Ohne Dich von NanaSaintClair (DIE ♥ KAORU - Zirkel Challenge Fic) ================================================================================ Kapitel 1: Ohne Dich -------------------- Ohne Dich ~*~*~ heidi. - Sentimental There's something I've been thinking all along Just who is this song for anyway? For what purpose do I live? For what purpose do I die? And I have lost everything And all of my soul has been shattered And at that time I started walking around aimlessly There is one desire that I cling to "Kill me" I'll sing a song, with that person And I'll have no sadness I'll sing a song, to that person And I'll have no loneliness From that time on I decided no more crying Does that mean I've grown stronger? Again just once more, again just a little more "Be with me" I'll sing a song, with that person And I'll have no sadness I'll sing a song, to that person And I'll have no loneliness ~*~*~ Obwohl Die im ersten Moment auf den Fernseher zu schauen scheint, trifft sein Blick vielmehr ins Leere, als würde er tagträumen, während er einen weiteren Zug von seiner Zigarette nimmt. Die leichte Decke bedeckt ihn nur von der Hüfte abwärts, der Kissenberg hinter ihm stellt sicher, dass Dies Blickwinkel stimmt, und die leere Packung süßer Kekse ist Zeichen dafür, dass er bereits Frustfressen hinter sich hat. Eine Kippe gönnt er sich jetzt. Genau das Richtige zum Relaxen an einem Nachmittag wie diesem, wo es draußen nur regnet und Die sowieso allein ist. Blöd ist nur, dass er sich nicht auf den Film konzentrieren kann. Ständig schwirrt ihm der Geist in Richtung seines sogenannten Lebensabschnittsgefährten. Und das alles nur, weil sie sich mal wieder gestritten haben. Wenn man es denn so nennen kann. Es sind ja immer nur Meinungsverschiedenheiten, lapidare Angelegenheiten, die Auslöser dafür sind, dass der Jüngere von Kaoru angegrunzt wird, woraufhin es sich Die natürlich nicht nehmen lässt, dem Älteren einen Spruch zu drücken, damit er wieder auf den Teppich kommt. Runter kommt er davon allerdings nie. Stattdessen bockt Kaoru wie ein Kleinkind. Nein, meckern ist gar nicht sein Fall, wie man vielleicht annehmen würde. Stattdessen straft er mit Schweigen. Das hat er schon mal fast drei Tage lang durchgehalten, ohne auch nur ein Wort mit Die zu wechseln und das, obwohl sie zusammen leben! Nur vielleicht ist Die ja auch gar nicht so viel besser. Er kann Dinge gut verdrängen und seine Ignoranz brilliert in den meisten Konfliktsituationen, so dass ihm Kaorus Schweigen nicht die Bohne kratzt und er einfach fröhlich weiterplaudert, als wäre nie etwas gewesen. Nur aus Trotz macht er das! Denn sich anzuschweigen findet er doof. Ist doch albern. Eigentlich sind sogar die meisten Streitigkeiten albern, wenn Die denn mal darüber nachdenkt. Kleinigkeiten bringen sie ab und an dazu, sich gegenseitig vorzuwerfen, wie stark sie sich verändert haben im Laufe der Jahre. Das mag durchaus sein, schließlich ist Kaoru wohl kaum mehr ein wortkarger Träumer, sondern eher ein redegewandtes Schlitzohr. Und Die? Ist er denn wirklich noch der verantwortungsbewusste Streber oder eher ein eitler Lebemann? Haben sie sich denn aber auf der anderen Seite so sehr verändert? Ab und zu ist Die doch wirklich nach wie vor strebsam und übernimmt viel Verantwortung, genauso wie Kaoru schweigsam seinen Träumen verfallen kann. Alles im Leben ist doch irgendwie immer wieder Auslegungssache. Warum also legt man sich die Dinge in Streitfällen negativ aus und nicht positiv? Weil man dumm ist. Zu der Erkenntnis kommt sogar Die. Hat ja auch genug Zeit zum Nachdenken gehabt. Gestritten hat er mit Kaoru gestern, abends während sie gegessen haben. Irgendetwas Falsches hat Die wohl mal wieder gesagt. Oder ist es Kaoru gewesen? So genau weiß Die das nicht mal mehr, denn um ehrlich zu sein, es kommt nicht selten vor, dass sich ganz plötzlich durch irgendwelche Kommentare die Stimmung in den Keller senkt und manchmal, ja manchmal artet es eben in Streit aus. Fast zu oft ist das nun schon in den letzten Jahren vorgekommen, so oft, dass es Die gar nicht mehr sehr berührt. Kaoru kommt schon wieder runter, denkt er sich. Ist doch immer so gewesen. Früher, da wäre Die ihm sicher hinterher gelaufen, hätte ihn angerufen, besorgte Nachrichten geschickt, geweint sogar. Doch nach all der Zeit kennt er seinen Partner. Wo soll Kaoru schon hin? Es ist eine berechtigte Frage, denn nach dem Streit von gestern ist der Ältere einfach mal wieder abgedüst, hat seine Jacke geschnappt und hat sich ohne Worte verkrümelt. Trotzreaktion. Auch dumm, oder nicht? Vielleicht braucht Kaoru das ja um sich abzukühlen. Was weiß Die schon? So ein Gezeter ist nicht sein Ding. Vielleicht kennt er den anderen Mann ja doch nicht so gut? Was negativ wäre. Aber normal ist es nicht, wenn man die Nacht nicht wenigstens Zuhause verbringt. Das muss Kaoru vergessen haben. Nein, Sorgen macht sich Die nicht wirklich, also nicht wegen Kaorus Treue oder so etwas. Der würde ihn schon nicht verlassen. Hat doch gar keinen Grund dazu. Oder doch? Verändert haben sie sich. Doch wer will denn schon Langeweile? Und wenn sie sich weiterentwickeln, dann erfrischt es doch nur ihre Beziehung. Neue Dinge finden Beachtung. Nur über das Teilen dieser Dinge, darüber sollten sie noch mal nachdenken. Auch Die, hat er doch Kaoru ebenso Vorwürfe gemacht, was für ein eingebildeter Idiot er geworden ist. Eigentlich hat sich Die ja nur geärgert, weil man ihm die falschen Sachen geschickt hat. Blau hat er nicht bestellt. Und die CD ist auch ausverkauft. Ärgerlich. Doch Kaoru kommt freudestrahlend an mit seinen dummen Tempura und will auch noch Komplimente haben fürs Kochen. Na toll. Kann der nicht riechen, dass Die schlechte Laune hat? Sollte er doch können nach all der Zeit, nicht? Vielleicht nicht. Hat es ja nur gut gemeint, der alte Griesgram. Aber er muss auch nicht gleich Rumfauchen. Die hat es doch nicht so gemeint. Und darum muss man schon gar nicht die ganze Nacht wegbleiben! Das ist doch Wahnwitz! Nur weil Die ihm diesmal nicht hintergerannt ist? Ihm gesagt hat, dass es ihm leid tut? Es mit ihm ausdiskutiert hat? Ist doch nicht wichtig. Schwamm drüber. Sie haben doch nur einen kleinen Streit ohne Sinn gehabt. Muss man sich da denn überhaupt großer Worte bedienen, bevor man wieder wie normale Menschen miteinander umgeht? Ist doch alles so stressig... Vielleicht aber notwendig. Denn gerade jetzt fühlt sich Die komisch. Nicht beschissen, wie wenn er wegen Kaoru geheult hat, aber auch nicht gut. So leer. Ja, leer ist er, wenn Kaoru nicht da ist. Ein Teil von Die fehlt. Als wäre er nur noch ein Halbes statt ein Ganzes. Wie so etwas sein kann, geht gar nicht in sein Hirn. Liebe eben. Unerklärlich. Genau wie damals, als er sich in Kaoru verliebt hat. Was war zuerst da? Huhn oder Ei? Denn verliebt hat sich Die wohl schon, noch bevor er den anderen auch nur einmal gesehen hat. Und doch gab das Aussehen den letzten Anreiz; die dunklen Augen, als sie Die mit einer zuvor ungekannten Tiefe angeschaut haben; das Lächeln, durch welches Die direkt in Kaorus Herz schauen konnte; seine tiefe Stimme, die so unglaublich beruhigend auf Die wirkt... Tut sie noch heute. Und damals war sie auch das Erste, was Die von Kaoru kennen lernen sollte. ~*~*~ "Hallo? Hier ist die Nummer gegen Kummer, Die am Apparat. Mit wem spreche ich?" Mehr, als dass jemand atmete, konnte der junge Mann jedoch nicht hören. "Du musst deinen Namen nicht sagen. Möchtest du reden?" "Hmm..." Tief. "Okay, ich höre dir gerne zu. Es wäre nur angenehm für mich, wenn du mir sagst, wie du heißt. Dann kann ich dich ansprechen. Aber du musst es mir natürlich nicht sagen, wenn du nicht möchtest." "Kaoru." Gefasst. "Alles klar, Kaoru. Mein Name ist als Die. Wenn du-" "Hat man bei euch Künstlernamen? Die ist doch kein Name." "Äh... nein. Eigentlich heiße ich Daisuke, aber niemand nennt mich so. Also... mir wäre es schon recht, wenn du auch Die zu mir sagst." "Fein." "Was macht dir Sorgen, Kaoru?" "Vieles." "Fang einfach irgendwo an, am besten am Anfang. Was genau bedrückt dich?" "Du klingst wie meine Mutter." "Bedrückt dich deine Mutter?" "Verarscht du mich?" "Nein, ich versuche nur auf dich einzugehen." "Lass meine Mutter da raus." "Ja, okay. Tut mir leid." "Schon gut." "Magst du mir trotzdem erzählen, was dir auf dem Herzen liegt?" "Die Hotline ist gratis, oder?" "Ja." "Gut, ich hab nämlich kein Geld. Damit fängt es an..." "Keinen Job?" "Doch, schon. Aber das Geld reicht nicht aus, weil ich nur halbtags jobben kann." "Kann?" "Ja, die restliche Zeit brauche ich für die Band. Musik wollte ich eigentlich machen, geht auch voran... irgendwie. Und irgendwie auch nicht." "Verstehe. Machst noch keine Kohle damit, wie?" "Nein, null. Und das Leben in der Stadt ist teuer." "Wem sagst du das...? Hast du eine Wohnung?" "Nicht mehr. Hab ich aufgegeben. War zu teuer." "Wohnst du bei Freunden?" "Indirekt. Zur Zeit lebe ich in unserem Probenraum. Das geht schon. Ist nur ein bisschen kalt nachts ohne Heizung." "Wo probt ihr denn, wenn ich fragen darf?" "In einer Art Garage." "Klingt nicht sehr nett als Behausung." "Geht schon. Ist ja nicht für immer." "Brauchst also einen besseren Job, oder?" "Ja, das oder ich mach Kohle mit der Band. Gute Jobs kriegt man nur ganztags. Alles andere ist schlecht bezahlt." "Habt ihr denn Gigs in Aussicht?" "Naja, da ist das Problem. Hätten wir, wenn ich denn mal ein paar Songs geschrieben hätte..." "Woran hapert es denn?" "Muse? Weiß nicht, vielleicht sind's auch meine kalten Finger. Oder weil mein Kopf einfach leer ist. Was weiß ich..." "Hm, du bist also nicht inspiriert?" "Nein, ich hab eher Hunger." "Hast also nichts zu essen." "Hör auf zu paraphrasieren." "Sorry. Dumm biste jedenfalls nicht..." "Danke." "Hey, ich mein's ernst." "Ich auch." "Kein Geld für Essen?" "Nicht viel. Gott, und rauchen würde ich so gern eine!" "Versteh ich. Hast du Freunde, die dir was borgen könnten?" "Ja und nein. Die Leute, die ich hier kenne, kenne ich noch nicht so lang, so dass ich sie nicht wirklich Freunde nennen würde. Darum möchte ich sie ungern bitten, mir etwas zu leihen. Außerdem muss ich das selbst schaffen." "Solange dich dein Stolz nicht umbringt. Ich mein, ich find's gut, wenn du so denkst. Aber essen solltest du dennoch." "Tu ich schon, keine Angst." "Okay. Was ist mit deinen Eltern?" "Leben nicht hier und wenn es nach denen gegangen wäre, wäre ich auch nicht hier um Musik zu machen. Dann würde ich was Anständiges werden, um sie mal zu zitieren. Na ja, normal eben. Wie Eltern eben so denken. Aber wenn sie wüssten, dass ich jetzt schon nach ein paar Monaten so auf dem Schlauch stehe, dann... Sie müssen nichts davon wissen. Würden mir eh nichts geben." "Kenn ich. Solange ich brav weiterstudiere, zahlen sie mir alles. Aber wehe, ich mach was anders..." "Ich nehm's ihnen ja nicht übel. Wollen nur das beste und so weiter... Darum bin ich aber trotzdem am Arsch." "Hm. Wenn's also mit Songs nicht klappt, dann musst du wohl oder übel einen anderen Job suchen, oder?" "Scheint so. Nur kommt ja nichts bei rum. Ich MUSS also Songs schreiben." "Magst du sonst noch was? Ich meine, manchmal inspirieren einen die Dinge, die man mag..." "Musik eben." "Und die Liebe?" "Musik ist meine Liebe. Mehr geht nicht." "Geht nicht?" "Geht nicht im Sinne von nichts los zur Zeit..." "Ach so..." "Würde aber auch nichts bringen. Teilt man sein Leben, teilt man seine Zeit. Zeit hab ich so schon keine und da ist es eben schlecht, wenn man auch noch in einer Beziehung ist und so..." "Kenn ich auch. Verständnis für Hobbys wäre nett." "Genau." "Ich versteh das schon. Man weiß so schon nicht, wie man mit seiner Zeit zu Rande kommen soll und dann ist noch jemand, der meckert, dass man nie Zeit hat." "Hey, bin ich jetzt die Kummerkastentante?" "Wenn dann Kummertelefon bitte! Und nein, ich bin hier die Tante." Leises Lachen. "Und was machst du jetzt gerade? Bist am Telefonieren, schon klar. Aber