The King of Iron Fist von abgemeldet (A new challenge) ================================================================================ Kapitel 7: Das Geständnis ------------------------- Gedankenverloren lief Kadaj durch den riesigen Garten, auf der Suche nach Cloud, der vermutlich immer noch am trainieren war. Unterwegs legte er sich bereits die passenden Worte zurecht, mit denen er das Gespräch beginnen wollte. „Hey Cloud, du geile Sau, da gibt’s was, das ich dir schon immer mal sagen wollte…“ Kurz blieb er vor einem einsamen Baum stehen, kratzte sich am Kopf und dachte über die Wirkung dieser Worte nach. Cloud würde sie wohl kaum ernst nehmen… Hwoarangs Stimme hallte durch seinen Kopf. „Naja, außer wenn er halt etwas weiblich ist… sanft und so“ Vorsichtig verlagerte Kadaj das Gewicht auf sein linkes Bein, bewegte die Hüfte ein klein wenig nach außen und legte die Hand so elegant wie möglich darauf. Um vieles zurückhaltender flüsterte er nun: „Ich will nur dir gehören…“ Er schlug die Hand an die Stirn. „Ooouh, das trau ich mich doch nie…“ „Was traust du dich nie?“ Kadaj wirbelte herum. Cloud stand hinter ihm, die Arme vor der Brust verschränkt und grinste ihn an. „Ähh… dich beim Training zu stören…“ „Warum wolltest du mich denn stören?“ „Hmm…“ Er zögerte. Was sollte er nur sagen? Was, wenn er eine Abfuhr erhielt? Was, wenn Cloud ihn auslachen würde? „Ich wollte dich etwas fragen…“, begann er zögerlich und trat verlegen mit dem Fuß ein paar Gänseblümchen platt. Vorsichtig schaute er auf und versuchte Clouds Gesichtsausdruck zu erkennen. Der lächelte nur und wartete darauf, dass Kadaj fortfahren würde. „Ich… naja… ich habe über deine Frage nachgedacht…“ „Welche Frage?“ „Naja… die von heute Morgen, weißt du nicht mehr?“ „Ob du in jemanden verliebt bist?“ Er grinste. Die Frage hatte er längst vergessen. „Ja..“ Kadaj sah wieder zu Boden. „Und, wer ist es? Xiaoyu?“ Verwirrt sah Kadaj ihn an. „Nee… ganz kalt.“ „Ach? Hmm… Ich komm nicht drauf, sag’s mir.“ Kadaj sah immer noch zu Boden. Ohne seinen Gegenüber ansehen zu können, ging er einen Schritt auf ihn zu. „Ich will es nicht so laut sagen…“ Cloud musste sich anstrengen, um die leise geflüsterten Worte zu verstehen. Fast von alleine beugte er sich etwas zu Kadaj herüber. Der überbrückte mit einem kleinen Schritt die letzten Zentimeter zwischen ihnen und flüsterte ihm leise ins Ohr, nicht ohne dabei sanft mit den Lippen seine Ohrmuschel zu berühren. Obwohl er so nah war, konnte Cloud die gehauchten Worte kaum verstehen, doch dann, auch wenn er es kaum glauben konnte, sickerten sie in sein Bewusstsein. „Ich liebe dich…“ Cloud wusste wirklich nicht, was er dazu sagen sollte. Sicher war es ein Scherz von Kadaj… Oder nicht? Kurz überlegte er und versuchte sich zu erinnern, ob er ihm vielleicht einen Grund gegeben hatte ihm solch einen Streich zu spielen, irgendeine kleine Gemeinheit, für die er sich vielleicht rächen wollte… Ihm fiel nichts ein. Eigentlich war es ja eher umgekehrt, nach der netten Frechheit von heute Morgen! Oder hatte Kadaj das etwa ernst gemeint? Clouds Gedanken kreisten und er schloss die Augen, um sie ordnen zu können. Wie einen schwachen Windhauch fühlte er eine zögerliche Hand in seinem Rücken, die ihm fast unmerklich die Wirbelsäule hinauf strich. Er konnte sich nicht rühren, und das alles glauben, konnte er erst recht nicht. Die Frage erklang leise, aber unerwartet in der Stille. „Kadaj… das ist ein Scherz oder?