Unter dem Herrenhaus von _Delacroix_ ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Eine blasse Mondsichel erhellte die verfallenen Mauern eines alten Herrenhauses, irgendwo auf dem Land, unweit der britischen Hauptstadt. Der hart gefrorene Boden knirschte bei jedem Schritt bedrohlich, so als wollte er den Feind warnen, der sich in dieser Ruine verschanzt haben sollte. Remus stockte kurz und wagte einen Blick zurück. Sie hatten den Angriff oft durchgespielt, doch jetzt, so kurz vor dem Ziel spürte er wieder diese Angst, die ihn immer erfasste, bevor es begann. Wie viele Todesser befanden sich wohl in diesem Haus? Würden sie Gefangene machen können? Und was wenn sie versagten? Das Gelingen dieser Aktion konnte kriegsentscheidend sein. Ein lauter Knall riss ihn aus seinen Gedanken. Die Anderen hatten das Tor gesprengt. Der Kampf hatte begonnen. Mit erhobenem Zauberstab folgte er ihnen in das Innere des baufälligen Gebäudes, duckte sich unter roten, blauen und weißen Lichtblitzen der überraschten Todesser hinweg und rannte, immer auf der Suche nach Deckung, in das unbekannte Gebiet. Er bemühte sich nicht seine Gegner zu identifizieren, sprach Zauber um Zauber und versuchte die Schreie hinter ihm nicht bis in seine Gedanken vordringen zu lassen. Sie würden ihn noch früh genug zu verfolgen beginnen. Wenn die Pläne die Dumbledore hier vermutete wirklich in diesem Haus waren, würde er sie sicher im hinteren Teil finden. Es wäre so viel einfacher gewesen, könnte man hier apparieren. Aber wie immer hatten die Todesser gut geplant. Eigentlich war Remus nicht wohl dabei, die Anderen nicht eingeweiht zu haben, aber sollte der Angriff schief gehen, würde ihr Unwissen ihm kostbare Minuten schenken, bis die Todesser bemerken würden, dass er sich an ihnen vorbei geschlichen hatte. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er in einen scheinbar verlassenen Gang einbog, an dessen Ende eine Treppe in die Tiefen des Kellers hinab führte. Halb vergilbte Bilder starrten ihn von den Wänden an; verfolgten jeden Schritt. Doch sie wagten nicht einmal ihre Position zu verändern. Vielleicht konnten sie es auch auf Grund der tausend Risse in den Leinwänden nicht mehr. Die Stufen, die in die Dunkelheit hinab führten waren nur aus Holz und er fürchtete bei jedem Schritt, dass eine von ihnen brechen und er den Rest des Weges stürzen würde. Katzen landeten immer auf ihren Füßen, Werwölfe eher selten. Remus Hände zitterten ein wenig, als er endlich am Fuße der Treppe angelangt war und die schwere Holztür öffnete. Ob vor Aufregung, oder vor Kälte vermochte er nicht zu sagen. Vermutlich war es eine Mischung aus Beidem. Der Raum der sich hinter der Tür befand, war klein, dunkel und der Geruch von Schimmel hatte ihn ganz und gar durchdrungen. Eine Sackgasse. Hier waren sicher keine Pläne versteckt. Der Holzboden knarrte verräterisch, als Remus dennoch einen Schritt vor trat, um das stinkende, kleine Zimmer besser ausleuchten zu können. Er hörte den Aufprall noch bevor er den Schmerz zu spüren begann, versuchte sich zur Seite zu rollen, doch ein Zauberstab in seinem Nacken ließ ihn erstarren. „Schau an, schau an. Wen haben wir denn da? Wenn das nicht Dumbledores Anhängsel ist. Tzz, tzz. Was glaubst du, was du hier tust, Abschaum?“ Ein Schaudern durchlief den Gryffindor. Diese Stimme konnte nur einem gehören. „Malfoy.