein André, sag schon.“ „Ach, das war nur so gesagt Großmutter, wir wissen doch alle nicht was die Zukunft bringen mag, hab ich nicht recht?“ Er versuchte sich noch herauszureden, seine Großmutter wusste doch noch nichts von ihren Plänen und sie wollten sie nicht verstimmen so kurz vor der Hochzeit. „Nun gut André, du weißt ich habe nicht so viel Geld, aber ich wollte dir auch etwas schenken, darum bekommst du etwas von mir, das du auf jeden Fall brauchen wirst“, mit diesen Worten legte Sophie ihm ein mittelgroßes Paket auf den Küchentisch. „Alles Gute mein Junge!“ André war überrascht, er hatte seit er ein Junge war nichts mehr von seiner Großmutter zum Geburtstag geschenkt bekommen. „Ach Großmutter, das wäre doch nicht notwendig gewesen.“ „André, rede nicht so viel, pack es lieber aus, ich bin doch so neugierig.“ Oscar hatte zwar eine Ahnung, was sich in der Verpackung befand, doch wollte sie ihren Verdacht bestätigt haben. „Ein Anzug, ich kann mir schon denken wofür der sein soll, habt vielen Dank, den kann ich gewiss brauchen.“ Vor ihm lag eine neue Kniebundhose aus einen schwarzen leichten Baumwollstoff, ein neues Hemd aus feinster Seide welches schon allein ein Vermögen wert war und ein neuer Gehrock, es war ein sehr feiner, leichter Stoff und doch passend für einen Gehrock, durch die dunkelgraue Farbe wirkte er sehr edel und elegant und hob sich von dem Schwarz der Hose ab. Oscar stellte sich André in diesem Gewand vor und verlor sich in ihrer Welt. „Oscar, Oscar, träumst du, dein Kaffee wird doch kalt!“ André tätschelte ihre Hand, nicht nur der Kaffee wurde kalt, auch sie hatte doch ein Geschenk für André. Sie sprang auf und lief in ihr Zimmer. Mit einer kleinen Schachtel kehrte sie zurück zur Gruppe. „André, auch ich habe etwas für dich, aber ich weiß nicht, ob es ein richtiges Geburtstagsgeschenk ist?“ „Oscar, das war nicht notwendig, mit dir habe ich alles was ich brauche“, er strahlte sie an. Oscar schob ihm die kleine Schachtel hinüber und wie er sie öffnete, schluckte er einmal kräftig. „Oscar, das kann ich nicht annehmen, das geht nicht.“ „André, die sind für uns beide, ich war mir zuerst nicht sicher ob wir Eheringe brauchen oder nicht, doch als ich sie sah, fühlte ich, dass es genau das richtige Geschenk ist. Die ganze Welt soll auch durch diese Ringe sehen, dass wir zwei zusammengehören. Bitte nimm sie an, damit wir sie morgen bei der Trauung tauschen können.“ André war sprachlos, er wusste nicht, ob er etwas sagen sollte. Es betrübte ihn ein bisschen, dass er nicht selber auf den Gedanken gekommen war und doch war er über die Idee dankbar. „Danke, ma chérie“, er küsste sie und hielt ihre Hand. „Nun wenn wir schon beim Thema Trauung sind, planen wir den morgigen Tagesablauf“, wieder nahm Sophie die Führung in die Hand „Lady Oscar, Ihr werdet morgen in der Früh zur Beichte gehen, ich werde in der Zwischenzeit mit Rosalie alles notwendige herrichten. Den größten Teil des Essens haben wir ja schon vorbereitet. Ihr werdet dann ein Bad nehmen und die Haare richten. Dann könnt Ihr Euch bis kurz vor vier ausruhen. Um vier Uhr Nachmittag ist die Zeremonie, dass mir das keiner vergisst. André du wirst eine Stunde später in die Stadt zum Pfarrer reiten, um zu beichten und vergiss nicht ihm eine Kutsche zu reservieren, damit er nicht zu spät kommt. Alles andere wird erledigt sobald es anfällt. Hat noch jemand eine Frage? Nicht, na dann ist es ja gut!