“ Was sollte er darauf antworten? Es war kein Scherz… Noch konnte er sich damit herausreden… Laut lachen und ihm auf die Schulter schlagen… doch was hätte er davon? Er würde wieder bei Null stehen, seinen Mut erneut zusammen nehmen müssen, und es schließlich ohnehin zugeben… dass es sein Ernst war… und dann würde Cloud es erst recht nicht glauben. Oder er müsste für immer alleine sein, in seiner Fantasiewelt leben, in der er es geschafft hatte, seine Gefühle in Worte zu fassen. In der er sich getraut hatte, es auszusprechen. Vielleicht würde Cloud es auch wollen? Er ließ den Kopf sinken. Was machte er sich da solche Hoffnungen? Die Vorstellung allein war absurd. Aber wenigstens die Wahrheit musste jetzt heraus, das war er seinen Gefühlen schuldig. „Es ist kein Scherz… Auch wenn du mich jetzt vielleicht auslachst, mich verachtest… Auch wenn du mich jetzt vielleicht nie mehr respektieren wirst…“ Ihm versagte die Stimme. Cloud wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Es war kein Scherz… Kadaj meinte es wirklich ernst, das spürte er. Doch was sollte er sagen? Ihn störte die Nähe nicht wirklich und er mochte Kadaj mittlerweile sogar, doch Liebe war das nun wirklich nicht. „Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll...“ Kadaj lehnte sich vorsichtig an ihn. Es war nicht das schlimmste, was hätte kommen können, doch eine wirklich erfreuliche Antwort war das nun auch nicht. „Sag was du denkst.“ Cloud dachte kurz nach. Dann versuchte er seine Gedanken in Worte zu fassen, möglichst ohne ihm dabei weh zu tun. Er hatte gespürt, wie Kadaj sich an ihn gelehnt hatte, tat aber nichts dagegen. „Ich mag dich eigentlich ziemlich gern... mittlerweile. Aber ich liebe dich nicht… ich steh einfach nicht so auf Männer.“ Eigentlich überhaupt nicht, fügte er in Gedanken hinzu, doch das sprach er lieber nicht aus. „Hab ich mir gedacht…“, murmelte Kadaj. Er hatte es unbekümmert daher sagen wollen, doch er hörte selbst die Traurigkeit aus seinen eigenen Worten heraus. Es war dieselbe Traurigkeit, die sich in seiner Brust ausgebreitet hatte, und wie kaltes Wasser von innen gegen seine Rippen zu drücken schien. Unerwartet spürte er Clouds Hand in seinem Rücken, die ihn stützte. Seine Beine zitterten. „Aber ich hätte gedacht, deine Reaktion wäre schlimmer.“, fügte er schnell hinzu. Er mochte diese Nähe, doch er wollte nicht als Heulsuse dastehen, und er wollte eben so wenig, dass Cloud ihn nur aus Mitleid umarmte. „Warum sollte ich dir böse sein für etwas, für das du nichts kannst? Aber wenn ich jemals rausfinde, dass du mich verarschst, werde ich dich für immer hassen!“ Kadaj lächelte schwach. „Keine Angst…“ Ein paar Sekunden standen sie noch so da. Dann fand Cloud, dass es langsam Zeit war, sich von Kadaj zu lösen. Verlegen blickte der ihn kurz an. Dann sah er lieber weg. Er konnte den Blick nicht ertragen. „Hey, schon okay“ Cloud legte eine Hand auf seine Schulter. „Meinst du nicht, dass ich wenigstens ein kleines bisschen… eine Chance hab?“ Cloud sah ihn ein wenig zweifelnd an. Nein, das dachte er wirklich nicht. „Naja, vielleicht irgendwann…“ Kadaj lächelte schwach, antwortet aber nicht. „Kopf hoch, jetzt werd nicht gleich zum Emo.“ „Na, so schlimm ist es nun auch wieder nicht.“ Kadaj lachte, und zum ersten Mal hatte Cloud das Gefühl, dass es ein ehrliches, befreites Lachen war, und kein schadenfrohes Grinsen. Dann jedoch sah er ihn ernst an. „Cloud… darf ich…“ „Hm?