“ Nur mühsam unterdrückte Remus ein Knurren. Dem Werwolf in ihm gefiel es garnicht, hilflos auf dem Bauch zu liegen, während der Feind so nah war. „Oh Wunder, es kann sprechen. Noch irgendwelche letzt-“ Ein lautes Krachen ließ den Todesser verstummen. Remus jedoch sah seine Chance kommen und rollte sich, den Zauberstab nach wie vor in der Hand, auf den Rücken. In den Augen seines Gegenübers konnte er Unverständnis aufblitzen sehen, bevor ein weiteres Krachen ertönte und Remus ein zweites Mal an diesem Tage fiel... Kapitel 1 --------- Er wusste nicht, wie lange er ohnmächtig gewesen war, doch das fahle Licht, dass die alten, offensichtlich magischen Fackeln abstrahlten, war die einzige Lichtquelle die seine Augen ausmachen konnten. Abgestandene, stickige Luft kratzte an seiner empfindlichen Nase und sein Arm fühlte sich unnatürlich taub an. Vermutlich hatte er ihn sich bei seinem Absturz verstaucht. Immer noch verwirrt, begann Remus nach seinem Zauberstab zu tasten, griff aber nur in gesplittertes Holz, das er nicht weiter zuzuordnen vermochte. Von der ungewöhnlichen Situation animiert, begann der Werwolf in seinem Inneren leise zu wimmern. Wann hatte Moony das zuletzt getan? Remus überlegte ein paar Sekunden, bevor er zu einem Schluss kam: Moony hatte noch nie gewinselt, er jaulte bloß, und dieses Wimmern kam auch nicht von seinem inneren Wolf, sondern von links. Die Augen fest zusammengekniffen, damit er in der Dunkelheit etwas erkennen konnte und mit Hilfe seiner - dank Moony - sehr guten Ohren, bewegte Remus sich langsam auf das Wimmern zu. Anscheinend hatte es Malfoy härter getroffen, als ihn. Aus den Augenwinkeln konnte er ein verräterisches Funkeln erkennen und stürzte sich rein intuitiv auf den Stab mit dem silbernen Knauf, den Malfoy für gewöhnlich mit sich herum trug. Mit dem Zauberstab konnte er zwar keinen ordentlichen Zauber sprechen, aber solange er ihn in den Fingern hatte, war auch Malfoy nicht dazu in der Lage. Dem schmierigen Todesser traute er eigentlich alles zu. Er würde sich auch tot stellen, wenn er Remus so loswerden könnte, da war er sich sicher. Während Remus Kopf ihn unentwegt daran zu erinnern versuchte, um wen es sich bei seinem Gegenüber eigentlich handelte und das er ihn am besten einfach liegen lassen sollte, hockte er sich leise neben den Blonden. „Malfoy? Malfoy?!“ Neugierig betrachtete er den Todesser. Anscheinend war er noch immer nicht zu sich gekommen. Mit einer gewissen Genugtuung in den Augen holte Remus aus. Das Klatschen seiner Hand auf der Wange des Ohnmächtigen war laut und hilfreich. Die Augen des Blonden öffneten sich und graue Augen blickten ihn erst verwirrt, dann wütend, an. „Was fällt dir eigentlich ein?“ Remus, der es nicht gewohnt war so angefahren zu werden, schwieg in einer Mischung aus Verwirrung und Verwunderung, während der andere sich eilig aufrichtete. „Wir sind eingebrochen.“ Ob die Feststellung wirklich ihm galt oder ob Malfoy einfach mit sich selbst sprach vermochte Remus nicht zu sagen. Vielleicht war er auch auf den Kopf gefallen. Wer wusste das schon so genau? „Anscheinend gibt es einen geheimen Keller unter dem Keller“, antwortete Remus mehr der Freundlichkeit halber, als das er wirklich Interesse an der Unterhaltung gehabt hätte. „Tu nicht so dämlich. Das ist kein geheimer Keller, sondern ganz normal. Anscheinend wurde das Haus auf den Überresten eines älteren Hauses gebaut. Vermutlich aus dem Mittelalter und das hier ist das Kellergewölbe dieses älteren Hauses. Vermutlich hat man das Neue aus Kostengründen einfach auf den Überresten gebaut. Das ist nicht ganz unüblich.“ Wie schaffte Malfoy es nur selbst jetzt noch die Ruhe zu bewahren? Er hatte schon wieder genau den selben arroganten Blick aufgesetzt, als hätte ihn Jemand um seine Zustimmung zu einem wichtigen Geschäft gebeten. „U-Und jetzt? Warten wir hier bis man uns sucht?