Release Me! von Yami-No-Yuuki (Zwispalt Hass & Liebe -- ♥♥ Seto X OC X Yami Yugi ♥♥ ~~ >Wird überarbeitet!<) ================================================================================ Kapitel 12: Mysteries and Miseries (II) --------------------------------------- Kapitel 12: Mysteries and Miseries – Part 2 Ich zitterte am ganzen Körper. Nicht, weil wir uns küssten, wohl eher, weil ich Angst vor der Höhe hatte. Mein Leben lag nun in seinen Händen. >Soll ich mich jetzt wohl fühlen, dass ich so nah bei ihm bin oder soll ich mich fürchten, dass ich im nächsten Moment drauf gehen könnte?< „Du solltest nach oben klettern. Ich will schließlich nicht, dass du dich fallen lässt.“ „Ich lasse mich ganz bestimmt nicht fallen! Aber hochklettern werde ich auch nicht!“ Den Setz 'Ich habe viel zu viel Angst davor.' ließ ich bewusst weg. Er würde sich bestimmt später darüber lustig machen. „Mach' schon. Wenn du fällst, fang' ich dich auf.“ „Und stürzt mit mir in den Tod. Na toll. Danke für die versuchte Aufmunterung. Lieber sterb' ich allein als mit dir.“ „Wir und in den Tod stürzen. Solange ich dich festhalte, kannst du gar nicht abstürzen. Und jetzt hör' auf zu zappeln, sonst fällst du wirklich noch.“ Ich legte meine Arme um Setos Nacken und kniff die Augen zusammen, in der Hoffnung, nicht zu fallen und gleichzeitig, dass der Trip gleich zu Ende sei. „Du stellst dich aber auch nie deinen Problemen.“ Seto schüttelte den Kopf. „Was weißt du denn schon...Ich habe allen Grund dazu, vor meinen Problemen davonzulaufen.“ „Du wirst nie ein schönes Leben leben können, wenn du dich immer mit Problemen belastest, die du nicht lösen willst. Irgendwann wirst du daran zu Grunde gehen.“ „Das kannst du doch nicht beurteilen!“ „Und ob ich das kann. Glaub' mir, ich weiß, was gut für dich ist und was nicht.“ „Woher willst du das wissen? Hast du wieder mit meiner Mutter gesprochen oder meinen Bruder nach mir ausgefragt? Ich bin dir doch völlig egal, das einzige, was du haben willst, ist deine Abwechslung im Schlafzimmer!“ „Hm.“ „Hab' ich's doch gewusst.“ „Dich kann man nicht überzeugen, oder?“ „Du redest sowieso immer das selbe. Immer den selben Scheiß.“ Was ich nicht merkte, war, dass die Leiter hochgezogen wurde und kurze Zeit später saß ich zwischen den beiden Brüdern im Helikopter. „Wo ist Jun?“, fragte ich Mokuba nach mehreren Minuten der Stille. Setos Finger rasten über sein Notebook, das auf seinen Oberschenkeln lag. „Noch in der Firma.“, antwortete Mokuba kurz. „Und warum ist er dann mitgekommen? Warum sind er und mein Bruder nicht zusammen gekommen?“ „Weil ich heute zu Hause gearbeitet habe. Sonst noch Fragen?“ „Mit dir rede ich nicht, Nervtöter. Ich habe mit Mokuba gesprochen. Konzentriere dich gefälligst darauf, deine beschissene Firma zu retten, anstatt unser Gespräch zu belauschen.“ „Jetzt streitet euch nicht.“, meinte Mokuba leise. „Wir streiten nicht!“, riefen Seto und ich gleichzeitig. „Oh man. Wie ein altes Ehepaar...“, flüsterte Mokuba, was er jedoch kurz darauf bereute. „Waaaaaas? Ich und der ein Ehepaar? Eher springe ich ohne Fallschirm aus einem Flugzeug als den zu heiraten!“, schrie ich Mokuba an. Beleidigt verschränkte ich meine Arme vor der Brust. „Und du hörst endlich auf zu lachen, Seto!“ „Mit dir verheiratet zu sein wäre bestimmt lustig. Immer gibt es was zu lachen.“ „Noch so'n Spruch – Kieferbruch!“ Ich kochte vor Wut. >Arschloch. Und ausgerechnet mit dem verreise ich. Mein Bruder tut alles, was er sagt und ist Seto gegenüber total unterwürfig. Und Mokuba versucht andauernd, Seto und mich zu verkuppeln. Hilfe!!!< „Das war doch nur Spaß, Kyo-chan!“ „Das ist absolut kein Spaß, klar?!“ „Jetzt reg' dich ab. Nur, weil du so empfindlich bist, gehst du wegen so einer Kleinigkeit an die Decke.“ „Kleinigkeit? Kleinigkeit? Ich glaub ich hör' nicht richtig! Du Spinner! Vollidiot!“ „Zicke.“ „Arschgesicht.“ „Kyo-chan...“ „Ich bin nicht Kyo-chan, klar? Und jetzt haltet die Klappe, alle beide.“ „Jetzt reicht es! Hör' auf, meinen Bruder anzuschreien!“, brüllte Seto. „Dann lass' deine Sprüche sein und bring' mich nicht andauernd zur Weißglut! Du weißt doch ganz genau, wie allergisch ich darauf reagiere!“ „Ist schon gut, Seto. Sie hat Recht. Du solltest aufhören, sie unnötig zu reizen.“ „Unnötig?“ In seiner Stimme lag eine gewaltige Ladung Spott. „Schluss jetzt.“ „Knick' nicht ein. Diese Diskussion hätte so schön werden können.“ Seto versuchte mich noch mehr zu provozieren. „Mokuba, der fängt schon wieder an!