“ „… mich vielleicht entschuldigen? Für heute morgen?“ „Ach was, da gibt’s doch nichts zu entschuldigen.“ „Ich war fies zu dir… Obwohl ich es ja schon gemocht hätte…“ „Na das kann ich mir denken!“ Cloud strubbelte ihm durch die Haare, eigentlich um ihn zu ärgern, doch Kadaj schloss genüsslich die Augen und lehnte sich an ihn. Dann jedoch machte er eine etwas betrübte Mine und sah ihn wieder an. Kadaj druckste etwas herum. Es war ihm unangenehm darum zu bitten, doch aus einem unerklärlichen Grund wollte er es. Und vielleicht mochte Cloud es auch. „Naja ich… möchte…“ Er verstummte. Die Worte wollten ihm einfach nicht über die Lippen. Cloud sah ihn irritiert an. „Was denn?“ Kadaj sank ins Gras hinunter und ließ den Kopf hängen. Was sollte das jetzt? Er benahm sich wirklich seltsam, so kannte er ihn gar nicht… Ein paar Sekunden verweilte er da unten und regte sich nicht. Dann hob er langsam den Kopf. Sein Blick huschte kurz über Clouds Augen, sank aber schnell wieder. Scheinbar konnte er es nicht ertragen, wenn man so auf ihn herabsah. Dabei war er selbst Schuld, warum hockte er sich auch auf den Boden? Er hatte nun wirklich nichts getan, das seine Beine so zittrig hätte werden lassen können, dass er sich nicht mehr in der Lage befunden hätte, aufrecht stehen zu können. Ganz langsam hob Kadaj nun seine Hände, ungläubig beobachtet von Cloud, dessen Augen sich weiteten, als er erkannte, was er da vorzuhaben schien. Kadaj hatte sanft sein Hosenbein entlang gestrichen und begann nun schüchtern den Knopf zu öffnen. „Hey, Vorsicht!“ Cloud war einen Schritt zurück gesprungen. „Bleib da bloß weg!“ Fahrig befummelte er seine Hose, um zu überprüfen, ob sie auch noch geschlossen war und sich alles an seinem angestammten Platz befand. „Ich wollte doch nur…“ „Ich kann mir denken was du wolltest!“ Traurig sah Kadaj zu ihm auf. „Währe es so schlimm gewesen?“ „Ja! Weil ich nicht auf Männer stehe, wie ich dir bereits gesagt habe…“ Er drehte sich um, sah noch einmal zurück, zögerte kurz, doch dann ließ er Kadaj allein im Gras sitzend zurück. Das ging nun wirklich zu weit… Kadaj starrte ins Gras vor sich, in dem ein einsamer Marienkäfer ein kleines Gänseblümchen erklomm, und sich in die Luft erhob. Die Sonne stand bereits tief am Himmel. Er fühlte sich unsäglich einsam. Eine ganze Weile war vergangen, in der er stumm da gesessen und auf den Boden gestarrt hatte. Schließlich beschloss er sich endlich aufzurappeln. Es hatte keinen Sinn hier so herum zu sitzen. Davon würde er auch nicht weniger einsam sein. Er würde zurück zu Hwoarang gehen, ein wenig mit ihm herumalbern, vielleicht würde ihn das endlich aufmuntern. Ein kleines Stück war Kadaj durch das kurze Gras geschlurft, als er seinen Freund entdeckte. Er lag auf dem Rücken im Gras, den Kopf auf die verschränkten Arme gebettet, die Sonnenbrille verdeckte seine Augen. Erst als er direkt neben ihm stand, zog Hwoarang die Sonnenbrille ab, und blinzelte zu ihm hoch. „Hey Kumpel, und alles geritzt?“ Trotz seiner miesen Laune musste Kadaj einfach sarkastisch grinsen. Er erinnerte sich an Clouds Worte „Werd doch nicht gleich zum Emo…“ Ob ritzen wirklich gegen Depressionen half? Das konnte er sich kaum vorstellen. „Eher weniger…“ Kraftlos ließ er sich neben Hwoarang sinken. „Er ist abgehaun. Meint er wäre nicht schwul und so.“ „Ouh…“ Kurz überlegte Hwoarang was er tun sollte um ihn aufzumuntern. Er boxte ihm kameradschaftlich gegen die Schulter. „Bock auf Eis? Ich lad dich ein!