“ „Sicher doch. Ich wollte schon länger einen Muff aus Wolfsfell.“ „W-Wie bitte?“ Remus vermochte beim besten Willen nicht zu sagen, ob Malfoy scherzte, oder ihn allen Ernstes in Gedanken bereits zu einem Kleidungsstück verarbeitete. Der gleichgültige Ausdruck in den Augen des Todessers brachte ihn völlig aus dem Konzept. Anscheinend hatte seine Frage eine ähnliche Wirkung auf ihn gehabt, denn Malfoy musterte ihn nun von oben bis unten. „Hör zu, denn ich sage es nur einmal. Die Todesser werden mich suchen. Sie können es sich nicht erlauben ohne mich vor ihn zu treten. Und deine unnützen Freunde werden nach ihrem flohzerstochenen Anhängsel suchen, weil- Weil sie dich eben suchen. Das heißt die Chance, dass ich überlebe, wenn ich hier stehen bleibe und einfach abwarte, liegt bei etwa fünfzig Prozent und ganz ehrlich: Wenn der Einsatz mein Leben ist, sind fünfzig Prozent nicht gerade ein zufriedenstellendes Ergebnis.“ Malfoy war in der Zwischenzeit um Remus herumgegangen und musterte den Gang vor sich. „Und was schlägst du dann vor?“ Der Gryffindor fühlte sich gerade unbedeutender als es ihm lieb war. Wären James oder Sirius jetzt an seiner Stelle, hätte Malfoy wohl schon ein blaues Auge kassiert. Doch Remus war schon immer stiller gewesen als seine Freunde und so schluckte er seinen Ärger hinunter, um den Blonden fragend anzusehen. „Wir folgen dem Gang. Zur Zeit seiner Erbauung war es üblich, dass die Keller so miteinander verbunden waren, dass man im Falle eines Falles durch sie entkommen konnte. Er führt entweder in ein anderes Haus, aber – und das ist bei dieser Lage wahrscheinlicher – irgendwo ins Freie oder zu einem Kamin. Wir werden das ausnutzen und so bald wir draußen sind, verschwinden wir.“ „Dann haben wir einen Waffenstillstand?“ Remus hatte freudig zu Grinsen begonnen. „In Anbetracht der Tatsache, dass du meinen Stab sicher nicht zurückgeben wirst.“ Kapitel 2 --------- Remus vermochte beim besten Willen nicht zu sagen, wie lange er schon hinter Malfoy durch den spärlich beleuchteten Gang gelaufen war. Nicht das ihm das Laufen etwas ausgemacht hätte. Die Stille, die zwischen ihnen herrschte, war es , was ihn fast zur Weißglut brachte. Aber so sehr er auch nachdachte, ihm fiel einfach nichts ein, was er hätte sagen können. Natürlich hätte er Draco erwähnen können, den er während seiner kurzen Lehrtätigkeit in Hogwarts kennen gelernt hatte, doch insgeheim zweifelte er daran, dass dieses Thema angebracht war. So zog er es vor still hinter dem Blonden herzulaufen und zu hoffen, dass dieser wirklich wusste was er tat. Ab und zu versuchte er den Todesser etwas näher zu betrachten. Sei es aus Interesse, oder wie es Remus sich erklärte, um ihn auf den Steckbriefen besser erkennen zu können. Das es noch keine Steckbriefe von Malfoy gab, war eine eher unbedeutende Schwachstelle in seiner Argumentation, die er krampfhaft zu ignorieren versuchte. „Musst du mich so anstarren?“ Malfoys Stimme zerschnitt die Stille. Den Bruchteil einer Sekunde lang, war Remus ihm mehr als dankbar dafür, dass er ein Gespräch eröffnete, doch kaum hatte er begriffen, was der Andere eigentlich gesagt hatte, hätte er die Stille hundert Mal bevorzugt. „Verzeihung.“ „Hmpf, wie wäre es, wenn du dich Mal nützlich machst und eine Weile vorgehst?“ „I-Ich soll-“ Die Vorstellung als Erster durch diese ihm unbekannte Dunkelheit zu stapfen, gefiel ihm überhaupt nicht. „Was ist? Hast du Angst, dass ich dich von hinten überfalle, um an meinen Zauberstab zu kommen.“ Vermutlich hatte Malfoy nicht einmal geahnt, wie nah er der Wahrheit gekommen war, denn Remus schüchternes Nicken hinterließ einen ungewohnt verwirrten Eindruck auf dem Gesicht des Todessers. „Du traust mir also nicht?