Die Sache mit dem Glück von flyingAngel (SasuSaku / Abgebrochen) ================================================================================ Prolog: Sommerregen ------------------- Hallo & herzlich Willkommen bei meiner neuen FF!:] Diesmal gibt es eine Premiere: denn ich werde das erste Mal in der Ich-Perspektive schreiben- es schien mir einfach am passendsten;) Außerdem werde ich bei jedem Kapitel am Anfang den Teil eines Liedes schreiben, anstatt z.B der Sprüche. Ist mal was anderes, aber man muss die Lieder natürlich nicht mögen- anhören ist jedoch nicht verboten;P Zum Schluss danke ich noch groß Blanche-Neige für das Betan, Mojito für die schöne Bildbearbeitung & Kit-Kat für das wundervolle Ermuntern, die FF hochzuladen *knuddel* Ich würde mich über Feedback sehr freuen=) Viel Spaß beim Lesen! eure flyingAngel ~ Es ist klar - Der Regen wäscht auf jeden Fall Weg was war - Und es erscheint mir überall Schenkt er auch neues Leben, 'ne neue Chance für jeden. Wenn Sonnenlicht durch Wolken bricht, wie nach 'nem Sommerregen. (Die Fantastischen Vier – Sommerregen) Sanft prasselten die Regentropfen gegen die Fenster, hinterließen ihre feuchten Spuren auf der glatten Oberfläche. Immer wieder trafen sie auch auf die Glastür, die in den Garten führte und in der sich mein Spiegelbild schemenhaft abzeichnete. Mintgrüne Katzenaugen, ein ebenmäßiges Gesicht und langes, blondes Haar. Langsam legte ich einen Finger auf das kühle Glas und fuhr den Verlauf von einem der Regentropfen nach. Es hatte etwas Beruhigendes an sich, dass jeder Regentropfen auf eine Stelle traf, als sei sie ihnen zweifellos vorbestimmt. Aber sie hatten keine Angst davor auf etwas Unbekanntes, etwas Unausweichliches zu treffen- was sie letztendlich zersplittern ließ. Ihr Schicksal war es die Welt mit ihrem Leben zu erfüllen, selbst wenn sie gegen ein Hindernis treffen sollten. Manchmal war der schwierigere Weg der Richtige. Der, den man letztendlich bestreiten musste, um seine Erfüllung zu finden- und die Regentropfen wussten das. „Was ist los, Sakura?“, hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir, die mich abrupt aus meinen Gedanken zog. Schnell riss ich mich von dem Anblick des Sommerregens los und drehte mich um. Meine Augen blickten in die ausdruckslosen, eisblauen Alecs. Eins der Dinge, die sich wohl nie leugnen lassen würde war, dass er wirklich ziemlich gut aussah. Auch jetzt schlug mein Herz bei seinem Anblick- seinen kurzen, schwarzen Haaren und dem Dreitagebart, den ich so an ihm liebte, einen Tick schneller als es sollte. „Nichts, es ist alles in Ordnung“, erwiderte ich und senkte meinen Blick schnell, damit er in meinen Augen nicht die Wahrheit erkennen konnte. Leider war ich kein besonders guter Lügner und leider war Alec sehr gut darin andere Menschen zu durchschauen. „Wie du meinst“, sagte er kühl und man hörte deutlich heraus, dass er mir nicht glaubte. Da Alec sich jedoch nie sonderlich für meine Probleme interessiert hatte, fand ich es nicht weiter verwunderlich, dass er nicht mehr nachfragte. „Ich muss noch mal weg, eben hat Chas angerufen.“ Sein Freund Chas? Sicherlich. Ich verstand nicht, warum sich Alec immer noch die Mühe gab, mich anzulügen. Dachte er denn wirklich noch, dass ich nicht wusste, dass er eine Affäre nach der anderen hatte? Natürlich hatte er es bis jetzt nie zugegeben, wenn ich mal den Mut besessen hatte, nachzufragen und inzwischen fragte ich längst nicht mehr. Schließlich würde er ohnehin nicht die Wahrheit sagen und ich würde am Ende wieder eine kleben haben. Trotz alldem nickte ich leicht und er hob kurzerhand mein Gesicht an. Dann drückte er mir einen Kuss auf die Lippen und ein großer Kloß bildete sich in meinem Hals. Tatsächlich musste ich mich heftig am Riemen reißen nicht die Kontrolle zu verlieren und auf der Stelle in Tränen auszubrechen. „Bis später, warte nicht auf mich“, meinte er noch und wandte sich dann von mir ab. Automatisch streckte ich meine Hand nach ihm aus, zog sie aber schnell zurück. Ich hatte mich entschieden, es gab kein Zurück mehr. Und wenn ich wieder aus dieser Abschiedsstimmung raus war, würde ich sicherlich wieder klar erkennen können, dass es das Beste für mich war. Und es nichts zu bedauern gab. „Alec?“, rief ich jedoch, bevor ich mich bremsen konnte. Ich rannte ihm hinterher in den Flur, er stand noch an der Haustür und sah mich milde überrascht an. Wie er dort stand, im Begriff aus der Tür zu gehen, schien er mir meilenweit entfernt. Außerdem war eine unüberbrückbare Schlucht zwischen uns, die sich durch die Vergangenheit nie wieder würde schließen lassen. Nie wieder. „Pass auf dich auf, Alec“, brachte ich mit heiserer Stimme hervor und schluckte. Trotz allem, was geschehen war, trotz dieser Schlucht, war er noch immer mein Verlobter. Der Mann, den ich einst bedingungslos geliebt hatte. „Natürlich, ich mache ja keine Weltreise“, erwiderte er leicht verdutzt. Er nickte mir ein letztens Mal zu, wandte sich dann um und schloss die weiße Haustür hinter sich. Einen Moment lang stand ich wie angewurzelt in dem Flur. Sah ihm hinterher und hörte, wie er mit quietschenden Reifen davon fuhr. Dann rannte ich zurück ins Wohnzimmer, riss die Glastür mit einem Ruck auf und stürmte in den Garten, ohne zu wissen, wieso. Alec würde keine Weltreise machen, er reiste nur zu einer weiteren Schlampe. Nein, er nicht. Aber ich würde bald nicht mehr in diesem Haus sein, nicht in dieser Stadt, nicht einmal in diesem Bundestaat. Boston gehörte bald der Vergangenheit an, ab morgen hieß mein neues zu Hause Denver, Colorado. Auch wenn ich der einzige Mensch war, der davon wusste. Meine Tränen vermischten sich mit dem Regen, der noch immer aus den dunklen Wolken fiel. Er durchnässte meine Kleidung, meinen ganzen Körper…Wusch mich rein. Leichtfüßig glitten meine Füße über das weiche Gras des Gartens. Es kitzelte mich ein wenig an den Fußsohlen, beugte sich unter diesen jedoch gehorsam. Mit einem knarrenden Geräusch bewegte sich die Schaukel, als ich mich darauf niederließ. Kalt und hart spürte ich die Ketten, die den hölzernen Sitzteil der Schaukel trugen, als ich meine Finger darum schloss. Ein leichter Seufzer entwich mir, als ich mich mit der Schaukel leicht vor und zurückwiegte. Einst war diese Schaukel für meine und Alecs Kinder gedacht gewesen. Nach unserer Heirat in ein paar Monaten waren welche geplant gewesen. Dieser Traum war jedoch zerstört worden. Meine Freunde, meine Familie und alle anderen Menschen konnten noch so oft sagen, dass ich mich glücklich schätzen konnte, solch einen Mann wie Alec heiraten zu dürfen. Aber sie kannten nicht die Wahrheit. Alles, was sie sahen, war sein Job und das Geld, sein Aussehen und seine gute Herkunft. Es war nicht so, dass ich nie die Blicke von den Menschen sah, wenn sie erfuhren, dass ich, Sakura Haruno, mit Alec Chambers, dem renommierten Rechtsanwalt, verlobt war. Alle enthielten dieselbe Frage: Was fand dieser Mann an ihr- einer aus ‚normalen‘ Verhältnissen stammenden Frau? Am besten gefiel mir die beliebte Erklärung, es würde an meiner schlanken Figur, dem hübschen Lächeln und meinen vermutlich phänomenalen Fähigkeiten im Bett liegen. Letzteres brachte mich immer wieder zum freudlosen Lachen, denn