Wolfsherzen von Satnel ================================================================================ Kapitel 3: Klänge der Nacht 3 ----------------------------- Titel: Wolfsherzen/ Klänge der Nacht Teil: 3 Autor: Satnel Email: Hanaru@sms.at Genre: original, shonen ai, lemon, fantasy „gesprochene Worte“ ‚Gedanken’ Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen geben so ist das reiner Zufall. Henry wusste nicht, ob er sich über das plötzlich aufkommende Interesse freuen sollte oder es eher beunruhigend war. Zumindest hatte sich das anfängliche Misstrauen gelegt. „Und du erinnerst dich wirklich an gar nichts?“ Clerissa sah den Jungen mit ehrlichem Interesse an. „Das hört sich aufregend an.“ „Clerissa, ich glaube nicht, dass man den Verlust seines Gedächtnisses als aufregend bezeichnen kann.“ Caron schüttelte tadelnd den Kopf. „So war das doch nicht gemeint.“ Das platinblonde Mädchen winkte lässig mit einer Hand ab. „Wers glaubt.“ Sin, der neben seiner Schwester saß, verdrehte die Augen. Knurrend wand sie sich ihrem Bruder zu. „Wie war das?“ Auch wenn es wahrscheinlich in einem Chaos enden würde, war Henry erleichtert. Wenigstens war alles normal, soweit man das bei seinen Geschwistern so nennen konnte. Seine Mutter kam zu ihnen und setzte sich neben den Jungen. „Bitte entschuldige das Benehmen meiner Kinder. Sie vergessen oft in welchem Alter sie sich befinden.“ Die letzten Worte waren durchaus in einem strengen und verärgerten Tonfall ausgesprochen worden. Sofort verstummte Clerissa und auch Sin, der hinter Caron Zuflucht gesucht hatte, hörte auf sie zu reizen. „Entschuldige Mutter.“ Doch man merkte den Beiden an, dass sie es nicht ernst meinten, sondern nur sagten damit sie einer ihrer Strafpredigten entgingen. Caprice ging gar nicht darauf ein, sondern konzentrierte sich auf den Jungen, der etwas verloren wirkte. „Also du erinnerst dich wirklich an gar nichts?“ „Doch. Ich weiß alles, nur nichts was mich betrifft.“ Die Stimme des Jungen war leise. Henry legte ihm eine Hand auf die Schulter, er wusste nicht wie es ihm ging, doch es musste schwer für ihn sein. „Also ich verabschiede mich, dann für heute Nacht. Auf mich wartet eine Jagd.“ Caron neigte leicht den Kopf und ging Richtung Tür. „Das ist unfair, du warst erst gestern. Heute bin ich dran.“ Clerissa sprang auf. „Du willst doch nur auf die Jagd, weil du dir ein Haustier zulegen willst, so wie Henry.“ Sin lümmelte gelangweilt auf der Couch. „Schwesterchen du bist so durchschaubar.“ „Will ich nicht!“ Sie fuhr zu ihrem Bruder herum, ihre violetten Augen funkelten wütend. „Mutter du hast ihr eindeutig zuviel von deinem Temperament mitgegeben.“ Sin sah gelangweilt zu seiner Mutter. „Und du wirst schon so langweilig und blasiert wie alle anderen Adligen.“ „Aus. Ich nehme Sin mit und damit basta.“ Caron sah seinen jüngsten Bruder auffordernd an. „Okay.“ Dieser sprang auf und war schon aus dem Raum, bevor Clerissa ihre Entrüstung überwinden und Protest einlegen konnte. Sie öffnete den Mund, schloss ihn dann aber wieder ohne etwas zu sagen. Beleidigt verschränkte sie die Arme vor der Brust und setzte sich wieder hin. Das nutzte Caron, um auch den Raum zu verlassen. Henry fand es zwar etwas gewagt vor dem Jungen von einer Jagd zu sprechen, doch mit einer plausiblen Ausrede konnte man alles erklären. Allerdings war es etwas zu ruhig im Raum. Vor allem hatten sich zwei seiner Brüder noch nicht zu Wort gemeldet und das war sehr ungewöhnlich, zumindest für Eloy. Arnaud erkannte er in einer Ecke an die Wand gelehnt, das Ganze stumm beobachtend und Eloy… Henry musste wirklich zweimal hinsehen, so unglaubwürdig erschien ihm die Szene. Hatte Eloy wirklich ein Buch in der der Hand? Noch mehr irritierte ihn die Tatsache, dass es die Bibel war. „Eloy, was machst du da?“ Das Misstrauen in Henrys Stimme war nicht zu überhören. „Hm?“ Der Blondhaarige sah auf und lächelte. „Och ich suche nur einen Namen, immerhin braucht er doch einen oder?“ „Ja, aber warum aus der Bibel? Du bist doch nicht einmal gläubig.“ Das war keiner von ihnen, auch wenn es ihnen gelehrt wurde. „Warum auch?