“ „Kyoko~“ „Lalala, ich hör' dir nicht zu, Seto, bla bla bla.“ Plötzlich schoss mir dieser Gedanke durch den Kopf. Der Grund, warum ich in diesem Moment in einem Hubschrauber in luftiger Höhe saß. Ich starrte traurig und wütend zugleich auf meine Knie und ballte meine Hände zu Fäusten. „Wohin fliegen wir?“ „Weit weg, um Abstand nehmen zu können.“ Eine Träne bahnte sich ihren Weg über meine rechte Wange. Hoffentlich passiert Yugi, seinem Großvater und Yami und den anderen nichts. Nur wegen mir. Ich war doch an allem Schuld. „Verdammt.“, flüsterte ich. „Was ist jetzt schon wieder?“ „Halt endlich dein verdammtes Maul!“ „Red nicht in so einem Ton...“ Mokuba unterbrach jedoch seinen großen Bruder und versuchte mich irgendwie aufzuheitern, was ihm aber nicht sonderlich gelang. Im Gegenteil. „In was habe ich uns da wieder rein geritten? Wenn euch was passiert, dann bin ich allein daran Schuld. Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn euch meinetwegen etwas zustößt.“ Setos Blick verfinsterte sich. „Fängst du schon wieder damit an. Ich habe dir bereits gesagt, dass dir nichts passiert. Du bist bei mir in Sicherheit.“ „Du liebst sie also wirklich, Seto?“, fragte Mokuba plötzlich. Ich erstarrte, als ich über Mokubas Worte nachdachte und sah zu Seto. Auch er war über diese Worte mehr als schockiert. „Du willst sie beschützen, weil du sie über alles liebst, nicht wahr, großer Bruder?“ „Ich –“ „Naja, ich dachte, nachdem ihr miteinander geschlafen habt, wärt ihr nun ein Paar.“ „Du – du weißt davon?“, fragte ich sichtlich entsetzt. Ich merkte, wie sich auf Mokubas Wangen mehr als nur ein leichter roter Schleier legte. Er glühte geradezu. „Naja, als ich mitten in der Nacht nicht schlafen konnte, da habe ich mir gedacht, ich gehe zu Seto ins Bett, aber da habe ich euch beide zusammen nebeneinander liegen sehen. Eure Sachen waren auf dem Boden verstreut, ihr wart nackt und ihr lagt so unbekümmert in einem Bett, in Setos Bett, in dem sonst noch keine Frau schlafen durfte. Und dann habe ich eins und eins zusammengezählt und mich wieder in mein Zimmer verdrückt.“ Sowohl Seto, als auch ich gewannen an Schamesröte. „Also, naja,...ich glaube, Seto hat nichts empfunden, als wir...“, begann ich zu erklären. „Dabei dachte ich, dass Seto und du zusammen wärt, euch verloben und vielleicht heiraten würdet und in geraumer Zeit eure Kinder kommen...“ „Du hast schon alles geplant? Das Verkuppeln war also wirklich alles Strategie?“ „Naja, ich wollte, dass Seto endlich die Frau für's Leben findet und dass er endlich mal glücklich wird.“ „Mokuba, ich habe dir doch schon tausende Male erklärt, dass du dich nicht in mein Liebesleben einmischen sollst. Die Frau für mich kann ich auch selber finden. Sie wäre sowieso nicht mein Typ. Und das weiß sie auch. Mehr als Sticheleien ist das nicht. Ich empfinde nichts für sie. Während unserer gemeinsamen Nacht habe ich auch nicht das geringste gefühlt. Das einzige, was ich für sie empfinde, ist höchstens eine Art Bekanntschaft, wie man es normalerweise nennt, weiter nichts. Im Grunde habe ich das alles nur getan, um dich, Kyoko, an mich zu binden, weil Mokuba so an dir hängt. Du warst wie eine große Schwester zu ihm. Da ich ihn am allerwenigsten verletzten wollte, dachte ich, dass du dich mir schon hingeben würdest, wenn ich nur genug Nachdruck verleihe und ich dich da hatte, wo ich dich haben wollte.“ Mein Herz fühlte sich an, als würde es zerreißen. Es fühlte sich an, als würde es zerbrechen. Ein tiefer, stechender Schmerz. Alle Hoffnung, wir könnten uns doch noch irgendwann richtig verstehen, war also umsonst. >Er liebt mich also nicht. Er hat nur mit meinen Gefühlen gespielt, mich verführt und nun lässt er mich eiskalt fallen. Er verlässt mich wirklich, weil er nun bekommen hat, was er wollte. Ich habe es geahnt, aber trotzdem...ich fühle mich, als wäre ich der letzte Dreck.< Wäre es möglich gewesen, wäre ich so weit wie möglich weggerannt. Tränen fluteten meine Augen. „Kyoko...“, flüsterte Mokuba. „Wie ich es mir dachte! Du bist wirklich ein Arschloch! Trittst auf meinen Gefühlen herum, obwohl du ganz genau weißt, wie ich empfinde! Du bist ein eiskaltes, gefühlloses, abartiges, widerwertiges Arschloch!“, schrie ich und konnte kaum noch reden, so sehr weinte ich. „Du hast mir nie gezeigt, was du wirklich fühlst! Immer abgeblockt, mir gezeigt, wie sehr du mich hasst, dein Liebesgeständnis als Ausrutscher widerrufen. Und jetzt tust du so, als ob ich hier der Schuldige wäre?