Dreaming Society von Gepo (Fortsetzung von Dead Society) ================================================================================ Kapitel 14: Die Englischarbeit ------------------------------ Da denkt man, man baut mal wieder ein Kapitel ohne Anfälle zur Beruhigung, weil man letztens einen drauf bekommen hat, weil zu viele Anfälle kommen und schon kriegt man den nächsten drüber XD Nun, ich versuche ein Mittelmaß zu finden ^.- Dieses Kapitel ist gemischt. Am Freitag habe ich meine erste Anatomieprüfung, bitte drückt mir alle die Daumen! Und nun viel Spaß beim Lesen ^.- P.S.: Exposee des Buches ist fertig. Wenn ich jetzt endlich Internet und Telefon kriege, was ich morgen beantrage, komme ich auch mal an die Verlage... Disclaimer: Shakespeare's Sonett gehört definitiv nicht mir ^.^" Da die Rechte aber frei sind, bin ich so frei es zu benutzen. _________________________________________________________________________________ "Hrm...", Seto zog die Augenlider zusammen und drehte den Kopf einige Zentimeter in Katsuyas Richtung. "Tut mir Leid... bitte wach nicht auf...", flüsterte der Blonde beschwörend und drückte sich enger an dessen Seite, "Nicht aufwachen..." "Katsuya?", murmelte der Ältere leise, während seine Lider flatterten, "Hey...", ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, während er die Arme um den Jüngeren schlang, "Was ist los? Wieder Alpträume?" "Tut mir Leid, tut mir Leid, tut mir Leid...", flüsterte Katsuya wie ein Mantra. "Hey, ist okay...", seine Stirn wurde in Setos Halsbeuge gezogen, "Sssh... ist okay... sssh...", eine kühle Hand strich seine Wirbelsäule hinab. "Tut mir Leid... ich weiß doch, dass du schlecht schläfst. Ich wollte dich nicht wecken. Tut mir Leid." "Katsuya.", ein Arm langte an seinem Kopf vorbei, bevor es hinter seinen geschlossenen Lidern hell wurde, "Komm, sieh mal her." Ganz viel rotgelb beschienene, mamorne Haut... Katsuya lehnte sich etwas zurück und sah zu den graublauen Augen auf. "Es ist kein Problem, wenn du mich weckst, weil du Alpträume hast. Wirklich.", ein kurzer Kuss wurde auf seine Lippen gesetzt, "Ich nehme mir das Recht schließlich auch.", dieses verfluchte, schiefe Grinsen... Ein Lächeln legte sich auf die Lippen des Jüngeren. "Sehr schön.", seine Belohnung war ein weiterer Kuss, "Und jetzt erzähl mal – was hast du geträumt?" "Ich hab'... ich bin gerannt... da war ein Tor, das war irgendwie gruselig. Aus grauem Stein mit Totenköpfen und skelettierten Engeln und... ich weiß, ich hatte Angst, total Panik, als würde mich etwas verfolgen, deswegen bin ich trotz meines schlechten Gefühls durch das Tor. Und dann...", die Atmung des Jüngeren war schnell und unregelmäßig. "Ruhig... was geschah danach?", ein Finger strich über seine Wange, während die blauen Augen seinen Blick gefangen hielten. "Ich kam auf ein Feld, das war voll mit Kreuzen, an denen Leichen hingen. So richtig mit Nägeln, wie Jesus. Und... da hing Yami. Und Ryou...", eine Träne rann über seine Wange, "Und du." "Waren wir tot?", fragte der Ältere. "Ja...", hauchte der Blonde, "Ihr ward praktisch... zerfleischt... da waren Raben, die haben an euch gefressen... und Würmer...", ein Schluchzen, "Ich krieg' die Bilder nicht aus meinem Kopf!" "Katsuya... konzentrier' dich. Konzentrier' dich auf mich. Sieh in meine Augen.", Seto griff nach seiner Hand und zog diese an seine Brust, "Fühle meinen Herzschlag. Ruhig... ganz ruhig..." Bomm. Babomm. Bomm. Ruhig. Gleichmäßig. Tief. Stark. Kräftig. Stetig. Katsuya