The Healing Touch von MayTanner (This was love at first sight, love everlasting, a feeling unknown, unhoped for, unexpected...) ================================================================================ Epilog: Closure --------------- Einen Monat später… Kanadische Wildnis, Provinz Alberta Der frisch gefallene Schnee knirschte leise unter dem schweren Tritt des Mannes, der nur eine Lederjacke über einem karierten Holzfällerhemd trug und dennoch nicht den Eindruck erweckte, daß er fror. Die Sonne war eben erst aufgegangen, so daß die unbefleckte Schneedecke in ein warmes, orangerotes Licht getaucht wurde. Die Frau, die neben ihm durch den Schnee stapfte, war in einen dicken Winterparka gehüllt, dessen Kapuze mit Fell verbrämt war. Sie trug im Gegensatz zu ihm Handschuhe und wattierte Stiefel, die der durchdringend kalten Nässe trotzen konnten. „Logan? Kannst Du mir nicht endlich erklären, was wir hier wollen? Ich dachte, ich soll eine kurze Auszeit nehmen, um mich von dem Streß der letzten Wochen zu erholen!“, fragte die junge Frau, deren Nasenspitze schon leicht rötlich anlief, in einem ungehaltenen Ton, wobei sie ihren Begleiter an der Hand zog, der jedoch keine Anstalten machte, seinen strammen Marsch zu unterbrechen. Die kleinen Atemwolken, die sie in kurzen Abständen ausstieß, ließen in ihr gerade den Vergleich mit einer dampfenden Lokomotive durch den Kopf gehen, die bei dem Tempo sehr bald schlapp machen würde. „Es dauert nicht mehr lange, Candy! Ich wollte dir unbedingt etwas zeigen… Danach gehen wir, wohin Du auch willst! Ich weiß, daß es ein wenig ungemütlich ist!“, antwortete Logan, ohne sich wirklich für die Unannehmlichkeiten der Reiseumstände zu entschuldigen. Das hatte Candy auch gar nicht erwartet. Eigentlich tat es ihr ganz gut, von der Wildnis und der Natur eingehüllt zu sein. Weit weg von allem, als wären sie auf einem anderen Planeten. Die winterliche Pracht hatte sie in der Großstadt nicht auf diesen überwältigenden Anblick vorbereiten können. Dieses strahlende Weiß war beinahe blendend und so allgegenwärtig. Es waren wirklich anstrengende Wochen gewesen, in denen sie den Morlocks geholfen hatte, die Kranken zu versorgen, die bei ihnen Zuflucht suchten, weil sich das Legacy Virus immer noch in der Bevölkerung der Mutanten ausbreitete. Hank hatte mit Hilfe ihrer Tränen an einem Gegenmittel gearbeitet, allerdings hatte es bis zum Erreichen dieses Zieles einige betrübliche Verluste gegeben. Das Virus war höchst ansteckend und nach Erreichen des dritten Stadiums nicht mehr heilbar. Sie selbst war dagegen vollkommen immun, nachdem sie ihm ein einziges Mal ausgesetzt gewesen war, aber selbst zu überleben und anderem beim Sterben zusehen zu müssen, war eine ziemlich niederdrückende Erfahrung. Candy hielt überrascht inne, als sie den Wald verließen, durch den sie bisher gestakst waren. Sie gähnte müde, weil sie als Stadtmensch nicht so tief schlafen konnte, wenn sie draußen in den Wäldern hauste, in denen sie Wölfe jaulen hörte. Hier gab es bestimmt auch Bären und selbst in Logans Begleitung verursachten ihr die Geräusche der (un)stillen Nacht eine Gänsehaut, sie konnte gar nichts dagegen tun. „Das ist ja eine Geisterstadt!