“ „Sollte ich?“ In den Augen des Werwolfs bestand jeder Grund um diesem Mann gegenüber äußerst misstrauisch zu sein. „Vermutlich schon. Schließlich läufst du mir nach.“ „Aber, der Gang geht doch nur in eine Richtung.“ Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Remus den Todesser lächeln zu sehen: „Hat eine Wurst nur ein Ende?“ Remus schenkte Malfoy einen verwirrten Blick bevor er wieder ins Schweigen verfiel. Dieser Mann war in seinen Augen einfach nur merkwürdig. Wie lange Remus nun schon wieder nachdenklich hinter dem Slytherin hergelaufen war, wusste er nicht, aber er konnte Moony und seinen Magen in seinem Inneren um die Wette knurren hören. Die Dunkelheit und das beständige Laufen machte den sonst recht schläfrigen Werwolf in ihm aggressiv. Eine kurze Zeit lang hatte Remus darüber nachgedacht Malfoy von der drohenden Gefahr zu unterrichten, die in seinen Eingeweiden brannte, doch er hatte nicht die richtigen Worte gefunden und die Angst vor der Reaktion des Blonden hatten ihr Übriges getan. Innerlich schämte er sich ein wenig dafür, dass er sich wirklich von seinem Gegner einschüchtern ließ. Dabei war er doch derjenige mit dem Zauberstab. Gut, es war nicht sein eigener, aber im Gegensatz zu Malfoy hatte er wenigstens einen, auch wenn er dem silberfarbenen Knauf lieber nicht zu Nahe kam. Völlig in Gedanken versunken, machte er einen weiteren Schritt und prallte überraschend zurück. Verwirrt sah Remus zu dem Slytherin auf, gegen den er offensichtlich gerade gestoßen war. Wieso war er so plötzlich stehen geblieben? „Was ist?“, flüsterte er leise. Malfoy zog Remus näher zu sich. „Sieh selbst.“ Mit großen Augen betrachtete Remus den kleinen See, der sich an der Seite des Ganges erstreckte. Die Mauer, die ihn einst von dem Durchgang getrennt hatte, war vermutlich schon vor Jahren zusammengefallen. „Das ist wirklich schön.“ Ausnahmsweise blieb der Todesser ihm die Antwort schuldig. Neugierig musterten Beide die schwarzen Untiefen, die sich vor ihnen auftaten, bedrohlich und wunderschön, bis sie in der Dunkelheit der natürlichen Höhle verschwanden und eins wurden mit den schwarzen Wänden. Eine Fülle von Tropfsteinen hing von der Decke herab. Ihre bizarren Schatten verdunkelten den ohnehin nur spärlich erhellten Raum. Die bedrohliche Schönheit dieser Höhlenformation ließ Remus erschaudern. So etwas hatte er noch nie gesehen. Mit einem leisen Knurren machte Moony, den Höhlen mit irgendwelchen Wasserpfützen herzlich wenig interessierten, ihn auf ein leises Tropfen aufmerksam, das unaufhörlich näher zu kommen schien. „Was ist das?“ Seine Stimme war leise gewesen, dennoch erschien sie ihm unnatürlich laut in seinen Ohren. Eine feine Augenbraue schoss skeptisch in die Höhe: „Wasser. Man verwendet es unter anderem zur Körperpflege.“ „Ich weiß was das ist. Nein, hörst du das nicht? Dieses Tropfen? Es klingt wie-“ Kalte Finger legten sich um seinen Hals und Remus erstarrte augenblicklich. Ein einzelner Gedanke schoss durch seinen Kopf. Sie waren hier nicht allein. Diesen kleinen Moment der Unachtsamkeit nutzte Moony, der durch die vorangegangenen Ereignisse ohnehin aufgeschreckt und nervös war und sich schon garnicht von irgendetwas Unbekanntem berühren lassen wollte. Zappelnd versuchte er sich von der nassen Gestalt zu trennen, doch der Griff des Wesens wurde nur noch fester. Mit einer Kraft gegen die auch der Wolf keine Chance hatte, wurde der Gryffindor in Richtung Wasser gezogen. Der eiserne Griff um seinen Hals nahm ihm zunehmend den Atem. „Hilfe“, krächzte er, doch eigentlich sah Remus seine Chancen schwinden, diesen Ort je wieder zu verlassen. „Mein Stab! Gib mir meinen Stab!