Dreaming Society von Gepo (Fortsetzung von Dead Society) ================================================================================ Kapitel 16: Ein paar blaue Flecken ---------------------------------- Ich habe zu viel Stress zurzeit, aber irgendwie habe ich immense Lust ein Kapitel hochzuladen... sehr konträr ô.o Vermutlich bleibt das vorerst eine einmalige Aktion, aber wer weiß, möglicherweise beflügelt mich der Stress auch nächste Woche wieder. Bis dahin viel Spaß hiermit ^.^ Und danke für die lieben Kommentare und die Kritik ^.- P.S.: Das Kapitel widme ich dem nächsten Geburtstagskind - Sunkiss! _________________________________________________________________________________ “Oh mein Gott.”, Isis bekreuzigte sich und flog an Setos Seite, “Sind sie von der Treppe gestürzt?” “Nein... hab’... Kats... aufgefangen...”, brachte der noch immer am Boden Liegende hervor. “Oh Gott, oh Gott...”, die Schwester schloss kurz die Augen und atmete tief durch, “Wo haben sie Schmerzen?” “Praktisch überall. Ich konnte mich mit den Armen ein wenig abstützen.”, die tiefblauen Augen fixierten die Schwester, während eine Träne seitlich Setos Schläfe entlang lief, “Meine Wirbelsäule dürfte okay sein. Aber ich vermute, ich habe mir den rechten Oberarm ausgekugelt. Und mein Brustkorb schmerzt wie Hölle. Ich habe keine Ahnung, wie es meinen Rippen geht.” Katsuya schluckte und krallte seine Nägel tief in das Fleisch seiner Arme. “Katsuya, komm her.”, befahl der Liegende. Er trat ein Stück heran und ließ sich auf Setos freier Seite auf seine Knie sinken. Der Brünette war bleich wie eine Leiche. Die Muskeln um sein eines Auge zuckten unkontrolliert, bis er sie für einen Moment wieder völlig anspannte. “Es tut mir Leid...”, flüsterte eine gebrochene Stimme leise. “Ist gut. Hör auf dir wehzutun.”, wie auf Schalterdruck zuckten alle Finger im selben Moment von Katsuyas Oberarmen und verharrten in gekrümmter Stellung über ihnen. “Herr Kaiba?”, unterbrach die Schwester ihr kleines Gespräch, “Darf ich ihr Hemd öffnen und ihre Rippen grob abtasten? Ich möchte ausschließen, dass wir sie sofort ins Krankenhaus bringen müssen.” “Bitte.”, der Lehrer seufzte nur und schloss ergeben die Augen. Die Verfärbung von Setos Brust hatte schon begonnen. Der untere Rippenbogen war klar erkennbar, weil er der dunkelste war. Die Verfärbung setzte sich ein kleines Stück nach unten und ein großes nach oben fort. Wenn auch leicht, so konnte man sie derzeit schon bis zum fünften Rippenpaar hoch verfolgen. Und das würde noch alles nachdunkeln... “Glück im Unglück. Ihr Knorpel konnte den Druck wohl auffangen. Ich befürchte trotzdem, dass ihre siebte Rippe nicht allzu gut aussieht. Wir müssen sie auch wegen ihres Oberarms röntgen lassen. Meinen sie, sie schaffen es, zu meinem Wagen zu gehen? Sonst rufe ich einen Krankentransportwagen.” “Katsuya, hilf mir auf.”, befahl der Liegende, griff mit seinem linken Arm nach der Schulter des Jüngeren und zog sich an ihr in eine sitzende Position, wobei er scharf die Luft einzog. “Sind sie sicher, dass sie ihrem Körper nicht zu viel zumuten?”, fragte Isis besorgt und stoppte ihre Hände mitten in der Luft nach Seto zu greifen. “Passt schon...”, sein Gesicht war eine Miene des Schmerzes, “Kats, geh hinter mich und greif an die Rippen unter meinen Achseln, um mich hochzuziehen.” Achseln, Rippen, Greifen – “Hier?” “Ja.”, während der Prozedur biss der Lehrer die Zähne zusammen, doch es hinderte den Schmerzenslaut nicht zwischen seinen Zähnen hindurch an die Außenwelt zu dringen. Mit zwei weiteren Tränen im Gesicht belastete er seine Beine verschieden, bevor er einen Schritt