“, rief Candy erstaunt aus und starrte auf die verfallenen Holzgebäude, die im Laufe der Jahre verwittert und in sich zusammengefallen waren. Logan drückte ihre Hand und führte sie weiter durch den Schnee, der sich auch auf die alten Ruinen gelegt hatte. Alte Holzgebäude, die aussahen wie die Kulissen aus einem Western. Fehlte nur noch, daß kreischende Geier darüber kreisten, obwohl sich die Viecher hier nur den Hintern abfrieren würden, ganz genau wie sie selbst. Allerdings entdeckte sie tatsächlich ein paar Spuren im Schnee, die wohl Tiere auf der Suche nach Nahrung hinterlassen hatten. Logan schien sich hier blind zurechtzufinden, denn er führte sie quer durch die Stadt, um dann ein eingefallenes Gemäuer zu umrunden, das wohl früher die Kirche am Ort gewesen sein mochte. Candy rann ein kalter Schauer über den Rücken, als sie erkannte, wohin Logan sie geführt hatte. Ein Friedhof. Das erinnerte sie stark an die Zeremonie, der sie vor drei Wochen beigewohnt hatte, auch wenn dies in einem völlig anderen Umfeld geschehen war. Marie und Robert hatten ihren alten Schulfreund, St. John Allerdyce, zu Grabe getragen, der schließlich doch dem Legacy-Virus zum Opfer gefallen war. Obwohl Pyro Rogue bei seinem Angriff vor ein paar Monaten schwer verletzt hatte, hatten die beiden ihm zu Ehren eine Trauerfeier arrangiert. Er war schließlich nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen, weil das Virus sich auch im Gehirn einnistete und dort die Kontrollmechanismen der Mutation außer Kraft setzte. Die Befallenen wurden unberechenbar, aggressiv und töteten schließlich jeden, der sich ihnen in den Weg stellte, bis ihr Körper innerlich regelrecht implodierte und sie tot zusammenbrachen. Eine schreckliche Art zu sterben, ausgedacht von einem abscheulichen Wissenschaftler, der mit den Genen der Menschheit herum experimentierte, als wäre ein Möchtegern-Gott, der die Welt nach seinen Regeln neu erschaffen wollte. Ein neu entdeckter Feind der X-Men, den sie bis aufs Blut bekämpfen würden. Logan führte sie mit schlafwandlerischer Sicherheit zu einer bestimmten Stelle, wo der Schnee vollkommen unberührt lag, den er mit bloßen Händen fort wischte, nachdem er ihre Hand losgelassen hatte. Darunter kam eine Schieferplatte zum Vorschein, auf der verblasste Buchstaben eingemeißelt waren, die früher wohl mit Goldfarbe ausgemalt gewesen sein mußten, wenn Candy das Glitzern in ein paar Lettern richtig deutete. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte, die den Buchstaben einen Sinn zu geben. „Grace Edmonton, born 25.04.1884, died 18.11.1937“ Mehr stand dort nicht zu lesen. Kein Spruch, der sie als geliebte Tochter oder treue Ehefrau auswies. Candy fand das zu traurig, obwohl sie die Frau ja gar nicht gekannt haben konnte. Und dann verstand sie, daß es Logan war, der die Trauer empfand, als er nämlich wieder ihre Hand nahm, wurde das Gefühl stärker, obwohl sie noch durch den Handschuh getrennt waren. Er mußte seine Empfindungen im Moment total offen nach außen dringen lassen, wie er es sich nur sehr selten erlaubte. „Beinahe die ganze Stadt erlag damals einem schweren Fieber… Diejenigen, die überlebten, packten ihr Hab und Gut und machten sich davon… Sie dachten, das hier wäre ein verfluchter Ort. Die meisten habe ich selbst beerdigt, einen nach dem anderen. Zuerst mit Hilfe des Reverends, dann allein, als auch er elendig an dem Fieber krepierte. Gracie war eine der Ersten… Weißt du, Candy… Sie war meine Frau. Auch wenn sie niemals meinen Namen getragen hat, weil ich ja keinen anzubieten hatte. Sie wusste, daß ich sie überleben würde… Was sie nicht wusste, war, daß ich kaum mit ihrem Verlust fertig geworden bin. Ich blieb solange hier, weil ich die Hoffnung hatte, daß mich das Fieber vielleicht doch noch killen würde! Schließlich sah ich ein, daß ich nicht bleiben konnte, weil ich sonst wirklich verrückt geworden wäre… Ich zog in den Krieg und danach durch die Welt. Immer auf der Suche nach einem neuen Weg zu sterben. Ich weiß nicht mehr genau, was nach den Experimenten mit dem Adamantium kam, aber Gracie war der Grund, warum ich es riskiert habe!