Die Vergessenen von abgemeldet (Stargate Atlantis) ================================================================================ Kapitel 8: Hunt --------------- Die Sonne stach unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel und John war mehr als nur ein bisschen dankbar für den kühlen Schatten des Waldes, als sie sich nahe des Gates zur Rast niederließen. Zwei Tage waren vergangen. Zwei Tage, in denen sie unablässig gesucht hatten. Es hatte sich als schwieriger als erwartet herausgestellt, den unterirdischen Komplex der Wraith zu finden. Und noch schwieriger war es gewesen, einen geeigneten Zugang zu finden. Die letzten Stunden hatten sie damit verbracht fußläufig das Terrain nahe des auserwählten Einganges zu erkunden. Nichts sollte ihren Plan in Gefahr bringen. Wenn sie erst einmal mit der Rettung von Sheppards Team begonnen hatten, durfte nichts mehr schief gehen. Mit einem müden Lächeln nahm er die Feldflasche von Rhyan entgegen und genoss das Wasser, das seine ausgedörrte Kehle hinab rann. Er fühlte sich bereits wieder besser, die Schwäche war aus seinen Gliedern gewichen und der Schmerz seiner gebrochenen Rippe war zu einem dumpfen Pochen abgeklungen. Er hatte so viel anderes im Kopf gehabt, dass er gar keine Zeit gefunden hatte, über seinen mangelhaften körperlichen Zustand nachzugrübeln. Wenn er an die Flüge auf dem Rücken des Drachen zurückdachte, durchströmte noch immer pures Adrenalin seine Venen und ließ ihn kindlich grinsen. Er war ein Flieger mit Leib und Seele. Schon immer gewesen. Doch das war eine Erfahrung gewesen, wie er sie noch nie zuvor erlebt hatte. Wie auch. Er war tausend Tode gestorben, als er zum ersten Mal hinter Rhyan zwischen den mächtigen Schultern des Drachen platz genommen hatte und er die Muskeln unter sich gefühlt hatte, wie sie sich für den gewaltigen Sprung gen Himmel spannten. Wind und Geschwindigkeit hatten ihm dann sowohl seinen Atem als auch seine Sicht genommen und ihm nichts als sein wild jagendes Herz gelassen. Dann, als Arokh an Höhe gewonnen hatte, hatte er sich die Tränen aus den Augen gewischt und voller Ehrfurcht auf die weit unter ihm vorbei huschende Ebene geschaut. Es war berauschend. Einfach nur unglaublich und gab Sheppard einen Kick, den er mit keiner Flugmaschine würde erreichen können. Rhyan hatte sich zu ihm umgedreht und nur verschmitzt gelächelt, als er in jubelndes Gelächter ausgebrochen war. Er verschraubte die Flasche wieder und packte sie zurück zum Rest ihrer Ausrüstung. Diese Flüge waren gestohlene Zeit gewesen. Zeit, in der er seine erdrückende Sorge in den Hintergrund hatte schieben können. Doch jetzt galt es das Ziel, das sie sich gesetzt hatten und das so nah vor ihren Augen lag, auch zu erreichen. „Wir sollten nicht mehr viel länger warten. Ich habe meinen Leuten bereits viel zu viel zugemutet. Wenn die Mittagshitze vorbei ist, sollten wir angreifen.“ Rhyan saß neben ihm, den Rücken an einen Baum gelehnt und musterte ihn forschend. Und entgegen Johns Annahme erhob sie dieses Mal keinen Wiederspruch, sondern nickte leicht. Sie wusste, sie konnte ihn nicht länger daran hindern, seinem Team zu Hilfe zu eilen. Sie hatte ihr Möglichstes getan, um ihn wieder auf die Beine zu stellen, jetzt blieb ihr nur noch ihr Versprechen einzulösen und an seiner Seite zu kämpfen. Seine blauen Augen strahlten harte Entschlossenheit aus. „So sei es. Wenn das Glück uns hold ist, können wir es nach Sonnenuntergang wieder nach draußen schaffen. Der Vorteil wird auf unserer Seite sein, wenn die Wraith uns an die Oberfläche folgen und sie Arokh nicht sofort erkennen. Er wird unsere Flucht zum Gate decken.