“ Eloy hob fragend eine Augenbraue. „Ich hab es nicht nötig zu beten. Denn seien wir einmal ehrlich um was beten die Menschen? Um Reichtum, dass erübrigt sich bei mir, ich bin reich. Schönheit? Tja auch das bin ich. Ebenso wie ich nicht um Intelligenz beten muss, da ich von Natur aus klug bin. Also, um was soll ich beten?“ Die Überheblichkeit in seiner Stimme war nicht zu überhören. „Wie wäre es mit ein bisschen Bescheidenheit?“ Arnaud kam zu ihm und nahm ihm die Bibel aus der Hand, in der er dann selbst blätterte. Henry sagte nichts dazu, das war eben Eloy in seinem Normalzustand. Arrogant und total von sich überzeugt, das würde er wohl nie ablegen. „Außerdem glaube ich an etwas. Ich glaube an meine Willenskraft, meine Stärke und meine Intelligenz mit deren Hilfe ich mein eigenes Schicksal meistern kann.“ „Ein Wunder, dass er noch nicht als Ketzer verbrannt worden ist.“ Arnaud schüttelte den Kopf. „Das hätte uns eine Menge Ärger erspart.“ „Das hab ich gehört.“ Eloy sah empört zu seinem älteren Bruder. „Darum hab ich es ja auch gesagt.“ Henry lächelte leicht. „Na dann sucht eben einen Namen aus.“ „Achte bitte nicht auf sie. Sie sind zu meinem Bedauern schlecht erzogen.“ Caprice lächelte den Jungen entschuldigend an. „Nein, es ist nur sehr sonderbar.“ Dieser sah verwundert von einem zum Anderen. Henry konnte es verstehen, sie waren ja auch wirklich seltsam. Um das zu vergleichen hatte er schon genug andere Adelsfamilien besucht. Dagegen waren sie regelrechte Vandalen. Doch das war eben ihre Natur und hier konnten sie diese auch ausleben. „Hm wie wäre es mit Johannes?“ Arnaud sah fragend auf. „Saulus.“ Dieser Einwurf kam wie erwartet von Eloy. „Den Letzten musst du nicht beachten, aber was sagst du zu dem Ersten?“ Fragend sah der Schwarzhaarige den Jungen an. Dieser zuckte nur mit den Schultern. „Ein Name ist so gut wie der Andere. Es ist ja nicht mein richtiger.“ „Nun wenn das so ist…“ Clerissa ging zu ihren Brüdern und nahm Arnaud kurzerhand die Bibel aus der Hand. Sie blätterte einige Seiten weiter. „Dann nehmen wir doch einfach Lukas. Das ist wenigstens ein Name, der mir gefällt. Ist kürzer und hört sich besser an als Johannes.“ Ihre Augen richteten sich erwartungsvoll auf den Jungen. Dieser zuckte nur abermals mit den Schultern. „Wie gesagt mir ist es gleich.“ „Gut, dann Lukas.“ Sie schlug das Buch zu und stellte es in das Regal zurück. Damit waren sie alle überstimmt. Was Clerissa sagte war Gesetz. Zumindest solange ihre Mutter oder die Logik nicht dagegensprach. Das war ihnen allen bewusst. Müde gähnte er einmal. Es war eine lange Nacht gewesen. „Ich schätze es ist Zeit, dass wir das beenden. Es ist ja auch schon spät.“ Henry stand auf. „Wenn du willst, bringe ich dich zu deinem Raum.“ Lukas nickte nur zustimmend. Es war eine willkommene Rettung, vor weiteren Fragen. Clerissa war in dieser Hinsicht sehr ausdauernd, wie er gemerkt hatte. Nur leider hatte er sie bei den meisten Fragen enttäuschen müssen. Wenn es ihm selbst auch lieber gewesen wäre, wenn er die Antworten hätte. Doch da war nichts und es kam auch nichts zurück wie Kobe behauptet hatte. Auch Eloy erhob sich. „Ich werde mich dann auch zurückziehen. Ehrlich gesagt hatte ich in den letzten Nächten nicht genug Schlaf.“ „Ach woran könnte das wohl liegen?“ Arnaud verdrehte die Augen, in seiner Stimme hatte man die Ironie deutlich herausgehört. „Tja im Gegensatz zu dir bin ich beliebt Brüderchen.“ Eloy lächelte überheblich. „Kein Streit zu so später Stunde. Eloy geh einfach, mach… was du eben immer machst.“ Caprice seufzte und lies sich zurücksinken. „Wir gehen dann einmal.