“, erzählte ihr Logan mit leicht belegter Stimme. Candy weinte für ihn, obwohl sie sich sicher war, daß er damals viele Tränen an ihrem Grab vergossen hatte. Die Geschichte war so bedrückend, daß es ihr das Herz für Logan zerriß. Jetzt verstand sie auch, warum er in Gefühlsdingen so reserviert war und sich am liebsten gar nicht dazu äußerte. Dann wurde ihr klar, was er da eben gesagt hatte. „Du warst im Zweiten Weltkrieg dabei?!“, fragte sie beinahe atemlos und starrte mit großen Augen auf die Jahreszahlen auf dem Grabstein. Das war doch vollkommen unmöglich! Logan stellte sich vor ihr auf und legte beide Hände auf ihre Wangen, die ihr sofort Wärme und Trost spendeten. Seine Augen waren tränenverhangen und so voller Gefühl, daß es ihr beinahe den Atem nahm. Er ließ sie daran Teil haben und das war eine wunderbar erfüllende Empfindung, auch wenn sie um seine nächsten Worte fürchtete. „Rogue… Sie hat mir geraten, dich nach deinem wahren Alter zu fragen, ich dachte sie macht Scherze! Aber das war ernst gemeint, nicht wahr?“ Logan schloß kurz die Augen und sah sie dann wieder mit diesem Ausdruck an, als hätte er Angst, ihr Schmerzen zu bereiten. Candy machte sich größte Sorgen, was nun kommen würde. „Nein, das war kein Scherz, ich bin etwa 120 Jahre alt. Das genaue Datum konnten wir nie ermitteln. Wahrscheinlich bin ich etwa um Grace’ Geburtsjahr herum auf die Welt gekommen. Meine Mutation verhindert, daß ich altere… Jedenfalls im Moment. Keiner kann sagen, wie lange dieser Prozeß aufrechterhalten werden wird! Ich wollte nach Grace nie wieder jemandem dermaßen wehtun… Es fiel ihr unendlich schwer, zu akzeptieren, daß ich niemals mit ihr alt werden würde. Das Leben hier war rau und beschleunigte den Alterungsprozeß nur. Es war mir nicht wichtig, weil ich sie wirklich geliebt habe… Aber mit den Jahren wurde es immer schwieriger. Ich bin Frauen danach aus dem Weg gegangen… Versteh mich nicht falsch, ich bin sicher kein Mönch gewesen, aber wie Du ja sehr gut weißt, sind Gefühle nicht nötig, um mit jemandem zu schlafen. Es ging einfach um die Triebbefriedigung. Und dann bist Du in mein Leben gestolpert! Ich wollte dich nach der Nacht nicht wieder sehen. Wenn nicht die Sache mit Marie passiert wäre, dann hätte ich es auch durchgezogen, aber ich konnte sie nicht einfach sterben lassen, wenn die Möglichkeit bestand, daß Du sie retten kannst!“ Candy nickte nur leicht, weil sie gerade keine Worte fand, ihm ihre Gefühle zu erklären. Es tat schon etwas weh, die Wahrheit so schonungslos zu hören, auch wenn sie es vorher schon gewusst hatte. Zusammen mit der Eröffnung darüber, daß Logan bereits vor über 70 Jahren eine Ehefrau zu Grabe getragen hatte, war das eine Aussage, die ihr ziemlich zu kauen gab. Es ging dabei nicht um unsinnige Eifersucht, zu der sie absolut keinen Grund hatte, sondern um die drohenden Konsequenzen für ihre aufkeimende Beziehung. „120 Jahre…“, wisperte Candy leise und kam sich auf einmal winzig und bedeutungslos neben ihm vor. Kein Wunder, daß er über ein so breit gefächertes Wissen in allen möglichen Bereichen verfügte, das sie immer wieder überraschte. Er hatte schließlich ein sehr langes Leben als Erwachsener zum Lernen nutzen können. Und jetzt verstand sie auch, warum er sich so gut mit Professor Xavier verstand, der ihm vom Alter her am nächsten kam. „Ist das vielleicht deine Art, mir schonend beizubringen, daß wir uns besser trennen sollen?“, hakte Candy nach, obwohl ihr die Worte beinahe in der Kehle stecken blieben und ihre Augen sich erneut mit Tränen füllten. „Oh, Candy!