“ Sie streckte die Beine aus und schloss die Augen. „Wir werden deine Freunde da rausholen, das verspreche ich dir!“ John lächelte schwach. Sie kannten sich nicht wirklich lange, aber er hatte bereits herausgefunden, dass er ihr nicht allzu viel vormachen konnte, was seine innere Zerrissenheit anging. Sie schien genau zu spüren, wie sehr ihn die Sorge um diese drei Menschen niederdrückte und an seinen Nerven nagte. Er hatte auf den bisherigen Gate-Missionen bedauerlicher Weise schon das ein oder andere Expeditionsmitglied verloren. Doch sein eigenes Team hatte noch einmal zusätzlich einen vollkommen anderen Stellenwert. Auch wenn er versuchte sich das nicht zu sehr anmerken zu lassen. Es belastete ihn mächtig. Er beobachtete den Weg der Sonne und entschied, dass die Zeit wie zäher Sirup vorbei strich. Außer ein paar zirpenden Insekten und dem vereinzeltem Gezwitscher von Vögeln, war nichts in der Mittagshitze zu hören. Er wurde träge und schlief ein. Rhyan weckte ihn sanft aus dem Tiefschlaf, als die Sonne den Zenit bereits um ein gutes Stück hinter sich gelassen hatte. Die Hitze war nicht mehr so drückend wie noch vor ein paar Stunden und vom Meer wehte ein frischer Wind auf die Ebene. Es war Zeit zu gehen. Ohne ein weiteres Wort zu wechseln packten sie ihre wenige Ausrüstung zusammen, jeder für sich hoch konzentriert auf die vor ihnen liegende Aufgabe bedacht. Es war eine Befreiung, dass das Warten endlich ein Ende hatte und dass sie endlich etwas gegen die missliche Lage von Ronon, McKay und Teyla unternehmen konnten. Doch gleichzeitig nistete sich eine schmerzende Leere in Sheppards Magen ein, die Angst vor der Ungewissheit, ob er zu spät kommen würde. Er saß hinter Rhyan auf den schwarzen Hengst auf, der sie mühelos die restlichen Kilometer zu dem Eingang trug, durch den sie in den unterirdischen Komplex vordringen wollten. Der Weg zum Stargate würde weit sein, aber sie hatten keine andere Wahl. Für den Fall, dass einer der drei so stark verletzt war, dass eine Flucht zu Fuß nicht mehr möglich erschien, würde Arokh als Verletztentransport einspringen. Der Plan hatte wahnsinnig viele 'Wenns' und 'Abers', die John reichlich Kopfschmerzen bereiteten. Doch er hatte bislang kaum einen Plan erlebt, der nicht voller Eventualitäten gewesen wäre. Nicht hier, irgendwo in einer fernen unbekannten Galaxie. Markor stoppte auf der Kuppe eines bewaldeten Hügels, von dem aus sie den Eingang bereits sehen konnten. Hier ließen sie alle überflüssige Ausrüstung zurück und legten den Rest der Strecke fußläufig zurück. Weit und breit war kein Wraith zu entdecken, so dass sie ohne Schwierigkeiten den Eingang erreichten und in die Dunkelheit des dahinter beginnenden Tunnel eintauchten. Ein Handicap, welches John nicht bedacht hatte. Er blieb stehen und bemühte sich, seine Augen so gut es eben ging an die Finsternis zu gewöhnen. Doch schon wenige Meter hinter dem Eingang war die Schwärze so allumfassend, dass er nicht einmal mehr seine eigene Hand vor Augen sehen konnte. „Rhyan, warte.“ Er hörte, wie die junge Frau irgendwo vor ihm stehen blieb und sich zu ihm umdrehte. „Ich kann nichts erkennen.