“ Er packte mich am Arm und zwang mich, ihm in die Augen zu sehen. „Seto, hör' auf damit! Du tust ihr weh!“ „Du bist doch an allem Schuld! Spiel' hier bloß nicht das Unschuldslamm!“, fuhr mich Seto aggessiv an und verstärkte seinen Griff. „Seto...ich will dich nur noch einmal spüren lassen, was ich für dich empfinde. Und dann werde ich gehen. Jetzt, wo ich weiß, dass du mich nun hasst.“ Ein letztes Mal legte ich meine Lippen auf die seinen. Indes landeten wir auf einem Privatflugplatz, wo ein Privatjet und mein Bruder bereits auf uns warteten. „Ich habe dich geliebt. Jetzt weißt du es. Dann werde ich mal unsere gemeinsame Reise kurzfristig abbrechen. Von mir aus könnt ihr ohne mich verreisen. Ich, für meinen Teil, werde mich mal wieder meiner Mutter unterwerfen müssen. Ein schönes Leben noch, Abschaum von Seto.“ „Nein, Kyo-chan, bitte komm' mit! Bitte! Ich habe mich so darauf gefreut! Außerdem wissen alle, dass du verreist und dir wird eine kleine Auszeit bestimmt gut tun, nach dem Stress mit deiner Mutter.“ „Ich halte es nicht für gut, mitzukommen, Mokuba. Vor allem wegen Seto. Ich will ihm nicht unnötig zur Last fallen und ihm wegen dem Korb nur noch Probleme machen.“ „Du kommst mit. Ob du willst oder nicht. Und mach' dir über die Abfuhr keine Sorgen. Kannst es ja nach dem Urlaub nochmal versuchen.“ Mit diesen Worten stieg Seto aus dem Hubschrauber und in das Privatjet. >Hast du 'nen Knall? Woher der Sinneswandel? Erst mich anfahren, jetzt wollen, dass ich mit ihm und seinem kleinen Bruder Urlaub mache?! Ehm... Entschuldigung, geht’s noch? Nicht nur, dass er einfach über meinen Kopf entscheidet. „Aber...“ „Ich sagte, du kommst mit. Und dabei bleibt es. Nur wegen dir und deinen Gefühlsausbrüchen. Wir warten auf dich.“ >Was soll ich nur von dir denken, Seto? Erteilst mir eine Abfuhr und plapperst dann irgendwas von 'Versuch's doch nach dem Urlaub nochmal!' Aus dir wird man wirklich nicht schlau.< Mit gesenktem Haupt stieg ich ins Privatjet um, auf dessen Seiten ein riesiges Logo der Kaiba Corporation zu sehen war. „Ich werde versuchen etwas zu schlafen. Dann habt ihr eure Ruhe und ich kann meine Flugangst vergessen.“ Schnell verschwand ich in einer kleineren, aber dennoch platzsparend, sehr vornehm und stilvoll eingerichteten Schlafkabine mit einem Doppelbett und einigen Wandschränken. Das Holz der Möbel war dunkel gehalten, die Innenausstattung belief sich auf Blau- und Weiß- bis Grautöne. Mit dem Rücken zuerst ließ ich mich auf das Doppelbett fallen. Blitzartig kamen die Erinnerungen an die gemeinsame Nacht mit Seto zurück. >Ich muss ihn vergessen! Hör' sofort an ihn zu denken, der Kerl will nur mit dir und deinen Gefühlen spielen! Schluss jetzt!< „Kyo-chan?“ Erschrocken weitete ich die Augen. „Was ist, Mokuba?“, fuhr ich ihn ein wenig genervt an, was ihn sofort traurig machte. „Dann geh' ich eben wieder.“ „Nein, bleib' hier. Was möchtest du von mir?“ „Ich wollte nur fragen, ob ich dir ein wenig Gesellschaft leisten dürfte. Seto arbeitet die ganze Zeit und versucht die Verluste der Firma irgendwie aufzuhalten.“ „Naürlich. Komm' her.“ Freudig warf sich Mokuba neben mir auf das Bett. Wir starrten beide an die Decke. „Tut mir Leid, das mit mir und deinem Bruder. Läuft wohl nicht so ganz, wie du es dir erhofft hattest.“ „Du trägst keine Schuld, Kyo-chan. Mein Bruder hängt trotzdem sehr an dir, er will es nur nicht zugeben.“ „Danke, Mokuba.“ Er lächelte und schloss die Augen. „Warum hast du nicht gesagt, dass du Riiko-chan bist?“ „Ich hatte Angst davor. Angst, euch zu verletzten, Angst davor, von anderen verletzt zu werden.“ „Hm.“ Einige Minuten schwiegen wir vor uns hin, bis der kleine vom Bett aufsprang und eilig aus dem Zimmer verschwand; kurze Zeit später kam er zurück und war voll gepackt mit Konsolen und Spielen. „Hast du Lust, mit mir Playstation zu spielen? Ich habe ein paar ganz neue Spiele bekommen, die noch nirgendwo auf der Welt erschienen sind. Praktisch sind wir die ersten, die sie Spielen. Oder lieber Nintendo DS? Oder willst du lieber mit Wii oder X Box 360 was machen?“ „Nicht so schnell, nicht so schnell. Ich habe kaum Ahnung von Konsolen. Daher überlasse ich dir die Wahl.“ „Dann spielen wir jede Konsole mal und mehrere Spiele. Ich hab' hier ein paar ganz tolle.“ Wo mein Bruder zu dieser Zeit war, wusste ich nicht. Fest stand aber, dass wir kurz nach meine Betreten des Jets abflogen und ich versuchte, meine Flugangst zu unterdrücken. Mokuba reichte mir einen Kontroler von seiner Playstation. „Versuch's auch mal. Du müsstest keine Probleme haben. Ist ganz leicht.