versank in einem Meer von Graublau. Wie konnten diese Augen so fest wie ein alter Baum wirken? Wie konnte dieser Blick so stark und sicher sein? Die Seiten Setos Seele wechselten schneller als Herbstlaub seine Farbe änderte und doch war seine Präsenz unverrückbar wie ein Fels in der Brandung. Und auch wenn diese Augen von strahlendem Südseewasser zum Nebel auf schottischen Wiesen reichten, waren sie wie eine Konstante, die parallel zu seinem Lebensweg verlief. “Komm...”, Setos Hand fuhr seine Wirbelsäule hinauf in das blonde Haar und drückte den Jüngeren sanft gegen sich, “Gib’ dem Schlaf noch eine Chance.”, die kühle Nasenspitze wanderte über seine Kopfhaut, während ihnen Schmetterlingsküsse folgten, die mit der sanften Umarmung und der Nacht zu einer wohligen Wärme in Katsuyas Herzen verschmolzen. “Ich fühl’ mich so tot...”, murrte der Blonde und schlürfte in die Küche. “Passiert bei Schlafproblemen schon mal.”, Seto warf einen Blick über seine Zeitung hinweg, “Kaffee?” Braune Bernsteinaugen taxierten den Becher in der Hand des anderen mit einem Blick, bevor er sich mit einem unbestimmten Grummeln auf den ihm nächsten Stuhl fallen ließ und den Kopf in die Hand stützte. “Ich vermute, das heißt nein.”, Papierrascheln der Zeitung und schon wurde der Lehrer wieder von einer weißschwarzen Mauer verdeckt. “Was schreibe ich heute wann?”, Katsuyas Stimme hatte etwas Brüchiges, Resignierendes. “Englisch in der ersten und zweiten Stunde.”, weiteres Papierrascheln, “Eine Gedichtanalyse von einem Sonett von Shakespeare.” “Von welchem?”, sein Kopf sank Richtung Tischplatte. “Sonnett Nummer neunundzwanzig.” “Das sagst du mir?”, Katsuyas blinzelte überrascht. “Ich glaube nicht, dass du vor der Arbeit herausfindest, welches das ist.”, Seto legte die Zeitung auf den Tisch und hob seine Reisschale zum Mund, während er nach den Stäbchen griff. “Höchstwahrscheinlich...”, der schwere Kopf legte sich seitlich auf Ober- und Unterarm, “Worum geht es denn?” “Um Liebe.”, ein gemeines Grinsen, “Wie in praktisch jedem Sonnett.” “Weswegen ich nicht hinschreiben darf, dass es um Liebe geht, richtig?” “Richtig.”, Seto nahm einen Bissen, kaute und schluckte, “Ein Fakt, den sicher mindestens die Hälfte der Klasse vergessen hat, wetten?” “Schlimm?”, Katsuyas Mundwinkel zogen sich ein klein wenig in die Höhe. “Ich werde mich schwarz ärgern.”, der Lehrer seufzte tief, “Manchmal frage ich mich, wo Schüler mit ihren Gedanken sind, während sie mich wie hypnotisierte Kaninchen anstarren.” “Bei einer möglichen Zukunft an deiner Seite.”, murmelte der Jüngere leise und zog sein Reisschälchen zumindest in die Nähe seines Gesichtes – in das Sichtfeld auf Seto. “Was meinst du damit?” “Ryou meint, unsere Gestik und Mimik würde uns verraten. Er glaubt, dass es nicht lange dauern wird, bis jemand das mit uns bemerkt.”, antwortete er mit leiser, monotoner Stimme. “Gut möglich.”, Seto schnappte sich mit den Stäbchen ein weiteres Reiskügelchen, “Aber wir können es wohl nicht ändern. Zumindest fällt mir spontan keine Lösung ein – außer, dass ich die Schule verlasse.” “Wirst du das tun?”, fragte Katsuya mit einem Zittern in der Stimme. “Nein.”, der Blick graublauer Augen bohrte sich in seinen, “Solange ich mich darauf verlassen kann, dass du selbst unter Wahrheitseid aussagst, dass wir nur zusammen wohnen und du nicht von mir bedrängt, belästigt oder erpresst wirst – und das absolut nichts Intimes zwischen uns