“ Malfoy folgte ihm und seinem Peiniger in Richtung Wasser. Remus stockte. Der Zauberstab? Wenn er ihn zurückgab, würde Malfoy ihn sicher umbringen, andererseits erledigte das jetzt schon dieses Wesen für ihn. „N-Nein!“ Ein weiteres Mal versuchte er vergeblich sich loszureißen. „Dämliches Schlammblut. Das ist ein Kappa. Gib mir den Stab, sonst ist es gleich aus mit dir.“ Bildete er sich das ein, oder schwang eine Spur von Besorgnis in Malfoys Stimme mit? „W-Wenn ich es tue, wirst du mir auch nicht helfen!“ Der Slytherin stöhnte genervt und stürzte sich auf Remus, den der Kappa immer noch mit seinen blassgrünen Händen umschlungen hielt. „Gib mir den Stab!“ Mit aller Kraft versuchte Remus den Stab zu halten, doch der Mangel an Luft und das Silber, dass seiner Hand immer näher kam, ließen ihn nachgeben. Ruckartig ließ er den Stab los. Seine feinen Ohren registrierten, dass Malfoy durch den plötzlich Widerstandsverlust zu Boden gegangen war und auch der Kappa schwankte bedrohlich. Etwas Feuchtes ergoss sich auf seinen Kopf und Remus ahnte, dass das der Inhalt des Wasserbehälters war, den der Kappa auf dem Kopf trug, um seine Kraft auch außerhalb des Wassers nicht einzubüßen. Ohne weiter darüber nachzudenken, überließ er Moony die Führung über seinen Körper. Jetzt hatte er eine Chance. Der Wolf begann augenblicklich wieder zu zappeln und um sich zu schlagen. Er hasste Wasser noch mehr, als Berührungen von Wesen, die er nicht kannte. Endlich brach der Griff der Kreatur und Remus stolperte vorwärts. 'Weg vom Wasser.', war der einzige Gedanke, zu dem er noch fähig war. Aus den Augenwinkeln sah er Malfoy wieder auf die Beine kommen und nach seinem Stab greifen. Jetzt war es aus mit ihm. Ängstlich starrte er den Todesser an, der langsam näher kam. Dann ging plötzlich alles ganz schnell. Der offensichtlich sehr verärgerte Kappa tauchte ein weiteres Mal aus den schwarzen Untiefen empor. Im Gefäß auf seinem Kopf schwappte das frisch nachgefüllte Wasser fröhlich hin und her. Die affenähnliche Kreatur hob einen langen, blassen Arm und ein Schwall aus gelben Energieblitzen zischte durch die Luft. Remus rannte bereits, bevor der Zauber die Decke traf. Ohne groß darüber nachzudenken, zerrte er den offensichtlich überraschten Todesser in den schützenden Gang zurück. Sekundenbruchteile später verschüttete ein Berg aus Schutt und Geröll den Eingang zu der unterirdischen Höhle. Hustend, nass und mit tränenden Augen saß Remus mitten im Gang. Hinter ihm türmten sich die Steinmassen, die der Zauber des Kappas von der Höhlendecke gelöst hatte. Er konnte die Kälte bereits durch seine durchnässten Sachen kriechen spüren. Hustend versuchte er durch den dicken Nebel aus Staub und Dreck etwas zu erkennen. „Malfoy?“ Ein Schwall der Erleichterung durchdrang seinen Körper, als er eine leise Antwort vernahm: „Ja?“ „Lebst du noch?“ „Gerade so.“ Der Staub hatte sich ein wenig gelegt und Remus konnte die Umrisse des Todessers nicht unweit erkennen. Vorsichtig schlich er sich näher heran. „Können wir weiter?“ Eigentlich hatte er eine andere Frage stellen wollen, aber er war nicht sicher, ob Malfoy diese überhaupt hören wollte. Ungewohnt schwerfällig stützte sich der Blonde auf seinen Stab. „Nein, noch nicht.“, murmelte er und Remus stockte. „Nicht?“ „Hier-“ Ohne ein weiteres Wort hielt der Todesser ihm den Stab entgegen und stapfte weiter in die Dunkelheit. „Malfoy, warte!“ Verwirrt und ein wenig verunsichert folgte Remus ihm in die Dunkelheit. Kapitel 3 --------- „Remus?