Anfang in einer neuen Welt 2 von abgemeldet (Mattheo x Luca) ================================================================================ Kapitel 6: Treffen ------------------ Chapter 6 Treffen 8. März, 14 Uhr 03, Cafe Es war ein sonniger Morgen in New York City. Menschen strömten über die Einkaufspassagen auf den Weg ins Wochenende oder auf der Jagd nach Schnäppchen. Eine leichte Brise wehte, doch man fühlte den Frühling nahen. Luca Santorelli saß allein auf der Terrasse eines kleinen Cafes und beobachtete die vorübergehenden Leute. Einfach jeder schien durch das sonnige Wetter bei guter Laune zu sein. Vielleicht wäre es am besten gewesen schwimmen zu gehen. Allerdings war er immer noch irgendwie mit Chris zerstritten und Isabella würde ihn auch gleich darüber ausfragen. Und von langen Diskussionen hatte er für diese Woche schon genug gehabt. Luca streifte seinen Anorak ab und hielt sein Gesicht mit geschlossenen Augen in die Sonne. Es war als würde die Natur ihm einen Wink geben wollen. War dieser endlose grausame Winter endlich bereit Wärme und Glück zu weichen? Würde nun endlich alles gut werden? "Ein Lächeln von dir und die Sonne hat verloren." Er blinzelte und sah auf. Alessandro Mattheo stand im Businessanzug vor ihm und lächelte so sanft wie nur selten. Luca grinste ob seiner Worte und schirmte seine Augen gegen das Licht ab: "Wo hast du den Spruch denn ausgegraben?", scherzte er. Trotzdem spürte er wie ihm warm wurde...wenn nicht heiß. Verdammte Sommertemperaturen, war er jetzt etwa rot geworden? Mattheo ließ sich ebenfalls grinsend ihm gegenüber nieder und winkte die Bedienung herüber. Schweigend beobachtete Luca ihn, während er seine Bestellung aufgab und gleich bezahlte. Mattheos Haut war schon jetzt leicht gebräunt und er sah wirklich gut aus, muskulös und dunkelhaarig, mit leicht römischen Gesichtzügen und im Anzug. Am Nebentisch bemerkte er eine Gruppe Frauen, die immer wieder Blicke über die Schulter auf Mattheo riskierten. Hatte Mattheo nicht sicher besseres zu tun, als seine Zeit hier mit ihm abzusitzen? Und seit wann dachte er selbst so ausführlich über sein Aussehen nach? Wahrscheinlich hatte er schon einen Sonnenstich. Geschähe ihm recht. Mattheo drehte sich von der Bedienung weg und sah ihn aufmerksam an. "Du bist so ruhig.", stellte er fest und eine versteckte Unruhe flackerte in seinen Augen auf: "Ist es weil du dir überlegst, wie du aus dieser Sache am besten wieder herauskommst?" Er grinste wieder, doch Luca wusste, dass er es ernst meinte. Mattheo selbst konnte sein Glück noch immer kaum fassen. Er verbrachte hier Zeit mit dem Menschen den er über alles liebte und der war noch nicht einmal angekettet. Heute war definitiv sein Tag. Trotzdem hatte er noch immer ein schlechtes Gewissen, weil er Luca wieder in sein Leben mit einbrachte, nur weil er selbst sein Verlangen ihn bei sich zu haben nicht genug unter Kontrolle hatte. Zum Glück hatte er dafür aber schon einen Plan, den er demnächst ausführen würde. Währenddessen schüttelte Luca den Kopf und meinte: "Nein, ich habe über was anderes nachgedacht." Also auch von dieser Seite keine Einwände. Dann konnten sie sich ja einen angenehmen Tag machen. Mattheo seufzte unhörbar. So entspannt man eben sein konnte, wenn man kaum das Verlangen über sein Gegenüber herzufallen zügeln konnte und diesem noch dazu Fragen über Mafiageschäfte beantworten sollte. Auch Luca biss die Zähne zusammen und haderte still mit seinen eigenen Gedanken.. Er musste Mattheo von Paolos Warnung erzählen und hätte gerade beinahe vergessen, dass