“ Sie lächelte zufrieden, keiner würde es wagen Sophie wegen der Planung dagegen zu reden. Sie öffneten ein paar Flaschen Wein und hörten gespannt den Ausführungen von Alain und Viktor. Wie sie von ihrem kleinen Kampf erzählten, blieben den anderen der Mund offen. Sie waren nur froh, dass sie gesund zurückgekommen waren. Sophie begab sich nach dem Abendessen bald in ihr Bett. Sollten die jungen Leute ruhig noch zusammen sitzen, morgen war ein wichtiger Tag, den sie auf keinen Fall verpassen wollte. Kurz vor Mitternacht beschlossen die Freunde sich ins Bett zu begeben, jeder wollte frisch und erholt den morgigen Tag beginnen. Oscar war nach Sophie die erste, die sich zum Frühstück in die Küche begab, sie wollte so schnell in die Stadt wie nur möglich und diese leidige Beichte hinter sich bringen. Nach einem Stück Brioche und einem Milchkaffee machte sie sich auf den Weg. Sie war doch etwas verwundert, dass sie noch keinen der anderen begegnete. Währendessen waren André und Bernard schon fleißig am Handwerk, Oscar sollte doch nichts von ihrer Überraschung mitbekommen. Die Zeit verging wie im Flug und André musste sich beeilen nicht zu spät in die Kirche zu kommen. „Bernard kannst du das alleine auch fertig machen, bitte?“ „Aber ja doch, geh ruhig, wenn ich Hilfe brauche, frage ich Alain oder den Grafen, ob sie mir helfen können. Los beeil dich!“ André spurtete los. Da jeder etwas zu tun hatte, dachte keiner an die Zeit und als sie sich versahen, war es zwei Uhr nachmittags. Oscar ruhte derweil in ihrem Zimmer, sie bemerkte, wie sich die Nervosität in ihr breit machte, sie war aufgeregt und ihre Hände wurden feucht. Doch es war keine Angst, sie freute sich, sie selbst hätte sich nie denken können, dass sie sich über eine Hochzeit freuen würde und jetzt war sie kurz davor einen Mann zu ehelichen. André inspizierte noch ein letztes Mal seine Überraschung für Oscar und konnte beruhigt feststellen, dass alles so geworden war, wie er es sich vorgestellt hatte. Er beschloss sich am Brunnen zu waschen, das ging erstens schneller und zweitens freute er sich schon auf das erfrischend kalte Wasser aus der Tiefe. Er zog sich bis auf seine Unterhose aus und schüttete sich sogleich einen Kübel Wasser über den Kopf. Er glaubte sein Herz würde für einen Moment aussetzen, so kalt war das Wasser. Schnell griff er zur Seife und schäumte seinen Kopf und Körper ein. Ein Hauch von Rosenduft umgab ihn. ‚Noch schnell den Schaum abwaschen, die Feinheiten erledige ich in meinem Zimmer. Verdammt, Oscars Kleid, sie hat es noch gar nicht in ihrem Zimmer.’ André beeilte sich und packte seine sieben Sachen zusammen. Er rannte los, holte das Paket aus seinem Zimmer, legte es vor Oscars Tür und klopfte. Er verschwand gleich wieder, so sollte sie ihn an diesem wichtigen Tag nun wirklich nicht sehen. Oscar war überrascht, als sie die Tür ihres Zimmers öffnete und noch überraschter blickte sie auf das Paket. Jetzt kam es ihr auch in den Sinn. ‚Mein Kleid, ich wollte doch heute ein Kleid anziehen’, neugierig riss sie das Papier auf, in dem sie etwas Weiches spürte. Und wirklich, da war es, ein Traum aus Weiß mit kleinen, zarten Blumen in blau-violett gehalten. Es war kein typisches Kleid für eine Hochzeit und doch musste sie zugeben, dass es ihr gefiel, sehr sogar. Sie öffnete die Tür und rief nach Rosalie. „Lady Oscar, Ihr habt gerufen?