“ Der Angesprochene brauchte eine Weile, bis er registrierte, dass Malfoy mit ihm redete. Seinen Vornamen aus diesem Mund zu hören kam ihm irgendwie falsch und fremd vor. Trotzdem gebot es der gute Ton zu antworten: „Ja?“ „Hast du auch das Gefühl, dass es bergauf geht?“ „Denkst du?“ Remus konnte den Todesser nicken sehen. „Ja, schon eine Weile. Ich denke wir werden bald an den Ausgang kommen.“ „Hoffentlich.“ Der Weg weg vom See war Remus deutlich kürzer erschienen, als das erste Stück der Strecke. Ob es wirklich so war, oder ob seine Grübelei über Malfoys Verhalten ihn einfach abgelegt hatte, vermochte er nicht zu sagen. Wieso verspielte er freiwillig einen Trumpf? Wieso? Nachdenklich lief er weiter und versuchte nicht zu sehr mit den Zähnen zu klappern. Hier unten war es nicht sehr warm und durch die nasse Kleidung fühlte es sich an, als würden ihm bald ein paar wichtige Körperteile abfallen. „Wenn du mir den Stab gibst, könnte ich dich trocknen“, hörte er Malfoys tadelnde Stimme, doch Remus beschloss ihn zu ignorieren. Wenn er ihm den Stab gab, könnte Malfoy ihn auch umbringen. Schweigend liefen sie weiter, bis Remus plötzlich stoppte. „Ist das dort eine Treppe?!“ Er musste sich bemühen die Frage nicht quer durch den Tunnel zu schreien. „Sieht so aus. Das wird der Ausgang sein.“ Erleichterung lag in der Stimme seines Begleiters, als Beide eilig auf die rettende Treppe zu liefen. Wie viele Stufen sie genau hatte, hätte Remus schon nicht mehr sagen können, als er die letzte hinter sich gelassen hatte, doch die große, schwere Tür, die sie erwartete, würde er für den Rest seines Lebens nicht vergessen. Vergeblich rüttelte und zog er an dem massiven Stück Holz. Der rettende Ausgang lag verschlossen hinter der massiven Holztür. Er hätte heulen können, doch die Anwesenheit eines gewissen Todessers hielt ihn davon ab. „Lass es mich Mal versuchen“ Malfoy bemühte sich nicht einmal, die schwere Tür durch ziehen und drücken zu bewegen. Stattdessen stand er ruhig davor und nahm Remus mit dem Rücken völlig die Sicht auf das, was er gerade tat. Gerne hätte er gefragt, doch er hatte Sorge, dass er stören würde und so stand er zitternd hinter dem Blonden, als die Tür ein verdächtiges Klick ertönen ließ. Als Malfoy die Tür zu dem dunklen Zimmer öffnete, fiel Remus ein Stein vom Herzen. Sofort hatte er den großen Kamin in der Ecke des Raumes entdeckt. „Wir sind gerettet“, flüsterte er kaum hörbar, doch sein Begleiter hatte es offensichtlich mitbekommen, denn er schenkte ihm ein knappes Nicken. „Machen wir ein Feuer. Wenn es richtig brennt, können wir hier weg. Ich habe Flohpulver.“ Remus nickte eifrig. Er zitterte noch immer vor Kälte. „Wir können ein paar der Holzscheite da hinten nehmen. Vielleicht reicht es ja.“ Gesagt, getan machte sich der Gryffindor daran das Holz in dem alten Kamin zu stapeln. Unter den wachsamen Augen des Slytherins, der sich natürlich keinen Finger schmutzig machte, stapelte er einen hübschen Haufen auf und versuchte das Ganze mit dem Zauberstab des anderen zu entzünden. „Du traust mir noch immer nicht.“ Remus stockte. Hatte Malfoy gerade verletzt geklungen? „Wie kommst du darauf?“ „Würdest du mir vertrauen, würdest du dich nicht abmühen um mit meinem Stab zu zaubern, sondern ihn mir zurückgeben.“ Einige Sekunden lang hing eine vorwurfsvolle Stille im Raum, die sich, ähnlich wie die abgestandene, muffige Luft schwer auf die Schultern der Anwesenden legte und sie zu erdrücken versuchte. „Hier.“ Entschlossen hielt Remus dem Todesser seinen Stab entgegen. „Ich möchte dir vertrauen.