“ Er grinste. Als Kadaj nicht eine Spur glücklicher davon schien, ebbte auch sein eigenes Grinsen ab. „Au scheiße, nicht mal Lust auf Eis??“ Sein Kumpel starrte nur ins Gras. „Dann vielleicht… Bock auf Sex?“ Langsam hob Kadaj den Kopf. Statt des erhofften, besser gelaunten Gesichtsausdruckes sah er in extrem wütende Augen, die ihn böse anfunkelten. „Mach dich nicht auch noch über mich lustig!!“ Abwehrend hob Hwoarang die Hände. „Okay okay… Sorry…“ Erneut ließ Kadaj den Kopf hängen, und schließlich seinen ganzen Körper wie leblos ins warme Gras fallen. Er lag einfach nur da und schwelgte in Depressionen. Sein Freund saß daneben und beobachtete ihn besorgt, doch so sehr er sich auch anstrengte, es kam ihm kein Einfall, wie er Kadaj aufmuntern könnte. Irgendwann, nach langem Schweigen, rappelte Kadaj sich schließlich auf. „Ich geh schlafen…“ „Mhm, gute Nacht dann.“ Zum Abschied hob Kadaj noch einmal müde seine Hand, wandte sich dann ab und trottete um das riesige Anwesen herum. Ständig musste er an Cloud denken und darüber, dass er gern in seiner Nähe sein wollte, es aber nicht konnte. Und gerade dadurch, dass er wusste, dass er nicht bei ihm sein konnte, wurde der Wunsch danach nur noch sehnlicher. Immer wieder kreisten seine Gedanken um Cloud, um seine Stimme, um seine Bewegungen, einfach alles an ihm schien göttlich… Ein leichter Schwindelanfall hinderte Kadaj am weitergehen und er blieb schwächelnd stehen, überwältigt von den Gedanken und Wünschen, die sich alle um dieses eine Bild in seinem Kopf drehten. Schwach stand er vor ihm, den Kopf vor Müdigkeit hängen lassend, oder vielleicht auch nur, weil er es nicht wagte, Cloud in die Augen zu sehen. Eine Hand legte sich sanft auf Kadajs Schulter, umschloss sie, streichelte sie, glitt zum Hals und legte sich um seinen Nacken. Vorsichtig wurde er näher gezogen und dann an die nackte Brust gedrückt. Kadaj schüttelte sich. Als ob es nicht schon schlimm genug wäre jemanden zu lieben, bei dem man wahrscheinlich nicht den Hauch einer Chance hatte, ständig plagten ihn Halluzinationen und Wunschträume. Endlich öffnete er die Augen um seinen Weg fortzusetzen. „Nicht schon wieder…“, schoss es ihm durch den Kopf, als er einige Meter weiter vor sich Cloud zwischen den Bäumen entlang streifen sah. Doch als er genauer hinsah, merkte er, dass es diesmal tatsächlich Cloud war, kein Trugbild, kein Traum. Schnell versteckte Kadaj sich hinter einem penibel getrimmten Busch, beobachtete seinen vorüberziehenden Angebeteten, und verfolgte ihn dann so unauffällig wie möglich. Als Cloud das Grundstück der Mishima Zaibatsu verließ, die Straße überquerte und in den großen Wald hinein stapfte, der dem riesigen Anwesen gegenüber lag, musste Kadaj einiges an Abstand zwischen sie treten lassen, um weiterhin unbemerkt bleiben zu können. Warum er Cloud überhaupt verfolgte, konnte er nicht mit Sicherheit sagen. Es war wohl einfach diese unbeschreibliche Anziehung, die er auf Kadaj ausübte, und die sich seltsamerweise mit der Abfuhr, die er ihm erteilt hatte noch verstärkt hatte. Vielleicht stimmt es, was man nicht bekommen kann, ist eben umso interessanter… Schnell huschte er über die Straße. Cloud war gerade zwischen ein paar eng stehenden Bäumen im dunklen Wald verschwunden. Natürlich wollte Kadaj ihn nicht aus den Augen verlieren. Ihm gefiel die Vorstellung hier allein mit seinem Schatz zu