was würdest du normalerweise gerade machen?" "Diesen verdammten Song schreiben." "Oh. So spät noch?" "Wann sonst? Ich hab gerade Tagesschichten." "Schreibst du auch Texte?" "Nein, nicht mehr. Gott sei Dank macht das ein anderer." "Ja, liegt mir auch nicht." "Texte zu Songs zu schreiben oder den Poeten raushängen zu lassen?" "Beides." "Aber Musik liegt dir?" "Ja, ich spiele Gitarre. Auch in einer Band." "Ernsthaft?" "Ja, ernsthaft." "Neben dem Studium und deinem Job als Kummertelefontante?" "Wohl oder übel. Daher kenn ich Zeitdruck." "Hm, wieso machst du denn dann den Job als Kummertante? So was ist doch bestimmt freiwillig, oder?" "Ähm, na ja. Das sollte ich dir eigentlich nicht erzählen, aber..." "Ja? Komm schon, spuck's aus." "Man hat mich dazu verdonnert." "Aha, und warum?" "Ich hätte das Semester eigentlich wiederholen sollen. Hing aber nur an meinen schulischen Aktivitäten und wenn ich Engagement zeige, dann krieg ich noch eine Chance. Klingt dämlich, was?" "Hm. Ziemlich." Wieder leises Lachen, diesmal von Die. "Und was muss man machen, um Kummertante zu werden?" "Kurzseminar in der Volkshochschule. Bekam ich aber von der Uni gesponsert." "Und was kriegst du dafür, dass du dir den Seelenmüll von anderen anhörst und dabei paraphrasierst und spiegelst?" "Hast du mal so ein Seminar gemacht?" Kaoru amüsierte Die recht angenehm, das musste er ihm zugestehen. "Nichts krieg ich dafür, sofern du von Geld sprichst." "Schade, sonst hätte ich mich beworben." "Tja, wenigstens kann man von Zuhause aus arbeiten." "Heimarbeit. Klingt spießig." "Ist es doch auch, oder? Kommt man sich vor wie ein Streber. Dabei komm ich nicht mal dazu, in die Bücher zu gucken." "Ochje. Soll ich auflegen?" "Nein." "Nein?" "Nein. Dann würde nur jemand anders anrufen und du bist eigentlich ein ganz netter Kerl, soweit ich das beurteilen kann. Interessanter Gesprächspartner, wenn ich das mal so sagen darf?" "Interessant? Soso..." "Also nicht wegen deiner Probleme! Denk das nicht. Nein, weil ich mit dir richtig reden kann. Manchmal geht das nicht... So wenn Leute am Telefon heulen zum Beispiel. Das mein ich. Nicht deine Probleme machen dich interessant. Mehr so-" "Die? Hör auf zu plappern." "Bist du Telefonseelsorgetester?" "Nein, gibt's das? Dann nehme ich den Job." "Welche Bewertung bekäme ich dann?" "Methodisch Bestnote. Sozial eher Durchschnitt." "Danke." Kaorus trockener Humor brachte Die lediglich zum Grinsen. "Du bist ulkig..." "Bin ich?" "Ja. Zumindest lenkst du mich ab von meinen Problemen." "Dabei sollte ich eigentlich mit dir drüber reden." "Was gibt's noch zu-" Ein lautes Husten stoppte Kaoru mitten im Satz. "Tut mir leid..." "Geht's wieder?" "Glaub schon." "Hast du dich erkältet?" "Ach, das ist nur so ein ekeliger Husten, der nicht weggeht." "Nimmst du was dagegen?" "Nein, Mama. Zu teuer." "Oh Mann, Kaoru. Da hört aber echt der Spaß auf. Du solltest dir echt was gegen Grippe holen." "Mach ich." "Ich glaub dir nicht." Stumm. "Hör mal, du hast doch immerhin ein bisschen Kohle, oder? Nimm sie lieber und kauf was gegen deinen Husten. Da kann echt was zurückbleiben." "Hmm... Du weißt schon, dass ich dazu ein Rezept brauche? Geh mal zum Arzt, dann weißt du, was ich blechen muss." "Ich weiß, aber..." Ein Seufzen. "Wenn nicht, hol wenigstens was aus der Apotheke." "Hör auf damit! Ich werde daran nicht krepieren, okay? Außerdem bist du da, um mir zuzuhören und nicht um mich zu belehren!" "Wenn du meinst..." "Ja, mein ich." "Sind durchaus schon Leute an Husten krepiert, aber ich bin ruhig..." Ein Knurren. "Kaoru, ich mein's echt nur gut." "Was kümmert's dich eigentlich? Du kennst mich nicht. Laberst du echt nur, weil du das musst? Spar's dir. Das brauch ich nicht. Ich weiß selbst, was ich tue. Und dir kann es scheißegal sein, ob ich morgen krepiere oder nicht." "Hör auf so einen Müll zu reden. Wozu muss ich dich kennen, um nicht zu wollen, dass du deine Gesundheit gefährdest? Außerdem hab ich dir schon gesagt, dass ich gern mit dir rede. Glaub es oder lass es." "Du hast sie echt nicht mehr alle." "Warum?" "Weil du Mist laberst. Den größten Bullshit, den ich je gehört hab. Freut mich ja echt, dass du so besorgt um mich bist, aber gut Reden hast du dennoch. Steckst da in deiner von den Eltern bezahlten Bude rum, lässt dir die Probleme anderer erzählen, damit du brav weiter studieren kannst und knallst mir dann auch noch deine gut gemeinten Ratschläge an den Kopf. Schon klar, Daisuke. Kriegst dein Diplom als engagierter Seelsorger. Und jetzt lass mich in Frieden mit deinen Belehrungen." Eine ganze Weile war Stille am anderen Ende. "Ich geb dir was von mir. Aus dem Saniraum. Die haben immer was. Wo soll ich es hinschicken?" Nicht zu fassen. Kaoru schnappte nach Luft. Warum gab Die nicht auf? "Jede Wette darfst du das nicht mal, hab ich recht?" "Dir Sachen schicken? Wieso sollte ich das nicht dürfen?" "Weil du und ich uns gegenüber anonym bleiben sollten. Trotz Namen und so etwas. Ich würde dennoch meinen Arsch verwetten, dass du belehrt wurdest, dich nicht persönlich deinen Anrufern anzunehmen." Verblüffung und Erstaunen machten sich in Die einen Moment lang breit. "Vielleicht. Hab nie gesagt, dass ich so ein Streber bin, wie du mir vorwirfst zu sein. Also was ist nun? Gibst du mir deine Adresse oder nicht?" "Ich hab keine." "Und die Garage?" "Ist etwas außerhalb." Frust. Doch der trieb Die eigentlich nur noch mehr an. "In der Südstadt ist ein kleiner Park in der Nähe der Küste, kennst du den?" "Hmm." "Ich komme dort jeden Abend gegen sieben Uhr vorbei. Dort ist ein Briefkasten etwas weiter links des Tors. Ich klemm das Zeug einfach unter den Kasten und du entscheidest selbst, ob du es dir abholst, okay?" "Tss..." "Dein Schweigen interpretiere ich als Zustimmung. Kannst es abholen, wann immer du möchtest. Mir egal. Es läge mir allerdings etwas daran, DASS du es tust." "Ich versteh dich nicht." "Warum?" "Weil du deinen Job ein bisschen zu ernst nimmst." "Vielleicht hat es nichts mit dem Job zu tun?" "Wie ich schon sagte, du kennst mich nicht." "Muss ich nicht." "Dann bist du zu nett für die Welt. Du wirst noch mal hinten runterfallen." "Möglich." "Und dann? Rufst du dich dann selbst an?" "Nein. Aber vielleicht gibt es dann trotzdem jemanden, der auch mir zuhört... und hilft." "Verlass dich nicht drauf." "Was hat dich so bitter gemacht, Kaoru?" "Das Leben?" "Und an was glaubst du dann noch?" "Wie meinst du das?" "Na, an irgendetwas musst du doch noch glauben. Immerhin hast du noch Pläne. Glaubst du an dich?" "Weiß nicht mehr... Hab ich mal." "Woran dann?" "Vielleicht ist da nichts mehr..." "Was hält dich dann noch hier?" "Ehrgeiz." "Dann glaubst du wohl doch noch an dich." "Die Hoffnung stirbt zuletzt, hm?" "Tut sie nie ganz." "Ja, mag sein. Vielleicht hab ich ja darum bei dir angerufen." "Ist nicht das Schlechteste, mal mit jemanden zu reden. Ändert vielleicht nicht gleich etwas, aber es kann helfen." "Klingst manchmal wie ein Fernseh-Prediger." "Danke?" Und wieder brachte Kaorus Vergleich Die nur zum Lächeln, wenn auch halbseitig und mit Stirnrunzeln als Begleitung. "Nicht übel nehmen. Ich hab einen seltsamen Humor." "Hab ich schon gemerkt. Solange du nicht gehässig wirst und mich beschimpfst..." "Mmhnö. Mach ich nicht. Hab ich keinen Grund dazu." "Da bin ich ja beruhigt." "Hm, wie lange hast du noch Zeit?" "So lange du mich noch erträgst?" "Könnt lange werden. Ich hab noch keine Lust zu schlafen. Aber wenn du musst... also wegen deinem Studium oder so..." "Mach dir mal keine Sorgen. Vorlesungen bieten genug Zeit zum Schlafen." "Dazu dienen sie in erster Linie aber nicht." "Besorgt?" "Nein, verantwortungsbewusst." "Aha. Dacht ich mir." "Ah ja?" "Klingst nicht wie jemand, der sich keine Gedanken um sein Umfeld macht." "Ich mach mir zu viele davon. Das ist ja das Problem. Die Band zum Beispiel ist cool, aber ich glaub, der Drummer hasst mich." "Unserer hasst jeden. Würde dir ja anbieten, bei uns einzusteigen, aber die haben schon einen Gitarristen." "Dich, ne?" "Ja, aber wir haben schon mal überlegt, uns einen zweiten zu suchen." "Macht ihr einen Aushang dann? Nein, Spaß beiseite. Ich mag meine Band und ich hab schon so viel Arbeit rein gesteckt. Nur blöd, dass ich anscheinend zu dämlich bin, einen einzigen Song zu schreiben. Und wenn ich das nicht kann, wozu bin ich dann nutze?" "Schreibt denn sonst keiner bei euch Songs?" "Nein, ist meine Aufgabe." "Sagt wer?" "Der Drummer." "Scheint aber doch ein Arschloch zu sein. Ich meine, die anderen sind doch auch Bestandteil. Sie sollten dich unterstützen, statt dir nur Arbeit aufzulasten." "Sehen sie wohl anders..." "Wir schreiben unsere Songs immer zusammen. Mal abgesehen von den Texten." "Texte sind so eine Sache. Da fällt mir nie was ein. Nach einem Wort ist bei mir Sense. Mein letztes Lied hieß ‚Kalt' und hatte nur Text." "Warte kurz. Mein Mitbewohner ist gerade Heim gekommen." "Wohnheim?" "Was denkst du denn? So reiche Leute sind meine auch nicht." "Na, vielleicht machen wir doch besser Schluss." "Hey, müssen wir aber gar nicht. Ryuu wollt nur wissen, ob noch Essen da ist." "Nein, ist nicht wegen ihm. Ich geh wohl noch mal raus, eine Runde drehen." "In die Kälte?" "Ja, dann erscheint's hier drinnen wärmer." "Kaoru, komm schon. Du musst echt nicht auflegen jetzt." "Weiß ich doch. Mach dir keine Sorgen. Unkraut vergeht nicht, ist doch allgemein bekannt." "Ich hoffe es. Rufst du wieder an?" "Warum?" "Nur so." "Hast du nicht mal genug von den Problemen fremder Leute?" "Doch, schon." Pause. Zögern. Ein seltsames Gefühl war in Dies Magen, Kribbeln in den Venen, Herzklopfen. Um Rückruf GEBETEN hatte er bisher noch niemals. "Ist vielleicht dumm zu sagen, aber ich rede wirklich gern mit dir... und ja, ist eben so." "Mal sehen. Vielleicht ruf ich an." "Hier, warte. Ich gebe dir meine Direktwahlnummer. Dann kommst du nicht über die Zentrale." "Zentrale?" "Ja, war nur Glück, dass du am Ende bei mir gelandet bist..." ~*~*~ Das ist es in der Tat gewesen. Die Erinnerungen an damals sind etwas verblasst im Laufe der Jahre, aber jetzt, da sich Die darüber Gedanken macht, erscheinen sie ihm so klar, als wäre es erst gestern gewesen. Natürlich hat Kaoru wieder angerufen. Anfangs nur sporadisch, doch dann fast täglich. Sein Sarkasmus und seine Bitterkeit sind langsam verflogen, auch wenn er noch immer Probleme, besonders mit diesem Song, hatte. So hat Die das Auf und Ab erlebt, welches sich durch Kaorus Leben zu ziehen schien. Mal ist es gut gelaufen und mal schlecht. Mit einem besseren Job hat es nicht geklappt, dafür aber mit Auftritten, zu denen die Band dann notgedrungen Coversongs spielte. Es freute Die sehr für Kaoru. Warum, verstand er manchmal selbst nicht so genau, aber es baute sich ein Vertrauen zwischen ihnen auf, so dass sie beinahe zu schnell Freunde werden sollten. Wo ist die Zeit hin? Mehr als Freunde sind sie geworden, auch wenn es anfangs nicht den Anschein hatte. Niemals hätte Die gedacht, dass sich Kaoru für ihn interessieren könnte. Interesse an seinem Leben hatte er, aber mit ihm zusammen zu sein, war damals nicht so schnell zum Thema geworden. Langsam rafft sich Die vom Sofa hoch und steckt sich eine weitere Zigarette an. Er schaltet den Fernseher ab und fährt die Finger durch das lange, dunkle Haar. Als würde er zurück zur damaligen Zeit gehen. Damals war sein Haar noch viel länger gewesen; und Kaorus erst! Doch Wochen waren vergangen, bevor sie sich wirklich mal gesehen hatten. Gab ja noch kein Internet. Handys waren Luxus Anfang der Neunziger. Und jetzt? Da liegt nun Dies Telefon und blinkt nie auf. Wo ist sein Kaoru? Was geht wohl in seinem Kopf vor, dass er sich nicht meldet? So egal ist das Die nun doch nicht. Er ist doch schließlich sein Lebensgefährte und das nun schon seit mehr als zehn Jahren. Sie sind doch so etwas wie verheiratet, wenn das denn möglich wäre in Japan. Braucht es denn aber einen Schein, damit der Ältere seinen ehelichen Pflichten nachkommt? Und