wenn dem so wäre, würde mein Verlobter sicherlich nicht ständig mit anderen Frauen ins Bett steigen. Mein Blick wandte sich gen Himmel, die Regentropfen prasselten erbarmungslos auf mein Gesicht nieder. Tatsächlich meinte alle Welt, ich müsste die glücklichste Frau auf Erden sein. Doch ich war es nicht. Ich war weit davon entfernt, auch nur im Geringsten einen Funken Glück zu verspüren. Jedoch waren wir unseres eigenen Glückes Schmied, nicht wahr? Die Zeit war vorbei, in der ich mein Leben nur ertragen hatte. Ich wollte es wieder selbst in die Hand nehmen, nicht auf ein Wunder hoffen- darauf, dass Alec sich wieder in den Alten zurückverwandelte…Nein, ab morgen würde ich für mein eigenes Glück sorgen, in einem völlig neuen Leben. In Denver wartete es und ich würde dort sein, um es beim Schopf zu packen. Kapitel 1: Loslassen -------------------- But broken dreams bring new beginnings You gotta believe You gotta, gotta believe yeah Came to real life It was there all this time Waiting on, need to set it free Cause I’m in control of my destiny ( Davidson Ospina & D'layna - Just Release (Orginal Mix) ) ~ Das gleißende Licht der untergehenden Sonne traf hell auf meine Augen, als ich langsam die Stufen der Leiter nach oben stieg. Warm beschien es mein Gesicht und drang durch jede Zelle meines Körpers. Eine Hand bot sich mir an, um mich endgültig nach oben auf das Dach des Gebäudes zu ziehen und ich nahm sie dankbar an. Schnell landete ich auf dem Betonboden des Hauses, auf dessen Dach ich mich befand. Wobei man das Haus noch nicht wirklich als solches bezeichnen konnte- es befand sich gerade erst auf den Weg dorthin. Neugierig blickte ich mich um und konnte nichts Besonderes auf diesem Dach ausmachen. Es war anscheinend eine gewöhnliche, sich gerade im Bau befindende, Dachterrasse. Einige Werkzeuge und Maschinen lagen verteilt auf dem grauen Boden herum und hier und da standen Stangen, einige Säcke und sonstiges Baumaterial herum. Verwundert blickte ich in die blauen Augen Alecs, der unbestimmt lächelte. Warum hatte er mich ausgerechnet hierher geführt? Ich wusste, dass dies eines der Häuser war, die einem seiner Freunde, einem reichen Bauunternehmer, gehörten. Nur warum waren wir hier? „Du hast gesagt, du wolltest mir etwas zeigen“, sagte ich mit sichtlicher Verwirrung in der Stimme, denn ich konnte rein gar nichts entdecken, was es sonderlich Besonderes zu zeigen gab. Und wenn Alec etwas geplant hatte oder mir etwas zeigen wollte, dann konnte man sich eigentlich in der Regel sicher sein, dass es sicherlich etwas ganz Besonderes war. „Und das werde ich auch“, erwiderte er schlicht und drückte mir einen sanften Kuss auf die Lippen. Sofort breitete sich ein Kribbeln in meinem Körper aus, das mich bei jedem seiner Berührungen, selbst nachdem wir nun drei Jahre zusammen waren, durchfuhr. Ich seufzte leicht in seinen Kuss und schmiegte mich an ihn. Er drückte mich jedoch sanft, aber bestimmt, von sich. In seinen Augen lag ein Ausdruck, den ich nicht deuten konnte- ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen. Noch immer lächelte er und sah auf mich hinab, bevor er abermals meine Hand nahm und mich über die Dachterrasse führte. Wir bogen um eine riesige Säule, die wohl später den Kamin darstellen sollte, und augenblicklich stockte mir der Atem, als ich die Szenerie erfasste, die sich dahinter befand. Der Wind blies leicht durch meine blonden Haare und über Servietten, die auf einer dunkelroten Decke lagen. Auf dieser befanden sich außerdem einige Kirschblüten und daneben stand ein kleiner Holztisch, auf dem sich zwei Teller, zwei Sektgläser, eine Sektflasche in einem Kübel und eine große Box befanden. Unter ihr lag eine weich aussehende Matratze. „Alec…“, hauchte ich und ohne dass ich es wollte, klang meine Stimme vor Tränen erstickt. Langsam ging ich den letzten Schritt auf die Decke zu, Alec ließ bereitwillig meine Hand los. Ich streckte meine Hände nach den Kirschblüten aus und nahm eine in die Hand. Verstohlen blinzelte ich eine Träne fort. „Ich weiß doch, wie sehr du Kirschblüten liebst“, hörte ich Alecs Stimme sagen und im nächsten Moment hatte er mich schon auf die Decke gedrückt. Das Licht der untergehenden Sonne beschien mein Gesicht, während ich Alec sprachlos dabei zusah, wie er die Sektgläser auffüllte, auf die Teller einiges an Obst legte und mir das Glas in die Hand drückte. Dann ließ er sich neben mich sinken und einen Moment lang sahen wir beide uns an. Ich merkte, wie mir das Blut in die Wangen schoss, ich brachte keinen Ton heraus. „Danke“, flüsterte ich schließlich heiser. „Das Alles ist wunderschön.“ Alec wandte seinen Blick nach vorne und ließ seinen Kopf sinken. Auf seinen Lippen bildete sich ein Grinsen. Er wandte sich wieder mir zu und hob das Glas zum Anstoßen an. „Auf dich“, sagte er, während wir klirrend anstießen und fügte hinzu: „Und auf uns.“ Ich nickte und nahm einen Schluck von dem prickelnden Getränk.Dennoch war mein Hals plötzlich staubtrocken. Was hatte er vor? Doch nicht etwa…? Oh mein Gott, darauf war ich nicht vorbereitet! Nervös zupfte ich an meinem Rock herum, mein Herz klopfte vor Aufregung wie wild. Um mich abzulenken blickte ich nach vorne und bestaunte den herrlichen Ausblick auf Boston im untergehenden Sonnenlicht. „Sakura“, lenkte er meine Aufmerksamkeit wieder auf sich und abermals versank ich in diesem unglaublichen Blau. Dieser Mann brachte mich immer wieder um den Verstand. „Ich habe in meinem Leben schon vieles gesehen, was mich fasziniert hat und was ich unbedingt haben wollte. Aber nichts wollte ich je so sehr wie dich. Nichts finde ich so faszinierend wie dich, Sakura.“ Meine Augen weiteten sich bei jedem seiner Worte und ich war mir sicher, gleich in Ohnmacht zu fallen. Unbewusst hielt ich den Atem an. Alec stellte unsere Sektgläser beiseite und fasste meine beiden Hände. In meinem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. „Drei Jahre sind, denke ich, genug, um beurteilen zu können, dass ich dich will. Für den Rest meines Lebens“, fuhr er fort und ich spürte, wie Tränen in meine Augen stiegen und meine Sicht trübten. Plötzlich ließ eine seiner Hände die meinen los und geschwind hielt er auf einmal eine kleine, geöffnete Schachtel in der Hand. Der Stein des wunderschönen silbernen Ringes darin glitzerte strahlend in den letzten Sonnenstrahlen. Ich hatte nie etwas Schöneres oder Perfekteres in meinem Leben gesehen. „Sakura Haruno, willst du meine Frau werden?