sein, ungestört, einfach nur Cloud und er, ganz alleine… Vielleicht war es nur die Angst von jemandem gesehen zu werden, die seinen Angebeteten dazu gebracht hatte, ihm einen Korb zu geben. Kadaj hatte den Waldrand erreicht und schlich zwischen den hohen, schattenspendenden Tannen umher. Hier und da linste er vorsichtig auf eine kleine Lichtung und hielt sich stets hinter den dicken Baumstämmen versteckt. Einige Minuten hatte er nun schon gesucht, doch langsam machte sich die Erkenntnis in seinem Bewusstsein breit, dass er Cloud wohl verloren hatte. Missmutig stapfte er nun zwischen den Bäumen umher, verzichtete darauf sich zu verstecken und suchte den Waldrand. Die hohe Schicht Tannennadeln machten den Waldboden weich, hier und da zwitscherten ein paar Vögel, ein Storch hämmerte irgendwo in der Ferne. Irgendie hatte Kadaj das Gefühll in die falsche Richtung zu laufen. Der Waldrand kam nicht in sein Blickfeld und auch die Bäume machten keine Anstalten sich auch nur ein wenig zu lichten. Plötzlich zerriss ein Schrei die warme Waldluft. Erschrocken wandte Kadaj sich nach rechts. Aus dieser Richtung musste es gekommen sein. Angestrengt und mit zusammen gekniffenen Augen starrte er in zwischen den Bäumen hindurch, doch nichts und niemand war zu sehen. Langsam bewegte er sich in die Richtung aus der es gekommen war. Vielleicht war Cloud etwas zugestoßen… Ein neuer Schrei. Nein, das war nicht Cloud. Die Stimme klang anders, dunkler, fremder. Nun rannte Kadaj zwischen den eng stehenden Baumstämmen hindurch, auf die Quelle dieser unheimlichen Geräusche zu. Sein Herz schlug schnell vor Aufregung. Sein Atem war schwer. Dann erkannte er etwas in der Ferne. Es war nur die Silhouette einer undefinierbaren Gestalt. So klein und verschwommen, dass es unmöglich war sie zu erkennen. Langsam schlich er näher. Nun erkannte er, dass es zwei waren. Der eine war alt, nicht besonders groß, aber auch nicht wirklich klein. Er trug einen dunklen Kampfanzug mit einem rotem, gebundenen Gürtel, Verbände um Hände und Füße und grinste hämisch. Die weißen Haare standen zu beiden Seiten ab. Dennoch wirkte die Gestalt nicht wirklich alt oder gar gebrechlich. Eher ging eine unglaubliche Kraft von der im Halbschatten liegenden Lichtung aus, auf der die Beiden standen. Bei der zweiten Gestalt war es schwer zu sagen, ob es sich um einen Menschen oder ein Tier handelte. Das Wesen stand gebückt und keuchte. Etwas großes, dunkles verdeckte einen Großteil seines Körpers. Endlich erkannte Kadaj wer es war. Die verwandelte Gestalt Jins kauerte sich dort auf den Boden, scheinbar im Todeskampf. Sein Oberkörper war nackt. Riesige schwarze Ornamente zogen sich wie Tätowierungen ober Brust und Arme. Der alte ging ein paar Schritte auf ihn zu. Auch Kadaj näherte sich den Beiden um zu hören, was dort los war. Einfach einzuschreiten getraute er sich nicht. Stumm kauerte er sich hinter einen großen Busch und lauschte dem Gespräch. Der Alte hatte sich zu Jin herunter gebeugt und sprach nur leise. „Siehst du Junge, du hattest keine Chance.“ Ein Hasserfüllter Blick war die einzige Antwort. Dann ein Keuchen. „Ich werde mir nehmen was mir zusteht.“, fuhr der Alte fort. „Die mächtigste Waffe der Welt. Deine Macht wird mein sein. Du kannst ohnehin nicht damit umgehn.“ Er grinste. „Schwächling.