was sind Dies Pflichten? Muss er nicht wenigstens mal anrufen, es versuchen? Wo sind die Regeln für das Zusammensein, das Miteinander, das gemeinsame Leben? Wo ist der Mann, der ihn normalerweise dazu zwingt, regelmäßig zu essen? Wer schaut, dass Kaoru auf sich achtet und nicht seinem Ehrgeiz so sehr verfällt, dass er am Ende wieder mit einer Grippe im Bett liegt? Wenn Die nicht wäre, würde er nicht mal drin liegen bleiben. Und letzte Nacht... Das Bett ist leer. Kalt. Die ist jetzt kalt. Ohne Kaoru fehlt Wärme. Er würde Die nicht verlassen. Erst jetzt schafft es sein Hirn, sich mit der Frage der Fragen auseinander zu setzen. Was, wenn Kaoru etwas passiert ist? Dann hätte man Die doch bescheid gegeben, oder? Aber wo steht, dass man gerade ihn benachrichtigen würde? Sie sind ja nicht wirklich ein Ehepaar. Kaoru ist hier gemeldet. Man würde hier anrufen oder vorbei kommen, richtig? Irgendwer wüsste dann schon was und hätte Meldung bei Die gemacht. Oder aber Die ruft Kaoru an... Das hat er aber immer schon so gemacht. Und immer ist Kaoru nur sonst wo gewesen und hat geschmollt. So ein alter Sturkopf, wenn der mal bockt. Irgendwann ist mal gut. Dabei kann Kaoru so liebevoll sein. Das klingt selbst in Dies Gedanken noch kitschig. Trotzdem ist es wahr. Niemand kuschelt so gern wie der, nicht mal Die. Es sei denn, Kaoru breitet die Arme aus. Dann schmiegt sich der Jüngere wie automatisch an den anderen und schnurrt wie ein Kätzchen. Komischerweise hat es nach außen hin nie den Eindruck. Doch Die weiß es besser. Weiß, wie Kaoru ist; wie er schnurrt, wie er kuschelt, wie er kaum hörbar aber wohlig seufzt, wenn man ihm durch das Haar streicht. Die kennt jedes Geräusch, jede Regung, jeden Ausdruck Kaorus Seins; ob nun verpeilt, wenn er nach kurzer Nacht quälend die Augen öffnet, oder aber euphorisch, wenn er ganz plötzlich eine Idee hat; glücklich, gelangweilt, müde, genervt, traurig, zornig, zufrieden, hinterlistig, arrogant, dumm, lustig, froh... ALLES. Die kennt einfach alles an Kaoru. Darum ist er ja auch SEIN Kaoru! Und nie hätte er das vor all der Zeit geahnt... ~*~*~ "Hey..." "Oh hallo Kaoru! Bin ich froh, dass du anrufst!" Ein breites Lächeln zeichnete sich auf Dies Gesicht ab. "Wie geht's dir?" "Heute ganz gut. Du klingst aufgekratzt." Ein Schmunzeln lag Kaorus Stimme. "Ach, bin nur gerade erst nach Hause gekommen und dachte so an dich... und schon rufst du an!" "Du denkst an mich?" "Warum nicht, ja. Wir haben gestern nicht telefoniert..." "Vermisst mich wohl?" Kaoru lachte leise. "Ich wollte dir doch sagen, wie es lief..." Gekonnt umging Die die eigentliche Frage, denn zugeben wollte er noch nicht so einfach, dass er ständig und so oft an Kaoru dachte, ihn vermisste, kannten sie sich doch kaum. "Und wie lief euer erster Auftritt?" "Super! Irgendetwas fehlt uns noch, das steht für mich fest, aber daran feilen wir noch. Jedenfalls hat alles recht gut geklappt letzte Nacht und es war einfach arschgeil. Kannste dir nicht vorstellen! So ein paar Pisser haben zwar gepfiffen, aber ich hab denen einfach den Mittelfinger gezeigt! Wir haben so gerockt. Die Mädels haben sogar geschrieen. Das war geil, richtig geil. Boah Kaoru, nächstes Mal musst du dir das ansehen!" Dass Kaoru lächelte, konnte Die zwar nicht hören, aber fühlen, egal wie dämlich sich das anhörte. "Tschuldige, ich lass dich gar nicht mehr zu Wort kommen..." "Schon gut, ich hör gern, was du zu erzählen hast." Kaoru selbst hatte schon ein paar Gigs hinter sich, wenn auch mit nur mäßigem Erfolg. "Ich war total nervös vorher. Am liebsten hätte ich dich angerufen oder so. Aber ging ja nicht." Ein wenig verlegen lachte Die kurz auf. "Und dann haben sie uns angekündigt und ich dachte, ich sterbe. Einen Moment lang war ich fest überzeugt, dass ich träume." "Freut mich für dich, dass es so gut lief!" "Danke. Wie läuft's bei dir denn? Hast du den Song fertig?" "Frag nicht. Nein, ich bin ein Loser als Komponist. Ich sollte Bäcker werden oder so was." "Bäcker? Wieso gerade Bäcker?" "Dann hätte ich immer was zu futtern da." "Achja richtig! Aber jetzt mal im Ernst, wir spielen auch fast nur Coversongs, wenn dir die Einsicht hilft, dass wir auch keine eigenen Songs haben." "Ja, beruhigt mich," neckte Kaoru und seufzte leise. "Frustriert mich nur. Ich weiß einfach nicht, warum ich es nicht hinkriege. Als Knirps hab ich Lieder geschrieben und jetzt krieg ich nichts mehr gebacken. Das ist zum Kotzen." "Hattet ihr mal wieder einen Gig?" "Ja, hatten wir. Lief ganz gut. Ich hatte einen Patzer und es gab Krach hinterher, aber die Wogen haben sich geglättet. Ich war einfach nicht bei der Sache." "Darf ich ehrlich sein?" "Wenn es sich nicht umgehen lässt? Nur zu." "Du lebst in einer Garage, isst nur sporadisch, frierst dir ständig den Arsch ab, so dass du erkältet bist, schläfst kaum, gehst aber arbeiten und probst jeden Tag mit deiner Band. Irgendwo muss es doch an Reserven zehren und wenn es letztlich deine Kreativität ist." "Ich weiß." Das leise Zustimmen war untypisch für Kaoru, zeugte aber von Vertrauen Die gegenüber. "Lenk dich ab." "Womit denn? Geld hab ich kaum, wie du weißt. Beschränkt die Aktivitäten." "Ich weiß. Du könntest wirklich mal zu einem unserer Gigs kommen. Kostet dich gar nichts." "Außer die Bahn." "Wir holen dich ab mit dem Tourbus, Baujahr 79, deutsche Markenwahre." Wieder leises Lachen seitens Kaoru. Es war möglicherweise das Beste an Die, am Telefonieren mit ihm, dass er fähig war, ein wenig Last von Kaorus Schultern zu nehmen, indem er ihn einfach zum Lächeln brachte und ihm ein bisschen Glücklichkeit zu schenken versuchte. "Okay." "Wirklich?" "Ja. Wenn ihr mich abholt.?" "Oh Mann, geil! Machen wir!" "Cool, und wann wird das sein?" "Tja..." Und hier kam der Haken. "Das weiß noch keiner." "Da geht sie dahin, meine Ablenkung." "Tut mir leid." Tat es Die wirklich, nicht nur, weil er sich über Kaorus Gegenwart gefreut hätte, sondern auch um ihn damit aufzumuntern und vielleicht sogar zu inspirieren. "Macht doch nichts. Ich kann das eh nicht gut, wenn ich weiß, dass da noch etwas ist, was ich fertig machen will. Das würde mich ganz irre machen, weg zu gehen und zu feiern, während ich eigentlich ein blödes Lied schreiben sollte. Klingt bescheuert, oder?" "Nein. Nein, tut es nicht. Aber sag mal, was hältst du davon, den Song gemeinsam zu schreiben?" Es war ein Versuch, wenn auch wage. "Zusammen? Du und ich?" Im ersten Moment klang es für Kaoru fast zu weit hergeholt. "Ja," sagte Die nur leise, doch wurde sicherer beim Gedanken daran. "Warum nicht? Wir tun doch im Grunde beide dasselbe und vielleicht können wir uns gegenseitig helfen. Einen Versuch wäre es doch wert, oder nicht?" "Schon..." Noch immer war Kaoru etwas zögerlich und alles andere als euphorisch. "Jetzt komm schon. Einen besseren Vorwand finde ich nicht, um dich mal persönlich zu treffen." "Ach, so ist das?" "Ohne Mist. Und mir gefällt die Idee. Dir etwa nicht?" "Doch. Ja, schon. Aber wo treffen wir uns?" Kaoru hatte Glück, dass Die den Wink mit dem Zaunpfahl sofort verstand, denn offensichtlich war Kaoru abgeneigt davon, den anderen in ihren ‚Probenraum' einzuladen. "Du kannst ruhig zu mir kommen," versicherte Die jedoch mit Verständnis, wusste er um die Situation mit der kühlen Garage und der daraus zwangsläufig resultierenden Ungastlichkeit. "Unsere Bude ist recht cool. Wir haben separate Zimmer und so... Also?" "Mmm, ja, gut. Und wann?" "Morgen Abend? Ich muss nur vorher noch was erledigen, also sagen wir um acht? Da muss ich auch keinen Telefondienst schieben." "Bist schon so süchtig, dass du dir deine Kummerpatienten nach Hause holst." "Vielleicht." "Na, wegen mir. Kann ja nicht schaden. Dann weißt du wenigstens, mit wem du es zu tun hast." "Klingt ja wie eine Drohung." "Mehr wie eine sachte Vorbereitung auf meine Wenigkeit." Und tatsächlich klang Kaoru durchaus unsicher. "Ich bin bereit," lachte Die und grinste dumm, auch wenn es sein Gesprächspartner nicht sehen konnte. "Gut, und was machst du heute Abend noch Schönes?" "Ah..." Einen Moment lang zögerte Die, auch wenn er nicht genau wusste, warum. "Mein Freund kommt nachher noch vorbei. Wir wollen uns ein Video ansehen." "Dein... Freund?" "Äh, ja." Damit ging Die normalerweise lässig um, doch es war immer wieder komisch, die Reaktionen anderer abzuwarten, besonders wenn sie einem, so wie Kaoru, wichtig waren. "Freund, ahja." "Hmm, Freund. Schlimm?" "Um... nein." Überzeugend klang das Nein nicht, das hörte man. "Geht mich ja nichts an." Das war eine der Reaktionen, die Die meistens darauf vorbereiteten, dass die andere Person noch mit der Wahrheit hinter dem Berg hielt. Eigentlich bedeutete dieser Satz meistens ‚Du hast sie doch nicht mehr alle'. "Na..." Was wollte Die nun sagen? Die Ruhe zwischen ihnen war unangenehm. "Hast du den schon lang?" Letztlich unterbrach Kaoru die Stille. "Ansichtssache. Zwei Monate oder so... Davor hatte ich aber auch schon einen. Das ging fast ein Jahr. Ist eben so... bei mir." Jetzt biss sich Die auf die Unterlippe. Viele Leute dachten immer, es sei eine Laune der Natur bei ihm, dass er anstatt mit süßen Mädchen zu flirten auf kernige Typen stand. Manche dachten sogar, er sei krank. "Tja." "Hmm." "Hast ja dann gar nichts von den Groupies." "Ich mache ja auch keine Musik der Groupies wegen. Einen Freifickschein brauch ich nicht." "Große Worte." "Ist doch wahr." "Klar." "Mach dich nicht lustig über mich." Langsam tat es Die wirklich etwas weh. "Mach ich nicht. Ich stimme dir doch nur zu oder denkst du, ich will das machen, um Weiber auf den Rücken zu legen?" "Weiß nicht. Glaube nicht. Ist vielleicht aber ein schöner Nebeneffekt?" "Sicherlich und wenn ich mal berühmt bin, frag mich noch mal. Ich hab ja nicht mal einen Fan." "Doch, mich." "Haha, du hast ja noch nicht mal was gehört von mir!" "Wird sich bald ändern. Bring dein Werkzeug mit, Meister." "Geht klar, Padawan." "Also steht unser Date morgen noch? Setzen wir uns zusammen an den Song?" "Hm, ja. Steht." So ruhig sprach Kaoru und trotzdem hielt seine Stimme etwas zurück. "Cool. Ich freu mich darauf." "Ich mach mir jetzt ein Bier auf." "Du hast Bier?" "Ich trink einen auf unsere geschichtsträchtige Verabredung!" "Du machst dich wieder lustig über mich." "Nein, mir ist nur nach einem Schluck Bier." "Nichts zu essen, aber Bier saufen." "Neidisch?" "Bisschen vielleicht," scherzte Die und überspielte seine Unsicherheit. Kam es ihm nur so vor oder war Kaoru ein wenig... zickig? Merkwürdig? Vielleicht gab er ihm einfach mal ein bisschen mehr Zeit, um sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass sein neuer Kumpel schwul war. "Du Nuss. Wenn ich könnte, würde ich uns Bier morgen mitbringen, aber ich hab auch nur eins, weil das jemand hier vergessen hat." "Na doll, und du säufst es glatt mal weg." "Joah. Bevor es schlecht wird." "Selber Nuss, du." "Ich werde jetzt in Anbetracht der morgigen Aussichten alles wegräumen und mich hinhauen, sobald ich das Bierchen hier gezischt habe. Ist doch mal was, ne? Hoffentlich kann ich pennen. Ich muss morgen sehr früh raus." "Was liegt an morgen?" "Arbeiten ab fünf. Diese Schichten hasse ich." "Du hast mir nie gesagt, was du eigentlich genau machst." "Das hab ich ja auch dezent verschwiegen." "Warum?" "Weil's peinlich ist. Du studierst und aus dir wird vielleicht mal ein Arzt-" "Mit Wirtschaft als Hauptfach?" "Dann wirst du eben Börsenmakler, egal, aber es wird was aus dir, du wirst schwer Kohle verdienen und-" "Schwachsinn." "Nein, so schwachsinnig ist das gar nicht." "Doch. Weil, wenn wir beide mal Rockstars sind, dann wird es keinen mehr interessieren, was ich studierst habe oder wo du gejobbt hast." "Na siehste, dann brauch ich es dir jetzt ja auch nicht erzählen." "Kaoru." Es war nur sein Name, gerade auffällig genug betont, damit man wusste, dass sich dieser kindisch und stur benahm. "Bei einer Fast-Food-Kette, in Ordnung?" "McDonald's?" "Ja. Reicht das?" "Nein, bist du da Koch? So mit