“ Sie gab einen Laut von sich, der irgendwo zwischen schuldbewusstem Murmeln und amüsiertem Kichern lag. Sie selbst hatte nicht die geringsten Schwierigkeiten, ihre Nachtsicht erlaubte es ihr sich ganz natürlich in dieser Dunkelheit zu bewegen. Dann spürte er, wie sie seine Hand ergriff und auf ihre Schulter legte. „Halt dich an meinem Shirt fest. Wenn mich nicht alles täuscht, sind es nur die weniger benutzten Nebengänge, die nicht beleuchtet sind. Früher oder später werden wir auf Fackeln stoßen.“ Sie wartete seine Bestätigung nicht ab, sondern wandte sich wieder um und begann vorsichtig tiefer in den Komplex vorzudringen. Sheppard hasste es, derart von jemandem abhängig zu sein und zu seinem Leidwesen verlor er nach einer weiteren Biegung auch endgültig die Orientierung. Immer wieder blieb Rhyan stehen, lauschte schweigend in die Schwärze hinein. Sie hatte aus den Gedanken des Colonels genug über dessen Freunde erfahren, dass sie deren Präsenz wahrnehmen würde, wenn sie nahe genug an sie herangekommen waren. Nur hatte sie keine Idee, wie weit sich diese unterirdischen Gänge verzweigen mochten. Sie konnten nur einen Joker setzen, welcher derart aussah, dass sie sich in den Bereich begeben würden, in dem die Wraith auch John gefangen gehalten hatten. Die Wahrscheinlichkeit war groß, dass das Team nicht allzu weit voneinander getrennt worden war. Zumindest hoffte Rhyan das. Zeit und Raum verloren hier unten an Bedeutung. Immer wieder waren sie gezwungen Wege zurückzugehen oder hastig in einen abzweigenden Seitengang auszuweichen, wenn sie vor sich Schritte wahrnahmen. Lediglich das Licht vorbeiziehender Fackeln kündete dann von dem sich nähernden und entfernenden Feind. Es war ein Katz und Maus spiel, dessen Falle jederzeit zuschnappen konnte. Als sich ihnen wieder einmal Schritte eines einzelnen Wraith nährten, drängte Rhyan den Colonel lediglich hinter die nächste Weggabelung und wies ihn an, still zu sein. Gegen die kühle Steinmauer gekauert warteten sie, bis die Schritte und das Licht auf Höhe der Kreuzung angelangt waren. Dann schnellte die junge Frau aus der Dunkelheit hervor, riss ihrem überraschten Opfer die Fackel aus der Hand und beendete dessen Existenz mit einem gezielten Stich ihres Dolches. Lautlos sackte der Wraith zusammen. „Hah!“ Rhyans Stimme klang in der dumpfen Stille des Ganges unheimlich und wurde in leisen Echos immer wieder zu ihnen zurückgeworfen. Triumphierend drehte sie sich zu Sheppard, die Fackel wie ein Zepter vor sich haltend. „Damit hätten wir ein Problem weniger. Hoffen wir, dass es noch ein wenig dauern wird, bis die anderen ihren Freund hier vermissen. Jetzt kommen wir wenigstens schneller voran.“ John kam nicht umhin, den letzten Satz als einen Seitenhieb auf sich zu beziehen, schwieg allerdings mit zusammengebissenen Zähnen. Würde er über die selben Fähigkeiten wie seine Begleiterin verfügen, wäre sein Team womöglich gar nicht erst in eine solch prekäre Lage gekommen. Und schließlich hatte sie Recht, Zeit war kostbar. Schnellen Schrittes huschten sie durch die Gänge. Sie mussten jetzt immer öfter und wesentlich früher vorbeikommenden Wraith-Gruppen ausweichen und Sheppard ertappte sich immer wieder, wie er an seiner Seite nach seiner Waffe tastete, nur um ihr Fehlen schmerzlich zu bedauern. Es war unheimlich in einem Bienenstock umherzustochern, ohne die speziellen Schutzvorkehrungen getroffen zu haben. Andererseits stieg dadurch die Hoffnung, dass sie sich ihren Freunden näherten, erheblich. In einem kavernenartigen Raum, von dem ein halbes Dutzend beleuchteter Gänge abgingen, machten sie Halt, um sich neu zu orientieren. Rhyan wandte ihren Kopf mal hier hin, mal dorthin, ehe sie die Augen schloss und scheinbar angestrengt lauschte. Ein schwaches Lächeln huschte über ihre Züge. „Das Glück ist auf unserer Seite.