“ Der Entschluss war plötzlich gekommen und ein kleiner Teil in Remus Gehirn warnte ihn noch immer unnachgiebig vor der lauernden Gefahr, namens Malfoy. Er konnte den Blonden nicken sehen und Sekunden später brannte ein warmes Feuer im Kamin. Dankbar ließ sich Remus vor dem Kamin nieder und versuchte sich aufzuwärmen. „Ist dir immer noch kalt?“ Skepsis schwankte in der Stimme mit, als Malfoy sich neben Remus auf den staubigen Boden gleiten ließ. „Du musst das nasse Zeug ausziehen.“, verordnete er streng. Nicht sonderlich begeistert, aber willig zu gehorchen, wenn ihm dann warm wurde, begann der Gryffindor umständlich, sich aus seinen nassen und dreckigen Kleidern zu pellen. Das er dabei beobachtet wurde, gefiel ihm nicht besonders. „Musst du mich so anstarren?“, wiederholte er die Worte, die der Todesser früher am Abend zu ihm gesagt hatte. „Wenn du mich schon zitierst, solltest du dabei nicht rot wie eine Tomate werden, damit ich dir glauben kann, was du gerade sagst.“ Malfoy schüttelte den Kopf, doch ein amüsiertes Funkeln in den Augen hatte ihn längst verraten. „Musst du mich immer ärgern?“ Kaum hatte Remus die Frage gestellt, wurde er noch roter, als er es ohnehin schon gewesen war. Mit dieser Frage hatte er früher auf die Sticheleien seiner Freunde reagiert und sie war sicher nicht geeignet um sie ausgerechnet jetzt zu stellen. „Nun, es gäbe da natürlich eine Alternative.“ Verwirrt musterte Remus den Blonden. Hatte er richtig gehört? Wollte sich Lucius Malfoy wirklich mit ihm vertragen? „J-Ja? Und welche?“ Mit großen Augen musterte er den Slytherin, der sich ein wenig näher zu ihm lehnte und ihm ein sonderbares Lächeln schenkte, der bevor er seine Lippen auf Remus legte. „Für einen flohzerstochen Werwolf bist du eigentlich ganz süß.“ Kapitel 4 --------- Etwas unsicher musterte Remus den Todesser, während dieser sich seinen reichlich zerschlissenen Umhang überstreifte. Seine Haare waren zerzaust und seine ehemals schwarze, edle Kleidung war von einem hellen, grauen Film aus Staub und Dreck überzogen. Trotzdem schaffte Lucius es auch jetzt noch eine Würde aus zu strahlen, die ihm vorher nie aufgefallen zu sein schien. „Was hast du jetzt vor?“ Die Frage war ihm herausgerutscht, bevor er genauer darüber nachdenken konnte. „Ich gehe heim und das solltest du jetzt auch tun.“ „Du gehst?“ Remus versuchte möglichst nicht zu enttäuscht zu klingen, obwohl sich alles in ihm zusammenzog. „Sicher, oder glaubst du ich will diese Ruine zu meinem neuen Ferienhaus ernennen?“ „N-Nein- Ich dachte nur-“ Ein Kopfschütteln brachte ihn zum verstummen. „Du weißt genau, dass das nichts werden kann. Ich bin verheiratet und auch wenn es nicht so aussieht, ich respektiere Narcissa. Außerdem kämpfst du in diesem Krieg eindeutig auf der falschen Seite, Remus. Wenn du den Lord anerkennst, können wir vielleicht nochmal darüber reden, aber bis dahin“, seine Finger schlossen sich um den silbernen Knauf des Gehstocks, „vergisst du besser, was heute passiert ist. Und jetzt sollten wir gehen, bevor ich es mir anders überlege.“ Absolut ausdruckslose Augen musterten den alten Kamin. Remus musst nicht antworten, damit sein Gegenüber verstand, dass er Dumbledore niemals verraten würde und das es niemals eine Fortsetzung ihres sonderbaren Treffens geben könnte. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, als Lucius das Flohpulver aus der Tasche zog und ein wenig davon in die Flammen schüttete. „Warte!“ Die Stimme des Werwolfs klang sogar in seinen eigenen Ohren panisch. „Werden wir uns wiedersehen?“ Mit großen Augen starrte Remus dem Blonden nach, als dieser ohne eine Antwort in die Flammen schritt, sich ausdruckslos zu ihm umdrehte und leicht den Kopf schüttelte, bevor seine Lippen zwei einzelne Worte formten: „Malfoy Manor!