Pfannenwender oder packst du mir die Pommes ein, wenn ich welche bestelle?" "Wer macht sich jetzt über wen lustig?" "Ich will das echt wissen. Sag schon." Die wollte wirklich nur ein Bild vor Augen. "Meistens am Schalter von McDrive, aber ich tue auch Fritten in Tüten und so Sachen." "In welchem Lokal?" "Genug Info für heute. Den Rest musst du dir erst noch verdienen." "Verdienen?! Wie..." Das Schnappen nach Luft hatte Die doch glatt vergessen zu unterdrücken. "Freundschaftsdienstleistungen." "So läuft das bei dir? Dann hab ich doch meinen Soll schon erfüllt, eigentlich, oder? Ich war immer nett und hab dir sogar Paracetamol an den Briefkasten geklebt." "Ja, danke. Das hatte ich verdrängt." "Lach du nur. Aber ich finde sehr wohl, dass ich mich sehr gut mache als Freund." "Hmm." "Hm?" "Hmm. Darum wirst du ja auch belohnt. Morgen. Lernst mich kennen." "Oh großer Buddha!" "Du lachst auch nur über die eigenen Witze, was?" "Du machst ja keine." "Meine kommen nur nicht so gut rüber!" "Schon klar. Sieh halt einfach ein, dass ich viel humorvoller bin als du." "Hab ich nie abgestritten. Ich hab dich sogar ulkig genannt, weißt noch?" "Ja, aber ob das im positiven Sinne gemeint war, kann ich bis heute nicht deuten." "War es aber!" "Schwöre!" "Ich schwöre! Bei meiner schwarzen Seele." "Ulkprinz." Kaorus leicht debil klingendes, doch ansteckendes Lachen brachte Die nun zum Grinsen. Viel zu selten hörte er es, hatte er doch begonnen, es irgendwie zu lieben. So vertieft in das Gespräch mit dem anderen, bekam Die kaum mit, wie es an der Tür klopfte, und merkte es erst beim zweiten oder dritten Mal. "Eh Kaoru, warte mal. Ich muss mal die Tür öffnen gehen. Ach nee, Ryuu geht schon," sprach Die, während er um die Ecke lugte und sah, wie sein Mitbewohner Dies Freund hineinließ. "Dein Freund?" Monoton. "Ja, ist Jun." Die legte die Hand über das Sprachteil des Telefons und rief seinem Freund zu, er solle einen Moment warten. "Wo waren wir?" "Wolltest dich gerade verabschieden." "Ich... Nein, also eigentlich... Wir können ruhig noch reden." "Hm, ich wollte doch aber eh gerade pennen gehen. Hab ich dir doch gesagt." "Tja, okay. Will dich aber nicht abwürgen oder so..." "Schön von dir, aber ehrlich, ich muss doch früh raus. Also mach dir mal keinen Plan und ja, viel Spaß mit dem Film... und deinem Freund, natürlich." "Okay." Manchmal war es schwer für Die, denn er konnte die Wünsche nicht wiedergeben. Kaoru war allein, hatte nicht viel und was sollte man ihm dann da wünschen? Außer vielleicht... "Gute Nacht, Kaoru. Schlaf gut und denk an morgen. Vergiss es nicht." "Werde ich nicht. Um acht bei dir im Wohnheim. Bis dann." "Bis dann." Kaum aufgelegt durchfuhr Die ein Seufzer. Es war immer so ein komisches Gefühl. Er wusste nicht genau, was Kaoru wirklich dachte, sah ihn niemals, musste sich nur auf seine Stimme konzentrieren und nach der zu urteilen, so überkam Die eben dieses seltsame Gefühl. Warum nur war das so? "Schon wieder der Kerl?" Die schreckte nahezu auf, als Jun ihn ansprach und sich neben ihn aufs Bett fallen ließ. "Kaoru," murmelte er lediglich. "So heißt er." "Ja, egal. Ruft der immer noch jeden Abend an? Hat der nichts zu tun? Wäre mir echt zu blöd, jeden Abend einen von der Telefonseelsorge anzuklingeln." "Danke." Die starrte nur geradeaus auf den Bildschirm, während der Vorspann des Filmes begann. "Hat doch nichts mit dir zu tun. Wenn er dich kennen würde, also persönlich, dann ja... Aber so..." "Er kennt mich doch." "Vom Telefon." Der Spott war deutlich in Juns Stimme. Dazu musste Die ihn nicht mal ansehen. Machte es wirklich einen Unterschied, ob man jemand sehen konnte oder nicht? Würde sich Jun jetzt Sympathiepunkte ergattern, wenn sich Die einfach umdrehte und ihn ansah? Würde er nicht. Denn als Die sein Augenmerk auf besagten Freund richtete, fand er ihn umso ungerechter. "Es fällt leichter, jemanden auszugrenzen, der bereits aufgegrenzt ist durch irgendwelche Gegebenheiten, nicht wahr?" Jun legte der Kopf schief und seufzte. "Die, ich hab keine Lust zu streiten. Lass uns den Film schauen, okay?" "Okay, ich sag ja nur." Die Arme hinter dem Kopf verschränkend machte es sich Die bequem und gab nach. Brachte ja doch nichts. Jun würde das nicht verstehen. Er war beliebt und hatte massenhaft Bekannte hier in der Stadt - genau wie Die auch, nur mit dem Unterschied, dass Die diese flüchtigen Bekanntschaften zwar schätzte, aber nicht so wie einen wahren Freund. Davon hatte er nur wenige. Und er zählte Kaoru bereits jetzt dazu. Was Die auch tat und wie sehr er auch versuchte, dem Geschehen im Film zu folgen, so hingen seine Gedanken immer wieder Kaoru nach. Morgen würde er ihn sehen, treffen, das erste Mal zu Gesicht bekommen, den Mann, mit dem er seit Wochen fast täglich telefonierte. Er war so vertraut und dennoch fremd. War es Einbildung? Musste er jemand erst von Angesicht zu Angesicht sehen, um zu wissen, dass sich niemand anderes hinter der Stimme verbarg, als der leicht verquere, manchmal zynische, aber dennoch gutherzige Kerl, den er am Telefon kennen gelernt hatte? Die weigerte sich, das zu glauben. Und doch wusste man nie... Vielleicht sagte er Jun darum nichts davon. Oder aber weil Die davon ausging, dass Jun ihn auslachen würde, ihm ins Gewissen reden, sich vielleicht sogar aufregen oder aber ihn für dämlich erklären würde. Es war ja auch gar nicht wichtig für Jun. Er hatte schließlich auch seine eigenen Freunde, die Die zwar flüchtig kannte, aber sicher auch nicht jeden. Das wäre ja auch viel zu übertrieben. Sie kannten sich etwa doppelt so lang, wie Die Kaoru kannte. Was beides nicht sehr lang war. Ein Leben war viel länger und wie man jemand kennen lernte, sagte doch nichts darüber aus, über welche Dauer ein Freund einen im Leben begleiten würde. Manche für immer. Manche nur kurz. Das war das Leben. Doch zu diesem Zeitpunkt war Die mit Jun zusammen. Er war sein fester Freund, mit dem er sich bis zu diesem Tag regelmäßig traf, auch wenn sie bis auf heiße Küsse noch nicht viel mehr an Körperlichkeiten ausgetauscht hatten. Ein bisschen Rumgefummel, kein wirkliches Streicheln, beinahe mehr ein Grapschen oder Betasten hatte stattgefunden, wonach sich Die einmal mehr oder weniger dazu hatte drängen lassen, dem anderen einen runterzuholen, aber auch nur, weil der ihm ungebeten einen geblasen hatte. Wie romantisch, hatte Die mit Ironie gedacht, zumal sie auf einer Fete des hiesigen Baseballteams gewesen und hinterher ziemlich angetrunken waren. Klar, er war noch eine Jungfrau und würde Ende dieses Jahres sein zweites Lebensjahrzehnt vollenden, was soviel bedeutete, wie dass er schon gerne weiter gehen würde. Doch aber sicher nicht sturzbetrunken auf einem Autorücksitz. Er war doch keine Schlampe, auch wenn ihm seine eigene Libido schon gar manchmal das hatte weis machen wollen, nur um endlich mal auf ihre Kosten zu kommen. Eigentlich wäre diese Nacht, gleich nach dem Film, nahezu perfekt gewesen. Die lag im Arm seines Freundes und spätestens zum Ende des Videos waren sie schwer damit beschäftigt, einander Mundhöhlen zu erforschen. Trotzdem kamen Dies Gedanken nicht ganz zur Ruhe. Sein Herz wummerte seltsam gegen seinen Brustkorb, fast ängstlich, in jedem Falle unsicher. Juns Küsse ließen ihm kaum Spielraum zum Atmen, seine Hände waren fast überall, berührten seine Brust fast unsanft. Worte flogen durch Dies Kopf; Worte, die er sagen könnte, damit sie einander besser verstanden, doch nichts kam ihm in den Sinn, was auch nur annähernd nicht wie ein kleines Schulmädchen geklungen hätte. Und so, als sich Juns Hand bereits in Dies Jeans vorarbeitete, schob er letztlich seinen Mitbewohner als Vorwand ein. "Nicht. Ryuu ist doch nebenan." Ein deutlich ungeduldiges Grunzen kam von Seiten Juns. "Na und? Der weiß auch, dass wir sicher nicht nur Händchen halten. Hast du nicht selber gesagt, er bringt auch Mädels mit her, die du nachts hören kannst?" "Das ist was anderes," versuchte Die zu erklären und wand sich unter seinem Freund hervor. "Denen macht es anscheinend nichts aus, wenn ich sie höre. Mir macht's aber was, wenn andere uns hören." "Hast du vor, so laut zu werden?", grinste Jun ihn an und Die hätte ihm am liebsten gleich eine gezimmert. Woher sollte er denn das wissen, jungfräulich wie er war? Musste sich dann sein sogenannter Freund darüber lustig machen? "Hast du es eilig oder wie?" Die schnappte sich seinen Pulli, zog ihn wieder an, demonstrativ, als endgültige Abfuhr. Jun machte einen genervten Laut. "Für dich ist nie die richtige Zeit. Egal wann oder wo. Irgendwas ist immer. Du bist echt schlimmer als ein Mädchen." "Danke." Der hatte gesessen und Die rutschte vom Bett. "Vergiss dein Video nicht, wenn du gehst." "Mann, bist du dämlich." Jetzt reichte es Jun aber! Die konnte sich ihm gegenüber ja gern wie ein Prinzeschen verhalten, aber solch barsche Töne schlug er besser nicht an. "Jetzt mach nicht so einen Wind. Dann lassen wir es eben, obwohl..." Die hob eine skeptische Augenbraue, als Jun da saß und grinste. "Ryuu würde doch nichts mitkriegen, wenn du mir, sagen wir mal, einen blasen würdest. Jetzt." Das war der Test. "Du bist echt krank." Kopfschüttelnd warf Die das Video neben Jun aufs Bett. Er dachte besser nicht darüber nach oder suchte nach Erklärungen in seinem Kopf, denn was auch immer er dem anderen von Stimmung und schönen Augenblicken erzählen konnte, so würde es für ihn doch nur Sex sein. Auf welche Art auch immer. "Nein, Die. Der Kranke bist du. Wovor hast du Schiss? Ich tue dir schon nicht weh." Augenverleiernd stand Jun auf und ging zu seinem Freund hinüber. "Du machst eine Riesensache draus. Dabei kannst du dir sicher sein, dass du auch auf deine Kosten kommst." "Na schön," schnippte Die beinahe zickig und setzte sich wieder auf sein Bett. "Hier geht's aber nicht um Kosten. Und das kapierst du halt nicht. Warum, denkst du, sind wir zusammen?" "Kein Ahnung, Die. Sag's mir. Denn ich weiß es ehrlich gesagt nicht mehr. Was willst du von mir? Videos kannste dir auch mit Ryuu anschauen. Manchmal frag ich mich, ob du überhaupt noch auf Kerle stehst." Das tat schon irgendwo weh zu hören, doch mit jedem Wort, das Jun sprach, so sah Die eigentlich nur klarer und klarer. "Bin ich mit dem zusammen, der das Recht hat, mich zu ficken oder mit dem, der mich liebt, der sein Leben und alles mit mir teilen möchte? Also gute Frage, was ich von dir will. Offensichtlich wollen wir ja nicht beide dasselbe." "Dein Leben teilen, ach Gott. Und gleich sagst du mir, dass du heiraten willst," spottete der andere, dem die ganze Sache einfach zu dumm wurde. Die schwieg jedoch und schaute den anderen nur an. Was fühlte er eigentlich? Was empfand er, wenn er Jun ansah? Wollte er sein Leben mit ihm teilen oder hatte er sich einfach nur in einen coolen, gutaussehenden Typen verknallt vor all den Wochen? "Ich will nicht mehr darüber reden." "Nein, will ich auch nicht mehr." Damit nahm Jun seinen Film und die Jacke und verließ den Raum, ohne sich noch einmal nach Die umzudrehen. Wo sie nun standen, konnte keiner der beiden sagen. Die wusste lediglich, dass es keinen Sinn machen würde, noch weiter darüber zu diskutieren. Offensichtlich hatte er mit Jun keinen Glücksgriff getan, was die Gefühlsebene anging, da dieser nicht nachvollziehen konnte, dass Die nicht einfach nur ‚kommen' wollte. Das schaffte er auch allein. Ernüchternd, aber wahr. ~*~*~ Noch sehr genau kann sich Die an diese und die Nacht darauf erinnern. Wenn er Jun jetzt wieder begegnen würde, könnte er glattweg sagen, er habe tatsächlich geheiratet. Jedenfalls inoffiziell, auch wenn es darüber keine Bescheinigung gibt. Er und Kaoru tragen auch keine Ringe, sondern nicht-identische Halsketten, die sie sich einander geschenkt haben. Muss ja auch nicht jeder sehen, dass sie ein Paar sind. Obwohl es schon manchmal zur Sprache kam, ob sie sich denn outen sollen. Aber dann haben sie jedes Mal wieder festgestellt, dass sie doch glücklich sind, so wie