“ Sie wandte sich zu Sheppard um und blickte ihm voller Mitgefühl in die blauen Augen. Das unstete Licht der Fackeln ließ die Sorge, die sich über die Tage hinweg in seinem Gesicht eingezeichnet hatte, nur noch deutlicher hervortreten. Nach außen war er unglaublich stark und strotzte vor unbeugsamem Willen. Allerdings hatte sie auch den anderen John Sheppard gesehen, der aus Angst um die Menschen, die ihm am Herzen lagen, wie ein Hund litt und dessen Seele durch die stete Ungewissheit immer weiter zerrissen wurde. Diese Menschen konnten sich glücklich schätzen, jemanden wie ihn als Teamleader zu haben, und es gab ihr einen wehmütigen Stich, dass sie nicht zu diesen Menschen gehörte. Wenigstens konnte sie ihren Teil beitragen und sein Leid zumindest ein Stück weit lindern. Sie hatte die Präsenz von jedem seiner drei Teammitglieder gespürt. Bereits seit einiger Zeit. Und sie hatten sich ihnen kontinuierlich genähert. Doch jetzt war sie sich sicher, dass alle von ihnen noch lebten. „Sie sind ganz in der Nähe. Alle drei.“ Die Erleichterung, die nach diesen Worten über Johns Gesicht huschte, war immens und fast schien es, als würde er um ein paar Zentimeter wachsen, jetzt wo die Hauptlast von seinen Schultern genommen war. „Bist du dir sicher?“ Ganz konnte er seine Zweifel nicht aus der Stimme bannen und Rhyan nickte nur. „Dann los. Wir sollten sie nicht noch länger warten lassen.“ Von diesem Moment an überließ Rhyan dem Colonel den Vortritt und wies ihm lediglich den Weg, wenn sich die Gänge teilten. Es gelang ihnen durch einen weiteren Hinterhalt zwei Wraith auszuschalten und deren Waffen an sich zu nehmen. Rhyan blieb bei ihrem Schwert, welches sie seit einiger Zeit dauerhaft in der Rechten trug. John hingegen war dankbar, endlich etwas in den Fingern zu halten, von dem er wusste, dass er sich damit verteidigen konnte. Zumal er die übrigen Waffen an sein Team würde weitergeben können. Er hatte den Gedanken erwogen auch nach der Ausrüstung zu suchen, die ihnen abgenommen worden war, hatte sich allerdings recht schnell dagegen entschieden. Es war bedauerlich, aber nicht zu ändern. Rodney würde ausrasten und John schmunzelte bei dem Gedanken daran. Wirklich, er hätte nie gedacht, dass ihm diese drei Menschen einmal so sehr fehlen würden. Rhyan griff nach seinem Arm, als sie sich einer hell erleuchteten Kreuzung näherten und gab ihm mit wenigen Gesten zu verstehen, dass sich in dem nach rechts abzweigenden Gang mindestens vier Wraith aufhielten. Er nickte, ließ sich in die Hocke sinken und spähte behutsam um die Ecke. Der Gang mündete nach nur wenigen Metern in einen offenen Raum. Zwei gesichtslose Drohnen flankierten den Eingang, die anderen Wraith konnte er nur anhand ihrer Schatten in dem Raum dahinter erkennen. Sheppard drehte sich zu seiner Begleiterin um. Bevor er sich den Vieren annahm wollte er absolut sicher sein, dass nicht plötzlich noch eine kleine Armee unerwartet aus einem Nebenraum dazustoßen