“ Der Alte holte zu einem vernichtenden Schlag aus. Ein lautes Lachen hallte durch den Wald. Plötzlich hielt er inne. Mitten in der Bewegung stockte er, das Lachen erstarb abrupt. Eine lange doppelschneidige Klinge steckte in seiner Brust. Ein letzter, hasserfüllter Blick traf Kadaj, der sein Schwert wie einen Speer geworfen hatte. Dann brach der alte zusammen, kippte zur Seite um und blieb regungslos liegen. Kadaj rannte zur Lichtung, zu Jin, der immer noch am Boden kauerte. Aufgeregt starrte er ihn an. Es waren kaum Verletzungen zu sehen, und doch schien Jin, der mehr einem Dämon als einem Menschen glich, unfähig sich zu bewegen. „Kadaj?“, stöhnte er und versuchte sich aufzurappeln, fiel aber wieder in die weichen Tannennadeln. Kadaj stützte den schweren Körper. „Was ist passiert?“, fragte Kadaj, der seinen Blick nicht von den schwarzen Ornamenten abwenden konnte, die sich über Jins Brust und Schultern zogen. „Er hat…“, Jin keuchte. Das Sprechen kostete ihn viel Kraft. „… die Arm…“ Er verlor das Bewusstsein. Kadajs Blick wanderte an Jins Armen hinunter zu den Handgelenken. Das war ihm bisher noch gar nicht aufgefallen. Schwere schwarze Eisenschellen umgaben Jins Hände. Schnell sprang Kadaj auf, sprang zu der Stelle, an der der Körper des Alten zu Boden gegangen war, zog das doppelschneidige Schwert aus dessen Brust und eilte zum bewusstlosen Körper Jins zurück, der ständig zu versuchen schien, die Verwandlung fortzusetzen, jedoch von irgendetwas daran gehindert wurde. Die Armschellen. Zwei gekonnte Schwerthiebe durchzuckten die kühle Waldluft und die Erste, dann die zweite Eisenschelle glitt hinab und schlug mit einem dumpfen Geräusch auf dem dicht mit Tannennadeln bedeckten Boden auf. Ein unmenschlicher Schrei zerriss die Luft. Jin öffnete die Augen. Sie waren vollkommen rot, glühend, als seien sie von innen heraus erleuchtet und völlig kalt. Die schwarzen Ornamente zogen sich weiter über den muskulösen Körper, der immer und immer weiter an Kraft zu gewinnen schien. Er riss den Mund auf und stieß einen weiteren Schrei aus, der nichts Menschliches an sich hatte. Die Zähne in seinem Mund wurden schärfer, länger, glichen bald den eines wilden Tieres. Er keuchte etwas, das Kadaj nicht verstehen konnte. Die langen Zähne schienen die Worte zu verschlucken. Etwas großes, Schwarzes – die Flügel auf Jins Rücken breiteten sich immer weiter aus, wurden riesig, bis sie ihre volle Größe erreicht hatten. Kadaj wich einen Schritt zurück und wurde sofort von den Beinen gerissen als der Dämon auf ihn losging und mit einer einzigen Bewegung zu Boden drückte. Eine Faust grub sich dicht neben seinem Gesicht tief in die Erde. Das verwandelte Gesicht Jins spiegelte keine Emotion wieder als es ihm in die Augen sah, Zentimeter entfernt von Kadajs eigenem Gesicht. Als sich die langen Zähne zeigten, wie um zum Todesbiss anzusetzen, wirkte dieser Halbdämon wirklich wie ein Raubtier, völlig ohne Gefühle, ohne Erinnerung, als sei der Mensch im Inneren des Körpers wirklich noch bewusstlos, und das Monster und dessen unglaubliche Kraft völlig ungezügelt und skrupellos, frei von jedem Gefühl oder Gewissen, das seine Zerstörungskraft hätte aufhalten können. Kadaj hielt dem leeren Blick der glühenden Augen stand, die ihn jedoch gar nicht zu sehen schienen. Er versuchte gar nicht erst sich zu befreien. Es hatte keinen Sinn, das hatte er schon gespürt, als sich die unglaubliche Energie in Jins Körper ausgebreitet hatte, eine Kraft die so unglaublich war, dass Kadaj sie beinahe auf der Haut spüren konnte, obwohl zwischen den beiden