“ Einen Augenblick lang sagte keiner von uns etwas, ich konnte einfach nicht. Es war, als hätte jemand meine Sprache geraubt. Keine Worte wollten sich in meinem Kopf zusammenfügen, alles war unzusammenhängend. Aber mein Herz schrie laut und deutlich eine Antwort, die keinen Zweifel zuließ. „Ja“, brachte ich nach einer Weile erstickt hervor und eine Träne lief meine Wange hinab. Alecs Lächeln wurde breiter, während er den Ring aus der Schachtel zog und ihn mir über die zittrigen Finger streifte. Seine Hand war völlig ruhig, wie immer. Ich betrachtete sein Gesicht- die gebräunte Haut, die markanten Gesichtszüge, die kleinen Fältchen um seine Augen herum, der leichte Bart um seinen Mund herum und schließlich seine himmelblauen Augen. „Ich liebe dich, Alec“, sagte ich und wir sahen uns gebannt an, für den Moment fühlte ich mich, als seien wir die einzigen Menschen auf der Welt. Dann lagen unsere Münder bereits aufeinander, unsere Hände waren eng ineinander verschlungen. Der Ring schmiegte sich warm an meinen Finger und all das fühlte sich so verdammt gut und richtig an. Ich dachte, dass niemand glücklicher sein können als ich. Ich würde Alec Chambers Frau werden und ich liebte diesen Mann aus vollem Herzen. Mit glasigen Augen blickte ich auf den lärmenden Verkehr, ich wusste nicht, wie lange ich hier schon saß. Meine Beine hatte ich auf dem roten Ohrensessel angezogen und noch immer trug ich meinen Pyjama. Wie ich es einfach nur hasste. Nicht nur, dass mich ständig irgendetwas an Alec erinnerte und er meine Gedanken einfach nicht in Ruhe ließ, nein. Nicht einmal meinen Schlaf gönnte er mir! Frustriert knirschte ich mit meinen Zähnen und erhob mich mit einem Ruck. Unruhig ging ich durch mein Wohnzimmer hin und her. Seit fünf geschlagenen Tagen war ich bereits hier und jede verdammte Nacht bis auf die erste hatte ich in irgendeiner Art und Weise von ihm geträumt! Nur einmal war es ein Traum gewesen, in dem er mich gejagt und geschlagen hatte, so wie ich es eigentlich sehen wollte. So, wie es mich daran erinnern sollte, dass ich nicht wieder nach Boston und zu ihm zurückkehren wollte. Nur ein verfluchtes Mal. Die anderen Male hatte ich von ihm geträumt, wie süß er war, mich umgarnte, wie er den Anschein weckte, mich wirklich zu lieben. Zum Beispiel von unserer ersten Begegnung und diesmal von unserer Verlobung. „Mistkerl!“, schrie ich in mein neues, kleines Appartement hinein. Ich wusste es doch besser! Ich wusste doch, wie er war- wie er damals wahrscheinlich schon bei unserer Verlobung gewesen war. Er hatte alles bis ins kleinste Detail geplant, sodass ich gar nicht hätte nein sagen können. Der Mann war ein Perfektionist, nichts schlug bei ihm fehl. Damals fand ich das noch toll, war davon berauscht gewesen. Aber der Kerl hatte das nicht nur geplant, um mir eine Freude zu machen, weil er mich voller Liebe hatte fragen wollen, ob ich ihn heiraten wollte. Nein, er hatte gewusst, dass ich ja sagen würde. Das war ja sein Plan gewesen, ich war schon längst in seiner Falle gewesen. Und an diesem Tag hatte er sie endgültig zuschnappen lassen. Sakura Haruno, das kleine Naivchen, das noch an Liebe geglaubt hatte und daran, dass das Funkeln in seinen Augen und das Grinsen seine Zuneigung ausdrückten. Nicht die Gewissheit über seinen Erfolg. Und trotz dieser Dinge, die ich über ihn wusste, wo ich ihn jetzt kannte- denn schließlich hatte er nach der Verlobung, da er mich sicher in der Hand hatte, nicht mehr so umsichtig mit mir sein müssen- schien ich immer noch etwas für den Kerl zu empfinden. Ihn zu vermissen. Und das Alles war das Schlimmste daran. Mühsam unterdrücke ich die Tränen und sah mich hilflos um. Wieso fing meine Arbeit in dem neuen Hotel erst morgen an? Wieso hatte ich mir fünf Tage Zeit gelassen, die Wohnung fertig zu machen und mich einzuleben? Die Wohnung war in drei Tagen fertig gewesen, alles stand an Ort und Stelle und ich hatte sogar noch einmal Dekoriersachen gekauft, um die Wohnung damit ein wenig persönlicher und gemütlicher zu machen. Das war sie wahrscheinlich auch, keine Frage. Dennoch verspürte ich noch immer nicht dieses heimelige Gefühl, diese Wohnung schien mir noch immer nicht meine eigene. Denver erschien mir noch immer fremd, obwohl ich in den letzten zwei Tagen einiges besichtigt hatte und durch die Straßen gewandert war. Ich war sogar jeden Morgen in dem Park in der Nähe joggen gegangen und kannte wenige Leute vom Sehen. Einer begrüßte mich sogar jetzt schon. Joggen. Das war es! Abgeschüttelt war diese Hilflosigkeit und Unruhe, die mich die ganze Zeit heute Morgen geplagt hatte. Ich lief in mein Zimmer, kramte meine Jogginghose und ein Tank-Top aus dem Schrank und machte mich damit zum Joggen bereit. Bis jetzt hatte mir das Laufen immer geholfen, meinen Kopf frei zu bekommen und da es erst zehn Uhr war, konnte die Sonne noch nicht allzu schlimm sein. Einen Sonnenstich würde ich also nicht riskieren und ich konnte vielleicht meine angespannten Muskeln ein wenig lockern. Ich würde mich nicht von den Gedanken an Alec herunterziehen lassen, ich musste etwas dagegen unternehmen! Der Typ hatte schon einmal versucht, mein Leben zu nehmen, das ließ ich nicht wieder mit mir machen. Mit der Zeit würden meine Gefühle für ihn schon weggehen und ich würde mich an Denver gewöhnen. Schnell band ich mir noch einen Zopf, nachdem ich mich eingecremt hatte, schnappte mir die Wohnungsschlüssel und startete. ~ Wie ich es erwartet hatte, war die Sonne noch nicht sonderlich heiß, aber dennoch schien sie warm auf mich runter und schon bald schwitzte ich durch mein dünnes T-Shirt. Außer mir befanden sich noch einige andere Menschen in dem großen Park und genossen das schöne Sonntagswetter. Einige hatten es sich bereits auf Decken auf dem Gras gemütlich gemacht oder saßen auf Parkbänken und andere wiederum spielten mit ihren Hunden oder joggten wie ich. Es war die typische Idylle, die man vermutlich in einem Reisekatalog finden würde und die jeden Menschen berührte. Und tatsächlich zauberte es mir ein Lächeln auf die Lippen, all diese Menschen glücklich zu sehen und das Lachen von Kindern zu hören, während ich die frische Luft genoss. Der Jogger -ein älterer Herr mit schütterem, grauen Haar und strammen Knochen-, der mich jedes Mal, wenn ich ihm begegnete, grüßte, kam mir entgegen und wieder hob er seine Hand zum Gruß. Schüchtern hob ich ebenfalls meine Hand und nickte ihm zu, während er an mir vorbei lief. Schmunzelnd senkte ich meinen Kopf und lief gemächlich weiter. Ich konnte nicht darüber klagen, dass die Menschen in Denver nicht nett waren. Die Stadt besaß genauso viele Einwohner wie Boston, war jedoch um einiges größer und dennoch konnte ich sagen, dass mir die Atmosphäre sehr gefiel. Auch wenn alles noch sehr ungewohnt war und es nur schwer war, sich nicht wie im Urlaub zu fühlen, gaben die Menschen einem ein herzliches Gefühl. Viele lächelten einen ohne Grund an, die Verkäufer waren immer besonders freundlich und einer meiner Nachbarn hatte mir direkt an meinem ersten Tag einen Kuchen gebacken. Zwar wusste ich nicht, ob ich Boston einfach nur wegen Alec in schlechter Erinnerung hatte, aber hier erschien es mir so viel schöner. Keine Menschen, die mich als Anhängsel von Alec Chambers betrachteten, die von oben auf mich herunter sahen. Keine Familie, die mir ständig in den Ohren lag, wie toll sie meine und Alecs Verbindung doch fanden. Keine Freunde, die scheinbar nur so taten und mir nicht zuhörten, wenn ich von meinen Problemen erzählen wollte- denn was gab es schon für Probleme, wenn man mit Alec Chambers verlobt war? Bis auf Marie waren das alles nur Scheinfreunde gewesen. Marie. Das rothaarige Model war in Boston meine beste Freundin gewesen und der einzige Mensch, mit dem ich noch Kontakt halten wollte- das wollte ich vorerst noch nicht einmal mit meinen Eltern. Ich hatte sie einmal angerufen, um ihnen zu sagen, dass es mir gut ging und sofort hatte mir mein Vater entgegen geschrien, ich solle