dieser ja nichts von ihm und Chris wusste. Irgendwie musste er das Ganze in die Richtigen Worte verpacken, ohne ihn misstrauisch zu machen… Na ja, wer traf nicht zufällig haufenweise Mafiosi auf der Strasse die einem Todesdrohungen übermittelten? Das dürfte ja überhaupt nicht schwer zu verkaufen sein...er stöhnte leise. Doch bevor er weiter nach denken konnte, unterbrach sein Gegenüber unbeabsichtigt seine Gedanken: "Luca, ich wollte nur sagen, bevor wir über alles andere sprechen....." Er räusperte sich: "Du weißt nicht wie viel es mir bedeutet, dass ich noch eine Chance bei dir habe. Danke." Beide Männer schwiegen einen Moment und Luca fiel wieder auf wie seltsam die Wortwahl ihm vorkam. Fast als wären sie mehr als nur Vater und Sohn. Aber so etwas zu denken war einfach nur lächerlich, warum passierte ihm dass in letzter Zeit bloß ständig....?! Anzumerken war, dass Mattheo wirklich verändert schien. Früher hatte er sich immer verschlossen und hätte ihm nie freiwillig so etwas gesagt. Immerhin machten sie Fortschritte. Schließlich durchbrach Mattheo die Stille indem er in den sauren Apfel biss und fragte: "Also, du hast sicher jede Menge Fragen? Dies ist weiß Gott nicht der beste Ort, aber in anbetracht der Situation bleibt uns nicht viel mehr übrig. Womit soll ich anfangen?" Auf diesen Moment hatte Luca lange gewartet, doch mit einem Mal war sein Kopf wie leer gefegt. Was sollte er fragen? Und würde es jetzt noch einen Unterschied machen die Antworten zu erfahren? Hatte er sich nicht schon für Mattheo entschieden? "Erzähl mir von dir.", bat er schließlich. Mattheo zog nur ironisch eine Augenbraue hoch. Zu gern wollte er die ungenaue Bitte missverstehen….nur um die unangenehmen Themen noch etwas länger von sich zu schieben. „Alles, oder gibt es Richtlinien? Ich bin Alessandro Antonio Mattheo, 32 Jahre alt, meine Lieblingsfarbe ist grün und ich habe eine Schwäche für Pasta und Gelato. Mein Sternzeichen ist Skorpion, ich habe eine Tochter, mein Lieblingsbuch ist Macbeth. Hmm…was noch?“ „Mattheo…“, drohte Luca mit genervter Stimme, doch er konnte sich ein Grinsen einfach nicht verkneifen. Dann stockte er. Tochter? ….TOCHTER?!? Hatte er sich da grade verhört?! „Du….hast…wa….WAS…?!!“ Mattheo lächelte verdutzt: „Was? Es ist ein wichtiger Bestandteil der Weltliteratur. Shakespeare war….“ „ DU hast eine Tochter?!“, keuchte Luca wie ein Fisch an Land. Wann hatte Mattheo denn geplant ihm das zu erzählen? Und warum wurde ihm seine Familie eigentlich immer nur Scheibchenweise präsentiert!? „Oh, äh…ja.“ Mattheo schien nicht zu verstehen, was die Aufregung sollte: „Aber sie lebt bei ihrer Mutter am anderen Ende der Stadt.“ „Sie ist hier in NEW YORK?!?“ Irritiert blickte Mattheo den aufgebrachten Jungen an: „Jetzt reg dich doch nicht so auf, Luca. Als ob das etwas ändert. Wir haben nicht viel Kontakt und ich habe seit Jahren nicht mit ihrer Mutter gesprochen.“ Luca lehnte sich mit gezwungener Ruhe zurück und atmete erst einmal tief durch. „Gibt es…noch andere Dinge…die ich vielleicht wissen sollte?“, brachte er dann leicht säuerlich hervor. Mattheo taxierte ihn eine Weile, ein Schatten fiel für eine Sekunde über sein Gesicht, dann antwortete er: „Keine weiteren Kinder, Ehrenwort.“ Nach anderen gewissen Geheimnissen ihn bezüglich hatte Luca schließlich nicht spezifisch gefragt. Luca nickte abwesend. Das war ein kleiner Schock gewesen. Doch im Grunde machte es wohl wirklich keinen Unterschied. Und Mattheo schien nicht darüber sprechen zu wollen. Es fühlte sich seltsam an, daran zu denken, dass da noch jemand war, eine Tochter, die er wahrscheinlich liebte und vermisste….vielleicht sogar mehr als ihn? Als er bemerkte wie tatsächlich Eifersucht sein Herz umklammerte riss er sich augenblicklich von den Gedanken los. So ein Unsinn, das änderte nichts zwischen ihnen. „Willst du sie kennenlernen?