würde. Das schlichte Kopfschütteln genügte ihm und er hechtete mit einem gestreckten Sprung aus seiner Deckung. Zwei mehr oder weniger schlecht gezielte Schüsse aus dem neu gewonnenen Stunner genügten, und die Drohnen gingen getroffen zu Boden. John rollte sich ab, wobei er das protestierende Zucken in seiner rechten Seite geflissentlich ignorierte, und setzte schnellen Schrittes hinter Rhyan her, die bereits an ihm vorbei auf die zwei Wraith in dem Raum zustürmte. Der der Tür am nächsten stehende beging den Fehler, seinen Kopf in den Gang zu strecken, um nach der Ursache für den plötzlichen Lärm zu sehen. Zu spät erkannte er das herannahende Schwert, das ihm nur wenige Momente später den Kopf vom Rumpf trennte. Durch den Schwung weitergetragen, stolperte Rhyan durch den Eingang und entging nur knapp einem eigenen Treffer aus dem Stunner des verbliebenen Wraith. Der Schuss streifte sie an der linken Schulter und ließ sie mit einem unterdrückten Schrei zu Boden gehen. Schnell wurde der stechende Schmerz von einem unangenehmen Taubheitsgefühl abgelöst, doch ansonsten schien die Waffe keinerlei Wirkung auf sie zu haben. Sie stemmte sich hoch, doch Sheppard war bereits heran, wich einem weit ausholenden Schwinger des Wraith aus und hämmerte ihm den Griff seiner Waffe gegen die Schläfe. Wütend knurrend wich dieser zurück. Zu langsam. Rhyan schleuderte ihm ihren Dolch hinterher, der sich mit einem satten Schmatzen in die Kehle des Flüchtenden grub und dessen Leben beendete. Schwer atmend blieben Sheppard und Rhyan wo sie waren, mit allen Sinnen darauf konzentriert, ob der Lärm von anderen Wraith gehört worden war. Doch nichts rührte sich. Noch nicht. „Schnell jetzt. Wir werden nicht mehr lange unbemerkt bleiben, es ist nur eine Frage der Zeit bis andere hier vorbeikommen und die Leichen finden.“ Sheppard querte den Raum mit wenigen weit ausholenden Sätzen und verschwand im nächsten Gang, Rhyan dich auf den Fersen. Sie waren in einer Sackgasse angekommen, an deren Ende mehrere eisenbeschlagene Türen in den Stein eingelassen waren. John kamen sie nur allzu bekannt vor und weckten unangenehme Erinnerungen, die er mit kalter Entschlossenheit weit von sich schob. Die Tür, auf die Rhyan mit der Spitze ihres Schwertes wies, war abgeschlossen und ließ sich trotz immensem Kraftaufwandes keinen Millimeter bewegen. Frustriert trat der Colonel zurück. Allein diese Tür trennte ihn noch von seinem Team und es machte ihn rasend, dass er sie nicht zu öffnen vermochte. Rhyan schob ihn mit sanfter Gewalt zur Seite, so dass sie Platz genug hatte, um vor dem Schlüsselloch auf die Knie zu gehen. Rasselnd ließ sie die verschiedenen Schlüssel, die an dem Bund eines der getöteten Wraith gehangen hatten, durch die Finger gleiten. Es waren nicht viele und sie vermutete, dass für mehrere Türen ein und der selbe Schlüssel passte. Und tatsächlich, der dritte Versuch ließ den Schließmechanismus knarrend zurückgleiten und öffnete die Tür. Sie hatte nicht einmal mehr die Zeit den Schlüssel loszulassen, da wurde die Tür bereits nach außen aufgestoßen und schleuderte sie haltlos gegen den hinter ihr stehenden Colonel. Er fing sie ungeschickt auf und ging mit ihr zu Boden. Lediglich einen Schatten konnte er erkennen, der wie ein Derwisch aus der Dunkelheit des hinter der Tür liegenden Raumes auf sie zu schoss, dann warf er sich herum, Rhyan schützend unter sich ziehend. Doch der erwartete Angriff blieb aus. Sheppard blinzelte vorsichtig unter seiner Achsel hindurch, konnte allerdings nur ein paar schwere Stiefel erkennen. Stiefel, die er nur allzu gut kannte. „Ihre Schnelligkeit in allen Ehren, Ronon, aber in Zukunft sollten sie sich zumindest so viel Zeit lassen, dass sie Freund und Feind unterscheiden können.