nach vorne machte und feststellte: “Ich kann laufen. Katsuya, hol meinen Mantel aus meinem Büro und nimm meine Tasche. Frau Ishtar, gehen sie bitte zum Direktor und sagen sie ihm, was geschah und dass wir deshalb nicht zum Gespräch erscheinen können.” “Sie beide?”, versicherte sie sich und Seto belastete vorsichtig seine Halswirbel, indem er langsam nickte. “Entschuldigung, wenn ich das sage, aber sie beide machen wirklich Arbeit...”, Isis seufzte und fuhr den Wagen zurück auf den Parkplatz. “Kommt vor, dass man in ihrem Job auch mal arbeiten muss.”, giftete Seto zurück und strich vorsichtig über seinen Oberarm. Wie er vermutet hatte, war seine Schulter ausgekugelt gewesen – nur hatte sie sich im selben Moment auch wieder eingekugelt. “Wirkt das Betäubungsmittel nicht ausreichend oder habe ich sie bis zum heutigen Tag zu sehr idealisiert?”, konterte die Fahrerin mit einem wütenden Schnauben. “Im Zweifelsfall immer beides.” Katsuya seufzte leise, hob die Hand an seine Stirn und schüttelte den Kopf, während er seine Schläfen massierte. Seto konnte echt unausstehlich sein, wenn er sich keine Mühe gab freundlich zu wirken. Verdammter Idiot. “Oh-oh...”, murmelte Isis, “Das ist doch der Direktor, oder?” “Scheint Todessehnsucht zu haben.”, Setos Lider hatten sich zusammen gezogen, sodass nur noch ein minimaler Spalt zwischen ihnen bestand. “Seto, reg’ dich ab, okay?”, zischte der Jüngste von der Rücksitzbank. “Sei leise, sonst lenke ich meine Wut noch auf dich.”, gab der Angesprochene mit unterdrückter Lautstärke zurück. Nun... bei Katsuya wäre es wenigstens legitim. Er war den ganzen Schlammassel schließlich schuld. Oder war es der Direktor? Es wäre nie so weit gekommen, hätte dieser nicht ein Gespräch gewollt. Oder sein Vater, ohne den gäbe es keine Verhandlung und keinen Stress... okay, Teilschuld an alle. Und der größte Teil an ihn. Isis parkte und stoppte den Motor, was den Direktor veranlasste zu ihnen herüber zu kommen, während die Wageninsassen ausstiegen. Anscheinend wollte er wirklich zu ihnen. Wollte er etwa immer noch ein Gespräch... ? Katsuya hob die Hand, legte sie auf seine Magengegend und beugte sich etwas nach vorn. Uuurgh... körperliche Reaktion auf psychische Ursache. Wie hieß das noch mal? Er musste bei Yami nachfragen. “Herr Kaiba! Was ist passiert?”, war das in seiner Stimme Wut oder Sorge? Es war nicht deutlich heraushörbar. “Der Schüler und ich haben uns an einem Doppelselbstmord im freien Fall von der Treppe versucht. Leider brachte es nur eine Quetschung und einen ausgekugelten Arm.”, antwortete der stellvertretende Schulleiter mit triefendem Sarkasmus. “Ich hörte, das sei schmerzhaft.”, der alte Mann schürzte die Lippen. “Ist es.”, bestätigte Seto, “Aber das Schmerzmittel macht die Sache erträglich. Wie kann ich ihnen helfen?” “Ich möchte noch immer den Ablauf des morgigen Tages mit ihnen und dem Schüler besprechen.” Hallo, sein Name war Katsuya Jonouchi – und er stand direkt neben ihm. “Ich halte das noch immer für eine äußerst schlechte Idee.”, jetzt wahrscheinlich noch mehr als vorher... “Herr Kaiba, ich lasse da nicht mit mir reden. Ich möchte eine Klärung der Situation. Wenn sie mir bitte folgen würden.”, sein Blick wandte sich zu Katsuya, “Sie bitte ebenso.” Isis Hand auf seiner Schulter drückte fest zu, bevor sie sich löste. Katsuya versuchte noch immer seine Magensäfte bei sich zu behalten, während er sich vorsichtig in den Stuhl vor dem Tisch des Direktors sinken ließ. Es wäre sicher nicht produktiv, wenn er hier den guten Teppich voll kotzen würde. Aber das war es, wonach es seinen Körper gerade gelüstete – sich übergeben