“, fragte Mattheo, der nicht ganz nachzuvollziehen schien, was Lucas eigentliches Problem war: „Ich wollte sie nicht vor dir geheim halten, oder so. Es hat sich bis jetzt nur nie ergeben.“ Das glaubte Luca ihm sogar. Mattheo war ständig mit Mordkomplotten und Entführungen beschäftigt, da hatte er wohl wenig Zeit an uneheliche Kinder zu denken. Das kannte er ja schon… Etwas besser fühlte er sich dadurch dann doch, immerhin verbrachte Mattheo seine Zeit mit ihm und nicht mit ihr….soweit er wusste. Da schien es klar auf wessen Seite die Sympathien lagen. Er sollte nicht so kindisch sein. „Willst du?“, hakte Mattheo nach. „Nein.“, schoss Luca augenblicklich und fügte dann etwas ruhiger an: „Noch nicht. Vielleicht irgendwann mal.“ „Okay.“, sein Vater lächelte leicht und Luca beschloss die Sache erst einmal hinten anzustellen. Es gab jetzt wichtigeres. Er riss sich zusammen und stellte endlich die entscheidende Frage. So sehr er lieber den ganzen Tag herumalbern wollte, er musste dies hier erst hinter sich bringen. "Wie ist es dazu gekommen, dass du...so...geworden bist?" Mattheo seufzte schwer und schloss einen Moment die Augen. Dann begann er zu erzählen: "Es fing an als ich 15 war in Sizilien auf dem Land meines Vaters lebte. Die Familie war der Mafia seit Generationen verschrieben aber meine älteren Brüder waren die Erben des Familienoberhaupts und ich hatte nichts zu befürchten. „Ich genoss einen überschwänglichen Luxus, hatte Spaß und es wäre mir im Trau nicht eingefallen Mafiaboss zu werden. Doch nachdem Francesca dafür gesorgt hatte, dass ich eine Schande und Gefahr für die Familie war, wurde ich nach Amerika geschickt um dort unsere Überlandsgeschäfte abzuwickeln. Der einzige der mit mir kam war Amadeo und wir wurden sofort unter Carlo Gambuchis Fittiche genommen. Wir hatten keine andere Wahl, die Familie verpflichtet. Und da Amadeo Carlo immer etwas zu weich vorkam, wurde ich schnell sein Favorit. Die Jahre vergingen und ich kannte nichts anderes. Es war meine Arbeit, es war mein Leben. Ich fühlte mich geehrt als Carlo mich zu seinem Stellvertreter machte. Endlich hatte ich meinen Platzt gefunden und meinem Vater bewiesen dass ich es wert war auf mich stolz zu sein. Dan...vor zwei Jahren, wurde bei einem Anschlag auf meinen Vater in Sizilien ein grossteil unserer Familie ausgelöscht. Von da an gab es für mich kein zurück. New York war ein Zuhause und wer es hier zu etwas bringen wollte musste hart sein. Gefühle machen einen schwach und verwundbar, Luca, mit Mitleid kann man kein Imperium leiten. "Ich habe meinen Lebensstil nie in Frage gestellt. Bis du kamst." Luca hörte schweigend zu. Also war ihm dieses Leben von seiner Familie auferlegt worden. Na, wenigstens war es nicht sein Berufswunsch No.1 als Kind gewesen. Irgendwie klang Mattheos Geschichte fast traurig, was wohl aus ihm geworden wäre, hätte er andere Eltern gehabt? Und seine Familie war tot. Verdammt, das war doch auch Lucas Familie. Also wusste auch Mattheo, was es hieß allein zu sein. "Wann hast du das erste Mal jemanden...ich meine...? Wie ist es ....?" Luca konnte sich nicht dazu bringen es auszusprechen, doch Mattheo wusste wovon er sprach. "Ich war damals 17, etwas jünger als du.", antwortete er mit gesenkter