“ Henry wies zur Tür und Lukas folgte der Aufforderung. Wenn er ehrlich war, dann hatte sich seine erste Einschätzung als falsch erwiesen. Keiner von ihnen war wirklich böse oder wollte ihm schaden. Im Gegensatz, sie waren alle ziemlich nett. Jeder hatte seine Eigenheiten, doch die hatte jeder Mensch. Wenn man sich daran gewöhnt hatte, dann konnte man sich sogar darüber amüsieren. Vor allem Eloy sorgte immer dafür. Er konnte ihn nicht richtig einschätzen, ob er das was er sagte ernst meinte, oder es nur spielte. Seine Familie nahm es auf jeden Fall ernst. Arnaud hingegen war der Ruhige, der nur dann sprach wenn es unumgänglich war oder es darum ging seine jüngeren Geschwister aufzuziehen. Wenn er ehrlich war, dann hatte er von den Beiden nicht sehr viel anderes gehört, die Unterhaltung war hauptsächlich von Clerissa geführt worden. Sie war sehr neugierig, wie es eben in diesem Alter war. Lukas hatte sie eigentlich für oberflächlich eingeschätzt aufgrund der Themen ihrer Fragen, doch dann kamen immer sehr gezielte und intelligente Fragen, die geschickt in ihr oberflächliches Geplapper eingebunden waren. Egal was sie war, sie war auf keinen Fall oberflächlich und schon gar nicht dumm. Ihre Mutter schien das genau zu wissen, weswegen sie ihr Gespräch auch kaum unterbrach. Alles in allem war Caprice sehr ruhig gewesen, doch ihm waren ihre musternden Blicke nicht entgangen, die sie ihm immer zugeworfen hatte. So als wollte sie einschätzen, ob er ein Risiko war oder nicht. Doch was könnte er ihnen schon antun und aus welchem Grund? Derzeit hatte er wirklich seine eigenen Probleme. Er erinnerte sich an nichts, wirklich nichts. Ja, er konnte allen Dingen einen Namen geben und wusste auch wie man sie benutzte, doch alles was ihn anging, das lag weiter im Dunkeln. Dabei wollte er es gerne wissen. Wer war er? Wo gehörte er hin? Was war mit seiner Familie? Dass alles waren Fragen auf die er gerne eine Antwort hätte. So in seine Gedanken vertieft, merkte er nicht wie Henry auf einmal stehen blieb. Unsanft rempelte er ihn an. „Tut mir leid.“ „Das macht nichts.“ Er lächelte und öffnete die Tür. „Die Diener werden dir alles bringen was du brauchst.“ Lukas ging in das Zimmer. Auch hier waren überall Kerzen angezündet worden. Anscheinend war es hier normal die Nacht zum Tag zu machen. „Ich brauche meine Erinnerungen, die Gewissheit wer ich bin. Das können sie mir nicht geben.“ Seufzend sah er auf den Boden. Vielleicht zwang er sich zu sehr und es brauchte einfach nur seine Zeit. Doch dieses Unwissen bezüglich seiner Person quälte ihn, er war sich selbst ein Fremder. Plötzlich spürte er eine Person neben sich und eine Hand legte sich sanft auf seinen Kopf. „Es wird wieder. Das alles braucht Zeit. Ich bin sicher du wirst deine Erinnerungen wiederbekommen.“ Lukas wollte die Worte ja glauben, doch es fiel ihm schwer. Immerhin befand er sich in dieser Situation. Wäre er an der Stelle des Älteren, dann könnte er das auch so unbeschwert sagen. So schluchzte er nur leise aufgrund seiner Hilflosigkeit in dieser Situation. Er wusste, dass es äußert unmännlich war, deswegen biss er sich auf die Lippen, um es zu unterdrücken. Henry zog ihn an seine Brust. „Es ist nicht schlimm. Wenn du dich dadurch besser fühlst, kannst du ruhig weinen, ich werde es keinem erzählen.“ Auch wenn Lukas im ersten Moment überrascht war, es tat gut jemanden zu haben, der sich um ihn kümmerte. Auch wenn er sich fragte, warum der Schwarzhaarige das auf sich nahm. Oder war das auch normal und er hatte es nur vergessen? Resigniert seufzte Lukas und nach einigen Augenblicken löste er sich wieder von Henry. Wenigstens hatte er sich soweit beruhigt, um sich zu beherrschen. Das war ja so was von demütigend, wenn man seine Schwäche so zur Schau stellte. „Danke.“ Er sah auf den Boden, da er nicht in Henrys Gesicht sehen wollte. Zwar hatte dieser gesagt, dass es okay war, doch Lukas war sich da nicht so sicher. Henry ging auch nicht darauf ein, so als fühlte er was in dem Jüngeren vorging. „Also dann wünsche ich dir eine gute Nacht.“ Damit lies er ihn alleine. Diese neuen Definitionen der Tageszeiten verwirrten Lukas noch immer. Doch auch er war müde. So zog er sich aus, löschte die Kerzen und schlüpfte unter die Bettdecke. Doch er konnte nicht wirklich schlafen. Er hatte das Gefühl, als würde ihm etwas fehlen, auch wenn Lukas es nicht benennen konnte. Unruhig wälzte er sich im Bett umher. Erst als es dämmerte und die Sonne das Zimmer erhellte, fiel er in einen leichten, traumlosen Schlaf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)