gefällig zurückkommen, aufhören mich wie eine dumme Zicke zu benehmen und den Mann, den nur der Himmel geschickt haben konnte, heiraten! Das hatte mir gereicht. Marie hingegen hatte mit Verständnis reagiert und wir hatten bereits einige Stunden telefoniert. Natürlich war sie am Anfang sauer gewesen, weil ich auch ihr nichts von meinem Vorhaben erzählt hatte, aber im Nachhinein hatte sie es verstanden. Hatte mich getröstet und beruhigt. Die ganze Zeit hatte sie gemeint, dass sie zu mir kommen wollte, um mir zu helfen, aber das hatte ich abgelehnt. Niemand würde vorerst erfahren, wo ich zu finden war. Ich wusste, wie skrupellos Alec war und wie schnell er dann auf meiner Matte stehen würde. Er würde das dann schon herausbekommen. Irgendwie. Demjenigen vielleicht folgen. Ich traute ihm alles zu. Aber nicht, solange ich meinen Aufenthaltsort nicht bekannt gab und vorsichtig war. Wieder gruben sich tiefe Sorgenfalten in mein Gesicht, ohne dass ich es verhindern konnte. Alles, woran ich mich klammerte war, dass er wie alle anderen ahnungslos gewesen war. Immer wieder musste ich mir einreden, dass er mich schon nicht finden würde. Uns trennten schließlich über 1968 Meilen, dreitausend Kilometer. Das war unmöglich! Oder? Mir lief es eiskalt den Rücken runter. Plötzlich prallte ich gegen etwas Hartes und fiel mit einem heftigen Aufprall zu Boden auf den Gehweg. Eine Schmerzenswelle packte mich von meinem Hintern, auf dem ich gelandet war, bis in meinen Kopf. Leise stöhnte ich und fluchte innerlich. Verdammt, das kam davon, wenn man nicht auf seine Umgebung achtete! Meine Hände schmerzten von dem instinktiven Abfangen ebenso, dennoch rieb ich sie an meinem Hintern und versuchte den Schmerz zu vertreiben, der sich in ihm ausbreitete. Ich nahm erst wieder meine Umgebung war, als eine Stimme wütend zischte: „Können Sie nicht aufpassen? Wo haben Sie denn ihre Augen gelassen?“ Ohne dass ich es wollte, ruckte mein Kopf bei dem Klang dieser –eindeutig männlichen- Stimmen nach oben und das lag nicht allein an dem Tonfall oder den aufgeregten Worten. Die Stimme klang tief, mit einem Akzent aus diesem Teil Amerikas und dermaßen beherrscht und sicher, wie ich es selten gehört hatte. Das Gesicht, auf das ich nun meinen Blick warf, schien dem genau zu entsprechen. Ein Mann, ich schätzte ihn auf Ende zwanzig, mit so beherrschten Gesichtszügen wie seine Stimme saß mir gegenüber. Normalerweise schien er blass zu sein, nur jetzt überzog seine reine Haut eine leichte, rötliche Färbung. Mein Augenmerk lag jedoch überwiegend auf seinen Augen. Schwarze Onyxe. Er strich sich eine ebenso schwarze Haarsträhne weg, die ihm wie einige andere ins Gesicht fiel, und machte damit meinem förmlichen Anglotzen ein Ende. „Tut mir wirklich schrecklich Leid, ich hab für einen Moment nicht aufgepasst…“, begann ich zu stammeln und bemerkte, wie mein Kopf immer heißer und heißer wurde. Peinlich, peinlich, peinlich! Sicherlich wurde ich gerade rot wie eine Tomate- und ich hasste das! In wirklich peinlichen Situationen konnte ich mich einfach nicht zurückhalten damit. Und leider kamen die ziemlich häufig vor, man nannte mich auch den magischen Chaos-Anzieher. „Das habe ich gesehen“, erwiderte der Mann eisig und stand auf. Obwohl auch ihm sicherlich etwas weh tun musste, tat er es ohne mit einem Gesichtsmuskel zu zucken. Mit schnellen Bewegungen versuchte er sich den Schmutz von seiner Jeans abzuklopfen. Ein Blick zeigte mir, dass sie nicht ganz billig gewesen sein konnte. „Entschuldigungen Sie vielmals“, sagte ich noch einmal ziemlich kleinlaut und kam mir vor, als würde ich gerade auf die Hälfte meiner Größe schrumpfen. Und da er ungefähr einen Kopf größer war und gerade auf mich herunter sah, als wäre er Goliath persönlich, dachte ich, er würde gleich auf mir herumtrampeln. „Das nächste Mal sollten Sie aufpassen, wo Sie hinlaufen“, ging er gar nicht erst auf meine Entschuldigung ein und klopfte weiter auf seiner Hose herum. „Schließlich ist das hier ein Park und Sie denken doch sicher nicht, dass der um diese Uhrzeit völlig leer ist, oder?“ Wenn das überhaupt ging, wurde mein Kopf noch röter. Jetzt nicht nur aus Scham sondern auch aus Wut. Hielt der Kerl mich für völlig verblödet? Schnell stand auch ich auf, auch wenn nicht wie er ohne mit der Wimper zu zucken- mein Hintern tat höllisch weh. „Sie hätten mir auch ausweichen können, wenn Sie mich gesehen hätten“, erwiderte ich diesmal sichtlich angesäuert. „Aber anscheinend waren auch Sie nicht ganz bei der Sache. Also machen Sie mir nicht solche Vorwürfe. Ich habe mich entschuldigt.“ Die Worte schienen den Mann vor mir tatsächlich für einen Augenblick zu verblüffen. Er hielt in seiner Bewegung inne und sah mich einige Sekunden schweigend an. Die Intensität seines Blickes war atemberaubend und mein Herz klopfte schneller. Der Mann sah wirklich gut aus, das musste ich zugeben. Aus der Nähe betrachtet sogar noch mehr. Er strahlte etwas aus, was ich nicht in Worte fassen konnte. Jedenfalls etwas, was mich ganz und gar nicht kalt ließ. „Wenn es sie interessiert, ich stand mit den Rücken zu Ihnen hier“, sagte er und in seinen Augen glitzerte tatsächlich so etwas wie Spott. „Ich meine, ich habe keine Augen in meinem Hinterkopf, aber vielleicht Sie? Mit denen vorne scheinen Sie jedenfalls nicht besonders gut zu sehen.“ Meine Faszination ihm gegenüber fiel sofort ab, wie flüssiges Blei in kaltem Wasser. Und genauso fühlte ich mich auch- als sei ich in kaltes Wasser geschmissen wurden. Danach kam die Hitze wieder mit aller Macht zurück und ich musste mich zusammenreißen, um nicht auszuflippen. Dieser Tag hatte mit diesem Traum schon beschissen angefangen und jetzt auch noch das! „Nein, das interessiert mich in der Tat kein Stück“, erwiderte ich bissig und drehte mich schon um. „Und, ach ja, Sie sollten ihre Hose einfach in die Waschmaschine stecken, anstatt wie blöd auf ihr herumzuklopfen- falls Sie wissen, wie das geht. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“ Arschloch, fügte ich in Gedanken zu und lief einfach wieder los, zurück in meine Wohnung, in meinen kleinen Zufluchtsort. ~ Immer noch auf 180 schleuderte ich meine Laufschuhe in die nächstbeste Ecke und konnte nur mühsam einen frustrierten Schrei unterdrücken. Wirklich, die Sache mit dem frische Luft schnappen und dem Entspannen war wirklich eine super Idee gewesen! Ein weiterer Mann auf meiner Liste, der mich am liebsten erwürgen würde, war das Ergebnis. „Perfekt, Sakura, hast du toll hinbekommen…“, murmelte ich vor mich hin, während ich mich meiner Sachen entledigte und unter die Dusche sprang. Nur eine Sache konnte ich dem ganzen abgewinnen: ich war wenigstens auf andere Gedanken gekommen und es waren ausnahmsweise nicht blaue Augen, die mir vorschwebten, als ich unter der heißen Dusche stand und meine Aggressionen zurückhielt. Hoffentlich würde ich ihm nicht wieder begegnen, ansonsten würde ich wohl voller Scham im Boden versinken müssen. Aber was dachte ich da? Denver war eine Stadt mit über 500.000 Einwohnern, da bestand eine ziemlich geringe Wahrscheinlichkeit, dem Mann mit den schwarzen Augen wiederzubegegnen. Ich seufzte leicht. Nur noch heute, schoss es mir durch den Kopf. Dann würde mein Leben