“ „Ehm...wie?“ Mokuba seufzte, erklärte mir dann ein zweites Mal, welche Tasten für welche Aktion gut waren, da ich beim ersten Mal nicht zugehört hatte. Wir spielten ein paar Spiele auf verschiedenen Konsolen, bis uns langweilig wurde. Mokuba stand vom Boden auf, auf dem er kurz zuvor noch gehockt hatte und streckte sich, sodass die müde gewordenen Muskeln wieder zu arbeiten begannen. „Ich werde mal zu Seto gehen und ihn fragen, was die Firma so macht und wann wir landen.“ Zu seiner Bestätigung antwortete ich bloß mit einem leichten Nicken, worauf er aus dem Zimmer verschwand. >Ich gehe mir mal was zu Trinken holen. Vielleicht haben die hier auch eine Schmerztablette an Bord.<, dachte ich und versuchte, meine Kopfschmerzen vom vielen Spielen zu verdrängen. Langsam stand ich vom Bett auf und setzte die Füße auf den Flokati, der das Bett einrahmte. Mit leichten Gleichgewichtsstörungen taumelte ich in Richtung Zimmertüre, öffnete diese und lehnte mich an den Türrahmen. „Haben wir eine Kopfschmerztabletten oder auch zwei an Bord?“ Mokuba, der wie gebannt neben seinem großen Bruder saß, Seto selbst, der noch immer wie blöde auf dem Laptop herumhämmerte, und sogar mein Bruder Jun, den ich endlich mal wieder sah, saßen in einer Art Wohnbereich, direkt neben dem Schlafzimmer – alle hochkonzentriert. „Kriege ich mal eine Antwort?“ „Was willst du jetzt schon wieder von mir?“, fragte Seto entnervt. „Von dir will ich gar nichts. Ich will ein oder zwei Aspirin. Das ist alles.“ „Habe ich schon aufgebraucht, als ich versucht habe, die Migräne nach deinen Gefühlsausbrüchen loszuwerden.“ „Na danke. Hab' ich jetzt auch verstanden.“ Ich ließ mich außerhalb der Blickfelder der Kaiba-Brüder neben Jun nieder, der aus dem Fenster starrte. „Hey großer Bruder.“ „Hey Kleine.“ Ich lehnte mich an seine Schulter. „Was ist los? Bedrückt dich etwas?“ „Nein, überhaupt nicht.“ „Nun sag' schon.“ Ich begann zu zittern. „Ich habe Angst. Vor meiner Mutter. Sie wird uns zur Hölle schicken, wenn sie 'raus bekommt, dass wir abgehauen sind. Seto wird die Kaiba Corporation verlieren. Der einzige, der dann Schuld hat, dass es allen beschissen geht, werde ich sein. Ist das was neues?“ „Mach' dir darüber keinen Kopf. Er schafft das schon. Du kennst ihn doch. Niemand nimmt es ungestraft mit ihm auf.“ Langsam fielen mir die Augen zu... ~*~ Plötzlich war ein unnormaler Knall zu hören und die Türe zum Cockpit flog auf. >Irgendwas stimmt da nicht.< Verschreckt stand ich auf und drehte mich um. Auch Seto sah auf und hörte auf, auf den Tasten seines Laptops zu tippen. „Ah, Karasuma-san. Schön, Sie endlich persönlich kennenzulernen.“ „Wer sind Sie? Was wollen Sie?“, rief ich. Jun ergriff mein Handgelenk. „Eine Waffe! Seto, der Mann hat eine Waffe!“, schrie Mokuba. Ehe ich mich versah, wurde ich unsaft von meinem Bruder entfernt, in die Mangel genommen und die Mündung einer Pistole lag auf meiner Schläfe. Mit Mokuba passierte das selbe, wie mir, nur, dass er am anderen Ende des Raumes stand und er scheinbar viel mehr Angst hatte, als ich. Und das wollte was heißen. Ich war schon zittrig und hatte Angst. Aber weniger vor diesen Kerlen oder der Tatsache, dass ich in Lebensgefahr schwebte. Noch mehr, als die anderen. Nein, ich hatte Angst davor, dass sie den Kaibas oder Jun etwas antaten. Äußerlich versuchte ich möglich ruhig zu bleiben, doch innerlich war ich in Panik. Seto schien es zu bemerken – seine Augen sahen direkt in meine, was in mir ein heftiges Unbehagen auslöste. „Mokuba, beruhige dich!“, sagte ich und sah zu dem kleinen, der um sich schlug und versuchte, sich zu befreien. „Was wollen Sie von uns? Lassen Sie sofort die beiden gehen!“, brüllte Jun. „Was wir wollen? Soll das ein Witz sein? Wir wollen die Kleine hier.“ Mir entwich ein gequält klingendes Geräusch, als der Mann hinter mir seine rechte um meinen Hals legte. Ein Schauer nach dem anderen lief mir über den Rücken. „Kyo-chan...“ „Mokuba. Bleib' ganz ruhig. Ich sorge dafür, dass dir nichts passieren wird. Mach' dir keine Sorgen! Hab' keine Angst! Wir schaffen das!“ „Bist du dir da ganz sicher, Kyo-chan?“, fragte der Mann hinter mir gehässig und begann zu lachen. „Machen Sie ihren Mund zu, Sie stinken vielleicht...“ „Kyoko! Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für solche Sprüche.“ „Da muss ihm Recht geben. An deiner Stelle wäre ich nicht so vorlaut, Mädchen.