“ „Rosalie, würdest du mir bitte helfen, ich würde gerne mein Kleid anziehen.“ „Es wäre mir eine Ehre“, Rosalie selbst hatte für die Feier ein schlichtes Kleid an, es war aus einem zartrosafarbenen Stoff, sie wirkte damit noch mädchenhafter als sonst. „Ich glaube, um das dazugehörende Korsett kommt Ihr heute nicht herum“, Rosalie war es bewusst, wie sehr Oscar ein Korsett verabscheute. „Na dann Rosalie, jeder muss doch Opfer bringen, nicht wahr?“, sie zwinkerte ihr zu. Als Rosalie damit fertig war Oscar zu schnüren, war Oscar froh nur den restlichen Tag im Mieder verbringen zu müssen. Zeitweise kam es ihr so vor, als würde sie ersticken doch nach und nach gewöhnte sie sich an die Enge und wusste wie sie zu atmen hatte. „Lady Oscar, habt Ihr eine Vorstellung welche Frisur ihr dazu tragen wollt oder bleibt Euer Haar offen?“ Darüber hatte sich Oscar auch keine Gedanken gemacht. „Was sagst du Rosalie, hast du eine Idee?“ „Nun um ganz ehrlich zu sein hab ich mir da schon ein paar Gedanken gemacht. Es sollte etwas Natürliches sein, ich finde, Ihr solltet Euer Haar offen tragen. Ich war doch gestern mit Bernard spazieren und da hab ich mir erlaubt euch einen Blumenkranz aus den Wiesenblumen zu flechten, nur weiß ich nicht, ob er euch gefallen würde“, sie sah Oscar verlegen an. „Rosalie, was würde ich ohne dich machen, das ist eine fabelhafte Idee. Bringst du ihn gleich hoch, bitte?“ Rosalie nickte erleichtert und machte sich auf in ihr Zimmer. Als sie zu ihrem und Bernards Zimmer ging um den Blumenschmuck zu holen, kam sie an der Kammer von Alain und André vorbei. Sie hörte mehrere Stimmen aus dem Raum ertönen. „André, nie würde man vermuten, dass du ein ehemaliger Stallbursche bist mit diesem Gewand!“ „Danke Alain, danke, dass du mich immer wieder an meine Herkunft erinnern musst.“ André stand etwas kritisch vor dem kleinen Spiegel und betrachtete sich. Konnte er so vor Oscar treten? Was würde sie denken? „Ach André, hör nicht auf diesen Schwätzer, du siehst fabelhaft aus. Deine Großmutter weiß, was dich kleidet.“ Graf de Girodelle sprach einige aufmunternden Worte, sicher war der junge Mann vor so einem wichtigen Einschnitt in seinem Leben ziemlich nervös und brauchte seelische Unterstützung. „André, glaube mir, Oscar würde dich auch im Kartoffelsack heiraten, da bin ich mir sicher“, Bernard meinte diese Worte todernst. Er hatte noch nie zwei solche Menschen getroffen, die alles für einander tun würden wie diese beiden. Rosalie lauschte belustigt an der Tür ‚also geht es doch jedem gleich vor so einem Ereignis’, sie dachte an ihre eigene Hochzeit mit Bernard, auch sie hatte kurz davor Angst den Erwartungen nicht gerecht zu werden, aber sie wurde eines besseren belehrt. Schnell ging sie das gewünschte Schmuckstück holen und eilte rasch in das obere Stockwerk. Als Rosalie Oscar fertig vor sich sah, war sie gerührt. Noch nie war Oscar so schön wie jetzt. Dieses Gewand spiegelte Oscar wieder und wurde ihrem Wesen gerecht. Die Blumen im Haar repräsentierten das Wilde und die Liebe zur Natur, das einfache und doch wunderschöne Kleid ihre Klarheit, Bodenständigkeit und Geradlinigkeit und ihre Schuhe… „Lady Oscar, Ihr habt keine Schuhe an!?