“, stöhnte Logan auf und lehnte seine Stirn an ihre, ohne ihrem Blick auszuweichen. „Um Gottes Willen, nein! Was wäre ich für ein Arsch, wenn ich dir das ausgerechnet hier antun würde! Ich muss dir aber wirklich etwas sagen… Schon seit Wochen, aber ich habe nie den Mut dazu aufgebracht. Hank sitzt mir deswegen im Nacken und auch Charles… Sie finden, daß Du stark genug bist, damit zurecht zu kommen, aber sie lieben dich auch nicht so sehr wie ich, so daß sie leicht reden haben!“ Candy blinzelte mehrmals und starrte sprachlos in Logans dunkelblaue Augen, deren Pupillen leicht geweitet waren. Sie konnte es nicht fassen, was er da eben gesagt hatte. „Oh, mein Gott, Logan!“ Sie räusperte sich, weil ihre Stimme beinahe wie ein ziemlich quietschiges Piepsen geklungen hatte. „Ist das wahr?! Oh… Logan… Ich… Du…“, stammelte Candy ohne jeglichen Zusammenhang und wurde endgültig ihrer Sprache beraubt, als sich Logans Mund auf ihren senkte, um sie zärtlich und ausgiebig zu küssen. Ihr Herz schien vor Freude bersten zu wollen. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und küsste ihn zurück, bis sie beide atemlos waren. Schließlich löste sie sich von ihm und trat einen Schritt zurück, um sich ein wenig zu fassen, weil sie schließlich ein ernstes Thema zu besprechen hatten, auch wenn sie am liebsten alles vergessen hätte, um ihn immer wieder sagen zu hören, daß er sie liebte. „Ich kann dir nicht versprechen, daß ich besser damit klar kommen werde als Grace… Ich kann mich sehr gut in sie hineinversetzen… Sie hat bestimmt schreckliche Angst gehabt, dich zu verlieren… Das ist nur zu menschlich. Ich hatte diese Angst auch so… Nachdem Remy zu uns gestoßen ist, obwohl ich gar nichts für ihn empfinde außer Freundschaft und wohl noch nie empfunden habe, weil er mich damals mit seinen Fähigkeiten um den Finger gewickelt hat, als ich es noch nicht besser wusste… Es ist auch so schwer genug, eine Beziehung zu führen, aber wenn noch solche Dinge wie Mutationen hinzukommen, dann kann es das einem beinahe unmöglich machen…“ Candy mußte nur an Marie und Rob denken, die endlich im nächsten Frühjahr heiraten würden, nachdem die Frist abgelaufen war, die Rogue ihrem Verlobten gesetzt hatte. Sie hatte sich selbst nicht getraut, ihre Fähigkeiten wirklich über einen längeren Zeitraum beherrschen zu können und sie wollte nicht dem Menschen damit schaden, den sie über alles liebte. Aber nun war seit über drei Jahren nichts passiert, was ihre Zweifel untermauern könnte, so daß sie endlich eingewilligt hatte, sich mit ihm zu verheiraten. „Candy… Du - bist - wie - ich! Verstehst Du mich?! Du bist eine Heilerin, deren Körper sich beständig selbst regeneriert! Hank hat doch Testreihen mit dir gemacht und auch Kulturen angelegt, um sie mit meinen zu vergleichen! Er wollte absolut sicher gehen, aber seit ein paar Wochen steht es fest, daß Du den Punkt erreicht hast, an dem Du eine lange Weile lang nicht weiter altern wirst!“ Das war ein wenig zu viel auf einmal, Candys Knie gaben unter ihr nach und sie fiel in den weichen Schnee, bevor sie der hinzu gesprungene Logan auffangen konnte. Er zog sie in seine Arme und drückte sie fest an sich, um ihr Halt zu geben, wobei er seinen Mund an ihre Schläfe drückte und ihr leise zuflüsterte, wie leid es ihm tat, daß er es ihr nicht hatte schonender beibringen können. Candy krallte sich indessen mit beiden Händen in den Stoff seines Hemdes und versuchte, ein wenig Ordnung in das Chaos in ihrem Kopf zu bringen. Sie würde also nicht weiter altern, genau wie Logan… „Hättest Du mir deine Gefühle eingestanden, wenn ich nicht so wie Du wäre?