Spezialeinheit A von kikidergecko ================================================================================ Kapitel 4: Kampftraining für Anfänger ------------------------------------- So viele neue Dinge prasselten am nächten Morgen auf Nikolaj ein, und Joe redete nicht langsamer. Für Kyeran schien das wieder alles bekannt zu sein, aber trotzdem bemühte er sich, wenigstens aufmerksam auszusehen. "Fassen wir zusammen: Jedes Wesen besitzt Energie in sich. Dabei unterscheidet man zwischen Körperlicher Energie, dem Ki, und geistiger Energie, dem Mana. Ki setzt man quasi ständig ein: beim Gehen, Kisten schleppen, Armdrücken oder auch beim Kämpfen mit Hieb- und Stichwaffen. Das eigene Ki kann man relativ gut sammeln und kanalisieren, beim Mana ist das schon schwieriger." "Deshalb ist es auch verdammt schwer, Magier zu werden." fügte Kyeran hinzu. Er musste sich gerade schmerzlich an sein unterirdisch schlechtes Abschneiden im Magie-Pflicht-Grundkurs in der Schule erinnern. Und vor zehn Minuten hatte ihm Joe dann verkündet, dass gerade er die Rolle des Magiers im Team übernhemen sollte. Es stimmte zwar, Dämonen waren deutlich talentierter im Umgang mit Mana, aber wieso gerade er? Noch nicht einmal der klassische Feuerball, der Anfängerzauber schlechthin, wollte Kyeran mehr gelingen. Und wie war das nochmal mit diesen Konzentrationsübungen? Kyeran hatte schon oft in der Arena gesessen und den besten Magiern des Reiches bei ihren Duellen zugesehen. Vor dem Kampf lag immer so ein Knistern in der Luft, man konnte das Mana formlich sehen. Und dann, nach Sekunden höchster Spannung, schnellten die Kontrahenten aufeinander zu. Feuer, Eis und Funken sprühten durch die Arena. Magisch verstärkte Schwerter prallten aufeinander. Oft passierte es dann, dass einer der Kontrahenten von einem unsichtbaren Stoß gegen die Bande gestoßen wurde. Dann sammelten sie sich wieder und der Kampf wurde taktischer. Fernkampfwaffen wurden bei solchen Duellen fast nie benutzt, schließlich war es ein Leichtes, Projektile aller Art abzuwehren. Also kreisten die beiden dann langsam umeinander, vom Schild geschützt und das Schwert in Angriffshaltung langsam kreisend. Und dann zeigte sich meist, wer der bessere von beiden war. "... Konzentration. Das ist der Schlüssel. Du musst spüren, wie die Energie durch deinen Körper fließt, dann kannst du sie auch kontrollieren." Joe schloss für einen Moment die Augen und sammelte dann eine kleine, hellgelb leuchtende Kugel aus purem Ki in seiner Handfläche. "Schließ deine Augen, mach deinen Kopf leer und versuche alle deine Energie in deiner Hand zu sammeln." Nikolaj schluckte und schloss dann die Augen. "Mach deinen Kopf leer", echote Joes Stimme in seinen Gedanken. Also gut. Leere. Der junge Mann konzentrierte sich auf seinen Atem, versuchte den eigenen Körper bis in seine Zehenspitzen zu fühlen. "Niko" Hörte er eine geisterhafte Stimme. "Niko!" Es war seine Mutter. Er sah sie genau vor sich, die kleine, alte Frau. Ihre grauen Haare waren zu einem Dutt gebunden, unter dem Haushaltskittel trug sie einen Wollpullover und einen Rock. Das Gesicht war vom Alter gezeichnet und faltig, aber in ihren Augen lag ein Ausdruck von unendlicher Güte. Mit einem feinen Lächeln, die Hände vor dem Körper zusammengenommen, sah sie ihn an. Nikolaj konnte nicht loslassen, er konnte seinen Kopf nicht leer machen. Er musste an sie denken. Wie es ihr nun ging? Machte sie sich Sorgen, war sie vielleicht schon bei der Polizei gewesen und hatte ihn als vermisst gemeldet? Sie würde sicherlich viel weinen. Weinen... Tränen unter der Dusche. Das Prasseln des Wassers übertönte sein eigenes Schluchzen. Jeden Morgen flossen seine Verzweiflung, seine Unsicherheit, seine Angst den Abfluss hintunter. Doch weniger wurden sie dadurch nicht, nur ein Stück weit erträglicher. Wieso war er überhaupt auf dieser Welt? Bestand der Sinn des Lebens nur darin, sich vor der Schrecklichkeit der Menschen zu verstecken? Wieso musste er das aushalten? Wieso konnte er nicht einfach... "Rrraaagh!" Wut und Tränen schleuderte er von sich, die Arme weit nach vorn gestreckt. Sein Atem bebte und langsam sackte er in sich zusammen. Tränen tropften auf den Sandboden. Irgendwo klapperte Metall. "Wow! Du hast unser halbes Lager verwüstet." Kyerans Erstaunen war echt und auch Joe schaute beeindruckt. Nikolaj hingegen verstand die Welt nicht mehr. Das war er gewesen? "Respekt. Jetzt solltest du nur noch versuchen, deine Kraft kontrolliert und vor allem gut dosiert einzusetzen", sagte Joe mit einem freundlichen Lächeln. "Dann ist es nicht mehr weit bis zum Schwertkampf. Kannst du aufstehen?" In der Tat, Nikolaj fühlte sich schummerig. Nur mit Mühe konnte er sich aufrichten und auf den Beinen halten. Anscheinend hatte er bei seinem Ausbruch einen erheblichen Teil seiner Körperkraft von sich weg geschleudert. "Hmm. Joe, hast du Schwerter hier? Und... wie kämpfst du eigentlich?" "Das wirst du noch früh genug erfahren, Kyeran.", antwortete der Cowboy, während er in seinem Gepäck kramte und schließlich zwei in festen Stoff verpackte Schwerter hervorholte. Nach einem kurzen Blick auf die Hefte reichte er eines an den jungen Dämon. "Aber stich dir bloß kein Auge aus", fügte er augenzwinkernd hinzu. Ehrfürchig wickelte Kyeran die Klinge aus, sie steckte in einer robusten Scheide aus dunkelbraunem Leder. Die Waffe fühlte sich kalt an und lag schwer in seinen Händen. Wie lange hatte er kein Schwert mehr in der Hand gehabt? Langsam zog er es aus der Scheide. Die lange Klinge blitzte in der Morgensonne und ließ keinen Zweifel an ihrer Schärfe. Am Griff und auf der Parierstange liefen feine Runen entlang, Kyeran konnte sie nicht lesen. Das war eindeutig ein Indiz für das Alter der Waffe. In der Mitte des Griffstücks prangte ein großer, tiefschwarzer Stein, der alles Licht um ihn herum einzusaugen schien. Plötzlich unterbrach ein merkwürdiges Rascheln und Scharren Kyerans Gedanken. Suchend schaute er sich um, doch viele große Feldbrocken versperrten ihm die Sicht. Auch Joe schien das Geräusch bemerkt zu haben, er suchte hektisch Blickkontakt mit den beiden anderen. Nikolaj umklammerte ängstlich das Bündel, das ihm gerade übberreicht worden war. Joe rief etwas, doch im selben Moment sprang das furchtbare Wesen von oben auf sie herab. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)