“ „Ich habe auch nicht vor welche zu tragen, erstens habe ich keine passenden, zweitens ist es viel zu warm für Schuhwerk und drittens will ich spüren dass doch alles kein Traum ist. Vielleicht hilft es mir wenn ich barfuss gehe“, sie strahlte einfach nur noch. Von draußen hörte sie ein Rattern der Kutsche die den Pfarrer brachte. Nun war es soweit. „Lady Oscar, wo seid Ihr, seid Ihr noch nicht fertig?“ Sophies Stimme hallte durch das ganze Haus. „Ich komme schon“. Unten am Treppenabsatz wartete bereits Sophie und Graf de Girodelle. Er hatte einen neuen Anzug an, den er sich in Arras hatte schneidern lassen. Wie immer gab er eine imposante Erscheinung ab. Er stutzte, als er Oscar und Rosalie von oben herunterkommen sah. Nie hätte er sich gedacht, dass sie noch schöner sein konnte als in ihrer Uniform, er musste zugeben, dass er sich getäuscht hatte. „Lady Oscar, da Euer Vater nicht anwesend ist und ich der Älteste der hier anwesenden Männer bin, würde ich euch gerne zum nicht vorhanden Altar geleiten.“ Oscar gefiel die Idee und willigte ein. Hinter dem Haus war schon alles fertig aufgebaut. Etwas abseits vom Haus waren die Tische für das danach stattfindende Fest hergerichtet, die anderen warteten bereits unter dem großen Lindenbaum, der in der Augusthitze wunderbar Schatten spendete. Sophie räusperte sich etwas, damit alle ihre Aufmerksamkeit auf Oscar richteten. Als André sich in ihre Richtung drehte, glaubte er jeden Moment umzukippen. War es denn wirklich seine Oscar? Die Oscar, die am liebsten Hosen trug und jedes Ziel beim Tontaubenschießen traf? Als sie bei ihm angekommen war, überreichte Graf de Girodelle ihm ihre Hand. André würde sie nie wieder loslassen. Oscar flüsterte „Und Monsieur Grandier, möchtet Ihr mich so immer noch zur Frau nehmen?“, er sah sie fast hypnotisierend an und sagte „Du bist bezaubernd, danke“, er küsste ihr Hand. Nun fing der Pfarrer mit der Trauung an. „Bevor ich Euch nun frage, ob Ihr diesen Mann zu Euren Ehemann nehmen wollt, möchtet Ihr noch etwas sagen?“ „Ja, das möchte ich. André, wir kennen uns seit wir Kinder sind, haben Höhen und Tiefen gemeinsam durchgestanden. Jetzt stehen wir hier vor unseren Freunden und vor Gott als Liebende und ich weiß, dass wir gemeinsam alles schaffen werden, denn durch dich fühle ich mich vollständig.“ „Oscar, mein einzige Liebe, nichts kann mich mehr erschüttern, denn ich habe deine Liebe gespürt. Und selbst im Tod bin ich mir sicher, dass unsere Seelen vereint sein werden.“ Beide hielten die Hände des Anderen bei diesen Worten und Oscar entflammte wieder ein Gefühl, welches nur André auszulösen wusste. „Wollt Ihr, Oscar Francois de Jarjayes, André Grandier zu Eurem Mann nehmen?“ „Ja, ich will“, Oscar rann eine Träne über ihre Wange, verlegen wischte sie sie fort und lächelte. „Und wollt Ihr, André Grandier, Oscar Francois de Jarjayes zu Eurer Frau nehmen?