Tales of Crystals von Felidae_Atsutane ================================================================================ Kapitel 2: Young and old Love ----------------------------- Hahaue = Ehrenvolle Anrede für die Mutter, Japanisch ___________________________________ »Wie kannst du das von uns Verlangen? Er ist dein Sohn!« »Eben deswegen!« Yuan schnaubte wütend. Er und Noishe hatten Lloyd und Kratos nach Flanoir in das Olivenhain gebracht. Yuan hatte Kratos' Wunde und somit den kristallinen Teil seiner Haut verbunden. Und nun hatte ihn sein rothaariger Freund gebeten, Lloyd nichts von seiner Erkrankung zu erzählen. »Warum denn nicht? Wir müssen doch nur eine Runenfassung für dich schmieden lassen! Dann bist du wieder der Alte!« Kratos schüttelte den Kopf. »Nein ... das funktioniert nicht ...« »Wie meinst du das?«, wollte Yuan wissen. Kratos hielt ihm seine Exspherehand hin. Ein einziger Blick des Blauhaarigen genügte, um die Schutzfassung als Runenfassung zu identifizieren. »Aber warum bist du dann nicht geheilt?« »Es ist eine andere Art dieser Krankheit. Ich habe alle Bücher von Derris-Kharlan, die mit Martel's Krankheit zu tun haben, durchsucht. Es ist nichts über eine Mutation zu finden.« »Was sind die Symptome?«, fragte der Halbelf. »Es kristallisiert noch recht langsam. Allerdings habe ich noch weniger Appetit als sonst, dafür schmecke ich ein wenig besser. Was mir jedoch wirklich zu schaffen macht sind die Schmerzen.« »Du spürst Schmerz?« Kratos nickte. »Ich fühle wieder intensiver.« »Also könnte man die These aufstellen, dass die Wirkung des Aionis' nachlässt.« »Die Idee hatte ich auch schon. Ich habe alles aufgeschrieben, was mir sinnvoll erschien.« »Da stellt sich mir jedoch eine weitere Frage«, meinte Yuan. »Warum bist du nach Aselia zurückgekehrt?« Kratos schwieg. »Er hat aufgegeben«, sagte Noishe, der die ganze Zeit zugehört hatte. Yuans Kopf schnellte wieder zu Kratos herum, da er zu Noishe gesehen hatte. »Ist das wahr?« »...«, machte Kratos erneut. »Du bist also nur nach Aselia zurückgekommen, um mit Lloyd deinen Lebensabend zu verbingen?«, hakte Yuan nach. Der Rothaarige seufzte und nickte dann. »Ich sehe keinen Sinn mehr darin, noch weiterzuleben. Selbstredend bin ich Lloyds Vater, aber er ist erwachsen geworden. Er braucht mich nicht mehr. Und außerdem ...« »Es ist Sheena, richtig?«, fragte Noishe. »Sie und Lloyd erinnern dich an Hahaue und dich selbst.« Erneut nickte Kratos langsam. »So ist das also ...«, stellte Yuan fest. »Ich glaube aber kaum, dass Anna damit einverstanden sein wird.« »Wann soll ich denn deiner Meinung nach sterben? Soll ich meinen eigenen Sohn überleben?«, fragte der Rothaarige. »Davon redet keiner. Aber willst du nicht auf der Hochzeit deines Sohnes sein? Willst du denn niemals Großvater werden?« »Lloyd hat Dirk ...« Yuan wusste, dass das eine Ausrede war, die Kratos nie und nimmer ernst meinte. Er war stur, wie schon seit viertausend Jahren. Er sah diese Krankheit als Schicksal an, wahrscheinlich als Strafe für seine Sünden, die er sich noch immer nicht vergeben hatte. »Und was gedenkst du jetzt zu tun? Ewig kannst du es ihm nicht verheimlichen.« »Solange ich es kann, werde ich es tun«, meinte der Seraph. »Und dann?« »Das wird die Zeit zeigen.« »Ist dir schonmal der Gedanke gekommen, dass Lloyd nicht zulässt, dass du stirbst, wenn er davon erfährt?