“ „Sie können mich mal. Ich werde tun und lassen, was ich will.“ „Auch, wenn es um das Leben der anderen hier geht? Wärst du in der Lage, sie einfach zu opfern?“ Verdammt. Der Dreckskerl hatte mich. Nein, keine hundert Pferde würden mich dazu bringen, die anderen im Stich zu lassen. Niemals. Auch wenn ich selbst draufgehe, ich bringe die anderen hier raus. Und zwar heil und lebendig. Seto starrte mich noch immer an. Sein Pokerface hatte sich nicht im geringsten geändert. Und doch hatte ich den Eindruck, als würde er in seinem Inneren so wütend sein, wie ich es noch nie bei ihm erlebt hatte. Ich bohrte meine künstlichen Fingernägel in die Unterarme des Mannes hinter mir. >Hoffentlich verliert er nicht die Fassung. Einen total ausflippenden Seto Kaiba wäre hier alles andere als brauchbar...< „Dieser Plan ist einfach nur aus der Luft gegriffen. Hätten Sie mehr Eier in der Hose und mehr Grips im Hirn, dann würden Sie sich nicht hinter Ihren Geiseln verstecken und kämpfen, wie wahre Männer. Geben Sie's doch zu. Sie sind unfähig, uns auszuschalten. Und erst recht nicht in der Lage, mich hier unbeschadet rauszuholen und zu der Frau zu bringen, die sich selbst meine Mutter nennt.“ „Du hast eine ganz schön große Klappe. Findest du nicht, dass das in der jetzigen Situation nicht fatal für dich und deine kleine 'Familie' wäre?“ Er begrapschte mich an meinen Brüsten. „Nehmen Sie ihre dreckigen Pfoten von mir! Und sagen Sie ihrem Kumpanen, dass er Mokuba gehen lassen soll. Sonst werde ich ungemütlich.“ „Du und ungemütlich werden?“ „Schluss jetzt! Lass' dich nicht auf ihre Spielchen ein!“, forderte der zweite der beiden Männer. „Was wollen Sie denn? Sind Sie etwa eifersüchtig, dass der hier mich anfassen kann und nicht Sie? Dann kommen Sie her und holen Sie sich das, was Sie wollen. Ich weiß doch genau, was ich für eine Rolle in ihrem kleinen Spielchen spiele. Ihr wollt doch sicher ein paar Runden mit mir durchgehen, was?“ „Du bist ja gar nicht so naiv, wie du aussiehst.“ „Kyoko, langsam ist es genug...“ Von Juns Kommentar ließ ich mich in keinster Weise beeindrucken. Seto drehte sich leicht zu seinem Bruder um. Endlich hatte er sich von mir abgewendet. Diesen Blick, den er drauf hatte...er machte mich verrückt! Dieser Blick war so furchteinflößend und hasserfüllt. Ich war mir nicht mehr sicher, wie lange ich es noch so aushielt, bis ich die Nerven verlieren und alles radikal zerschmettern würde. Ich hatte gerade noch so die Kerle ein wenig ins Wanken bringen können. „Mokuba...“, flüsterte er. „Seto... Sie sollen aufhören!“, rief Mokuba und schluchzte. „Weißt du was, Karasuma? Deine Mutter brennt schon darauf, dich endlich wiederzusehen.“ „Diese Frau, die Sie meine Mutter nennen, war nie meine Mutter und wird auch nie wie eine sein. Diese Frau hat sich und ihren Kummer im Alkohol und in ihrer Raucherei ertränkt. Selbst schuld, wenn sie mein Vater verlassen hat.“ „Noch ein Wort und ich jage einem deiner Freunde eine Kugel in den Kopf. Warte mal, wie wäre es mit dem netten Seto Kaiba da drüben? Es wird bestimmt Spaß machen, ihn aus dem Weg zu räumen.“ „Lassen Sie ja die Finger von ihm!“, kam es von Mokuba und mir gleichzeitig. Seto weitete die Augen. Hatte er tatsächlich geglaubt, ich ließe zu, dass sie ihn eiskalt umbringen? „Niemals werde ich zulassen, dass ihm etwas passiert! Mag er noch so eiskalt und arrogant sein! Sie werden ihn und unsere beiden Brüder gefälligst in Ruhe lassen! Verdammt nochmal!“ Er wandte sich wieder mir zu. Wieder diese Gefühle. Hass, Verzweiflung, Wut. Bald würde ich wirklich die Nerven verlieren. „Wenn Sie ihm etwas tun, dann...“ „Oder deinem großen Bruder. Dein letzter Halt. Deine Familie. Der einzige, dem du vertrauen kannst.“ „Nein...das lasse ich nicht zu! Niemals! Eher opfere ich mich selbst, als...“ >Seto... sieh' mich nicht so an! Bitte! Sieh' mir nicht in die Augen!< „Lassen Sie die anderen gehen! Wenn Sie mich haben wollen, nehmen Sie mich, aber lassen Sie die anderen in Ruhe! Sie haben nichts mit der Sache zu tun.“ „Oh, und ob sie was mit der ganzen Sache zu tun haben. Ihr wolltet euch alle heimlich aus dem Staub machen. Aber dafür werdet ihr jetzt bitter bezahlen!“ Ich sah, wie sich Mokubas Angst mehr und mehr steigerte – wie der Hass in Setos Augen. Noch immer stand dieser an seinem Platz, vor sich auf dem Tisch das Notebook. >Sieh' mich nicht an! Starr Löcher in die Luft, seh' dir den Fußboden an, schau' zu deinem Bruder, aber sieh' mich verdammt noch mal nicht länger an!