“ Eine Sekunde lang war der ganze Raum in ein sattes Grün gehüllt und Remus hatte den Eindruck, er habe ein schwaches Lächeln auf den Zügen des Anderen gesehen. Doch vielleicht hatte er sich das auch nur eingebildet. Mühsam gelang es ihm das Gefühl der Einsamkeit aus seinem Kopf zu verdrängen und die Tränen hinunter zu schlucken, die sich in den letzten Minuten in seinen Augen angesammelt hatten. Er würde nicht weinen. Doch seine Augen begannen verdächtig zu glänzen, als er plötzlich zu verstehen begann: In einer anderen Welt, ohne den Krieg, ohne all das Leid und ohne die seltsamen Konventionen, die sich die reinblütigen Hexen und Zauberer auferlegten, hätte es vielleicht ein Morgen geben können. Wie lange er noch in die Flammen des Kamins gestarrt hatte, wusste er nicht, doch kurz bevor die Flammen dafür zu schwach geworden waren, hatte auch er nach dem Flohpulver gegriffen, dass Lucius ihm freundlicher Weise zurückgelassen hatte und war nach Hogwarts gefloht. Dumbledore erwartete einen Bericht. Wie er den abgeben sollte, ohne Lucius zu erwähnen - oder ihr kleines Abenteuer - wusste er noch nicht, aber die Wahrheit konnte er definitiv nicht erzählen. Epilog: Epilog -------------- Als er die Augen öffnete, glaubte er zunächst, er habe nur geträumt. Doch bereits die erste Bewegung brachte ihn zurück in die Realität. Er träumte definitiv nicht. Jeder Knochen in seinem Körper schmerzte, als wäre gerade erst Vollmond gewesen. Nur langsam setzte sich die Erinnerung an die letzten Tage vor seinem geistigen Auge wieder zusammen. Erst verschwommen, dann immer deutlicher, schneller und lebhafter. Der Angriff, der Sturz, der Gang, der- Remus wurde augenblicklich knallrot. Was hatte er da eigentlich angestellt? Das flaue Gefühl in seinem Magen ließ auch nicht nach, als er sich umständlich aus dem Bett in einem der Gästezimmer von Hogwarts erhob, in welches er am letzten Abend ohne irgendwelche Umschweife gefallen war. Das weiße Bettzeug war von einem grauen Schleier aus Dreck überzogen und Remus schämte sich jetzt ein wenig dafür, dass er nicht doch zuerst geduscht, oder wenigstens seine verdreckte Kleidung ausgezogen hatte. Die Hauselfen würden sicher sonst was über ihn denken. Seufzend wandte er sich ab und hielt überrascht in der Bewegung inne als sein Blick auf einen Uhu fiel, der offensichtlich schon längere Zeit im geöffneten Fenster gesessen hatte. Neugierig näherte er sich dem ihm unbekannten Tier, das ihn aus großen, gelben Augen anstarrte. Eigentlich erwartete er im Moment weder eine Mahnung noch eine Rechnung. Das Paket, das er dem Tier abnahm, war nur klein, aber was auch immer darin war, er hatte es nicht bestellt. Bereits als kleiner Junge hatte Remus gerne Pakete geöffnet und so war es kaum verwunderlich, dass er es trotz seiner Überraschung augenblicklich zu öffnen begann. Papier raschelte laut, bevor es unachtsam auf dem Boden landete - Vielleicht schickte ihm Jemand Schokolade? Braune Augen spähten neugierig in den Karton und begannen vor Freude zu glänzen, als sie den Inhalt identifizierten. Es war noch besser als Schokolade. Es war sein Zauberstab. Strahlend betrachtete Remus das abgenutzte Stück Holz. Innerlich hatte er bereits mit ihm abgeschlossen gehabt und nun lag sein treuer Begleiter vor ihm, als wäre es nie anders gewesen. Lächelnd musterte er die kurze Notiz am Boden der Schachtel: 'Du wirst ihn brauchen können.' Ende Anmerkung des Autors: Ich bedanke mich bei allen, die die FF bis hierher gelesen haben und hoffe es hat euch gefallen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)