«, fragte Noishe. »Er kann nichts tun. Sobald meine Haut gänzlich kristallisiert ist, gibt es so oder so keine Chance auf Heilung mehr. Und genau deswegen will ich nicht, dass Lloyd es erfährt. Er würde sich in Gefahr stürzen, nur, um ein Heilmittel zu suchen, das es gar nicht gibt!« »Woher willst du das wissen?«, meinte Noishe. »Du solltest gelernt haben, das fast nichts unmöglich ist. Lange genug gelebt hast du ja.« »...« Yuan seufzte. »Wie auch immer. Ich bin dein Blutsbruder und ich werde dir diese Bitte nicht abschlagen; auch, wenn ich damit nicht einverstanden bin«, meinte er und sah Kratos an. »Aber ich werde dafür nach einem Heilmittel suchen.« »Tu', was du nicht lassen kannst«, sagte Kratos nur, womit das Thema für ihn beendet war. Yuan als auch Noishe hielten ihr Versprechen. Lloyd erfuhr nichts von der Krankheit seines Vaters. Yuan beschwor seinen Freund die ersten Tage immer wieder, doch es brachte nichts. Noishe hatte das von Anfang an gewusst und es sein gelassen. Allerdings brachte er seine Meinung anderweitig zum Ausdruck; er machte Anspielungen. Doch Kratos wandt sich jedes Mal heraus. Sheena war gerade zu Besuch, weshalb Kratos die beiden allein ließ. Er nutzte die Gelegenheit, um mit Noishe trainieren zu gehen; zumindest wollte er das. »Ich weigere mich, gegen dich zu kämpfen, Chichiue«, sagte Noishe, als sie weit genug vom Haus entfernt waren. »Warum das?«, wollte der Rothaarige wissen. »Ich kämpfe nicht gegen Kranke.« Kratos schielte. »Es geht mir gut«, meinte er. »Das sagst du. In Wahrheit aber hast du Schmerzen. Diese wiederum schwächen dich. Ich würde dich besiegen. Lloyd mag ja vielleicht auf die "Es ist genug für heute"-Tour hereinfallen, ich jedoch nicht. Außerdem würde es mir nichts bringen, da ich einen ebenwürdigen Gegner brauche. Und dich würde es deprimieren. Und wenn du deprimiert bist, wird es dir noch schlechter gehen als ohnehin schon. Es ist also vollkommen sinnfrei.« Kratos war Schachmatt gesetzt, wie er zugeben musste. Man merkte es Noishe oftmals nicht an, doch er war wahrlich weise. Er bildete sich nur nichts darauf ein. »Dann ... lass uns einfach reden.« »Du willst reden?«, fragte Noishe dann doch leicht verwundert. »Nur, wenn für dich nichts dagegenspricht.« »Tut es nicht«, antwortete Noishe. »Aber wenn du wiederum nichts dagegen hast, könnten wir das bei einem Bad im See tun. Du riechst nämlich unangenehm.« Noishe hatte es höflich ausgedrückt. Kratos war es gewohnt, dass sein Engelskörper sich größtenteilig von Selbst reinigte, zumal er eigentlich nicht schwitzte, daher wusch er sich selten. Die Krankheit jedoch schien an ihm zu zehren; und auch an seiner eigentlichen Perfektion. »Von mir aus«, meinte er schließlich. Am See angekommen, begannen die beiden, sich ihrer Kleidung zu entledigen. Während Noishe sich sofort in die Fluten stürzte, ging Kratos langsam hinein, seinen Arm betrachtend. Die Kristallisierung hatte ein halbes Jahr vor seiner Rückkehr begonnen. Sie schritt langsam voran. An seinem Ellenbogen hatte es angefangen und sich in beiderlei Richtungen ausgebreitet. Noch verdeckte die Stulpe als auch die Handschuhe seiner Söldnerkleidung die kristallinen Hautpartien, doch sobald seine Schulter angegriffen wurde, musste er zu anderer Kleidung greifen. Zudem schmerzte der Arm. Es war, als würde seine Haut austrocknen, es knirschte unangenehm, wenn er den Arm bewegte. Er war froh, sich ins Wasser gleiten lassen zu können. Das kühle Nass linderte die Schmerzen geringfügig. Zumindest jene Teile, die erst zu kristallisieren begannen und folglich noch lebten. An den Kristallen an sich spürte er gar nichts mehr. Es waren die Muskeln darunter, die ihm den Schmerz einbrachten. »Riecht eigenartig ... viel intensiver als bei Martel damals.