in Denver endgültig beginnen- mit meinem ersten Arbeitstag im Hotel Fire & Stone. Meine Erlösung, wie ich hoffte und endlich der Anfang dafür, Alec und alles, was mit ihm zu tun hatte, für immer loszulassen. ~ Huhu! Ich danke euch für eure Kommis & das doch einige die Geschichte gerne verfolgen würden. Das freut mich wirklich sehr, ehrlich:] Dieses Kapitel trägt natürlich immer noch irgendwo zur Einleitung bei, aber sicherlich könnt ihr euch denken, dass die Begegnung hier nicht irgendeine war- und das Sakura blond ist, hat natürlich seinen Sinn & Zweck;] Ich würde mich wieder über Feedback freuen:) *kekse hinleg* eure flyingAngel Kapitel 2: Ein 'spezielles' Hotel --------------------------------- Huhu! Ich weiß, mit dem Kapitel hab ich mal wieder lange auf mich warten lassen, aber ich hoffe, dass die nächsten Kapitel schneller kommen werden. Jetzt, wo langsam der Anfang gemacht wird, fällt es mir sicher leichter, die Geschichte vorwärts zu treiben :] Jedenfalls danke ich noch Lysette für ihre Hilfe bei diesem Kapitel- das war wirklich klasse! *knuddel* Und natürlich allen Kommischreibern, die die FF verfolgen. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen! Lg eure flyingAngel ~ So don't let the world bring you down. Not everyone here is that fucked up and cold. Remember why you came and while you're alive experience the warmth before you go. (Incubus- The Warmth) Im Allgemeinen war ich einigermaßen gut darin, Menschen zu durchschauen- obwohl sie das in meinem Fall leider ebenso gut vermochten und es wenige Ausnahmen wie Alec gab-, aber Tsunade Godaime, die Geschäftsführerin des Hotels Fire & Stone, war und blieb mir ein Rätsel. Ich hatte sie zwar erst einmal bei meinem Vorstellungsgespräch vor einem Monat gesehen, bei dem ich vor Aufregung kaum hatte denken können, aber dennoch. Ich glaubte nicht daran, dass sich das Rätsel um ihre Person jemals für mich lüften würde. Man konnte nie wissen, wie sie im nächsten Moment reagieren würde. Bei meinem Vorstellungsgespräch war sie zuerst heiter gewesen, dann scharf und ernst, dann wieder fröhlich und immer mit einer Spur Ironie. Ganz zu schweigen davon, dass sie zwar nicht so aussah wie die typische, seriöse Geschäftsfrau- sondern blond, vollbusig, Anfang 50 und dennoch ohne jegliche Falten im Gesicht-, aber sie war es durch und durch. Man brauchte ihr nur in die haselnussbraunen Augen zu sehen und wusste, dass sie eine Frau war, mit der man(n) immer rechnen musste und die sich nicht unterkriegen ließ. Vielleicht war es für mich diesmal von Vorteil, dass ich inzwischen wusste, dass ich bei ihr auf alles gefasst sein musste. Denn somit saß ich nicht wie beim letzen Mal vor ihr wie ein Waschlappen, sondern aufrecht und zuversichtlich. Ich rechnete mit allem und auch wenn die drei Kaffee mich ein wenig hibbelig gemacht hatten, hatten sie sicherlich dazu beigetragen, dass ich nicht vor Aufregung wegrannte. Denn aufgeregt war ich. Und wie ich das war. „Dann hätten wir also alles Weitere besprochen“, schloss Tsunade in diesem Moment ab und legte eine Akte beiseite. Die Ordnung in Person schien sie jedenfalls nicht zu sein, auf ihrem großen Holztisch stapelten sich nur so die Papiere und Akten. Meine Mutter war eine Ordnungsfanatikerin und hätte bei diesem Chaos augenblicklich einen Herzinfarkt bekommen, aber ich sah das bei weitem nicht so eng und fühlte mich eher wohl in dem Büro der Geschäftsführerin. Es war hellrot und weiß gestrichen und war, selbst für ihre Position, ein sehr geräumiges Büro. Der Bürotisch stand vor einem riesigen Bücherregal, was an zwei Wänden des Zimmers stand und das genauso unordentlich aussah wie der Tisch. Die einzige Ecke, die ordentlich war, war in der Nähe der Tür. In ihr standen zwei gemütliche Sessel und ein kleiner Tisch und ich erinnerte mich noch daran, dass diese beim letzten Mal ebenfalls ein einziges Durcheinander gewesen war. Ja, ich fühlte mich hier sehr wohl und konnte mir vorstellen, dass mein Büro ähnliche Formen annehmen würde wie dieses hier. Mein Lieblingsspruch zu diesem Thema hieß nämlich: Das Genie überblickt das Chaos. Wer Ordnung hält, ist nur zu faul zum Suchen. „Ich freue mich wirklich, bei Ihnen arbeiten zu dürfen“, sagte ich lächelnd und meinte es völlig ernst. Zwar waren mit dieser Arbeit viele Ängste verbunden und auch Selbstzweifel, dass ich es nicht schaffen würde und es falsch gewesen war, hierher zu kommen, aber auch eine ganze Menge Hoffnung. Hoffnung auf ein neues, freies Leben, in dem ich endlich glücklich werden würde. Und das aus eigenen Kräften. „Sie werden sich sicher schnell zurechtfinden“, erwiderte Tsunade und fügte hinzu: „Und wenn nicht, dann schmeiße ich Sie einfach raus.“ Die Blonde lachte herzlich, aber ich brauchte einen Moment, ehe ich verhalten einstimmen konnte. Hatte ich nicht eben noch gedacht, dass sie einen komischen Humor hatte? Jedenfalls konnte ich nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass sie das gerade nicht ernst gemeint hatte. „Wo bleibt denn dieser verdammte Kakashi?“, sagte sie im nächsten Moment und zog verärgert die Augenbrauen zusammen. Sie ließ sich nach hinten sinken und blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Wenn der Kerl nicht gleich kommt, drehe ich ihm den Hals um. Denkt der, ich hätte nichts anderes mehr zu tun oder würde der Sie hier stundenlang rumsitzen lassen wollen?“ Wer auch immer dieser Kakashi war, er würde gehörig Probleme bekommen, wenn ich das richtig sah. Der werte Herr war nämlich, so weit wusste ich’s schon mal, der Food & Beverage Manager, der Wirtschaftsdirektor, und besaß damit die Aufsicht über die verschiedenen Abteilungen des Hotels- wie meiner zukünftigen, dem Bankett. Außerdem hätte er mich vor etwas mehr als zehn Minuten abholen sollen, um, wie von Tsunade angewiesen, einen Rundgang mit mir zu machen und um mich einzuweisen. Nur Kakashi selbst schien anderes im Kopf zu haben- nur wenn er nicht aufpasste, würde er bald keinen mehr haben, wenn ich so in Tsunades überreiztes Gesicht sah. „Der Kerl kann nie pünktlich sein! Ich verstehe gar nicht, wieso ich den überhaupt eingestellt habe, dieser vermaledeite, idiotische…“, begann sie eine Schimpftirade auf den ominösen Kakashi, als sie ein plötzliches Klopfen unterbrach. Schnell bellte sie ein „Herein!“, bevor sie mir einen der-kann-was-erleben-Blick zuwarf. O weh. Die Tür wurde geöffnet und ein großer Mann, ich schätzte ihn auf Ende vierzig, betrat den Raum. Auf seinen Lippen lag ein riesiges Grinsen und ich dachte nur, wenn das Kakashi war, dann war er ziemlich mutig, Tsunade so entgegenzutreten. Oder auch geisteskrank. „Ich habe deine liebliche Stimme vernommen und musste einfach mal schauen, was wieder los ist“, erklärte sich der Mann und trat näher an den Tisch heran. „Hättest lieber in deinem Zimmer bleiben sollen, Jiraiya, sonst hast du gleich auch einen stecken.“ Ohne auf Tsunade zu achten, trat der Mann, namentlich wohl Jiraiya, auf mich zu und reichte mir immer noch grinsend die Hand. Wie Tsunade auch besaß er wenige Falten in seinem Gesicht, aber seine dunkelbraunen, fast schwarzen Augen strahlten eine Weisheit aus, wie ich es selten erlebt hatte. „Jiraiya Gotsume“, stellte er sich vor und ich schüttelte ihm die Hand. „Direktor des Hotels.