und wegrennen. Nun ja... wie gesagt, eine gute Vorbereitung für morgen, wo er das alles mehrmals so schlimm erleben würde. “So, Mister Jonouchi...”, für seinen Namen hatte der sicher fünfzig Jahre alte Mann mit Schnäuzer einen Blick auf die Akte auf seinem Schreibtisch werfen müssen, “Bitte schildern sie mir doch, was Herrn Kaiba und sie morgen vom Unterricht fern hält.” “Wir haben morgen einen Gerichtstermin.”, presste Katsuya hervor und schlug seine Nägel in den Armlehnenüberzug. “Was ist das für ein Termin? Worum geht es da?” “Mein Vater ist angeklagt wegen Kindesmisshandlung.”, wow... war das seine Stimme? So tief war die noch nie gewesen, oder? Grabestief. “Und wen hat er misshandelt?”, der Direktor verschränkte die Finger ineinander und legte die Hände vor sich auf den Tisch. “Mich.”, schwer zu erraten, was? Katsuyas Nägel stießen tiefer in das Leder. “Was hat er ihnen denn angetan?” “Er... das...”, der Blonde schluckte, “Darauf möchte ich nicht im Detail eingehen.” Dieser Typ sollte ihn einfach nur in Ruhe lassen. Er sollte endlich schweigen und ihn gehen lassen. Warum diese Befragung? Was sollte das bringen? Was wollte der Kerl von ihm? “Warum?” “Weil... weil...”, musste er antworten? Sollte er antworten? Hatte nicht Seto einst gesagt, dass kein Mensch dieser Welt die Pflicht habe sich zu rechtfertigen? Und er hatte erwidert, dass das aber zum gegenseitigen Verständnis nötig wäre... “Weil die Worte Erinnerungen zurückbringen, denen ich mich zum jetzigen Zeitpunkt nicht stellen möchte.” “Aber es ist doch vorbei, oder? Sie sind doch in keiner Misshandlungssituation mehr?” “Nein.”, der Blonde schluckte, “Aber... also... es... es tut halt weh sich zu erinnern. Können sie das nicht verstehen?” “Nein, mein Junge, tut mir Leid, das kann ich nicht. Doch ich nehme es zur Kenntnis.”, der Mann seufzte und rückte mit seinem Stuhl näher an den Tisch, “Wie lange ging das denn mit der Misshandlung?” Wie lange? Wann hatte es begonnen? Hatte es überhaupt einen Beginn? Irgendein Datum? Im Endeffekt war es doch einfach über die Jahre nur immer schlimmer geworden... “Seit ich mich erinnern kann.”, antwortete der Blonde daher, löste seine Nägel kurzzeitig aus dem Leder und stieß sie erneut hinein. “So lange?”, der Direktor lehnte sich ein wenig zurück, “Warum hast du denn vorher nichts gesagt?” “Weil... weil...”, warum? Ja, die Frage hatte er sich sogar schon gestellt, als er noch fast tot geprügelt wurde, “Ich hatte Angst...” “Wovor denn?”, sein Oberkörper näherte sich dem Jüngeren wieder. “Dass... dass... dass man mir nicht hilft. Dass man mir nicht glaubt. Dass alles schlimmer wird. Dass man mich in ein Heim steckt, wo sie die Kinder auch verprügeln, weil sie sich nicht zu helfen wissen. Oder wo man mich einsperrt, weil... weil ich selber gewalttätig bin... weil... weil...”, Katsuya schlug die Zähne in seine Unterlippe. “Nicht wehtun...”, flüsterte Seto leise und streichelte mit seinem Daumen über das leicht stoppelige Kinn, dass Katsuya heute morgen nicht rasiert hatte. Sein Blick flackerte zu der Gestalt neben sich, deren rechter Arm starr ein Stück nach vorne und zur Seite ab stand und unbeweglich wirkte, während der Rest voller Sorge und tiefer Emotionen war. “Aber es hätte doch die Möglichkeit bestanden, dass ihnen jemand hilft. Wäre nicht das es wert gewesen?”, die wulstigen Lippen des Ältesten waren zusammen gepresst, nachdem er gesprochen hatte. Er verstand es nicht. Er verstand es einfach nicht. Genau das drückte er aus... sollte Katsuya versuchen es zu erklären? “Also... wenn... wissen sie...”, ein hilfesuchender Blick Richtung Seto, der ihm zur Unterstützung