Stimme. Luca realisierte kaum, dass sie sich beide über den Tisch einander zugebeugt hatten, er war zu sehr damit beschäftigt der Erzählung des Älteren zu lauschen: "Zuvor hatten wir nur Botengänge und so was von Carlo aufbekommen, doch ich wusste, dass er Amadeo schon einmal mit auf eine Mission genommen hatte, auch wenn der sich weigerte darüber zu sprechen. Dann einmal beschloss er auch mich mit dem Team mitzuschicken. Amadeo war dagegen, doch es nützte nichts. Außerdem wollte ich mit und mich endlich auch beweisen, mir war nicht klar warum Amadeo so verstört war. Ich ging mit und etwas ging schief. Ehe wir uns versahen lagen drei unserer Männer tot am Boden und Amadeo war von unserer Zielperson zu Boden geschlagen worden. Der Kerl zielte auf meinen Bruder und war drauf und dran ihn ebenfalls ins Jenseits zu schicken. Ich bekam Panik und ehe ich es mich versah hatte ich eine Waffe von irgendwo aufgehoben und abgedrückt." Mattheo schüttelte niedergeschlagen den Kopf, zu tief in Gedanken versunken um Lucas bestürztes Gesicht zu bemerken. "Danach weiß ich für eine Weile nichts mehr. Amadeo muss mich da rausgeschafft haben, aber ich stand unter Schock. Ich wollte weg, doch er meinte wir hätten zu zweit keine Chance, vielleicht wenn wir Älter wären und es mit Carlo aufnehmen könnten. Ich konnte es nicht fassen, ich wollte nicht eine Sekunde mehr dort bleiben und daran erinnert werden, was ich getan hatte." "Ich ging zu Carlo und er sagte mir er würde Amadeo und mich töten, wenn wir zu fliehen versuchen sollten. Ich könnte niemals zurück nach Hause kommen. Wir hatten keine Wahl. Wir arbeiteten weiter für ihn. Mit der Zeit kamen immer mehr Opfer hinzu und mit jedem Mal tat es etwas weniger weh, stumpfte ich etwas mehr ab. Bis es mir gleichgültig war. Amadeo war anders, er hat es von jeher gehasst, Menschen Leid zufügen zu müssen, doch er blieb bei mir und lies mich nicht im Stich, auch als wie älter wurden war er immer an meiner Seite. Bis jetzt." Luca nickte langsam. Beinahe hätte er vergessen, wie hart es für beide Brüder sein musste, so zerstritten zu sein, wo sie doch ein Leben lang ein Team gewesen waren. Und Mattheo hatte es schon indirekt gesagt. Es war seine Schuld. Ohne ihn wäre alles noch gut zwischen den beiden. "Amadeos Freundin hat uns auseinander gebracht.", sagte Mattheo unvermittelt, als hätte er seine Gedanken gelesen. "Und ich kann ihn irgendwo auch verstehen. Jetzt ist später. Er wollte dieses Leben niemals. Wenn nicht jetzt aussteigen, wann dann? Er hat das Recht darauf glücklich zu sein. Das ändert nichts daran, dass es verdammt wehtut, sich so.... verraten zu fühlen." Er stützte sein Gesicht mit einer Hand ab und sah mit einem Mal müde und überanstrengt aus. Die letzten Tage hatten merklich auch an seinen Nerven gezerrt. Wieder kamen Schuldgefühle in Luca auf, dafür dass er es ihm noch viel schwerer gemacht hatte. Niemals hatte er auch nur mit dem Gedanken gespielt, dass Mattheo dieses Leben nicht gänzlich freiwillig gewählt haben könnte. "Es tut mir Leid für dich. Alles.", sagte Luca unvermittelt und stellte fest, dass er es wirklich meinte. Nie wäre er auf die Idee gekommen, dass es auch Mattheo schwer gehabt hatte, dass er keine Wahl gehabt hatte und wie er einsam und von seiner Umgebung nicht mal erwünscht gewesen war. Letzten Endes hatten sie wohl doch mehr gemeinsam, als er anfangs hatte eingestehen wollen. Mattheo war auch nur ein Mensch mit Problemen und Ängsten. Mit einem Mal war er überzeugt, dass es richtig gewesen war ihm noch eine Chance zu geben. Sie alle machten doch Fehler und irgendwann musste jedem vergeben werden. Mattheo sah ihn dankbar an. "Manchmal glaube ich es ist für mich längst zu spät. Es gibt nichts, was ich nicht tun würde für Macht und Geld und ein Menschenleben bedeutet mir bei Gott wenig. Ich weiß nicht, ob es jemals wieder anders werden kann. Ich weiß nur eines. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du mich hassen solltest und ich werde alles tun damit das nicht wieder passiert.. "Ich habe dich nie gehasst.", flüsterte Luca schuldbewusst: "Und das könnte ich auch nie." Mattheo lächelte traurig: "Sag das besser nicht zu voreilig. Wir sind noch nicht am Ende aller Tage. Ich habe Dinge getan, die du dir nicht vorstellen kannst, und dann Dinge von denen ich nicht will, dass du sie dir je vorstellst. Aber vielleicht...kannst du mir helfen zu fühlen." Unvermittelt griff der junge Mann über den Tisch und legte seine Hand leicht auf Mattheos größere. Überrascht blickte dieser ihn direkt an und Luca fand, dass er sich erneut nicht von diesen Augen lösen konnte. „Es wird schon alles gut werden. Mach dir keinen Stress.“, meinte er zuversichtlich: „So etwas braucht Zeit.“ Er lächelte. „Aber die hast du ja jetzt.“ Mattheo blickte ihn weiterhin unverwandt an und Luca war überrascht über die tiefen Emotionen in seinem Blick. Erschöpfung, Erleichterung, Dankbarkeit…..und noch etwas anderes, versteckt hinter allem anderen….etwas dass er nicht deuten konnte. Alles würde gut werden. Das wollte er Mattheo so gern vermitteln, auch wenn er sich vor kurzem selbst noch nicht so sicher gewesen war. Zusammen konnten sie das alles durchstehen und diesmal würden sie beide heil dabei herauskommen. Niemand würde das verhindern… Dunkel fiel ihm mit einem Mal ein, dass es doch jemanden gab, der es zumindest versuchen würde….verdammt, er musste Mattheo doch noch von Paolo erzählen. Einen Moment spielte er mit dem Gedanken, das einfach auf ein anderes Mal zu verschieben. Er wollte die hoffnungsvolle, freudige Atmosphäre nicht zerstören die gerade erst entstanden war. Doch dies war einfach zu wichtig, um es zu verschweigen. Wer wusste schon, was Amici plante und wann er handeln wollte. Er konnte Mattheo nicht unvorbereitet im Dunklen stehen lassen. Tief holte er Luft und zog seine and sanft zurück. "Ich habe Paolo Amici in der Stadt getroffen." Mattheos Kopf ruckte hoch und er blickte ihn mit Irritation und Alarm an. Wie befürchtet war sofort alle Ruhe und Freude wie ausgelöscht. Schon bombardierte er ihn mit Fragen: „Was?! Wann? Hat er dir was getan? Was hat er gewollt?!" Beschwichtigend hob der Schwarzhaarige die Hände: "Es ist nichts passiert. Aber er hat nach dir gefragt. ...Er weiß...oder vermutet zumindest, dass du etwas mit Carlo zu tun hast. Und er hat gesagt, du sollest dich in Acht nehmen, er hätte noch eine Rechung mit dir- oder eher uns beiden offen." Auf Mattheos Stirn standen tiefe Furchen. Schweigend saß Luca da und wartete darauf, dass er in irgendeiner Weise reagierte. Endlich seufzte dieser gestresst und meinte lediglich: "Da werde ich wohl mal ein Wörtchen mit dem Rat reden müssen. Wir müssen uns ihrer Unterstützung sicher sein, sonst haben wir einen schweren Stand falls Paolo etwas versuchen sollte." "Was? Du kannst doch nicht zu denen zurückgehen!", fuhr Luca entsetzt auf: "Nicht nachdem du ihren Boss....du weißt schon! Die bringen dich um!" Bestimmt stand Mattheo ebenfalls auf und zog Luca fort von dem Cafe und außer Hörweite der anderen Gäste. Er zog ihn mit sich, die Strasse hinunter und blieb dann in einer