“ John setzte sich auf und grinste zu dem Krieger auf. Es war offensichtlich, dass er schon bessere Zeiten erlebt hatte, doch die Freude in den Augen des Mannes ließen diese Zeichen weit in den Hintergrund treten. Er neigte leicht den Kopf. „Colonel Sheppard. Wäre es anders, wären Sie und ihre Begleiterin längst tot.“ Sheppard zog eine Grimasse und ließ sich dann auf die Beine helfen. „Sie kommen spät.“ Teyla war unter der Türzarge erschienen, ebenso abgehärmt wie Ronon es war. Die Haut war bedeckt von Schmutz und angetrocknetem Blut, ihre Wangen eingefallen und blass. Trotzdem lächelte sie. „Aber es tut gut, Sie zu sehen.“ John reichte einen Stunner an Ronon weiter. „Ein Mutterschiff ist einfacher zu kapern als dieser verflixte Komplex!“ Sein Blick glitt an Teyla vorbei und suchte die Dunkelheit hinter ihr nach einem weiteren vertrauten Gesicht ab. „McKay! Sie können aus ihrer Ecke hervorkommen, es geht nach Hause.“ Rhyan hob eine Hand, doch Ronon kam ihr zuvor. „Sheppard... Rodney ist nicht bei uns.“ Der Colonel fuhr herum und der Blick, den er Rhyan in diesem Moment zuteil werden ließ, veranlasste sie augenblicklich zum zurückweichen. „Du hast gesagt...“ „John!“ Sie unterbrach ihn mit mühsam kontrolliertem Zorn. Sie konnten es jetzt nicht gebrauchen, sich sinnlos zu streiten. „Ich habe gesagt, dass ich sie alle drei gespürt habe und dass sie alle drei leben. Und das tue ich immer noch. Euer Freund ist ganz in der Nähe.“ Sie wies auf die Tür, die sich ganz am äußersten Ende der Sackgasse befand. „Aber er ist nicht allein.“ „Sie haben ihn geholt, vor weniger als einer halben Stunde.“ Die Athosianerin nickte Rhyan mit einem respektvollen Lächeln zu und nahm dankend den Dolch entgegen, den ihr die junge Frau reichte. „Aber es ist nicht das erste Mal.“ Mehr brauchte Sheppard nicht zu wissen. Er drängte sich an seinen Freunden vorbei und stürmte ohne weiteres Zögern durch die besagte Tür. Die anderen folgten fluchend. Das Bild, welches sich ihm bot, war ihm auf unangenehme Art und Weise nur allzu bekannt. Rodney kniete mit dem Rücken zur Tür, die Hände auf dem Rücken gefesselt, den Kopf zwischen den langen Fingern des vor ihm aufragenden Wraith. John sprang vor, überwand die wenigen Meter zwischen sich und seinem Freund mühelos und riss den Wraith mit sich zu Boden. Ein Überraschungseffekt war oftmals doch immer noch die beste Variante, einen Kampf zu beginnen. Ineinander verkeilt rollten sie noch ein Stück weiter, weg von Rodney. Mit verschleiertem Blick starrte dieser auf das um sich schlagende Knäul aus Armen und Beinen, ohne jedoch zu verstehen, was das für ihn bedeutete. Sein Bewusstsein schwand, geschwächt von den mentalen Angriffen des Wraith, und hätte Teyla ihn nicht aufgefangen, wäre er haltlos nach vorne direkt auf das Gesicht gestürzt. „Rodney? Rodney! Bleib bei uns, es geht nach Hause.