seine Hand anbot, die der Blonde gerne ergriff, “Es ist... wenn sie nichts sagen, dann bleibt alles, wie es ist. Das kennt man, das hat man bis heute überlebt, das bleibt immer so. Das ist... sicher. Und man kann hoffen, dass eines Tages irgendwer einen rettet. Da ist immer... Hoffnung. Aber wenn man sich äußert und wird abgewiesen... dann stirbt diese Hoffnung endgültig und alles wird unerträglich, auch weil es schlimmer wird, wenn die Eltern hören, dass man geredet hat...”, er seufzte, “Ich weiß, eigentlich soll man nicht hoffen, sondern handeln, aber es ist so verdammt schwer. Es ist... wenn man abgelehnt wird, dann ist das praktisch der Tod. Und selbst wenn man es nicht wird, wer sagt, dass es besser wird? Es gibt keine Sicherheit. Es ist... wer um Hilfe bittet, der ist verdammt mutig.”, unsicher hoben sich die braunen Augen, musterten das Gegenüber. Der Direktor atmete tief durch, löste die Finger voneinander, lehnte sich zurück und überkreuzte die Arme. “Können sie das verstehen?”, fragte Katsuya mit einem Flehen in der Stimme. Der Direktor legte den Kopf ein wenig schief, atmete ein weiteres Mal tief durch und sprach leise und ruhig: “Ja... ich denke schon. Ja, ich glaube, das kann ich nachvollziehen. Aber wenn ich es richtig verstanden habe, dann bist du auf Herrn Kaiba zugegangen, oder?” “Ja...”, er wandte sich mit einem schwachen Lächeln in die Richtung des Mannes, dessen Hand er noch immer in seiner zerquetschte. “Warum?” “Weil...”, ja, warum? Gute Frage. “Weil... also... Herr Jonouchi hat mein Zimmer betreten.”, er war nicht mehr sein Vater. Er würde es ab morgen nicht mehr sein. “Er hat... er hat meine Statue zerstört. Die, die meine Schwester mir geschenkt hat. Und er hat meine Bilder mit Alkohol begossen. Das war... irgendwie war das für mich eine Grenze, die er nicht hätte überschreiten dürfen.”, Katsuya schüttelte seufzend den Kopf, bevor ein kehliges Lachen über seine Lippen glitt, “Das muss für sie echt komisch klingen. Mein Körper ist mir egal, aber bei meinen Bildern kriege ich dann die Wut...” “Nein, ich...”, die Arme vor seiner Brust sanken in seinen Schoß, “Ich denke, ich verstehe. Bitte erlaube noch eine letzte Frage.”, der Blonde nickte, “Wie geht es nun weiter?” Nein. Das konnte er nicht sagen. Das durfte er nicht wissen. Das war... das durfte nicht... er... er beugte sich nach vorne und krümmte sie zusammen. Nicht übergeben. Nicht jetzt. Nicht hier. “Ruhig, ganz ruhig...”, flüsterte Seto neben seinem Ohr und strich über seinen Rücken, “Ich werde antworten. Du hast es geschafft. Beruhige dich. Du hast es hinter dir.”, Nägel fuhren seinen Nacken hinab, “Psst... es ist vorbei...” Der Jugendliche drückte sich ein wenig gegen die Hand und ließ unter den Kratzspuren, die sie hinterließen, die Schultern kreisen. Nicht auf die Übelkeit konzentrieren. Nur an die Hand denken. Ablenken. “Was geschehen wird, wird morgen entschieden.”, informierte Seto den Direktor, “Zum einen wird also die Strafe für seinen Vater festgelegt, zum anderen sein Aufenthaltsort im nächsten Jahr. Entweder er wird in eine Pflegefamilie gegeben, seiner Mutter überantwortet, wenn er das wünscht und sie es erlaubt, bekommt eine eigene Wohnung vom Staat oder er wird zu mir ziehen.” “Zu ihnen?”, fragte der ältere Mann mit Überraschung in der Stimme. “Ja, ich habe ein großes Haus und verdiene gut. Ich habe kein Problem damit einen Jungerwachsenen für einige Monate oder Jahre aufzunehmen.”, Setos Ton verdunkelte sich kaum merklich, “Und wie sie wissen, habe ich auch das nötige Vorwissen dazu.” Der Direktor schwieg. 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