< Ich kniff die Augen zusammen. Mir zu wünschen, wir wären alle nicht hier, brachte leider nichts. Aber vielleicht hatte Seto sich ja von mir abgewandt, wenn ich meine Augen wieder öffnen würde. Ich hoffte es inständig. Dieser fast todbringende Blick, der mich rasend und verzweifelt zugleich machte. Mich Fassung und Verstand verlieren ließ. Was uns allen das Leben kosten könnte – im schlimmsten Falle. „Die Entscheidung liegt bei Ihnen, Herr Kaiba. Wählen Sie einen der beiden aus, der oder die Gewählte wird überleben. Den anderen nehmen wir mit.“ Ich öffnete die Augen. Er sah zu seinem Bruder. Ich war erleichtert. Der Blick, der mich so lange zu durchbohren schien, hatte mich bis dahin verrückt gemacht. Er ließ mich an Rebellion denken. Doch damit würde ich alle nur gefährden... „Seto! Rette deinen Bruder! Vergiss' mich und sieh' zu, dass du dich mit Mokuba und Jun aus dem Staub machst!“ Tränen schossen mir in die Augen. Seto rührte sich noch immer nicht. Noch immer sah er zu Mokuba, der ihn flehend ansah. „Seto! Nun mach' schon!“ „Halt sofort deine Klappe!“, forderte Seto. So in Rage habe ich ihn noch nie erlebt. Der Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte, war gefallen. Nicht mehr lange und die ganze Situation hier würde eskalieren. „Wenn niemand etwas unternimmt, dann werde ich eben was tun!“ Jun sprang auf. „Nein, Jun, tu das nicht!“ „Sofort stehen bleiben!“ „Kyoko! Ich lasse nicht zu, dass sie dich in die Finger kriegt! Mutter kriegt dich nicht! Dafür sorge ich!“ Alles um mich herum passierte wie in Zeitlupe. Ein Schuss. Das Mündungsfeuer, das ich für den Bruchteil einer Sekunde wahrnahm, das Schwarzpulver, das in Form einer kleinen Wolke aus dem Lauf der Waffe strömte, die Kugel, die den linken Oberschenkel streifte und ihn zu Boden fallen ließ. Das ganze war bestimmt schon einige Minuten her. Doch noch immer lag mein Bruder, noch an genau der selben Stelle, wimmernd am Boden und hielt sich das Bein. Ich verlor langsam, aber sicher die Fassung. Meinen Verstand. Ich wollte mich wehren! Um jeden Preis! Ich wollte sie retten! Nur lebend hier raus schaffen! So schnell wie möglich! Und wenn mein Leben der Preis dafür sein sollte, dann soll es so sein. Wenn ich Jun und die Kaibas damit retten konnte, dann war es mir recht. „Ishino! Was sollte das?“ „Jetzt machen Sie schon, Kaiba! Retten Sie ihren kleinen Bruder, wie Kyoko es fordert!“ Stille. „Nein, das kann ich nicht!“ >Was? Warum? Wieso tut er nicht das, was wir ihm sagen? Bedeute ich ihm wirklich etwas, wie Mokuba es mir sagte? Warte, das kann nicht sein. Er hat mich doch schon sooft spüren lassen, wie sehr er mich verabscheut, gar hasst. Abgelehnt hat er mich. Mehr als nur ein Mal. Ich war nur ein Mittel zum Zweck. Genau. Mehr nicht. Uns verbindet einzig und allein die Rivalität, nichts weiter. Nichts wie Liebe oder dergleichen.< „Hängen Sie zu sehr an ihrer Hausschlampe? Geben Sie doch zu, dass die Kleine hier nur ein Zeitvertreib war! Für ihren kleinen Bruder ist da kein Platz mehr, nicht wahr?“ „Hör' nicht auf sie, Seto! Lass' dich nicht provozieren! Beschütze deinen Bruder, verdammt! Er ist wichtiger, als ich!“ „Ich sagte, du sollst die Klappe halten!“ Ich zuckte zusammen. „Wie naiv bist du eigentlich? Glaubst du wirklich, mir liegt nichts an dir? Ich will dich beschützen, und meinen Bruder! Keiner von beiden ist mir wichtiger, als der andere! Ohne dich will ich nicht mehr leben wollen! Mein Bruder und du... ihr seid alles für mich! Warum verstehst du das nicht?“ >Das ist nicht wahr! Er erzählt mir doch nur Lügen! Wie er es immer tut!< Alles gelogen. Ich durfte ihm kein Vertrauen entgegenbringen. Er würde es schamlos missbrauchen. Mich im Nachhinein verletzen und verachten, falls wir hier überhaupt lebend herauskommen. Also warum noch Stillschweigen bewahren? Nein, er sollte endlich mal seine wahren Gefühle zeigen. Das Leiden habe ich endgültig satt. Und die 'Immer schön lächeln'-Taktik funktioniert nun auch nicht mehr. Jetzt oder nie. Die Chance, ihm richtig die Meinung zu geigen. Auch wenn Mokuba da ist. Darauf kann ich jetzt ausnahmsweise keinerlei Rücksicht nehmen. „Du hast mich eben noch eisern zurückgewiesen. Und das war nicht das erste Mal! Jetzt entscheid' dich endlich! Ich habe es endgültig satt, du hängst mir zu Hals raus! Nur, weil du dir deine Gefühle nicht eingestehen willst! Red' verdammt nochmal endlich Klartext, Seto!