verlassenen Seitenstrasse stehen. Luca erkannte seinen dunklen Wagen und wurde auch prompt dorthinein bugsiert. Kaum im Wagen, drehte sich der Ältere zu ihm um: "Hör mal zu, Luca.", flüsterte er eindringlich und kramte in den Taschen seines Jacketts nach etwas: "Ich bin in keiner Position, um es nicht zu tun. Dieser Vorfall hat mir nur klarer vor Augen geführt, dass ich schon viel zu lange gewartet habe. Paolo war auf Rache an uns aus seit du ihn geschlagen und dann auch noch gelinkt hast. Und mich als seinen Rivalen wollte er schon ewig aus dem Weg haben." "Na und!", widersprach Luca: "Er hat nach der einen Nacht doch nie wieder etwas versucht! Warum sollte er jetzt...?!" "Verstehst du denn nicht?", unterbrach ihn Mattheo unruhig, während er endlich seinen Autoschlüssel hervorkramte und den Wagen anließ. Sie fuhren los und Mattheo schlug kommentarlos dem Weg zu Lucas Wohnung ein. "Damals war ich stark und gefürchtet.“, erklärte er: „Er konnte es nicht wagen dir auch nur ein Haar zu krümmen, solange du unter meinem und Carlos Schutz standest. Aber jetzt ist Carlo tot und die Grenzen sind verwischt. Paolo scheint zu glauben er hätte nun freie Hand, weil ich ein Aussätziger bin. Das nächste Mal könnte er einen Schritt weitergehen und dir etwas tun." Viel zu früh hielt er bei Lucas Apartment an und legte sanft eine Hand auf dessen Wange. Gebannt erwiderte Luca den Blick in dessen sturmgrauen Augen. "Und das kann ich nicht riskieren." Luca konnte nicht antworten, sein Herz schlug ihm in diesem Moment bis zum Hals und sein Kopf war wie leergefegt. Was war noch mal sein Gegenargument gewesen? Ach ja...aber dann würde Mattheo sicher seine warme Hand wegnehmen...das wollte er nicht. "Bring dich nicht in Gefahr.“, wisperte Luca: "Wenn du dich schon nicht zurückhalten lässt, dann sei wenigstens vorsichtig. Bitte." Er war sich bewusst, dass seine Stimme flehend klingen musste, doch seine Angst um Mattheo überschattete seinen Stolz in diesem Moment. Dieser lächelte leicht und nickte dann. "Das werde ich. Geh jetzt heim, schließ die Tür hinter dir ab und mach dir keine Sorgen. Morgen früh wird alles schon besser aussehen." Irgendwo in Lucas Kopf äußerte eine leise Stimme noch Protest, doch sie verstummte völlig, als Mattheo sich mit einem Mal vorbeugte und ihn leicht auf die Stirn küsste. Für einen Sekundenbruchteil schien die Zeit zu stehen und als er das nächste Mal blinzelte stand er schon allein auf der Strasse, während Mattheos Wagen aus der Strasse in den Mittagsverkehr einbog. Wie in Trance starrte er ihm nach während er langsam eine Hand an sein Gesicht hob. Seine Gedanken überschlugen sich mittlerweile und sein Herz raste. Er war schon von Italienern auf die Wange geküsst worden, schließlich war es eine Art Sitte. Doch dies war anders gewesen. Noch Minuten später spürte er deutlich wie seine Wangen heiß brannten. Hatte Mattheo das beabsichtigt, oder war es nur aus Gewohnheit gewesen? Das hatte er doch sonst nie getan..... Völlig durch den Wind machte er sich schließlich auf den kurzen Weg zu seinem Apartment. Verdammt, natürlich hatte er es aus Gewohnheit getan, immerhin war er Teil seiner Familie. Warum machte er sich da bloß so einen Kopf drum, Mattheo würde ihn sicherlich auslachen wenn er es wüsste… Außerdem hatte er eigentlich völlig andere Sorgen. Er blickte sich auf der leeren Strasse um und machte sich dann auf den sehr kurzen Weg zu seinem Apartment. Da war Paolos Drohung an erster Stelle. Aber auch die Sache mit Chris. Von Amadeo und Mireille ganz zu schweigen. Und nicht mal mit