alles ist. Also warum etwas ändern? Und ja, Die ist glücklich mit Kaoru. Er will keinen anderen, kann ohne ihn nicht sein und selbst in schlechten Zeiten hat er nie an Trennung gedacht. Warum auch? Alle Sorgen der Welt kann Kaoru Die nehmen, indem er ihm einfach auf die Pelle rückt, einen Kuss an die Schläfe presst und ihm sagt, dass er ihn liebt, während sich seine Arme um Dies Körper bahnen. Mehr ist gar nicht nötig und schon geht es Die besser, egal was Grund seines Kummers war. Und jetzt? Wie sollte Die denn überleben allein? Nur mal angenommen, er müsse ohne Kaoru sein - das geht doch gar nicht! Er braucht doch jemand, der ihn liebevoll führt. Das trifft es wohl am besten. Und Kaoru... Der braucht Die doch auch, oder? Sonst hat er doch niemand, der ihn zum Lachen bringt, so dass er sich nicht irgendwann in sich und seine merkwürdige Gedankenwelt zurückzieht. Wenn auch Die der emotional Angreifbarere ist, so gibt es dennoch mehr Grund zur Sorge, was sich alles so im Hirn des Bandleaders befindet. Man muss ihn beschäftigen, hat sich Die immer gesagt, dann beginnt er nicht das Grübeln. Ob Kaoru wohl gerade grübelt? Sich Gedanken macht über Die? Oder sich, wie anzunehmen ist, einfach zurückgezogen hat, um seine eigenen Emotionen zu unterdrücken? Aber wo würde Kaoru schon hingehen? Wo fühlt er sich sicher, wenn nicht in der Geborgenheit von Dies Gegenwart? Gibt es einen Platz, wo man Kaoru nicht verletzen kann? Was gibt ihm Kraft? ~*~*~ Abgehetzt streifte sich Die den Pulli vom Körper und warf ebenso sein T-Shirt in die Ecke des Badezimmers. Er kam gerade erst von der eigenen Bandprobe, hatte noch etwas eingekauft und nun war es schon kurz vor Acht, gerade mal Zeit genug, um sich schnell noch umzuziehen, bevor Kaoru hier sein würde. Gemischte Gefühle hatte er den ganzen Tag lang. Er freute sich sehr auf den anderen, war aber auch nervös wie vor eine Mathearbeit. Und dann war da noch Jun, über den sich Die im Klaren geworden war. Was beinhaltete, dass er sich zum Zwecke der Beziehungsbeendigung mit ihm unterhalten müsste. Es hatte ja doch keinen Sinn und verliebt war Die auch nicht mehr wirklich. Nicht in ihn jedenfalls. Rund um die Uhr dachte er eigentlich nur an Kaoru. Wie er wohl aussieht? Es machte zwar keinen Unterschied, denn Die würde ihn so oder so mögen, aber trotzdem kam Die nicht umhin zu fantasieren. Und doch scheiterte er daran, sich ein Gesicht zu der tiefen Stimme vorzustellen. Es klopfte an der Tür und Die murmelte ein leises "Verdammt", als er den Wäscheständer nach seinem roten Lieblungspulli durchsuchte. Die Uhr zeigte kurz nach Acht. Es MUSSTE Kaoru sein! Ein selbstmitleidiges Stöhnen entkam ihm, als Die noch einmal in den Spiegel sah, bevor er sich noch einmal durch das Haar kämmte und aus dem Bad eilte. Zu spät, wie sich herausstellen sollte, denn Ryuu hatte bereits die Wohnungstür geöffnet und den dunkelhaarigen Gast hinein gebeten. "Ich bin Ryuu, Dies Mitbewohner. Keine Bange, ich verpiss mich dann," grinste dieser Kaoru gerade an, während Die wie angewurzelt zwischen Küche und Badezimmer stand und die Szene von dort aus beobachtete. "Du bist Kaoru, ne?" Wortkarg nickte der andere Mann. "Du kannst in Dies Zimmer gehen. Ich glaub, er ist noch im Bad. Bisschen eitel, der Gute," scherzte Ryuu und zwinkerte Kaoru mit einem Auge zu, so dass dieser ebenfalls lächeln musste. "Okay, ist das dort sein Zimmer?" Kaoru wies mit dem Zeigefinger in eine Richtung, welche Ryuu mit einem Nicken bekräftigte. "Ja, genau. Geh ruhig rein. Kannst Die sagen, ich bin erst morgen zurück. Viel Spaß euch beiden." Damit drehte sich Ryuu um und griff nach seinen Sachen, mit denen er sich auf den Weg machte. Ohne Worte ging Kaoru langsam im Dies Zimmer und verschwand aus dessen Sichtfeld. Erst jetzt fiel es Die wieder ein zu atmen. Kein Wunder, dass ihm seine Träume ein Bild verwährt hatten, wären sie doch nie annähernd dem nahe gekommen, wie Kaoru wirklich war. Und selbst, wenn es Die nicht gewollt hätte, so war es in jenem Moment bereits zu spät. Sein Herz schlug ihm so laut gegen die Brust, dass es seine Ohren betäubte und seine Finger zitterten. Er holte tief Luft, doch nur stotternd füllte sich seine Lunge mit Sauerstoff. Erst mal beruhigen, dachte sich Die. Doch wie? Also gut, es war Kaoru. Guter, alter, vertrauter Telefonfreund Kaoru. Und so würde Die ihn auch behandeln! Die Gedanken über Bord werfend und das Durcheinander in ihm ignorierend, betrat er also sein Zimmer und lächelte, als sich Kaoru zu ihm umdrehte und ebenfalls zu lächeln begann, wenn auch nur leicht und sicher nicht so dämlich breit wie Die. Er konnte es aber nicht unterdrücken und wurde stattdessen sogar ein wenig rot. "Hallo," brachte er heraus und bemerkte, dass Kaoru seine Gitarre auf dem Bett abgelegt hatte. "Was möchtest du trinken?", begann er dann unvermittelt, denn vielleicht würde sich die Nervosität legen, wenn er einfach drauf los plapperte. "Ich hab sogar Bier da, wenn du eins möchtest. Oder aber Cola. Sag mir einfach, was du gern hättest." "Ich will dir keine Umstände machen." Es war komisch, aber sobald Die die vertraute Stimme hörte, wurde er ruhiger. Und doch jagte es ihm ein Kribbeln durch den Körper, als sich die wohlbekannte Stimme durch diese geschwungenen Lippen nach draußen bahnten. "Du machst mir keine Umstände. Es sei denn, du rückst nicht mit der Sprache raus." Die grinste. "Cola dann bitte, danke." Nickend stand der nur etwas Kleinere auf der Stelle und wirkte, als wüsste er nicht so wirklich, was er sagen oder tun sollte. War er möglicherweise nicht minder nervös? Langsam dämmerte es dem Größeren. "Bin gleich zurück. Mach's dir ruhig bequem und fühl dich wie Zuhause," sagte er lächelnd und eilte aus dem Zimmer, nur um einige Momente später mit einer Flasche Cola unterm Arm, zwei Bechern in der einen Hand und einer großen Schachtel Pizza in der anderen wieder zurückkam. Kaoru saß auf dem Bett, stand aber sofort auf und nahm Die die Cola und die Becher ab. "Danke. Ah, die Pizza hat Ryuu zum Abendessen mitgebracht. Er arbeitet nebenbei in einer Pizzabude als Bote und bringt ab und zu was mit. Kannst du gerne essen, ich hab nicht wirklich Hunger." Eine kleine, wenn auch glatte Lüge, denn Die hatte seinen Mitbewohner extra gebeten, eine große Pizza mitzubringen, wusste er doch um Kaorus ständiges Hungerleiden. Er legte die Schachtel mitten auf dem Bett ab und öffnete die Colaflasche. "Greif zu," bekräftigte Die noch einmal seine Worte, als er Kaorus große Augen sah, obwohl der wie angewurzelt im Zimmer stand. Er reichte ihm einen Becher Cola und setzte sich aufs Bett. "Keine falsche Bescheidenheit. Mir ist es eh meistens zuviel, was Ryuu immer mitbringt." "Wenn du das sagst..." Ebenfalls auf dem Bett Platz nehmend, griff Kaoru zaghaft in die Schachtel mit der Pizza und fischte sich ein Stückchen heraus. Zufrieden lächelnd beäugte Die seinen Gegenüber. So hätte er sich den anderen nicht vorgestellt, zaghaft und sogar bedacht, dennoch markant und keineswegs wie ein Durchschnittsjapaner. Am meisten fielen Die Kaorus schokobraune Augen auf, die wie gemalt sein Gesicht mit den extremen Wangenknochen zierten. Dass sein Haar sehr lang war, wunderte Die jedoch weniger, ebenso wie sein schlichtes Outfit. Wie Kaoru wohl Die optisch aufnahm, fragte er sich natürlich auch, strich sich immer wieder durch die Haare und lächelte noch immer leicht nervös. Konversation empfahl sich logischerweise, denn darauf hatte ihre Freundschaft bisher basiert. "Hast du den Song dabei?", fragte Die also und holte seine Gitarre aus dem Halter. "Du meinst, was bisschen Intro ich hab, welches mal ein Lied werden soll?" Amüsiert bediente sich Kaoru ebenfalls seiner Gitarre und checkte kurz, ob sie die kurze Bahnfahrt ohne Verstimmungen überlebt hatte. "Ich spiel's dir vor. Hab es nie aufgeschrieben, weil... na ja, ist halt wirklich fast nichts." Nickend schaute Die zu, wie sich Kaorus Finger um den Gitarrenhals legten und er nur kurz ein paar Saiten anspielte. "Okay, das war's. Ich sagte ja, ein Hauch von Nichts." "Das war aber gut." "Vielleicht sind die drei Töne zu gut und ich krieg es deshalb nicht hin, auch einen Rest zu komponieren. Wobei Rest praktisch das gesamte Lied bezeichnet." Ein verlegenes Grinsen erschien kurz auf Kaorus Gesicht. "Nein, nein, nein. Zu gut würde heißen, dass man es nicht erreichen könnte und das würde uns ja so gar nicht motivieren. Kannst du noch mal spielen, so dass ich es nachspielen kann?" Und so tat Kaoru es, wie von Die gebeten. Nur kurz danach konnte der Größere es ebenfalls spielen, verband es mit eigenen Melodien aus seinem Kopf, gab Ideen, so dass Kaoru und er sich langsam voran arbeiteten. Manchmal frustriert an dem Punkt, dass sie nur noch seufzten, und dann plötzlich aus heiterem Himmel kam die entscheidende Idee, die sie wiederum weiterbrachte. Nicht nur weiter, sondern auch zum Jubeln, Lachen oder bloßem Erstaunen. Peinlichst achtete Die darauf, dass Kaoru auch schön brav weiter die Pizza futterte. Was er natürlich auch tat, bevor er sich noch schlagen lassen müsste. Doch war die Backware groß und selbst, als der Song bereits fertig war, so knabberte Kaoru noch immer an einem der letzten Stücke. Zur Feier des Tages hatte Die zwei Bier geholt, mit denen die beiden angestoßen hatten. "Auf unseren Song ohne Namen!" "Prost!" Doch leider war Kaorus Magen an einem Punkt angekommen, an dem es kein Vorankommen mehr gab. "Uuh Die, ich kann nicht mehr. Hier, iss du das letzte Stück." "Ich hab aber keinen Hunger," entgegnete Die schulterzuckend. "Nun komm schon, das Stück schaffst du jetzt auch noch." "Nie und nimmer. Ich schwör dir, noch ein Bissen und ich platze! Zumindest fühl ich mich schon mal wie ein Mugel." Kaoru hielt sich den Bauch und blies die Backen auf. "Ein was?" "Ein Mugel. Halb Mann, halb Kugel." Kaoru blieb ganz cool, als Die losprustete vor Lachen. "Na, meine Witze werden besser, oder?" "Sie werden witziger, das stimmt, aber trotzdem irgendwie... krass." "Bin ich krass, ja?" "Irgendwie schon, ja, aber positiv krass." "Ahja. Und du bist hungrig. Ich hör deinen Magen knurren." Breit grinsend verschränkte Kaoru die Arme. "Gar nicht wahr!", protestierte Die, doch irgendwie konnte es schon sein, denn er hatte ja doch gelogen und noch nichts gegessen. "Und ob! Von wegen Kaoru fett füttern hier, ne. Los, iss das letzte Stück, sonst..." "Sonst was?" "Sonst muss es weggeworfen werden und es wäre schade drum." "Dann iss es doch." "Nein, du isst es. Ich esse es nicht mehr. Und keine Wiederworte! Sonst..." "Drohst du mir schon wieder?" Die kam nicht umhin herausfordernd zu grinsen. "Ja, tue ich und ich schwöre dir, wenn du das jetzt nicht isst, dann füttere ich es dir mit Gewalt, wenn es sein muss," sprach Kaoru drohend, dennoch mit einem Lächeln, das ihn um seine Ernsthaftigkeit beraubte. "Joah, dann mach," lachte Die und zuckte provokant mit den Schultern. "Na warte!" Ohne zu zögern sprang Kaoru auf, kniete sich über Die, so dass er seine Schultern auf das Bett drücken konnte. Die leichte Gegenwehr brachte Kaoru nur kurz ins Schwanken, bevor er es mit einer schlichten Taktik versuchte und seine Finger in Dies Hüften bohrte. Wie erahnt, zuckte Die zusammen und war dem anderen hilflos ausgeliefert, als dieser nach dem verbleibenden Stück Pizza griff und es Die unter die Nase hielt. "Schön den Mund aufmachen." Die jedoch drehte den Kopf weg. "Ich kann so nicht essen. Du sitzt auf meinem Bauch!" "Gar nicht! Ich sitz auf deiner Hüfte," erwiderte der Kleinere und rutschte noch etwas tiefer. "Nun mach und iss das. Mund auf." Diesmal gehorchte Die, biss ein Stück von der Pizza ab und mäufelte es genüsslich langsam. Nicht, dass diese Stellung besonders geeignet war zum Essen, aber er wollte Kaoru nicht unbedingt loswerden und eine gute Aussicht bot es dem Größeren ja auch. Eigentlich war Kaoru von allen Seiten rundum... perfekt. Ein anderes Wort dafür kam Die einfach nicht in den Sinn, denn obwohl