“ „Sakura Haruno“, entgegnete ich und erwiderte zaghaft sein Lächeln. Fasziniert warf ich einen Blick auf seine ungewöhnlich langen, weißen Haare, die hinten von einem Zopf gehalten wurden. Sie waren weitaus länger als meine und sofort schoss mir die Frage durch den Kopf, wie lang der Mann keinen Friseur mehr gesehen hatte. Als er meine Hand wieder losließ, sah er zu Tsunade. „Ich hoffe, Miss Haruno ist nicht der Grund für dein, äh, Ärgernis.“ „Mach dich nicht lächerlich“, schnaubte die Blondine. „Wer kommt sonst über zehn Minuten zu spät, wenn nicht Kakashi, dein lieber Freund?“ „Sicherlich hat er sich nur verlaufen“, meinte Jiraiya grinsend. „Jiraiya Gotsume, treib keine Späße mit mir“, zischte Tsunade, aber auch um ihre Lippen spielte ein leichtes Grinsen. „Würde ich doch nie“, erwiderte der Geschäftsführer und setzte sich in den Stuhl neben mich. Er streckte sich gemütlich auf diesem aus und hob seine Arme nach oben, als würde er sich recken wollen. Mich hätte es nicht gewundert, wenn aus seinem Mund das Gebrüll eines Löwen gekommen wäre- zumindest umrahmten seine Haare sein Gesicht wie die Mähne eines Löwen. Anstatt dessen entwich ihm nur ein kleines Gähnen. Mir schwante bei all dem Böses, weswegen ich mich kaum traute, zu Tsunade zu sehen. Und tatsächlich. Ihr Auge zuckte gefährlich und eine Hand hielt sie bereits auf die Tischplatte gepresst. „Hast du schon wieder zu tief ins Glas geschaut, oder warum denkst du, du könntest hier dein Mittagsschläfchen halten?“, zischte sie. Jiraiya sah sie unberührt an, als wäre er solche Worte gewöhnt und nahm seine Arme wieder nach unten. Dennoch blieb er sitzen und sah weiterhin ziemlich entspannt und gelassen aus. „Nein, habe ich nicht. Aber sicherlich du, wenn ich mir so die rote Färbung deines Gesichts ansehe.“ Autsch! Das war eindeutig die falsche Antwort gewesen. Nur hatte ich das Gefühl, dass der Weißhaarige genau das beabsichtigt hatte. Allmählich kam ich zu dem Schluss, dass ich inmitten eines Gespräches gelandet war, was des Öfteren gehalten wurde. Nur wusste ich noch nicht, ob ich es amüsant oder unangenehm finden sollte. „Ich geb dir gleiche rötliche Färbung! Ich werde noch viel röter, wenn du so weiter machst, aber glaub mir, das wird dir garantiert nicht gut bekommen!“, fauchte Tsunade ungehalten. „Außerdem kannst du dann sicher sein, dass du eine rötliche Färbung bekommen wirst- nämlich dort, wo meine Hand landen wird!“ Jetzt beging Jiraiya wohl den zweiten Fehler heute: er lachte schallend. Mutig, wie ich fand. Denn würde Tsunade jetzt aufstehen und mit einer Sense vor ihm stehen, hätte mich das nicht weiter überrascht. Langsam musste ich zugeben, dass ich das ganze eher unangenehm als amüsant fand- wer wusste schon, wen Tsunade in ihrer Berserker-Wut angreifen würde. Ein ‚Gutes‘ würde die Sache allerdings haben: das wäre sicherlich eine Todesursache gewesen, die ich am allerwenigsten erwartet hätte. Zu meiner Überraschung allerdings spielte auch um Tsunades Mund ein leichtes Grinsen, wenn es auch in ihren Augen wie ein Gewitter blitzte. „Na, wenn du noch nichts getrunken hast und ich noch nichts getrunken habe, dann können wir beide uns ja etwas genehmigen“, meinte Jiraiya heiter und fügte an mich gewandt zu: „Jedenfalls wird es ihrer Hand dann schwerer fallen, mit meiner Wange Bekanntschaft zu machen.“ Und so ging es immer weiter. Ich sah von einer Person zur anderen und hörte mir an, wie sie sich gegenseitig versuchten auf die Palme zu bringen. Im Laufe der Zeit fragte ich mich ernsthaft, wo ich hier gelandet war. Gerade, als ich aufstehen wollte, um noch einmal auf mich aufmerksam zu machen, wurde die Tür ohne ein Klopfen geöffnet und herein schneite ein schlanker Mann mit einer Frisur, die mir sofort ins Auge stach. Sie war hoch und schief geschnitten und von grauer Farbe, obwohl er erst Mitte dreißig sein konnte. Außerdem wurde sein Mund von einem dunkelgrauen Tuch, passend zu seinem gleichfarbigen Anzug und den hellgrauen Haaren, verdeckt, was ich noch viel merkwürdiger fand. Obwohl ich es nicht mit Sicherheit wusste, erriet ich, dass es sich hierbei um Kakashi handeln musste. Merkwürdiger Kautz, genau wie die anderen beiden. „KAKASHI HATAKE!“, donnerte Tsunade auch so gleich los und bestätigte somit meine Vermutung. „‘Tschuldige, mir ist eine schwarze Katze über den Weg gelaufen und da musste ich einen Umweg nehmen“, erklärte der Grauhaarige und hob zur Entschuldigung seine Hand. „Aber da wir eh schon spät dran sind, werden wir auch sofort losgehen“, meinte er, gab mir einen Wink und ich verstand. Er wollte so schnell wie möglich weg hier und ich hatte, ehrlich gesagt, keinerlei Probleme damit. Tsunade rief Kakashi zwar noch einiges hinterher, als wir aus dem Raum verschwanden und in die Richtung der Eingangshalle gingen, aber der Mann schien sich vorübergehend Ohrstöpsel in sein Ohr gesteckt zu haben. „Tut mir leid, jetzt habe ich mich gar nicht vorgestellt“, sagte er, als wir in der Eingangshalle angekommen waren und blieb kurz stehen. „Kakashi Hatake.“ Er reichte mir seine Hand und ich wiederholte heute zum zweiten Mal meinen Namen. „Willkommen in unserem Team“, fügte der Grauhaarige hinzu und lächelte, zumindest, so weit ich das erkennen konnte. Ein wenig fasziniert von dem Mann vor mir nickte ich und murmelte ein: „Danke.“ Und bevor ich es mir verkneifen konnte, fragte ich ihn: „Sind Sie abergläubisch?“ Als ich es ausgesprochen hatte, hätte ich mir in demselben Augenblick auf die Zunge beißen können. Was war denn das für eine Frage und was ging es mich an? Der Mann war der Wirtschaftsdirektor, der F & B Manager, also mein direkter Vorgesetzter und auch wenn in der Hierarchie des Hotels noch Menschen über ihm standen, sollte ich es mir auf keiner Weise mit ihm verscherzen. Obwohl seine nächsten Worte mir zeigten, dass das nicht allzu schwer werden würde. „Ab und zu“, antwortete er achselzuckend und fügte trocken hinzu: „Jedenfalls fordere ich einige Dinge nicht unnötig heraus- wie zum Beispiel eine schwarze Katze oder voreilige Geburtstagswünsche. Wenn ich denn überhaupt mal an sie denke.“ Ich musste mir ein erleichtertes Lachen verkneifen und bemerkte überrascht, dass mich der Mann innerhalb weniger Minuten völlig entspannt hatte. „Wie Sie sich sicherlich schon gedacht haben, bin ich der Food & Beverage Manager in unserem wunderschönen Hotel Fire & Stone. Dann wollen wir also mal den Rundgang machen- machen Sie sich auf was gefasst!