läuft.” “Das... wäre eine Lüge...”, der Blonde ließ die Stäbchen wieder sinken, die er gerade aufgenommen hatte. “Ja, das wäre es.”, Seto schluckte, “Aber mit jeder anderen Aussage bringst du mich vors Gericht. Schließlich bist du minderjährig.” Minderjährig... was sagte dieser Begriff? Nicht alt genug? Für was? Um zu arbeiten? Um alleine zu leben? Um eigene Entscheidungen zu treffen? Um für sich selbst verantwortlich zu sein? Seto war mit fünf Jahren für sich selbst verantwortlich geworden. Okay, er war danach auch ein paar Jahre im Waisenhaus, wo für ihn gesorgt wurde, aber spätestens mit zehn war er selbstverantwortlich gewesen. Er war fünfzehn gewesen, als er als Präsident eines riesigen Wirtschaftsunternehmens komplett ins Berufsleben eintrat und die Verantwortung über tausende von Mitarbeitern übernahm. Und in genau demselben Alter hatte er schon das Sorgerecht – auch offiziell – für seinen Bruder, wenn er es wahrscheinlich auch auf keinem legalen Wege erworben hatte, da er nicht einmal volljährig gewesen war. Auf der anderen Seite Yugi, der mit seinen jetzt sechsundzwanzig Jahren bei seinen Eltern wohnte und ihnen vollkommen hörig war. Der es nicht schaffte die Einstellung seiner Eltern auch nur zu überdenken, obwohl er deswegen seinen Bruder und seine zwei einzigen Freunde verloren hatte. Freunde, vor denen er jetzt davon lief oder sie ignorierte... Was sagte also das Alter über einen Menschen aus? Konnte man wirklich sagen, ein Dreißigjähriger habe mehr Erfahrungen als ein Kind? War das nicht einfach völliger Blödsinn? Katsuya seufzte. Sollte er nicht einfach jemanden fragen, der sich damit auskannte? “Seto?”, der Fahrer gab einen Ton von sich, der ihm bestätigte, dass er zuhörte, “Warum gibt es diese Volljährigkeitsgrenze? Woran misst man die?” “An der Normalentwicklung eines Kindes.”, antwortete er ohne jegliche Überraschung in der Stimme, “Die Pubertät setzt zwischen dem zehnten und vierzehnten Lebensjahr ein. Das ist zum einen die hormonelle, zum anderen die kognitive Entwicklung, die dort wichtig ist. Sie erst macht einen Menschen fähig unabhängige Entscheidungen zu treffen. Danach, mit sechzehn ungefähr, gibt es noch einen letzten kognitiven Schub, wonach man einen Menschen von seiner Entwicklung her als Erwachsen bezeichnen kann. Das ist dann normalerweise mit siebzehn oder achtzehn. Danach beginnt spätestens – meistens fängt sie schon in der Pubertät an – die Identitätsfindungsphase. Für einige Menschen ist ein Kind erst danach erwachsen.” “Das ist die Phase, in der ich bin, oder?”, Katsuya ließ sich etwas tiefer in den Sitz und den Blick zu seinen Turnschuhen sinken. Es ging also nicht um Lebenserfahrung oder Verhaltensweisen. “Du erinnerst dich, dass du erst vor einer Woche die ersten Häarchen im Gesicht hattest?”, fragte der Ältere leiser, vorsichtiger nach. “Ja?”, Katsuya schlang die Arme um seinen Oberkörper. “Das ist Teil einer hormonellen Umstellung. Du bist also in den letzten Zügen der Pubertät. Yami vermutet, dass die Sache mit deinem Vater deine Entwicklung praktisch vollkommen lahm gelegt hat.” “Ich bin in der Pubertät?”, Entsetzen schwang in seiner Stimme mit. “Ja, Kats, bist du. Aber bei weiten in den Endzügen, keine Sorge. Du bist kein unausstehliches Balg mehr.”, Seto löste eine Hand vom Steuer und griff ohne hin zu sehen zielsicher nach einer Strähne hinter Katsuyas Ohr, wickelte sie um seinen Finger und kraulte seinen Freund kurz, bevor er ihm die Hand wieder