“ „Ja, ich will“, André sah sie in diesem Moment so ernst aber trotzdem mit so viel Liebe und Zärtlichkeit an, dass sie sich eine weitere Träne nicht verkneifen konnte, doch diesmal trocknete André sie. Nachdem sie diese wenigen und doch wichtigen Worte ausgesprochen hatten, steckten sie sich gegenseitig die Ringe an um ihrer Verbundenheit noch mehr Ausdruck zu verleihen. „Dann erkläre ich Euch vor Gott für Mann und Frau. Ihr dürft die Braut nun küssen.“ Gott sei Dank kam der Pfarrer bald zum Ende, denn länger hätte André nun wirklich nicht warten können. Alle Anwesenden klatschten gerührt, als sich Oscar und André das erste Mal als Ehepaar küssten. „Madame Grandier, Ihr nehmt doch den Namen eures Gatten an?“ „Ähm, natürlich.“ „Dann bitte ich euch nur noch diese Papiere die mir der Stadtbeamte mitgegeben hat zu unterzeichnen, ich werde sie dann, wenn es euch recht ist, beim Rathaus abgeben. Somit wäre dann alles erledigt.“ Der Pfarrer lächelte, noch mehr lächelte er wie er ein kleines Säckchen mit Münzen von Oscar in Empfang nahm. „Ehrwürden, ein kleines Zeichen meiner Dankbarkeit, wir wissen es sehr zu schätzen, dass ihr zu unser gekommen seid und uns vermählt habt. Wollt ihr nicht noch den Feierlichkeiten beiwohnen?“ „Habt Dank, aber ich habe einer alten Witwe versprochen sie heute noch zu besuchen und ihr Trost zu spenden. Dann verabschiede ich mich. Adieu!“ Die kleine erlesene Gesellschaft sah ihm nach, insgeheim waren sie doch alle froh gewesen, dass der Pfarrer wieder ging. So waren sie unter sich. „Na dann, lasst uns zu den Feierlichkeiten schreiten“, Alain war natürlich der erste, der ein von Bernard gefülltes Glas mit Wein in Empfang nahm. „Ich möchte als ehemaliger Untergebener und Kamerad eine kleine Rede halten. Darf ich?“ „Tu dir keinen Zwang an, Alain!“ „Danke André. Wie ihr wisst kenn ich euch noch nicht so lange wie all die anderen Anwesenden und doch seit ihr mir in der kurzen Zeit sehr ans Herz gewachsen und das obwohl wir solche Anfangsschwierigkeiten hatten.“ Er sah dabei Oscar an, die ihm zustimmend anlächelte. Wie hatte sich doch dieser Mann gegen sie gewehrt und ihren Befehlen getrotzt? Und jetzt zählte er zu ihren engsten Vertrauten. „Als ich Euch, Kommandant“, er stutzte, denn ihm kam der Titel Kommandant lächerlich vor, so wie sie vor ihm stand, „Lady Oscar und André das erste Mal gemeinsam erlebte, wusste ich welch unsichtbares Band euch beide verbindet. Ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, wann ihr beide zueinander findet und jetzt dürfen wir mit euch dieses Fest eurer Liebe feiern. Habt Dank und auf das diese Ehe ewig währt! Salut“, Alain erhob sein Glas und prostete dem Paar zu. „Salut“, stimmten die anderen mit ein und man entschied sich an der im Garten gedeckten Tafel Platz zu nehmen. Unbemerkt von den Feiernden ging die Sonne unter und die Kerzen wurden entzündet. Es wurde viel gelacht und gescherzt, es war eine ausgelassene Stimmung und die Gesellschaft vergaß schnell, welche Kämpfe und Unruhen zur selben Zeit in Paris stattfanden. Es war, als wären sie alle auf ihren eigenen kleinen Planeten die nichts von der Welt um ihnen rundherum wahrnahmen. Als es schon finster war und der Mond nur spärlich Licht spendete wurden die ersten von der Müdigkeit übermannt. „Bernard, wollen wir nicht zu Bett gehen? Ich bin schon so müde, die Arbeit am Vormittag und die Hitze hier heraußen, der Wein und das gute Essen, ich kann einfach nicht mehr“, Rosalie war nicht ganz ehrlich zu ihrem Mann, sie wollte einfach noch ein paar ruhige Stunden mit ihm verbringen. „Wenn du meinst, mein Schatz und wenn uns die anderen entschuldigen.