“ ~ Das Hotel Fire & Stone war ein auffallend modernes Hotel, das erst vor weniger als fünf Jahren renoviert und umgestaltet worden war. Aus dem eher rustikalen, ein wenig heruntergekommenen Bau war ein Hotel mit Design und Eleganz geworden. Die Farben der Außenwände beschränkten sich auf schwarz, grau und in einigen Elementen aus einem dunklen Rot. An dem Eingang prangte ein großes Schild mit den schwungvollen, kursiven Buchstaben Fire & Stone und dem dazugehörigen Emblem der Feuerblume. Zudem war der Eingang von beiden Seiten mit Marmorsäulen umgeben und einige Bete und Sträucher auf dem kunstvoll-gepflasterten Weg dorthin gaben dem Ganzen eine warme und heimische Ausstrahlung. Den größten Teil der Außenwand nahmen die Fenster ein, bei denen die ebenfalls schwarzen und roten Vorhängen den Einblick auf die Zimmer verwehrten. Die über 200 Zimmer selbst entsprachen dem Äußeren des Hotels- auch sie waren modern eingerichtet und gaben den Besuchern den nötigen Komfort. Unterschieden wurde zwischen Einzelzimmern, die durch die hohe Anzahl an Geschäftsreisenden weitaus häufiger vorhanden waren, und Doppelzimmern. Bei diesen gab es wiederum die Unterteilung in Nichtraucher und Raucherzimmern und in die speziellen Deluxe- und Superiorzimmer und den wenigen Suiten. Neben den Gästezimmern gab es jedoch noch acht Räume, die für Seminar-, Konferenz und Bankettveranstaltungen zur Verfügung standen. Sie variierten in ihrer Größe und waren variabel, um beliebig abgetrennt und vergrößert zu werden. Allerdings boten alle die gleiche moderne audio-visuelle Einrichtung. Der größte Raum unter ihnen war der Raum der Feuerblume, Fire Flower. Und in eben diesem Raum befand ich mich momentan und fühlte mich, als hätte man mich einige Minuten wie einen Cocktail heftig durchgeschüttelt. Der Rundgang durch das Haus hatte zwei Stunden lang gedauert und ich war mehr als heilfroh, dass er hier endlich sein Ende gefunden hatte. Ich konnte nichts anderes von dem Hotel sagen außer, dass ich beeindruckt war. Sehr sogar. Damals hatte ich nur in einem Hotel gearbeitet, das nicht besonders viel hergemacht hatte. Aber da es in der Nähe von meinem und Alecs Haus gelegen hatte und er sehr erpicht darauf gewesen war, dass ich bei dem Hotel blieb und bloß nicht höher aufstieg- was er mir früher natürlich nicht gesagt hatte, aber ich konnte mir inzwischen einiges zusammenreimen- war ich dort geblieben. Aber nachdem ich nun dieses Hotel besichtigt hatte, keimte in mir der Wunsch auf, dass ich früher doch in einem schöneren Hotel hätte arbeiten sollen. Ich hoffte, man sah es mir nicht an, aber ich war ein wenig eingeschüchtert von den edlen und wirklich geschmackvoll eingerichteten Räumen. Der Fire Flower war doppelt so groß wie mein damaliger größter Veranstaltungsraum und glich fast einem Ballsaal. Ich bemerkte, dass ich wahrscheinlich aussah wie eine glotzende Puppe, während ich mich in dem Raum umsah. Von der Decke hing ein großer Kristallkronleuchter, ansonsten hingen kleine Lampen an den Wänden, die den Raum in warmes Licht tauchten. Verstohlen strich ich über einen der mit champagnerfarbenen Polstern bezogenen Stühle, die um die weißen Tische überall herum im Raum standen. „Atemberaubend, nicht wahr?“, ließ mich eine Stimme kurz zusammenzucken. Ein wenig verwirrt sah ich auf, in das lächelnde Gesicht von Kakashi Hatake. Zumindest dachte ich, dass er lächelte, denn schließlich konnte ich seinen Mund nicht sehen. Nur anhand der Falten an seinen Augen konnte ich vermuten, dass er mich anlächelte. Ich nickte ein wenig zögernd lächelnd und ließ von dem Stuhl vor mir ab. „Sie sind sicherlich nicht die Erste, die von dem Saal beeindruckt ist, Miss Haruno“, sagte der Grauhaarige und ließ selber seinen Blick gedankenverloren durch den Raum schweifen. „Er ist sozusagen unser Schmuckstück.“ „Das kann ich verstehen“, erwiderte ich. Und das tat ich wirklich. Von allen Räumen, die ich bis jetzt gesehen hatte, war dieser am schönsten. Selbst die Eingangshalle mit dem großen Kronleuchter, den vielen roten, gemütlichen Sesseln und der Rezeption aus Marmorstein hatte mich nicht dermaßen beeindruckt. Ich konnte kaum glauben, dass ich hier arbeiten würde. Dieser Raum war der eine von acht, in denen ich Seminare, Konferenzen oder sonstige Veranstaltungen wie zum Beispiel Hochzeitsfeiern organisieren und betreuen würde. Eine ziemlich schwierige und aufwändige Arbeit, aber aus irgendeinem Grund… freute ich mich darauf. Auch wenn ich mich davor ebenso sehr fürchtete. „Sie schaffen das schon“, erriet Kakashi Hatake meine Gedanken. Der Mann war verdammt aufmerksam und ich konnte in seinen Augen lesen, dass sich dahinter ein scharfer Verstand verbarg und er bereits einige Erfahrungen gesammelt hatte. Ich schätzte ihn auf Anfang dreißig und sicherlich ließ sich nicht leugnen, dass er trotz der ungewöhnlich schiefen Frisur attraktiv war. Aber er war ja auch nicht umsonst mein direkter Vorgesetzter, unter dem alle Leiter der jeweiligen Bereiche des Hotels standen. Auch ich, die Leiterin des Bereichs ‚Bankett‘. Die Leiter der anderen Bereiche wie zum Beispiel Restaurant und Bar und einige anderen Mitarbeiter waren mir bereits vorgestellt worden, aber ich hatte mir nicht einmal die Hälfte der Namen merken können. Ich war einfach zu aufgeregt gewesen und für die flüchtige Bekanntmachung hatte mein Gedächtnis dann einfach nicht ausgereicht. Mit Sicherheit kannte ich eigentlich nur den Namen des Direktors, Jiraiya Gotsume, und den Namen der Geschäftsführerin, Tsunade Godaime. Bei dem Gedanken an die Streithähne huschte ein Grinsen über mein Gesicht, bevor ich es unterdrücken konnte. Die beiden pflegten wirklich einen merkwürdigen Umgang miteinander und auch wenn ich mir darüber nicht allzu viele Gedanken machen wollte, oder auch sollte, würde es mich nicht wundern, wenn dahinter mehr steckte. Wenn da im Moment nichts lief, dann würde es höchstwahrscheinlich bald dazu kommen. Denn soweit ich mich informiert hatte, war Tsunade nicht verheiratet. Wie es bei Jiraiya aussah, wusste ich nicht, aber er schien mir auch nicht der Typ für dieses Tamm Tamm. „So, Miss Haruno, der Rundgang wäre hiermit beendet“, erklärte Hatake nun und ich folgte ihm aus dem Raum nach draußen in den Flur des Erdgeschosses. Mein Büro befand sich ganz in der Nähe hiervon. Es war nicht besonders groß, aber genauso wie ich es mir vorgestellt hatte. „Sind Sie nun bereit für ihren ersten Arbeitstag?“ Pure Aufregung pulsierte bei diesen Worten durch meine Adern. „Ja.“ „Natürlich werden ihnen noch einige Menschen zur Seite stehen, damit sie sich einarbeiten können. Fürs erste wird ihnen besonders Kurenai Yuui helfen, unsere Veranstaltungsmanagerin, ich schicke sie gleich zu Ihnen. Bei Problemen wenden Sie sich jedoch einfach immer an mich.“ ~ Mein Rücken tat mir weh. Meine Füße taten mir weh. Meine Arme, Hände und jeder einzelne Finger tat mir weh. Ach, eigentlich tat mir alles weh. Ich hatte jetzt acht Stunden Arbeit hinter mir und davon hatte ich über die Hälfte der Zeit gesessen und mir Unterlagen durchgesehen, sowie Notizen gemacht. Meine Arbeit war bisher nur von jemandem erledigt worden, der das zeitweilig gemacht hatte und – ich musste es einfach sagen- ziemlich schlampig und unordentlich. Es hatte sicherlich eine Stunde gedauert, bis ich mit Kurenai einen Durchblick in die Unterlagen gefunden hatte. Ich lehnte mich an die Theke der Bar des Hotels und ließ mich tiefer in den Barhocker sinken. Ja, körperlich hatte ich Schmerzen und auch mein Verstand fühlte sich, als wäre er einmal durch den Fleischwolf gedreht worden. Dennoch verspürte ich auch tiefste Genugtuung. Eine enorme Zufriedenheit ging von meinem Magen aus und verteilte sich in alle Winkel meines Körpers, wie die Wirkung eines heißen Getränks an kalten Wintertagen. Mir war etwas klar geworden, während ich die unzähligen Akten durchgegangen war und mich durch die vielen Zahlen und Notizen durchgekämpft hatte. Ich war fähig dazu. Es würde hart werden und es war eine verdammte Herausforderung, aber ich würde sie bewältigen können. Und jedes einzelne Lächeln, jedes aufmunternde Wort Kurenais und Kakashis hatten dieses Gefühl der Zuversicht und damit das der Zufriedenheit bestärkt. So sehr, wie ich es lange nicht mehr gespürt hatte. „Na, den ersten Arbeitstag überstanden?