sein Freund äußerst attraktiv war, hatte er dennoch etwas Natürliches, Einfaches, dass Die gar nicht anders konnte, als dies zu bestaunen. Doch Kaoru zog sich zurück, wahrscheinlich aus Höflichkeit oder weil es ihm unangenehm war, auf Dauer auf seinem Kumpel zu sitzen. Er grinste trotzdem und hob den Zeigefinger. "Schön weiteressen, ne?" "Ja, ja, schon gut. Spiel noch mal den Song." Nickend nahm Kaoru die Gitarre und begann noch einmal, das komplette Lied anzuspielen. Doch dann stoppte er. "Eigentlich gehört der Song nun uns beiden und nicht mehr mir." "Na und? Gewinnbeteiligung klären wir später. Oder du lädst mich mal zu einem eurer Gigs ein? Würde mich mächtig stolz machen," blubberte Die fröhlich und aß brav weiter. "Okay, kann ich machen." Kaorus Lächeln war zum Anbeißen, wie Die gedanklich bemerkte. "Jetzt spiel fertig. Nicht mittendrin aufhören bitte! Privatkonzert nur für mich!" "One-Man-Show im wahrsten Sinne des Wortes." "Ich bin ja auch dein Fan." Die setzte sich auf und schluckte den letzten Bissen, bevor er den Kopf schief legte. "Gibt's schon Merchandise?" "Was willst du denn haben? Ein Autogramm?" "Nur wenn du ‚Für Die' drauf schreibst. Eigentlich sind mir Autogramme aber zu unpersönlich." "Wie kann es denn unpersönlich sein, wenn dein Name drauf steht?" Kaoru hielt abermals beim Spielen an, stillte die Saiten mit der Hand und legte die Gitarre beiseite. "Äh... warum hörst du auf?" Die Frage war Die zunächst wichtiger. "Weil du so viel dazwischen quatscht," lachte Kaoru leise. Leicht verlegen fuhren Dies Finger wieder durch seine langen Haare. "Ich kann auch schweigen." "Na klar." Kaoru hob skeptisch eine Augenbraue. "Glaubst du mir nicht?" "Ehrlich gesagt, nein." Diesmal lachte Kaoru wieder und es war eindeutig, dass er Die nur ärgern wollte. "Also stopfst du mich nur mit Pizza voll, damit ich den Mund halte?" Die tat entrüstet und setzte einen Dackelblick auf, der Kaoru weich klopfen sollte. "Nein, weil du Hunger hattest. Wenn ich gewollt hätte, dass du den Mund hältst, hätte ich dafür andere Tricks." Mit großen Augen schaute Die Kaoru nun an. "Knebeln?" "Nette Idee, aber nein. Ich bin ja ein freundlicher Mensch mit humanen Praktiken." Kaorus leises Kichern war fast zu süß zum Anschauen für Die, also trieb er dieses Spielchen weiter. "Was denn dann?" "Das." Mit wohl Vielem hätte Die jetzt gerechnet, aber nicht, dass sich Kaoru zu ihm hinüber beugt und ihn küsst. Lag es an dem einen Bier oder der Stimmung, dass er auf einmal so spontan handelte? Die wusste es nicht und in jenem Moment war es ihm auch egal, als sich die Lippen seines Freundes auf seine legten und Kaoru sachte an Dies Unterlippe nippte. Nur zu gern hätte der Größere den Kuss erwidert, nachdem er den freudigen Schock überwunden hatte, doch kaum tat er dies, wich Kaoru zurück und schaute weg. "Tut mir leid. Das hätte ich nicht machen sollen." "Warum? War es so schlimm?", stammelte Die und blinzelte mit den Augenlidern. "Nein. Nein, das gar nicht, aber..." Kaoru drehte sich leicht zur Seite, konnte Die gerade kaum in die Augen sehen und holte tief Luft. "Du hast doch einen Freund." "Ähm..." Die Tatsache hatte Die vollkommen vergessen. "Nicht mehr so wirklich, also... eigentlich... will ich Schluss machen." Diesmal schaute Kaoru herum und sah ihn an, allerdings so, als ob Die nicht mehr ganz dicht wäre. "Oh Mann, ja, ich weiß, wie beknackt sich das anhört, aber... ich lüg nicht!" Und das hörte sich nicht minder dämlich an. Plus verzweifelt. "Gestern, da... also Jun und ich, das klappt nicht. Wir hatten..." "Streit?" Diesmal schaute Kaoru sogar traurig, aber er durfte doch nicht denken, dass er nun Dies Trostpflaster wäre. Das wäre ja völlig daneben! "Ja, nein. Eigentlich nicht. Aber... also, es ist so, dass wir abweichende Meinungen haben über eigentlich wichtige Dinge und darum hat es keinen Sinn, wenn er und ich uns weiter sehen. Zumal ich... ich meine, wir, also du und ich, wir reden fast täglich über alles Mögliche, aber ich hab Jun bis gestern nicht mal erwähnt und... nicht, weil er mir peinlich ist oder ich dir was verheimlichen will, sondern einfach weil er mir gar nicht so wichtig war!" Und das klang wieder gar nicht so nett. "Hört sich jetzt fies an, aber irgendwie war das so und mir ist das heute bewusst geworden. Weil..." Noch immer hatte Die das Gefühl, dass sich tausend Fragezeichen in Kaorus Augen befanden. "Es ist schon so, dass ich kaum an ihn denke... eigentlich nur, dass mir ständig durch den Kopf geht, dass du hoffentlich wieder anrufst und was du wohl machst und so Sachen..." Und hier war Die schon mitten in seinem Geständnis, in das er gar nicht vorhatte hinein zu schlittern. Aber da er nun mal hier war... "Wenn ich Mittag esse, dann frag ich mich, ob du das auch machst, stell mir vor, wir machen das zusammen, so ganz alltägliche Sachen eben." Schulterzuckend hörte Die auf zu reden, hatte doch schon so viel gesagt, mehr als er sich selber bisher jemals eingestanden hatte und es ließ tief blicken, selbst für ihn. Ein wenig peinlich war es nur, vielmehr beunruhigend, denn keinesfalls wollte er Kaoru verlieren und wenn ihm das jetzt irgendwie zu schnell ging oder in ganz falsche Bahnen verlief, dann wäre das gar nicht gut. "Am besten ich halt jetzt einfach meine Klappe. Du hast ja selbst schon gesagt, dass ich zu viel labere und wahrscheinlich ist das einfach-" Seine Augen rissen weit auf, als er bereits das zweite Mal geküsst wurde und wieder war Die geschockt, konnte gar nicht richtig zurückküssen und am Ende war alles vorbei. Kaoru legte den Kopf leicht schief. "Und da wird mir schon nachgesagt, ich rede viel. Aber nur zu deiner Info, mir geht's genauso." Einen Moment lang stand Die auf der Leitung, erst dann packte ihn die Erkenntnis. "Du denkst auch an mich?" "Warum sollte ich dich sonst küssen?" "Ja, keine Ahnung. Ich dachte, du bist total straight!" Ein kleines, verschmitztes Grinsen zierte Kaorus Lippen, als er mit den Schultern zuckte. "Hast du mich mal danach gefragt oder wie kommst du darauf?" "Na ja..." Darüber musste Die erst einmal nachdenken. "Du hast so komisch reagiert, als ich dir von Jun erzählt hab und dass ich halt fürs andere Team spiel und so." "Komisch reagiert?" "Ja, nicht so positiv eben." "Vielleicht ging's dabei nicht drum, dass du auf Typen stehst, sondern darum, dass du einen hast?" "Ah... du meinst?" Kopfnickend holte Kaoru wiederum tief Luft. "Man lernt ja nicht jeden Tag einen Menschen kennen, den man von Anfang an gern hat und dann, nach langer Zeit, hört man, der ist schon in festen Händen. Da hilft es auch nichts, wenn du stockschwul bist." "Oh Mann, und ich dachte echt nicht, dass du an mir interessiert sein könntest, also so... du weißt schon." Dämlich zu lachen lag Die, also tat er dies, hatte ja sonst nichts vor. "Ist doch wohl der Lacher! Ich frag mich eher, was du mit einem Loser wie mir willst." "Also für den Anfang," flüsterte Die dann und rückte näher. "Das." Und diesmal war er es, der Kaoru küsste und dabei auch endlich mal zum Zug kam, was das eigentliche Küssen anging. So schnell ließ er auch gar nicht wieder ab, sondern tastete seine Lippen vorsichtig heran an die des anderen. Erst nach einer ganzen Weile unterbrachen sie beide den Kuss und Die musste grinsen, als er in Kaorus verblüfftes Gesicht schaute. "Also du magst mich echt, ja?" Die nickte. Zwar schaute Kaoru noch immer etwas dumm, aber sein Lächeln war wohl das Niedlichste, was Die jemals gesehen hatte. "Bekomm ich noch einen?" "Einen Kuss?" "Ja," erklang diese leicht heisere Bestätigung und Bitte in einem. "Selbstverständlich." ~*~*~ Noch sehr genau kann sich Die an diese Nacht erinnern und es blieb auch nicht nur bei diesem Kuss, sondern es folgten noch viele. Warum Die letztlich genau in dieser Nacht mit Kaoru geschlafen hatte, konnte er bis heute nicht sagen. Vielleicht waren es die vielen Zärtlichkeiten, die ihm von dem Älteren gegeben wurde, dass er ihn streichelte, als wäre Die etwas ganz Besonders. Und bis dato kannte der Jüngere so etwas nicht. Weder er noch Kaoru hatten wirklich vor, Sex zu haben in dieser Nacht, das war klar. Doch eins führte zum anderen und schon bald lagen sie beide in kaum mehr als ihren Unterhosen auf dem Bett und küssten sich noch immer. Es war etwas Besonderes und vielleicht wusste es Die, dass er für immer und ewig mit Kaoru zusammen sein würde. ~*~*~ Möglicherweise gab es ja etwas wie Schicksal. Wer konnte das schon sagen? Oder beweisen? Die wusste das nicht. Alles, was er tat, war zu spüren und egal, wo an seinem Körper sich Kaorus Hände befanden, es war, als gehörten sie dahin. Nirgendwo anders. Es spielte gar keine Rolle, dass bereits ihre Unterwäsche den Weg auf den Fußboden gefunden hatte, selbst wenn Die das unterbewusst so klar war wie nichts zuvor. Auch seiner, ihrer, Absichten war er bewusst, doch da waren einfach keine Zweifel. Er hätte danach suchen können. Sie waren nicht da. Also ließ er sich fallen, fernab der Gedanken, gab sich all den sinnlichen Liebkosungen hin und versuchte ebenso viele dem anderen zuteil werden zu lassen. Natürlich ging es viel zu schnell. Nicht die Sache an sich, aber Dies Verstand sagte ihm klar und deutlich, dass weder er wusste, ob Kaoru jemals einen Mann zuvor gehabt hatte, noch dass Die ihn über seine eigene Jungfräulichkeit aufgeklärt hatte. Offenbar, so entnahm Die es den Taten des anderen, war dieser nicht mehr so ganz unschuldig. Das merkte man(n). Merkte Kaoru es aber auch Die an, dass es bei ihm nicht so war? Würde er es merken, als Die, um nicht ungehalten zu sein, sich stark auf die Unterlippe biss, nur weil ihn die Zunge des anderen fast um den Verstand brachte? Und plötzlich, als Kaoru mit Die auf Augenhöhe war und ihm sachte über die Wange streichelte, nachdem er ihn sinnlich geküsst hatte, da sprudelte die Ehrlichkeit aus dem Jüngeren heraus. "Ich... ich hab das noch nie gemacht." Er hatte geflüstert und dennoch kam ihm seine Stimme unendlich laut vor in dem leisen Zimmer. Sein Gesicht wurde ganz heiß. Kaoru hingegen schaute ihn ungläubig an und konnte wohl kaum fassen, dass Die ihm das erst jetzt erzählte. Doch dann lächelte er. "Dann sollten wir das vielleicht nicht..." Er hörte nicht auf Dies Wange zu streicheln, doch Dies vehementes Kopfschütteln brachte ihn zum Seufzen. "Du weißt, ich hab dich gern, aber ich lauf dir auch nicht weg. Verstehst du?" "Willst du mich nicht?" Es war eine dumme Frage, aber die einzige in Dies Kopf vorhandene. "Doch, natürlich..." Und bevor Kaoru dem ein Aber hätte hinzufügen können, zog der Größere ihn zu sich und küsste ihn, wieder und wieder, bis der andere verstand, dass es nicht ums Warten ging, sondern darum, Die einfach zu zeigen, wie viel er ihm bedeutete. Die wollte Kaoru. ~*~*~ Die hatte Kaoru gewollt. Das kann der Jüngere noch heute ohne jeden Zweifel sagen. Er hatte noch nie so für jemanden empfunden. Und in jener Nacht wollte er einfach nur noch mit Kaoru Eins sein. Bereut hat er es nie. Vielleicht war es nicht der beste Sex gewesen, den Die jemals gehabt hat, aber trotzdem mitunter der Schönste. Und selbst die Zeit, die Momente danach, sie waren unbeschreiblich gewesen. Eng aneinander geschlungen lagen sie beide in Dies Bett, kuschelten sich an des anderen Körper und gaben sich hin und wieder einen Kuss, während ihre Fingerkuppen wieder und wieder gegenseitig Liebkosungen über ihre Haut verteilten. An manchen Tagen war es heute noch so. Nicht immer, denn Die und Kaoru hatten schon alles durch, von der schnellen Nummer in einer Kneipentoilette bis hin zum Sexmarathon im Hotelzimmerbett, hatten jegliche Stellungen ausgetestet, Spielzeuge gekauft und verrückte Sachen ausprobiert, doch am Ende zählte es nur, wenn sie hinterher in einander Armen lagen und sich sagten, wie sehr sie sich liebten. Da konnte man fast auch auf den Sex verzichten. War auch gar nicht so wichtig, obwohl man ihn dann und wann schon auch vermisste, wenn man sich wochenlang vergessen