“ „Heute soll jeder das machen, was er für richtig hält und wonach es ihn durstet.“ André blickte Oscar mit so einer Eindringlichkeit an, dass sie wusste, worauf er hinaus wollte. Auch sie wollte mit ihm endlich alleine sein. Zu lange waren die letzten Nächte, die sie getrennt von ihm verbracht hatte. „Ich begebe mich auch zu Bett, Adieu“, Sophie wartete auf keine Bemerkung, der Wein zeigte bei ihr heute besonders seine Wirkung und nur mit Müh und Not wankte sie ins Haus. „Na dann, glückliches Ehepaar, Alain, Viktor, wir wünschen Euch eine gute Nacht“, Bernard zwinkerte André bei diesen Worten zu, der wiederum nur nickte. „Viktor, was hältst du davon, wenn wir uns noch ein Fläschchen von diesem ausgezeichneten Wein genehmigen würden, allerdings im Salon, die Mücken hier heraußen machen mich noch wahnsinnig.“ „Eine ausgezeichnete Idee Alain, du nimmst die Flaschen und ich die Gläser. Au revoir Oscar, André!“ Oscar und André wussten gar nicht, wie ihnen geschah, so schnell verschwanden ihre Freunde im Haus. „Wollen wir nun auch zu Bett gehen“, Oscar sah André fragend an. „Hm, nicht ganz, ich habe nämlich eine kleine Überraschung dich!“ ‚Eine Überraschung’, schoss es Oscar durch den Kopf, sie hatte doch auch noch ein Geschenk für André. „Warte hier kurz, ich muss nur schnell etwas aus meinem Zimmer holen“, und weg war sie. Oscar ließ André einfach im Kerzenschein zurück. Er stand auf und streckte sich durch. Was würde sie wohl sagen, wenn sie seine Überraschung sah, würde sie sich freuen? Es würde nicht lange dauern, dann bekam er seine Antwort. So schnell Oscar davon gerannt war, so schnell kam sie wieder. Sie war außer Atem, so hatte sie sich beeilt. „Komm Oscar, ich will endlich wissen, was du von meiner Idee hältst“, André nahm eine Kerze in die eine Hand und Oscars Arm in die andere. Sie gingen durch das Grün, welches sich hinter dem Haus erstreckte, das Gras reichte ihnen bis knapp zur Hüfte und es roch nach den wild wachsenden Blumen. Sie konnte nur Umrisse erkennen und wunderte sich, dass André so selbstsicher voranschritt. Sie konnte etwas großes erkennen, und dann, es war ein Zelt. Es sah sehr orientalisch aus, wie aus Tausend und einer Nacht. Im Inneren des Zeltes brannten kleine Lichter. „André, hast du das Zelt hier aufgebaut?“ André nickte „Ich wollte etwas besonderes für unsere Hochzeitsnacht, und wir sollten alleine sein und als ich in Arras dieses Zelt gesehen hatte, wusste ich, dass es genau das Richtige war.“ Beide betraten das Zelt, es war hoch genug, dass beide aufrecht stehen konnten, das Innere war mit Matratzen, Decken und unzähligen Polstern ausgestattet. Zwei größere Windlichter spendeten etwas Licht, es war alles sehr stimmig. „Gefällt es dir“, André war sich nicht schlüssig über Oscars Meinung. „André, es ist wunderbar, danke“, sie stellte sich auf ihre Zehenspitzen um ihren Mann zu küssen. ‚Mein Mann’, es fühlte sich einfach nur richtig an, als sie das dachte. „So, was wolltest du mir zeigen?