Isabella konnte er reden, nicht über die Angelegenheiten der Mafia und auch nicht über Chris. Von seiner neuen Halbschwester ganz zu schweigen. Warum war nur immer alles so verfahren? Missmutig schloss er die Wohnungstür auf und betrat den verlassenen Flur. Der Tag hatte so gut begonnen und nun konnte er sich auf einen Abend allein vor dem Fernseher einstellen, während er mit seinem Schicksal haderte und darum betete, dass Mattheo sich nicht in Gefahr begab. War das Leben nicht herrlich? °°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°° Alessandro atmete tief durch und versuchte sich bestmöglich auf das vorzubereiten, was ihn nun erwarten könnte. Dino steuerte den Wagen zielsicher durch die hell erleuchteten Strassen New Yorks einem Ziel entgegen, welches sie schon hunderte von Malen aufgesucht hatten. Die Zentrale. Das Wespennest. Mattheo zog ein weiteres Mal tief Luft ein und wünschte er hätte Zigaretten dabei. Luca hatte schon recht gehabt sich zu sorgen, auch wenn er selbst versucht hatte ihn zu beruhigen. So sicher, wie er vorgegeben hatte war er nämlich überhaupt nicht. Er konnte nicht wissen, wie der Rat auf ihn reagieren würde. Nahmen sie wie anscheinend der Rest der Welt an, dass er Schuld an Carlos Tod hatte? Immerhin gab es keine Beweise, und wenige kannten wohl das Motiv. Er würde es ihnen erklären, sollte er die Gelegenheit dazu haben. Der Wagen hielt vor einem Bürogebäude an und er stieg mit scheinbarer Sicherheit aus, flankiert von seinen beiden Bodyguards. Dieses Treffen würde entweder mit Sicherheit für Luca oder mit seinem und dann auch mit Aussicht auf Lucas Ableben enden. Jetzt hieß es alles oder nichts. Wie gewöhnlich betrat er die Eingangshalle und grüsste den Rezeptionisten im vorbeigehen. Dieser akzeptierte ihn wie gewöhnlich als Teil der seltsamen Veranstaltung in der Lobby und grüsste nur desinteressiert. Also war er wenigstens noch nicht öffentlich verbannt worden, dass war ja schon einmal etwas. Vielleicht war der Kerl da aber auch einfach nur Taub… Schnellen Schrittes durchquerte er die Halle und stieß dann die Tür zum Versammlungsraum auf. Alle Gespräche verstummten schlagartig und jedes einzelne runzelige Augenpaar war augenblicklich ihm zugewandt. Niemand rührte sich. Überraschen und Unglaube stand in den Augen der meisten geschrieben, versteckte Missgunst in anderen. Er konnte sich denken was sie sahen und war froh darüber. Alessandro Mattheo, einen hochgewachsenen Mann mit harten Gesichtszügen und stechenden, eiskalten Augen. Carlo Gambuchis zweite Hand und einen der gefürchtetesten Männer der New Yorker Unterwelt. Keine Spur von der Nervosität und Sorge in seinem Inneren war auf seinen Gesicht abzulesen. Mit selbstsicheren Schritten schlenderte er durch den Saal, vorbei an dem langen ovalen Mahagonitisch, welche den größten Teil des Raumes einnahm und an welchem alle Ratsmitglieder wie versteinert saßen. Hinter ihm deckten Dino und Dario effektiv seinen Rücken. Niemand trat in seinen Weg bis er an seinem Ziel angekommen war und schließlich vor Andrea Balestrini, einem der Ältesten und offenbar dem Zeitweiligen Ratsoberhaupt, seitdem Carlo und er selbst fort waren. Einen Moment lang starrten sich beide Männer stumm an und die Stille um sie herum wurde fast unerträglich. Dann erhob sich Andrea langsam aus seinem Stuhl und lächelte: „Alessandro Mattheo, wir hatten gehofft, du würdest kommen. Das macht vieles einfacher.“ °°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°° Ende Chapter 6 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)