“, fragte sie schließlich, als ihre Stimme ihr wieder gehorchen wollte. Logan verzog den Mund, was Candy nicht sah aber an ihrer Schläfe spürte. „Ich weiß es nicht… Es hätte viel länger gedauert. Die Gefühle waren beinahe von Anfang an da. Es mag vielleicht daran gelegen haben, daß ich dich irgendwie erkannt habe… Ich kann es nicht genau erklären. Du hast mir auf jeden Fall Angst gemacht, wie Du einfach in mein Leben geplatzt bist und dich in mein Herz geschlichen hast. Ich dachte, wenn ich nicht weiter darüber rede, dann vergeht das Gefühl schon wieder. AU! Ja, schlag mich ruhig, ich hab das für diesen Schwachsinn verdient!“, lachte Logan leise auf, als Candy ihm ein paar mal in die Brust boxte, obwohl er es nicht einmal richtig spürte. „Du Hornochse!“, warf ihm Candy an den Kopf und lachte und weinte gleichzeitig. „Auch das!“, gab Logan gerne zu und presste dann seinen Mund wieder auf die süßen Lippen, die so einladend zu einem Schmollen verzogen gewesen waren. Candy widerstand ihm nicht allzu lange, sie öffnete ihm ihre Lippen und ließ seine warme Zunge in ihren Mund gleiten. Er konnte ihr so viel besser zeigen, wie viel er für sie empfand, wenn er dabei nicht reden mußte. Irgendwann gab Logan sie frei, bevor sie noch auf dem Boden fest froren, da Candy Kälte nicht so leicht vertrug wie er. Mit einem einzigen Satz waren sie auf den Beinen und Logan hielt die leicht schwankende Candy fest an sich gedrückt, damit sie nicht wieder den Boden unter den Füßen verlor. Candy schmiegte ihre glühende Wange an seine Brust und lauschte seinem stetigen Herzschlag, während sie auf den Grabstein herunter sah. „Sie liegt so weit weg von unserem Zuhause… Logan? Sie ist die einzige Familie, die Du noch kennst, oder nicht? Würdest Du sie vielleicht umbetten wollen?“, fragte sie vorsichtig nach, weil sie ihn nicht mit ihrem Vorschlag verletzen wollte. Aber Gracie hier in der einsamen Wildnis Kanadas zu wissen, ohne jemanden, der sich wenigstens ein bißchen an sie erinnerte. Das würde sie bis in ihre Träume verfolgen. „Du sprichst mir aus der Seele, Candy! Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich sie einfach zurückgelassen habe und nie wieder zurückgekommen bin… Ich hatte sie nach Weapon X eine sehr lange Zeit vergessen! Erst mit Charles’ Hilfe habe ich mich wieder erinnert!“ Candy legte ihm die Hand auf die Wange, nachdem sie den Handschuh mit den Zähnen abgezogen hatte und strich ihm sanft über die stoppelige Haut, da seine Kotletten auch nach der schärfsten Rasur nach ein paar Stunden wieder nachwuchsen genauso wie sein Haupthaar, wenn er es einmal abschnitt. „Das wird nie wieder passieren! Sie wird immer bei dir sein! Wirst Du mir von ihr erzählen?“, fragte sie mit sanfter Stimme, um ihn nicht weiter aufzuregen. Er hatte sich erst wieder durch die Hilfe des Professors an seinen Verlust erinnert, das konnte noch nicht so lange her sein. Die Wunde fühlte sich für ihn bestimmt noch frisch an, obwohl so viele Jahre seitdem vergangen waren. Logan war schier fassungslos, daß Candy ihm diese Möglichkeit bot, nachdem er sich seine Gefühle betreffend sehr bedeckt gehalten hatte. Es war ihm bisher als unmöglich erschienen, jemanden zu finden, mit dem er wirklich und wahrhaftig sein Leben teilen konnte, weil er eben nicht nur eines hatte und nicht einmal wusste, wie lange dieser Zustand des Nicht-Alterns anhalten würde. Er mußte an die Worte* denken, die ein berühmter Pilot über die Leidenschaft zum Fliegen geäußert hatte, die seiner Meinung jedoch viel eher das ausdrückten, was er für Candy beinahe vom ersten Augenblick an empfunden hatte, auch wenn er nicht der romantische Typ war. „Ja, irgendwann… Aber nicht jetzt… Ich wusste nur nicht, wie ich dir das sonst beibringen soll. Du weißt doch, ich bin ein Holzklotz, wenn es um solche Dinge geht… Ich liebe dich wirklich! Selbst wenn Du es mich nicht so oft sagen hören wirst, wie Du es vielleicht möchtest!