hatte anzufassen. Kam vor. Warum? Das war unklar. Man lebte zusammen, sah sich jeden Tag, sah des anderen gute und schlechte Gewohnheiten und manchmal, ja manchmal hätte Die auch Kaoru schon für seine bloße Anwesenheit aufspießen können. Warum also Sex miteinander haben? Und nach Wochen der Enthaltsamkeit war auch Sex gar nicht mehr wichtig, denn gerade dann zählte es nur, den anderen wieder im Arm zu haben, sich an ihn zu schmiegen und das Gefühl von Zuhause wieder zu spüren. Das konnte nur Kaoru dem anderen geben. Sein Geruch. Seine Wärme. Sein Dasein. Kaoru eben. Er gehört doch zu Die. Und irgendwie muss es Die damals schon klar gewesen sein, als sie sich das erste Mal trafen. Nein, früher war er kein Mensch gewesen, der sich leichtherzig in irgendetwas hineingestürzt hätte. Jetzt vielleicht, aber er hatte ja immer Kaoru, der die Stimme seinen Vernunft geworden war. Komisch. Damals war es eher umgekehrt gewesen. Oder doch nicht? Denn irgendwo muss Kaoru ja auch jetzt sein und bedarf Die, der ihm sagt, dass er nicht mehr schmollen soll. Und doch waren sie damals auch schon Hitzköpfe gewesen, wenn auch viel freier, unbesorgter und kreativer. Die muss leise lachen. Irgendwo hat er sicherlich noch den Song versteckt. Vom Sofa aufspringend, läuft er schnurstracks in die obere Etage des Hauses, öffnet die Dachluke und klettert hinauf auf den Boden. Lange muss er nicht wühlen, denn er weiß genau, in welcher Schachtel er seine Andenken aufbewahrt, wenn er auch in vielerlei anderer Hinsicht unordentlich ist. Auch eine Sache, warum er hin und wieder mit Kaoru aneckt, aber das sind eben die Kleinigkeiten, die so mit sich kommen in einer Beziehung. Als er den Zettel in den Händen hält, Schrift leicht verblasst, füllt sich sein Kopf mit noch mehr Erinnerungen. ~*~*~ An ihrem ersten gemeinsamen Morgen wäre Die am liebsten im Bett geblieben, hätte er nicht dank einer Vorlesung aufstehen müssen, die er auf keinen Fall verpassen durfte. Ganz vorsichtig hatte er sich dann aus dem Bett gepellt, von Kaoru gelöst und war unter der Dusche verschwunden, bevor er wieder ins Zimmer lief und beim Anblick, der sich ihm bot, am liebsten alle Pläne über Bord geworfen hätte. Da lag er nun, Kaoru, Nase tief im Kissen vergraben, die Bettdecke eng um seinen nackten Körper geschlungen. Die musste lächeln. Er packte seine Sachen möglichst leise zusammen und trotzdem hob sich plötzlich der Kopf aus dem Kissen. Verschlafen blinzelte Kaoru ihn an. "Wo gehst du hin?", fragte er mit belegter Stimme und sah noch jünger aus, als er eigentlich war. "Ich muss in die Uni. Dauert aber nicht lange. Schlaf ruhig weiter. Ich bin nur kurz weg," lächelte Die, kroch noch einmal quer über das Bett und gab Kaoru einen kleinen Kuss zum Abschied. "Mmmh." Das war alles, was der andere daraufhin erwiderte, lächelnd. Es war schon irgendwie süß und ebenso klar, dass Kaoru sich wohlfühlen musste in einem warmen Bett wie dem von Die. Umso mehr hatte dieser das Bedürfnis, ihm dabei auch wieder Gesellschaft zu leisten. Munteren Schrittes machte er sich auf zur Vorlesung. Das Grinsen konnte ihm heute keiner aus dem Gesicht wischen. Ein bisschen anders fühlte er sich heute schon, körperlich, aber es wurde durch die Verliebtheit deutlich in den Schatten gestellt. Nicht einmal Jun kam ihm in den Sinn... Kaum drei Stunden später stand Die wieder vor seiner Tür, fummelte den Schlüssel ins Schloss und ließ beinahe seine Bücher dabei fallen. Nicht mal die Hände eines Gitarristen waren Spannung und Sehnsucht gewachsen, so schien es. "Wenn du deinen Lover suchst, der ist gegangen." Die Stimme jagte Die bereits eine Gänsehaut über den Körper und die Worte ließen ihn erblassen. "Jun. Was...?" Unklar war natürlich, was der hier machte, warum er offensichtlich von Kaoru wusste und vor allem, was er noch wollte. "Was was, Die?" Ein Lächeln huschte über das Gesicht des anderen, fies ohne jede Frage. "Was soll das? Und was machst du überhaupt hier?" Das Recht nahm sich Die heraus, kühl zu sein und keinesfalls ein Gewissen zu zeigen. Er machte sich nur Sorgen um Kaoru. Was hatte Jun wohl mit ihm zu tun gehabt und wie viel? "Ich wollte meinen Freund sehen," begann Jun und ging näher auf Die zu. "Doch stattdessen traf ich auf einen halbnackten Asozialen." "Kaoru ist nicht asozial!" Eine dumme Resonanz und doch das, was Die nicht zurückhalten konnte. Ein innerer Zwang verbot ihm, jemanden schlecht über Kaoru reden zu lassen. Er musste die Tür geöffnet haben, als Jun geklopft hat. Was sich Jun dann dachte, war wohl klar. Aber warum war Kaoru nicht mehr da? "Was hast du zu ihm gesagt?" "Nur dass ich hier sei, um meinen Freund zu sehen." Jun zuckte mit den Schultern, doch sein Blick war kühl und ein wenig aggressiv. "Hab mich dann vorgestellt höflichkeitshalber. Ich hab deinem Süßen nichts getan, Die. Keine Angst." Wieder dieses fiese Grinsen, als würde er Die jeden Moment eine verpassen. Darauf war Die aber vorbereitet und er würde sich nichts gefallen lassen. "Und warum ist Kaoru dann weg? Sag schon, irgendetwas hast du doch gemacht." Ein spottendes Lachen kam über die Lippen des anderen. "Nichts hab ich gemacht. Im Gegenteil zu dir, nicht wahr?" Theoretisch hatten sie nie Schluss gemacht. "Und warum dein Assi jetzt weg ist, weiß ich nicht. Ich war nur unten und hab ihn gehen sehen. Das war Zufall." "Zufall, ja?" Wie auch immer, Jun war ja nicht mehr im Zimmer, also konnte etwas Wahres dran sein. Dennoch kannte Die ihn besser. Er wusste, dass er sich nicht nur freundlich vorstellte. "Meinst du nicht, es reicht jetzt, Die? Du holst dir deinen kleinen Freund hierher und lässt dich von ihm ficken, aber stehst da, als hättest du jedes Recht der Welt." Diesmal kam Jun näher, lehnte seine Hand gegen den Türrahmen und starrte in Dies Augen, böse. Nein, jedes Recht der Welt hatte Die nicht. Sein Gewissen machte ihm zu schaffen, aber dennoch nahm er es sich heraus. Es war ihm egal. Jun war ihm egal. "Das hab ich auch." Er hob den Kopf und erwiderte kalt den Blick des anderen. "Du bist nicht mehr mein Freund. Und ich will dich auch nicht mehr sehen. Das hat nichts mit Kaoru zu tun, sondern nur mit dir. Also siehst du am besten zu, dass du Land gewinnst." Mit den Worten versuchte Die so emotionslos zu schauen, wie er nur konnte, bevor er einfach die Tür öffnete und im Raum verschwand. Sein Herz aber pochte ihm laut gegen den Brustkorb. Er biss sich auf die Unterlippe, als er in sein Zimmer stürmte. Tatsächlich, Kaoru war weg. Einige Stunden waren vergangen, als Ryuu zurück nach Hause kam, die Augenringe der Party von letzter Nacht noch sichtbar, als er seinen Mitbewohner auf dem Sofa sitzend vorfand. Ryuu hob eine Augenbraue, als er merkte, dass Die auf den Fernseher starrte, der nicht mal eingeschaltet war. "Was ist denn mit dir los?" Die zuckte mit den Schultern, schniefend. "Ach..." "Na komm schon. Spuck's aus. Verlief dein Abend nicht gut mit Kaoru?" Das war das erste, was Ryuu in den Kopf schoss, hatte er sich ja nun fast jeden Tag schon anhören müssen, wie toll dieser Kaoru doch war. Erwähnungszwang nannte man so etwas in der Fachsprache, wenn man Psychologie studierte. "Oder ist was mit Jun?" "Beides," grummelte Die, seufzte laut. "Los, erzähl." Ryuu ließ sich neben Die fallen und stupste seine Schulter kumpelhaft an. "Weil Jun hier war, ist Kaoru weg." Das war die Tatsache. "Langsam. Wann war Jun hier?" "Gegen Mittag so in etwa," antwortete Die brav und wurde leicht rot um die Nase, das konnte er fühlen. "Und wie kam es, dass Kaoru zu der Zeit noch hier war?" Ein kleines Lächeln konnte sich Ryuu nicht verkneifen. Schon länger hatte er sich gedacht, dass sich Die wohl in seinen Telefonjoker verlieben würde. Aber selten überstürzte Die etwas, wenn es um Beziehungen ging. "Er... hat hier eben übernachtet, okay?" Ein wenig bissig wurde Die, verschränkte die Arme und blies die Backen auf, als er tief Luft holte. "Und ich musste in die Uni und hab gesagt, er solle warten. Doch während ich weg war, war wohl Jun hier. Und nun ist Kaoru fort." "Auch auf die Gefahr hin, dass du mich für doof erklärst, aber was wollte Jun hier? Hast du etwa...?" Konnte es vielleicht sein, dass Die vergessen hatte, mit Jun Schluss zu machen, bevor er andere Männer hier ‚übernachten' ließ? Ryuu ahnte Böses. "Ist doch Jacke wie Hose. Er war hier und Kaoru hat aufgemacht. Keine Ahnung, was Jun ihm gesagt hat, aber kurz drauf muss Kaoru weggegangen sein. Und seitdem ist er fort. Kein Plan wohin. Eigentlich weiß er, was los ist, also wegen mir und Jun, aber wer weiß, was Jun vom Stapel gelassen hat? Kaoru würde sonst doch nicht einfach weggehen!" Die war sich da ganz sicher. "Und das weißt du ganz gewiss?" Ryuu hatte zwar noch keine Pferde vor der Apotheke kotzen sehen, aber er wusste, dass nicht jeder Typ seine Versprechen hielt. Und Die und Kaoru kannten einander ja nun doch noch nicht so lange. "Ja, bin ich!" Da gab es einfach keinen Zweifel für Die. Vielleicht klang es dumm, aber er war nur ehrlich. "Dann ruf ihn an," war die logische Schlussfolgerung seines Kumpels. "Oder geht er nicht ran?" "Wo denn? Ich hab seine Nummer nicht." Irgendwie hatte doch Kaoru immer angerufen und es war Verlass auf ihn gewesen. "Oh Die..." Das war echt zu dämlich, aber Ryuu hielt besser den Mund. "Aber du weißt, wo er wohnt?" Kopfschütteln des anderen. "Weißt du überhaupt etwas von ihm?" Anscheinend nicht viel. "Er wohnt in einem Probenraum, eine Art Garage, die seine Band zum Proben nimmt." Viel mehr wusste Die eigentlich gar nicht von dem Ort, an dem sich Kaoru aufhielt. Keinen Stadtteil und nicht mal den Laden, in dem er sein bisschen Geld verdiente. "Er arbeitet bei McDonald's, aber in welchem weiß ich nicht." "Und die Stadt hier hat ja nur Hundert oder so." Das war ja fast nicht zum Aushalten für Ryuu. Über was hatten sie sich denn all die Zeit unterhalten? "Weißt du wenigstens, wie die Band heißt, bei der er spielt?" Nun, an DAS konnte sich Die noch knapp erinnern. "Äh, Charm?" Stirnrunzeln von Seiten des Mitbewohners. "Charm? Sicher?" Die nickte. "Oh Junge, du kannst echt glücklich sein, mich zu haben!" "Häh? Versteh ich nicht." Was sollte das denn jetzt? Die war doch keinen Schritt weiter. Ryuu grinste nur. "Meine Schwester geht mit dem Bassisten von denen. Ich ruf sie wohl mal an, was?", lachte er und stand auf um zum Telefon zu gehen. "Tse, man kann ja doof sein, ne? Man muss nur den richtigen Mitbewohner haben." Mehr als ein breites Lächeln erstrahlte jedoch nicht auf Dies Gesicht. ~*~*~ Wieder und wieder überfliegt Die die Noten auf dem alten Blatt Papier, bevor er es dann zusammenfaltet und in die Hosentasche steckt. Vielleicht sind sie ja doch noch immer die selben zwei dummen Gitarristen, die sich so unbeholfen gefunden haben, und nicht ohne einander können. Nicht umsonst hatte Kaoru damals seine Band verlassen, um fortan mit seinem Freund gemeinsam Musik zu machen. Und unstrittig war, dass mit dem neuen Gitarristen auch der Erfolg kam, dass sie einen guten Song nach dem anderen schrieben, dass der Sänger mit genau dieser Musik seine Texte kombinieren konnte. Ob das nun Zufall oder Schicksal war, wusste damals niemand und heute auch nicht. Es ist auch nicht wichtig, Hauptsache, sie sind zusammen. Ohne Kaoru gäbe es kein Dir en grey. Ohne ihn hätte Die auch schon oftmals aufgegeben. Ohne Kaoru wäre er jetzt vielleicht ein Schlipsträger mit Aktenkoffer. Ohne ihn hätte er niemals so wunderbare Momente erlebt. Ohne Kaoru? Das geht nicht. Und darum kann sich Kaoru auch nicht verstecken. Die würde ihn immer wieder finden. Und auch damals hat Die seinen Kaoru wiedergefunden, denn ihn aufgeben stand nie zur Debatte - auch heute nicht. ~*~*~ Nervös versuchte Die einen Blick ins Innere der Garage zu erhaschen, doch die Fenster waren milchig und verschmutzt, auch wenn ein deutlicher Lichtschein von innen heraus ins Dunkel drang. Hoffentlich war dies hier auch der richtige Ort, dachte er bei sich und schaute