« Kratos erschrak leicht, als Noishe neben ihm aufgetaucht war. Und es war selten, dass er seine Sinne nicht überall hatte. »Mh«, machte er nur. »Es stinkt förmlich nach abgestorbener Haut. Für mich zumindest. Müsstest du es nicht auch riechen können? Du hast doch immerhin den Geruchsinn eines Engels.« Kratos schüttelte den Kopf. »Inzwischen nicht mehr so ausgeprägt.« »Ich würde dich ja bemitleiden«, meinte Noishe. »Aber wer sich nicht helfen lassen will, hat in meinen Augen selber Schuld.« Mit diesen Worten ließ Noishe sich treiben. Kratos seufzte nur. Er wollte Lloyd schützen. Er wusste, dass sein Sohn sofort aufbrechen würde, um ein Heilmittel zu suchen. Und genau das wollte er nicht. Er hatte auf der Reise der Erneuerung genug Ängste ausstehen müssen, so oft war Lloyd in Lebensgefahr gewesen. Er wollte ihn einfach nur in Sicherheit wissen. Und doch, wenn er ehrlich zu sich selbst war, wollte er auch nicht geheilt werden. Er wollte endlich zu seiner über alles geliebten Anna ... Zur gleichen Zeit lagen Lloyd und Sheena eng aneinander geschmiegt auf dem Sofa, welches man inzwischen im Erdgeschoss des kleinen Hauses finden konnte. Lloyd streichelte Sheena durch das schwarze Haar, während sie an seiner Brust lag und seinem kräftigen Herzschlag lauschte. Sie schwiegen. Genossen einfach nur die Anwesenheit des jeweils Anderen. Sie hatten schließlich selten genug Zeit, um sich zu sehen. Schließlich aber durchbrach Lloyd die Stille. »Sheena«, meinte er, wobei er den Namen seiner Geliebten sehr zärtlich aussprach. »was meintest du eigentlich neulich mit: Dein Großvater sei unserer Beziehung nicht wohlgetan?« Sheenas Lächeln, welches eben noch ihr schönes Gesicht geziert hatte, erlosch. »Er ... meint, es zieme sich nicht für die Anführerin Mizuhos, einer, wie er es nennt, "losen" Verbindung nachzugehen ...« »Einer losen Verbindung?«, fragte Lloyd. »Wie meint er das?« Sheena setzte sich auf und mied den Blick des Braunhaarigen. Ihre Wangen waren rot angelaufen. »Huh?«, machte Lloyd. »Er ... meint damit, dass ...«, druckste Sheena. »... dass wir ...« »... uns zu selten sehen?«, fragte Lloyd, der noch immer ein wenig von seiner Naivität behalten hatte. Sheena schüttelte den Kopf. »Das ist es nicht. Er schätzt sogar, wie wir Beziehung und Pflichten kathegorisieren. Und er schätzt auch dich sehr.« »Wo liegt dann das Problem?«, wollte Lloyd wissen. »Nun, er ...«, begann Sheena von Neuem. »Er will ... sozusagen etwas Offizielles.« Lloyd raffte noch immer nicht, was die Beschwörerin meinte. »Etwas Offizielles?« Sheenas Gesicht wurde immer röter. »Er will dass wir uns verloben«, nuschelte sie. Der Braunhaarige blinzelte. »Verloben?«, fragte er. »Er meint, ich soll um deine Hand anhalten?« Sheena nickte und hielt die Augen geschlossen. Irgendwie hatte sie Angst, Lloyd jetzt anzusehen. »Nun, wenn er das unbedingt für nötig hält, werde ich es tun«, meinte er. Die Mizuhonerin meinte, ihren Ohren nicht zu trauen und konnte nicht anders, als ihn anzusehen. »Du ... du bist einverstanden?!« Lloyd lächelte. »Heh, ich liebe dich«, sagte er voll Zärtlichkeit und legte eine Hand auf ihre Wange. »Ich hätte es ohnehin getan. Ich wollte damit nur noch etwas warten. Obwohl die Wiedervereinigung schon drei Jahre her ist, ist immer noch nicht alles geklärt. Ich wollte es machen, wenn sich auch die letzte Stadt zufrieden gegeben hat.