“ André erinnerte sich an das Päckchen, welches Oscar in ihren Händen hielt. „Ach André, wenn ich das hier alles sehe, komme ich mir so lächerlich vor, ich weiß nicht mehr, ob ich es dir wirklich geben soll?“ „Oscar, du weißt doch, dass ich dich liebe und alles was von dir kommt. Bitte zeig es mir!“ Er setzte sich erwartungsvoll auf die Matratze und wartete darauf, dass Oscar neben ihm Platz nahm. Sie legte ihr Paket in seinen Schoß. Gespannt machte André die Schnüre auf und öffnete das Papier. Er sah auf das Geschenk und dann auf Oscar „Soll das heißen?“ „André, lass mich bitte erklären, ich wollte dir damit zeigen, dass ich in den letzten Wochen sehr viel nachgedacht habe und zu dem Entschluss gekommen bin, dass es noch etwas anderes in meinem Leben gibt als das Heer und Kämpfe. Ich will dir damit zeigen, dass ich mich auch auf meine weibliche Seite einlasse und wenn du es möchtest, können wir eine richtige Familie werden. Ich kann dir nicht versprechen ganz mit dem Fechten oder dem Schießen aufzuhören aber“ weiter kam sie nicht. André fiel ihr ins Wort „Danke, das ist mehr als ich mir hätte vorstellen können. Natürlich wünsche ich mir auch Kinder mit dir, nur war ich mir nie sicher, wie du zu diesem Thema stehst, da es für dich den größeren Einschnitt in deinem Leben birgt“, André hatte in dem Paket ein Kindertaufkleid erhalten. Nie hätte er gedacht, dass Oscar auch über diese Möglichkeit in ihrem Leben nachdachte und sie wusste nicht wie glücklich sie André mit diesem Geschenk machte. „Auch ich habe noch eine Kleinigkeit für dich. Er griff unter die Matratze auf die er saß und reichte Oscar eine kleine Schachtel. „Ich wollte dir etwas sehr persönliches schenken, zuerst wusste ich auch was es genau werden sollte, doch dann hab ich dieses Stück im Laden gesehen!“ Oscar wurde neugierig, wie sie die Schachtel öffnete, blitzte ihr ein silbernes Medaillon an einer Kette entgegen. „Den Anhänger kannst du öffnen und…..“, Oscar tat es, sie öffnete den Anhänger und fand eine winzige Phiole mit einer roten Flüssigkeit darin. „Ist das dein Blut, André?“ Er senkte seinen Blick „Ich wusste nicht wie ich es anders hätte symbolisieren sollen, es soll dir klar machen und immer wieder zeigen, dass ich mein Leben für dich geben würden, dass ich nur dir meine Seele schenke und keinem anderen Menschen.“ Oscar, nahm die Kette aus der Schachtel und hängte sie sich um, noch nie hatte sie so ein Schmuckstück besessen, vor allem mit so einem Inhalt. „Ich liebe dich“, Oscar wollte nun nicht mehr länger reden, durch Andrés Geschenk und seine Gedanken die er sich dazu gemacht hatte, entflammte wieder in ihr dieses Verlangen ihn zu berühren, im Nahe zu sein, in die Welt seiner Berührungen einzutauchen, nur seine grünen Augen zu sehen und rundherum die Welt zu vergessen. Sie beugte sich zu ihm und küsste ihn. Sein Geruch und seine sanften Lippen brachten sie um den Verstand. Oscar löste die Bänder seines Hemdes, sodass es nur mehr locker an seinem Körper lag. André streifte es ab und widmete sich Oscar. Sie betrachtete ihn kurz, seine Haut war von der Sonne gebräunt und er wirkte noch muskulöser als sonst. Verloren blickte sie an sich hinab, um von ihrem Gewand los zu kommen, benötigte sie Hilfe. „Darf ich Euch behilflich sein, Madame Grandier?