gute zwei Meter Platz gewesen war. Seltsamerweise spürte Kadaj keine Angst. Der Moment kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Würde gleich sein Leben noch einmal an ihm vorbei ziehen? Hoffentlich nicht. Das musste er sich nicht noch einmal antun. Sein Leben war nicht gerade so verlaufen, wie er es sich gewünscht hatte. Hätte er die Chance dazu, würde er wohl alles anders machen. Vielleicht hatte der die Chance dazu ja. Ob es ein Leben nach dem Tod gab? Gleich würde er es ja herausfinden. Vielleicht. Oder vielleicht würde ja auch einfach nur alles vorbei sein. Dann würde er überhaupt nichts mehr herausfinden. Nicht, ob er bei Cloud eine Chance gehabt hätte, oder ob er sich nicht doch noch hätte ändern können. Hatte er das nicht schon längst? Er war definitiv nicht mehr der Selbe wie früher. Vielleicht war es alles so geplant. Er hatte immer überlebt, um die Chance zu bekommen, sich zu ändern. Das hatte er geschafft. Sein Leben konnte also ruhig hier enden. So konnte er sich auch die Peinlichkeit ersparen Cloud noch einmal gegenübertreten zu müssen. Oder die Hoffnung, dass es doch noch etwas mit ihnen beiden geworden wäre. Er würde nie herausfinden wie es war, geliebt zu werden. Wirklich schade. Er schloss die Augen. Immerhin endete sein Leben mit einer guten Tat. Er hatte einen Freund vor dem Tod gerettet und endlich einmal einen von der Bösen Seite gekillt, anstatt immer selber auf dieser Seite zu stehen. Das war ein schöner Abschluss. „Hey, Kazama!“ Was? War er nicht schon tot? Er spürte, wie der Dämon über ihm sich bewegte, von ihm abwandte. Kadaj wagte es ein Auge zu öffnen um zu sehen, woher die Stimme kam. Der rote Haarschopf hob sich auffallend vom Grün der Tannen hinter ihm ab. Es war Hwoarang, der an einen Baum gelehnt stand. Seine Körpersprache war wie immer halb lässig, halb genervt und Miene hatte einen spöttischen, aber doch angespannten Ausdruck. Augenblicklich war Kadaj frei. Verdutzt rappelte er sich auf. Sein Leben schien doch noch nicht hier zu enden. Hwoarang grinste ihm kurz zu, dann stürzte er mit einem Hechtsprung zur Seite. Der Baum, gegen den er sich vor einer Sekunde gelehnt hatte stürzte krachend zu Boden. Plötzlich war Kadaj wieder völlig klar. Er musste seinen Freund retten, doch gleichzeitig musste er auch darauf achten, dass Jin nicht zu sehr verletzt wurde. Sicher wollte Hwoarang die Situation nutzen. „Lauf!“ Verdutzt sah Kadaj Hwoarang nach, der zwischen den Bäumen verschwand, gefolgt von dem rasenden Dämon, der in blinder Wut jeden Baum umriss, der ihm im Weg stand. Kadaj beschloss zu tun, was Hwoarang ihm geraten hatte. Er verschwand zwischen den Bäumen am Rande der Lichtung, nahm einen kurzen Umweg und rannte dann dorthin, wo er auch seinen Freund bald vermutete. Die Wiese zwischen den Bäumen hinter dem riesigen Gebäude der Michima Zaibatsu, auf der sie sich kennen gelernt hatten. Es war bereits dunkel, als er dort ankam. Ein letzter orange farbener Schimmer stand tief am Himmel. Zunächst konnte Kadaj niemanden sehen. Er schreckte zusammen, als er die bekannte Stimme aus einer Dunklen Ecke bei dem Eingang hörte, vor dem sie erst heute Morgen auf ihre Prüfung gewartet hatten. „Das war ein Spaß, oder?“ Hwoarang lachte. Kadaj konnte dem nicht zustimmen, also sagte er lieber nichts, sondern setzte sich nur wortlos neben ihn. „Jin ist so ein Trottel. Echt nervig, der Typ.