“ Er stöhnte gequält, überzeugt dass es sich wieder nur um eine Täuschung seines Widersachers handelte. Niemand würde nach Hause gehen. Sheppard war bereits tot und nur der Teufel wusste, was in der Zwischenzeit mit Teyla und Ronon geschehen sein mochte. Nein, es war besser wenn er sich dem schwarzen Abgrund jetzt hingab und ebenfalls starb. Dann würde die Bestie niemals an das Wissen in seinem Kopf gelangen. Jemand durchtrennte seine Fesseln, was er mit mit einem unangenehmen Ziehen in seinen Fingern registrierte, als das zuvor abgeschnürte Blut plötzlich wieder durch seine Adern strömte. Taumelnd kam er auf die Füße. „Rodney, nicht schlappmachen jetzt.“ Das war eindeutig nicht die Stimme eines Wraith. Ganz und gar nicht. Zitternd öffnete der Wissenschaftler seine Augen und begegnete dem grimmigen Blick von Ronon, welcher sich allerdings augenblicklich in ein breites Grinsen verwandelte. „Na, wer sagt's denn.“ Noch bevor Rodney auch nur eine Chance hatte eine Frage zu stellen, wurde er auf dem Absatz umgedreht und zur Tür bugsiert. Er wehrte sich nicht und war ausgesprochen dankbar für die Stütze, die der große Krieger ihm bot. Dennoch warf er einen erschrockenen Blick über die Schulter zurück zu dem Wraith, der noch immer in einen heftigen Kampf mit seinem Angreifer verwickelt war. Hatten sich seine Augen doch nicht getäuscht, als er glaubte, dass Sheppard ihn aus dieser Misere befreit hatte? Sollte das heißen sein Freund lebte noch und gab sich grade alle Mühe, diesen Umstand doch noch zu ändern? Der Wraith befreite sich aus dem hartnäckigen Klammergriff des Colonels und schleuderte ihn mit einem verachtenden Knurren von sich. Nichts hatte ihn vor dem Erscheinen dieser Menschen gewarnt und die Tatsache, dass er bei dem Menschen, den sie McKay nannten, unmittelbar vor einem Durchbruch gestanden hatte, hatte ihn in seiner Aufmerksamkeit unachtsam werden lassen. Hass stieg in ihm auf und er setzte Sheppard nach, der in einer dichten Staubwolke nahe der Tür aufkam und für einige Herzschläge benommen liegen blieb. Die anderen Menschen entkamen in diesem Moment durch die offen stehende Tür, nur eine Frau blieb zurück und rannte ebenfalls los, um vor dem Wraith bei dem Colonel anzukommen. Rhyan gewann das Rennen, packte John am Arm und half ihm aufzustehen. Er schüttelte sich, um den Nebel vor seinen Augen loszuwerden, wäre dabei jedoch fast wieder zusammengebrochen. Er stützte sich wankend an der rauen Mauer ab. Er hörte Rhyan irgendetwas rufen und spürte, wie sie verzweifelt an seinem Arm zerrte. Dann trieb heißer Schmerz die drohende Ohnmacht zurück und katapultierte ihn zurück ins Hier und Jetzt. Warmes Blut rann Sekunden später über seine Brust und seinen Bauch. Der Wraith hatte ihn nur noch mit den Fingerspitzen erreichen können. Von Rhyan vorwärtsgezogen taumelte er durch die Tür und hinaus in den Gang, an dessen Ende er grade noch Teyla und Ronon ausmachen konnte, die Rodney in ihre Mitte genommen hatten und so schnell es ging flohen. Hinter ihm fauchte der Wraith in bodenlosem Zorn. Die schwere eisenbeschlagene Tür fiel mit einem ohrenbetäubenden Dröhnen ins Schloss, als Rhyan sie hinter sich zuwarf und mit fliegenden Fingern ihren Dolch zwischen Türblatt und Zarge rammte, dass sie vorerst verkeilt sein würde. Es würde den Wraith nicht aufhalten, aber es würde ihnen Zeit verschaffen. Sie wechselte einen kurzen grimmigen Blick mit Sheppard, dann rannten sie Schulter an Schulter hinter Ronon und Teyla her, um einen Weg nach draußen zu finden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)