“ Candy strahlte ihn an und verbarg dann aber ihr Gesicht an seiner Brust, weil er sonst einen sehr selbstzufriedenen Ausdruck in ihren Augen bemerken würde. „Ich liebe dich auch, Logan! Und Du wirst es mich auf andere Weise spüren lassen… Ich muß es gar nicht hören! Hauptsache, wir sind und bleiben zusammen!“ Sie seufzte zufrieden auf und blinzelte ein paar Tränen weg, die vor Freude aufgestiegen waren. Irgendwie hatte sie nicht an Franks Worte glauben können, doch Psi’s Visionen würden sich wohl zumindest in diesem Punkt bewahrheiten. Er hatte ihr ein kleines Geheimnis ins Ohr geflüstert, das nun ihr Herz bis in den letzten Winkel mit Wärme und Glück erfüllte. Es war nicht mehr wichtig, wann es passieren würde, nach Logans Eingeständnis seiner Gefühle stand für sie fest, daß sie irgendwann in der Zukunft das von ihr gewünschte kleine Vielfraß in den Armen halten würde. Allerdings behielt sie das lieber für sich, weil sie den Mann auch nicht gleich verschrecken wollte, nachdem er nun den ersten Schritt von ganz allein gemacht hatte. „Liebes, wohin möchtest Du? Die Welt steht dir offen! Wohin Du willst, das meinte ich völlig ernst!”, flüsterte Logan nach einer Weile, als sie wegen der Kälte, die doch langsam in ihre Glieder kroch, etwas erschauerte. Candy sah mit einem leisen Seufzen zu ihm auf und lächelte zögernd: „Ich würde gerne zurück nach Westchester fahren, wenn es dir nichts ausmacht! Weihnachten mit der Familie feiern, verstehst Du? Ein paar der Kids sind auch in der Mansion geblieben… Was meinst Du?“ Logan küsste sie zärtlich auf die Lippen, gab sie frei, um ihre Hand zu nehmen und nach einem letzten Blick auf den Grabstein mit ihr Richtung Lager zurück zu laufen. „Du sprichst mir aus der Seele! Ich finde auch, daß wir nach Hause fahren sollten! Kurt hat sicher schon den Weihnachtsbaum besorgt, dessen Spitze wohl beinahe die Decke berührt, weil er ja seine ganz eigene Transportmethode hat! Und die Mädels haben bestimmt schon mit den Vorbereitungen angefangen… Das Fest in der Mansion ist eine Mischung aus alter, englischer Tradition und amerikanischer Pop-Kultur. Es wird dir bestimmt gefallen!“ Candy lachte entzückt auf und drückte seine Hand fest, weil sie es vor Vorfreude kaum noch aushielt. Wegfahren konnten sie immer noch, das Fest mit ihrer neuen Familie zu feiern, war ihr nun viel wichtiger. Vor allen Dingen weil sie es mit Logan begehen konnte, dem sie niemals zugetraut hätte, Gefallen daran zu finden. Aber nun hatte sie ja jede Menge Zeit, ihn nach und nach besser kennen zu lernen. Ein ganzes Leben, ein sehr langes und hoffentlich glücklich erfülltes Leben. »This was love at first sight, love everlasting: a feeling unknown, unhoped for, unexpected – in so far as it could be a matter of conscious awareness; it took entire possession of him, and he understood, with joyous amazement, that this was for life. « * * * Charles A. Lindbergh * * * (Es war Liebe auf den ersten Blick, immerwährende Liebe: Ein unbekanntes, unverhofftes, unerwartetes Gefühl – und in soweit als es sich dabei um bewußte Erkenntnis handeln könnte; ergriff es völlig Besitz von ihm, und er verstand mit freudiger Verwunderung, daß dies sein Leben war.) === THE END === =============== Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)