“ „Sie können sich nicht entscheiden? Nun, dann müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass wir auf einen Berg ansteuern, mit dem wir in genau fünf Minuten kollidieren werden. Wenn Sie sich nicht beeilen, dann werden Sie nicht mehr lange leben. Ach, was sag' ich, lebend kommen Sie hier eh' nicht raus. Entweder, Sie lassen uns mit Karasuma oder ihrem kleinen Bruder gehen. Einer von beiden geht mit Ihnen und ihrem Kumpel drauf. Überlegen Sie es sich gut.“ „Sie mieses Dreckschwein! Glauben Sie wirklich, Sie kommen damit durch?“ „Jun...“ >Verdammt, Jun, ich habe hier die große Klappe! Die nächste Kugel geht bestimmt nicht nur ins Bein! Halt die Klappe, ich versuche ja schon, uns hier lebend rauszubringen!< „Wir glauben es nicht nur, wir sind sicher, dass es funktionieren wird. Karasumas Mutter war ja so freundlich, uns den von ihr persönlich geschmiedeten Plan in die Hände zu geben.“ Jetzt war das Maß endgültig voll. Mir riss der Geduldsfaden. Irgendwie müssten diese Kerle doch aufzuhalten sein. Ich lehnte meinen Kopf nach vorne und schnellte mit ihm zurück. Ein lauter Aufschrei des Mannes hinter mir, der zu Boden ging. „Meine Nase...“ „Ist wohl gebrochen. Die leihe ich mir mal. Danke.“ Schnell nahm ich ihm die Waffe aus der Hand und ging zielstrebig auf den Mann zu, der Mokuba festhielt. Noch vier verbleibende Minuten. Langsam schritt ich mit gehobener Waffe und einem halbwegs selbstsicherem Blick an meinem Bruder vorbei, der sich mittlerweile aufgerappelt und sich mit dem Rücken an den Sessel hinter ihm gelehnt hatte. Ich war froh, dass es ihm einigermaßen gut ging, was er durch ein Okay-Zeichen verdeutlichte. Naja, wie soll man sich super fühlen, wenn man eine Kugel im Bein stecken hatte beziehungsweise einen Streifschuss erlitten hatte? Er trug, Gott sei Dank, nur letzteres am Unterschenkel davon – was für ein Glück. Auf meinem Körper ruhten Setos Blicke, die ganze Zeit über. Ja, er hatte mich mit seinen Blicken verfolgt. Am liebsten hätte ich ihn irgendwie dazu gebracht, dass er mich nicht länger fokussierte und jede meiner noch so kleinen Bewegungen kritisch besah. Er machte mich nervös. >Warum lässt er das nicht? Ich will uns verdammt nochmal retten!< Wie oft ich heute schon 'Verdammt nochmal' gesagt hatte wusste ich nicht mehr. War mir aber in dem Moment auch egal. Unsere Leben hingen an einem seidenen Faden, das war das einzige, was mir in meinen Gedanken vorschwebte. Noch drei Minuten bis zum Absturz. Die Zeit wurde knapper. „Entweder Sie lassen den Kleinen laufen oder man wird Ihnen während der Autopsie eine Kugel aus dem Kopf holen müssen. Machen Sie schon. Ihren Komplizen habe ich bereits ausgeschaltet. Wir sind in der Überzahl.“ Meine Augen verengten sich bedrohlich. Trotzdem hatte ich Angst, dass mein Gegenüber meine Angst bemerkte, die mich am ganzen Körper zittern ließ. „Du wirst nicht abdrücken, solange ich ihn hier habe.“ „Sicher?“ Plötzlich stand Seto vor mir, die Arme zu beiden Seiten ausgestreckt, mich von oben eindringlich, wütend und herablassend gleichzeitig musternd. Trotz hoher Schuhe war ich leider noch immer rund fünfzehn Zentimeter kleiner als er. Nicht gerade zu meinem Vorteil. >Ich hätte es mir denken können! Warum? Merkt er nicht, dass ich mein Leben auf's Spiel setze, um seines, das seines und meines Bruders zu retten? Vollidiot!< Ja, Vollidiot. Wie passend. Das hätte ich ihm am liebsten sofort ins Gesicht gebrüllt. „Wehe du schießt auf meinen Bruder! Wenn es schief geht, dann triffst du ihn, statt den Kerl da! Das Risiko gehe ich nicht ein.“ „Du willst deinen Bruder auch retten, oder? Dann geh' aus dem Weg! Sofort!“ „Niemals. Du wirst meinen Bruder nicht in Lebensgefahr bringen!“ „Das ist er doch schon und das sind wir alle, seitdem wir dieses scheiß Privatjet hier betreten haben! Vertrau' mir doch nur ein einziges Mal!“ „Wie soll ich dir vertrauen? Dir vertrauen? Warum? Warum sollte ich das tun?“ „Weil ich ihn retten will. Euch alle retten will. Weil es vielleicht unsere einzige Chance ist, nicht draufzugehen.“ Noch zwei Minuten. Die Zeit zerrann in meinen Händen. Nicht mehr lange und wir würden alle dem Tod ins Auge sehen, wenn sie nicht fliehen. „Kyo-chan! Hinter dir!“ Zu spät. Nach einem lauten Knall und einem stechenden Schmerz in meinem Rücken, die Taubheit, die meine Glieder übermannte und der Schwärze vor meinen Augen ging ich zu Boden. Noch immer sah ich Setos entsetztes Gesicht. Mokubas Angst. Juns Verzweiflung. Alles vor meinem inneren Auge. Ich spürte, wie mich jemand auffing, vermutlich war das Seto, der bis gerade noch vor mir gestanden hatte. „Kyo-chan!