« Der Braunhaarige schmunzelte. »Außerdem meint Dad, wir seien noch zu jung. Aber so, wie die Dinge jetzt stehen, denke ich, dass sogar er nichts dagegen haben wird.« Dann jedoch wurde sein Blick ernst. »Ich werde es jedoch nur tun, wenn du mich wirklich willst ...« Sheenas bernsteinfarbene Augen erstrahlten vor lauter Freude und sie fiel Lloyd um den Hals. »Natürlich will ich dich, du braunhaariger Vollidiot!«, rief sie freudig und küsste ihren Geliebten. Lloyd schlang seine Arme um sie und genoss den Kuss in vollen Zügen. Dann legte er seine Stirn an ihre und blickte sie verliebt an. »Dann frage ich dich jetzt ganz offiziell: Willst du meine Frau werden, Sheena Fujibajashi?« Sheena lächelte voller Liebe. »Nichts will ich lieber sein als deine Frau, Lloyd Aurion ...« Kratos' Blick war unbezahlbar gewesen, wie Noishe meinte. Als sie zurückgekehrt waren, hatten Lloyd und Sheena ihnen die frohe Botschaft verkündet. Kratos hatte erst einmal nur dagestanden und sie angesehen, während Noishe Lloyd umarmt hatte. Dann hatte Lloyd seinen Vater angesehen und auf eine Reaktion gewartet. Kratos hatte gelächelt und sie beglückwünscht. Außerdem hatte er Lloyd umarmt. Und doch war der Braunhaarige der Meinung, erneut etwas Trauer in seinen braunen Augen lesen zu können. Als sein Vater am gleichen Abend vor Annas Grab kniete, ahnte er auch, warum das so war. »Mum fehlt dir sehr, huh?«, fragte Lloyd, der hinter seinen Vater getreten war. Kratos schnaubte leicht belustigt. »Sie würde mich ohrfeigen, wenn ich das leugnen würde ...« »Mum hat dich geohrfeigt?«, fragte Lloyd verwundert. Kratos schmunzelte. »Ja, ab und zu. Wenn ich mich beispielweise unbedacht in deinen Kampf gestürzt habe, um sie zu schützen. Wenn ich dann blutverschmiert und verletzt, aber stolz zu ihr zurückkam, habe ich erstmal ihre Linke zu spüren bekommen«, erzählte der Rothaarige schmunzelnd, während er eine Hand an seine Wange legte. »Das versteh' ich nicht«, meinte der Braunhaarige. »Ich habe auch eine Weile gebraucht, um es zu verstehen. Sie hat sich um mich gesorgt.« »Aber warum ohrfeigt sie dich dann?« »Damit ich es nicht noch einmal mache.« »Hast du dich daran gehalten?« Kratos lachte leise. »Nein, nie«, antwortete er. Dann wurde der Seraph auf einen Schlag ernst. »Lloyd ... mach' das Gleiche. Beschütze Sheena. Versprich mir das.« »Klar mach' ich das!«, lachte Lloyd schon beinahe. »Obwohl sie immer darauf besteht, auf sich selbst aufpassen zu können.« »Es wird vielleicht Zeiten geben, wo sie das nicht kann ...«, meinte Kratos. »Was für Zeiten sollen das sein?«, wollte sein Sohn wissen. »Du wirst es verstehen, wenn es soweit ist ...« Lloyd verstand kein Wort, doch das hatte sein Vater auch nicht erwartet. Die beiden Krieger schwiegen eine Weile, auf Annas Grab blickend. »Glaubst du ... das Oberhaupt wird mir Sheenas Hand wirklich geben?«, fragte Lloyd. Erneut schmunzelte Kratos. »Selbstredend. Schließlich bist du mein Sohn«, antwortete er stolz. »Außerdem schätzt er dich sehr. Der große Held, der der Welt den Frieden und Mizuho eine neue Heimat bescherte und auch noch einen hervorragenden Charakter besitzt. Einen Besseren könnte er für Sheena doch gar nicht finden.« Lloyd lächelte. »Danke, Dad ...«, sagte er leise. »Ich bin wirklich froh, dass du zurückgekommen bist ...« Wäre Kratos nicht Kratos gewesen, hätte er in diesem Moment angefangen zu weinen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)