noch mal auf den Zettel, den Ryuu ihm in die Hand gedrückt hatte. Sauklaue. Aber die Adresse stimmte. Und Ryuus Schwester hatte auch gesagt, dass in der Band ein ‚Typ namens Kaoru' war. Die Faust hebend, zögerte Die nicht mehr und klopfte an. Nichts schallte von drinnen nach außen, dass man denken könnte, sein Klopfen würde nicht gehört werden und doch machte niemand auf. Auch nach dem zweiten Male nicht. So umschloss Die den Griff der Tür und schob sie langsam auf. "Hallo?" Ob er nun letztlich Kaoru hier finden würde, konnte Die nicht sagen. Vielleicht würde er nur dem unangenehmen Drummer begegnen, möglich war das, aber wenigstens hätte Die es dann versucht. Er ging nur vorsichtig hinein in den Raum und schloss wieder die Tür, bevor er noch einmal rief und den Hals nacheinander in alle Richtungen reckte. Mit Kopfhörern sah er jemand auf dem alten Sofa sitzen, Gitarre in den Händen, vertieft in seine Musik. Trotz der Sorgenfalten auf der Stirn und der allgemeinen Anspannung Dies, musste er beim Anblick von Kaoru lächeln. Endlich hatte er ihn gefunden! Langsam näherte er sich, wollte ihn keineswegs erschrecken oder störend auf sein Spiel wirken, sich aber dennoch bemerkbar machen. Und als Kaorus Finger Halt machten, kam Die nah genug, so dass er ihn sehen konnte. Kaorus Kopf hob sich mit Erstaunen. Er blickte den anderen einen Moment lang an, blinzelte, und nahm sich dann die Hörer vom Kopf. "Hallo," sagte Die leise und versuchte es erst einmal mit einem kleinen Lächeln, das Kaoru allerdings nicht sofort erwiderte. "Hier lebst du also, hm?" Kaoru nickte, "Woher weißt du das?", grinste dann leicht. "Euer Bassist hat was mit Ryuus Schwester," gab Die zurück und steckte die Hände tief in seine Hosentaschen, denn er stand ein bisschen dumm da, wie er selbst fand. "Außerdem kannst du mir nicht einfach abhauen. Ich find dich." "Ach ja?", sagte Kaoru leise und lachte leise auf, wohl in Anbetracht der Ironie. "Scheint so. Etwas Hartnäckiges hattest du schon immer." "Danke...?" Normalerweise steckte Die so eine Bemerkung von Kaoru weg, doch jetzt brachte er nur ein Seufzen hervor und rang sich ein Lächeln ab. "Tut mir leid, dass ich heute Morgen dann doch weg bin," begann dann der andere ganz von allein und legte die Gitarre zur Seite. "Ich hatte aber vor dich anzurufen, ehrlich. Es war nur..." "Wegen Jun, ich weiß." Die senkte den Blick. "Er war da, als ich nach Hause kam. Ich hab ihn auch gleich die Karten auf den Tisch gelegt, Schluss gemacht eben, aber er hat dir bestimmt irgendwelchen Mist erzählt." Erneut seufzend, ließ sich Die neben Kaoru auf dem Sofa nieder und sah ihn fragend an. "Oh ja. Da waren so einige Sachen. Dass du öfter mit anderen Typen vögelst oder dass er mit dir gewettet hat, dass du mich nicht rumkriegst. Ein paar beifällige Beleidigungen waren auch dabei," bestätigte Kaoru nickend, fast schon lachend. Doch Die fand das alles andere als witzig. Es verärgerte ihn nicht nur, was Jun über ihn erzählte, sondern hatte er auch Angst - das vor allem - Kaoru könnte an der Wahrheit zweifeln. "Aber das stimmt alles gar nicht," beteuerte er also kopfschüttelnd. "Du darfst ihm das auf keinen Fall glauben. Ich hab seine Eitelkeit gekränkt und darum erzählt er so einen Müll. Es ist alles meine Schuld, ja, vielleicht. Aber ich hab dir die Wahrheit gesagt. Bitte glaub Jun nicht." "Das mach ich nicht, Die." Kaorus Hand legte sich wie automatisch auf das Knie seines Freundes. "Es geht nicht darum, ob ich ihm geglaubt habe oder nicht. Ich bin weg, weil ich mich irgendwie fehl am Platz gefühlt hab. Das heißt, solange du offiziell noch mit ihm zusammen bist." "Bin ich nicht mehr." Wie ein kleiner Junge nahm Die sofort die Hand des anderen und drückte sie ganz fest. "Ich will mit dir zusammen sein." Er hatte den Wunsch geäußert, der auf seinem Herzen lag, so schwer, dass er es gar nicht hätte für sich behalten können, selbst wenn er gewollt hätte. "Sicher?" "Ganz sicher." "Ich mach keine halben Sachen." "Ist das eine Drohung?" "Nein, ein Versprechen." Und damit beugte sich Kaoru zu Die hinüber und gab ihm einen vorerst kleinen Kuss, den er jedoch langsam vertiefte, bis sich Dies Finger in seinen Haaren am Nacken vergruben. Erst nach Minuten unterbrachen sie diesen Kuss wieder und lächelten einander an. "Komm mit zu mir," bat Die flüsternd. "Hier ist es wirklich arschkalt." Kaoru küsste Die noch einmal und grinste. "Bist du dir auch ganz sicher? Ich-" Bevor er noch weiter erklären konnte, drückte Die wiederum seine Lippen auf die des anderen. "Bin mir ganz sicher. Was soll ich mit dir, wenn du erfroren bist? Außerdem gewöhnst du dich so am besten dran, dass du mich nie wieder los wirst." Und weil Kaoru so unglaublich süß lächelte, lieferte Die noch gleich einen Kuss nach! ~*~*~ Licht ist noch an im Gebäude. Sofort schlussfolgert Die, dass er richtig liegt. Den Schlüssel schiebt er ins Schloss, öffnet die Tür und lässt sich selbst hinein. Es hat sich schon Einiges geändert hingegen zu früher. Kein billiger Probenraum ist es jetzt, sondern ein Aufnahmestudio, das er betritt. Nur hier würde er wohl finden, was er sucht. Oder wen. Er läuft langsam die Treppen hinauf in den ersten Stock und geht direkt auf die Tür zu, hinter der sich der Aufnahmeraum befindet. Schon durch den Türspalt kann er Kaoru sehen, wie er auf seinem Platz am Tisch sitzt vor dem Computer, Gitarre in den Händen, die Finger schnell über die Saiten rasselnd. Er macht jedoch ein unzufriedenes Gesicht und Die kann sich den kleinen Seufzer nicht verwehren, als er letztlich in den Raum geht, die Hände in den Taschen seiner Jacke. Kaoru dreht sich um und schaut Die einen Moment lang an, fast so wie damals. Nur keiner von ihnen lächelt. "Ich krieg's nicht hin," murmelt der Ältere und holt tief Luft, so dass sich seine Schultern sichtlich heben und senken. "Arbeitest du an einem neuen Song?" Es ist banal, dieses Gespräch, doch nähert beide allmählich an. So weiß Die, Kaoru ist nicht mehr sauer oder eingeschnappt, schmollt nicht mehr. Und Kaoru soll wissen, dass Die ihm auch nicht mehr böse ist. "Ja," bestätigt der andere und nickt kurz. "Ich war gestern so gut drin und heute..." Ein kleiner Hinweis, den Die zu verstehen weiß. Kaoru hat beim Komponieren die Zeit vergessen. Normal. Und doch ein bisschen Ausrede steckt darin, das ist Die ebenso klar. Mit Absicht vertieft sich der Bandleader in seine Komposition, so muss er nicht über ihren Streit nachdenken. "Warst du die ganze Zeit hier?" Diesmal schenkt Die dem anderen ein Lächeln, legt den Kopf etwas schief und lehnt sich rückwärts gegen das Pult, die Hände noch immer in den Taschen. "Ist spät geworden." Wieder nickt Kaoru, hat jedoch den Hauch einer Entschuldigung in den Augen. "Hab ich mir schon gedacht," gibt Die zurück als Zeichen, dass er verstanden hat, aber auch um auszudrücken, dass er sich durchaus um Kaoru Gedanken gemacht hat. Die Stimmung ist immer so eigenartig zwischen ihnen nach einem Streit, das mag Die gar nicht. Lieber würde er mit Kaoru kuscheln, ihn an sich drücken, halten eben, aber keiner macht den ersten Schritt. Doch das hat der Jüngere bereits vorher geahnt. Er zieht das alte Blatt Papier aus seiner Hosentasche und hält es Kaoru hin. "Hier. Den hab ich Zuhause gefunden." Einen fragenden, fast scheuen Blick schickt Kaoru zunächst seinem Freund, bevor er den Zettel nimmt und auffaltet, um sein Augenmerk langsam darüber fliegen zu lassen. Es sind nur alte, verblasste Noten, kein Text, doch sie scheinen ihn emotional zu überwältigen, wenngleich er sich nichts ansehen lässt. "Das hast du noch? Wo hattest du das denn versteckt?" Lediglich seiner Stimme merkt man es ein klein wenig an. Klar, Kaoru hat den Song auch noch, aber nicht mehr das Originalpapier mit ihrer Handschrift darauf und den selbstgezogenen Notenlinien. "Ich heb so Sachen eben auf. Haben Erinnerungswert." Indem er das Erinnerungsstück an Kaoru gibt, wird dieser sich ebenfalls deren Geschichte wiederbesinnen, so glaubt Die fest. "Ja, aber wo? Du verschlampst doch sonst allen Zettelkram," grinst Kaoru, scherzend nur um sich nicht dem Wasser in den Augen zu ergeben, was sich sonst bilden würde. Seine Augen können gar nicht mehr von dem Blatt in seiner Hand ablassen. "Ist ja auch ein Erinnerungsstück und nicht nur Zettelkram," erklärt der Große und zuckt abermals mit den Schultern. "Für den Rest bist du zuständig." "Und du hast mal Wirtschaft studiert." "Daher hab ich vielleicht die Zettelallergie?" "Wahrscheinlich," gibt sich Kaoru geschlagen und reicht dem anderen wieder das Papier mit dem Song. "Meinst du, du kannst den noch spielen?" "Klar kann ich," grinst Die, denn das klang fast wie eine Herausforderung. "Zeig." Kaoru steht auf, legt seine Gitarre zur Seite und lässt seinen Blick durch den Raum auf der Suche nach Dies Instrument schweifen. "Nicht hier." Mit der Teilablehnung erhascht sich Die wieder die Aufmerksam des anderen, der ihn mit fragendem Blick anschaut. "Ich möchte gerne wieder nach Hause. Dort spiel ich dir den Song." "Mh~ja... ich-" Nach Hause will Kaoru auch, aber er hat doch nun einmal hier angefangen und mittendrin abbrechen liegt ihm nach wie vor nicht. Andererseits wäre er gern wieder mit Die zusammen. Nur wenn ihre Stimmung nicht besser wird... Was an ihnen liegt. An nichts und niemand anderen. Ein tiefes, doch lautlosen Seufzen durchfährt ihn, das Die es sogar sehen kann. Er streckt die Hand aus, umschließt Kaorus Handgelenk und zieht ihn zu sich. "Vergiss für heute den Song und komm mit mir nach Hause." Ohne Zweifel steht es ebenso in Dies Augen geschrieben: er BRAUCHT jetzt Kaoru. Fast schockiert, überrascht von der deutlichen Bitte seines Freundes, blick Kaoru zu ihm auf. Die, der Verständnisvolle. Schon gut, Kaoru. Mach erst. Stellt sich immer hinten an. Bittet um den heißen Brei. Doch nun sagt er es ganz direkt. Wie damals. Ich will mit dir zusammen sein. Nur heute... Komm mit mir nach Hause. Kaoru nickt, lächelt und legt die Arme um Dies Schultern, so dass er ihn zu sich ziehen kann. Sofort bricht es das Eis, der Größere schmiegt sich an des anderen Körper, schließt die Arme um die Taille, Finger in den dünnen Pulli gekrallt. Er legt den Kopf einen Moment lang auf die klamme Schulter des Bandleaders, lächelt glücklich in sich hinein. Wärme erfüllt ihn wieder, als Kaorus Finger postwendend beginnen, durch das lange, dunkle Haar des anderen zu streicheln, sanft und beruhigend. Ohne Worte stehen sie eine ganze Weile nur so da, ihre Hände wandern langsam gegenseitig über ihre Wirbelsäulen, zehren von einander, fühlen wieder. "Ich liebe dich, Kao. Lass mich nicht mehr allein," flüstert Die in einer fast knabenhaften Stimme leise ins Ohr des anderen. Fester umschließt Kaoru den Größeren, als wolle ihn jemand entführen, doch letztlich nur zum Verdeutlichen, dass er seinen Die nicht mehr hergibt. Er presst seine warmen Lippen in dessen Nacken und küsst die sensible Haut dort liebevoll. "Ich lass dich nicht mehr allein, mein Engel. Denn wo wäre ich heute wohl..." Kaoru blickt auf und legt seine Hände an Dies Wangen, um ihm einen zarten Kuss auf die Lippen zu hauchen, bevor er ihn anlächelt. "...ohne dich?" ~*~*~ heidi. - Sentimental zutto omotteta koto ga aru n desu kono uta tte dare no uta deshita kke nan no tame ni ikiteyuku no deshou ka?* nan no tame ni shindeyuku no deshou ka? soshite watashi wa subete wo ushinatta soshite kokoro no subete wo kowasareta soshite furari to arukidashita toki ni tatta hitotsu no kibou ni sugaritsuku "watashi, koroshite" uta wo utaimasho ano hito to watashi, kanashiku wa arimasen uta wo utaimasho ano hito ni watashi, sabishiku mo arimasen mou naki wa shinai to kimeta ano toki kara watashi tsuyoku nareta deshou ka? ato mou ichido dake, ato mou sukoshi dake "issho ni ite yo" uta wo utaimasho ano hito to watashi, kanashiku wa arimasen uta wo utaimasho ano hito ni watashi, sabishiku mo arimasen Ende. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)