“ >Mokuba...< „Kyoko!“ >Jun...< „Kyo...ko...“ >Seto...< „Ich habe versagt... beim Versuch, euch alle zu retten...“ „Wie kannst du nur dein eigenes Leben für uns alle riskieren? Bist du verrückt geworden?“ >Endlich hast du's geschnallt, Seto...< „Das war ich doch schon, bevor wir uns überhaupt kennen gelernt haben, Seto. Schon vor zehn Jahren war ich ein durchgeknalltes, aufgedrehtes Huhn.“ Ich lächelte. Versuchte es jedenfalls. Doch in meiner jetzigen Verfassung entgleisten meine Gesichtszüge und ein nur sehr schwaches, müdes Lächeln zierte meine Lippen, das kurz darauf wieder verschwand. „Seto. Versprich' mir, dass du Mokuba und Jun hier heil rausholst. Und du dich selbst rettest. Seht zu, dass ihr diese Mistkerle überwältigt und Land gewinnt. Ich habe euch nicht retten können, aber du schaffst das sicher.“ Mit liefen ein paar Tränen über die Wangen. „Du bist doch Seto Kaiba! Der Seto Kaiba, den ich schon seit so langer Zeit liebe...“ Lautes Geschrei, totales Chaos. Ich spürte seine warmen, fast glühenden Hände, die meine umschlossen. „Verdammt. Wie naiv und leichtsinnig bist du eigentlich? Du bist von allen guten Geistern verlassen!“ „Mag ja sein. Aber drei sind immer noch bei mir, obwohl ich so viel falsch gemacht habe. Und trotzdem, das wichtigste ist, dass du hier bist. Ein Trost für mich. Du schaffst es bestimmt, mit den beiden zu entkommen.“ „Du wirst mitkommen. Ich lasse dich nicht hier.“ „Dort hinten sind drei Fallschirme im Wandschrank. Schnappt sie euch und verschwindet schleunigst. Das Flugzeug wird in weniger als zwei Minuten abstürzen.“ „Du bleibst nicht hier! Verstanden?“ „Kümmer' dich gut um Mokuba und vollende sein Deck. Und versuch' ja nicht, Jun das Rauchen abzugewöhnen, wenn er weiterhin bei dir lebt und arbeitet. Er raucht schon seit er siebzehn ist.“ „Red' nicht so einen Unsinn!“ „Schnappt euch gefälligst diese verdammten Fallschirme und verschwindet, solange ihr noch könnt! Ich sag's nicht nochmal!“ Die letzte Minute brach an. Ob sie es noch schaffen würden? Ich wusste es nicht. Aber ich hoffte es. Ich griff zu der Waffe, die ich kurz zuvor noch in der Hand gehalten hatte. „Ich werde euch noch kurz ein wenig mehr Zeit verschaffen.“ Die Mündung zeigte auf den Mann, der selbst die Kontrolle über die Situation verloren hatte und scheinbar nicht mehr wusste, was er jetzt tun sollte. Bis er wusste, dass es für ihn wahrscheinlich vorbei war, als ich ihm in die linke Kniescheibe schoss und diese zerschmettert hatte. Er war nun unfähig, auch nur einen Schritt zu tun, gar zu stehen und sackte zu Boden wie ein Sack Zement, fluchend und schreiend. Mokuba war nun in der Lage, zu fliehen, mit Seto und Jun. Zum letzten Mal öffnete ich die Augen. Und schloss sie wieder. Ich konnte den Anblick nicht ertragen. Seto schien völlig unerwartet doch schockiert zu sein – ich war ihm womöglich doch nicht so egal, wie er mir immer zu verdeutlichen versuchte. Das letzte Mal, das meine Lider sich bewegten. Sie blieben geschlossen. War es nun zu Ende? Mit mir, Seto und unseren beiden Brüdern? Gab es kein Happy End für uns? Keine Liebe? Nicht mal eine Freundschaft? Nur Lügen? Nur Hass? Verrat? Empörung? Am Ende vielleicht noch der Tod, der schon auf mich wartete? Dem ich schon in die Augen sah und mit dem ich um mein Überleben rang? Dabei hatte ich inständig gehofft, dass alles gut werden würde. Dass ich bei den Kaibas bleibe, mit meinem Bruder. Dass ich mit Seto zusammenleben konnte. Ich ihn lieben konnte. Ganz offen und ohne Geheimnisse. Dass er mich liebte. Ehrlich und aufrichtig. Aber das dürfte wohl nicht sein. Ich habe das Schicksal nicht in der Hand. Mein Schicksal ist nun mal nicht in meiner Hand. Niemand hat das eigene Schicksal in der Hand. Wie gewonnen, so zerronnen. Es sollte wohl so enden. Für uns gab es keine Zukunft. Keine gemeinsame. Niemals. Ich sah es ein. Aber jetzt... ...jetzt war es zu spät. Endgültig. Es war vorbei. Aus und vorbei. Für immer. In alle Ewigkeit. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Ein paar Worte vom Autor Miauu! x'D Ja, das war's. Dachte mir, ich sollte Chapter 11 in zwei Teile aufteilen. Zusammen waren das 24 Seiten! und das kann ich euch nicht zumuten, glaube ich. Das wäre selbst für mich zuviel. Und ihr wollt auch nicht ganz so lange lesen, bis ihr das Chapter überstanden habt, oder? ^^ Anyway. Kapitel 13 folgt. Danke für's lesen und für die lieben Kommis! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)