“, erklang auf einmal eine Stimme hinter mir und kurz darauf ließ sich ein Mann neben mir auf einem Barhocker fallen. Er hob die Hand, um den Barkeeper zu signalisieren, dass er ein Getränk haben wollte und kurz darauf wurde ein Glas Sprudelwasser vor ihm abgestellt. Vermutlich seine Standartbestellung. „So gerade eben“, beantwortete ich die Frage lächelnd und sah ihm zu, wie er das Glas in wenigen Schlucken leerte. Ich strich mir eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und betrachtete ihn verstohlen. Er hatte blondes, ziemlich verstrubbeltes Haar und sah selbst erschöpft aus. Zwar trug er nicht mehr seinen Kochhut, aber seine weiße Kochjacke und die dazugehörige Hose identifizierten ihn eindeutig als einen Koch. Krampfhaft versuchte ich mich daran zu erinnern, wie er hieß, denn er trug kein Namensschild mehr, aber sein Gesicht erkannte ich wieder. Aber mehr, als dass er der Chefkoch in der Küche war, wollte mir beim besten Willen nicht einfallen. Wenn ich im Alter nicht Alzheimer bekommen würde- vorausgesetzt, ich hatte es nicht schon längst-, dann wusste ich auch nicht mehr. Im wahrsten Sinne des Wortes. „Bewundernswert“, bemerkte der Koch nun und hob seine Hand für eine weitere Bestellung. Diesmal nippte er nur an dem Glas Wasser, welches ihm gebracht wurde. Anscheinend hatte er einen wirklich harten Arbeitstag hinter sich- jedenfalls ließen ihn seine Augenringe nicht unbedingt fitter aussehen. Allerdings wollte ich auch gar nicht wissen, wie ich aussah. „Bewundernswert?“, wiederholte ich verdutzt. Das erste Mal drehte der Blonde sein Gesicht vollständig zu mir und entblößte dabei eine Reihe weißer, blitzender Zähne. „Ich finde es bewundernswert, dass du noch immer hier bist.“ Anscheinend musste ich ein ziemlich überraschtes Gesicht gemacht haben, jedenfalls vergrößerte sich sein Grinsen noch. Ich hatte noch nie ein solches Grinsen gesehen- sicher war es einzigartig. Dass er mich plötzlich duzte, störte mich dabei in keiner Weise. Ich hätte es eher merkwürdig gefunden, wenn er es anders gemacht hätte. „Du hast bereits Tsunades und Jiraiyas Bekanntschaft gemacht?“ Ich nickte und langsam begann ich eine Ahnung davon zu bekommen, wovon er redete. Auch auf meinen Lippen bildete sich ein süffisantes Grinsen aus. „Die beiden sind… speziell“, formulierte ich es vorsichtig. „Du meinst, merkwürdig und geradezu verrückt?“, versuchte er mir spöttisch zu helfen und als ich nickte, fügte er hinzu: „Nun, lass dir gesagt sein, dass alle hier in gewisser Art und Weise ähnlich sind. Zumindest hat jeder seine ‚spezielle‘ Art.“ „Hat das nicht sowieso jeder Mensch?“, stellte ich die Frage und drehte das Glas in meiner Hand gedankenverloren hin und her, während ihn den Koch beobachtete. Heute hatte ich wirklich einige seltsame Bekanntschaften gemacht, dachte ich. Ihn konnte ich sicherlich dazu zählen. „Klar, sonst wär’s ja auch langweilig“, erwiderte er leicht lachend. „Nur dachte ich mir, als ich hier angefangen habe: Irgendwie bin ich hier in einer Irrenanstalt gelandet. Und dann dachte ich…“ Die nächsten Worte sprach er nicht mehr aus, weil er ein Lachen unterdrücken musste, was seinen Körper bereits leicht vibrieren ließ. „Ja?“, versuchte ich ihm neugierig mehr zu entlocken. Sein Lachen war eindeutig ansteckend. Ich spürte den gleichen Reiz bereits in mir hochkriechen, meine Mundwinkel zuckten von Sekunde zu Sekunde immer verdächtiger. In den Augen meines Gegenübers blitzte es, als er seinen Satz zu ende führte. „Ich dachte, dass es mir egal sein kann, weil ich auch nicht besser bin und mich hier sicher sehr wohl fühlen würde- und so war es. Die Irrenanstalt hatte einen Irren mehr gefunden.“ Schnell fiel er in lautes Lachen, was er weiter zu unterdrücken versuchte und auch ich stimmte mit ein. Zwar hielt ich mir die Hand vor den Mund, aber schon bald reichte das nicht mehr. Gut, dass es bereits später am Abend war und sich momentan nur ein Gast an der Bar befand. Am Ende japste ich nach Luft und wischte mir verstohlen die Tränen aus den Augen. Wenn selbst jemand, der hier augenscheinlich schon ein wenig länger arbeitete, das ganze eine Irrenanstalt nannte- und das selbst heute noch-, dann war mein erster Eindruck wirklich nicht verkehrt gewesen. Irrenanstalt traf es in meinen Augen vielleicht noch nicht ganz, aber, wie ich es eben schon ausgedrückt hatte, war es hier wohl ‚spezieller‘ als woanders. Ich brauchte nur an die Streithähne Tsunade und Jiraiya und an den unpünktlichen Kakashi, sowie den lachenden Koch neben mir zu denken. „Trotz dieser schockierenden Offenbarungen denke ich, dass ich damit klar kommen werde“, meinte ich schließlich gespielt kühn und lächelte. Naruto nickte, immer noch breit grinsend, und leerte das Glas Wasser vor sich abermals in einem Zug, bevor er es endgültig beiseite stellte. „Das freut mich“, sagte er und streckte mir seine Hand entgegen. „Herzlich willkommen im Team. Mein Name ist Naruto Uzumaki, um mich noch einmal besonders ins Gedächtnis zu rufen.“ Ich glaubte nicht, dass er das nötig hatte. So schnell würde er sich garantiert nicht aus meinem Gedächtnis streichen lassen. Alle Menschen heute waren mir sympathisch gewesen, aber Naruto schien noch das gewisse Etwas zu besitzen, was ihn in meinen Augen interessanter machte als die anderen. „Sa-“, begann ich. „Sakura Haruno, ich weiß schon“, beendete der Uzumaki meine Vorstellung und schüttelte meine Hand. „Glaub nicht, dass wir nicht schon einiges über dich gehört hätten. Am Ende landet vieles in der Küche, glaub mir. Wände haben Ohren und die Küche ganz besonders.“ Die Beschreibung gefiel mir. Alles endete in der Küche, beim Essen. Kein Wunder, dass Amerika so fett wurde, die Anzeichen wurden immer offensichtlicher. Ein Blick auf meine Uhr zeigte an, dass es längst Zeit war nach Hause zu gehen. Morgen hatte ich Frühschicht und ich wollte nicht direkt am Anfang meiner Arbeit hier halbverschlafen durch die Gegend torkeln. Schnell griff ich nach meiner Jacke und meiner Tasche und stand auf. „Interessant. Klatsch und Tratsch verfolgt einen eben doch überallhin“, meinte ich noch schmunzelnd und fügte nach einem Augenblick hinzu: „Ich muss dann mal gehen. Wir sehen uns ja sicher bald wieder.“ Ich zwinkerte ihm zu und hob zum Abschied halb meine Hand. Er tat es mir gleich, berührte mich aber noch einmal kurz am Arm, um mich zurückzuhalten. Überrascht drehte ich mich noch einmal zu ihm um, schon halb im Gehen. „Ich denke, ich muss dich bei dieser Sache noch vor etwas warnen, bevor du gehst“, sagte er mit einem merkwürdigem Blitzen in den Augen. Fragend sah ich ihn an, aber das Grinsen auf seinem Gesicht wurde nur größer. „Die Küche mag eine Gerüchteküche sein, ja. Aber die Zentrale der Lästertanten ist eindeutig die Rezeption. Nimm dich vor den Damen des Empfangs lieber in Acht. Sie könnten beißen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)