entzog. “Nicht mehr?”, fragte der Blonde lauernd. “Als wir uns vor anderthalb Monaten kennen lernten, warst du defintiv ein klein wenig unausstehlich.”, ein schon fast liebevolles Lächeln legte sich auf Setos Lippen, “Kleiner Rebell.” “Sie auch, Herr – Lehrer – Kaiba.”, konterte Katsuya neckisch. “Was, ich bin nicht mehr unausstehlich?”, fragte der Brünette mit gespieltem Entsetzen und gluckste, während sein Freund auflachte, “Na, warten wir erst einmal die Arbeit ab.” Gedichtanalyse. Grausam. Eine sehr passende Alliteration. Nun gut, auf in den Kampf. Aufgabenstellung lesen, Aufgaben notieren, Vorgehen planen, Text nach Stilmitteln durchsuchen, Text auf Inhalt lesen, Text ein Thema geben, Text einteilen und Unterthemen bestimmen. Einfaches Schema, gar nicht so einfache Ausführung. Aber wenigstens hatte Kaiba Wörterbücher Englisch-Englisch zugelassen. Ohne wäre Shakespeare wahrlich zu schwer. Okay, wenn man es daran maß, wie manche sich im Unterricht angestellt hatten, war es sowieso zu schwer, aber hey – wahre Kunst musste gewürdigt werden. Okay, ein Haufen Stilmittel war gefunden. Auf zum Thema. Und nicht Setos Tipp vergessen: Nicht “Liebe” schreiben. Oder zumindest nicht nur das. When, in disgrace with fortune and men’s eyes, I all alone beweep my outcast state, And trouble deaf heaven with my bootless cries, And look upon myself, and curse my fate... Meine Güte, das hörte sich verdammt nach Seto Kaiba an. Verdammt vom Schicksal, verzweifelt und traurig, ausgestoßen, sein Leben verfluchend, innerlich nach Hilfe schreiend mit niemandem, der die Schreie hörte. Wishing me like to one more rich in hope, Featured like him, like him with friends possest, Desiring this man’s art, and that man’s scope, With what I most enjoy contented least... Definitiv ein Gedicht, was Seto ausgewählt hatte, weil es verdammt gut auf ihn passte. Hoffnung wollte er also haben. Hoffnung, Freunde, Talent... er schätzte sich selbst wirklich kein Stück. Wenn es ein Wunderwerk an Mensch gab, dann war es doch er. Aber er selbst sein... Katsuya seufzte. Nein, Seto Kaiba wollte er definitiv nicht sein. Er wollte keine solche Vergangenheit haben, nicht solche Ängste, nicht solch einen Hass auf sich selbst, nicht den Reichtum, nicht die Macht, nicht die Verantwortung. An seiner Seite zu sein war vollkommen in Ordnung. Doch er würde nicht mit Seto tauschen wollen. Yet in these thoughts myself almost despising... Katsuya gab ein trockenes Lachen von sich. Almost war gut. Das war die Untertreibung des Jahrhunderts. Er verachtete sich nicht fast, er verachtete sich zutiefst. Haply I think of thee – and then my state Like to the lark at break of day arising From sullen earth, sings hymns at heaven’s gate... Katsuyas Blick schnellte in die Höhe und fixierte die graublauen Seen, die sich in seine Richtung wandten. Pamm, pamm, pamm, pamm, pamm – er spürte unter dem intensiven Blick die Röte in seine Wangen steigen. Meinte Seto das ernst? Verstand er das so, wie er dachte es verstehen zu sollen? War es richtig es so zu verstehen, wie er dachte? War das Setos Intention? Er löste die Augen von den rauchigen Saphiren, mit deren durchdringendem Blick Seto ihn fesselte. For thy sweet love remember’d such wealth brings, That then I scorn to change my fate with kings. Eine einsame Träne rann Katsuyas Wange hinab. War das hier... als Liebesgeständnis zu verstehen? Hosted by Animexx e.V. 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