“ André grinste sie auf Grund ihres verlorenen Gesichtsausdruckes an. Sie standen beide auf, Oscar stand mit dem Gesicht zu André gewandt, sodass er ihr ins Gesicht sehen konnte während er das Kleid und das Korsett öffnete. „Monsieur Grandier, ich wusste zwar von Eurer Fähigkeit mit Pferden umzugehen, aber das Ihr mit Frauen ein ebenso großes Geschick an den Tag legt, ist mir neu“, nun begann Oscar ihn zu necken. Als er fertig war und schlussendlich auch das Korsett zu Boden fiel, beugte er sich zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr „Da gibt es weniger Unterschiede, als du glaubst, du brauchst es nur mit Liebe und Hingabe tun“, mit diesen Worten hob er sie auf seine Arme und trug sie auf die Matratzen. Sie versanken in einen innigen Kuss. Sie vergrub ihre Hände in seinen vollen, schwarzen Haaren. Obwohl es nicht die erste Nacht war, die sie miteinander verbrachten, war es für beide doch etwas ganz Neues. Alles fühlte sich noch intensiver, viel realer an. Sie waren beide bis auf ihre Unterwäsche entblößt, als Oscar André plötzlich etwas zuwisperte „Lass uns nach draußen gehen“, André sah sie verstört an „Was sollen wir draußen?“, André brauchte eine Sekunde länger um zu verstehen, was Oscar wollte. „Willst du wirklich raus? Und was ist, wenn uns jemand sieht?“ „Wer soll uns schon sehen André, hier ist keine Menschenseele, außerdem reicht uns das Gras fast bis zur Hüfte“. Als er es sich versah, war Oscar schon aufgesprungen und rannte hinaus. Sie blieb vor dem Zelt stehen und atmete tief ein worauf sie Husten musste. „Komm wieder rein Oscar, du verkühlst dich vielleicht und das verstärkt deine Tuberkulose.“ „Ach was André, ich hatte etwas im Hals. Wenn du willst, dass ich dir gehorche, musst du mich schon fangen“, worauf sie losrannte, nur in ihrer spärlichen Unterwäsche bekleidet. André wusste nicht, was mit ihr los, er beeilte sich, um sie nicht zu verlieren, denn je weiter sie sich von ihm entfernte desto schwerer tat er sich sie zu erkennen. „Oscar, lass mich nicht hier stehen“, er rannte, als ginge es um sein Leben. Er griff nach ihrer Hand und blieb stehen, „Was ist nur mit dir los? So kenne ich dich gar nicht?“ „André, ich lebe und ich lebe mit dir! Ich fühle mich plötzlich so frei.“ Sie küsste ihn, wild, leidenschaftlich und fordernd. André gab ihr nach und glitt mir ihr zu Boden. So bestimmend sie ihn küsste, so bestimmend wies sie ihm an sich hinzulegen und die restlichen Kleidungsstücke abzulegen, Oscar tat es ihm gleich und doch wollte sie die Oberhand behalten. André lag im Gras und ein paar Halme stachen ihn in den Nacken, auf ihm saß Oscar und über ihr das Himmelszelt mit Tausenden von leuchtenden Sternen, es war ein unvergesslicher Anblick. Oscar starrte auf seinen entblößten Oberkörper und nahm erst jetzt die Narbe auf seiner linken Brust bewusst wahr. Sanft strich sie über das Stigma, wieder kamen ihr die schrecklichen Bilder in den Sinn und das André sein Leben für sie opfern wollte, sie beugte sich vor und küsste das Wundmal. „Ich würde es wieder tun“ sagte André zu ihr, als könnte er ihre Gedanken lesen und küsste sie. Sie liebten sich im Dunkel der Nacht, verloren dabei jegliches Raum- und Zeitgefühl, der Rest der Welt verschwand für sie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)