“ Kadaj verschränkte selbstzufrieden die Arme hinter dem Kopf und lehnte sich an die steinerne, dunkle Wand des Einganges in dem sie saßen. Kadaj beschloss, auf das Thema lieber nicht zu antworten. Er war nicht der selben Meinung und wollte lieber keinen Streit vom Zaun brechen, darum lenkte er vom Thema ab. „Wie hast du mich gefunden?“ Das interessierte ihn wirklich. „Eigentlich wollte ich mir nur ein Eis holen. Du wolltest ja keins. Naja ich bin losgegangen, weil da unten an der Straße kommt nachmittags oft ein Eiswagen vorbei. Die haben echt gutes Schokoladeneis, sind aber ziemlich teuer. Echter Wucher, sag ich dir! Aber naja, was soll man machen, hier oben gibt es keine andere Alternative. Deshalb können sie die Preise so hoch ansetzen, wie sie wollen. Dreist, oder?“ Kadaj runzelte die Stirn. „Und wie hast du mich dann im Wald gefunden?“ Hwoarang setzte sich auf. „Ach ja, genau.“ Seine Miene erhellte sich, als er von seiner Heldentat berichtete, die er beinahe vergessen hatte. „Ich hab gesehn, wie du in den Wald gelaufen bist. Ich wusste ja, dass es dir grade nicht so gut geht. Irgendwie hatte ich die Befürchtung, du wolltest dich im Wald erhängen oder so.“ „Erhängen?“ Kadaj sah ihn ungläubig an. „Naja, du hättest dich mal sehn sollen. Aber naja, am Ende war's ja doch nicht so und du wärst nur beinahe unfreiwillig gestorben.“ Er grinste. Kadaj boxte ihn gegen die Schulter, sodass Hwoarang umkippte. „Ich hab dir gesagt, mach dich nicht drüber lustig.“ „Okay, sorry. Das wird schon, wart’s ab. Irgendwann ändert er seine Meinung vielleicht noch. Er ist ja noch jung und so. Ich schätze mal deine andere Alternative ist jetzt keine Alternative mehr?“ Er grinste wieder. Kadaj wusste genau was er meinte. „Er kann nichts dafür, er hat mich nicht absichtlich angegriffen.“ „Absichtlich vielleicht nicht, aber es zeugt von Schwäche, ich denke nicht, dass du so einen Schwächling wirklich toll findest?“ Kadaj verdrehte die Augen. Gut, dass es dunkel war und Hwoarang es nicht sehen konnte. „Das hab ich gesehn.“ Okay, er konnte es doch. „Hey, mal im ernst. Was findest du an dem? Der ist ein Vollidiot, der nur bisschen was kann, weil er aus einer Familie von Kampfsportlern kommt, die ihn schon als Kind verhauen haben. Er ist kein Kämpfergeist, so wie wir.“ Kadaj seufzte. Es hatte wenig Sinn, mit Hwoarang darüber zu reden. Der einzige Vorteil, der in diesem gegenseitigen Abscheu lag, war wohl der, dass der abgrundtiefe Hass in Jin, sogar den Dämon dazu gebracht hatte, Hwoarang sofort anzugreifen, und von seinem Opfer abzulassen. Oder es war einfach der impulsive Instinkt eines Raubtieres, das auf alles losgeht, was sich bewegt, ohne darüber nachzudenken? Auf jeden Fall verdankte Kadaj seinem Freund sein Leben. Und er war froh darüber, dass dies nicht sein letzter Tag gewesen war. „Danke.“, sagte Kadaj. „Hä?“, fragte Hwoarang verdutzt. Die Danksagung war völlig aus dem Zusammenhang gerissen. „Dass du mir das Leben gerettet hast…“, Kadaj widerstrebte es, die Worte auszusprechen, obwohl sie an jemanden gerichtet waren, den er gern mochte. „Ach was, vergiss es.“ Hwoarang grinste. „Gib mir morgen ein Schokoeis aus, dann sind wir Quitt.“ „Mein Leben ist nicht mehr wert als ein Schokoeis?“ Kadaj klang beinahe schon beleidigt. „Nichts ist mehr wert als ein Schokoeis von dem Eiswagen hier. Wenn du morgen die Preise siehst wirst du das genauso sehn.“ Beide lachten. Was ein verrückter Tag. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)